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RESIDENZ ZUM VERKAUF

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122 REISEFIEBER

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Alle Fotos: © Fugger-Babenhausen

GRÜNER DAUMEN

Die SCHLOSSSEITEN haben die Landschaftsgärtnerin Annina Gräfin Fugger-Babenhausen zu einem kleinen Garten-Gespräch gebeten.

Die Gartenarchitektin hat ihre Ausbildung in Weihenstephan, Versailles, Madrid und Edinburgh absolviert und sich 2007, direkt nach ihrem Studium, mit einem eigenen Gartenarchitekturbüro selbstständig gemacht. Seitdem hat sie sich auf private Parks und Gärten im Luxussegment spezialisiert. Ihre Projekte rangieren zwischen Stadtgärten und Stadtgartenterrassen, Ferienhäusern im In- und Ausland, Bauerngärten, Familiengrabstätten, Schlossparks sowie Luxushotel- und Wohnanlagen.

SCHLOSSSEITEN: Was sind die populärsten Gartenanfragen im Moment? Wie wünscht sich der Kunde meistens seinen Garten?

Gräfin Fugger: Es gibt, wie in jedem Bereich, tatsächlich auch Moden und Trends bei den Gärten, die oftmals ein Spiegel des Zeitgeistes sind. Derzeit erlebe ich, dass die meisten meiner Kunden zwar durchaus Struktur und formale Elemente im Garten wünschen – quasi einen Halt –, diese dann aber durch unkonventionelle Pflanzungen aufgelockert werden. Gräser, Stauden und mehrstämmige Büsche sind hier immer gut geeignet.

Wo beginnt man bei der gelungenen Gartenplanung, wo endet man?

Bei mir fängt eine gelungene Gartenplanung mit einem Verständnis für die größere Umgebung an: In welcher Gegend befinde ich mich? Wie wurde hier historisch gebaut? Welche Pflanzen wachsen gut und warum? Welche Materialien kommen natürlich vor? Welches Klima herrscht im Allgemeinen? Wo sind spezielle wind- und frostgeschützte Bereiche, welche Areale sind exponiert? Wie ist der Boden beschaffen? Wie verläuft die Sonne? Welche Schwierigkeiten und Potenziale bietet das Grundstück? Dann beschäftige ich mich intensiv mit dem Gebäude: Wann wurde es gebaut und in welchem Stil? Wie ist die Raumaufteilung innen? Von wo aus betrete ich den Garten? Welche sind die wichtigsten Sichtachsen? Wie nutze ich den Garten und wo halte ich mich schon jetzt am liebsten auf – und warum? Mein Ziel ist es, dass

die Architektur des Hauses, das Interieur, der Garten und die weitere Landschaft eine harmonische Einheit werden. Dafür möchte ich auch den Stil und die Bedürfnisse und Interessen der Besitzer verstehen. Diese Analyse ist für mich ein ganz entscheidender Faktor – interessanterweise entsteht der Garten dann wie von selbst.

Und wie eine Gartenplanung endet? Eigentlich nie! Zwar kann man einen Garten natürlich planen, umsetzen und dem Kunden übergeben, aber ein Garten ist immer im Werden und im Wachsen – und muss damit immer wieder überdacht und angepasst werden. Deshalb ist es mir auch sehr wichtig, dass ich immer wieder vorbeikommen darf, um zu sehen, wie sich alles entwickelt.

Was wird meistens nicht berücksichtigt, birgt allerdings große Wirkung?

Sichtachsen. Ich gehe in meinen Projekten immer wieder die wichtigsten und meistbegangenen Wege ab oder halte mich an den meistbenutzten Orten im Haus und im Garten auf. Von dort aus plane ich, wo ich am besten meine Akzente setze – ein schönes Törchen, eine besondere Bank, ein Vogelhaus, einen attraktiven Zierstrauch, einen plätschernden Brunnen ... Diese werden dann mit Pflanzen eingerahmt, überhöht oder umspielt.

Womit kann man bei der Gartengestaltung am Quadratmeter rechnen, wenn man sich dem Garten mit Hingabe widmen möchte? Also bei der Erstellung und bei der anschließenden Pflege?

Wie immer bei solchen Fragen: Das kommt ganz darauf an! Das Spektrum ist riesig! Je größer die Flächen und je weniger darauf passiert – wie z.B. in Parks oder großen Gärten mit ausgedehnten Rasenflächen –, desto geringer sind natürlich auch die Kosten. Kleine, vollgepackte Stadtgärten mit Mauern und vielen baulichen Elementen wie Treppen, Brunnen, Natursteinplatten, Pavillons, Pools, Beleuchtungskonzepten sind natürlich entsprechend teurer. Komplexe Projekte mit schwieriger Zufahrtssituation, wo schwere Maschinen nicht ungehindert arbeiten können, oder weite Wege treiben ebenfalls die Kosten in ungeahnte Höhen. Preisspannen von 150 Euro bis 450 Euro je Quadratmeter sind hier möglich.

Was sind die wichtigsten drei Faktoren, die man bei der Erstellung des Gartens berücksichtigen muss?

Die wichtigsten? Eine schwierige Frage ... Licht-, Wasser-, Bodenverhältnisse? Aber das wäre viel zu kurz gefasst ... Es gibt viel, viel mehr Faktoren, die es zu berücksichtigen gilt. Und wenn nur einer falsch bedacht ist, kann das ganze Projekt kippen. Deshalb merke ich auch mit jedem Berufsjahr mehr, wie komplex unser Beruf ist. Wir arbeiten mit lebenden Pflanzen, die sich permanent verändern, übers Jahr selbst (Stauden, Blumenzwiebeln), zueinander durch ihre Geselligkeit bzw. Konkurrenzsituation, über die Jahrzehnte und Jahrhunderte durch ihr Wachstum, durch Umwelteinflüsse, durch Klima, Schädlinge und Nützlinge, durch Licht-, Wind-, Wasserbedingungen, durch Bodenbeschaffenheit usw. Und keiner dieser Faktoren ist statisch! Man muss als Gartenarchitekt nicht nur ein einziges Bild erzeugen wie ein Architekt oder ein Innenarchitekt, welches in Proportionen und Farben überzeugt, sondern eigentlich 365 Bilder für jeden Tag im Jahr, und zudem noch sämtliche oben genannten Faktoren im Auge behalten! Darüber hinaus muss ein Garten von jeder Blickrichtung und von jedem Winkel gut aussehen – 3D-Denken pur! Deshalb kann und muss ein Garten auch immer wieder ein Experimentierfeld sein.

Was muss man bei der Gartenbeleuchtung berücksichtigen?

Ich persönlich finde, dass eine Beleuchtung sich möglichst wenig aufdrängen, sondern nur untermalen sollte. Am Tag, denn das ist immer noch die häufigste Zeit, in der ich den Garten nutze, sollte die Lampe so wenig auffallen wie irgend möglich. Nachts kann sie dann gezielt Akzente anstrahlen – aber kein Flutlicht, sondern sensible Lichtpunkte, die weiterhin den Zauber der Nacht erlauben.

Was ist bei der Bewässerung zu beachten?

Am liebsten mag ich es, wenn Pflanzen es ohne Bewässerungsanlage schaffen! Dann hat man die richtige Pflanze für den Standort gewählt. Aber natürlich ist das nicht immer möglich. Wenn man denn eine Bewässerung einbaut, dann sollte man sehr vorsichtig sein, dass sie richtig eingestellt und immer wieder kontrolliert wird. Standschwäche und Krankheiten können die Folge von zu viel Wasser sein. Schläuche können beschädigt werden und auslaufen, Ventile verstopft sein etc. Natürlich nimmt einem eine Bewässerungsanlage viel Arbeit ab. Aber ganz ohne das gärtnerische Auge, welches die Pflanzen im Blick hat und sich um sie sorgt, geht es trotzdem nicht.

Wo sind die schönsten Gärten, die Sie persönlich besucht haben?

Die englischen Gärten sind für mich weiterhin die schönsten – so gekonnt in ihrer Lässigkeit, und trotzdem unfassbar elegant und erhaben. Great Dixter ist mein Lieblings-Cottagegarten im Süden Englands, Stowe mein schönster Park, die Highline in New York vermutlich mein favorisierter moderner Stadtpark. In Frankreich war ich besonders fasziniert vom XXL-Küchengarten Villandry. Aber ich muss gestehen: Ich liebe das Reisen und ich begeistere mich so sehr für Schönheit und Ästhetik – ich finde manchmal auch in den trostlosesten Orten noch Dinge, für die ich mich begeistern kann.

Vom Entwurf zum fertigen Garten. Aber richtig fertig ist ein Garten schließlich nie.

Wenn man seinem Garten ein neues Gesicht ohne viel Aufwand geben möchte, welche Stilmittel sind da immer willkommen?

Kübel und Bänke sind sehr praktisch, um mit wenig Aufwand viel Effekt auf Terrassen, Hauseingängen und im Garten zu schaffen. Wenn man den Pflegeaufwand des Anstrichs nicht scheut, sind diese Elemente in Farbe eine perfekte Möglichkeit, auch im Winter oder in langweiligen, pflegeleichten Gärten Farbtupfer im Garten zu setzen. Dafür empfehle ich die Farbtöne von der englischen Firma Farrow & Ball. Diese wirken natürlich und nicht zu knallig – was besonders im Winter sehr wichtig ist.

Was war der kleinste Garten, den Sie je angelegt haben? Was der größte? Und worin lagen die unterschiedlichen Herausforderungen?

Ein Mini-Vorgarten in Frankfurt, der nur ca. 2,5 Meter breit und 10 Meter lang war. Dafür sehr komplex, weil man Mülltonnen in schönen, selbst entworfenen Spalierboxen, ein Beet und einen 2 Meter abgesenkten Bereich für einen Indoor-Pool-Austritt andenken musste. Das größte Projekt war bislang ein 42 ha großer Park im Privatbesitz, der neben einem fantastischen Arboretum auch viele kleinere Themengärten beinhaltete, bei denen ich zum Teil mitdenken, umgestalten oder auch ganz neu gestalten durfte.

Was kann in einem Garten unerwartet teuer werden, worüber man sich meistens nicht bewusst ist?

Pflasterflächen, Natursteinmauern und -treppen, jede Art

von Wasserelementen, Gartenbauwerke und Erdmodulationen können unter anderem sehr teuer sein.

Vor allem aber gilt: Wenn der Garten kein Standardreihenhausgarten ist, sondern von der Norm abweicht, kann es teuer werden. Wenn es sich z.B. um eine alte Burg oder ein Schloss an einem steilen Abhang handelt, einen Hotelinnenhof ohne Zufahrtsmöglichkeit, eine Hütte in einer Waldlichtung ohne Strom- oder Wasseranschluss, ein Hotel mit laufendem Betrieb, dessen Garten auf einer Tiefgarage sitzt – dann wird in der Kostenkalkulation des Bauherrn oft die Logistik unterschätzt oder sogar ganz vergessen. Lange oder schwierige An- und Abfahrtswege, Gärten, bei denen Maschineneinsatz nur bedingt möglich ist und Kräne sowie Big Packs statt Schüttgut verwendet werden müssen, Entsorgungskosten, Fundamentarbeiten ... Solche Kosten haben Laien oft gar nicht auf dem Schirm. Aber genau diese Herausforderungen machen es meiner Meinung nach ja gerade spannend. Immer wieder muss ich in der Hinsicht über den Satz eines meiner Kunden schmunzeln: Einfach kann ja jeder!

Wie sieht Ihr Traumgarten aus?

Mein Kindheitstraum war es immer, auf einer kleinen Almhütte in den Bergen zu wohnen, umringt von Gams, Latschen und Bergwiesen. Da kommt viel Landschaft, aber wenig Garten vor. Daher wäre es heute vielleicht ein Cottagegarten an der englischen Südküste oder ein bayrischer Bauerngarten.

Was war das schönste Projekt für Sie?

Die schönsten Projekte sind die, bei denen ich mit dem Kunden gemeinsam passioniert und in engster Zusammenarbeit einen Garten entwickeln darf. Nicht nur, weil dieses Miteinander Spaß macht, man sich darüber sehr gut kennenlernt und dieser Gedankenaustausch besonders wertvoll ist, sondern auch, weil ich weiß, dass meine Vision nicht nach der Umsetzung des Gartens endet, sondern durch und mit dem Kunden weiterleben darf.

Text: Beatrice Tourou

Die Grabstätte

Grünflächen, die oft nicht bedacht werden, sind Gräber. Ob auf dem eigenen Anwesen oder auf einem Gemeinschaftsfriedhof, ob klassisch oder ein imposantes Mausoleum – ein Grab hat stets Gestaltungswillen für Grünpflanzen. Ob wie in der Zeichnung für eine fürstliche Grabstätte in Deutschland, aus der Feder von Gräfin Fugger, mit einladendem Tor und üppiger Vegetation, oder ein bürgerliches Grab mit kleinem Pflanzenkasten – die Auswahl der Begrünung ist ausschlaggebend, um das Gedenken an die verstorbene Person würdig zu erhalten.

Die Auswahl geeigneter Pflanzen für die letzte Ruhestätte ist groß. Zuerst sollte man sich Gedanken darüber machen, welche Pflanzen der/die Verstorbene besonders schätzte. Welche Farben mochte er/sie und welche Blumen konnte er/sie nicht leiden? Auch die das Grab pflegenden Menschen sollten sich fragen, welche Pflanzen sie selbst besonders gern mögen und welche gar nicht. Eine Grabbepflanzung ist meist nach einem klaren Grundgerüst gegliedert: Ein sogenanntes Rahmengehölz wie japanischer Ahorn, Eibe oder Buchsbaum verbindet den Grabstein optisch mit den Bodendeckern, die ringsherum das gesamte Grab bedecken und im Idealfall auch blühen. In der Mitte zwischen den Bodendeckern ist Platz für eine jahreszeitlich wechselnde Bepflanzung mit frischen Blumen. Besonders schön ist es, wenn auch die bodendeckenden Pflanzen blühen. Geeignet sind beispielsweise Golderdbeeren. Zwerggehölze, pflegeleichte Sommerblumen, Blattschmuckstauden und Winterblüher sorgen das ganze Jahr über für einen gepflegten Eindruck.

8.

URLAUBS

FLAIR

Keine Farbkombination nähert sich dermaßen an den Sommer an wie Azurblau und Weiß. Keine Textur fühlt sich mehr nach Strand und Erholung an als Bast und solides Holz. Kein Geruch erinnert so sehr an Unbeschwertheit wie der von überreifen Zitronen – gepflückt von einem Baum an der Amalfiküste.

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1. Großer Shopper „Helen“, von kokobasket.com, um € 75 | 2. Liegetuch aus Baumwolle, von Frescobol Carioca, bei matchesfashion.com, um € 165 | 3. Buch „Athens Riviera“, gebunden, von Stéphanie Artarit, erschienen bei Assouline, um € 95 | 4. Sommerduft „Mediterranean Honeysuckle“, von AERIN, ab € 79 | 5. Sandalen „Gwyneth“ aus MetallicLeder, von Gianvito Rossi, um € 590 | 6. Liegestuhl aus massivem Teakholz, von Maisons du Monde, um € 259 | 7. Wasserglas Rauchblau (4-er Set) www.thesalonette.de um 72,00€ | Krug mit Noppen in Rauchblau von www.thesalonette. de um 109€ | 8. Tafelservietten “Casablanca” in Blaugrau & Sand (4er-Set), von www.thesalonette.de um 48,00€

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1.

HEIM

SPIEL

Urlaub beinhaltet nicht immer das Verreisen in die Ferne – oftmals ist der eigene Garten die beste Erholung. Man widmet sich den Pflanzen, man genießt das Vogelgezwitscher, das Herz blüht auf. Eine Hängematte lädt zum Mittagsschlaf, der Bistrostuhl zur Rast nach dem morgendlichen Semmeln-Holen. Die Stunden schlagen langsam.

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1. Gießkanne aus Kupfer, bei Manufactum, um € 94 | 2. Orangenbaum, beim Gärtner Ihres Vertrauens, ab € 29 | 3. Panamahut „Ausseer“, von Mühlbauer, um € 298 | 4. Französischer Bistrostuhl, von Café de la Paix, um € 729 | 5. Hängematte aus Baumwolle mit Fransen, von Maisons du Monde, um € 28 | 6. Gestreiftes Nackenkissen für Liegestuhl, von Manufactum, um € 50 | 7. Sommerliche Trachtika aus der Limited Edition STICK von Lotta Leben, von lotta-leben.com, um € 349 | 8. Gerstners Süßes Potpourri designed by Lena Hoschek. Gerstner K.u.K. Hofzuckerbäcker www.gerstner-konditorei.at, um € 59,90 | 9. Klassischer Tasselloafer in salbeigrün mit lila Einfassung und Tassel von www.bellas-vienna.at, um € 169

Foto: © Niko Havranek

Typischer Innenhof in Steyr

DENKMALNEO WIR HABEN EINE MISSION

Denkmalschutz – na und? Wir helfen, wo andere nicht mehr weiterwissen!

Alte Kirchen und Klöster, in die Jahre gekommene Zinshäuser oder Villen, historische Gebäude und verlassene Höfe sind jene Objekte, für die sich die fünf jungen Damen von DenkMalNeo interessieren. Vor etwa einem Jahr gegründet, hat das Unternehmen eine Mission – nämlich Bauwerke mit Geschichte gemeinsam mit deren Besitzern behutsam und umsichtig in die Zukunft zu führen. Die Bauingenieurin Helga Noack, die Bauhistorikerin Nina Harm und drei Architektinnen denken Revitalisierungen, Renovierungen oder auch sinnvolle Nutzungen neu. Dem SCHLOSSSEITEN-Team haben sie Einblick in ihre Arbeit gewährt.

SCHLOSSSEITEN: Der Unternehmensname

„DenkMalNeo“ regt bereits zu Assoziationen an. Was können unsere Leser/-innen, von denen viele in jahrhundertealten Gemäuern zu Hause sind, erwarten?

Helga Noack: Zuallererst ... Bauwerke mit Geschichte prägen die Identität unserer Gesellschaft. Sie fordern uns heraus, wollen erhalten und weitererzählt werden, und wir – DenkMalNeo – gehen für diesen Prozess in Verantwortung.

SS: Wie kann man sich das konkret vorstellen?

Nina Harm: Wir setzen uns zu Beginn mit der Geschichte der Bauwerke auseinander, mit der gewordenen Substanz, wir analysieren die verwendeten Materialien und angewendeten Handwerkstechniken, den Zustand vom Keller bis zum Dach und den Stil, in dem sie erbaut wurden. Mit all diesem Wissen entwickeln wir nachhaltige Möglichkeiten für die Zukunft des Gebäudes, sei es gestalterisch, technisch, energetisch oder wirtschaftlich. Helga Noack: Wir stehen als ganzheitliche Gesamtdienst

Steckeisengitter aus geschmiedeten Stäben, die noch oft zu finden sind, aber selten neu hergestellt werden

Typisch wienerisches Stiegenhaus mit Zementfliesen und einem schmiedeeisernen Geländer

Foto: Niko Havranek leisterin außerdem an der Seite der Bauherren und unterstützen von der Wirtschaftlichkeitsberechnung bis zur praktischen Handwerksleistung.

SS: Wer steht hinter DenkMalNeo und woher kommt die Expertise?

Helga Noack: Wir sind ein Joint Venture zwischen dem Vorarlberger Bauunternehmer Hubert Rhomberg und den Gebrüdern Jäger aus dem süddeutschen Raum. Als JaKo Baudenkmalpflege beschäftigen sie sich bereits in dritter Generation mit Translozierungen und Gesamtrestaurierungen. Ursprünglich ging JaKo aus einem Handwerksbetrieb hervor und hat sich durch Innovationen stetig weiterentwickelt. Beispielsweise wurde von ihnen eine Methode erfunden, mittels der ganze Mauerzüge transloziert werden können, ohne ihr Gefüge Stein für Stein auseinanderzubauen oder zu zerstören. Wir, das DenkMalNeo-Team, bestehen aus fünf beziehungsweise in Kürze sechs Frauen, die aus dem Ingenieurswesen, der Kunstgeschichte und der Architektur kommen.

SS: Was ist für DenkMalNeo in Sachen Renovierung besonders wichtig?

Nina Harm: Wir wollen Eigentümer/-innen wertvoller historischer Bausubstanz dabei unterstützen, diese zu erhalten und weiterzuentwickeln. Das beginnt beim Thema Nachhaltigkeit und einem maßgeschneiderten Energiemodell. Fernwärme, Geothermie oder Solarpaneele sind nur einige der möglichen Lösungen. Genauso wichtig sind uns alle baufesten Ausstattungselemente, also Elemente, die in einem baulichen Zusammenhang mit dem eigentlichen Gebäude stehen, wie beispielsweise Stuck, Vertäfelungen, wandfeste Sonderteile wie Schränke und Spiegel, Türen, Fenster, Böden oder Lampen. Für die Erhaltung schaffen wir ein Netzwerk an Handwerkerinnen und Handwerkern, die mit uns arbeiten und auf Dinge spezialisiert sind, die heute fast in Vergessenheit geraten sind. Die Holzimitationsmalerei beispielsweise, durch die es möglich war, ungleiche Holzarten optisch einander anzugleichen und somit zu veredeln. Oder die Anfertigung und Reparatur von Terrazzoböden. Oder ein Nassestrich, der durch dekorative Zuschläge aus Marmor, Kalkstein oder Dolomit eine besondere Aura entfaltet, die durch einen aufwendigen Prozess von Schleifen und Polieren entsteht. Auch das Anbringen von Stuckmarmor bedarf einer besonderen Kenntnis und eines Gespürs für das Material.

SS: Was muss man bei der Restaurierung historischer Fenster und Türen beachten?

Nina Harm: Alte Fensterrahmen wurden mit Ölfarbe gestrichen und mit einem ölhaltigen Fensterkitt befestigt. Diese Materialien benötigen eine gewisse Kenntnis bei der Verarbeitung. Dasselbe gilt für Türen. Die bereits erwähnte Holzimitationsmalerei muss zuerst als solche erkannt werden. Bei besonders alten Türen können historische Beschläge fehlen, die wir bei entsprechenden Unternehmen beziehen, die sich darauf spezialisiert haben, historische Beschläge nach Vorbild anzufertigen, Ein historisches Gebäude nach der Sanierung

oder eigene Serien haben, die sich an historischen Vorbildern orientieren.

SS: Was unterscheidet DenkMalNeo vom Denkmalamt?

Helga Noack: Wir sind ein klassisches Dienstleistungsunternehmen.

Nina Harm: Und wir arbeiten intensiv mit dem Bundesdenkmalamt zusammen. Diese Expertise ist uns wichtig. Eine offene Kommunikation über alle Aspekte ist dabei der Schlüssel. Ich selbst verstehe mich als Anwältin des Bauwerkes und bin der Denkmalpflege stark verbunden. Dennoch versuchen wir immer, zwischen Behörde und Bauherren so zu vermitteln, dass am Ende eine Lösung gefunden wird, die für das Bauwerk am nachhaltigsten ist. Wenn unsere Analyse des Bauwerks, die Zustandserfassung und die Planungs- und Restaurierungskonzeption abgeschlossen sind, bieten wir die bauliche Umsetzung, also den Sanierungsprozess, zum Festpreis an. Das gelingt uns nur, weil wir akribisch vorgehen und ein Netzwerk zur Hand haben, das verlässlich arbeitet. Wir haben noch einen weiteren Ansatz, der uns sehr wichtig ist – nämlich für die Nutzung eines Gebäudes und damit für dessen Existenzberechtigung zu sorgen. Denn das Allerschlimmste für historische Gebäude ist Leerstand. Wenn erwünscht, bringen wir Eigentümer/-innen mit möglichen Nutzern oder Ankermietern zusammen und moderieren so einen Prozess des Gelingens.

SS: Wie erfahren potenzielle Kundinnen und Kunden von DenkMalNeo?

Nina Harm: Wir gehen das offensiv an, sind täglich mit vielen Menschen im Gespräch, was spannend ist und den Horizont erweitert. Es gibt viele unterschiedliche Zugänge und auch unterschiedliche Motivationen, Historisches in die nächste Generation zu führen. Manchmal braucht es kreative Lösungen, damit Ideen auch finanzierbar sind. Wir haben deshalb vor, in Zukunft gemeinsam mit Partnern, beispielsweise in den Räumlichkeiten der Firma J. & L. Lobmeyr, die Denkmalsprechstunde abzuhalten, bei der ganz ergebnisoffen über Fragestellungen rund um das eigene historische Bauwerk geredet werden kann und wo Interessierte sich unverbindlich und niederschwellig Rat einholen können. Wir haben nämlich gemerkt, dass gerade im Bereich Denkmalschutz und Sanierung viele Vorurteile herrschen, und dem wollen wir mit kreativen Lösungsansätzen begegnen.

SS: Gibt es ein Credo, das dem Team von DenkMalNeo zugrunde liegt?

Helga Noack: Das Bauwerk ist Mittelpunkt und Ziel. Unser Handeln und Vernetzen ordnet sich dem Weitererzählen seiner Geschichte unter.

Text: Clarissa Mayer-Heinisch

INFOBOX

Denkmalneo JR GmbH Gertrude-Fröhlich-Sandner-Straße 13a A-1100 Wien +43 1 715 0030 3500 office@denkmalneo.at www.denkmalneo.at

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