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Betrieb
Trotz neuer Regeln: Betriebe dürfen die Lohnfortzahlung in der Quarantäne nicht einfach einstellen.
Jetzt also doch? Covid-19: Wer ungeimpften Mitarbeitern in Quarantäne die Lohnfortzahlung verweigert, geht ins Risiko. Denn ein Gericht könnte Arbeitgeber zur Zahlung zwingen. JÖRG WIEBKING
K
eine Entschädigung auf Kosten der All gemeinheit“ – so hat es die Gesund heitsministerkonferenz (GMK) fünf Tage vor der Bundestagswahl beschlos sen: Es gebe ausreichend Impfstoffe und Impf angebote gegen Covid-19. Daher sollen die zustän digen Behörden vom 1. November an ungeimpften Arbeitnehmern keine Entschädigung mehr zahlen, wenn sie als Kontaktperson eines Infizierten oder als Rückkehrer aus einem Risikogebiet in Qua rantäne müssen. Für Arbeitnehmer und Arbeitgeber ändert sich dadurch jedoch vorerst nichts. Arbeitgeber waren in der Quarantäne bisher schon in der Pflicht zur Lohnfortzahlung – und werden es nach Stand der Dinge auch erst einmal bleiben. Denn die Rechtslage ist nicht so einfach, wie der Beschluss der Gesund heitsminister klingt. Das zeigt ein Statement des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH): „Aktuell ist zu befürchten, dass Arbeitgeber im Qua rantänefall eines ungeimpften Mitarbeiters weiter hin zur Vorleistung der Lohnzahlung verpflichtet sind“, teilt der Verband mit. Folglich liefen Betriebe Gefahr, „auf ihren Kosten sitzen zu bleiben“.
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Arbeitgeber weiter in der Pflicht zur Lohnfortzahlung
Aktuell ist zu befürchten, dass Arbeit geber im Quarantäne fall eines ungeimpften Mitarbeiters weiterhin zur Vorleistung der Lohnzah lung verpflich tet sind.
Das liegt an zwei Gesetzen: Gemäß Infektions schutzgesetz (IfSG) haben Arbeitnehmer in der Quarantäne Anspruch auf eine behördliche Ent schädigung – vorausgesetzt, sie hatten einen Ver dienstausfall und keine Impfmöglichkeit. Zudem müssen Arbeitgeber gemäß IfSG Löhne in der Qua rantäne weiter zahlen und können sich das Geld erstatten lassen. Praktisch jedoch bleiben Arbeitgeber häufig auf den Kosten sitzen. Das liegt an § 616 BGB: Der verpflichtet Betriebe zur Lohnfortzahlung, wenn ein Mitarbeiter „ohne sein Verschulden“ für eine kurze Zeit ausfällt. Die Auslegung des § 616 ist umstritten, doch Gerichte und Behörden entschieden zulasten der Betriebe: Beschäftigte seien nicht schuld an der angeordneten Quarantäne, die zudem nur kurz sei. Folglich hätten sie Anspruch auf Lohnfortzahlung durch den Betrieb. Das bedeutete gemäß Infektions schutzgesetz: kein Verdienstausfall, kein Entschä digungsanspruch, kein Ausgleich für Arbeitgeber. Doch nun gibt es flächendeckende Impf angebote und die Gesundheitsminister haben die
NDH 10/2021