ChemieXtra 1-2/2021

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BIOWISSENSCHAFTEN

Neue Erkenntnisse in der Immunologie

Natürliche Killerzellen mit Erinnerung

Das Immunsystem schützt den Organismus auf zwei Arten: Unser Körper beherbergt Immunzellen der unspezifischen Immunabwehr. Diese Zellen greifen allgemein unerwünschte Eindringlinge an. Neben diesen unspezifischen Immunzellen fliessen im Blut und im Lymphsystem aber auch die Zellen des spezifischen Immunsystems. Diese erkennen quasi den «Fingerabdruck» des eindringenden Erregers dank spezifischen Antigen-Rezeptoren und bilden Gedächtniszellen aus, damit sie das Pathogen immer wieder erfassen können. Die bekanntesten Vertreter dieser Gruppe sind die B- und T-Zellen. Sie gehören zu den Lymphocyten, weshalb sie auch B- und T-Lymphocyten genannt werden.

Ein weiterer Lymphocyt erinnert sich Zu den Lymphocyten gehören auch die Natürlichen Killerzellen (NK-Zellen). Im Gegensatz zu seinen «Geschwistern» besitzt dieser Lymphocyt jedoch keine spezifischen Antigen-Rezeptoren und bildet keine Gedächtniszellen aus. Dies ist die allgemeingültige Erklärung zur Funktion von NK-Zellen – bis jetzt. Denn Forschende unter der Leitung von Georg Stary und der Mitwirkung von Matthias Farlik konnten einer Untergruppe der zytotoxischen NKZellen eine immunologische Erinnerungsfunktion zuschreiben. Rund ein Drittel aller menschlichen NK-Zellen der Leber kann sich demnach an Viren erinnern und somit spezifisch reagieren. Damit gelten diese Zellen als interessantes Target, um sie für das menschliche Immunsystem gegen Infektionen und Viren prophylaktisch zu nutzen. 1– 2 / 2 0 2 1

Bild: Shutterstock

Gute Neuigkeiten für das menschliche Immunsystem: Forschende der Medizinischen Universität Wien konnten bestimmten Natürlichen Killerzellen (NK-Zellen) neu eine immunologische Erinnerungsfunktion zuschreiben. Bisher galten diese Immunzellen als unspezifisch. Rund ein Drittel aller menschlichen NK-Zellen der Leber kann sich demnach an Viren erinnern und somit spezifisch reagieren. Die Erkenntnisse wurden in der Fachzeitschrift «Science Immunology» veröffentlicht.

Ein Lymphocyt erfasst eine Krebszelle.

Entlarvt bestimmte Hepatitis-Viren In der im Journal «Science Immunology» veröffentlichten Studie zeigten die Wissenschafterinnen und Wissenschaftler der Medizinischen Universität Wien, dass es in der Leber – das Organ gilt generell als grosses Reservoir von NK-Zellen – eine Subgruppe von NK-Zellen gibt, die in der Lage ist, etwa Infektionen bei Hepatitis A und B zu bekämpfen und sich auch daran zu erinnern. Diese Untergruppe zeigte auch ein anderes, einzigartiges Gen-Expressionsprofil im Vergleich zu den anderen NK-Zell-Gruppen.

Mögliches Target für Therapien «Unsere Studienergebnisse zeigen, dass in dieser besonderen Gruppe von NK-Zellen antigenspezifische Prozesse ablaufen und wirksam sind. Daher könnte sich diese NKZell-Untergruppe für spezifische, therapeu-

tische, aber auch prophylaktische Impfstrategien eignen», fasst Stary zusammen. Gesunde Menschen haben etwa einen Anteil von 5 bis 15 Prozent an NK-Zellen im Blut, wobei die Leber ein Reservoir für diese Zellen bildet. Als nächsten Schritt untersuchen die Autoren die Rolle dieser NK-Zellen im Verlauf von Infektionskrankheiten. Ausserdem wollen sie untersuchen, ob bei Patienten und Patientinnen mit seltenen Erkrankungen mit Defekten im Bereich von T- und B-Lymphocyten diese NK-Zellen fehlende Gedächtnisfunktionen zusätzlich übernehmen können. Originalpublikation Victoria Stary et al., «A discrete subset of epigenetically primed human NK cells mediates antigen-specific immune responses.» Sci. Immunol. (2020); DOI: 10.1126/sciimmunol.aba6232. Medienmitteilung Ludwig-Boltzmann-Gesellschaft www.lbg.ac.at 15


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