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Die Anfänge der Science-Fiction

Die Anfänge der Science-Fiction

Text: BARBARA EICHHAMMER

Fritz Langs METROPOLIS (1927) gilt mit seinen Darstellungen von Robotern, Maschinen und sogar einem Bildtelefon landläufig als filmischer Vorreiter für das beliebte Science-Fiction-Genre. Als das Zukunftsepos 1927 ins Kino kam, wurde es allerdings gar nicht als Science Fiction bezeichnet. Wie entstand nun das Genre, das oftmals als Trash denunziert wurde? Und was haben die literarischen Vorläufer mit heutigen Blockbustern wie MATRIX (1999) oder AVATAR (2009) zu tun, die zu den einflussreichsten Science-Fiction-Filmen unserer Zeit zählen?

Was bedeutet Science Fiction?

Science Fiction (aus dem Englischen als »Wissenschaftsfiktion« zu übersetzen) ist ein narratives Genre, das sich mit der Entwicklung von Technik und Wissenschaft sowie deren Folgen für die Gesellschaft in der Zukunft beschäftigt. Im Mittelpunkt der Handlung steht immer das sogenannte Novum, ein (möglicher) wissenschaftlich-technologischer Fortschritt. Die gezeigten Zukunftsentwürfe sind aus rein technischer Sicht durchaus vorstellbar und realisierbar. Davon abzugrenzen ist die Utopie, die auf Thomas Morus' Roman UTOPIA (1516) zurückgeht. Gemeint ist – wörtlich aus dem Griechischen übersetzt – ein »Nichtort« (»ou« für »kein« und »topos« für »Ort«). Im Mittelpunkt steht ein Idealbild einer Gesellschaft, die zu diesem Zeitpunkt nicht direkt verwirklicht werden könnte. Grundsätzlich geht dieses Wunschbild oftmals mit einer konkreten Gegenwartskritik einher. Zu den literarischen Klassikern zählt Jonathan Swifts GULLIVERS REISEN (1792), das in satirischem Ton Systemkritik an damaligen Staats- und Gesellschaftsformen übte. Auch in der DDR enthielten utopische Romane wie Filme systemkritische Gedanken. Da sie aber in der (vermeintlich) fernen Zukunft spielten, konnten sie vom Regime nicht belangt werden. So hat der erste Science-Fiction-Film der DDR, DERSCHWEIGENDE STERN (1960), seine politische Botschaft unter den Deckmantel der Utopie versteckt.

Die Anfänge im 19. Jahrhundert

DIE ANFÄNGE DER MODERNEN SCIENCE FICTION LIEGEN IM ZEITALTER DER INDUSTRIELLEN REVOLUTION BEGRÜNDET, ALS DIE BEDEUTUNG VON WISSENSCHAFT UND TECHNIK IMMER MEHR ZUNAHM.

Der begeisterte Fortschrittsglaube der Viktorianer ließ im 19. Jahrhundert eine ungeahnte Menge technischer Erfindungen wie die EISENBAHN, die NÄHMASCHINE (1846), die SCHREIBMASCHINE (1873), die GLÜHBIRNE (1879) oder das TELEFON (1876) entstehen. Die anfängliche Technik-Euphorie wich allerdings einer zunehmenden Skepsis: Menschenunwürdige Arbeitsverhältnisse in den Fabriken, befremdliche neue Maschinen und verschmutzte Großstädte schufen eine wachsende Angst vor der menschlich geschaffenen Technik und vor wissenschaftlichem Fortschritt. Erstmals literarisch vorhergesehen hat diese Ambivalenz des Fortschrittsglaubens Mary Shelley in ihrem Roman FRANKENSTEIN, ODER DER MODERNE PROMETHEUS (1818), der in der Literaturgeschichte als erster moderner Science-Fiction-Roman gilt. In der Tradition des englischen Schauerromans greift Shelley den Archetypen des verrückten Wissenschaftlers auf: Frankenstein erschafft mit naturwissenschaftlichen Methoden einen künstlichen Menschen, der zum unheimlichen Monster wird. Der Roman zeigt auf, welch furchterregende Konsequenzen medizinischer Fortschritt haben kann, wenn er ohne ethische Prinzipien eingesetzt wird. Gänzlich neu im Roman der Zeit: dass nicht Magie, sondern die Naturwissenschaft verantwortlich für das »MONSTER« ist. Abgrenzen lässt sich Science Fiction hier vom Genre der Fantasy, das sich in Geschichten wie DER HERR DER RINGE durch seinen märchenhaften Charakter auszeichnet. Logische Naturgesetze spielen keine relevante Rolle.

Die Nähaschine von ELIAS HOWE, 1846

Literarische Vorläufer

Im Laufe des 19. JAHRHUNDERTS werden immer mehr Romane veröffentlicht, die wundersame Phänomene wissenschaftlich begründen. Die sogenannten populären »scientific romances« (literarische Vorläufer der Science Fiction) führen die Wissenschaftlichkeit schon im Genre-Namen. So erzählen beispielsweise Jules Verne in REISEN ZUM MITTELPUNKT DER ERDE (1864) oder H.G. Wells in DIE ZEITMASCHINE (1895) von zukünftigen Technikneuerungen. Romantische Abenteuer vereinen sich hier mit technologischen Errungenschaften, die in die Zukunft gedacht waren. Wells‘ kritische Verhandlung des Fortschrittsglaubens war dabei prägend für das Genre. Als eigenständiger Begriff tritt »SCIENCE FICTION« jedoch erst in den 1920ern in US-amerikanischen Zeitungen auf: Der Verleger HUGO GERNSBACK – vielfach »VATER DER SCIENCE FICTION« genannt – erschuf die Wortneubildung »SCIENTIFICATION« und »SCIENCE FICTION« für die Geschichten in seinem Magazin »Amazing Stories«. Der Begriff fand aber anfangs keine Verwen- dung; für Kinofilme wurde er erst ab den 1950er-Jahren benutzt. Auch Fritz Langs METROPOLIS (1927) wurde zur Zeit seines Erscheinens noch nicht der Science Fiction zugerechnet.

Die Anfänge des Science Fiction Kinofilms

Für US-amerikanische Kinofilme beginnt der Science-Fiction-Boom erst so richtig ab den 1950ern. Hollywood produziert zu dieser Zeit die ersten Zukunftsepen wie THE WAROF THE WORLDS (1953), FORBIDDEN PLANET (1956) und 2001: A SPACE ODYSSEE (1968). Zentrales Thema: der Weltraum und die Angst vor fremder Invasion. Mit dem technischen Fortschritt der damaligen Raumfahrt wird nun das All auf der Leinwand erkundet. Der Weltraum wird zum Grenzland, das es gleichsam kolonialistisch zu erobern gilt. Science Fiction bietet damit eine Projektionsfläche, um kulturelle Ängste vor dem Fremden auszuloten. Das »Andere« wie Außerirdische wird über Alteritätskonstrukte greifbar gemacht, die sie als feindselig oder minderwertig kodieren. Science Fiction dient auch dazu, technologische Innovationen und deren mögliche gesellschaftliche Konsequenzen aufzuarbeiten. Seinen negativen Ruf als »Trash« verliert das Genre allmählich.

Und jetzt?

Spätestens mit GEORGE LUCAS' Weltraumsaga STAR WARS (ab 1977) wird das Genre der Science Fiction gänzlich für den Mainstream zugänglich. Generell werden ab den 1980er- und 1990er-Jahren Science-Fiction-Filme wie BLADE RUNNER (1982) oder TERMINATOR 2 (1991) zu Blockbuster-Phänomenen, die sich durch hohe Produktionskosten und aufwendige Special Effects auszeichnen. Auch neueste Kinohits wie AVATAR widmen sich den technischen Errungenschaften unserer Zeit, dem Digitalen, und extrapolieren sie in die Zukunft: Novum in AVATAR sind etwa die digital erzeugten Na’vi auf dem fernen Planeten Pandora. Science Fiction ist damit auch immer Zeugnis des jeweils kulturell Imaginären einer Epoche und ihres Zeitgeistes.

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