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Wie wir leben - Die Entwicklung der Megastädte

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Geliebter Roboter

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WIE WIR LEBEN

LEBEN WOLLEN - LEBEN WERDEN

TEXT: DR. MICHAEL NEUBAUER

Die sächsische Zeitung »FREIE PRESSE« titelt am 1.10.2018:

»SELBST DIE BESTEN SIND VERLIERER!« Nicht eine Gemeinde, ein Dorf oder eine Stadt blieb in der Zeit vom 31.12.2008 bis zum 31.12.2017 im Landkreis Mittelsachsen von einem zum Teil drastischen Bevölkerungsrückgang verschont. Eine erzgebirgische Gemeinde nahe der tschechischen Grenze verlor 17,5% ihrer Einwohner.

UND GEGANGEN SIND DIE JUNGEN LEUTE!

ZUFALL, EINE OSTDEUTSCHE BESONDERHEIT ODER EIN TREND, DER SICH WELTWEIT ZEIGT?

Die Großstädte boomen, moderat in Europa und Nordamerika, vor allem jedoch in Südamerika und Afrika. Während Städte wie LONDON, MÜNCHEN, SÃO PAULO oder die nigerianische Hauptstadt LAGOS aus den Nähten platzen, dünnen die ländlichen Regionen aus. Die Zunahme an Einwohnern in nur ca. zehn Jahren zeigt sich in:

London

2001:

7,2 Millionen

2011:

8,2 Millionen

München

2007:

1,31 Millionen

2017:

1,53 Millionen

Lagos

2006:

9,2 Millionen

2016:

12,6 Millionen

Sao Paulo

2000:

10,4 Millionen

2018:

13,11 Millionen

Wenn Politiker versuchen, gleichwertige Lebensbedingungen für Stadt und Land zu schaffen, um diesem Trend entgegenzutreten, so muss dieses ehrenwerte Ziel eher als unrealistisch angesehen werden. Städte sind attraktiv, bieten in jeder Hinsicht vor allem für junge Menschen die Möglichkeiten, sich zu entfalten.

WIE ENTSTANDEN KOMMUNEN, DIE SPÄTER ZU STÄDTEN MUTIERTEN?

Verfügbares Wasser, günstige Wege für Handel und Verkehr, Bodenschätze, ausreichende Schutzmöglichkeiten und nicht zuletzt die Nähe zu religiösen Erscheinungen förderten das Gemeinwesen. Man sammelte sich dort aus klaren, objektiven Gründen. Verfeinertes und umfangreicheres Wissen mit aufkommender Technik verwandelte mittelalterliche Handelszentren in Industriestandorte, die die Menschen anzogen. Ähnliches erleben wir heute. Die bisher vorherrschende industrielle Arbeit wandelt sich. Gefragt sind Dienstleister, Theoretiker, IT-Spezialisten, die sich natürlich und vornehmlich in den Städten sammeln. Hier tauscht man sich aus, verfolgt gemeinsame Interessen. Hier stehen die Universitäten und Institute, die bereit sind, Innovationen, Neues zu fördern. Junge in- und ausländische Menschen kommen zum Studieren, um ihre Ausbildung zu starten oder eine Chance auf einen Job zu verwirklichen. Die ältere Generation sucht ein besseres Freizeitangebot und soziale Kontakte. Städte waren und sind Impulsgeber, in einer globalen Welt mehr denn je. Auch Meinungen, Trends, leider auch Konflikte wachsen auf städtischem Boden. Die Urbanisierung der ganzen Welt lässt sich aus all den Gründen nicht aufhalten. Die größte Metropolregion der Welt, Tokio, zählt schon heute 36,9 MILLIONEN Einwohner (EW ehemalige DDR 1990 16,11 Millionen!).

Die VEREINTEN NATIONEN sagen voraus, dass um 2050 ca. 75% der Menschen in Städten leben werden. In Deutschland sind schon heute 30% der Menschen in Großstädten angesiedelt, weitere 30% in Ballungsgebieten und anderen Städten. Die Urbanisierung der Weltbevölkerung zählt zu den zwölf von der ZUKUNFTSINSTITUT GMBH Frankfurt am Main und Wien benannten Megatrends, die unser Leben schon heute prägen.

Man kann sie verstehen, die Menschen, die dem Wissen, einer Ausbildung oder einer Arbeit hinterher ziehen. Die Folgen sind immens, denn das bisherige Gleichgewicht kommt ins Wanken. In den Städten wird es eng, Probleme um Wohnraum, Verkehrsführung und -entlastung, ENERGIE und Wasserbereitstellung, Ernährung und GESUNDHEIT, Abfallentsorgung und -RECYCLING stehen zur Lösung an. Die LEBENSQUALITÄT dieser monströsen Stadtgebilde ist die eine Seite, verlassene Landstriche die andere.

NUR EINE STADT, DIE DEN EINZELNEN IN ALL DIESEN PUNKTEN ZUFRIEDENSTELLEN KANN, WIRD ERFOLGREICH SEIN. ATTRAKTIVE ARBEITSPLÄTZE, EIN INTELLIGENTES VERKEHRSSYSTEM, ANGEBOTE FÜR FREIZEIT UND KULTUR UND UMWELTFREUNDLICHE TECHNOLOGIEN SIND ENTSCHEIDEND FÜR DIE AUSWAHL.

Mobil ist, wer schnell von A nach B kommt, das Fahrrad, preiswerte öffentliche Verkehrsmittel, Elektrofahrzeuge oder Car-Sharing werden das eigene Auto ersetzen. Sowohl im Verkehrsbereich, vor allem aber auch bei der Steuerung der Energie- und Wasserbereitstellung, bei der Kontrolle der Infrastrukturauslastung und dem Nutzungsverhalten ist eine Digitalisierung der Prozesse notwendig. Damit lassen sich Probleme erkennen, Weichen stellen, steuern und regulieren.

DIE MEGAGROSSSTADT MUSS ERHOLUNGSGEBIETE IN IHREM INNEREN BEREICH, PLÄTZE FÜRSPORT UND SPIEL BEREITSTELLEN.

Selbst erste Versuche, Lebensmittel in einer Metropole zu erzeugen, sind geglückt und werden weiterentwickelt. Die Bevölkerung der Zukunft wird bis zu 30% aus über 65-Jährigen bestehen. Gesundheitseinrichtungen, mögliche Treffpunkte, barrierefreie Zonen, altersgerechte Wohnmöglichkeiten sind vordergründig zu planen. Die Bereitstellung von Wohnraum ist insgesamt ein zentrales Thema der explodierenden Zentren. Da Land knapp und teuer ist, müssen neben Neubauten Lückenbebauungen, horizontale und vertikale Hauserweiterungen, Hausinstandsetzungen helfen, dem Ansturm Herr zu werden.

Laut ZUKUNFTSINSTITUT GMBH bedecken die Städte flächenmäßig 2% der Erdoberfläche, benötigen aber 75% der weltweit benötigtenEnergie und produzieren 80% aller Treibhausgase. Hier müssen neue Technologien, klimapolitische Maßnahmen und digital gesteuerte Umverteilungen zwischen Stadt und Umland helfen.Der Trend »AUF IN DIE STADT« wird nicht aufzuhalten sein, da in der Regel nicht subjektive, sondern objektive Motive die treibenden Kräfte darstellen. Es bleibt eine immense kommunale, politische, vor allem sozialpolitische Aufgabe, die sich daraus ergebenden Konflikte zu beherrschen und zu lenken.

LITERATUR:

• Bundeszentrale für Bildung »Bevölkerung – Die Angst vor der demografischen Zukunft«

• BertelsmannStiftung vom 08.07.2015 »Demografischer Wandel verstärkt Unterschiede zwischen Stadt und Land«

• Der Tagesspiegel vom 13 08.2015 »Der Run auf die Metropolen«

• Freie Presse vom 20.09. und 01.10.2018

• Institut der Wirtschaft vom 05.01.2017 »In den Großstädten wird es eng«

• Zeit online v. 03.10.2017 »Deutschlands Bevölkerung wächst bis 2035 um eine Million«

• Zukunftsinstitut GmbH Frankfurt am Main und Wien »Megatrend Urbanisierung« 2016

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