3 minute read

Autogramme sammeln

Autogramme sammeln

2018 haben wir uns mit vielen Aspekten des Filmes und dessen Drumherum beschäftigt. Eine spannende Geschichte, auf die uns Kerstin Zarbock – langjährige sisterMAG-Leserin – aufmerksam gemacht hat, sind Autogrammkarten von Schauspielerinnen und Schauspielern. Als großer Filmfan hat Kerstin seit Anfang der 1980er die Unterschriften und Widmungen gesammelt. Wir wollten wissen, was dahintersteckt, und haben sie zum Interview getroffen.

Interview

MIT: KERSTIN ZARBOCK

VON: TONI SUTTER

Wie bist du denn auf das Hobby gekommen?

Eigentlich mehr oder weniger zufällig. Ich habe sehr viele amerikanische Filme oder auch die Oskar-Verleihung im Fernsehen angeschaut – immer mit dem Gefühl: Da kommst du nie hin, diese Welt ist dir verschlossen. Dazu muss man wissen, dass ich in Ostdeutschland, der früheren DDR, aufgewachsen bin, von wo aus es in der Zeit des Kalten Krieges keine Möglichkeit gab, in die USA zu reisen. Ein Schulfreund erzählte mir dann, dass er die angebeteten Filmstars mit der Bitte um Autogramme anschrieb. Da dachte ich: „Das mache ich auch“, und so ging meine Leidenschaft fürs Autogramme sammeln los.

Wie ist man bei der Anfrage nach Autogrammen vorgegangen?

In Bibliotheken gibt es immer ein sogenanntes »Who is Who«. Darin waren auch die amerikanischen Schauspieler mit Adressen verzeichnet. Ungefähr die Hälfte der Adressen waren Agenturen, die das (Autogramm-)Management für die Schauspieler übernommen hatten. Diese habe ich dann angeschrieben – immer per Hand, damit es persönlicher wirkte und die Antwortwahrscheinlichkeit sich erhöhte. Ich habe meist Filmkarten beigelegt, die es in Kinos oder auf Film-Messen zu kaufen gab, mit eigenem Stempel und dem Datum versehen, damit ich nachvollziehen konnte, dass es wirklich meine Karte war, die ich signiert zurückerhielt. Teilweise haben die Stars eine Widmung oder einen kleinen Spruch ergänzt. O.W. FISCHER hat z.B. geschrieben, dass er keine Karten schickt, dass er mir aber antwortet, wenn ich ihm schreibe. Auch folgte der Hinweis, dass man einen adressierten Rückumschlag beilegen sollte.

Ich habe sehr viele amerikanische Filme oder auch die Oskar-Verleihung im Fernsehen angeschaut – immer mit dem Gefühl: Da kommst du nie hin, diese Welt ist dir verschlossen.

Bekam man direkt eine Reaktion?

Nach drei bis vier Wochen kamen die ersten Briefe zurück. Ich habe dann angefangen, Listen zu führen, wann ich an wen geschrieben und eine Antwort erhalten habe. In Hoch-Zeiten habe ich teilweise zwei bis drei Briefe mit Autogrammen pro Tag zurückerhalten.

Und gibt es Autogramme, hinter denen du richtig lange her warst?

Ich glaube, dass KEVIN COSTNER sehr selten ist. Ich habe gehört, dass er zumindest in seiner Hauptzeit kaum Autogramme gegeben hat. Ansonsten bin ich stolz auf HARRY BELAFONTE oder DEBRA PAGET, die beide sehr selten sind.

Wie hoch ist der Wert einer Autogrammkarte?

In den 1990ER Jahren ging ein richtiger Handel mit Autogrammkarten los. In dieser Zeit waren Preise um die 50 bis 100 EUR pro Karte möglich. Wenn Schauspieler tot sind, dann waren sie noch einmal mehr wert. Mir wurden z.B. einmal 80 EUR für eine Autogrammkarte von ROCK HUDSON geboten. Es gibt auch Schauspieler wie KATHERINE HEPBURN oder LANA TURNER, die ab einem bestimmten Zeitpunkt keine Fotos mehr signiert haben. In solchen Fällen waren auch Preise um die 300 EUR möglich. Heute ist der Markt verschwunden. Autogrammkarten kann man für einen EUR kaufen.

Als die Leute in Hollywood merkten, dass mit den Autogrammkartender Stars Handel betrieben wurde, schritten sie ein. Das erschwerte das Leben von Hobby-Sammlern wie Kerstin. Bis 1994/95 kamen die Antworten noch regelmäßig, danach wurde es immer schwieriger. Damals endete auch die Sammlerkarriere von Kerstin. Geblieben sind über 20 Ordner und Hefter, gefüllt mit Autogrammen von Oskar-Preisträgern wie KEVIN COSTNER oder Filmlegenden wie ROMY SCHNEIDER oder ROCK HUDSON.

Kerstin schließt damit, dass sie noch einmal den Reiz des Autogramme-Sammelns zusammenfasst:

Die Welt der Filmstars war eine so weit entfernte Sache, so dass man nie geglaubt hat, dass man sie erleben kann. Hier die kleine Welt, in der man lebte, und da die große Welt, von der man plötzlich Post erhielt.

This article is from: