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Versorgung mit Erdgas Vor dem Hintergrund anhaltender Kriegshandlungen zwischen Russland und der Ukraine bleibt das Risiko eines Versorgungs ausfalls für die österreichische Industrie weiterhin hoch. Um erfolgreich weiterzuarbeiten, braucht die LebensmittelBranche entsprechende Rahmenbedingungen. Daher muss die Politik die Versorgung der Betriebe mit Erdgas sicherstellen. Denn ohne Gas gibt es keine Lebensmittel. Oliver Dworak
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ie Ukraine ist ein wichtiges Durchleitungsland für russisches Gas nach Europa – selbst in Kriegszeiten. Am 11. Mai wurde ein Teil des Transits mit Verweis auf die schweren Kämpfe gestoppt. Der ukrainische Netzbetreiber OGTSU teilte mit, dass die Gas-Lieferungen durch die Ukraine nach Europa teilweise eingestellt werden müssen, da die Nowopskow-Verdichterstation in der Luhansk-Region (Ostukraine) wegen „der Einmischung der Besatzungsmächte in technische Prozesse“ nicht mehr betrieben werden kann. Luhansk und die umlegenden Gebiete sind von russischen Truppen besetzt. Der russische Staatskonzern Gazprom hatte wenige Stunden zuvor bestätigt, dass am Mittwoch nur 72 Millionen Kubikmeter Gas durch die Ukraine in Richtung Westen fließen sollen. Am Vortag habe das Auftragsvolumen noch bei 95,8 Millionen Kubikmetern gelegen. Aufträge für die im Grenzgebiet gelegene Messanlage Sochraniwka, die Teil der Sojus-Pipeline ist, würden nicht mehr angenommen, hieß es vom ukrainischen Netzbetreiber OGTSU. Die Begründung: Russlands Besatzung mache die
Oliver Dworak
Kontrolle der Anlage und die der Verdichterstation Nowopskow unmöglich. OGTSU sprach von einem Fall „höherer Gewalt“. Der russische Staatskonzern bekräftigte einmal mehr, alle seine Verpflichtungen gegenüber europäischen Kunden zu erfüllen. Die vertraglich mögliche maximale Auslastung des russischen Gas-Transits über die Ukraine liegt bei 109 Millionen Kubikmetern täglich. Den Angaben aus Kiew zufolge können
ERNÄHRUNG | Nutrition volume 46 | 03/04. 2022
nun bis zu 32,6 Millionen Kubikmeter pro Tag wegfallen. Die Ukraine bezieht aus der Durchleitung des russischen Gases wichtige Durchleitungsgebühren – und mahnte Gazprom an, diese auch weiter wie vereinbart zu zahlen. Betroffen von dem Transit-Stopp ist eine von mehreren Leitungen durch die Ukraine, konkret die Sochraniwka-Route der Sojus-Pipeline. Das bedeutet, dass der Transit von Gas nach Österreich und Europa über diesen Übergabepunkt nicht mehr möglich ist. Ein Teil der Gasmengen konnte auf einen anderen Übergabepunkt umgelagert werden. Der Gasfluss über Nordstream 1, die die Hauptroute für den Gastransit nach Europa darstellt, ist konstant geblieben. Die Austrian Gas Grid Management AG (AGGM) schreibt in ihrem Lagebericht vom 15. Mai: „Die Gasflüsse in Richtung aller österreichischen Marktgebiete, auch die Importe über die Ukraine, laufen weiterhin stabil. Die Preissituation an den Märkten ist weiter angespannt und liegt bei knapp unter € 100,-/MWh. Die heimische Versorgung von Endkunden wird heute aus Importen gedeckt. Die Speicher werden signifikant befüllt.“