Strandgut 7/2022

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LIteratur Kolumne: Alf Mayers Blutige Ernte

Richtig schwere Literatur Natur und Technik leichter gemacht Dieses Mal kein Mord und Totschlag, sondern zwei gewichtige Sachbücher, 2,1 und 1,2 kg schwer, die für eine portionsweise Lektüre besonders geeignet sind. Zuerst geht es ans »Meer. Das ultimative Handbuch« von Chris Dixon und Jeremy K. Spencer macht schon Spaß, bevor man es aufschlägt. Es kommt frisch und fröhlich daher, mit einem leicht überbreiten Format und wiegt 1,2 kg. Ordentlich viel Buch also für sein Geld. Dank des dicken Umschlagdeckels und der starken Bindung klappt es sich bereitwillig auf, bleibt liegen wie ein schön ausgebreitetes Strandhandtuch. Ein lesefreundlicher Satzspiegel und die großzügige, abwechslungsreiche Gestaltung – sechs Illustrator*innen haben mitgewirkt – machen die Begegnung visuell angenehm. Vollends zum Vergnügen wird sie durch den Text. Kaum ein Kapitelabschnitt ist länger als drei bis vier Seiten, dabei gehaltvoll und oft überraschend. Oft gilt das Prinzip Doppelseite.

Eigentlich dachte ich, über diese Art Sachbuch hinaus zu sein, wurde aber eines Besseren belehrt. Darüber hinaus ist dieses Buch für alle Eltern fragefreudiger Kinder eine Schatztruhe. Chris Dixon und Jeremy K. Spencer sind zwei ausgewiesene Meeresexperten. Zudem haben sie jede Menge Fremdwissen an Land und die besten Experten hinzugezogen. Ihr Ziel war es, »so eine Art PoseidonBibel« zu schaffen, »alles über die Meere, die ideale Lektüre für die Hängematte am Palmenstrand – und dein Lebensretter in kniffligen Momenten«. Ja, auch darum geht es, das entsprechende Kapitel heißt »Survival« und informiert über Quallen und Seekrankheit, die Erstversorgung bei Schnittwunden, Kälteschock und Unterkühlung, Hitzeerschöpfung, Essen auf der Rettungsinsel, giftiges Wasser, die Standardsignale im Seefunkverkehr, Kidnapping und gefährliche Häfen, Überlebenstipps für die einsame Insel bei Schiffbruch, Flaggen am Strand oder Lebensmittelvergiftungen durch Seetiere. Man erfährt, wie man einem Tsunami entkommt oder Ertrinkende erkennt, die Lungenkapazität trainiert, Flaschen und Dosen ohne Öffner öffnet oder eine Kokospalme erklimmt. Auch die anderen fünf Kapitel informieren über „all das, was man nur auf dem Wasser lernen kann“. Als da wären: Nautik, Surfen, Forschung, Tauchen und Schnorcheln und Fischfang – so die Einteilung. Tausende Stunden Recherche flossen in dieses Buch, „als Kompendium zeitlosen Wissens rund ums Meer ist es konkurrenzlos“, behaupten die Autoren kühn in ihrem Vorwort. Auf 360 Seiten und mit über 200 Illustrationen „stellt es stellt uraltes Können vor, aber auch aktuellste wissenschaftliche Erkenntnisse“. Kurzum also alles,

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was man je über das Meer wissen wollte, aber nicht wusste, wen man fragen könnte. Wo wartet die perfekte Welle? Was gehört in den Werkzeugkasten fürs Segeln? Wie verhält man sich bei Schlechtwetter? Wie klug sind Fische? Warum ist Ozeanforschung wichtig? Oder warum sind die Ozeane in Bewegung? Hier eine fast willkürliche Auswahl von Überschriften: Zehn Gründe, warum der Motor nicht anspringt. Augen auf beim Bootskauf. Kajak auf dem Meer. Im Urlaub ein Boot chartern. Die Risiken beim Tauchen. Ein kleines Neopren-Einmaleins. Die zwölf Gebote beim Surfen. Das erste Surfboard. Das Wichtigste fürs Angeln. Das Porträt einer Welle. Natürlich gibt es die wichtigsten Knoten, Wissenswertes zu Ebbe und Flut, zu Mangroven, Kraken, Speisefischen oder solchen, die man lieber meidet. Daneben aber eben auch Aktuelles über Fischschutzgebiete und überhaupt viel Respekt vor den Meereskreaturen und ihrem Element. Das Buch, weil dort entstanden, hat einen kalifornischen Kern. Dies gleich doppelt. Der US-Verlag Chronicle Books aus San Francisco macht mit die schönsten Bücher in den USA. Dieses gehört dazu. Zu schwer für den Strand hingegen ist mit seinen 2,1 kg der Band »Die Welt der Technik in 100 Objekten«. Herausgeber Wolfgang M. Heckl ist seit 2004 Generaldirektor des Deutschen Museums in München. Für das in fünfjähriger Projektarbeit entstandene Buch konnten er und seine Mitautorinnen und Autoren aus dem Vollen schöpfen. Das auf der Isarinsel mitten in München gelegene Institut, 1903 vom erfinderischen Bauingenieur und Elektrotechniker Oskar von Miller gegründet, gilt als größtes Wissenschafts- und Technikmuseum der Welt. Sein voller Titel lautet »Deutsches Museum von Meister-

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werken der Naturwissenschaft und Technik«. Es hat jährlich rund eineinhalb Millionen Besucher. 122.000 Objekte aus den insgesamt 54 Fachgebieten des Hauses – von Agrar- und Lebensmitteltechnik, Altamira-Höhle, Amateurfunk, Bergbau über Drucktechnik, Kraftmaschinen, Luftfahrt/ Raumfahrt, Pharmazie bis hin zu Wasserbau und Zeitmessung – befinden sich in seiner Obhut, Bibliotheken und Archive kommen noch hinzu. 25.000 Exponate davon sind permanent zu sehen. Das Museum steht seit langem schon für ein bildungsorientiertes Mitmachprinzip, immer wieder laden Exponate zu kleinen physikalischen Experimenten ein oder auf Knopfdruck laufen automatisierte Miniaturen. Unvergessen ist mir, mit 14 im Faradayschen Käfig zu sitzen und ein Gewitter zu erleben. – Wow!

Oscar von Millers Leitspruch »In diesem Haus darf jeder machen, was ich will« ist im Eingangsbereich zu lesen. Nun also 100 Objekte aus 500 Jahren, jeweils kundig vorgestellt, eine Mischung aus Enzyklopädie, Chronologie und Wunderkammer. Die Astronomie des 15. Jahrhunderts wird genauso abgebildet wie die Robotik des 21. Jahrhunderts, das Leeuwenhoek’sche Mikroskop von 1670 steht neben den Fischerdübel. »Was mag nun aber geschehen, wo ich solchen Leuten in Zukunft sagen muss, dass an schmutzigen Zähnen mehr Tierchen im menschlichen Munde existieren als Menschen im ganzen Reich …«, schrieb Antoni von Leeuwenhoek im Jahr 1670 über die Mundflora. Aus einer Samstagsnachmittags-Idee des Erfinders Artur Fischer entstand 1957 der SDübel (S für Spreiz), vom deutschen


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