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Doch kein Haus für queere und trans Menschen

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Schampar unbequem

Schampar unbequem

Eine Wohnung oder ein WG-Zimmer zu finden, ist nicht für alle Menschen gleich einfach. Eine Gruppe queerer und trans Menschen hatte in Basel ein Haus besetzt, um auf die Diskriminierung aufmerksam zu machen.

TEXT LEA STUBER ILLUSTRATION MELANIE GRAUER

Dass sie es schwer haben würden, wussten sie schon einen Tag danach. In einer Montagnacht im Januar besetzten sie das Haus an der Hardstrasse 99 im Gellert-Quartier, am Mittwoch publizierte der Kanton Basel-Stadt eine Baupublikation für – die Hardstrasse 99. Das Haus stand jahrelang leer, ausgerechnet jetzt wollte der Eigentümer es rundum sanieren. «Wenn wir das gewusst hätten», sagt Jay, grauer Kapuzenpullover und rundes, jugendliches Gesicht, «hätten wir eher ein anderes Haus besetzt.» An Tag 9 räumte die Polizei das Haus, der Eigentümer hatte eine Strafanzeige wegen Hausfriedensbruchs gestellt.

Und so trinkt Jay, eine*r von über zehn Besetzer*innen, den Kaffee statt im Gellert, dem schicken Basler Quartier mit den Villen, Kanzleien von Anwält*innen und Büros, noch immer im Kleinbasel, dem ehemaligen Industrieund Arbeiterquartier, auf der anderen Seite des Rheins. «Moment», sagt Jay, kaum steht der Kaffee auf dem Tisch, und setzt sich an die gegenüberliegende Tischseite, «ich möchte aus dem Fenster schauen können.» Draussen kurvt das Tram zwischen Claraplatz und Dreirosenbrücke, junge Menschen in grossen Jacken flanieren auf ihren Velos an Coiffeursalons, Telefongeschäften und Brautmodeläden vorbei. Kleinbasel unter der Januar-Wolkendecke, hier mag Jay die Stadt am liebsten.

Jay, Ende zwanzig und non-binär, nutzt das englische Pronomen they. They wohnt in einer WG um die Ecke, hat ein Phil.-hist.-Fach studiert und arbeitet im Bildungsbereich. Genauer will they nicht werden, auch den Nachnamen nennt Jay nicht. Besetzer*innen bleiben lieber im Verborgenen, denn sie machen sich potenziell strafbar.

Wenn Menschen mit grossem Tamtam ein Haus besetzen, Transparente aus den Fenstern hängen und Flyer verteilen, tun sie das meist mit einer politischen Botschaft. Wohnungsnot, fehlende Freiräume, Protest gegen Leerstand oder hohe Mieten – die Themen der Hausbesetzungen der 1970er- und 80er-Jahre in Basel, Zürich, Genf, Bern oder Lausanne sind gar nicht so weit weg von denen heutiger Besetzer*innen. Waren es früher die Forderungen der 68er- oder der Jugendbewegung, so kommen jetzt diejenigen von jungen queeren und trans Menschen hinzu.

Passender in der kulturellen Vielfalt

Schon Anfang Dezember besetzte die Gruppe ein Haus an der Gärtnerstrasse im Kleinbasel. Die Botschaft war an der Gärtner- wie an der Hardstrasse dieselbe: «Es bleibt unsichtbar, dass gender-nonkonforme und trans Personen besonders mit Wohnungslosigkeit zu kämpfen haben. Als marginalisierte Gruppe werden wir bei der Wohnungssuche strukturell diskriminiert.» Und: «Dass Verdrängung im St. Alban und Gellert ein Thema ist, zeigt sich bereits an den hohen Mietkosten. Wir nehmen es uns deshalb heraus, eine Hochburg mittlerer bis oberer Mittelschicht zu stürmen, die sich auch geographisch vom Rest der Bevölkerung distanziert.» Jay ist gut darin, die Botschaft der Gruppe zu erklären, die, wenn man so will, die Minderheit der Minderheit ist: In der EU identifizieren sich 5,9 Prozent der Bevölkerung als LGBTIQ, als non-binär identifizieren sich in den USA gemäss einer Umfrage mit Studierenden 3,7 Prozent, davon gut die Hälfte als trans. Doch sie reden, so Jay, nicht nur über Politisches – über Kapitalismus und Wohlstand, Verdrängung und Gentrifizierung, Rassismus und Transfeindlichkeit. Die Gruppe trifft sich in einem Freiraum, wo manche von ihr wohnen; in welchem genau, Jay hat dies abgeklärt, will die Gruppe nicht sagen. Der Ort soll nicht mit Hausbesetzer*innen in Verbindung gebracht werden können. Hier, wo im Winter das Feuer im Ofen flackert, trinken sie Kaffee auf den Sofas oder kochen zusammen, tanzen in der selbstgebauten Küche oder träumen von ihren Crushes von der letzten Party im Humbug oder von der ZischBar in der Kaserne. Kleinbasel biete Begegnungsräume, eine sichtbare, auch kulturelle Vielfältigkeit – Jay schwärmt. Hier sei es nicht so schickimicki, nicht so Upper Class wie im Gellert. «Ich fühle mich passender.» Doch, sagt Jay, wenn eine Person erzählt, dass sie von ihren Eltern aus der Wohnung geworfen wurde, können sie sich hineinversetzen. «Viele haben selbst schon ähnliche Situationen erlebt – vielleicht auch von anderen Verwandten oder dem Umfeld – oder bei guten Freund*innen miterlebt.» Und dann sind sie schnell wieder beim Politischen bei den Gesprächen im Freiraum.

Seelenstriptease am WG-Casting

Als they 18 oder 19 Jahre alt war, wurde eine von Jays ersten Partnerpersonen, wie they sie nennt, von den Eltern zuhause aus der Wohnung geworfen. Also zog sie zu Jay in die WG, ins gleiche Zimmer. Elf Quadratmeter für zwei

Menschen, das sei schwierig gewesen – finanziell, aber auch psychisch. Auch vor ihren Freund*innen hatten sie sich noch nicht als queer geoutet. Wer zuhause von der Familie häusliche Gewalt erlebt, findet etwa bei der Opferhilfe Unterstützung. Davon wussten sie nichts. «Wer noch keine Community hat», sagt Jay, «ist auf sich gestellt.» In Berlin gibt es mit QueerHome* seit Kurzem eine Beratungsstelle für queere Menschen in Wohnungsnot. Ein vergleichbares Angebot in der Schweiz fehlt.

Und dann zählt Jay Beispiel um Beispiel auf. Gerade erst sei ein trans Junge, 16 Jahre alt, von seinen Eltern aus der Wohnung geworfen worden. Oder die 19-jährige trans Person, die noch in Ausbildung ist und auf einmal einen Job finden musste, um eine Wohnung finanzieren zu können. Auch sie war von ihren Eltern auf die Strasse gestellt worden. Oder die Person, deren Mutter sie überzeugen wollte, dass sie nicht queer sei. Irgendwann ertrug sie das nicht mehr und zog aus. Oder: Queere und trans Menschen, die flüchteten und nun im Bundesasylzentrum von den Behörden nicht nur Rassismus, sondern auch Transund Queerfeindlichkeit erleben. Die Community erzählt sich diese Fälle von Wohnungslosigkeit weiter. Haben wir ein freies Zimmer in einem besetzten Haus? Oder ein Sofa in einer WG? Irgendwo findet sich meistens ein Schlafplatz, man rutscht zusammen.

Eine von Jays Mitbewohner*innen, eine trans Frau, suchte sehr lange ein WG-Zimmer. In den WGs, die sie sich anschaute, fühlte sie sich fetischisiert. Länger als geplant lebte sie noch bei den Eltern. Das Fetischisieren kennt auch Jay, they hört dann: Erzähle mir alles über dich! Welche Beziehung hast du zu deinem Geschlechtsteil? «Und ich denke: Wir kennen uns seit fünf Minuten, warum fragst du mich nicht nach meinen Hobbys?» Für Jay ist klar: An einem WG-Casting sagt they, dass they non-binär ist. Mit «sie» angesprochen zu werden, fühle sich an, als würde eine Person mit einem glitschigen Fisch in Jays Gesicht schlagen.

Wer das Queer oder Trans sein verschweige, sagt Jay, schütze sich möglicherweise vor direkter Anfeindung. Doch es sei belastend, nicht authentisch, nicht ehrlich sein zu können. Wird in einer WG der Community ein Zimmer frei, melden sich sofort viele queere Menschen. Natürlich, das betont Jay, gebe es queer-freundliche cis Menschen. «Doch manchmal ist es einfacher, mit anderen queeren Menschen zu wohnen.»

Wohnen und Transidentität

Eine Wohnung in einer grösseren Schweizer Stadt zu finden, ist im Moment eine herausfordernde Sache. Bis vor zwei Jahren stiegen die Leerstände, doch seither sinkt die Leerwohnungsziffer, 2022 betrug sie noch 1,31 Prozent. «Selbst für einen 30-jährigen, heterosexuellen cis Mann wird es schwierig, im Kleinbasel eine Wohnung zu finden», sagt Jay. «Immerhin ist die Wahrscheinlichkeit grösser, dass er sich die 2000 Franken für eine sanierte Wohnung leisten kann.» Etwa 20 Prozent der trans Personen, so Jay, haben in der Schweiz keinen Job. Das liegt deutlich über der letztjährigen Arbeitslosenquote von 2,2 Prozent. Neben den oftmals eingeschränkten finanziellen Möglichkeiten werden gleichgeschlechtlich gelesene Paare, erzählt Jay, von Verwaltungen oft für Freund*innen gehalten, die eine WG gründen wollen. «Wenn die Verwaltung WGs ausschliesst und explizit ein Paar sucht, werden zwei queere Menschen gar nicht als Paar in Betracht bezogen.»

Dass Menschen mit einem ausländisch klingenden Namen in der Schweiz bei der Wohnungssuche diskriminiert werden, stellten in den letzten Jahren mehrere Untersuchungen fest. Inwiefern dies auch auf queere und trans Menschen zutrifft, ist statistisch hingegen kaum in Erfahrung zu bringen. Zu Transidentität gibt es in der Schweiz kaum Forschung. Sigmond Richli vom Transgender Network Switzerland sagt: «Ein so spezifisches Thema wie Wohnen und Transidentität wurde in der

Schweiz ganz bestimmt noch nie untersucht.» Was Diskriminierung im Allgemeinen betrifft, gaben im Schweizer LGBTIQ+-Panel von 2022 51,8 Prozent der queeren und trans Menschen an, sozial ausgegrenzt zu werden. 67,1 Prozent werden in der Öffentlichkeit angestarrt. Bei 69,7 Prozent wird die Geschlechtsidentität nicht ernst genommen. 76,3 Prozent erleben strukturelle Diskriminierung. Und 82,4 Prozent sind Witzen ausgesetzt.

Auch zur Wohnungs- und Obdachlosigkeit von queeren und trans Menschen fehlen Zahlen. Eine Studie zur Obdachlosigkeit in der Schweiz von 2022 erfragte als Geschlecht nur «Frau» und «Mann». Bei einer Befragung zur Jugendobdachlosigkeit in Kanada von 2016 identifizierten sich 30 Prozent als LGBTQ+ – ein deutlich höherer Anteil als in der restlichen Bevölkerung.

Gerne hätte Jay an der Hardstrasse 99 Wasser und Strom wieder zum Fliessen gebracht, Heizung und Toiletten installiert, das Haus von Brettern befreit und die Zimmer wohnlich gemacht für queere und trans Menschen in besonders prekären Situationen. Die etwa keinen sicheren Aufenthaltsstatus haben oder Rassismus erleben. «Ich bin jung, weiss, gut gebildet, habe einen Schweizer Pass. Vergleichsweise bin ich privilegiert», sagt Jay, eine Zigarette drehend, und nimmt die Bauchtasche vom Tisch. Dann tritt they hinaus auf die Strassen Kleinbasels.

Hier wirst du unterstützt

Bist du queer oder trans und erlebst Diskriminierung? Weiterhelfen kann etwa die LGBTIQ-Helpline: lgbtiq-helpline.ch.

Für junge Queers: milchjugend.ch und du-bist-du.ch.

Für queere Geflüchtete: inaya-basel.ch und queeramnesty.ch.

Für trans Menschen: tgns.ch. Für non-binäre Menschen: nonbinary.ch.

Häuslichkeit abseits der Norm

Die Art und Weise, wie wir wohnen, war schon immer eng mit den Normvorstellungen der Gesellschaft verknüpft.

TEXT DIANA FREI

Aus Werbeanzeigen lässt sich vieles ablesen: Wofür inseriert wird, führt vor Augen, was die Bedürfnisse einer Zeit sind – oder waren. Und so stösst man, blättert man in NZZ-Ausgaben von Anfang bis Mitte des 20. Jahrhunderts, immer wieder auf Anzeigen für komplette Wohnungsausstattungen (nebst Mitteln gegen Blähungen; offensichtlich hatte man nun sitzende Büroarbeit, ernährte sich aber immer noch wie Bauern oder Bauarbeiter). Im Ausverkauf stand «Das wohnfertige Schweizerheim», das nicht nur ein schönes Doppelschlafzimmer bereithielt, sondern insgesamt 40 Teile, aus denen sich das Eheleben zusammensetzte, bis hin zu Nachttischlampen und «guten Schwei- zerbildern» an der Wand. Für 1360 Franken konnte man sich schwere Möbel kaufen, die genauso unverrückbar waren wie das zugehörige Lebensmodell: die erfolgreiche Ehe. Gesellschaftliche Normen materialisieren sich also nicht nur in Wohnungseinrichtungen, sie bilden sich auch in der Konzeption von Grundrissen ab – und natürlich in der Wohnungsvergabe. Dass sie auch zu Diskriminierungen führen, liegt auf der Hand. Am klarsten fassbar ist sie bei Menschen mit Namen, die auf eine nicht-schweizerische Herkunft schliessen lassen. So hat eine Studie der Universität Bern 2014 ergeben, «dass Personen mit einem ausländisch klingenden Namen in der Ostschweiz und im

Mittelland im Vergleich zu Personen mit einem schweizerischen Namen und einem sonstigen identischen Bewerbungsprofil um 8.4 bis 10.3 Prozentpunkte weniger oft zu einer Wohnungsbesichtigung eingeladen wurden.» Und: «Personen mit einem arabisch oder tamilisch klingenden Namen werden stärker diskriminiert als solche mit einem serbokroatisch klingenden Namen.» Eine Studie des Bundesamts für Wohnungswesen hat 2019 ergeben, dass, wer einen kosovarischen oder türkischen Namen trägt, signifikant weniger Chancen hat, zu einer Besichtigung eingeladen zu werden, als diejenigen, deren Namen auf eine Herkunft aus der Schweiz oder einem der direkten Nachbarländer schliessen lassen.

Trennungsbefehl wegen Konkubinat

Aber zurück zur Ehe, denn interessant ist speziell die Verknüpfung von Wohnen und Sexualmoral, Geschlechternormen oder Intimbeziehungen. Also von Dingen, die bis ins innerste Private reichen. Bis 1972 waren die moralischen Schranken auf dem Wohnungsmarkt hierzulande im Gesetz festgeschrieben, und zwar in Bezug auf Mann und Frau: Das Konkubinatsverbot untersagte unverheirateten Paaren das Zusammenwohnen. «Das Verbot stammte aus dem Jahr 1911 und sah vor, dass die Statthalterämter auf Meldung der Gemeinderäte hin Trennungsbefehle an Konkubinatspaare erliessen. Wer dem nicht Folge leistete, hatte mit strafrechtlichen Folgen wegen Ungehorsams zu rechnen», schreibt Carole Scheidegger in ihrer Liz.-Arbeit von 2006. Das Verbot diente aufmerksamen Nachbar*innen denn auch als Steilvorlage für die Ausübung sozialer Kontrolle beziehungsweise für regelrechtes Denunziantentum. Das Privatleben anderer konnte mit der Vorstellung staatlicher Ordnung verknüpft werden. «Schrilles Türgeklingel schreckte beide aus ihren Träumen hoch. (...) Der Wecker stand auf sechs Uhr früh, und vor der Tür standen zwei Polizeibeamte. Höflich, aber entschieden teilten sie mit: es sei eine Reklamation eingegangen. Wegen Konkubinats. Und nun müssten sie einmal kurz nachsehen, ob das überhaupt stimme», zitiert Scheidegger einen Artikel von 1967 aus der Wochenzeitung Zürcher Woche. Es ging darum, die staatliche – und hier eben auch moralische – Ordnung wiederherzustellen, die durch (schon nur leicht) alternative Lebenskonzepte offensichtlich schnell in Frage gestellt wurde. Das Konkubinatsverbot galt vielerorts in der Schweiz. Als es 1972 in Zürich abgeschafft wurde, bestand es in vielen weiteren Kantonen weiterhin: Appenzell, Baselland, Basel-Stadt, Glarus, Graubünden, Luzern, Nidwalden, Obwalden, Schwyz, St. Gallen, Uri, Wallis und Zug.

Normen und moralische Vorstellungen werden beim Wohnen reproduziert. So ist im Historischen Lexikon der Schweiz nachzulesen: «Die bürgerliche Gesellschaft entwickelte im frühen 19. Jahrhundert verbindliche Leitbilder des Wohnens. (…) Eng damit verbunden war der aufkommende Dualismus zwischen der öffentlichen Erwerbssphäre des Mannes und dem abgeschlossenen, weiblich konnotierten Bereich der Familie, wo Harmonie und Musse Platz finden sollten.» Das funktionierte natürlich nur innerhalb einer heteronormativen Logik. Interessant ist, dass die realen Intimbeziehungen hinter den Kulissen durchaus anders aussehen konnten.

Der Künstler Matt Smith thematisiert queere Beziehungen in Zusammenhang mit historischen Herrschaftshäusern in England, die vom National Trust, der Institution zur Pflege öffentlich zugänglicher Kulturbauten, Besucher*innen gezeigt werden. Smith hält fest, dass die Präsentation der historischen Gebäude zu einem wesentlichen Teil auf Familiennarrative baut. «LGBT-Sexualitäten» kämen selten vor: «Reproduktive und heteronormative Sexualität ist ein wesentlicher Teil des kuratorischen Narrativs.» (Er hat es dann natürlich mittels künstlerischer Interventionen in Zusammenarbeit mit dem National Trust auch aufgebrochen.) Das Narrativ ist aber im wahrsten Sinn des Wortes nur Fassade in Bezug auf die Geschichtsschreibung. Smith nennt Häuser, die historisch verbunden sind mit Männern, «die in ihrem Leben und ihren Intimitäten gegen soziale Normen verstiessen, und zwar durchaus auch in der Öffentlichkeit». Was bleibt, ist dennoch eine bereinigte Geschichte des Hauses und dessen Bewohner*innen.

Von «Wohnleitbildern» spricht auch der Historiker Thomas Stahel in seiner Dissertation «Wo-Wo-Wonige! –Stadt- und wohnpolitische Bewegungen in Zürich nach 1968»: Genau dagegen wehrten sich Hausbesetzer*innen und Kommunenbewohner*innen in den 70er- und 80er-Jahren. Sie kritisierten die funktionale Trennung von Arbeitssphäre und häuslichem Dasein, die zunehmende Individualisierung und die bürgerliche Kleinfamilie. Ziel war die Verwirklichung von gänzlich neuen Formen des Zusammenlebens, von Selbstversorgung bis hin zu anarchistischen Konzepten. «Ein Grossteil der alternativen Projekte wurde nur ansatzweise beziehungsweise in einer Zwischennutzung verwirklicht oder blieb reine Utopie», schreibt Stahel und zitiert das Ssenter for Applied Urbanism (SAU): «Die wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Verhältnisse in der Schweiz engen den Spielraum für phantasievolle Veränderungen empfindlich ein, die ordnende Gewalt von Staat und Familie erschwert das Aufkommen neuer Lebensformen.»

Umso mehr verstanden sich Kommunenbewohner*innen und Hausbesetzer*innen als politische Bewegung, die Normen sprengen sollte. Das unterscheidet sie fundamental von den meisten heutigen Wohngemeinschaften, die sich längst etabliert haben und oft in erster Linie Zweckgemeinschaften in Lebensphasen mit geringem Einkommen sind.

Wenn nun, wie in Basel, queere und trans Menschen als Community ein Haus besetzen, kommen neue Aspekte hinzu: Zum einen geht es darum, in einer ganz konkret schwierigen Wohnsituation – etwa mit den eigenen Eltern – ein neues Zuhause zu finden. Dann geht es um eine Art von Safe Space, einen Ort, an dem der Mensch sicher ist und nicht auf eine vermeintliche Andersartigkeit reduziert wird. Und politisch wird es, indem die Gruppe sich dabei an die Medien wendet, um auf ihre Benachteiligung auf dem Wohnungsmarkt hinzuweisen. Aber sie thematisieren damit weniger gesellschaftliche Utopien als aktuell gelebte Identität.

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