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Interesse am Denken
Interesse am Denken
Raus aus der Komfortzone – jetzt!
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Im Editorial wird schon beschrieben, wie wichtig Lesen ist, dass es der Schlüssel zu allem ist, denn ohne Lesen keine Geschichten, keine Information und keine Bildung. Und das kann man immer nur wiederholen. Denn Lesen zu können ist auch deswegen so wichtig, weil es ein Stück Selbstermächtigung bedeutet. Es bringt uns auf Ideen und unterstützt uns dabei, unsere eigene Welt zu gestalten. Durch ausreichende Lesekompetenz bieten sich uns auch jene Bücher an, die manchmal ein bisschen ungemütlich sind. Die, die uns nicht nur einladen, sie einmalig zu konsumieren – sei es zur Ablenkung, zum Entspannen oder zum Runterkommen –, sondern jene manchmal unbequemen Bücher, die uns anregen, Leben zu gestalten, uns auf Ideen bringen, unseren Horizont erweitern. So vielfältig in Thema, Weltanschauung und Stil die von uns vorgestellten Sachbücher diesmal auch wieder sind, eines eint sie: Sie sind eine Einladung, aktiv zu werden. Keines dieser Werke wird in mundgerechten, leicht verdaulichen Happen zur einfachen Konsumierung auf silbernen Tabletts gereicht, mit denen es sich gemütlich auf der Couch liegen bleiben lässt. Nein, diese Bücher bieten an, aktiv zu werden, Welt, Gesellschaft, Beziehungen mitzugestalten. Sich zu interessieren, schlauer zu werden, sich einzumischen, in Belange des Feminismus ebenso wie in die unserer schönen neuen Arbeitswelt. Sie informieren uns über faschistische Tendenzen und den aktuellen Zustand des Anthropozän und regen zum Nachdenken an. Lassen Sie sich das reiche inhaltliche Angebot dieser Werke nicht entgehen. Wir wünschen angenehme Lektüre abseits der Komfort zone.
–––– von Barbara Kadletz
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YURI SLEZKINE
Das Haus der Regierung
Als das Haus der Regierung im Frühjahr 1931 in Moskau eröffnet wurde, war es mit über 500 Wohnungen das größte Mietshaus Europas. Zu den ersten Bewohnern zählten alte Bolschewiki, marxistische Gelehrte, Generale und Parteifunktionäre. In der Zeit der Säuberungen ab 1937 war es das Haus mit der höchsten Sterberate. Yuri Slezkine erzählt die Geschichte des Bolschewismus anhand von Einzelschicksalen und liefert in seinem international gefeierten Meisterwerk eine neue Erklärung für die Ursprünge revolutionärer Gewalt.
Hanser, 1.344 S., € 50,40
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RICHARD SENNETT
Die offene Stadt. Eine Ethik des Bauens und Bewohnens
Eine Stadt kann nicht einfach wild wachsen, eine Stadt muss man planen. Und wie gut oder schlecht sie geplant wird bzw. wie diese Planung umgesetzt wird, entscheidet auch, wie gut das Zusammenleben der Menschen in einer Stadt funktioniert. Im Jahr 2050 werden zwei Drittel aller Menschen in Städten leben. Menschen mit unterschiedlichen kulturellen und religiösen Hintergründen. Ein Plädoyer für eine offene Stadt, die geprägt ist von Vielfalt und Veränderung – eine Stadt voller Widersprüche, die für alle bereichernd sein könnte.
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NEIL MACGREGOR
Leben mit den Göttern
Nach seinem großen Erfolg Eine Geschichte der Welt in 100 Objekten nimmt uns der ehemalige Direktor des British Museum mit auf eine faszinierende Reise durch die Welt der Götter und Religionen: Ein 40.000 Jahre alter Löwenmann aus Elfenbein, eine goldene Qibla aus dem 16. Jahrhundert, ein Kreuz aus Lampedusa – mit unnachahmlicher Eleganz bringt Neil MacGregor all diese Objekte zum Sprechen und erzählt von Geschichten, die unserem Leben Gestalt geben, und von den unterschiedlichen Weisen, wie Gesellschaften ihren Platz in der Welt imaginieren.
C. H. Beck, 542 S., € 41,10
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David Graeber
Bullshit Jobs
Wie ist das bei Ihnen so? Gehen Sie einer Erwerbstätigkeit nach? Falls ja, machen Sie einen Job, der Sie erfüllt? Der Ihnen das Gefühl gibt, dass Sie einen sinnvollen Beitrag zur Gesellschaft leisten? Nein? Dann haben Sie das, was der Anthropologe und bekennende Anarchist David Graeber einen Bullshit Job nennen würde. Witzlose, unnötige Tätigkeiten, Aktenschieberei, die depressiv macht. Graebers Lösung: ein vorraussetzungsloses Menschenrecht auf Grundeinkommen, damit alle ihr Potenzial entfalten können. Ein Buch, das zum Nachdenken und Diskutieren anregt, wie eine freie Gesellschaft aussehen könnte.
Klett-Cotta, 464 S., € 26,70
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THOMAS GEBAUER / ILIJA TROJANOW
Hilfe? Hilfe!
Dass der Autor Ilija Trojanow ein kritischer Geist ist, sollte ja hinlänglich bekannt sein. Zusammen mit dem Soziologen Thomas Gebauer hat er jetzt ein Buch zum Thema „richtig helfen“ vorgelegt. Man kennt die Situation: Unterwegs von A nach B wird man mindestens drei Mal von eine*r Bettler*in angesprochen und um eine Unterstützung gebeten. Spenden oder nicht? Schlechtes Gewissen vs. die Frage, ob diese Spende wirklich ankommt. Zu dieser und vielen anderen lokalen und globalen Zwickmühlen und der Frage, was eigentlich Wohltätigkeit ist, bietet dieses Buch Rat, Aufklärung und – ja, Hilfe.
Fischer, 256 S., € 15,50
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YUVAL NOAH HARARI
21 Lektionen für das 21. Jahrhundert
Yuval Noah Harari Superstar! Von seinen Welterfolgen Eine kurze Geschichte der Menschheit und Homo Deus hat er über zwölf Millionen Exemplare verkauft, sein Auftritt beim heurigen Weltwirtschaftsforum in Davos fand auf der großen Bühne des Kongresszentrums statt. Denn alle, alle, tun es: Wir lesen mit Vergnügen Harari. Und warum? Weil kaum einer so klar und schlau zu schreiben versteht, dabei komplexe Sachverhalte vermittelt und ganz nebenbei ein Stück Welt(-geschichte) erzählt. Auch diesmal unterhält Harari niemanden unter seinem Niveau. An den titelgebenden 21 Lektionen spielt er Möglichkeiten durch, wie wir unsere zukünftige Geschichte aktiv mitgestalten können, bevor sie uns in unserer Abwesenheit gestaltet. Empowerment!
C. H.Beck, 459 S., € 25,70
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MADELEINE ALBRIGHT
Faschismus
Was eigentlich ist Faschismus? Und warum ist er auch heute noch oder wieder eine Gefahr? Die ehemalige US-Außenministerin Madeleine Albright diskutiert in ihrem neuen Buch mit StudentInnen, referiert die Geschichte des europäischen Faschismus und zeigt, wo und warum aktuell totalitäre, faschistoide Regime entstehen. Albrights Buch ist aber nicht nur eine Warnung (so der Untertitel), sondern bietet auch Lösungsansätze und macht klar, dass allein die Demokratie politische und gesellschaftliche Konflikte mit Rationalität und offenen Diskussionen lösen kann. Ein wichtiges Buch!
DuMont, 320 S., € 24,70
ILLUSTRATION: Marie Maerz / photocase.de