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Lässt sich Armut teilen?

Schilderung eines Projektes, welches genau das versucht.

Von Anne Marie Gómez Neumann

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Das Telefon klingelt. Ein permanentes Geräusch im Berufsalltag von Thomas Neureiter – ein klingelndes Telefon. An sich nichts Dramatisches: hier aber wird Bedürftigkeit sichtbar – die Bedürftigkeit nach Beratung, Geld und allgemeiner Unterstützung. Thomas Neureiter – als Leiter des Projektes „ArMut Teilen“ entlastet Menschen in Salzburg, mit finanziellen, aber auch anderweitigen Problemen. Hier finden Salzburger*innen neben sozialer Beratung und Betreuung auch finanzielle Hilfe. Salzburg und Armut – nicht unbedingt der Begriff, welchen man mit der reichen Mozartstadt assoziiert. Aber dennoch existiert Armut: und sie ist näher, als viele vermuten. Alleine im Bundesland Salzburg lebten 2019 etwa 82.000 Menschen unter der Armutsgrenze. Jede*r siebte Salzburger*in galt demnach als armutsgefährdet.

Doch was genau bedeutet Armutsgefährdung?

Als armutsgefährdet gilt jemand, welcher mit 1.286 € monatlich oder weniger auskommen muss. Eine Summe, mit der man – besonders bei Salzburger Mietpreisen – finanziell eher schwierig auskommt. Die Armutsgefährdeten, bzw. armen Menschen sind hier nicht nur eine Zahl: hier bekommt die abstrakte Zahl von 82.000 armutsgefährdeten Salzburger*innen einen Namen, eine Geschichte und auch einen Hintergrund. Alleinerziehende, mit teilweise mehreren Kindern, welche sich fragen, wie sie sich den nächsten Schulausflug leisten sollen. Menschen, mit körperlichen Einschränkungen, die Hilfe selbst beim Einkaufen benötigen und nicht wissen, wie sie diese finanzieren können. Ältere Menschen, mit den finanziellen Problemen einer kleinen Pension, steigenden Mietkosten und auch dem Problem der Einsamkeit.

Es sind alles Menschen, mit Geschichten, Eindrücken, Emotionen und Wünschen.

Genau das ist auch das Besondere an der Organisation von „ArMut Teilen“: die Zeit wird sich genommen, sich mit jedem Einzelschicksal zu beschäftigen, jede Geschichte zu hören und den Menschen nicht nur finanzielle Hilfe anzubieten, sondern auch sozialen Beistand. Über die breite Vernetzung mit anderen sozialen Projekten und Hilfsorganisationen in der Region, ist es hier möglich, andere Stellen weiterzuempfehlen und im besten Falle Hilfe zur Selbsthilfe zu leisten. Besonders durch die Corona Pandemie werden eben jene Personen getroffen, welche auch schon davor armutsgefährdet oder bereits in der Armut waren. Bereits vor dieser Krise, galten etwa 17 % der Einwohner*innen Österreichs als armutsgefährdet; die Corona Pandemie hat diese Zahl nicht unbedingt in eine positive Richtung beeinflusst. Kurzarbeit, Kündigungen oder auch den finanziellen Mehraufwand durch die Betreuung der Kinder zuhause – all das sind Faktoren, welche besonders Menschen in schwierigen finanziellen Situationen stark belasten.

In der ersten Hochphase der Corona Pandemie im ersten Halbjahr 2020, wurden die Menschen bei ArMut Teilen zusätzlich mit Lebensmittelpaketen und anderen kleinen Sachspenden unterstützt. Auch jetzt – in den folgenden Wochen – werden wieder Lebensmittel ausgegeben. Gerade in der Hochphase der Pandemie sind solche Aktionen wichtig: sie entlasten die Haushalte bei dem Punkt, wo meist nicht gespart werden kann und sollte. Über das ganze Jahr gibt es – neben der Beratung und Unterstützung – verschiedene Veranstaltungen, um noch mehr auf die Bedürfnisse der Menschen einzugehen. Der „Umverteilungstag“ im November beispielsweise dient dazu, auch mal größere finanzielle Beträge an Menschen zu spenden, um Träume wie eine Schulfahrt, ein Fahrrad oder auch andere Anschaffungen wahr werden zu lassen. Aktuell gilt besonders die Weihnachtsaktion als ein wichtiger Bestandteil des Projektes: hier können Kinder ihre Wünsche mit selbstgemalten Wunschbriefen an das Christkind ausdrücken. Durch eine Kooperation mit verschiedenen regionalen Geschäften und einigen spendenwilligen Privatpersonen, können diese Wünsche dann tatsächlich erfüllt werden. Allgemein finanziert sich das Projekt durch Spenden, größtenteils durch Spender*innen, welche schon jahrelang diese wichtige Arbeit unterstützen. Auch die Universitätsbibliothek Salzburg förderte das regionale Hilfsprojekt mit den Einnahmen von 4.485 € aus dem Bücherflohmarkt im Jänner 2020. Die Basiskosten, wie etwa die Räumlichkeiten und die Arbeit des Projektleiters Thomas Neureiter, werden von der Erzdiözese Salzburg übernommen. Die alltägliche Arbeit ist es, für die Menschen da zu sein, auf ihre Bedürfnisse einzugehen und sie da abzuholen, wo sie Hilfe benötigen. Denn das ist das Basisziel der Organisation: dass das klingelnde Handy irgendwann mal nicht mehr klingelt.

Quellen: https://salzburg.orf.at/stories/3020728/ (14.12.2020) https://www.salzburg24.at/news/salzburg/salzburgs-arme-werden-immer-aermer-69653902 (14.12.2020) https://www.salzburg24.at/news/salzburg/corona-pandemiesorgt-fuer-mehr-armut-in-salzburg-89307115 (14.12.2020) https://www.armut-teilen.at/home/ (14.12.2020)

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