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ÖH Führt Disabilityreferat (wieder) ein

Das neue Referat will Inklusion und Chancengleichheit auf universitärer und gesellschaftspolitischer Ebene forcieren und Barrieren abbauen. Wir haben uns mit der neuen Referentin Delaja Oblak getroffen und mit ihr über die Pläne für das kommende Semester und die Situation von Studierenden mit Behinderungen während der Covid-19-Pandemie gesprochen.

Die Fragen stellte Hannah Wahl

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uni:press: Welche Barrieren existieren für Menschen mit Behinderungen an der Uni Salzburg?

Der Hochschulzugang bleibt vielen Personen verwehrt und ist an sich schon eine gewaltige Barriere. Sehr viele Studierende an der Universität Salzburg sind von psychosozialen, unsichtbaren Behinderungen betroffen. Daraus ergeben sich gewaltige Barrieren, weil psychische Erkrankungen immer noch auch gesellschaftlich gesehen stigmatisiert werden. Betroffene haben oft Ängste und Befürchtungen und verstecken sich eher als Unterstützung einzufordern. Da muss sich wirklich die Umgebung endlich verändern, denn es kann nicht sein, dass die größte Gruppe nicht zu Wort kommen darf und nicht existieren darf im System Universität. Generell kann alles zur Barriere werden. Zum Beispiel sich zu Lehrveranstaltungen anzumelden, ein Formular auszufüllen, das richtige Gebäude zu finden, die Präsenzlehre und regelmäßige Anwesenheit, Zeitvorgaben einzuhalten, sich vor oder in einem Raum zu befinden, der nicht barrierefrei ist (auch digitale Räume sind oft nicht barrierefrei gestaltet) verbale Präsentationen zu halten, die Planung des Studiums (z. B. für jede Lehrveranstaltung extra Nachteilsausgleich beantragen). Soziale und zwischenmenschliche Anforderungen können ebenso zur Barriere werden wie bauliche oder ökonomische Barrieren. Ich persönlich denke, dass die größten Barrieren immer noch aufgrund von Unwissen oder mangelnder Bereitschaft andere zu akzeptieren, die nicht in das eigene kleine Kästchen passen, entstehen.

Und in der Gesellschaft generell?

Auf Barrieren stoßen Menschen mit Erkrankungen und Menschen mit Behinderungen tagtäglich. Sie müssen um alles kämpfen, das ist kräftezehrend. Noch dazu gibt es viel Unwissen und immer noch

Vorurteile, einstellungsbedingte Barrieren in der Gesellschaft. In Heimen und Werkstätten werden Menschen ausgebeutet und von der Gesellschaft ausgesperrt. Personen mit psychischen Erkrankungen fallen aus der Gesellschaft heraus und dürfen auch nicht selbst zu Wort kommen, denn es sind immer noch sogenannte „Expert*innen“, die über Menschen mit psychischen Erkrankungen sprechen, anstatt dass die Betroffenen endlich selbst über sich selbst sprechen dürfen. Viele Personen haben in unserem System überhaupt keine Chance auf ein selbstbestimmtes Leben.

Du bist jetzt seit Februar 2021 zuständig für das neue Disability-Referat. Verrätst du uns, welche Pläne du für das kommende Semester hast?

Ich möchte Studierende mit Erkrankungen/Behinderungen einladen, sich aktiv im Referat mit ihren Ideen, Anliegen und Wünschen einzubringen. Es soll eine langfristige, aktivistische „Empowerment-Plattform“ verankert werden. Jedes Semester soll mindestens eine barrierefreie Veranstaltung angeboten werden. Ich möchte dazu beitragen, dass psychische Erkrankungen endlich als psychosoziale, unsichtbare Behinderungen anerkannt werden.

Wann sollen sich Studierende an das Disability-Referat wenden?

Es sollen sich alle Studierenden mit Erkrankungen und Behinderungen melden, wenn sie auf Barrieren stoßen. Studierende, für die es nicht machbar ist, von offizieller Seite Unterstützung zu beantragen, können sich auch vorerst (anonym) an mich wenden. Generell steht das Referat für alle, die sich angesprochen fühlen offen und bietet einen geschützten studentischen Raum an.

Wir befinden uns immer noch in einer Pandemie und im zweiten Semester Fernlehre. Welche Auswirkungen hat das für Studierende mit Behinderungen?

Die Auswirkungen der Pandemie sind gravierend, gerade psychische Erkrankungen nehmen bei jungen Menschen zu. Die Barrieren vor Ort verlagern sich in den digitalen Raum. Mitunter kann die Fernlehre jedoch auch große Erleichterungen bringen. So lässt sich der Alltag leichter mit dem Studium verbinden und es sind dadurch mehr Möglichkeiten zur individuellen Teilhabe entstanden. Wichtig wäre es für Studierende mit Erkrankungen und Behinderungen, dass die Möglichkeit zur digitalen Teilnahme auch nach der Pandemie bestehen bleibt, denn für einige Studierende ist erst dadurch ein Studium überhaupt möglich geworden.

Wie kann das Disability-Referat Inklusion auch auf gesellschaftspolitischer Ebene forcieren?

Das ist eine große Aufgabe, da wir noch sehr weit von Inklusion entfernt sind. Hier ist es wichtig, mit bestehenden Menschenrechtsorganisationen zusammenzuarbeiten, sich zu vernetzen und Kooperationen anzustreben, um gemeinsam Veränderungen zu bewirken und auf Missstände hinzuweisen.

Es gibt an der Uni Salzburg eine Abteilung für Disability&Diversity, ein Beratungszentrum und jetzt auch ein Disability-Referat. Kannst du uns kurz erklären, bei welchen Fragen und Problemen sich Studierende an die verschiedenen Stellen wenden sollen?

Das Beratungszentrum berät Studierende zu allen Fragen, die aufkommen. Die Abteilung Disability & Diversity ist speziell für Studierende mit Erkrankungen/Behinderungen zuständig. Hierhin kann man sich jederzeit wenden, um Unterstützung zu erhalten. Das Disability-Referat der ÖH ist dafür da, die Sichtweisen der Studierenden zu vertreten, einen geschützten Raum anzubieten und dazu beizutragen, dass Barrieren, die Studierende erleben, abgebaut werden.

KONTAKT

EMail: disability@oehsalzburg.at Sprechzeiten: online Individuelle Termine nach Vereinbarung Auf der Webseite gibt es zudem ein anonymes Kontaktformular.

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