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Digitales und Analoges gemeinsam denken
DIGITALES & ANALOGES GEMEINSAM DENKEN
Von Manuel Gruber
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Über Jahre wurde sie gefordert, von anderen Seiten zwar hochgelobt, aber wenig vorangetrieben und die Corona-Pandemie hat dann alle von heute auf morgen doch dazu gezwungen: die verstärkte Digitalisierung des Hochschulbetriebes in Studium und Lehre. Entsprechend waren auch die Reaktionen und auch nach wie vor läuft nicht alles so rund, wie es sollte. Etwa zeig(t)en sich folgende Beobachtungen: (Große) Zeitverzögerungen beim zur Verfügung stellen der Unterlagen (Aufnahmen, Slides, usw.) auf der eLearningPlattform, nur zeitlich begrenztes Hochladen oder gar kein zur Verfügung stellen der Unterlagen auf digitalem Wege. Lehrende, die sich über Wochen nicht bzw. nur spärlich bei ihren Studierenden melden, weil sie keine digitale Lehre halten möchten oder einfach damit überfordert waren/sind. Ein erhöhter Aufwand für Studierende und Lehrende in der digitalen Fernlehre. Die fehlende technische Ausstattung von Lehrenden, Lehrveranstaltungsräumen und Studierenden. Der teilweise schon zum Wettbewerb zwischen den Lehrenden erhobene Versuch, die eigene Prüfung möglichst spicksicher zu machen - und das allenfalls auch auf Kosten der Privatsphäre der Studierenden. Webex, das wieder mal abstürzt, keinen Ton zulässt oder sonst Probleme macht und noch vieles mehr. Auch wenn sich seit März 2020 in der digitalen Lehre viel verbessert hat, läuft an der Uni Salzburg noch nicht alles rund in der digitalen Lehre, wie es für ein gutes Lernumfeld sein sollte. Doch muss auch bereits jetzt klar sein: Ohne Digitalisierung wird auch in der Post-Corona-Zeit Uni nicht mehr denkbar sein. Oder positiver ausgedrückt: Digitale Elemente gehören ganz einfach zum Studium und zur Uni dazu wie analoge Elemente. Im besten Sinne sollen sie sich gegenseitig ergänzen und damit ein gutes Lern- und Diskussionsumfeld für Studierende, Wissenschaftler*innen und Mitarbeiter*innen ermöglichen. Ein ruck-zuck-Zurück zu reinem Präsenzbetrieb wäre deshalb in meinen Augen die gleiche Dystopie, wie wenn wir zu einer bloßen Fernuni rein digital werden würden. Denn ein Studium ist viel mehr als Webex, Blackboard und Zoom und das zeigt sich nicht nur in diversen Umfragen, sondern auch in zahlreichen Gesprächen in diesen Wochen nach über einem Jahr Pandemie. So kam eine vom Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung in Auftrag gegebene Studie zum Ergebnis, dass für 60 Prozent der befragten österreichischen Studierenden die Corona-Pandemie im universitären Alltag zumindest eher belastend ist. Die größten Probleme dabei unter anderem: die geringe Motivation durch Online-Unterricht, der
fehlende Kontakt zu anderen Studierenden. Es geht also um mehr in der Studienzeit: etwa sich mit Studienkolleg*innen und Lehrenden vor, in und nach Lehrveranstaltungen in Austausch zu kommen, zum Lernen in die Bibliothek zu gehen, neue Menschen kennenzulernen oder sich auf ein kühles Getränk an lauen Sommerabenden zu treffen. Dass dies in der digitalen Welt entsprechend erschwert ist und der soziale Aspekt vielfach zu kurz kommt, haben die letzten Monate vielfach gezeigt.
Doch bietet die Digitalisierung auch Chancen, etwa was die erhöhte Vereinbarkeit des Studiums mit Job, mit Betreuungspflichten oder der physischen und psychischen Situation von Studierenden betrifft. Ebenso wie es digitale Elemente Studierenden ermöglichen können, flexibler und nach den eigenen Bedürfnissen sich mit Inhalten zu beschäftigen sowie sich dadurch zudem möglicherweise einfacher über den Tellerrand des eigenen Faches hinausbewegen zu können, wenn Lehrveranstaltungen auch digitale Elemente aufweisen. Auch im Zusammenhang mit der Internationalisierung ergeben sich mit der Digitalisierung neue Chancen, wenn es um Chancengleichheit beim Zugang zu Mobilitätsprogrammen geht: Etwa indem es die Digitalisierung möglich macht, an einer ausländischen Hochschule zu studieren und Lehrveranstaltungen zu besuchen, auch wenn es aufgrund von Betreuungspflichten oder der finanziellen Situation nicht möglich ist, in das Ausland zu gehen. Gleichzeitig lässt eine sinnvolle Verknüpfung von digitalen und analogen Lernelementen in vielen Bereichen des Studienangebots ganz neue Möglichkeiten des Lehrens und nachhaltigen Lernens zu, auch wenn klar ist, dass nicht überall Digitalisierung möglich und sinnvoll ist. Die Utopie dabei: Wir überwinden die „Hürde“, dass es nur um das Auswendiglernen für die Prüfung geht, sondern Lernen nachhaltig ist es mehr um das Anwenden und Diskutieren statt um das stupide Auswendiglernen von Zahlen, Daten und Fakten wie in der Schule geht. Mit der Digitalisierung ergibt sich somit die Chance und gewissermaßen die Notwendigkeit, Bildung, Universität und Studium ganz neu zu denken. Und dies mit all den neuen Verantwortungen und Herausforderungen für Lehrende, Studierende und Mitarbeiter*innen, aber auch Chancen und Möglichkeiten, die damit einhergehen.
Wir stehen wohl erst am Anfang der „digitalen Revolution“ unseres Unisystems, doch eines ist klar: Unis werden und sollen weiterhin pulsierende Zentren von Wissenschaft, Forschung und der Diskussion bleiben und dafür wird es notwendig sein, die analoge und die digitale Welt in Verbindung zueinander zu bringen und das beste aus beiden Welten im Sinne eines positiven Studienumfelds herauszuholen.