ISSN 1432-4334 JAHRGANG 30 HEFT 4 August 2021
FÜR PHARMAKOLOGIE UND THERAPIE
JOURNAL OF PHARMACOLOGY AND THERAPY
Melissengeist zur Behandlung stressbedingter Effekte auf das gastrointestinale System, den Schlaf und die Lebensqualität – eine nicht interventionelle Anwendungsstudie
Cemiplimab erweitert die Therapieoptionen beim fortgeschrittenen Basalzellkarzinom Neovaskuläre altersabhängige Makuladegeneration: Früher Behandlungsbeginn mit Anti-VEGF-Inhibitoren wie Aflibercept
Neue Triple-Therapie verbessert das COPD-Management Amivantamab – eine vielversprechende Option zur Behandlung des NSCLC mit EGFR-Exon-20-Insertionsmutationen
Neue Daten zu Siponimod sprechen für frühen Therapiebeginn bei aktiver SPMS Durch Hausstaubmilben induzierte allergische Rhinitis:
Hyposensibilisierung mit oraler Allergen-Immuntherapie
Selpercatinib – die erste hochselektive Therapie für fortgeschrittene Schilddrüsenkarzinome mit RET-Alterationen
VERLAG
PERFUSION
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KAFTRIO + KALYDECO NEUE PERSPEKTIVEN FÜR MEHR PATIENTEN IN DER CFTR-MODULATORTHERAPIE1-4 DIE ERSTE TRIPEL-KOMBINATION FÜR MEHR WIRKSAMKEIT 1-4
Referenzen: 1. Middleton PG, Mall MA, Dřevinek P, et al. Elexacaftor–tezacaftor–ivacaftor for cystic fibrosis with a single Phe508del allele. N Engl J Med. 2019;381(19):1809-1819. 2. Heijerman HG, McKone EF, Downey DG, et al. Efficacy and safety of the elexacaftor plus tezacaftor plus ivacaftor combination regimen in people with cystic fibrosis homozygous for the F508del mutation: a double-blind, randomised, phase 3 trial. Lancet. 2019;394(10212):1940-1948. 3. ClinicalTrials.gov. Identifizierungsnummer: NCT04058353. Abgerufen: Juni 2021. 4. Fachinformation KAFTRIO®, Stand April 2021. KAFTRIO® Bezeichnung des Arzneimittels: Kaftrio® 75 mg/50 mg/100 mg Filmtabletten. Wirkstoffe: Ivacaftor, Tezacaftor, Elexacaftor. Zusammensetzung: Jede Filmtbl. enth. 75 mg Ivacaftor, 50 mg Tezacaftor und 100 mg Elexacaftor. Sonst. Bestandt.: Tbl.-kern: Hypromellose (E464), Hypromelloseacetatsuccinat, Natriumdodecylsulfat (E487), Croscarmellose-Natrium (E468), Mikrokrist. Cellulose (E460(i)), Magnesiumstearat [pflanzlich] (Ph.Eur) (E470b), Filmüberzug: Hypromellose (E464), Hydroxypropylcellulose (Ph.Eur) (E463), Titandioxid (E171), Talkum (E553b), Eisen(III)hydroxid-oxid x H2O (E172), Eisen(III)-oxid (E172). Anwendungsgebiet: In Kombination mit Ivacaftor 150 mg Tbl. zur Behandlung der zystischen Fibrose (CF, Mukoviszidose) bei Patienten ab 12 Jahren, die mindestens eine F508del-Mutation im CFTR-Gen aufweisen. Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegen Wirkstoffe oder sonst. Bestandt. Warnhinweise: Arzneimittel für Kinder unzugänglich aufbewahren. Nebenwirkungen: Sehr häufig: Infekt. d. ob. Atemwege, Nasopharyngitis, Kopfschm., Schwindel, oropharyng. Schm., verstopfte Nase, Diarrhoe, Bauchschm., Transaminasenanst., Hautausschl., Bakterien im Sputum. Häufig: Rhinitis, Influenza, Hypoglykämie, Ohrenschm., Ohrenbeschw., Tinnitus, Trommelfellhyperämie, Gleichgewichtsstör., Rhinorrhoe, verstopfte Nasennebenhöhlen, Rachenrötung, abnormale Atmung, Übelkeit, Oberbauchschm., Blähungen, ALT-Erh., AST-Erh., Akne, Pruritus, Raumforderung i.µd. Brust., Kreatinphosphokinase-Erh. Gelegentlich: Verstopfte Ohren, Giemen, Brustentzündg., Gynäkomastie, Brustwarzenaffektion/-schm., Blutdruck-Erh. Verschreibungspflichtig. Stand der Information: April 2021. Inhaber der Zulassung: Vertex Pharmaceuticals (Ireland) Limited, 28-32 Pembroke Street Upper, Dublin 2, D02 EK84, Irland. Lokaler Vertr.: Vertex Pharmaceuticals (Germany) GmbH, Sonnenstr. 19/Eingang 2, 80331 München. KALYDECO® Bezeichnung des Arzneimittels: Kalydeco® 25 mg / -50 mg / -75 mg Granulat im Beutel; -75 mg / -150 mg Filmtabletten. Wirkstoff: Ivacaftor. Zusammensetzung: Jeder Beutel Granulat enth. 25, 50 oder 75 mg, jede Filmtbl. 75 oder 150 mg Ivacaftor. Sonst. Bestandt.: Granulat: hochdisp. Siliciumdioxid, Croscarmellose-Natrium, Hypromelloseacetatsuccinat, Lactose, Magnesiumstearat, Mannitol, Sucralose, Natriumdodecylsulfat. Tabletten: Tbl.-kern: Mikrokrist. Cellulose, Lactose, Hypromelloseacetatsuccinat, Croscarmellose-Natrium, Natriumdodecylsulfat, hochdisp. Siliciumdioxid, Magnesiumstearat, Filmüberzug: Poly(vinylalkohol), Titandioxid (E 171), Macrogol (PEG 3350), Talkum, Indigocarmin, Aluminiumsalz (E 132), Carnaubawachs, Drucktinte: Schellack, Eisen(II,III)-oxid (E 172), Propylenglycol, konz. Ammoniaklsg. Anwendungsgebiet: Behandlung der zystischen Fibrose (CF, Mukoviszidose) bei Patienten ab 4 Monaten als Monotherapie mit einer der folgenden Mutationen im CFTR-Gen: G551D, G1244E, G1349D, G178R, G551S, S1251N, S1255P, S549N, S549R oder R117H (Pat. < 25 kg KG gewichtsadaptiert Granulat; Pat. ≥ 6 Jahre mit ≥ 25 kg KG Tbl.). In Kombination mit Tezacaftor/Ivacaftor Tbl.: Patienten ab 6 J., die homozygot für die F508del-Mutation sind oder heterozygot für die F508del-Mutation und eine der folgenden Mutationen im CFTR-Gen aufweisen: P67L, R117C, L206W, R352Q, A455E, D579G, 711+3A→G, S945L, S977F, R1070W, D1152H, 2789+5G→A, 3272-26A→G und 3849+10kbC→T. In Kombination mit Ivacaftor / Tezacaftor / Elexacaftor Tbl. (IVA/TEZ/ELX): Patienten ab 12 J., die mindestens eine F508del-Mutation aufweisen. Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonst. Bestandt.. Warnhinweise: Arzneimittel für Kinder unzugänglich aufbewahren. Nebenwirkungen: Sehr häufig: Infekt. d. ob. Atemwege, Nasopharyngitis, Kopfschm., Schwindel, oropharyng. Schm., verstopfte Nase, Bauchschm., Diarrhoe, Transaminasenanst., Hautausschl., Bakterien im Sputum. Häufig: Influenza, Rhinitis, Hypoglykämie, Ohrenschm., Ohrenbeschw., Tinnitus, Trommelfellhyperämie, Gleichgewichtsstör., abnormale Atmung, Rhinorrhoe, verstopft. Nasennebenhöhlen, Rachenrötung, Oberbauchschm., Blähungen, Übelkeit, ALT-Erh., AST-Erh., Akne, Pruritus, Raumforderungen i. d. Brust., Kreatinphosphokinase-Erh. Gelegentlich: verstopfte Ohren, Giemen/Keuchatmung, Brustdrüsenentz., Gynäkomastie, Brustwarzenaffektion/-schm., Blutdruck-Erh. Verschreibungspflichtig. Stand der Information: April 2021. Inhaber der Zulassung: Vertex Pharmaceuticals (Ireland) Limited, 28-32 Pembroke Street Upper, Dublin 2, D02 EK84, Irland. Lokaler Vertr.: Vertex Pharmaceuticals (Germany) GmbH, Sonnenstr. 19/Eingang 2, 80331 München. Dieses Arzneimittel unterliegt einer zusätzlichen Überwachung. Dies ermöglicht eine schnelle Identifizierung neuer Erkenntnisse über die Sicherheit. Angehörige von Gesundheitsberufen sind aufgefordert, jeden Verdachtsfall einer Nebenwirkung zu melden. Hinweise zur Meldung von Nebenwirkungen siehe Abschnitt 4.8 der Fachinformation. Meldung des Verdachts auf Nebenwirkungen: Die Meldung des Verdachts auf Nebenwirkungen nach der Zulassung ist von großer Wichtigkeit. Sie ermöglicht eine kontinuierliche Überwachung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses des Arzneimittels. Angehörige von Gesundheitsberufen sind aufgefordert, jeden Verdachtsfall einer Nebenwirkung über Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), Abt. Pharmakovigilanz, Kurt-Georg-Kiesinger-Allee 3, D-53175 Bonn, Website: http://www.bfarm.de anzuzeigen. Vertex Kontakt für medizinische Informationen: +44 1423 5336 27 bzw. 0800 7235 282 | Bitte lesen Sie vor Verordnung von Kaftrio® und Kalydeco® die Fachinformationen. KAFTRIO® und KALYDECO® werden für Vertex Pharmaceuticals (Ireland) Limited hergestellt. KAFTRIO, das KAFTRIO-Logo, KALYDECO, das KALYDECO-Logo, Vertex und das Vertex-Logo sind eingetragene Marken von Vertex Pharmaceuticals Incorporated. © 2021 Vertex Pharmaceuticals (Germany) GmbH DE-32-2100043 | Stand: Juni 2021
EDITORIAL
Könnten Sie auch ein Beispiel beisteuern, wenn es um die Frage des Beharrens auf lieb gewordene Gegenstände oder Gewohnheiten geht? Ich jedenfalls hänge ziemlich an meinen ausgetretenen Joggingschuhen. Mögen sie auch in der entlarvenden Ganganalyse ein schlechtes Bild abgeben, so fühlen sie sich doch bequem an, drücken nirgends und sie haben mich weit gebracht – so weit, dass es das Modell gar nicht mehr gibt und ich mich bei einem Wechsel auf Neues einlassen müsste. Und die Geschichte lehrt, dass selten etwas Besseres nachkommt. So scheint es derzeit „der Politik“ zu gehen, die mit unzählbaren CoronaSchutzverordnungen die Inzidenz als Gradmesser der Pandemie mit den höchsten Weihen ausgestattet hat. Mit einer nachvollziehbaren Logik – allerdings nur, bis zum Jahreswechsel 2020/21 die zunehmende Verfügbarkeit von Impfstoffen zum „Gamechanger“ wurde. Auch wenn alle längst wissen, dass das Spiel inzwischen ein anderes ist, hat es für eine neue Maßeinheit der Pandemie bislang nicht gereicht. „Never change a winning team“ sozusagen. Ja, bis zum Beginn der Impfkampagne war die Sachlage epidemiologisch klar: Jeder war selbst infektionsgefährdet, jeder konnte jeden anderen infizieren, mit vorhersagbaren Konsequenzen. Bestimmte Vorerkrankungen machen es offensichtlich dem Virus leichter, großen Schaden anzurichten. Und da die Prävalenz dieser Vorerkrankungen mit zunehmendem Alter zunimmt, war das Risiko vorhersagbar (und wurde durch die „Real-life“-Daten eindrucksvoll bestätigt). Nimmt man das schlimmste (und definitiv irreversible) Risiko des tödlichen Ausgangs an/mit einer Coronainfektion, waren (Stand 5.1.2021) 69 % aller Todesfälle in der Bevölkerung über 80 Jahren zu beklagen, die gerade einmal 6,1 % der Gesamtbevölkerung ausmacht, und 99 % bei den über 50-Jährigen (44 % der Bevölkerung) [1]. Damit war das Risiko, sich zu infizieren und an/mit der Infektion zu versterben, bei den Menschen über 50 nicht weniger als 185-mal so hoch wie das der 20- bis
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Corona: Der lang(sam)e Abschied von der Inzidenz 39-Jährigen, das der über 80-Jährigen etwa 1000-mal so hoch. Und, verglichen mit dem Risiko, innerhalb eines Jahres im Straßenverkehr zu sterben, war das Risiko für die über 60-Jährigen, sich zu infizieren und an/mit Corona zu versterben, in den ersten 9 Monaten der Pandemie fast 25-mal höher. Inzwischen hat sich das Geschehen quantitativ zunehmend in Richtung jüngere Erwachsene verschoben und der Zusammenhang zwischen Inzidenzzahlen, Krankhauseinweisungen, Intensivbettenbelegung und Letalität ist im Fluss [2]. Inzwischen (Stand 25.8.21) sind bundesweit mehr als 4 von 5 Menschen über 60 Jahren mindestens einmal (86,3 %) bzw. vollständig (83,5 %) geimpft, bei den 18- bis 59-Jährigen immerhin fast 2 Drittel (65,5 % und 63,4 %) [3]. Aus den Zahlen lässt sich auch errechnen, dass damit ca. 77 % der Erwachsenen über 18 einmal und gut 71 % vollständig geimpft sind. Sicher, für alle, die die Herdenimmunität als den ultimativen Joker raus aus der Pandemie ansehen, reicht das noch nicht. Der Gedanke selbst ist einleuchtend: Je geringer die Chance ist, dass jemand, der, nachdem er sich infiziert hat, in den ca. 10 Tagen, in denen er genügend Viren ausscheidet, um andere anzustecken, einen Ungeschützten trifft, umso weniger Infektiöse werden das Virus weitergeben. Sind es dauerhaft weniger als einer (also ein R-Wert unter 1), läuft sich die Pandemie tot. Wenn ältere Menschen unter sich sind, ist das Risiko weniger als 20 % des Risikos vor einem Jahr, auf einen ungeschützten Gleichaltrigen zu treffen. Bei jüngeren Erwachsenen liegt das Risiko noch bei etwa 35 %, Tendenz fallend. Tatsache ist aber auch, dass jeder Fünfte über 60 (fast 4 Millionen) und jeder dritte Erwachsene unter 60 (gut
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Prof. Dr. med. Karl-Ludwig Resch
16 Millionen) ungeimpft ist. Und dass mehr als 95 % aller intensivpflichtigen Coronapatienten schon seit geraumer Zeit aus dieser Gruppe kommen. Diesen ca. 20 Millionen stehen gerade einmal 3 Millionen Ungeimpfte im Alter zwischen 12 und 18 gegenüber. Aus dieser Gruppe kommen von den insgesamt bis 19.8.21 registrierten 91.760 an/mit Corona verstorbenen Erwachsenen gerade einmal 23 Todesfälle, von denen laut RobertKoch-Institut in allen von den 16 Fällen, in denen Informationen zu Vorerkrankungen vorliegen, solche auch gemeldet waren. Wer bitte kann da Kampagnen von Politik und Interessensvertretern verstehen, die im Juli und August den Anschein erweckt haben, als hinge Wohl und Wehe von der Impfquote bei den 12- bis 17-Jährigen ab. So sehr, dass man schon während der Sommerferien mit strenger Maskenpflicht und verpflichtenden engmaschigen Tests in den Schulen droht, während im wesentlich weniger sozial kontrollierten Umfeld am © VERLAG PERFUSION GMBH
INHALT
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Arbeitsplatz das Testen immer noch Privatangelegenheit und damit ohne jegliche epidemiologische Konsequenz ist. Völlig absurd wird das Festhalten an der Inzidenz, wenn man bedenkt, dass der Anteil derer, die symptomlos erkranken, umso höher ist, je niedriger das Lebensalter. Und wenn man berücksichtigt, worauf Wissenschaftler schon vor gut einem Jahr hingewiesen haben, dass die für die (fehlende) Herdenimmunität verantwortliche Anzahl von Kontakten keine fixe Größe, sondern ebenfalls stark altersabhängig ist. Will heißen: Ältere haben besonders viele Kontakte mit Älteren und Kinder eben untereinander, in Kita und Schule sowie in der Familie. Fazit: Solange nicht die Herdenimmunität bei Erwachsenen erreicht ist, wird es jeden Tag viele Tote geben (und eine korrespondierende, noch viel höhere Zahl an Klinikeinweisungen). Demgegenüber ist das noch so erfolgreiche Ausrotten von SARSCoV-2 bei Kindern und Jugendlichen auf diese Indikatoren unerheblich, es schützt so gut wie ausschließlich impfunwillige Eltern, Lehrer und Erzieher. Schöne Gesellschaft, die keine Lust hat, sich selbst zu schützen, und sich dazu ihres Nachwuchses bedient. Schöne Gesellschaft, deren Protagonisten mit Unschuldsmiene erklären, 12- bis 17-Jährig bekämen ja „nur ein Angebot“ und könnten ja frei entscheiden. Warum man hier den Jugendlichen mehr Entscheidungsfähigkeit zutraut (zumutet?) als bei Schnaps und Zigaretten im Supermarkt, soll mir mal jemand erklären. Karl-Ludwig Resch, Nürnberg Quellen 1 https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/ Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/Jan_2021/2021-01-05-de.pdf?__ blob=publicationFile 2 h ttps://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/ N / N e u a r t i g e s _ C o ro n a v i r u s / S i t u a tio nsbericht e/Woche nb e r ic ht/ Wochenbericht_2021-08-19.pdf?__ blob=publicationFile 3 h ttps://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/ N/Neuartiges_Coronavirus/Daten/ Impfquotenmonitoring.html
ORIGINALARBEIT Melissengeist zur Behandlung stressbedingter Effekte auf das gastrointestinale System, den Schlaf und die Lebensqualität – eine nicht interventionelle Anwendungsstudie 100 Mathias Schmidt, Olaf Hülsmann
AKTUELLE THERAPIEKONZEPTE FÜR DIE PRAXIS Cemiplimab erweitert die Therapieoptionen beim fortgeschrittenen Basalzellkarzinom
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Neovaskuläre altersabhängige Makuladegeneration: Früher Behandlungsbeginn mit Anti-VEGF-Inhibitoren wie Aflibercept
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Neue Triple-Therapie verbessert das COPD-Management 114
NEUE UND BEWÄHRTE ARZNEIMITTEL Amivantamab – eine vielversprechende Option zur Behandlung des NSCLC mit EGFR-Exon-20-Insertionsmutationen 117 Neue Daten zu Siponimod sprechen für frühen Therapiebeginn bei aktiver SPMS
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Durch Hausstaubmilben induzierte allergische Rhinitis: Hyposensibilisierung mit oraler Allergen-Immuntherapie 120 Selpercatinib – die erste hochselektive Therapie für fortgeschrittene Schilddrüsenkarzinome mit RET-Alterationen 123
RUBRIKEN Wissenswertes 109, 113, 116, 132 Kongresse 126
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NEU ZUGELASSEN BEI FORTGESCHRITTENEM BCC1
MÖGLICHKEITEN ERÖFFNEN
• LIBTAYO® – die ERSTE und EINZIGE zugelassene Therapie für die Behandlung von erwachsenen Patienten mit lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem Basalzellkarzinom (laBCC oder mBCC), bei denen eine Krankheitsprogression unter einem HHI aufgetreten ist oder die einen HHI nicht vertrugen.1,2 • LIBTAYO® – gute klinische Wirksamkeit bei langem Anspechen.1 – Die objektive Ansprechrate lag bei 32 % (laBCC) bzw. bei 29 % (mBCC). – Nach 6 Monaten sprachen noch 92 % (laBCC) bzw. 90 % (mBCC) der Patienten auf die Therapie an. • LIBTAYO® zeigte ein ähnliches Nebenwirkungsprofil wie andere PD1-Inhibitoren – unabhängig vom Alter.1,2
Libtayo 350 mg Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung Wirkstoff: Cemiplimab. Zusammens.: Arzneil. wirks. Bestandt.: 350 mg Cemiplimab/ Durchstechflasche (entspr. 50 mg/ml). Cemiplimab wird mittels rekombinanter DNA-Technologie in einer Zellsuspensionskultur aus Ovarialzellen des Chinesischen Hamsters (CHO) hergestellt. Sonst. Bestandt.: Histidin, Histidinhydrochlororid-Monohydrat, Sucrose, Prolin, Polysorbat 80, Wasser für Injektionszwecke. Anw.-geb.: indiziert als Monotherapie zur Behandlung von erwachsenen Patienten mit metastasiertem oder lokal fortgeschrittenem kutanen Plattenepithelkarzinom, die für eine kurative Operation oder kurative Strahlentherapie nicht in Betracht kommen. Indiziert als Monotherapie für die Behandlung von erwachsenen Patienten mit lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem Basalzellkarzinom, bei denen eine Krankheitsprogression unter einem Hedgehog-Signalweg-Inhibitor (hedgehog pathway inhibitor, HHI) aufgetreten ist oder die eine Unverträglichkeit gegen einen HHI haben. Indiziert als Monotherapie für die Erstlinienbehandlung von erwachsenen Patienten mit nicht-kleinzelligem Lungenkarzinom, das PD-L1 (in ≥ 50 % der Tumorzellen) exprimiert und keine EGFR-, ALK- oder ROS1-Aberrationen aufweist. Die Behandlung ist bestimmt für: Pat. mit lokal fortgeschr. NSCLC, die keine Kandidaten für eine definitive Radiochemotherapie sind, oder Pat. mit metast. NSCLC. Gegenanz.: Überempfindlichk. geg. d. Wirkst. od. sonst. Bestandt. Nebenw.: Infektionen und para. Erkr.: Sehr häufig: Infektio. obere Atemwege; Häufig: Harnwegsinf.; Erkr. Des Blutes / Lymphsystem: Sehr häufig: Anämie; Immunsyst.: Häufig: infusionsbedingte Reaktion. Gelegentl.: Sjögren-Syndrom, immunthrombozytopenische Purpura,. Nicht bek.: Abstoßung e. soliden Organtransplantats. Endokrine Erkr.: Häufig: Hypothyreose, Hyperthyreose. Gelegentl.: Nebenniereninsuffizienz, Thyroiditis; Diabetes mellitus Typ 1; Hypophysitis; Nerven: Häufig: Kopfschmerzen; periph. Neuropathie; Gelegentl.: Meningitis; Enzephalitis; Myasthenia gravis; paraneopl. Enzephalomyelitis, chron. entzündl. demyelinisierende Polyradikuloneuropathie,. Augen: Gelegentl.: Keratitis. Herz: Gelegentl.: Myokarditis, Perikarditis; Gefäßerkr.: Häufig: Hypertonie; Stoffwechsel- / Ernährungsstör.: Sehr häufig: Appetit vermindert;. Atemw./Brustr./Mediast.: Sehr häufig: Husten; Häufig: Pneumonitis, Dyspnoe. GIT: Sehr häufig: Übelkeit; Diarrhö, Obstipation; Häufig: Abdominalschmerz, Erbrechen, Stomatitis,Kolitis; Leber/Galle: Häufig: Hepatitis. Haut/Unterhautzellgewebe: Sehr häufig: Ausschlag, Pruritus. Skelett/Bindegew./Knochenerkrank.: Sehr häufig: Schmerzen des Muskel- und Skelettsys.; Häufig: Arthritis, . Gelegentl.: Muskelschwäche, Myositis, Polymyalgia rheumatica. Nieren/Harnwege: Häufig: : Nephritis. Allgem./Beschw. a. Verabreichungsort: Sehr häufig: Ermüdung. Untersuchungen: Häufig: Alanin- u./od. Aspartataminotransferase erhöht, alk. Phosphatase u./od. Kreatinin im Blut erhöht; Gelegentlich: Thyreotropin u./od. Transaminasen u./od. Bilirubin erhöht; Thyreotropin erniedrigt. Verschreibungspflichtig. Inhaber der Zulassung: Regeneron Ireland Designated Activity Company (DAC), One Warrington Place, Dublin 2, D02 HH27, Irland. Örtlicher Vertreter: Sanofi-Aventis Deutschland GmbH, 65926 Frankfurt am Main. Stand: Juni 2021. Dieses Arzneimittel unterliegt einer zusätzlichen Überwachung. Dies ermöglicht eine schnelle Identifizierung neuer Erkenntnisse über die Sicherheit. Angehörige von Gesundheitsberufen sind aufgefordert, jeden Verdachtsfall einer Nebenwirkung zu melden. Sanofi und Regeneron arbeiten gemeinsam an einem globalen Produktentwicklungsprogramm und an der Vermarktung von LIBTAYO ®. © 2021 Regeneron Pharmaceuticals, Inc., and Sanofi-Aventis Deutschland GmbH, Potsdamer Straße 8, 10785 Berlin, Telefon 0800 0436996, www.sanofi.de. All rights reserved.
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MAT-DE-2103285 V1 06/2021 2101_CEM_F
HHI = Hedgehog-Signalweg-Inhibitor; laBCC = lokal fortgeschrittenes Basalzellkarzinom; mBCC = metastasiertes Basalzellkarzinom. 1. Fachinformation LIBTAYO ® (Cemiplimab), Stand Juni 2021. 2. Stratigos et al., Lancet Oncol, 2021;22(6):848–857.
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ZUSAMMENFASSUNG Hintergrund: Melissengeist wird traditionell zur Besserung des Allgemeinbefindens bei innerer Unruhe und Nervosität, bei Schlafbeschwerden und bei nervösen Magen-Darm-Beschwerden wie Völlegefühl und Blähungen eingesetzt. Weitere registrierte Anwendungen sind Wetterfühligkeit und die Verbesserung des Befindens bei unkomplizierten Erkältungen. Die Effekte von Melissengeist auf stressbedingte Beschwerden wurden in mehreren klinischen Studien nachgewiesen. Ziel der vorliegenden Studie war die Objektivierung der Anwendbarkeit durch Verwendung validierter Skalen zur Lebensqualität, mit näherer Betrachtung der Effekte auf gastrointestinale Beschwerden und den Schlaf. Methode: In einer offenen, prospektiven Anwendungsstudie wurden 105 Patienten mit Schlafstörungen, innerer Unruhe und/ oder nervösen Magen-DarmBeschwerden eingeschlossen und über den Zeitraum von 4 Wochen mit Klosterfrau Melissengeist behandelt. Die Prüfzubereitung ist als traditionelles Arzneimittel registriert und enthält ein Destillat aus einer Mischung der Arzneipflanzen Melisse, Alant, Engelwurz, Ingwer, Gewürznelken, Galgant, Pfeffer, Enzian, Muskat, Pomeranzen, Zimtrinde, Zimtblüten und Kardamomensamen. Die Effekte der Zubereitung wurden über den Perceived Stress Questionnaire PSQ20, den Insomnia Severity Index ISI, den mehrdimensionalen Befindlichkeitsfragebogen MDBF sowie den gastrointestinalen Lebensqualitätsindex GLQI abgefragt. Ergebnisse: Alle verwendeten Skalen ergaben signifikante Verbesserungen der stressbedingten
Melissengeist zur Behandlung stressbedingter Effekte auf das gastrointestinale System, den Schlaf und die Lebensqualität – eine nicht interventionelle Anwendungsstudie Mathias Schmidt1, Olaf Hülsmann2 Herbresearch Germany, Mattsies MCM Klosterfrau Vetriebsgesellschaft mbH, Köln 1
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losterfrau Melissengeist ist eine als traditionelles Arzneimittel registrierte pflanzliche Zubereitung. Die Indikationsgebiete bei oraler Einnahme umfassen neben anderen Anwendungen eine Besserung des Allgemeinbefindens bei innerer Unruhe und Nervosität sowie die Förderung der Schlafbereitschaft und der Funktion von Magen und Darm. Die Wirkung von Melissengeist bei verschiedenen Indikationen wie zum Beispiel der Besserung von Erkältungssymptomen [1], stressbedingten Magen-Darm-Beschwerden [2], Wetterfühligkeit [3], psychovegetativen Syndromen [4], Burnout-Symptomen [5], chronischem Erschöpfungssyndrom [6] oder Wechseljahresbeschwerden [7] wurde in klinischen Studien untersucht. Im Vordergrund standen vielfach stressbedingte Beschwerden. Die Effekte auf Stressparameter wurden in einer kontrollierten Studie durch multidimensionale EEG-Messungen objektiviert [8]. In einer Langzeituntersuchung, die als Fallkontrollstudie angelegt war, zeigten sich unter Einnahme von Melis-
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sengeist gesundheitliche Vorteile, insbesondere hinsichtlich des Auftretens von Erkältungen, des Schlafverhaltens, Nervosität, chronischer MagenDarm-Beschwerden, Erschöpfung und Müdigkeit sowie Unwohlsein [9]. In der hier vorgestellten Studie lag der Schwerpunkt auf der Verbesserung des Allgemeinbefindens, insbesondere im Zusammenhang mit stressbedingten gastrointestinalen Beschwerden und Schlafstörungen. Um die Effekte zu objektivieren, wurden validierte Skalen eingesetzt. Methoden
Studiendesign Die Studie wurde als offene, vierwöchige, multizentrische und prospektive Anwendungsstudie in 3 Berliner Arztpraxen geplant. Sie folgte den ethischen Prinzipien der Deklaration von Helsinki und den Empfehlungen des Bundesinstituts © VERLAG PERFUSION GMBH
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für Arzneimittel und Medizinprodukte zur Planung, Durchführung und Auswertung von Anwendungsbeobachtungen vom 7. Juli 2010. Die Studienplanung und -dokumentation erfolgten nach den Vorgaben der Guidelines für Good Clinical Practice. Für diese Studie lag unter der Studiennummer KLF/K/026311 ein Positivvotum der Ethikkommission der Ärztekammer Berlin vor. Der Einschluss der Patienten erfolgte nach Aufklärung und schriftlicher Einverständniserklärung. Die Patienten wurden jeweils zu Beginn und am Ende der Studie untersucht, mit einer Zwischenvisite nach 2 Wochen. Ein- und Ausschlusskriterien Eingeschlossen werden konnten erwachsene Patienten, die seit mindestens 3 Monaten unter stressbedingten Symptomen wie Schlafstörungen, innerer Unruhe und/oder Magen-Darm-Beschwerden litten, wobei jeweils bei mindestens 2 dieser Symptomenkomplexe Beschwerden von mindestens moderater Intensität vorliegen mussten. Magen-Darm-Geschwüre waren ebenso Ausschlusskriterien wie bekannte Allergien gegen einen oder mehrere der Wirkstoffe. Aufgrund des Alkoholgehalts des Prüfarzneimittels durften keine Patienten mit Lebererkrankungen, Hirnschäden, Epilepsie oder bekanntem Alkoholabusus eingeschlossen werden. Aus dem gleichen Grund waren auch schwangere oder stillende Frauen ausgeschlossen. Studienzubereitung Als Studienmedikation wurde Klosterfrau Melissengeist (MCM
Klosterfrau Vertriebsgesellschaft mbH, Köln) verwendet. Diese Zubereitung wird aus 13 Arzneipflanzen gewonnen und enthält Destillate aus Melissenblättern (Melissa officinalis L.), Alantwurzelstock (Inula helenium L.), Angelikawurzel (Angelica archangelica L.), Ingwerwurzelstock (Zingiber officinale Roscoe), Gewürznelken (Syzygium aromaticum (L.) Merr. & L.M. Perry), Galgantwurzelstock (Alpinia officinarum Hance), schwarzen Pfefferfrüchten (Piper nigrum L.), Enzianwurzel (Gentiana lutea L.), Muskatsamen (Myristica fragrans Houtt.), Pomeranzenschalen (Citrus × aurantium L.), Zimtrinde und Zimtblüten (Cinnamomum cassia (L.) D. Don) sowie Kardamomensamen (Elettaria cardamomum (L.) Maton). Das Arzneimittel enthält in reiner Form 79 Volumenprozent Alkohol und wird vor der Einnahme mit mindestens der doppelten Menge Wasser verdünnt. Studienparameter In der Studie wurden 4 unterschiedliche, validierte Skalen verwendet: • Der Gastrointestinale Lebensqualitätsindex GLQI beinhaltet 36 Fragen zu den Themenkomplexen „Symptome“ (Fragen 1 – 9 sowie 27 – 36: Schmerzen im Bauch, epigastrisches Völlegefühl, Blähungen, Windabgang, Rülpsen oder Aufstoßen, Darmgeräusche, häufiger Stuhlgang, Freude am Essen, Verzicht auf bestimmte Speisen, Reflux, Beeinträchtigung durch langsames Essen, Schluckbeschwerden, Stuhldrang, Durchfall, Verstopfung, Übelkeit, Beunruhigung durch Blut im Stuhl, Sodbrennen und unge-
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Symptome und der Lebensqualität. Konkret zeigte sich dies in einer Verbesserung des Schlafverhaltens und von gastrointestinalen Symptomen. Schlussfolgerungen: Die Studie bestätigte die Anwendung der Prüfmedikation in den registrierten Anwendungsgebieten, insbesondere hinsichtlich der dort explizit genannten Neigung zu Völlegefühl und Blähungen sowie der Förderung der Schlafbereitschaft. Schlüsselwörter: Melissengeist, Lebensqualität, gastrointestinale Symptome, Schlaf, Stress
SUMMARY: Background: Carmelite spirits (Melissengeist) are traditionally used as medications for the improvement of well-being in cases of restlessness and nervousness, sleep disorders and nervous gastrointestinal disturbances such as fullness and bloating. Other registered applications are improvement of well-being in cases of sensitivity to weather changes and simple colds. The stress-relieving effects of Carmelite spirits have been demonstrated in several clinical studies. The aim of the study presented herein was the objectivation of the applicability using validated scales on the quality of life, with a closer look at effects on gastrointestinal complaints and sleep. Method: 105 patients with sleep disorders, nervous restlessness and/or nervous gastrointestinal complaints were included in an open, prospective observational trial and treated for 4 weeks with the Carmelite spirit “Klosterfrau © VERLAG PERFUSION GMBH
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102
Melissengeist”. The preparation is registered as a traditional herbal medicinal product. It contains a distillate of a blend of the medicinal plants lemon balm, elecampane, angelica, ginger, cloves, lesser galangal, black pepper, gentian, nutmeg, bitter orange, cinnamon bark, cinnamon flowers and cardamom seeds. The effects were documented using the Perceived Stress Questionnaire PSQ20, the Insomnia Severity Index ISI, the multidimensional questionnaire on well-being MDBF, and the Gastrointestinal Quality of Life Index GLQI. Results: Significant improvements of stress-related symptoms and quality of life were found with all applied scales. This was specifically evident in the observed improvement of parameters of sleep and gastrointestinal complaints. Conclusions: The results confirm the use of the study medication in the registered indications, especially with respect to the explicitly mentioned sensations of fullness and bloating as well as the improvement of sleep. Keywords: Carmelite spirit, quality of life, gastrointestinal symptoms, sleep, stress
wollter Stuhlabgang), „Emotionen“ (Fragen 10 – 14: Stressverarbeitung, Traurigkeit über Erkrankung, Nervosität/Angst, Zufriedenheit mit dem Leben, Frustration), „physische Funktionen“ (Fragen 15 – 21: Abgespanntheit, Unwohlsein, nächtliches Erwachen, körperliches Aussehen, Verschlechterung des Kräftezustands, Ausdauer, Fitness), „soziale Funktionen“ (Fragen 21 – 26: Alltagsaktivitäten, Freizeitaktivitäten, Beeinträchtigung durch medizinische Behandlung, Verhältnis zu nahestehenden Personen, Sexualleben), jeweils mit einer 5-stufigen Bewertungsskala mit den Abstufungen „die ganze Zeit“, „meistens“, „hin und wieder“, „selten“ und „überhaupt nicht“ [10]. Für die Anwendung in dieser Studie wurden die Fragen Nr. 24 („Haben Sie sich in den letzten 2 Wochen durch die medizinische Behandlung sehr beeinträchtigt gefühlt?“) und 26 („In welchem Ausmaß ist Ihr Sexualleben durch Ihre Erkrankung beeinträchtigt?“) nicht für die Berechnung des Summenscores verwendet. Frage 24 war nicht sinnvoll, weil nur unbehandelte Patienten eingeschlossen wurden, und Frage 26 wurde als irrelevant eingestuft, weil erste Versuche zum Umgang mit dem GLQI gezeigt hatten, dass in diesem spezifischen Zusammenhang das Sexualleben nicht relevant beeinträchtigt ist. • Der Insomnia Severity Index ISI dokumentiert auf einer 5-stufigen Skala insgesamt 7 Fragen zum Umfeld des Schlafs und berücksichtigt spezifische Symptome wie frühes Erwachen, Ein- und Durchschlafstörungen [11].
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• Der Perceived Stress Questionnaire PSQ20 basiert auf 20 Fragen und beinhaltet Subskalen für Sorge, Anspannung, Freude und Anforderungen [12, 13]. • Der Mehrdimensionale Befindlichkeitsfragebogen MDBF umfasst 8 Fragen zu den Themenkomplexen Stimmung, Wachheit/Müdigkeit und Ruhe/Unruhe, die anhand einer 5-stufigen Skala bewertet werden [14]. Zusätzlich zu diesen 4 Skalen wurde auch die globale Bewertung von Wirkung und Verträglichkeit durch Arzt und Patient erfasst. Unerwünschte Arzneimittelwirkungen wurden abgefragt und dokumentiert. Biometrische Auswertung Für die statistische Auswertung kam das Programm SPSS for Windows v. 19.0 zum Einsatz. Da es sich um eine offene, nicht kontrollierte Studie handelte, war die Auswertung nicht konfirmatorisch, sondern rein deskriptiv. Für ordinale und metrische Daten unabhängiger Stichproben wie Subgruppen wurde der U-Test verwendet, bei mehr als 2 Stichproben der Kruskal-Wallis-Test. Prä-/postDaten als verbundene Stichproben wurden über den Wilcoxon-Test analysiert. Der t-Test kam bei metrischen Daten mit gleicher Varianz (geprüft mittels F-Test) zum Einsatz. Für die statistische Bewertung von Häufigkeitsverteilungen von intervallskalierten, ordinalen oder nominalen Daten wurden der Chi2-Test (bis 5 Kategorien) oder der Mann-Whitney-U-Test eingesetzt. Das Signifikanzniveau wurde mit 5 % definiert. Bei fehlenden Werten wurde keine Übertragung © VERLAG PERFUSION GMBH
ORIGINALARBEIT
Geschlecht
103
73,3 % weiblich 26,7 % männlich
Alter
56,9 ± 15 Jahre (Spanne: 18 – 88)
Körpergröße
168 ± 9 cm (Spanne: 154 – 192 cm)
Begleiterkrankungen (n = 44; 41,9 %)
Hypertonie (n = 32) Hypothyreose (n = 5) Diabetes mellitus (n = 4) Fettstoffwechselstörung (n = 3) Reflux (n = 3) Zustand nach Apoplex, Asthma, koronare Herzkrankheit, Struma und Tachykardie (je n = 2) Chronische Schmerzen, Gicht, Herzrhythmusstörungen, Hypercholesterinämie, Hyperthyreose, Migräne und transitorische ischämische Attacken (je n = 1)
Körpergewicht
Symptome mit moderater bis starker Intensität bei Einschluss
74,0 ± 15,0 kg (Spanne: 42 – 134 kg)
Schlafstörungen (95,3 %) Innere Unruhe (97,2 %) Magen-Darm-Beschwerden (55,3 %)
Tabelle 1: Demographische Daten bei Studieneinschluss (n = 105).
vorhergehender Daten vorgenommen, es wurden jeweils nur die Patienten ausgewertet, für die ein kompletter Datensatz zu dem jeweiligen Parameter vorlag.
Lediglich ein Patient wurde wegen eines Insektenstichs am Bein zusätzlich in der zweiten Studienhälfte eine Woche mit dem Antibiotikum Cefuroxim behandelt.
Ergebnisse
Veränderungen des Gastrointestinalen Lebensqualitätsindexes
Die Studie wurde in 3 Berliner Arztpraxen durchgeführt. Von den 105 eingeschlossenen Patienten (Tab. 1) gaben 95,3 % Schlafstörungen und 97,2 % innere Unruhe als Symptome mit moderater bis starker Intensität an. 55,3 % nannten Magen-Darm-Beschwerden entsprechender Intensität. Die Studiendauer betrug im Mittel 31,3 ± 5,4 Tage (Spanne: 25 – 54 Tage, Median 30 Tage). Die empfohlene Dosis richtete sich nach der Packungsbeilage und lag im Einzelfall zwischen 1 × täglich 5 – 25 ml und 3 × täglich 2,5 – 5 ml. Die mittlere Tagesdosis betrug 14 ml. 41,9 % der Patienten litten an Begleiterkrankungen und wurden entsprechend medikamentös behandelt. Diese Medikation änderte sich im Verlauf der Studie nicht.
Angaben zum Effekt auf den Gastrointestinalen Lebensqualitätsindex lagen für alle 105 Patienten vor. 86 Teilnehmer (81,9 %) gaben signifikante Verbesserungen ihrer gastrointestinalen Beschwerden an (Abb. 1). Im Median zeigte sich ein Anstieg des Gesamtscores von 99,7 ± 17,6 auf 107,3 ± 17,3 Punkte zum Zeitpunkt der Zwischenuntersuchung und auf 113,5 ± 16,8 Punkte am Ende der Studie (Differenz: 13,8 ± 14,5 Punkte; 95%-KI: 11,0 – 16,6 Punkte; p < 0,001). Signifikante Verbesserungen zeigten sich auch bei den Einzelparametern für Symptome, Emotionen, physische Funktionen und soziale Funktionen (in allen Fällen p < 0,001). Die Verbesserungen des gastrointestinalen Symptomenkomplexes (Abb. 2) beinhalten insge-
JOURNAL PHARMAKOL. U. THER. 4/2021 · 30. JAHRGANG
samt 19 Fragen, die aber nicht alle für die eingeschlossenen Patienten von Bedeutung waren – ein Teil der abgefragten Symptome war bereits zu Beginn der Studie nur schwach ausgeprägt oder nicht vorhanden. Symptome wie zum Beispiel Beunruhigung durch Blut im Stuhl, ungewollter Stuhlabgang, Schluckbeschwerden oder Beeinträchtigung durch langsames Essen waren a priori keine Symptome, die von den Patienten als relevante Ereignisse angesehen wurden. In Abbildung 3 sind die gastrointestinalen Symptome dargestellt, die bei Einschluss in die Studie mindestens mit der Häufigkeit von „hin und wieder“ auftraten. Mittels Insomnia Severity Index bewertete Schlafstörungen 87 von 105 Teilnehmern (82,9%) gaben Verbesserungen ihres Schlafes an, 70,5 % der Patienten bereits zum Zeitpunkt der Zwischenuntersuchung nach 2 Wochen (Abb. 4). Für alle Einzelsymptome ergab sich eine signifikante Verbesserung des Schweregrades (p < 0,001). © VERLAG PERFUSION GMBH
ORIGINALARBEIT
104
100% 90% 80% 70% 60%
65,7%
70,5%
81,9%
55,2% 74,3%
50% 40% 30% 20%
0%
17,1%
2,9%
10%
32,4%
20,0%
12,4% 15,2%
17,1%
14,3%
GLQI-Gesamtscore
Symptome
Emotionen
verschlechtert
unverändert
8,6%
12,4%
Physische Funktionen
Soziale Funktionen
verbessert
Abbildung 1:Einfluss der Prüfmedikation auf den Gastrointestinalen Lebensqualitätsindex GLQI und dessen Subskalen.
120
113,5
110
Punkte
100 90
107,3
99,7
80 70 60 50
60,7
V1
63,4
V2
66,0
V3
GLQI-Gesamtscore Gastrointestinale Symptome Abbildung 2: Darstellung der Scorepunkte für den Gastrointestinalen Lebensqualitätsindex GLQI sowie der Subskala für gastrointestinale Symptome. Alle Werte zu den Zeitpunkten V2 und V3 unterschieden sich signifikant von den Ausgangswerten (p < 0,001).
Positive Effekte zeigten sich insbesondere beim Schweregrad von Früherwachen sowie von Ein- und Durchschlafstörungen (Abb. 5). In
allen Fällen stieg der Anteil von Patienten mit leichten oder gar keinen Symptomen über die Behandlungsdauer signifikant an.
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Mittels Stressfragebogen PSQ20 ermittelte Symptome Zu Beginn der Studie gaben 101 Patienten Stresssymptome an. Bei 83 Patienten (82,2 %) verbesserte sich der PSQ20-Gesamtscore signifikant (p < 0,001) um durchschnittlich 15,9 ± 17 Punkte von 55,7 ± 202 auf 39,7 ± 19,2 Punkte (95%-KI: 12,5 – 19,3 Punkte). Die Symptomenkomplexe zu den Unterkategorien „Freude“, „Sorgen“, „Anspannung“ und „Anforderungen“ sprachen jeweils ähnlich auf die Einnahme der Prüfmedikation an, mit Verbesserungen bei 60,4 – 74,3 % der betroffenen Patienten, die in allen Fällen statistische Signifikanz erreichten (p < 0,001) (Abb. 6). Der Stressfragebogen wurde nur zu Beginn und am Ende der Studie ausge© VERLAG PERFUSION GMBH
105
ORIGINALARBEIT
1,80
1,70
1,60
1,43 1,36 1,35 1,21
1,40 1,20
1,37 1,19
1,17 1,15
1,12
1,00
1,14 0,92 0,91 0,90 0,79 0,69
0,95 0,92
0,80 0,60
V1 Bauchschmerz
V2 Völlegefühl
Blähungen
V3 Flatulenz
Aufstoßen
Darmgeräusche
Abbildung 3: Schweregradentwicklung der gastrointestinalen Symptome, die zu Beginn der Studie mindestens hin und wieder auftraten. 4 Punkte entsprachen einer maximalen Ausprägung. Alle Werte zu den Zeitpunkten V2 und V3 unterschieden sich signifikant von den Ausgangswerten (p < 0,001).
100% 90% 80% 70% 60%
50,0%
57,4%
64,1%
61,4%
31,1%
35,6%
7,6%
4,8%
3,0%
3,0%
ISI-Gesamtscore
Einschlafstörungen
Durchschlafstörungen
Früherwachen
71,8%
82,9%
64,1%
60,2%
50% 40% 30% 20% 10% 0%
24,3%
9,5%
verschlechter
48,0%
39,6%
unverändert
3,9%
34,0%
1,9%
2,0%
Zufriedenheit Einschränkung Wahrnehmung mit dem Schlaf der Leistungsder Lebensfähigkeit qualität durch Dritte
35,9%
3,9% Sorgen
verbessert
Abbildung 4: Angaben der Patienten zu Verbesserungen der Parameter des Schlaffragebogens ISI. JOURNAL PHARMAKOL. U. THER. 4/2021 · 30. JAHRGANG
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ORIGINALARBEIT
106
Einschlafstörungen V2 Einschlafstörungen V3 Durchschlafstörungen V1 Durchschlafstörungen V2
Früherwachen V1 Früherwachen V2
0%
20% keine
23,8%
32,7%
33,7% 40% leicht
60% mittel
schwer
3,0%
8,9% 9,9%
42,6%
21,8%
22,8%
Früherwachen V3
16,8%
47,5%
18,8%
3,0%
5,9%
30,7%
41,6%
18,8%
11,9%
47,5%
22,8%
14,9%
7,8% 1,0% 7,9%
39,6%
33,7%
6,9% 11,9%
7,9%
19,4%
48,5%
23,3%
Durchschlafstörungen V3
9,7% 1,0%
38,8%
41,7%
8,7%
6,8%
30,1%
42,7%
Einschlafstörungen V1 6,8% 13,6%
5,9%
80%
3,0% 4,0% 100%
sehr schwer
Abbildung 5: Schweregrad von Ein- und Durchschlafstörungen sowie des Früherwachens.
100% 90% 80% 70% 60%
67,4%
60,4% 74,3%
82,2%
66,3%
50% 40% 30% 20% 10% 0%
16,8%
28,7%
18,8% 14,8%
5,9% 11,9%
15,8%
PSQ20Gesamtscore
Freude
10,9%
10,9%
14,9%
Sorge
Anspannung
Anforderungen
verschlechtert
unverändert
verbessert
Abbildung 6: Einfluss der Prüfmedikation auf die Parameter des Stressfragebogens PSQ20. JOURNAL PHARMAKOL. U. THER. 4/2021 · 30. JAHRGANG
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107
ORIGINALARBEIT
füllt, daher liegen für die Punkteverteilung keine Werte aus der Zwischenuntersuchung vor. Die Werte für „Freude“ wurden unter umgekehrten Vorzeichen erfasst und zeigen daher einen Anstieg, im Gegensatz zu den Punktwerten für „Sorge“, „Anspannung“ und „Anforderungen“ (Abb. 7).
65 60
Beurteilung der Wirkung und Anwendungssicherheit 79,8 % der Teilnehmer beurteilten den Effekt des Prüfarzneimittels als „gut“ oder „sehr gut“. Die Bewertung durch die Ärzte und Patienten unterschied sich nicht signifikant (Wilcoxon-Test; p = 0,144). Die Verträglichkeit bewerteten 97,1 % der Ärzte und Patienten gleichlautend als „gut bis sehr gut“. Das Urteil einer „mäßigen“ oder „schlechten“ Verträglichkeit (n = 3) wurde von denselben Patienten abgegeben, die auch Tagesmüdigkeit oder Benommenheit als unerwünschte Effekte genannt hatten.
55,7
Punkte
55 50 45
55,0
52,3
43,0
42,3 39,7 39,6
40
Veränderungen der mit dem Mehrdimensionalen Befindlichkeitsfragebogen MDBF erfassten Parameter Bei 79 % der 105 Patienten mit Daten aus diesem Index (n = 75) ergaben sich Verbesserungen des Gesamtscores. Im Median zeigte sich ein Anstieg des Gesamtscores um 29,4 % von 67,8 ± 14,8 auf 75,3 ± 14,4 Punkte zum Zeitpunkt der Zwischenuntersuchung und auf 82,9 ± 14,5 Punkte am Ende der Studie (95%-KI: 20,0 – 31,5; p < 0,001). Signifikante Verbesserungen zeigten sich auch bei den Einzelparametern Stimmung, Müdigkeit und Unruhe (in allen Fällen p < 0,001) (Abb. 8, Abb. 9).
62,9
38,1
35 30
29,3
25
V1
V3
PSQ20-Gesamtscore
Freude
Sorge Anforderung
Anspannung
Abbildung 7: Darstellung der Scorepunkte für die PSQ20-Stress-Skala. Die Werte zum Zeitpunkt V3 unterschieden sich signifikant von den Ausgangswerten (p < 0,001).
100% 90% 80% 70% 60%
82,2%
73,4%
69,5%
80,0%
50% 40% 30% 20% 10% 0%
9,5% 5,9% 11,9% MDBFGesamtscore
9,5% 4,8%
17,1%
21,0%
Stimmung
Müdigkeit
verschlechtert
unverändert
15,2% Unruhe verbessert
Abbildung 8: Einfluss der Prüfmedikation auf die Parameter des Befindlichkeitsfragebogens MDBF.
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ORIGINALARBEIT
108
Literatur
30
29,6
29 28
27,5
Punkte
27 26,2 24,6
26 25 24 23 22 21 20
25,9
24,5
23,8 23,1
20,9 V1
V2 Stimmung
Müdigkeit
V3 Unruhe
Abbildung 9: Darstellung der Scorepunkte der Subskalen der MDBF-Befindlichkeits-Skala. Alle Werte zu den Zeitpunkten V2 und V3 unterschieden sich signifikant von den Aus gangswerten (p < 0,001).
Insgesamt wurden von 18 Patienten (17,1 %) unerwünschte Ereignisse dokumentiert. Keines davon wurde als schwerwiegend eingestuft: Gemeldet wurde in 16 Fällen Tagesmüdigkeit und in je einem Fall Schwindel und Benommenheit. Diese Effekte wurden dem Alkoholgehalt des Prüfarzneimittels zugeschrieben und es wurde eine Verringerung der Dosis empfohlen. Der Patient, bei dem es zu Benommenheit gekommen war, brach die Einnahme der Prüfmedikation ab. Diskussion
Die in dieser Studie eingesetzten Skalen waren bei unterschiedlichen Blickwinkeln im Wesentlichen stressbezogen und deckten mit den spezifischen Fragen das registrierte Anwendungsgebiet der Prüfmedikation ab. Bei allen Skalen wurde signifikante Verbesserungen der einzelnen Symptome und Symptomgruppen gefunden. Dies bestätigt die Effekte in den
registrierten Anwendungsgebieten und steht im Einklang mit den bisherigen klinischen Erfahrungen. Besonders auffällige Verbesserungen zeigten sich im Zusammenhang mit Schlafbeschwerden, vor allem bei Ein- und Durchschlafstörungen, sowie bei bestimmten stressbedingten gastrointestinalen Beschwerden, die explizit Teil der registrierten Indikation sind. Die Studie wurde nicht kontrolliert durchgeführt, nicht zuletzt weil eine Verblindung aufgrund der besonderen Zusammensetzung spezielle Schwierigkeiten mit sich bringt. Entsprechend erhebt die Studie nicht den Anspruch eines Beweises der Wirksamkeit. Die Beobachtungen lassen aber darauf schließen, dass der Einsatz der verwendeten Skalen auch im Rahmen einer kontrollierten Studie erfolgversprechend sein könnte. Sie stehen zudem im Einklang mit den registrierten Anwendungsgebieten, wobei die spezifische Frage nach gastrointestinalen Effekten in dieser Studie erstmals klinisch untersucht wurde.
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1 Grünwald J, Busch R. Klosterfrau Melissengeist bei grippalen Infekten. Z Phytother 2007;28:268-270 2 Westphal K. Funktionelle gastrointestinale Störungen: Wenn Stress auf den Magen schlägt. Der Allgemeinarzt 2006;28:58-61 3 Busch R, Schmidt M. Klosterfrau Melissengeist bei Wetterstress: Anwendungsbeobachtung an 105 Patienten. Praxis Magazin 2006;23:38-40 4 Büchner KH, Hellings H, Huber M et al. Doppelblindstudie zum Nachweis der therapeutischen Wirkung von Melissengeist bei psychovegetativen Syndromen. Med Klin 1974;69:1032-1036 5 Mönke-Liebig S, Hansen J, Grünwald J. Wirkung und Verträglichkeit von Klosterfrau Melissengeist bei der Behandlung von Befindlichkeitsstörungen im Sinne eines Burnout-Syndroms. J Pharmacol Ther 2009;18:147-153 6 N.N. Klosterfrau Melissengeist bei Chronischem Erschöpfungsyndrom. Praxis Magazin 2013;40-45 7 Schmidt M. Anwendungsbeobachtung in der Allgemeinarztpraxis. Melissengeist hilft bei Wechseljahresbeschwerden. Praxis Magazin 2007;23 8 Dimpfel W. Pilot-Studie belegt Reduktion neurophysiologischer Streßparameter durch Ätherisch-Öl-Destillat. NaturaMed 2004;19:28-33 9 Grossarth-Maticek R. Präventive Effekte der Langzeiteinnahme von Klosterfrau Melissengeist erneut untermauert. J Pharmacol Ther 2011;20:35-40 10 Eypasch E, Wood-Dauphinee S, Williams JI et al. Der Gastrointestinale Lebensqualitatsindex (GLQI). Ein klinimetrischer Index zur Befindlichkeitsmessung in der gastroenterologischen Chirurgie. Chirurg 1993;64:264-274 11 Bastien CH, Vallieres A, Morin CM. Validation of the Insomnia Severity Index as an outcome measure for insomnia research. Sleep Med 2001;2:297-307 12 Fliege H, Rose M, Arck P et al. Validierung des „Perceived Stress Questionnaire“ PSQ) an einer deutschen Stichprobe. Diagnostica 2001;47:142-152 13 Fliege H, Rose M, Arck P et al. The Perceived Stress Questionnaire (PSQ) reconsidered: validation and reference values from different clinical and healthy adult samples. Psychosom Med 2005;67:78-88 14 Steyer R, Schwenkmezger P, Notz P et al. Der Mehrdimensionale Befindlichkeitsfragebogen (MDBF). Göttingen: Hogrefe; 1997 Für die Verfasser: Mathias Schmidt Herbresearch Germany Wartbergweg 15 86874 Mattsies E-Mail: schmidt@herbresearch.de
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109
WISSENSWERTES
Bis zu 3 Jahre anhaltende Remission
Stammzelltherapie Darvadstrocel ermöglicht langfristigen Verschluss von komplexen perianalen Crohn-Fisteln Patienten mit Morbus Crohn (MC) und MC-assoziierten perianalen Fisteln haben einen oft jahrelangen Leidensweg mit vielen unbefriedigenden Behandlungsversuchen hinter sich, da die Fisteln nach Beendigung der medikamentösen Behandlung häufig rezidivieren. Auch die chirurgischen Optionen führen oft nicht zum dauerhaften Fistelverschluss. Für Patienten mit komplexen perianalen CrohnFisteln bietet die Stammzelltherapie Darvadstrocel (Alofisel®) eine gute Chance auf eine langfristige klinische Remission unter Erhalt der Schließmuskelfunktion. In den ECCO-Guidelines zur chirurgischen Behandlung des MC wird die Anwendung von Darvadstrocel mit dem höchsten Evidenzlevel (EL) aller aufgelisteten chirurgischen Optionen bewertet – EL 2 im Vergleich zu EL 3 – 4 für die anderen Methoden. Darvadstrocel, das aus menschlichen Fettzellen gewonnen wird, besteht aus expandierten, allogenen, mesenchymalen, adulten Stammzellen und verfügt über immunmodulatorische und antiinflammatorische Eigenschaften. Wenn die Zellen bei komplexen perianalen Crohn-Fisteln nach gründlicher Kürettage des Fistelgewebes und Verschluss der internen Fistelöffnungen intraläsional bzw. lokal im Bereich des Fisteltrakts injiziert werden, können sie die Heilung von geschädigtem perianalem Gewebe fördern.
Die Wirksamkeit und Sicherheit von Darvadstrocel wurden in der ADMIRE-CD-Studie belegt. Die teilnehmenden 212 MC-Patienten mit refraktären komplexen perianalen Fisteln wurden 1 : 1 randomisiert nach chirurgischer Vorbehandlung mit Darvadstrocel oder Placebo jeweils plus Standardtherapie behandelt. Signifikant mehr Darvadstrocel-Patienten erreichten in Woche 24 den primären Endpunkt – eine kombinierte Remission – im Vergleich zur Kontrollgruppe (mITT-Population: 51 % vs. 36 %; p = 0,021). Der Vorteil für die Stammzelltherapie bestätigte sich auch nach 52 Wochen (mITT-Population: 56,3 % vs. 38,6 %; p = 0,010). Die Auswertung der erweiterten Follow-upPhase ergab, dass der Anteil der Patienten, die sich in Woche 104 in klinischer Remission befanden, vergleichbar war mit den Raten der Patienten in klinischer Remission, die Woche 52 vollendeten. Um auch eine längerfristige Wirksamkeit der Stammzelltherapie zu evaluieren, wurden in der retrospektiven Chart-Review-Studie INSPECT Real-World-Daten über zusätzliche 2 Jahre von Patienten gesammelt, die ADMIRE-CD abgeschlossen hatten. Dabei wurden u.a. die Endpunkte klinische Remission und anhaltende klinische Remission in Woche 52 (Daten aus ADMIRE-CD), in Woche 104 (Daten aus ADMIRE-CD und INSPECT) sowie in Woche 156 (Daten aus INSPECT) nach Anwendung von Darvadstrocel oder Placebo ausgewertet. Von den 131 Patienten mit ≥52 Wochen in ADMIRE-CD konnten 89 in INSPECT aufgenommen werden – 43 aus der Darvadstrocel- und 46 aus
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der Kontrollgruppe. Wichtig zu erwähnen ist, dass die mit Darvadstrocel behandelten Patienten im Vergleich zu den Kontrollen häufiger multiple Fistelgänge aufwiesen und die Fistelerkrankung bereits länger bestanden hatte. Dennoch war zu jedem Zeitpunkt, der in der Studie ausgewertet wurde, ein größerer Anteil der Darvadstrocel-Patienten im Vergleich zur Kontrollgruppe in klinischer Remission: In Woche 52 zeigte sich ein numerischer Unterschied (67,4 % vs. 52,2 %, p = 0,14), dies war auch in Woche 104 (53,5 % vs. 43,5 %, p = 0,35) sowie in Woche 156 (53,5 % vs. 45,7 %, p = 0,46) zu beobachten. Von den Darvadstrocel-Patienten mit klinischer Remission in Woche 52 waren 65,5 % in Woche 104 und 55,2 % in Woche 156 nach der Behandlung weiter in klinischer Remission – und dies trotz der komplexeren Baseline-Charakteristika in dieser Gruppe. Fazit
Die lokale Anwendung von Darvadstrocel bei therapierefraktären komplexen perianalen CrohnFisteln ist eine minimalinvasive Behandlungsoption entsprechend den ECCO-Leitlinien. Sie kann bei geeigneten Patienten frühzeitig im Krankheitsverlauf eingesetzt werden, wenn die luminale Krankheitsaktivität kontrolliert ist und mindestens eine medikamentöse Behandlung nicht zum Fistelverschluss geführt hat. E. W. Quelle: Virtuelles ‚Meet the Expert‘ anlässlich der 27. United European Gastroenterology (UEG) Week 2020, Präsentation von Professor Julián Panés (Barcelona, Spanien). Abstract #P0632
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AKTUELLE THERAPIEKONZEPTE FÜR DIE PRAXIS
110
Cemiplimab erweitert die Therapieoptionen beim fortgeschrittenen Basalzellkarzinom
D
ie Europäische Kommission hat den ProgrammedCelldeath (PD)-1-Inhibitor Cemiplimab (Libtayo®) jetzt auch beim lokal fortgeschrittenen bzw. metastasierten Basalzellkarzinom) zugelassen. Cemiplimab ist indiziert für Patienten, bei denen eine Krankheitsprogression unter einem Hedgehog-Signalweg-Inhibitor (HHI) aufgetreten ist oder die eine Unverträglichkeit gegen einen HHI aufweisen [1]. Bislang gab es keine etablierte Zweitlinientherapie nach der HHI-Behandlung. Cemiplimab schließt diese therapeutische Lücke und bietet besagten Patienten bei Ansprechen die Chance auf eine anhaltende Tumorrückbildung oder Stabilisierung der Erkrankung bei guter Verträglichkeit [2]. Bereits im Juni 2019 war Cemipli mab beim fortgeschrittenen kutanen Plattenepithelkarzinom zugelassen worden und hat sich dort in den letzten 2 Jahren als Erstlinientherapie etabliert [1]. BCC – ein Tumor mit hoher Mutationslast und hoher Immunogenität
Das BCC ist der häufigste Tumor bei hellhäutigen Menschen. Kennzeichnend sind ein heterogenes Erscheinungsbild und ein im lokal fortgeschrittenen Stadium oftmals destruierendes Wachstum. Nicht
nur metastasierte BCC (mBCC), sondern auch lokal fortgeschrittene BCC (laBCC) sind im klinischen Alltag eine therapeutische Herausforderung, wenn eine chirurgische Entfernung bzw. Radiotherapie nicht mehr infrage kommt [3]. Diese Patienten sind Kandidaten für eine systemische Therapie. Standard für die systemische Erstlinientherapie sind derzeit die HHI, die jedoch von vielen Patienten nicht ausreichend gut vertragen werden [4]. Bei Progression bzw. Therapieunverträglichkeit steht jetzt mit Cemiplimab erstmals eine validierte Zweitlinientherapie zur Verfügung [1, 2]. Die meisten BCC exprimieren PD-L1 und weisen – da sie mehrheitlich durch UV-Licht induziert werden – eine hohe Tumormutationslast (TMB) auf [5, 6]. Dies ist Ausdruck einer hohen Immunogenität und die Rationale für den Einsatz eines Checkpoint-Inhibitors (CPI) wie Cemiplimab [5, 7]. Chance auf ein anhaltendes Therapieansprechen mit Langzeitüberleben*
In der Zulassungsstudie, einer nicht randomisierten Phase-II-Studie, wurden mit einem HHI vorbehandelte Patienten mit mBCC (Gruppe 1) oder laBCC (Gruppe 2) mit Cemiplimab behandelt (350 mg Fix-Dosis, alle 3 Wochen;
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maximal 93 Wochen). Primärer Studienendpunkt war die durch ein unabhängiges zentrales Review (independent central review, ICR) beurteilte objektive Ansprechrate (objective response rate, ORR: komplette [CR]/partielle Remission [PR]) [2]. Trotz Zweitlinientherapie erreichten von den 84 Patienten mit laBCC 31 % eine objektive Tumorrückbildung (ORR), darunter 5 Patienten (6 %)* mit kompletter Remission. Bemerkenswert ist die lange Ansprechdauer: Nach einem Jahr waren noch 85,2 % der ORRPatienten in anhaltender Remission. Das mediane Gesamtüberleben war zum Auswertungszeitpunkt noch nicht erreicht bei einer 1-Jahres-Überlebensrate von 92,3 % [2]. Das BCC metastasiert selten, weshalb die Rekrutierungszeit in dieser Patientengruppe länger war und erst 28 von 53 Patienten auswertbar sind*. Über 20 % der Patienten mit mBCC erreichten eine ORR. Zuzüglich zur Krankheits* Nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 15,9 Monaten beim laBCC und 8,5 Monaten beim mBCC liegen mittlerweile aktualisierte Wirksamkeitsdaten zu beiden Kohorten vor. Diese sind der Fachinformation [1] zu entnehmen: Die ORR ist im Therapieverlauf auf 32,1 % (laBCC) bzw. 28,6 % (mBCC; n = 35 auswertbar) gestiegen, bei einer CR-Rate von 7,1 % (n = 6) beim laBCC und 2,9 % (n = 1) beim mBCC. Die mediane Ansprechdauer (duration of response, DOR) ist in beiden Kohorten weiterhin nicht erreicht [1]. © VERLAG PERFUSION GMBH
AKTUELLE THERAPIEKONZEPTE FÜR DIE PRAXIS
Cemiplimab Cemiplimab (Libtayo®) ist ein vollständig humaner monoklonaler Antikörper gegen den Immun-Checkpoint-Rezeptor PD-1 auf T-Zellen. Durch seine Bindung an den Rezeptor verhindert Cemiplimab, dass die Liganden PD-L1 und PD-L2, die auf antigenpräsentierenden Zellen, aber auch auf Tumorzellen und/oder anderen Zellen in der Tumor-Mikroumgebung exprimiert werden können, an PD-1 andocken und die T-Zell-Funktionen wie z.B. Proliferation, Zytokinausschüttung und zytotoxische Aktivität unterbinden. Cemi plimab verstärkt die T-Zell-Antwort, einschließlich der Anti-TumorAntwort, indem es die Bindung zwischen PD-1 und den Liganden PD-L1 und PD-L2 blockiert [1]. Die empfohlene Dosis beträgt 350 mg Cemiplimab alle 3 Wochen und wird als intravenöse Infusion über einen Zeitraum von 30 Minuten verabreicht. Die Behandlung kann bis zum Fortschreiten der Erkrankung oder bis zum Auftreten einer nicht vertretbaren Toxizität fortgesetzt werden [1].
stabilisierungen betrug die Krankheitskontrollrate 67,9 %, davon 46,4 % mit anhaltender Stabilisierung. Die prognostizierte mediane Gesamtüberlebenszeit liegt bei 25,7 Monaten [8].
te Analyse zur gesundheitsbezogenen Lebensqualität (HRQoL) zeige, dass die HRQoL unter der Behandlung mit Cemiplimab erhalten bleibt [9]. Fazit für den klinischen Alltag
Gute Verträglichkeit bei Erhalt der Lebensqualität
Hauptnebenwirkungen von Cemiplimab sind das Fatigue-Syndrom bzw. Pruritus, die meist mild/moderat ausgebildet waren und sich mit Bewegung bzw. Harnstoffhaltigen Salben gut behandeln lassen. Autoimmun-Nebenwirkungen sind selten [2]. Eine im Rahmen der Zulassungsstudie durchgeführ-
Cemiplimab bietet Patienten mit fortgeschrittenem BCC die Perspektive auf ein Langzeitüberleben. Trotz systemischer Vorbehandlung mit einem HHI erreichte Cemipli mab bei einem Drittel der Patienten mit laBCC eine ORR mit langer Ansprechdauer [2]. Aufgrund der guten Verträglichkeit gibt es kein Alterslimit für den Einsatz von Cemiplimab. Die oftmals äl-
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teren Patienten mit fortgeschrittenem BCC profitierten genauso gut von Cemiplimab wie jüngere Patienten [2]. Da die deutsche S2k-Leitlinie zur Behandlung des Basalzellkarzinoms noch aus dem Jahr 2017/2018 stammt, gibt es bislang nur eine offene Empfehlung für den Einsatz eines CPIs [4]. Eine Aktualisierung der Leitlinie wird 2022 erwartet. Die europäische Leitlinie empfiehlt den CPI-Einsatz – entsprechend der Zulassung von Cemiplimab – nach HHI [10]. Fabian Sandner, Nürnberg
Literatur 1 Fachinformation Libtayo®; Stand: Juni 2021 2 Stratigos AJ et al. Lancet Oncol 2021;22: 848-857 3 Dreier J et al. Br J Dermatol 2014;171: 1066-1072 4 https://www.awmf.org/uploads/tx_ szleitlinien/032-021l_S2k_Basalzellkarzinom-der-Haut_2018-09_01.pdf 5 Lipson EJ et al. J Immunother Cancer 2017;5:23 6 Jayaraman SS et al. J Invest Dermatol 2014;134:213-220 7 Goodman AM et al. Oncoimmunology 2018;7:e1404217 8 Lewis KD et al. Society for Immuntherapy of Cancer (SITS), virtual Congress 2020 9 Stratigos AJ et al. ASCO 2021, virtuell Scientific Meeting, June 4th–8th 2021; abstract ID: 9566 10 Bichakjian C et al. J Am Acad Dermatol 2018;78:540-559
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AKTUELLE THERAPIEKONZEPTE FÜR DIE PRAXIS
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H
eutzutage kann eine neovaskuläre altersabhängige Makuladegeneration (nAMD) mit Anti-VEGF-Inhibitoren wie Aflibercept (Eylea®) gut behandelt werden. Ein früher Therapiebeginn und eine gute Adhärenz sind besonders wichtig, da es sich um eine chronische Erkrankung handelt. Als besonders geeignet hat sich hier das Behandlungskonzept Treat and Extend (T&E) herausgestellt – es ermöglicht eine individuelle Therapie und kann die Behandlungslast der Patienten reduzieren. Auch optimierte Praxisabläufe können sich positiv auf die Adhärenz auswirken. Verzögerte Behandlung resultiert in Visusverschlechterung
Inzwischen liegen zahlreiche Daten aus Klinik und Praxis vor, die das gute Wirksamkeits- und Sicherheitsprofil von Aflibercept bestätigen. In der klinischen Routine schränken jedoch Verzögerungen in der Behandlung oftmals den
Neovaskuläre altersabhängige Makuladegeneration:
Früher Behandlungsbeginn mit Anti-VEGF-Inhibitoren wie Aflibercept Therapieerfolg ein. Das zeigen unter anderem die Ergebnisse der OCEAN-Studie [1], wonach bereits eine Verzögerung der Therapie von mehr als 2 Wochen bei Behandlungsbeginn zu schlechten Visusergebnissen führt. Auch eine verzögerte Weiterbehandlung nach mehr als 8 Wochen im Anschluss an die Aufsättigungsphase resultierte in schlechteren Visusergebnissen. Dies war bei 2 Dritteln der Patienten der Fall, wie die PONSStudie gezeigt hat [2]. Auch die Ergebnisse der PERSEUS-Studie [3] verdeutlichen, dass ein Großteil der nAMD-Patienten im klinischen Alltag nicht kontinuierlich behandelt wurde und die Therapieper-
sistenz im Lauf der Zeit abnahm. Dabei hatten Betroffene, die regelmäßig behandelt wurden, nach 24 Monaten einen besseren Visus als diejenigen, die nur unregelmäßig behandelt wurden. Visusverbesserung auch bei Langzeitbehandlung
Dass eine langfristige Therapie mit T&E mit guten Behandlungsergebnissen möglich ist, belegen die Daten verschiedener Studien. In einer retrospektiven, monozentrischen Beobachtungsstudie [4] erhielten 82 behandlungsnaive nAMD-Patienten 2 initiale monatliche Afli-
Retrospektive Studie an 157 Augen von 148 nAMD-Patienten; Moorfields Protokoll für Aflibercept: Patienten erhielten initial 3-monatliche Injektionen, gefolgt von einem q8-Regime bis zum Ende des 1. Jahres und anschließendem proaktiven T&E-Regime.
∅ BCVA [ETDRS-Buchstaben]
65
∅ BCVA gegenüber Baseline zu Jahr 4
60,3
60
+5,9
60,8
+6,4
61,0
+6,6
∅ Anzahl an Injektionen: Über 1 Jahr: 7,4 Über 2 Jahre: 12,3 Über 3 Jahre: 16,5 Über 4 Jahre: 19,3
60,4 +6,3
54,4
Zu Monat 24 wurden 52,8% der Augen in einem Intervall von ≥ 12 Wochen behandelt.
55
50
0 (n= 148)
1 (n= 148)
2 (n= 131)
3 (n= 108)
4 (n= 94)
Jahr
Abbildung 1: Ergebnisse einer retrospektiven Studie bei 148 nAMD-Patienten, die mit Aflibercept (Eylea®) behandelt wurden. Unter dieser Therapie wurde die im 1. Jahr erreichte Visusverbesserung bis zum Studienende nach 48 Monaten aufrechterhalten [5]. Die Datenerhebung erfolgte im Rahmen der klinischen Routineanwendung. BCVA: bestkorrigierte Sehschärfe, ETDRS: Early Treatment Diabetic Retinopathy Study. JOURNAL PHARMAKOL. U. THER. 4/2021 · 30. JAHRGANG
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Behçet-Syndrom: Patienten mit oralen Aphthen profitieren von Apremilast Das Behçet-Syndrom (BS) ist eine chronische entzündliche Multisystemerkrankung, die als Vaskulitis variabler Gefäße klassifiziert wird. Bei den meisten Betroffenen äußert sich die Erkrankung zunächst in Form schmerzhafter oraler Aphthen. Die rezidivierend auftretenden Ulzerationen der Mund- und Rachenschleimhaut beeinträchtigen die Lebensqualität der Patienten erheblich. Der orale Phosphodiesterase (PDE)-4-Hemmer Apremilast (Otezla®) ist seit April 2020 das erste zugelassene Arzneimittel zur Behandlung BSassoziierter oraler Aphthen. Basis der Zulassung war die 12-wöchige placebokontrollierte RELIEF-Stu-
Optimierung der Praxisabläufe
Um die Versorgung in der klinischen Praxis weiter zu verbessern und die Adhärenz zu erhöhen, können Ophthalmologen an mehreren Stellschrauben drehen. Dazu gehört nicht nur die Einführung eines T&E-Regimes, sinnvoll ist auch, die Praxisabläufe und die Terminplanung zu optimieren. Patienten ohne Vorerfahrung mit der intravitrealen Medikamentengabe (IVOM) sollten identifiziert, umfassend aufgeklärt und besonders behandelt werden. Die Terminlast kann verringert werden, indem eine Kontrolle mit der IVOM kombiniert wird. Rückfragen bei verpassten Terminen sowie Erinnerungsfunktionen mithilfe von Apps, E-Mails oder SMS können die Adhärenz ebenfalls erhöhen.
die, die 207 erwachsene BS-Patienten mit aktiven oralen Aphthen einschloss. Neue Daten zur europäischen Subgruppe, die beim virtuellen EULAR-Kongress 2021 vorgestellt wurden, unterstreichen die guten, in der Gesamtgruppe erzielten Therapieergebnisse. Komplettes Ansprechen bei 64 % der Patienten
Die 52 Studienteilnehmer aus 13 europäischen Zentren (Frankreich, Deutschland, Griechenland, Italien) waren im Schnitt 39 Jahre alt und seit rund 8 – 9 Jahren an BS erkrankt. 54 % der Patienten waren Frauen. Die Zahl oraler Ulzera (OU) lag zu Beginn bei durchschnittlich 4, die OU bedingten Schmerzen hatten laut visueller Analogskala (VAS, 0 – 100) eine Intensität von
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Auch spezielle Materialien wie etwa Motivationsbroschüren können hilfreich sein. Weitere Informationen dazu gibt es unter: www. visusvital.de/service/hilfreichematerialien. Elisabeth Wilhelmi, München Literatur 1 Ziemssen F et al. Ophthalmologe 2016; 113:143-151 2 Ehlken C et al. Retina 2018;38:11341144 3 Eter N et al. Graefes Arch Clin Exp Ophthalmol 2021 Feb 6; online ahead of print. doi: 10.1007/s00417-021-05073-8 4 Jaggi D et al. Br J Ophthalmol 2020 Oct 30; online ahead of print. doi: 10.1136/ bjophthalmol-2020-316514 5 Lukic M et al. Eur J Ophthalmol 2020; epub ahead of print. doi: 10.1177/ 1120672120938565 Mit freundlicher Unterstützung der Bayer Vital GmbH, Leverkusen
64,2 (Apremilast) bzw. 60,6 (Placebo), die Krankheitsaktivität nach BSAS (BS Activity Score, 0 – 100) betrug 41,4 bzw. 38,74. Wie in der Gesamtgruppe wurden auch in der europäischen Kohorte bei allen untersuchten Endpunkten bis Woche 12 deutliche Verbesserungen in der Apremilast-Gruppe (n = 25) im Vergleich zur PlaceboGruppe (n = 27) belegt: • Die OU-Gesamtzahl (primärer Endpunkt: AUCWoche 0–12) war im Studienverlauf in der Apremilast-Gruppe um 108 geringer als in der Placebo-Gruppe (98 vs. 206 p = 0,0029). • Ein komplettes Ansprechen (frei von oralen Aphthen in Woche 12) zeigten 64 % der mit Apremilast behandelten Patienten vs. 14,8 % unter Placebo (Gesamtgruppe: 52,9 % vs. 22,3 %). Bei 32 % bzw. 3,7 % © VERLAG PERFUSION GMBH
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bercept-Injektionen, direkt gefolgt von einem T&E-Regime. Nach 12 Monaten verbesserte sich die bestkorrigierte Sehschärfe (BCVA) um 11,8. Auch nach 48 Monaten war der Visus um 6,6 Buchstaben besser als zu Beginn bei abnehmender Behandlungslast. In einer weiteren Studie [5] wurden 157 Augen von 148 nAMDPatienten behandelt. Die Teilnehmer erhielten initial 3-monatliche Injektionen, gefolgt von einem q8Regime bis zum Ende des 1. Jahres und anschließendem proaktivem T&E-Regime. Der Visus erhöhte sich von 54,4 zu Beginn auf 60,3 im ersten Behandlungsjahr. Auch hier zeigte sich eine langfristige Wirksamkeit der Aflibercept-Therapie über 4 Jahre hinweg: Der Visus lag nach 48 Monaten bei 60,4 (Abb. 1).
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AKTUELLE THERAPIEKONZEPTE FÜR DIE PRAXIS
der Behandelten (Gesamtgruppe: 29,8 % vs. 4,9 %) war das Ansprechen anhaltend (komplette OU-Remission in Woche 6 und OU-frei über weitere 6 Wochen). • Ein partielles Ansprechen (OUReduktion ≥50 %) zeigten 84 % der Patienten unter Apremilast vs. 40,7 % unter Placebo (Gesamtgruppe: 76 % vs. 47,6 %). • Der BSAS als Maß für die Krankheitsaktivität hatte sich unter Apremilast bis Woche 12 um fast –21 Punkte verringert vs. –5,23 unter Placebo (Gesamtgruppe: –17,4 vs. –5,4). • Die Lebensqualität der Patienten, beurteilt mit dem BDQoL (Behçet’s Disease Quality of Life, Skala von 0 – 30), nahm um rund 2,4 Punkte zu (Placebo: 1,25).
Neue Triple-Therapie verbessert das COPDManagement
S
eit Kurzem erweitert die neue Europäische Arzneimittelagentur Triple-Therapie Trixeo Ae- (EMA) zugelassen. Wie die darosphere® die Behandlungs- für maßgeblichen Studien zeigen, optionen für erwachsene Patien- lassen sich mit der neuen Tripleten mit moderater bis schwerer Therapie Exazerbationen und chronisch obstruktiver Lungener- COPD-bedingte Krankenhauseinkrankung (COPD), die mit einer weisungen signifikant reduzieren Kombination aus lang wirksamem [2, 3, 4]. Beta-2-Mimetikum (LABA) und lang wirksamem Muskarin-ReExazerbationen bei COPD zeptoragonisten (LAMA) oder einer Kombination aus inhalativem nicht unterschätzen Kortikosteroid (ICS) und LABA nicht ausreichend eingestellt sind Für die Prognose von Patienten Männer und Frauen [1]. Die Fixkombination aus For- mit COPD spielen Exazerbatiomoterol, Glycopyrronium und Bu- nen eine wesentliche Rolle. Auch profitierten gleichermaßen desonid (5 / 7,2 / 160 μg) basiert leichte und moderate ExazerbatioIn einer weiteren Subgruppenana- auf der bewährten Aerosphere™ nen haben schwerwiegende Folgen lyse der RELIEF-Studie wurde Delivery Technology und wur- und beschleunigen den ohnehin Das kardiovaskulärer Komplikationen bereits 1 mittelschweren Exazerba das Risiko Ansprechen von männlichen de progredienten Verlauf der COPD. im Dezember 2020ist durch die nach 1* erhöht (n = 80, im Mittel 38,7 Jahre) und weiblichen (n = 127, im Mittel 40,8 Jahre) Studienteilnehmern auf Apremilast Bei den Inuntersucht. den ersten 5 meisten Endpunkten, insbesondere Tagen nach einer bei der Verringerung von OU-Zahl und Exazerbation OU-assoziierten Schmerzen ist das und beim BSAS, ergaben sich Myokardrisiko mehr keine Unterschiede zwischen den ** als Bei verdoppelt Geschlechtern. Frauen wurden allerdings in Woche 12 etwas stärkere Verbesserungen beim BDCAI 2,27 0,55 1,74 1,40 (Behçet’s Disease Current Activity Index) und vor allem hinsichtlich 1-5 Tage 6-10 Tage der Lebensqualität festgestellt. Tage nach einer mittelschweren COPD-Exazerbation# Beim BDQoL ergab sich bei FrauMyokardinfarkt Schlaganfall en eine Placebo-Differenz von 4,1 Punkten in Woche 12, bei Männern betrug die Differenz 1,5 Punkte. Abbildung 1: Auswirkungen einer COPD-Exazerbation auf das kardiovaskuläre Risiko (mod. 24 Mod. nach Donaldson GC et al. Chest. 2010;137:1091-1097. E. W. nach [7]; © AstraZeneca). InzidenzrateRatios
Der Effekt einer Exazerbationen geht über die Lunge hinaus
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Weniger Exazerbationen und Hospitalisierungen, reduzierte Mortalität
Die neue Dreifach-Kombination Trixeo Aerosphere® aus dem LABA Formoterol, dem LAMA Glycopyrronium und dem ICS Budesonid bietet eine Möglichkeit, diese Empfehlungen in der Praxis
1,6
Geschätzte Rate mittelschwerer/schwerer COPD-Exazerbationen über 52 Wochen*
Bereits eine mittelschwere Exazerbation kann die Abnahme der Lungenfunktion um das Zweifache beschleunigen [5], außerdem steigt das Hospitalisierungsrisiko um 21 % [6]. Exazerbationen erhöhen auch das Risiko für kardiovaskuläre Komplikationen: In den ersten 5 Tagen nach einer Exazerbation ist das Risiko für einen Myokardinfarkt mehr als doppelt so hoch, das Schlaganfallrisiko steigt um die Hälfte (Abb. 1) [7]. Einer von 5 COPD-Patienten (22 %) stirbt innerhalb von einem Jahr nach der ersten Hospitalisierung aufgrund einer Exazerbation, wobei neben respiratorischen auch kardiovaskuläre Erkrankungen die häufigste Todesursachen sind [8, 9, 10]. Da das Risiko für weitere Verschlechterungen der Prognose mit jeder Exazerbation steigt, muss die Therapie rechtzeitig entsprechend angepasst werden. Die aktuelle GOLD-Leitlinie zu COPD empfiehlt daher, Patienten auf eine Triple-Therapie (LABA/LAMA/ ICS) umzustellen, wenn sie trotz einer dualen Therapie (LAMA/ LABA oder ICS/LABA) exazerbieren [11]. Die Therapieempfehlungen gehen dabei in Richtung einer frühzeitigen Eskalation, um Exazerbationen und deren Folgen bereits vorzubeugen – bislang musste der Patient erst eine Exazerbation gehabt haben, damit die Therapie eskaliert wird.
24%
13%
Reduktion vs. LAMA/LABA P < 0,001, signifikant
Reduktion vs. ICS/LABA p = 0,003, signifikant
1,4 1,2
1,42
1,24
1
1,08
0,8 0,6 0,4 0,2 0
GLY/FORM 7,2/5 (n=2120)
FORM/GLY/BUD 5/7,2/160 (n=2137)
BUD/FORM 160/5 (n=2131)
a) ETHOS-Studie
1,00
ai ai 3:
.c U
0,90 C
(1)
C
0,80
.!!J. 0 (1) ·:i::: ·Cll
0,70
(1)
0,60
0:: X UJ
0,50
E .o .... (1)
1ii � (1)
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=
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(1)
(1)
3:
(f)
E -g
�::, (.) (f) (1)
52 °/o
Reduktion
vs. LAMA/LABA (p<0,0001 f- 1-
2
signifikant
18%
Reduktion
vs. ICS/LABA (p=0,2792)
nicht signifikant
0,40 0,30 0,20 0,10 0,00
FORM/GLY/BUD (n=639)
GLY/FORM (n=625)
BUD/FORM (n=314)
b) KRONOS-Studie
Abbildung 2a, b: In den Zulassungsstudien ETHOS (a) und KRONOS (b) kam es zu einer signifikanten Reduktion von mittelschweren/schweren Exazerbationen unter der Triple-Therapie mit Trixeo Aerosphere® (FORM/GLY/BUD) im Vergleich zu den dualen Therapien. FORM = Formoterol, GLY = Glycopyrronium, BUD = Budesonid (mod. nach [2, 3, 4]; © AstraZeneca).
umzusetzen. In den zulassungsrelevanten Phase-III-Studien KRONOS [2] und ETHOS [3, 4] konnte die Triple-Therapie im Vergleich zu dualen Therapien mit LAMA/ LABA (Glycopyrronium/Formoterol) und LABA/ICS (Formoterol/ Budesonid) das Risiko für mittelschwere/schwere Exazerbationen und COPD-bedingte Hospitalisierungen reduzieren.
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In der ETHOS-Studie erzielte die Triple-Therapie gegenüber LAMA/LABA eine Reduktion mittelschwerer und schwerer Exazerbationen um 24 % (Abb. 2a). Dies entspricht einer Number Needed to Treat von 3, was bedeutet, dass nur 3 Patienten behandelt werden müssen, um eine Exazerbation zu verhindern [3]. In der KRONOS-Studie verringerte sich © VERLAG PERFUSION GMBH
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AKTUELLE THERAPIEKONZEPTE FÜR DIE PRAXIS
die Exazerbationsrate sogar um 52 % im Vergleich zur LAMA/LABA-Therapie (Abb. 2b) [2]. Hinsichtlich der COPD-bedingten Hospitalisierungen erreichte die Triple-Therapie in der ETHOSStudie eine Reduktion um 20 % vs. ICS/LABA [3]. Außerdem lieferte die ETHOS-Studie Hinweise auf eine Reduktion der Gesamtmortalität um 49 % im Trixeo Aerosphere®-Arm versus LAMA/ LABA (95%-KI: 0,33 – 0,80; nicht adjustiert; p = 0,0035) [3, 12]. Innovative Device-Technologie mit konstanter Wirkstoffabgabe
Neben der Effektivität der Wirkstoffe spielt die Adhärenz für den
Pantovigar® vegan – eine neue Option bei diffusem Haarausfall Haarausfall erzeugt bei den Betroffenen einen hohen Leidensdruck. Das gilt auch für das diffuse Effluvium. Frauen sind davon häufiger betroffen als Männer. Für sie bietet Pantovigar® vegan eine Nährstoffkombination aus B-Vitaminen, Cystin und Mineralstoffen zur Versorgung der Haarwurzel, die mit ärztlicher Empfehlung zum Diätmanagement bei diffusem Haarausfall angewendet werden kann. Störung des physiologischen Haarwachstumszyklus
Dass Menschen regelmäßig Haare verlieren, ist ein natürlicher
Therapieerfolg eine wesentliche Rolle. Die Therapietreue lässt sich durch eine moderne Technologie und ein benutzerfreundliches Device unterstützen. Die Basis der neuen Triple-Therapie bildet die Aerosphere® Delivery Technology. Als Träger dienen hier Phospholipidpartikel, die Teil des natürlichen Lungensurfactants sind. Damit haften sie gut am Bronchialepithel, wo sie sich vollständig auflösen. Durch ihre optimale Größe transportieren sie die Wirkstoffe in die großen und kleinen Atemwege, sodass eine Lungendeposition von bis zu 38 % erreicht wird (gezeigt bei gesunden Probanden) [13, 14]. Brigitte Söllner, Erlangen
Literatur 1 Fachinformation Trixeo Aerosphere®; Stand: Dezember 2020 2 Ferguson GT et al. Lancet Respir Med 2018; 6:747-758 3 Rabe KF et al Respir Med 2019;158:5966 4 Ferguson G, Rabe K, Martinez F et al. Thorax 2021;76:A16 5 Halpin et al. Respir Med 2017;128:85-91 6 Rothnie KJ et al. Am J Respir Crit Care Med 2018;198:464-471 7 Donaldson GC et al. Chest 2010;137: 1091-1097 8 Ho TW et al. PLoS ONE 2014;9:e114866 9 Lindenauer PK et al. Am J Respir Crit Care Med 2018;197:1009-1017 10 Garcia-Sanz MT et al. J Thorac Dis 2017; 9:636-645 11 GOLD (2021). Global strategy for prevention, diagnosis and management of COPD. Im Internet: https://goldcopd.org/ gold-reports/ 12 Martinez FJ. Am J Respir Crit Care Med 2020. doi: 10.1164/rccm.202006-2618OC 13 Taylor G et al. Eur J Pharm Sci 2018; 111:450-457 14 Israel S et al. Eur J Pharm Sci 2020;153: 105472
Prozess, da sich jedes Haar ständig erneuert und jede Haarwurzel den Zyklus von Anagen-, Katagen- und Telogenphase durchläuft. Ein Verlust von bis zu 100 Haaren pro Tag gilt als unauffällig. Fallen mehr Haare aus, kann eine Alopezie vorliegen. Für einen diffusen Haarausfall spricht, wenn die Haare gleichmäßig über den ganzen Kopf verteilt ausfallen und sie sich beim Zupftest leicht herausziehen lassen. Hier liegt eine Veränderung des physiolo gischen Rhythmus der Haare vor: Anagen- und Katagenphase sind verkürzt, gleichzeitig sind überdurchschnittlich viele Haarfollikel in der Telogenphase.
und hormonelle Veränderungen sein, es ist aber ebenfalls wissenschaftlicher Konsens, dass auch ein Mangel an Nährstoffen in der Haarwurzel eine wichtige Rolle beim diffusen Effluvium spielt. Dieses Defizit kann gezielt durch Pantovigar® vegan, eine auf den diffusen Haarausfall bei Frauen abgestimmte Nährstoffkombination, ausgeglichen werden. Um die Haarwurzeln für ein gesundes Haarwachstum zu versorgen, enthält Pantovigar® vegan B-Vitamine wie Pantothensäure (Vitamin B5), Thiamin (Vitamin B1), Biotin (Vitamin B7) und Folsäure sowie Cystin und Spurenelemente wie Eisen und Zink. Die Kapseln sind vegan sowie auch gluten- und laktosefrei – ein entscheidendes Plus für die gut verträgliche Anwendung für Patienten mit entsprechenden Unverträglichkeiten bzw. Lebens stilen. B. S.
Nährstoffdefizit behandeln
Ursachen für den diffusen Haarausfall können z.B. eine fiebrige Infektion, Stress, Crash-Diät
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NEUE UND BEWÄHRTE ARZNEIMITTEL
A
nlässlich der World Conference on Lung Cancer (WCLC) wurden aktuelle Daten zu Amivantamab, einem gegen den epidermalen Wachstumsfaktor-Rezeptor (EGFR) und den mesenchymalen epithelialen Transitionsfaktor (MET) gerichteten, bispezifischen Antikörper mit gezielter Immunzellaktivierung, präsentiert*, der von Janssen Pharmaceutical Companies of Johnson & Johnson zur Therapie des vorbehandelten, fortgeschrittenen/metastasierten oder nicht resezierbaren nicht kleinzelligen Bronchialkarzinoms (NSCLC) mit Exon-20-Insertions(Ex20ins)-Mutationen im EGFR-Gen entwickelt wurde. EGFR-Mutationen, die zu unkontrolliertem Wachstum und Teilung von Krebszellen führen, zählen zu den häufigsten Mutationen beim NSCLC. EGFR-Ex20ins-Mutationen sind die dritthäufigste primäre EGFR-Mutation und für 3,7 – 10 % aller EGFR-Mutationen verantwortlich. Da ein durch EGFR-Exon-20-Insertionsmutationen verursachtes Karzinom im Allgemeinen unempfindlich gegenüber zugelassenen Therapien mit EGFR-Tyrosin kinase-Inhibitoren und überdies mit einer schlechteren Prognose verbunden ist als ein durch häu figere EGFR-Mutationen ausgelöstes Karzinom, ist der Bedarf an einer zielgerichteten Therapie sehr hoch. Robuste Aktivität und anhaltendes Ansprechen
Wie die Ergebnisse der offenen Phase-Ib-Studie CHRYSALIS belegen, zeigt Amivantamab bei Patienten mit NSCLC und EGFR-Ex20ins-Mutationen, deren
Amivantamab – eine vielversprechende Option zur Behandlung des NSCLC mit EGFR-Exon-20Insertionsmutationen Erkrankung nach einer platinbasierten Chemotherapie fortgeschritten war, eine beachtliche Wirksamkeit: Nach einem medianen Follow-up von 9,7 Monaten, in denen die Patienten mit 1050 mg Amivantamab i.v. (ab Zyklus alle 2 Wochen; 1400 mg bei einem Patientengewicht ≥80 kg) behandelt wurden, betrug die verblindet und unabhängig bewertete Gesamtansprechrate (primärer Endpunkt) unter Amivantamab in der Post-Platin-Kohorte (n = 81) 40 % (95%-KI: 29 – 51). Von den 32 Patienten, die auf die Therapie ansprachen, erzielten 3 (4 %) eine Komplettremission und 29 ein partielles Ansprechen. Die mediane Ansprechdauer lag bei 11,1 Monaten (95%-KI: 6,9 – nicht erreicht), 20 Patienten (63 %) sprachen 6 Monate und länger an. Die Studienteilnehmer hatten im Median ein progressionsfreies Überleben (mPFS) von 8,3 Monaten (95%KI: 6,5 – 10,9), das mediane Gesamtüberleben (mOS) betrug 22,8 Monate (95%-KI: 14,6 – nicht erreicht). Die klinische Nutzenrate, definiert als Ansprechen oder stabile Erkrankung über einen Zeitraum von wenigstens 11 Wochen, lag bei 74 % (95%-KI: 63 – 83).
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Tolerables und kontrollierbares Sicherheitsprofil
Bei den mit Amivantamab als Monotherapie behandelten Patienten waren die häufigsten behandlungsbedingten unerwünschten Reaktionen Hautausschlag (86 %), infusionsbezogene Reaktionen (66 %) und Paronychie (45 %). Nebenwirkungen mit einem Grad ≥3 wurden von 35 % der Patienten berichtet, bei 16 % wurden sie als behandlungsbedingt betrachtet; dabei traten Hautausschlag (4 %) und infusionsbezogene Reaktionen (3 %) am häufigsten auf. Es kam zu keinen behandlungsbedingten Todesfällen. Basierend auf den Daten der CHRYSALIS-Studie hat Janssen im Dezember 2020 die Zulassung für das mit Platin-haltiger Chemotherapie vorbehandelte, fortgeschrittene/metastasierte oder nicht resezierbare NSCLC mit EGFREx20ins-Mutation bei der European Medicines Agency (EMA) beantragt. Brigitte Söllner, Erlangen * S abari J et al. Amivantamab in post-platinum EGFR exon 20 insertion mutant nonsmall cell lung cancer. Mündliche Präsentation #3031 auf der WCLC, Januar 2021 © VERLAG PERFUSION GMBH
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ach einem anfänglich schubförmig remittierenden Verlauf geht die Multiple Sklerose bei bis zu 89 % der Patienten in eine sekundär progrediente Form (SPMS) über, bei der zwar seltener Schübe auftreten, es aber zu einer kontinuierlichen Verschlechterung der neurologischen Funktionen kommt. Die betroffenen Patienten leiden typischerweise unter einer Gangunsicherheit, Koordinationsstörungen, einer eingeschränkten Kognition, Müdigkeit, Erschöpfung und depressiven Verstimmungen [1]. Die Therapieoptionen bei sekundärer Progredienz beschränkten sich bisher auf β-Interferone oder Mitoxantron, bei Patienten ohne Schübe sogar nur auf Mitoxantron [2]. Mit dem seit 2020 verfügbaren Wirkstoff Siponimod (Mayzent®) steht erstmals ein peroral bioverfügbares Medikament zur Verfügung, das für erwachsene SPMS-Patienten mit Krankheitsaktivität, nachgewiesen durch Schübe oder Bildgebung der entzündlichen Aktivität, indiziert ist [3]. Wie die Zulassungsstudie EXPAND bei SPMS-Patienten mit verschiedenem Schweregrad der Behinderung nachwies, verzögerte der Sphingosin-1-Phosphat (S1P)Rezeptormodulator Siponimod bei den Patienten mit aktiver SPMS das Risiko einer nach 3 bzw. 6 Monaten bestätigten Behinderungsprogression signifikant um 31 % bzw. 37 % gegenüber Placebo. Außerdem war die jährliche Schubrate im Vergleich zu Placebo um 46 % reduziert, die kumulative Anzahl von Gd-verstärkenden T1-gewichteten Läsionen über 24 Monate um 85 %. Das T2-Läsionsvolumen nahm um 1163 m3 weniger zu als unter Placebo und der prozentuale Volumenverlust der grauen Hirnsubstanz war um 0,141 % geringer als unter Placebo [4, 5].
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Neue Daten zu Siponimod sprechen für frühen Therapiebeginn bei aktiver SPMS Auf dem diesjährigen Meeting der American Academy of Neurology (AAN) wurden aktuelle Ergebnisse der Extensionsphase der EXPAND-Studie präsentiert. Sie zeigen, dass SPMS-Patienten umso mehr von der Therapie mit Siponimod profitieren, je früher sie auf den S1P-Rezeptormodulator umgestellt wurden [6, 7]. 5-Jahres-Ergebnisse bestätigen größeren Benefit bei frühem Wechsel auf Siponimod
Als wesentliches Ergebnis der EXPAND-Studie zeichnete sich ab, dass die Behandlungsergebnisse umso besser ausfielen, je früher die Patienten Siponimod erhalten hatten [4]. Um den Nutzen einer frühen Transition zu belegen, ging die Studie in die Verlängerung: Von den 1.651 Patienten, die nach median 21 Monaten die EXPANDKernstudie beendet hatten, wechselten 1.224 in die offene 7-Jahres-Verlängerungsphase. In dieser Extensionsphase erhalten die Patienten entweder weiterhin Siponimod oder haben zu Beginn der Extensionsphase von Placebo auf Siponimod gewechselt (PlaceboSwitch-Gruppe). Die über den bislang ausgewerteten Zeitraum von 5 Jahren gewonnenen Daten zeigen, dass die Patienten, die schon seit Beginn der
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EXPAND-Studie kontinuierlich mit Siponimod behandelt wurden, ein deutlich besseres Outcome hatten als die, die erst später auf Siponimod umgestellt wurden [6]: Bezogen auf das gesamte Gehirn zeigten die Patienten der Siponimod-Gruppe 0,14 % weniger Hirnvolumenverlust (–1,62 % vs. –1,76 %, p < 0,05) und bezogen auf den Thalamus 0,8 % (–2,68 % vs. –3,48 %, p < 0,0001) als die Patienten der Placebo-Switch-Gruppe. Auch fielen unter fortlaufender Einnahme des S1P-Rezeptors Änderungen im T2-Läsionsvolumen geringer aus und es traten signifikant weniger neue oder sich vergrößernde T2-Läsionen auf (jeweils p < 0,0001 vs. PlaceboSwitch-Gruppe). Die insgesamt geringen (–1,42 % vs. –1,43 %, p = n.s.) Volumenverluste der kortikalen grauen Substanz waren nach 5 Jahren in beiden Gruppen vergleichbar, wobei der unter Placebo beobachtete anfänglich rasche Volumenverlust sowie die Läsionsaktivität nach Umstellung auf Siponimod gebremst werden konnten [6]. Eine ebenfalls auf dem diesjährigen AAN-Kongress vorgestellte Post-hoc-Analyse der EXPANDStudie betrachtet die Subgruppe von Patienten mit aktiver SPMS, definiert durch das Auftreten von Schüben in den 2 Jahren vor dem Screening und/oder ≥1 Gadolini© VERLAG PERFUSION GMBH
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Siponimod Siponimod (Mayzent®) ist ein Modulator des Sphingosin-1-Phosphat-(S1P)-Rezeptors, der selektiv an S1P1- und S1P5-Rezeptoren bindet. Durch die S1P-Modulation wird erreicht, dass pathogene Lymphozyten nicht mehr aus den Lymphknoten austreten und folglich auch nicht in das Zentralnervensystem von MS-Patienten gelangen können [8]. Dadurch wird mit Siponimod die aus der Peripherie getriebene Entzündung gehemmt [9]. Zusätzlich zum Wirkmechanismus in der Peripherie tritt Siponimod auch in das ZNS ein und bindet dort an S1P1- und S1P5-Rezeptoren auf spezifischen Zellen im ZNS, einschließlich Astrozyten, Mikroglia und Oligodendrozyten [10]. Diese Zielstrukturen sind in remyelinisierende und neuroprotektive Mechanismen involviert, welche auch entsprechend in präklinischen MS-Modellen für Siponimod gezeigt werden konnten [11]. Erste Ergebnisse mittels MTR (Magnetization Transfer Ratio)-Messungen deuten darauf hin, dass diese positiven Effekte auf die Myelinisierung und den Erhalt von Plastizitätsreserve auch aus den Tiermodellen auf SPMS-Patienten übertragen werden können [12].
um-anreichernden T1-Läsion [7]. 516 dieser Patienten erhielten Siponimod 2 mg/d und 263 Patienten bekamen Placebo. Untersucht wurde die Wirksamkeit von Siponimod anhand der nach 3 und 6 Monaten bestätigten Behinderungsprogression (gemessen am EDSS-Wert) in Abhängigkeit von der MS-Erkrankungsdauer. 427 (55 %) der insgesamt 779 erfassten Patienten waren seit weniger als 16 Jahren an MS erkrankt. Bei ihnen verringerte die Siponimod-Therapie signifikant das Risiko für eine bestätigte Behinderungsprogression im Vergleich zu Placebo um 32 % nach 3 Monaten (p = 0,0378) und um 43 % nach 6 Monaten (p = 0,0093). Bei einer MS-Erkrankungsdauer von 16 Jahren oder länger zeigten Patienten unter Siponimod-Therapie tendenziell seltener eine bestätigte Behinderungsprogression als
Patienten unter Placebo; dies galt sowohl für den 3-Monats-Zeitraum (Siponimod 26 %; Placebo 36 %; p = 0,0540) als auch für die Beurteilung nach 6 Monaten (Siponimod 22 %; Placebo 28 %; p = 0,1544). Das Verträglichkeitsprofil von Siponimod war – mit einer nur leicht erhöhten Rate an unerwünschten Wirkungen bei den langjährig erkrankten Patienten – mit dem der Gruppe mit kürzerer Erkrankungsdauer vergleichbar. Brigitte Söllner, Erlangen
Literatur 1 Multiple Sclerosis International Federation. Atlas of MS 2013. http://www.msif. org/wp-content/uploads/2014/09/Atlasof-MS.pdf
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2 National Multiple Sclerosis Society. Secondary Progressive MS (SPMS). https:// www.nationalmssociety.org/What-is-MS/ Types-of-MS/Secondary-progressive-MS 3 European Commission, Public Health – Union Register of medicinal products. https://ec.europa.eu/health/documents/ community-register/html/h1414.htm 4 Kappos L, Cree B, Fox R et al. Siponimod versus placebo in secondary progressive multiple sclerosis (EXPAND): a double-blind, randomized, phase 3 study. Lancet 2018;391:1263-1273 5 Gold R, Kappos L, Bar-Or A et al. Efficacy of siponimod in secondary progressive multiple sclerosis patients with active disease: the EXPAND study subgroup analysis. 35th Congress of the European Committee for Treatment and Research in Multiple Sclerosis, September 2019: P750 6 Arnold DL et al. Long-term effect of siponimod on MRI Outcomes in SPMS: analyses from the EXPAND study up to 5 years. Virtueller AAN-Kongress, April 2021; ePoster P15.083 7 Cohan SL et al. Analyses of the effect of disease duration on the efficacy and safety of siponimod in patients with active SPMS from the phase 3 EXPAND study. Virtueller AAN-Kongress, April 2021; ePoster P15.101 8 Brinkmann V. FTY720 (fingolimod) in multiple sclerosis: therapeutic effects in the immune and in the central nervous system. Br J Pharmacol 2009;158:11731182 9 Gergely P, Nuesslein-Hildesheim B, Guerini D et al. The selective sphingosine 1-phosphate receptor modulator BAF312 redirects lymphocyte distribution and has species-specific effects on heart rate. Brit J Pharmacol 2012;167:1035-1047 10 Tavares A, Barret O, Alagille D et al. Brain distribution of MS565, an imaging analogue of siponimod (BAF312), in non-human primates. Eur J Neurol 2014; 21 (Suppl 1):504-PP2067 11 Dietrich M, Hecker C, Ramseier P et al. Neuroprotective potential for siponimod (BAF312) revealed by visual system readouts in a model of experimental autoimmune encephalomyelitis-optic neuritis (EAEON). 35th Congress of the European Committee for Treatment and Research in Multiple Sclerosis, September 201: P844 12 Arnold et al. Impact of siponimod on myelination as assessed by MTR across SPMS subgroups: Post hoc analysis from the EXPAND MRI substudy. Posterpräsentation Nr. P0587 beim 8. ACTRIMSECTRIMS-Meeting, MSVirtual2020
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Durch Hausstaubmilben induzierte allergische Rhinitis: Hyposensibilisierung Stallergenes Greer bietet Ärzten undoraler Patienten mit Allergenzugelassene Lösungen Immuntherapie
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ie Hausstaubmilben-induzierte allergische Rhinitis (HSM-AR) ist eine Erkrankung Nasenschleimhaut, • Dieder erfolgreichsten SLIT-Tropfen imdie nachdeutschen Exposition gegenüber MilBaumpollenmarkt • Bei durch Baumpollen (B, B/E/H) benallergenen durch eine IgE-verausgelöster Rhinitis, Konjunktivitis, mittelte Entzündungsreaktion entRhinokonjunktivitis und/oder mildem steht.Asthma Die Sensibilisierung erfolgt • Flexibles dabei gegenTherapieschema: Allergene, die sowohl prä-/cosaisonal oder perennial im• Milbenkörper alsmit auch im -kot Sublinguale Tropfen Dosierpumpe • Umfassend[1]. dokumentiert vorkommen Hausstaubmilben sind auf der ganzen Welt verbreitet und die wohl häufigste Ursache für Atemwegsallergien. In Deutschland weisen fast 16 % der Erwachsenen eine Sensibilisierung gegen Hausstaubmilben auf [2]. Charakteristisch sind Nasensymptome wie z.B. eine verstopfte oder laufende Nase und Niesreiz. Auch Augensymptome können auftreten. Die HSM-AR ist außerdem ein Prädiktor und Risikofaktor für Asthma: Das Risiko, Asthmasymptome zu entwickeln, ist laut einer Studie bei Patienten mit HSM-AR höher als in der Allgemeinbevölkerung oder bei Patienten mit einer Allergie gegen Pollen bzw. Tierepithelien [3]. 50 – 85 % der Asthmatiker sind dementsprechend allergisch gegen Hausstaubmilben [4]. Auch wenn über 40.000 Milbenarten existieren, sind lediglich zwei davon, nämlich Dermatophagoides pteronyssinus (europäische Milbe, Abb. 1) und Dermatophagoides farinae (amerikanische Milbe) für mehr als 90 % der HSM-Allergien
verantwortlich [5]. Der Gattungsname Dermatophagoides bedeutet Hautfresser – schließlich bildet das Keratin Haut• Enthältaus eine abgestorbenen einzigartige 5-Gräserschuppen diezuwichtigste NahrungsMischung je gleichen Anteilen • Bei durch GräserpollenSpinnentiere. ausgelöster quelle der winzigen allergischer Rhinitis mit oder ohne Im Konjunktivitis Hausstaub finden sie darüber • HoheZellulose Effektivität: die hinaus auseinzige Textilfasern, Gräsertablette mit belegter Chitin aus Pilzhyphen und andere Wirksamkeit im prä-/cosaisonalen organische Abfälle, die sie zum Therapieschema • Umfassend dokumentiert Leben brauchen [6]. Die Hausstaubmilbe ist daher überall dort anzutreffen, wo Menschen leben. Bereits vor über 50 Jahren wurde die Hausstaubmilbe zum ersten Mal als eine HauptallergenquelNet Sales MAT 05/2021 le *Insight im Health Hausstaub wahrgenommen. Seitdem konnte eine Reihe von Allergenen identifiziert und charakterisiert werden [7]. Doppelte Aktivierung des Immunsystems
Die HSM-Allergie manifestiert sich über 2 Wege [6]: Zum einen induzieren CD4-positive Th2Zellen eine IgE-abhängige Immunantwort. Werden Personen einem Allergen ausgesetzt, gegen das sie sensibilisiert sind, führt die Vernetzung des an die Mastzellen der Schleimhäute gebundenen IgE durch das Allergen innerhalb weniger Minuten zu nasalen Symptomen. Zusätzlich wird die angeborene Immunantwort durch Proteasen aus Verdauungstrakt und
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Abbildung 1: Hausstaubmilben (Dermatophagoides pteronyssinus) werden nicht größer als einen halben Millimeter und sind mit bloßem Auge kaum zu sehen. Allergieauslösend sind ihr Kot und Bestandteile aus ihrem Körperinneren. Die Tiere selbst sind harmlos, sie können weder stechen noch beißen und übertragen keine Krankheiten.
Kot, Lipid-assoziierte Proteine und Chitin aus dem Exoskelett der Milben aktiviert. Die gemeinsame Aktivierung adaptiver und angeborener Immunreaktionen machen HSM-Allergene so potent [6]. Symptombekämpfung ist nur mäßig erfolgreich
Das Management von AR umfasst Strategien zur Allergenvermeidung, Bedarfsmedikation und die Allergen-Immuntherapie (AIT). Maßnahmen zur Allergenvermei© VERLAG PERFUSION GMBH
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dung sind bei HSM-AR oft wenig effektiv, einzig die Verwendung von hypoallergener Bettwäsche (Matratzen, Kissen etc.) erzielt mehrheitlich einen leichten bis moderaten Effekt [8]. Die Bedarfsmedikation bzw. antisymptomatische Pharmakotherapie für AR umfasst orale und topische Antihistaminika, nasale Dekongestiva und intranasale Kortikosteroide [9]. Diese Substanzen machen einer schwedischen Studie zufolge 70 % der gesamten jährlichen Arzneimittelkosten der AR-Patienten aus [10]. Die Therapie beginnt in der Regel mit oralen Antihistaminika, häufig initiiert durch die Patienten, da diese Medikamente rezeptfrei erhältlich sind. In Umfragen unter der Allgemeinbevölkerung oder in Hausarztpraxen vermelden ein Drittel der Kinder und fast zwei Drittel der Erwachsenen jedoch nur eine teilweise oder geringe Linderung durch eine antisymptomatische Pharmakotherapie bei AR [11]. Kausale immunmodulierende Therapie – von Leitlinien empfohlen
Während die antisymptomatische Pharmakotherapie lediglich die Symptome der Rhinitis unterdrückt, handelt es sich bei der Allergen-Immuntherapie (AIT) um eine gezielt auf das Immunsystem wirkende Behandlung zur Hyposensibilisierung von Patienten durch die Verabreichung von Allergenen [12]. Durch die Gabe von Allergenextrakten werden spezifische blockierende Antikörper sowie toleranzinduzierende Zellen und Botenstoffe aktiviert, die eine weitere Verstärkung der durch Allergene ausgelösten Immunantwort verhindern, die spezifische
Immunantwort blockieren und die Entzündungsreaktion im Gewebe dämpfen. Wird die AIT regelmäßig und langfristig angewendet, gehen die Symptome und der Gebrauch von Bedarfsmedikation zurück [13]. Anders als bei der antisymptomatischen Pharmakotherapie bleibt der Effekt über das Therapieende hinaus bestehen [3, 11]. Um dies zu erreichen, empfiehlt die Leitlinie der European Academy of Allergy and Clinical Immunology (EAACI) eine Behandlung über mindestens 3 Jahre [14]. Die AIT kann subkutan per Injektion oder sublingual in Form von Tropfen oder Tabletten verabreicht werden. Die subkutane AllergenImmuntherapie (SCIT) wird in der Arztpraxis durchgeführt und der Patient sollte im Anschluss an die Injektion 30 Minuten nachbeobachtet werden, um sicherzustellen, dass keine schweren allergischen Nebenwirkungen auftreten [14]. Bei der sublingualen AllergenImmuntherapie (SLIT) wird die 1. Dosis in der Regel unter Aufsicht in der Arztpraxis eingenommen und kann dann vom Patienten eigenständig zu Hause durchgeführt werden [3, 14].
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Sublinguale AIT in Tablettenform verringert Symptomlast signifikant
Mit Orylmyte® 100 IR / 300 IR wurde vom Paul-Ehrlich-Institut am 9. Juli 2021 eine sublinguale Tablette zur Allergen-Immuntherapie (SLIT) für Jugendliche ab 12 Jahren und Erwachsene mit mittelschwerer bis schwerer Hausstaubmilben-induzierter allergischer Rhinitis oder Rhinokonjunktivitis zugelassen, die auf Basis von Anamnese und Nachweis einer Sensibilisierung gegenüber Hausstaubmilbenallergenen diagnostiziert wurde. Wie der Hersteller Stallergenes Greer bekannt gab, wird die SLIT zunächst auf dem deutschen Markt erhältlich sein; in weiteren europäischen Ländern stehen die Zulassungsverfahren kurz vor dem Abschluss. Die Tablette wird unter der Marke Actair® bereits seit 2015 außerhalb Europas eingesetzt. Orylmyte® enthält standardisierte HSM-Allergenextrakte aus Dermatophagoides pteronyssinus und Dermatophagoides farinae (jeweils Körper und Kot) – wie in der natürlichen Exposition [15].
Orylmyte® Orylmyte® ist eine sublinguale AIT (SLIT) in Tablettenform. Sie enthält standardisierte HSM-Allergenextrakte aus den Hausstaubmilben Dermatophagoides pteronyssinus und Dermatophagoides farinae (jeweils Körper und Kot). Die Milbenzucht erfolgt unter Verwendung des patentierten Stalmite®-Mediums − allergenfrei und frei von tierischem Protein. Die Therapie mit Orylmyte® ist ganzjährig, kann jederzeit gestartet werden und beginnt mit einer einfachen und schonenden Aufdosierung: Die erste Dosis Orylmyte® (1 × 100 IR Tablette) soll unter ärztlicher Aufsicht eingenommen werden, gefolgt von einer 30-minütigen Beobachtung. Die zweite Einnahme am nächsten Tag (2 × 100 IR Tablette) kann bereits zu Hause erfolgen. Am dritten Tag wird die Orylmyte®Erhaltungsdosis von 300 IR erreicht. Die gesamte Therapie kann patientenfreundlich zu Hause weitergeführt werden [15].
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Abbildung 2: Durchschnittlicher RQLQ Domänen-Score am Ende der Behandlungsphase (mod. nach [16]).
Die Zulassung für Orylmyte® stützte sich unter anderem auf die Phase-III-Studie SL75.14, an der 1.607 erwachsene und jugendliche Patienten (≥12 Jahre) teilnahmen [16]. Etwa 38 % der Patienten hatten beim Einschluss ein begleitendes mildes kontrolliertes Asthma, 46 % waren auch auf andere Allergene sensibilisiert. Die Studienteilnehmer wurden ca. 12 Monate mit 300 IR Hausstaubmilben-Sublingualtabletten (n = 586) oder Placebo (n = 676) behandelt. Die Studie erreichte alle primären und sekundären Endpunkte: Die Behandlung mit Orylmyte® führte in der Subgruppe der europäischen Patienten zu einer signifikanten (p < 0,0001) Abnahme des kombinierten Symptom-MedikationsScores (aTCS; 80/20 Score) um 20,9 % im Vergleich zu Placebo [17]. Der balancierte Symptom-
Medikations-Score (ACSMS; 50/50 Score) sank ebenfalls signifikant (p < 0,0001) um 21,7 % [17]. Die Verbesserungen setzten bereits nach 8 – 16 Wochen der Behandlung ein. Der Gesamtscore des Rhinoconjunctivitis Quality of Life Questionnaire (RQLQ) war insgesamt, wie auch in allen individuellen Domänen (allgemeine Beschwerden, Tätigkeiten, Schlaf, praktische Probleme, nasale sowie okuläre Symptome und Befindlichkeit), unter der Therapie mit Orylmyte® signifikant niedriger als unter Placebo (–16 %; p = 0,0004; Abb. 2) [16]. Der Rückgang der Symptome blieb auch während eines anschließenden Immuntherapie-freien Jahres bestehen. Brigitte Söllner, Erlangen
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Literatur 1 Batard T et al. Allergy 2016;71:220-229 2 Haftenberger M et al. Bundesgesundheitsblatt – Gesundheitsforschung – Gesundheitsschutz 2013;56 3 Calderón MA et al. J Allergy Clin Immunol Pract 2015;3:843-855 4 Gregory L et al. Trends Immunol 2011; 32:402-11 5 Batard T et al. Allergy. 2016;71:220-229 6 Calderon MA et al. J Allergy Clin Immunol 2015;136:38-48 7 Wilson JM et al. J Allergy Clin Immunol Pract 2018;6:1-7 8 Valovirta E et al. Curr Opin Allergy Clin Immunol 2008;8:1-9 9 Sánchez G et al. Int Arch Otorhinolaryngol 2019;23:e325-e330 10 Cardell LO et al. NPJ Prim Care Respir Med 2016;26:15082 11 Wheatley LM et al. N Engl J Med 2015;372:456-463 12 EAACI. Allergen Immunotherapy Guidelines, Part 2: Recommendations; 2017 13 Pfaar O et al. Allergo J Int 2014;23:282 14 Roberts G et al. Allergy 2018;73:765-798 15 Fachinformation Orylmyte®; Stand: Juni 2021 16 Demoly P et al. J Allergy Clin Immunol 2021;147:1020-1030 17 EAACI Stallergenes Symposium 2021
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und 60 % der Patienten mit einem spontan entstandenen medullären Schilddrüsenkarzinom (MTC) weisen onkogene Punktmutationen im Gen der Tyrosinkinase RET (REarranged during Transfection) auf, die mit einem aggressiveren Krankheitsverlauf assoziiert sind [1]. Beim selteneren familiär vererbten MTC sind aktivierende RET-Punktmutationen sogar bei 90 % der Betroffenen nachweisbar [2]. Darüber hinaus liegen bei 10 – 20 % der Patienten mit differenzierten papillären Schilddrüsentumoren Fusionen von RET mit anderen Genen vor, die ebenso wie die Punktmutationen zu einer konstitutiven Aktivierung der Tyrosinkinase führen (Abb. 1) [3, 4]. Für diese Tumorformen sind zwar verschiedene Multikinase-Inhibitoren zugelassen, diese zielen jedoch nicht in erster Linie auf RET ab, sondern vorrangig auf andere Kinasen wie VEGFR, EGFR, MET und ALK [5].RET: ein Gen – viele
Selpercatinib – die erste hochselektive Therapie für fortgeschrittene Schilddrüsenkarzinome mit RET-Alterationen nach einer Behandlung mit SoMit Selpercatinib (Retsevmo®) steht nun ein hochselektiver Inrafenib und/oder Lenvatinib behibitor von RET zur Verfügung, nötigen, sowie der die Aktivität onkogener RET- • für Erwachsene und JugendGenfusionen und Punktmutationen liche ab 12 Jahren mit fortgesehr spezifisch bereits in nanomoschrittenem RET-mutiertem larer Konzentration hemmt [5, 6]. medullärem SchilddrüsenkarBei fortgeschrittenen Schilddrüzinom (MTC), die eine syssenkarzinomen ist Selpercatinib temische Therapie nach einer als Monotherapie in folgenden InBehandlung mit Cabozantinib dikationen zugelassen [6]: und/oder Vandetanib benöti• für Erwachsene mit fortgegen. schrittenem RET-Fusions-po- Die Zulassungen von Selpercatinib sitivem Schilddrüsenkarzinom, beruhen auf den Ergebnissen der die eine systemische Therapie Aktivierung Phase I/II-Studie1LIBRETTO-001, Wege der onkogenen
RET-Fusionen liegen bei zahlreichen Tumortypen vor
RET-aktivierende Mutationen finden sich beim medullären Schilddrüsenkarzinom (MTC) MTC sporadisch (> 60 %) hereditär (> 90 %)
Nichtkleinzelliges Bronchialkarzinom (2 %) Papilläre und andere Schilddrüsenkarzinome (10–20 %) Pankreaskarzinom (< 1 %) Speicheldrüsenkrebs (< 1 %)
Aktivierung durch ligandenunabhängige Dimerisierung
Direkte KinaseAktivierung
Spitz-Tumoren (< 1 %) Kolorektalkarzinom (< 1 %)
Viele weitere (< 1 %)
Dimerisierung
P P P P Kinase
P
P
Mutation der Kinasedomäne P
P P
P
P
P
P
P
P
P
P
P
P P
KIF5B (am häufigsten bei Lungenkrebs) CCDC6 oder NCOA4 (am häufigsten bei Schilddrüsenkrebs) 1
Häufige Mutation: RET M918T
PP-SE-DE-0096
Kovalente Disulfidbrückenbindungen in cysteinreicher Region
Ovarialkarzinom (< 1 %)
Myeloproliferative Krankheiten (< 1 %)
Drilon A et al. Vortrag. ASCO 2018. Abstract 102.
RET: rearranged Abbildung 1: during RETtransfection (REarranged during Transfection) ist ein Gen auf dem langen Arm des menschlichen Chromosoms 10, das für eine TyrosinkiPressekonferenz Selpercatinib | Medizinische Klinik und Poliklinik IV | 16.03.2021 nase codiert, die wesentlich an der embryonalen Entwicklung des gastrointestinalen Nervensystems und der Nieren beteiligt ist, nach der Geburt aber keine Funktion mehr hat. Allerdings können Fusionen von RET mit verschiedenen Genen (links) und RET-aktivierende Punktmutationen (rechts) auftreten, die als onkogene Treiber bei der Entstehung maligner Tumoren eine wesentliche Rolle spielen. Diese Gen-Alterationen finden sich auch bei den Schilddrüsenkarzinomen [8] (© Lilly Oncology).
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Aktivierende Alterationen des RET-Protoonkogens RET (REarranged during Transfection) ist ein Gen auf dem langen Arm des menschlichen Chromosoms 10 [5]. Es kodiert für eine Tyrosinkinase, die wesentlich an der embryonalen Entwicklung des gastrointestinalen Nervensystems und der Nieren beteiligt ist. Eine Funktion von RET nach der Geburt ist nicht nachgewiesen, aktivierende Alterationen des Gens spielen jedoch eine wesentliche Rolle bei der Entstehung maligner Tumore wie Schilddrüsenkarzinomen und nicht kleinzelligen Lungenkarzinomen (NSCLC) und sind auch bei einer Reihe anderer Tumoren wie Darm- und Brustkrebs nachweisbar [5]. Reguläre Struktur und Aktivierung Die RET-Tyrosinkinase besteht aus 3 Teilen: einer extrazellulären Domäne, einer Transmembran-Domäne sowie der intrazellulären Tyrosinkinase-Domäne. Die reguläre Aktivierung erfolgt nicht über einen eigenen Liganden, sondern indirekt über Liganden der GFL-Familie (glial-derived neurotrophic factor ligands [GFLs]), die an den Rezeptor GFR-α binden [5]. Der GFL-GFR-α-Komplex bewirkt, dass sich 2 RETMoleküle zu einem Homodimer verbinden, wodurch die Tyrosinkinase-Domäne mittels Autophosphorylierung aktiviert wird, was weitere, nachgelagerte-Signalwege der Zelle wie MAPK, PI3K-AKT und STAT-3 einschaltet [5, 8]. Aktivierung in Tumoren Während die RET-Tyrosinkinase bei der regulären Aktivierung wieder abgeschaltet werden kann, ist sie in Tumoren konstitutiv aktiv. Dies kann durch Fusionen der Tyrosinkinase-Domäne mit einem anderen Gen oder durch Punktmutationen in der Tyrosinkinase hervorgerufen werden. Die dauerhafte Aktivierung von RET führt dann zu einer Steigerung der Zellproliferation und einer onkogenen Transformation der Zellen über die nachgelagerten Signalwege [8]. RET-Alterationen bei Schilddrüsenkarzinomen Papilläre Schilddrüsenkarzinome (PTC) machen bei Weitem den größten Teil aller Tumore dieses Organs aus. Bei 10 – 20 % von ihnen können RET-Fusionen nachgewiesen werden [3]. Am häufigsten sind hierbei Rearrangements mit dem ebenfalls auf dem langen Arm von Chromosom 10 liegenden Gen CCDC6 (RET/PTC1). Hierbei ermöglicht die vom CCDC6-Gen stammende Proteindomäne das Zusammenlagern von zwei RET/PTC1-Fusionsmolekülen zu einem Dimer und damit die konstitutive Aktivierung der RETTyrosinkinase [8]. Mit 5 – 10 % deutlich seltener sind medulläre Schilddrüsenkarzinome (MTC), von denen etwa 75 % spontan auftreten, während 25 % familiär vererbt werden. Die Ursache sind verschiedene Punktmutationen, die eine konstitutive Aktivierung von RET bewirken. Sie sind bei rund 60 % der spontan entstehenden MTC und bei etwa 90 % der familiär vererbten MTC nachweisbar [1, 2]. Treibermutationen in der extrazellulären Domäne bewirken dabei ähnlich wie Genfusionen die Bildung von RET-Homodimeren, während Punktmutationen in der Tyrosinkinase direkt zu ihrer Aktivierung führen [5].
in der die Wirksamkeit und Verträglichkeit in diesen Indikationen belegt wurden [4]. Ansprechrate von fast 70 Prozent bei MTC
In die LIBRETTO-001-Studie eingeschlossen wurden 55 Patienten ab 12 Jahren mit fortgeschrittenem
MTC und RET-Punktmutationen, die zuvor Cabozantinib und/oder Vandetanib erhalten hatten. Eine zweite Gruppe umfasste 19 erwachsene Patienten mit differenzierten Schilddrüsenkarzinomen und RET-Genfusionen, die nach einer Radiojod-Therapie mit einer weiteren systemischen Therapie (ohne radioaktives Jod) behandelt worden waren, insbesondere mit
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Sorafenib und/oder Lenvatinib. Einschlusskriterien waren u.a. der molekularbiologische Nachweis einer RET-Punktmutation oder Genfusion, ein ECOG-Status von 0 – 2 sowie eine adäquate Organfunktion und ein QT-Intervall von höchstens 470 Millisekunden. Bei 98,2 % der Patienten mit Punktmutationen und allen Patienten mit einer Genfusion von RET lag bereits © VERLAG PERFUSION GMBH
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NEUE UND BEWÄHRTE ARZNEIMITTEL
bei Studieneinschluss eine metastasierte Erkrankung vor [4]. Primärer Endpunkt der Studie war die objektive Ansprechrate (komplette und partielle Remissionen), die von einem unabhängigen Radiologen-Komitee nach den RECIST-Kriterien (Response Evaluation Criteria in Solid Tumors 1.1.) bestimmt wurde. Sekundäre Endpunkte umfassten das progressionsfreie Überleben (PFS), die Dauer des Ansprechens und die Sicherheit. Nachdem Selpercatinib in der Dosisfindungsphase der Studie in Dosierungen von 1 × täglich 20 mg bis 2 × täglich 240 mg verabreicht wurde, erhielten alle Patienten in Phase II der Studie 2 × täglich 160 mg des Wirkstoffs* [4]. Bei den zunächst eingeschlossenen 55 vorbehandelten MTC-Patienten wurde eine objektive Ansprechrate (ORR) von 69,1 % (95%-KI: 55,2 – 80,9) erreicht, die sich aus 10,9 % Komplettremission (CR) und 58,2 % partiellen Remissionen (PR) zusammensetzte [4, 6]. Das Ansprechen war unabhängig von der Art der RET-Punktmutationen. Die mediane Ansprechdauer wurde nach einem medianen Followup von 17,45 Monaten noch nicht erreicht. Nach einem Jahr hielten die Remissionen bei 86 % der Patienten an, wobei 82 % progressionsfrei waren [4]. Histologie und RET-Fusionstyp ohne Einfluss auf die Wirksamkeit
Bei den 19 vorbehandelten Patienten mit RET-Fusions-positivem Schilddrüsenkarzinom zeichnete sich Selpercatinib ebenfalls durch * Die empfohlene, gewichtsabhängige Dosis von Retsevmo® beträgt bei Patienten <50 kg Körpergewicht 120 mg zweimal täglich und bei Patienten mit ≥50 kg 160 mg zweimal täglich [6].
eine Ansprechrate von 78,9 % (95%-KI: 54,4 – 93,9) aus, wobei es bei 2 Patienten (10,5 %) zu einer kompletten und bei 13 Teilnehmern (68,4 %) zu einer partiellen Remission kam [4, 6]. Das Ansprechen war unabhängig von der Tumorhistologie (papillär, schlecht differenziert, HürthleZell, anaplastisch) sowie dem jeweiligen RET-Fusionspartner [4]. Die mediane Ansprechdauer betrug 18,4 Monate und das mediane PFS 20,1 Monate, wobei 64 % der Patienten nach einem Jahr progressionsfrei waren [4]. In die abschließende Effektivitätsbeurteilung gingen noch 3 weitere Patienten ein, sodass insgesamt eine Ansprechrate von 77,3 % (2 CR, 15 PR) erreicht wurde, bei einer Ansprechdauer von 18,4 Monaten [6].
derlich. Hierbei sollte das Vorliegen einer RET-Mutation (MTC) oder einer RET-Genfusion (nicht medulläres Schilddrüsenkarzinom) durch einen validierten Test bestätigt werden. Neue Richtlinien der ESMO empfehlen hierfür den frühzeitigen Einsatz von erweiterten Marker-Panelen für das Next-Generation-Sequencing . (NGS) [7] Fabian Sandner, Nürnberg
Gute Verträglichkeit, geringe Abbruchrate
Selpercatinib zeigte bei Patienten mit fortgeschrittenen Schilddrüsenkarzinomen ein recht gut handhabbares Nebenwirkungsprofil [4]. Die häufigsten schwerwiegenden Nebenwirkungen waren Hypertonie (0,9 %) sowie erhöhte Werte der Aspartat- und Alaninaminotransferase (jeweils 1,6 %). 6,0 % der Patienten brachen die Behandlung wegen unerwünschter Ereignisse (unabhängig vom kausalen Zusammenhang) während der Studie dauerhaft ab [6]. RET-Testung als Voraussetzung für die Behandlung mit Selpercatinib
Um eine Behandlung mit Selpercatinib initiieren zu können, ist immer eine molekularbiologische Abklärung des RET-Status erfor-
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Literatur 1 Drilon A et al. Targeting RET-driven cancers: lessons from evolving preclinical and clinical landscapes. Nat Rev Clin Oncol 2018;15:150 2 Elisei R et al. Twenty-five years experience on RET genetic screening in hereditary MTC: an update on the prevalence of germline RET mutations. Genes (Basel) 2019;10. doi:10.3390/genes10090698 3 Prescott JD, Zeiger MA. The RET oncogene in papillary thyroid carcinoma. Cancer 2015;121:2137-2146 4 Wirth LL et al. Efficacy of selpercatinib in RET-altered thyroid cancers. N Engl J Med 2020;383:825-835 5 Takahashi M et al. Roles of the RET proto-oncogene in cancer and development. JMA Journal 2020;3:175-181 6 Fachinformation Retsevmo®; Stand: Februar 2021 7 Mosele F et al. Recommendations for the use of next-generation sequencing (NGS) for patients with metastatic cancers: a report from the ESMO Precision Medicine Working Group 2020; DOI:https://doi. org/10.1016/j.annonc.2020.07.014 8 Stinchcombe TE. Current management of RET rearranged non-small cell lung cancer. Ther Adv Med Oncol 2020;12:1-11 © VERLAG PERFUSION GMBH
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Von 0 auf 75 bei zystischer Fibrose: Wie geht es weiter mit CFTR-Modulatoren? Mit Kaftrio® (Ivacaftor/Tezacaftor/ Elexacaftor) in Kombination mit Ivacaftor steht für Patienten mit zystischer Fibrose (CF), die mindestens eine F508del-Mutation im CFTR-Gen haben, eine hocheffektive Therapie für rund 85 % der Betroffenen ab 12 Jahren in Deutschland zur Verfügung, die direkt den der Krankheit zugrunde liegenden CFTR-Proteindefekt adressiert (Abb. 1). Altersübergreifend kommen nun rund 75 % der CF-Patienten für eine CFTRModulator-Therapie infrage. Dies nahm Vertex zum Anlass, in einem Fachpressegespräch die Bedeutung dieses Meilensteins zu erörtern, wie Dr. Tobias Warger, Director Medical Affairs bei Vertex Pharmaceuticals (Germany) GmbH, zur Einführung in die Veranstaltung erläuterte: „Wir treiben Innovationen für CF-Betroffene zusammen mit der Community und CF-Ärzten weiter voran und möchten, dass auch jüngere Patienten eine Chance auf eine kausale Therapie erhalten.“ Früher Therapiebeginn verbessert die Prognose
In ihrem Vortrag betonte Priv.Doz. Dr. Mirjam Stahl, Berlin, die Bedeutung einer frühen Diagnose mit anschließender Genotypisierung und eines frühen Therapiebeginns für die Prognose der Betroffenen und stellte Therapieoptionen für die Jüngsten vor. „Auch wenn die Schwere der Erkrankung bei früher Diagnose
per Neugeborenenscreening und Therapie der Symptome im Allgemeinen geringer ist als bei einer späteren Diagnose, etwa im Kleinkindalter, ist die Rate der jährlichen Verschlechterung, gemessen an den im Lungen-MRT erkennbaren Veränderungen, in allen Gruppen vergleichbar“, sagte Stahl und ergänzte: „Das heißt, mit einer symptomatischen Therapie schaffen wir es nicht, die Progression zu verlangsamen.“ Um das Fortschreiten der CF zu verlangsamen und die Wahrscheinlichkeit von irreversiblen Organschäden zu reduzieren, sind daher frühzeitig effektive Therapien erforderlich, die über die symptomatische Behandlung hinaus gehen. „Das Potenzial für solche effektiveren Therapien bieten die CFTR-Modulatoren, die aus meiner Sicht eine kausale Therapie darstellen“, erläuterte Stahl und untermauerte dies mit Studienergebnissen, die signifikante Effekte einer frühen CFTR-modulierenden Therapie auf Lungenfunktion, Schweißchlorid, Pankreaselastase und Gedeihen zeigten. Überzeugende Behandlungserfolge bei erwachsenen CF-Patienten
Priv.-Doz. Dr. Carsten Schwarz, Potsdam, berichtete von seinen Erfahrungen mit der Tripel-Kombination im Behandlungsalltag erwachsener Patienten. „Mittlerweile ist schon eine erhebliche Anzahl meiner Patienten auf Kaftrio eingestellt“, sagte der CF-Spezialist. „Bei vielen erwachsenen Patienten kommt es zu objektiven Verbesserungen der Lungenfunktion, in Einzelfällen hat sie sich fast verdoppelt, was sich sowohl beim ppFEV1-Wert als auch beim Gesamtvolumen zeigt.“ Auch subjek-
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tiv fühlen sich die Patienten besser und belastbarer und berichten von einer gesteigerten Lebensqualität im Alltag: „Ich huste nicht, muss keine Pause mehr machen, kann wieder riechen und muss nicht mehr so viel inhalieren“ sind typische Rückmeldungen, die er immer wieder bekommt. „Der Effekt der neuen Therapie macht sich auch in der Klinik bemerkbar“, resümierte Schwarz: „Wir sehen, dass die Patienten deutlich weniger ins Krankenhaus kommen, die Zahl der stationären Patienten hat sich deutlich verringert. Das liegt daran, dass die Exazerbationen zurückgegangen sind, dass sich bei vielen die FEV1-Werte deutlich verbessert haben und eine deutliche Gewichtszunahme und Verbesserung der Lebensqualität sowie eine deutliche Abnahme des Schweißchloridgehalts zu verzeichnen sind.“ Die Nebenwirkungen der Therapie sind im Allgemeinen gut beherrschbar. Zu den meist leichten bis mittelschweren unerwünschten Wirkungen zählen vor allem Symptome wie bei einer infektiösen pulmonalen Exazerbation, vermehrtes Sputum, Kopfschmerzen, Husten, Diarrhö, Atemwegsinfekte, Nasopharyngitis, oropharyngeale Schmerzen, Hämoptyse und Müdigkeit. Ein Blick in die Zukunft
Laut Schwarz verbessert sich die Perspektive für CF-Betroffene durch die zielgerichtete Therapie mit CFTR-Modulatoren erheblich, sodass neben einer verbesserten Lebensqualität auch mit einer steigenden Lebenserwartung zu rechnen ist. Neue Herausforderungen ergeben sich unter anderem für die medizinische Versorgung © VERLAG PERFUSION GMBH
(Ivacaftor) bei zystischer Fibrose (CF) Ivacaftor/Tezacaftor/Elexacaftor in Kombination mit Ivacaftor ist eine neue Therapieoption KONGRESSE für Personen mit zystischer Fibrose (CF, Mukoviszidose) ab 12 Jahren mit mindestens einer F508del-Mutation im Cystic Fibrosis Transmembrane (CFTR)-Gen. Damit kommen nun rund 75 % der CF-Betroffenen in Deutschland für die Behandlung mit einem CFTR-Modulator infrage.1, 2, 8
Wirkmechanismus
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Funktionale CFTR-Proteine CFTR-Kanäle befinden sich auf der Zelloberfläche in der Lunge, dem Verdauungssystem, den Schweißdrüsen und anderen Organen. Es handelt sich dabei um Kanäle, die das Ein- und Ausströmen von Chlorid-Ionen – einem Bestandteil von Salz – regulieren.
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Zelloberfläche
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Elexacaftor und Tezacaftor (CFTR-Korrektoren) binden an verschiedenen Stellen der F508del-CFTR-Proteine. Die beiden Wirkstoffe sorgen gemeinsam dafür, dass mehr Proteine die Zelloberfläche erreichen. Gemeinsam tragen diese drei Wirkstoffe dazu CIbei, die Funktion der F508del-CFTR-Proteine zu verbessern. -
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Legende CI-
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Ivacaftor (CFTR-Potentiator) erhöht die CFTRKanalöffnungswahrscheinlichkeit auf der Zelloberfläche, was das Ausströmen von Chlorid-Ionen erleichtert.
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Ivacaftor/Tezacaftor/Elexacaftor in Kombination mit Ivacaftor zielt auf die durch die F508del-Mutation verursachten CFTR-Proteindefekte:
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Defekte oder fehlende CFTR-Proteine Mutationen des CFTR-Gens führen dazu, dass die CFTRProteine die Zelloberfläche nicht erreichen können und/ oder nicht richtig funktionieren. Dadurch kommt es zu einem verminderten Ausströmen von Chlorid-Ionen und Wasser aus den Zellen. Durch die gestörte oder fehlende CFTR-Funktion werden z. B. Sekrete lebenswichtiger Drüsen wie der Bauchspeicheldrüse oder auch der Schleim in der Lunge dickflüssig und zäh und beeinträchtigen so die Funktion verschiedener Organe. In den Atemwegen kann der zähe Schleim chronische Lungeninfektionen und eine fortschreitende Schädigung der Lunge verursachen. CI-
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Ivacaftor-Effekt
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= CFTR-Protein = zäher Schleim
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Abbildung 1: Ursache der zystischen Fibrose ist ein infolge von Genmutationen defektes oder fehlendes Cystic Fibrosis Transmembrane Conductance Regulator (CFTR)-Protein. Die in Kaftrio® enthaltenen Wirkstoffe sorgen dafür, dass mehr funktionsfähiges CFTR-Protein an den Zelloberflächen vorhanden ist, was den Salz-Wasser-Haushalt in den betroffenen Organen verbessert und die Körpersekrete verflüssigt.
von erwachsenen Patienten. Wie Warger ausführte, arbeitet Vertex 10 daher weiter daran, noch bessere CFTR-Modulatoren oder alternative Therapieansätze für Betroffene mit CF zu entwickeln, die bisher noch nicht von einer Behandlung
profitieren können, welche die zugrunde liegende Krankheitsursache adressiert. So gibt es Patienten, die auf beiden Allelen einen CFTR-Genotyp aufweisen, der auf eine CFTR-Modulation überhaupt nicht anspricht. Alternativen wä-
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= Chlorid-Ion
CFTR = Cystic Fibrosis Transmembrane Conductance Regulator
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ren in diesen Fällen laut Warger neue Forschungsansätze wie die mRNA-Technologie und die Gen editierung, die Vertex bereits seit Jahren verfolgt. Elisabeth Wilhelmi, München © VERLAG PERFUSION GMBH
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„Zentral für das, was im Leben zählt“: Nusinersen bei 5q-assoziierter spinaler Muskelatrophie Der Erkrankungsverlauf einer 5qassoziierten spinalen Muskelatrophie (5q-SMA) kann durch die Behandlung mit dem AntisenseOligonukleotid (ASO) Nusinersen (Spinraza®) positiv beeinflusst werden. Wie bedeutsam der Einsatz von Nusinersen für Menschen mit 5q-SMA sein kann, zeigen die inzwischen umfangreichen Erfahrungen aus der klinischen Praxis. Neben medizinischen Wirksamkeitsparametern (wie beispielsweise die 6-Minuten-Gehstrecke) kann auch die subjektive Wahrnehmung der Therapieerfolge durch den Patienten von großer Bedeutung sein. Über ihre Erfahrungen zum Einsatz von Nusinersen bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen sowie Aspekte der zielgerichteten Wirkung berichteten der Neuropädiater Professor Andreas Hahn, Gießen, und der Neurologe Professor Thomas Meyer, Berlin, bei einem Online-Pressegespräch von Biogen. G-BA bestätigte „erheblichen Zusatznutzen“
Nusinersen ist seit Mai 2017 zur Therapie der 5q-SMA zugelassen und konnte bereits im Rahmen von klinischen Studien, Härtefallprogrammen und in der klinischen Praxis bei über 11.000 Patienten weltweit angewendet werden. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat im Mai in seiner Zweitbewertung von Nusinersen zur Behandlung der 5q-SMA den Zusatznutzen für Patienten verschiedener Teilpopulationen bestätigt, diesmal
mit einem „erheblichen Zusatznutzen“ ergänzend auch für präsymptomatische Patienten mit 2 SMN2-Genkopien. Das Wirkprinzip bildet eine wichtige Grundlage für die Wirksamkeit und Sicherheit des Arzneimittels. Nusinersen wird intrathekal direkt in das Zentralnervensystem appliziert und kann dort seine Wirkung zielgerichtet entfalten. Aktuelle Daten und Erfahrungen untermauern den hohen Stellenwert der Behandlung für alle Altersgruppen – Säuglinge, Kleinkinder, Jugendliche und Erwachsene. Erwartungen an eine Nusinersen-Therapie mittels Score bestimmen
„Bei der Behandlung erwachsener 5q-SMA-Patienten sind die Erwartungen an eine NusinersenTherapie ein wichtiger Punkt im Behandlungsmanagement“, betonte Meyer. An der Charité arbeitet er mit dem MYMOP2(Measure Your Medical Outcome Profile)-Score, mit dessen Hilfe die Erwartungen und Therapieziele einer SMA-Behandlung bestimmt werden können. Eine deutschlandweite Beobachtungsstudie mit 151 5q-SMAPatienten an 9 neuromuskulären Zentren zeigt, dass die von den Patienten für den subjektiven Therapieerfolg priorisierten Symptome nicht immer mit ihren größten motorischen Defiziten übereinstimmen. Außerdem konnten vor allem Verbesserungen in der Kopfkontrolle, der Armfunktion sowie der bulbären Funktion festgestellt werden. Insgesamt hat sich bei einer medianen Behandlungsdauer von 6,1 Monaten der Schweregrad der Symptome um durchschnittlich 10 % verringert.
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Hohe Zufriedenheit bei erwachsenen 5q-SMA-Patienten
Darüber hinaus liefert der 9 Fragen umfassende TSQM-9 (Treatment Satisfaction Questionnaire for Medication) einen Hinweis auf die Zufriedenheit der Patienten mit ihrer Nusinersen-Therapie. Der Fragebogen umfasst die 3 Domänen „Effektivität“, „Anwenderfreundlichkeit“ und „Gesamtzufriedenheit“. Bei der oben beschriebenen Kohorte war ein Großteil der befragten Patienten (89 %) zufrieden mit der Symptomlinderung unter der Nusinersen-Therapie. Auch wenn die Anwendung von fast 2 Drittel der Patienten als schwierig angesehen wird, überwiegen für 93 % der Studienteilnehmer die Vorteile des Arzneimittels. Dies zeigt sich auch in der Weiterempfehlungsrate: Der NPS (Net Promoter Score) steigt mit zunehmender Behandlungsdauer an und erreicht einen Wert bis +65, wobei ein Wert oberhalb von 50 als „exzellent“ angesehen wird. Bulbäre Funktion bei Kindern aufrechterhalten
Umfangreiche Registerdaten aus den Niederlanden zeigen, dass bulbäre Funktionsstörungen bei allen SMA-Typen vorkommen können. Zu den häufigsten Beschwerden zählen Würgen (56 %) und Ermüdung beim Kauen (44 %). Im Rahmen der NURTURE-Studie zum Einsatz von Nusinersen bei präsymptomatischen Kindern mit einer 5q-SMA wurde auch die Schluckfunktion über den PASA(Parental Assessment of Swallowing Ability)-Fragebogen bewertet. Fast alle in NURTURE untersuchten Studienteilnehmer (23/25) im Alter von median 3,8 © VERLAG PERFUSION GMBH
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Spinale Muskelatrophie Die spinale Muskelatrophie (SMA) ist eine seltene genetische Erkrankung. SMA ist gekennzeichnet durch den Untergang von Motoneuronen im Rückenmark und im unteren Hirnstamm. Folge ist eine schwere, fortschreitende Schwäche und Atrophie der abhängigen Muskulatur. Bei der schwersten SMA-Form kommt es zu Lähmungen und Ausfällen der Muskelgruppen, die an grundlegenden Lebensfunktionen wie dem Atmen oder dem Schlucken beteiligt sind. Bei SMA wird aufgrund eines Verlusts oder Defekts des Gens SMN1 nicht ausreichend SMN-Protein (SMN: Survival of Motor Neuron) gebildet. Dieses Protein ist für das Überleben von Motoneuronen von zentraler Bedeutung. Der Schweregrad der SMA korreliert mit der verbleibenden Menge an SMN-Protein, die gebildet wird. Patienten mit infantiler SMA, die den höchsten Bedarf an intensivmedizinischen und unterstützenden Behandlungen haben, bilden sehr wenig SMN-Protein. Sie erlangen nie die Fähigkeit, ohne Hilfe zu sitzen, und erreichen nur mit maschineller Beatmung ein Alter von mehr als 2 Jahren. Patienten mit späterem SMA-Krankheitsbeginn bilden größere Mengen des SMN-Proteins. Bei ihnen ist die Erkrankung weniger stark ausgeprägt; sie verlieren aber die im Laufe ihres Lebens schon erworbenen motorischen Meilensteine wieder, was tiefgreifende Auswirkungen auf ihr Leben hat. Eine Heilung einer SMA-Erkrankung ist bislang nicht möglich. Die Therapie umfasst langfristige, symptomorientierte, patientenindividuelle Behandlungsmaßnahmen. Nusinersen ist die erste krankheitsmodifizierende Behandlung bei SMA, mit der die motorischen Funktionen und das Überleben von Patienten verbessert werden können. Motorische Meilensteine, die einige Säuglinge unter Nusinersen erreichten, waren unter anderem die vollständige Kopfkontrolle, das Drehen in die Rücken- bzw. Bauchlage, das Sitzen und das Stehen.
Jahren konnten weiterhin schlucken und 84 % benötigten keine Ernährungssonde. Die präsymptomatische Behandlung mit Nusinersen könnte somit auch länger die bulbäre Funktion bei Kleinkindern aufrechterhalten. Früher Therapiebeginn ist von großer Bedeutung
Für den bestmöglichen Therapieerfolg sollte eine NusinersenBehandlung insbesondere bei Säuglingen und Kleinkindern so
früh wie möglich begonnen werden, wie die aktuellen Daten der NURTURE-Studie untermauern. Alle 25 Studienteilnehmer konnten zum Zeitpunkt der Auswertung nach median 3,8 Jahren frei sitzen und waren ohne permanente Beatmung, 88 % konnten sogar frei gehen. „Diese Daten unterstreichen die Relevanz einer frühzeitigen, kausalen Therapie mit Nusinersen“, bestätigte Hahn. Voraussetzung für einen frühen Therapiebeginn ist die frühestmögliche Diagnose einer SMA.
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Im April 2021 ist ein G-BA-Beschluss in Kraft getreten, der die Aufnahme der SMA-Diagnostik in das Neugeborenen-Screening vorschreibt. Bei gesicherter Diagnose einer 5q-SMA mit 1 – 3 SMN2Kopien sollte eine medikamentöse Behandlung erfolgen. Auch bei Patienten mit 4 SMN2-Kopien wird von Experten eine Behandlung empfohlen, da auch hier schwerere SMA-Formen auftreten können. Die Nusinersen-Behandlung kann nach gesicherter Diagnose unmittelbar begonnen werden. Trockenblut-Gentest gibt Gewissheit
Bei Verdacht auf eine SMA kann ein einfacher Trockenblut-Gentest zweifelsfrei Aufschluss geben. Niedergelassene Ärzte können bei der Archimed Life Science GmbH per Telefon (0800 4430420) oder auf der Website (www.sma-diagnostics.de) für alle Altersgruppen einen kostenfreien Test anfordern. Das Ergebnis liegt in der Regel innerhalb einer Woche vor. Überweisung an ein SMA-Behandlungszentrum
Nach einer gesicherten SMA-Diagnose sollte aufgrund der Komplexität der Erkrankung die Überweisung an ein spezialisiertes Zentrum erfolgen, an dem eine interdisziplinäre Betreuung gewährleistet werden kann. Die Deutsche Gesellschaft für Muskelkranke e. V. (DGM) stellt unter http://bit.ly/SMA-DGM eine aktuelle Liste der SMA-Behandlungszentren zur Verfügung. Elisabeth Wilhelmi, München
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TITAN: Kaum Beeinträchtigungen durch NW PRO; explorativer Endpunkt
Aktuelle Analysen der TITAN-Studie bestärken den Stellenwert von Apalutamid/ADT in der Therapie des mHSPC
DGPPN-Presseworkshop 2018
Aktuelle Daten und Stand der Versorgun von Patienten mit unipolarer Depression
Die finale Analyse der Phase-IIIStudie TITAN bestätigt neben einer guten Wirksamkeit von Apalutamid (Erleada®) in der Therapie des metastasierten hormonsensitiven Prostatakarzinoms (mHSPC) auch ein gutes Abschneiden Auswertung bei über mehr als 30 Therapiezyklen à 28 Tagen (ca. 2,5 Jahre), Frage GP5 des FACT-P. ADT, Androgendeprivationstherapie; NW, Nebenwirkungen; PRO, Pa Endpunkte. Mod. Agarwal N et al. J Clin Oncol 39, 2021 (suppl 15; abstr 5068) & Poster. Patienten-berichteten EndpunkAbbildung 1: In der TITAN-Studie traten unter der Therapie mit Apalutamid (Erleada®)/ADT ten. Wie die auf der Jahrestagung über einen Zeitraum von etwa 2,5 Jahren kaum Patienten-berichtete Beeinträchtigungen durch der American Society of Clinical Nebenwirkungen auf (mod. nach Agarwal N et al. J Clin Oncol 39;2021 (Suppl 15): Abstract 5068 & Poster). Oncology (ASCO) und der European Association of Urology Überlegenheit bei Schmerz(EAU) 2021 vorgestellte Ausden Studienarmen, was darauf hinwertung ergab, kam es unter dem weist, dass Apalutamid/ADT das Endpunkten Androgenrezeptorinhibitor, der in Auftreten bzw. die VerschlechteKombination mit einer Androgen- In einer detaillierteren explorati- rung der Fatigue nicht förderte. deprivationstherapie (ADT) ein- ven Post-hoc-Analyse nach etwa genommen wird, über einen Zeit- 2 Jahren wurde der Einfluss der Signifikante Senkung der Symraum von etwa 2,5 Jahren kaum Prostatakrebs-bezogenen zu Beeinträchtigungen durch ptome Schmerz und Fatigue auf Mortalität Nebenwirkungen: Mehr als 86 % die gesundheitsbezogene Lebensder Patienten unter Apalutamid/ qualität untersucht. Diese beiden Gemäß der finalen Analyse des ADT gaben in der Frage GP5 explorativen Endpunkte wurden Gesamtüberlebens (OS) der TIdes FACT-P-Fragebogens (The in der TITAN-Studie mithilfe der TAN-Studie, die 2021 publiziert Functional Assessment of Cancer Fragenbogen BPI-SF (Brief Pain wurde, sank die Sterblichkeit unter Therapy – Prostate) an, sich über- Inventory-Short Form) und BFI der Therapie mit Apalutamid/ADT haupt nicht oder nur wenig durch (Brief Fatigue Inventory) erfasst. nach einem medianen Follow-up Nebenwirkungen beeinträchtigt Bei der medianen Zeit bis zum von knapp 4 Jahren im Vergleich zu fühlen (exploratorischer End- Progress des Schmerzes ergaben zu Placebo/ADT signifikant um punkt). In der Kontrollgruppe, die sich für mehrere BPI-Subscores 35 % (medianes OS nicht erreicht Auswertung über mehr als 30 Therapiezyklen à 28 Tagen (ca. 2,5 Jahre). ADT, Androgendeprivationstherapie; FACT-P, Functional Assessment of Cancer Therapy[NR] vs. 52,2 Monate; HR: 0,65; Hinweise aufEndpunkte. eine Mod. Überlegenheit Placebo/ADT erhielt, war der AnProstate; PRO, Patienten-berichtete Chi KN et al. J Clin Oncol 2021; doi: 10.1200/JCO.20.03488. teil mit mehr als 85 % der Patien- von Verum gegenüber Placebo p < 0,0001). Nach Korrektur für (Tab. 1), was dafür spricht, dass das Cross-over von Placebo/ADT ten vergleichbar (Abb. 1). Auch die gesundheitsbezogene Le- Apalutamid/ADT hier eine Ver- auf Apalutamid/ADT, das nach bensqualität blieb unter Apalutamid schlechterung hinauszögerte. Au- der Entblindung der Studie erlaubt über die gesamte Zeit stabil und auf ßerdem zeigte sich unter Apalut- war, reduzierte Apalutamid/ADT einem vergleichbaren Niveau wie amid/ADT eine signifikant höhere im Vergleich zu Placebo/ADT die Wahrscheinlichkeit unter Placebo (je plus ADT). Dies30. November Freitag, 2018, für eine Ver- Sterblichkeit um 48 % (HR: 0,52; besserung des galt für den FACT-P-Gesamtscore 14.00 Uhr bis 16.00 Uhr stärksten Schmerzes p < 0,0001) Die OS-Verlängerung Janssen-Gilag GmbH zeigte sich bei nahezu allen präspe0,71; p = 0,02). ebenso wie für relevante Subscores Select Hotel(RR: Spiegelturm, Tower Studio und Indices des FACT-P sowie den In Bezug auf die mediane Zeit bis zifizierten Subgruppen, sie war Freiheit 5, 13597 Berlin FACT-G-Gesamtscore (exploratori- zum Progress der Fatigue ergab beispielsweise unabhängig vom sich in verschiedenen BFI-Sub erkrankungsbedingten Risiko oder sche Endpunkte). scores kein Unterschied zwischen der Metastasenlast der Patienten.
Programm TITAN: Erhalt der gesundheitsbezogenen QoL Referenten PRO; explorativer Endpunkt Infografik Zulassungsstudien Factsheet Zulassungstudien Factsheet Versorgungssituation
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KONGRESSE
Apalutamid + ADT (n=525; Monate)
Placebo + ADT (n=527; Monate)
p-Wert
…geringsten Schmerzes in den letzten 24 Stunden
28,7
21,8
0,0146
…Einflusses des Schmerzes auf die Stimmung
NE
22,4
0,0017
…Einflusses des Schmerzes auf die Gehfähigkeit
28,7
20,2
0,0027
Mediane Zeit bis zur Verschlechterung des …
…Einflusses des Schmerzes auf Beziehungen
NE
23,0
0,0139
…Einflusses des Schmerzes auf den Schlaf
28,7
20,9
0,0167
Tabelle 1: Die Auswertung des BPI-SF (Brief Pain Inventory-Short Form) über 19–22 Monate zeigte, dass die Therapie mit Apalutamid (Erleada®)/ADT die medianen Zeit bis zum Progress des Schmerzes verlängerte (mod. nach Agarwal N et al. J Urol 2021. doi: 10.1097/ JU.0000000000001841).
TITAN (Update 2021): Post-hoc-Analyse Sign. Vorteile bei OS/rPFS unabhängig von Metastasenlast
OS: Subgruppe hohe Metastasenlast (HV; FA)*
OS: Subgruppe geringe Metastasenlast (LV; FA)*
DGPPN-Presseworkshop 2018 Aktuelle Daten und Stand der Versorgung von Patienten mit unipolarer Depression Abbildung 2: Die Post-hoc-Analyse zeigt, dass der Überlebensvorteil durch dieSubgruppen Therapie mit Apalutamid/ADT Signifikante rPFS-Verlängerung in beiden (IA) unabhängig von der Metastasenlast war (mod. nach Chowdhury S et al. EAU 2021, Abstr. P0845 & Oral Presentation). * Definition Metastasenlast gemäß mod. CHAARTED- HV: HV:hohe HRMetastasenlast, 0,52 [95%LV: KIniedrige 0,40−0,66]; p<0,0001 Kriterien; Metastasenlast, FA: finale Analyse.
- LV: HR 0,36 [95% KI 0,22−0,57]; p<0,0001
*Definition Metastasenlast gemäß mod. CHAARTED-Kriterien (HV: 1. Vorliegen von Viszeralmetastasen und ≥1 Knochenmetastase(n) oder 2. ≥4 Knochenmetastasen, davon ≥1 außerhalb von Achsskelett oder Becken (63%); LV: 1 Knochenmetastase(n), kein Zutreffen der HW-Kriterien (37%). ADT, Androgendeprivationstherapie; HR, Hazard Ratio; KI, Konfidenzintervall; OS, Gesamtüberleben; rPFS, radiologisch progressionsfreies Überleben; IA, Interimsanalyse (Auswertung nach median 22,7 Monaten); FA, finale Analyse (Auswertung nach median 44 Monaten). Mod. Chowdhury S et al. EAU 2021, Abstr. P0845 & Oral Presentation.
Überlebensvorteil unabhängig von der Metastasenlast
Der positive Behandlungseffekt von Apalutamid/ADT vs. Placebo/ ADT beim OS in den vordefinierten Subgruppen mit hoher bzw. niedriger Metastasenlast wurde durch eine beim Jahreskongress des European Association of Urology 2021 vorgestellten Subgruppenanalyse ergänzt. Hier erfolgte eine Auswertung der Daten der finalen Analyse von Patienten mit hoher (HV) bzw. niedriger (LV) Metastasenlast zu Studienbeginn. Gemäß den CHAARTEDKriterien hatten HV-Patienten entweder Viszeralmetastasen und ≥1 Knochenmetastase(n) oder
≥4 Knochenmetastasen, von denen ≥1 außerhalb des Achsskeletts oder des Beckens lokalisiert waren. Die übrigen Studienteilnehmer hatten gemäß Einschlusskriterien der TITAN-Studie ≥1 Knochenmetastase(n), entsprachen also nicht der HV-Definition und bildeten die LV-Gruppe. Die Post-hoc-Analyse zeigt, dass Apalutamid/ADT in beiden Patienten-Subgruppen gegenüber Placebo/ADT eine signifikante Überlegenheit bei den dual-primären Endpunkten Gesamtüberleben (HV: p=0,002; LV: p=0,002) und radiologisch progressionsfreies Überleben (HV/LV: je p<0,0001) erzielen konnte (Abb. 2). Zugleich war das Sicherheitsprofil in beiden
Programm Referenten Infografik Zulassungsstudien Factsheet Zulassungstudien Factsheet Versorgungssituation
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Gruppen vergleichbar und stimmte mit dem der Gesamtgruppe überein. Die positiven Studiendaten lassen sich wie folgt zusammenfassen: Mit Apalutamid steht ein oraler, antihormoneller Wirkstoff für die mHSPC-Therapie zur Verfügung, der in der Zulassungsstudie TITAN bei einem breiten Spektrum von Patienten über einen Zeitraum von nahezu 4 Jahren im Vergleich zu Placebo (jeweils plus ADT) eine gute Wirksamkeit und Verträglichkeit zeigte und die Lebensqualität der Behandelten über rund 2,5 Jahre nicht beeinträchtigte. Fabian Sandner, Nürnberg
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Tucatinib zur Behandlung des lokal fortgeschrittenen oder metastasierten HER2positiven Mammakarzinoms zugelassen Mit Tucatinib (Tukysa®) plus Trastuzumab und Capecitabin steht in der EU seit dem 15. März 2021 die erste Kombinationstherapie mit einem HER2-Tyrosinkinase-Inhibitor zur Verfügung, die bei Patienten mit metastasiertem HER2-positivem Brustkrebs mit Erkrankungsprogression nach zwei StandardAnti-HER2-Behandlungsschemata das Gesamtüberleben und das progressionsfreie Überleben im Vergleich zu einer Behandlung mit Trastuzumab und Capecitabin allein verbessert. Dies gilt, wie die Ergebnisse der Zulassungsstudie HER2CLIMB außerdem zeigen, auch für Patienten mit aktiven, unbehandelten oder fortgeschrittenen Hirnmetastasen – einer Population mit erheblichem ungedecktem therapeutischem Bedarf. Risiko für Erkrankungsprogression oder Mortalität um 46 % verringert
An der doppelblinden, placebokontrollierten HER2CLIMB-Studie nahmen 612 Patienten mit HER2positivem, lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem Brustkrebs teil, die zuvor mit Trastuzumab und Pertuzumab (als Mono- oder Kombinationstherapie) und mit Trastuzumab-Emtansin (T-DM1) behandelt worden waren. Sie erhielten 2 : 1 randomisiert entweder Tucatinib in Kombination mit Trastuzumab und Capecitabin oder nur Trastuzumab und Capecitabin.
Bei den mit der Kombination aus Tucatinib, Trastuzumab und Capecitabin behandelten Patienten zeigte sich ein 46 % verringertes Risiko für Erkrankungsprogression oder Mortalität (progressionsfreies Überleben: 7,8 versus 5,6 Monate, HR: 0,54, 95%-KI: 0,42 – 0,71; p < 0,00001). Außerdem wiesen die Patienten im Tucatinib-Arm einen signifikanten Gesamtüberlebensvorteil (21,9 versus 17,4 Monate) auf mit einer Reduktion des Mortalitätsrisikos um 34 % gegenüber dem Kontrollarm (HR: 0,66, 95%-KI: 0,50 – 0,87; p = 0,0048). Eine explorative Subgruppenanalyse bei Patienten mit Hirnmetastasen (n = 291) ergab, dass die Zugabe von Tucatinib auch das intrakranielle progressionsfreie Überleben verbesserte (9,9 versus 4,2 Monate, HR: 0,48, 95%-KI: 0,34 – 0,69; p < 0,00001). Das Gesamtüberleben in dieser Subgruppe erhöhte sich ebenfalls (18,1 versus 12 Monate, HR: 0,58, 95%-KI: 0,40 – 0,85; p = 0,005). Zu den häufigsten unerwünschten Ereignissen, die bei mindestens 20 % der mit Tucatinib behandelten Patienten auftraten, zählten Diarrhö, Übelkeit, Erbrechen, Stomatitis, erhöhte AST- und ALT-Werte sowie Hautausschlag. B. S.
Test-to-treat.de – die neue Website zur Biomarker-Diagnostik Seit dem 6. Juli 2021 ist die neue Wissensplattform von AstraZeneca und MSD Merck Sharp & Dohme online. Auf www.test-to-treat.de (Zugang über DocCheck-Login) haben Fachärzte aus dem Bereich Onkologie die Möglichkeit, sich über die Voraussetzungen und Ab-
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läufe der BRCA1/2- bzw. HRDDiagnostik und die zielgerichteten Therapieoptionen zu informieren. Die Online-Plattform gibt einen Überblick über die Definition, Prävalenz sowie Konsequenz der Biomarker in der jeweiligen Indikation und stellt unterstützende Materialien für den Praxisalltag zum Download bereit. Darüber hinaus bietet Test-to-treat den behandelnden Ärzten mit interaktiven Testleitfäden einen besonderen Service: Anhand von Fragestellungen führen die interaktiven Leitfäden Schritt für Schritt durch den Ablauf der Testung und erläutern das konkrete Vorgehen beim Ovarial-, Mamma-, Pankreas- oder Prostatakarzinom. BRCA1/2 bzw. HRD: Angriffspunkt für zielgerichteten Therapieansatz
Bei der Tumorentstehung spielen unter anderem Defekte in DNAReparaturmechanismen wie die homologe Rekombinations-Defizienz (HRD) eine entscheidende Rolle. Sie werden z.B. durch Mutationen der Gene BRCA1 und BRCA2 ausgelöst. Diese Gene sind entscheidend an der Reparatur von DNA-Doppelstrangbrüchen (DNA-DSB) beteiligt und damit essenziell für die Stabilität des Zellgenoms. BRCA1/2-Mutationen erhöhen die Wahrscheinlichkeit für eine HRD und wirken als Tumortreiber, was insbesondere bei Patienten mit einem Ovarial-, Mamma-, Pankreas- oder Prostatakarzinom nachgewiesen wurde. Gleichzeitig bietet die HRD aber auch einen Angriffspunkt für den gezielten Wirkmechanismus der PARP-Inhibition. PARP-Inhibito ren wie z.B. Olaparib (Lynparza®) sind Hemmstoffe des Enzyms Poly-ADP-Ribose-Polymerase und verhindern, dass Krebszellen © VERLAG PERFUSION GMBH
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durch Zytostatika induzierte DNAEinzelstrangbrüche reparieren können. Diese Einzelstrangbrüche werden durch das Versagen
der Replikationsgabel zu Doppelstrangbrüchen. Bei Krebszellen, denen wesentliche funktionelle Komponenten für eine effiziente
HRR fehlen, z. B. BRCA1- oder 2, können DNA-DSBs nicht exakt oder wirksam repariert werden, was zu einer hochgradigen genomischen Instabilität und schließlich zum selektiven Absterben der Krebszellen führt. Da PARP-Inhibitoren bei Tumor entitäten mit HRR-Defekten den Verlauf der Erkrankung positiv beeinflussen können, ist die frühzeitige BRCA1/2- bzw. HRD-Diagnostik für die Therapieplanung mit einem PARP-Inhibitor – bei Erfüllung der Zulassungskriterien – von zentraler Bedeutung. B. S.
Titelbild: Die Zitronenmelisse (Melissa officinalis) zeichnet sich durch einen hohen Gehalt an ätherischem Öl aus, dem beruhigende, entspannende, antivirale und antimikrobielle Wirkungen zugeschrieben werden. Der alkoholische Extrakt aus den Blättern der Melisse bildet den namengebenden Anteil von Klosterfrau Melissengeist, der insgesamt 13 Heilkräuter enthält. Herausgeber: Prof. Dr. med. Karl-Ludwig Resch, Deutsches Institut für Gesundheitsforschung gGmbH, Ossecker Str. 172, 95030 Hof Univ.-Prof. Dr. med. Hermann Eichstädt, Leiter Bereich Kardiologie RZP Potsdam und Geschäftsführer BBGK e.V. Berlin Konstanzer Straße 61 10707 Berlin Wissenschaftlicher Beirat: Prof. Dr. M. Alexander, Infektiologie, Berlin Prof. Dr. L. Beck, Gynäkologie, Düsseldorf Prof. Dr. Berndt, Innere Medizin, Berlin Prof. Dr. H.-K. Breddin, Innere Medizin, Frankfurt/Main Prof. Dr. K. M. Einhäupl, Neurologie, Berlin Prof. Dr. E. Erdmann, Kardiologie, Köln Prof. Dr. Dr. med. E. Ernst, University of Exeter, UK Prof. Dr. K. Falke, Anästhesiologie, Berlin Prof. Dr. K. Federlin, Innere Medizin, Gießen Prof. Dr. E. Gerlach, Physiologie, München Prof. Dr. H. Helge, Kinderheilkunde, Berlin Prof. Dr. R. Herrmann, Onkologie, Basel Prof. Dr. W. Jonat, Gynäkologie, Hamburg Prof. Dr. H. Kewitz, Klin. Pharmakol. Berlin
Prof. Dr. B. Lemmer, Pharmakologie, Mannheim/Heidelberg Prof. Dr. med. R. Lorenz, Neurochirurgie, Frankfurt Prof Dr. J. Mann, Nephrologie, München Dr. med. Veselin Mitrovic, Kardiologie, Klinische Pharmakologie, Bad Nauheim Prof. Dr. R. Nagel, Urologie, Berlin Prof. Dr. E.-A. Noack, Pharmakologie, Düsseldorf Prof. Dr. P. Ostendorf, Hämatologie, Hamburg Prof. Dr. Th. Philipp, Innere Medizin, Essen Priv.-Doz. Dr. med. B. Richter, Ernährung – Stoffwechsel, Düsseldorf Prof. Dr. H. Rieger, Angiologie, Aachen Prof. Dr. H. Roskamm, Kardiologie, Bad Krozingen Prof. Dr. E. Rüther, Psychiatrie, Göttingen Prof. Dr. med. A. Schrey, Pharmakologie, Düsseldorf Dr. Dr. med. C. Sieger, Gesundheitspolitik u. Gesundheitsökonomie, München Prof. Dr. E. Standl, Innere Medizin, München Prof. Dr. W. T. Ulmer, Pulmologie, Bochum Schriftleitung: Prof. Dr. med. Karl-Ludwig Resch, Deutsches Institut für Gesundheitsforschung gGmbH, Ossecker Str. 172, 95030 Hof E-Mail: info@d-i-g.org E-Mail persönlich: k.l.resch@d-i-g.org
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Fiktive Patientin
Sobald sich die MS verändert
BEI SPMS WERTVOLLE ZEIT GEWINNEN Es gibt eine Therapie mit erwiesener Wirksamkeit gegen Behinderungsprogression bei aktiver SPMS.*, 1, 2
Wirkt gezielt in Peripherie und ZNS 3 – 6
Bewahrt kognitive Fähigkeiten1, 7
Verzögert die Behinderungsprogression1, 7
Überzeugt durch erwiesenes Sicherheitsprofil 1, 2
* Bei der schubförmigen SPMS sind auch alternative Therapien zugelassen. 1. Kappos L et al. Siponimod versus placebo in secondary progressive multiple sclerosis (EXPAND): a double-blind, randomised, phase 3 study. Lancet. 391(10127): 1263 – 1273 (2018). 2. Mayzent® Fachinformation. 3. Gergely P et al. The selective sphingosine 1-phosphate receptor modulator BAF312 redirects lymphocyte distribution and has species-specific effects on heart rate. Br J Pharmacol. 167(5): 1035 – 1047 (2012). 4. Gentile A et al. Siponimod (BAF312) prevents synaptic neurodegeneration in experimental multiple sclerosis. J Neuroinflammation. 3(1): 207 (2016). 5. Miron VE et al. Fingolimod (FTY720) enhances remyelination following demyelination of organotypic cerebellar slices. Am J Pathol. 176(6): 2682 – 2694 (2010). 6. Jackson SJ et al. Fingolimod modulates microglial activation to augment markers of remyelination. J Neuroinflammation. doi: 10.1186/1742-2094-8-76. 7. Benedict RHB Effect of Siponimod on Cognition in Patients with Secondary Progressive Multiple Sclerosis (SPMS): Phase 3 EXPAND Study Subgroup Analysis. Poster P2-051, präsentiert auf dem 71. AAN-Jahrestreffen. 4.-10. Mai, Philadelphia, USA (2019). MAYZENT® 0,25 mg / 2 mg Filmtabletten ▼ Dieses Arzneimittel unterliegt einer zusätzlichen Überwachung. Wirkstoff: SiponimodZus.setz.: Arzneil. wirks. Bestandt.: Eine Filmtablette enthält 0,25 mg / 2 mg Siponimod als Siponimodhemifumarat. Sonst. Bestandt.: Tablettenkern: Lactose-Monohydrat, Mikrokristalline Cellulose, Crospovidon, Glyceroldibehenat (Ph.Eur.), Hochdisperses Siliciumdioxid; Filmüberzug: Poly(vinylalkohol), Titandioxid (E171), Eisen(III)-oxid (E172), Talkum, Phospholipide aus Sojabohnen, Xanthangummi, Mayzent 0,25 mg zusätzl.: Eisen(II,III)-oxid (E172); Mayzent 2 mg zusätzl.: Eisen(III)-hydroxid-oxid x H2O (E172). Anwend.: Mayzent wird angew. zur Behandl. von erw. Pat. mit sek. progredienter Multipler Sklerose (SPMS) m. Krankheitsaktivität, nachgew. d. Schübe o. Bildgebung der entzündl. Aktivität. Geg.-anz: Überempfindl. gg. den Wirkstoff, Erdnüsse, Soja o. e. der sonst. Bestandt.. Immundefizienzsyndrom, Anamnestisch bek. Progressive Multifokale Leukenzephalopathie o. Kryptokokkenmeningitis, Aktive maligne Erkrankungen, Schwere Leberfunktionsstörung (Child-Pugh-Klasse C), Pat., die in den letzten 6 Monaten einen Myokardinfarkt (MI), eine instabile Angina pectoris, einen Schlaganfall/eine transitorische ischämische Attacke (TIA), eine dekomp. Herzinsuffizienz (stat. Behandl. erforderl.) o. eine Herzinsuffizienz der NYHA Klasse III/IV hatten. Pat. mit einem anamnestisch bek. AV-Block 2. Grades Mobitz Typ II, einem AV-Block 3. Grades, einer sinusatrialen Blockierung o. Sick-Sinus-Syndrom, wenn sie keinen Herzschrittmacher tragen. Pat., die homozygot für das CYP2C9*3-Allel sind (CYP2C9*3*3-Genotyp; langsame Metabolisierer). Während der Schwangerschaft und bei Frauen im gebärfähigen Alter, die keine zuverlässige Verhütungsmethode anwenden. Nebenw.: Sehr häufig: Kopfschmerzen. Hypertonie. Erhöhte Werte bei Leberfunktionstests. Häufig: Herpes zoster. Melanozytärer Nävus, Basalzellkarzinom. Lymphopenie. Schwindel, Krampfanfälle, Tremor. Makulaödem. Bradykardie, Atrioventrikulärer Block (1. und 2. Grades). Übelkeit, Diarrhö. Schmerzen in den Extremitäten. Peripheres Ödem, Asthenie. Verminderte Werte bei Lungenfunktionstests. Warnhinweise: Bei Überempfindlichkeit gegen Erdnüsse oder Soja darf Siponimod nicht eingenommen werden. Enthält Lactose und Phospholipide aus Sojabohnen. Verschreibungspflichtig. Weit. Hinweise: Siehe Fachinformation. Stand: Januar 2021 (MS 01/21.4). Novartis Pharma GmbH, Roonstr. 25, 90429 Nürnberg. Tel.: (0911) 273-0, Fax: (0911) 273-12 653. www.novartis.de
Novartis Pharma GmbH, Roonstr. 25, 90429 Nürnberg.