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und ihre besondere Beziehung zur Rudolf Steiner-Schule von Roman david-Freihsl
Esist definitiv einer meiner ganz besonderen Lieblingsorte. Ein kleines Geschäft, nicht nur zum Einkaufen – der samstägliche Besuch wird nur ganz selten ausgelassen; dort schaue ich vorbei, auch wenn ich gerade kein neues Buch brauche. Einfach nur schauen, stöbern – und vor allem: plaudern. So angenehm und entspannt ist’s da drinnen, dass ein Besuch in der Buchhandlung Mauer schon fast ein halbes Thermenwochenende ersetzen kann.
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Guido Wetter, der den Buchladen in der Gesslgasse gemeinsam mit seiner Frau Brigitte führt, ist wie immer gerne bereit für ein kleines Plauscherl. Und er lacht, als ich ihm die Frage stelle: was denn das Geheimnis sei, dass sein Laden eine derartige Wohlfühl-Zone sei. Aber dann hat er auch, ohne zu zögern, gleich die Antwort parat: „Weil die Einrichtung nicht wie ein Geschäft, sondern wie ein Wohnzimmer konzipiert ist. Das war von Anfang an unsere Intention.“ Danach kommt allerdings noch eine weitere, eher unerwartete Antwort: „Es liegt sicher auch daran, dass ich mich mit den Menschen, die reinkommen, wohlfühle. Die bringen viel Gemütlichkeit mit, auch Offenheit und Neugierde.“
Dieses sehr persönliche Konzept würde in einer klassischen, innerstädtischen Einkaufsstraße auch nicht so gut funktionieren, weiß Guido. Dort gäbe es viel mehr anonyme Laufkundschaft – hier hingegen korrespondiert das Innere des Buchgeschäftes auch mit seiner Umgebung, dem kleinstrukturierten, dörflichen Charakter von Mauer. Das macht alles gleich viel familiärer. Dass die Eröffnung des Geschäftes vor mehr als zehn Jahren für Guido Wetter auch eine Art nach-Hause-kommen war, hat direkt mit der Rudolf Steiner-Schule zu tun – die er seinerzeit selbst besuchte. Diese Schulzeit hat er als „positiv, lustvoll und musisch in Erinnerung“. Seine Liebe zu Büchern, sein „Lesezustand“ allerdings sei nicht direkt in der Schule geweckt worden – „das waren eher die Eltern“. Nur eine Deutsch-Gastepoche in der Oberstufe hat er noch in bester Erinnerung: „Das war ein älterer Lehrer aus Deutschland, der war wirklich super.“ Sein späteres Verhältnis zur Schule beschreibt Guido als „sehr verbunden – und gleichzeitig weit entfernt“. Das liege vor allem daran, dass seine eigenen Kinder nicht in die Steiner-Schule gingen – im Gegensatz zu seinen vielen Nichten und Neffen. Die neuerliche Annäherung fand dann mit der Etablierung des Buchgeschäftes in direkter räumlicher Nähe statt. „Und natürlich kommen viele Eltern, Lehrerinnen und Lehrer ins Geschäft, das hat sich sehr oft von einer Kund- zu einer Freundschaft entwickelt. Allein dadurch gibt es schon eine viel emotionalere Nähe als zu anderen Schulen in der Umgebung.“ Umgekehrt erlebt Guido die Außenwirkung der Steiner-Schule jetzt auch vollkommen anders als zu seiner Schulzeit. „Als Schüler hatte ich damals oft den Eindruck, dass mir von den Menschen im Umfeld scheele Blicke zugeworfen würden. Das empfinde ich jetzt überhaupt nicht mehr so – die Schule ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen.“
Die Waldorfgemeinschaft sei aus seiner Sicht schon noch „ein eigener Kreis für sich – aber längst nicht mehr so verschworen und abgekapselt wie früher. Das ist jetzt alles viel lebendiger und sympathischer, genauso, wie sich auch in der Waldorfpädagogik selbst ja einiges aufgelockert hat. Zum meiner Zeit war zum Beispiel noch das Fußballspielen absolut verpönt – wir haben’s natürlich trotzdem gemacht. Aber davon sind sie inzwischen runtergestiegen, jetzt ist alles viel lockerer.“
Dass die Waldorfgemeinschaft inzwischen als integrierter Bestandteil im Ort angekommen ist – das liege aber auch an dem, was im direkten Umfeld entstanden ist: wie zum Beispiel die Studienstätte, vor allem aber auch Esches Bioladen, wo eben nicht nur die Schulgemeinschaft einkaufte, sondern auch Begegnungen mit außenstehender Kundschaft stattfanden. Wie auch früher Esches Bioladen, so hat auch diese Buchhandlung eine Art Dorfbrunnenfunktion im dörflichen Grätzel. Wieder einmal ist ein angenehmes, entspanntes Plauderstündchen verflogen. Und wieder einmal verlasse ich die Buchhandlung Mauer mit einem neuen Buch – von dem ich beim Hineingehen noch gar nicht wusste, dass ich es unbedingt brauchen würde.