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MARTIN KWAUKA

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PETER FELSBACH

PETER FELSBACH

ÖBAG: EIN NEUER CHEF IST VIEL ZU WENIG

Die Öbag ist wieder eine Baustelle. Doch die bloße Bestellung eines neuen Vorstands reicht nicht aus. Es muss auch der glücklose Aufsichtsrat erneuert werden. Außerdem sollte die statische Staatsholding endlich ein dynamisches Element bekommen.

„Das jetzige Aufsichtsratsgremium der Öbag ist durch Thomas Schmid punziert.“

VITA MARTIN KWAUKA

Finanzjournalist

Der leidenschaftliche Weinbauer (61) ist seit 23 Jahren Finanz- und Wirtschaftsjournalist. Zu den wichtigsten Stationen des gebürtigen Deutschen zählen die langjährige Chefredaktion des Magazins „Format“ und das seit 2015 von ihm organisierte Finanzjournalistenforum. Sein Steckenpferd ist die Altersvorsorge. Sich selbst beschreibt der studierte Agrarökonom als chronisch neugierig.

Die gute Nachricht: Es wird endlich ein neuer Vorstand für die Beteiligungsgesellschaft der Republik bestellt. Doch das ist schon das einzig Positive. Es wird leider wieder nur ein Alleinvorstand gesucht. Das war schon bei der Bestellung des geschassten Ex-Chefs Thomas Schmid ein augenfälliger Fehler. Bei Schmid war es zwar ein besonderer Missgriff mit möglichen strafrechtlichen Folgen der Posten-Mauschelei bis hin zu Bundeskanzler Sebastian Kurz. Der besonders prekäre Fall einer Personal-Causa hat auch bei internationalen Investoren alte Vorurteile über undurchsichtige Verhältnisse am österreichischen Kapitalmarkt erneut bestärkt. Doch es geht nicht bloß um eine einzelne Person, auch ein hoffentlich besserer Nachfolger sollte nicht allein entscheiden. Es handelt sich schließlich um die Gestaltung des ÖbagPortfolios in der Größenordnung von 27 Milliarden Euro und damit um einen wesentlichen Baustein zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts.

Warum will man nicht aus dem Fiasko lernen? Das fängt schon bei der Besetzung des Aufsichtsrats an. Das jetzige Gremium ist durch die Umstände der Bestellung durch Thomas Schmid, der sich in seiner früheren Funktion als Generalsekretär des Finanzministeriums eine handverlesene Truppe zusammenstellte, punziert. Die offensichtliche Hauptaufgabe des Aufsichtsrats war, Schmid selbst zu seiner Wunschkarriere zu verhelfen. Und als sich das als klarer Fehlgriff entpuppte, versuchte das Aufsichtsgremium so lange Schmid die Mauer zu machen, bis der öffentliche Druck zu groß wurde. Und auch noch danach. So entschuldigte die frühere Aufsichtsrätin und aktuelle Öbag-Interims-Chefin Christine Catasta die zahllosen entlarvenden Chats auf Schmids Handy kurzerhand damit, dass das ja alle so machen würden. Nach dem Motto: Cosi fan tutte in Austria. Außerdem lobte Catasta die Wertsteigerungen und die höheren Dividenden in der Amtszeit Schmid. Mit anderen Worten: Laut Catasta sei Schmid eigentlich auch im Nachhinein nichts vorzuwerfen. Nebenbei bemerkt: Steigende Börsenkurse sind kaum auf sein Kurzzeitengagement zurückzuführen, sondern eher ein Windfall-Profit durch das wiedererweckte Interesse der Investoren an Aktien der Old Economy. Bei der Neubesetzung des Aufsichtsrats gäbe es zwei Möglichkeiten: Entweder der Finanzminister geht selbst in das Gremium, dokumentiert damit die kurze Leine und ist im Gegenzug wenigstens direkt verantwortlich für die Gestion des Eigentums der Republik. Oder es wird ein glaubwürdig unabhängiger Rat von Experten bestellt.

Noch wichtiger als die Personalia ist aber die künftige Funktion der Staatsholding. Momentan verwaltet die Öbag ein statisches Portfolio der ehemaligen verstaatlichten Industrie. Es gibt zwar einen Beteiligungsbeirat, der mögliche neue Investments beurteilen soll. Doch bisher blieb das ohne wirksame Folgen. Um den notorisch schwachen Wiener Kapitalmarkt zu beleben, reicht es nicht aus, nur Kernaktionär von etablierten Unternehmen der Old Economy zu sein. Es fehlt die Förderung von innovativen Start-ups bis hin zur Börsenreife. Es gibt zwar eine Struktur von Frühförderungen, aber eine beträchtliche Lücke an heimischen Finanzquellen, um wirklich wachsen zu können. Wie wäre es, die Öbag in zwei Bereiche zu teilen: ein Bestandsdepot und ein dynamisches Wachstumsportfolio? Zur Finanzierung könnten die Dividenden dienen. Das wäre sicher sinnvoller, als mit den Zahlungen das allgemeine Staatsbudget zu erhöhen. n

MARTIN KWAUKA

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