2 minute read

JOHANN STROBL

Next Article
WELTBLICK

WELTBLICK

ZEITENWENDE FÜR EUROPA

Dieser sinnlose Krieg hat tiefe und langanhaltende Folgen für Europa und damit auch für unsere Bankengruppe.

„Die zweite große Herausforderung ist das Russland-Geschäft.“

VITA JOHANN STROBL

Vorstandsvorsitzender Raiffeisen Bank International AG

Der promivierte Sozial- und Wirtschaftswissenschaftler (62) und Vater dreier Kinder lenkt seit März 2017 die Geschicke der Raiffeisen Bank International AG. In der Finanzbranche wird der gebürtige Burgenländer für seine ruhige, bedachte Art und schnelle Auffassungsgabe sehr geschätzt.

Die RBI steht seit ihrer Gründung für Vielfalt, Toleranz, Solidarität und die Verbindung zwischen West- und Osteuropa. Wir haben immer versucht, zur Überwindung von Konflikten beizutragen und Brücken zwischen Ländern, Institutionen und Menschen zu bauen. Wir sind deshalb über den russischen Angriff auf die Ukraine zutiefst erschüttert. Dieser sinnlose Krieg hat tiefe und langanhaltende Folgen für Europa und damit auch für unsere Bankengruppe. Vieles wird sich ändern. Noch sind die langfristigen Konsequenzen des Krieges nicht absehbar. Der vielverwendete Begriff von der „Zeitenwende“ ist aber sicherlich nicht zu hoch gegriffen. Eines steht allerdings schon heute fest: Die RBI wird ihre Werte sicherlich nicht aufgeben und die Herausforderungen, vor denen sie aufgrund des Krieges steht, entschlossen angehen. Die höchste Priorität hat dabei die Sicherheit unserer mehr als 6.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unserer Bank in der Ukraine. Wir unterstützen bereits über 900 Familien bei der Umsiedlung in jene Länder, in denen wir als RBI-Gruppe präsent sind. Dank unserer freiwilligen Helfer haben wir für diese Familien Soforthilfe, Transport, Verpflegung, Unterkunft und Unterstützung durch kostenlose medizinische Versorgung bereitgestellt. Wo es möglich war, haben wir Bargeld oder eintauschbare Gutscheine als Teil unserer Hilfeleistung angeboten. Die Kolleginnen und Kollegen, die das Land nicht verlassen wollen oder aufgrund des Kriegsrechts nicht dürfen, stellen trotz der enorm schwierigen Bedingungen sicher, dass unsere Bank weiterhin die wichtigsten elementaren Bankdienstleistungen anbieten und wichtige Industriezweige wie den Agrarsektor finanzieren kann. Dabei legen sie eine Professionalität und Motivation an den Tag, die sich mit Worten nicht beschreiben lassen. Die RBI und die Raiffeisenbank Ukraine engagieren sich für die humanitäre Hilfe im Land und haben bereits rund zehn Millionen Euro gespendet. Hinzu kommen weitere rund acht Millionen Euro, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der RBI und ihre Kunden gespendet haben.

Die zweite große Herausforderung, vor der die RBI steht, ist ihr RusslandGeschäft. Die RBI ist seit vielen Jahren in diesem Land tätig, hat sich ebendort eine hervorragende Marktpositionierung erarbeitet und war auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten sehr profitabel. Aufgrund des Krieges müssen wir unsere Position in Russland dennoch überdenken. Wir prüfen daher alle strategischen Optionen für die Zukunft der Raiffeisenbank Russland bis hin zu einem sorgfältig gesteuerten Ausstieg aus der Raiffeisenbank in Russland. Diese Prüfung treiben wir seit Wochen mit Hochdruck voran. Dennoch wird sie aufgrund der Komplexität der Materie noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Eine Bank geht langfristige Verpflichtungen gegenüber ihren Kunden ein. Eine Bank ist streng reguliert. Und natürlich hat eine Bank auch eine Fürsorgepflicht gegenüber ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. All diese Faktoren müssen und werden wir in unseren Planungen und Überlegungen berücksichtigen und unsere Entscheidungen mit großer Sorgfalt und im Interesse unserer Eigentümerinnen und Eigentümer treffen. n

JOHANN STROBL

This article is from: