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UNTERNEHMEN ENTLASTEN
#INTERVIEW
„TAXONOMIE FEHLT DIE GLAUBWÜRDIGKEIT“
Österreichs Finanzminister Magnus Brunner spricht sich gegen Preisdeckel für Energie aus, will Inflation strukturell bekämpfen und wünscht sich eine Transition-Taxonomie.
INTERVIEW DOMINIK HOJAS
Herr Brunner: Wer soll die Energiewende finanzieren, und wie viel darf sie den Staat
kosten? – Magnus Brunner: Die Energiewende ist ein Projekt für die österreichische Gesellschaft und Gesamtwirtschaft, bei der alle Stakeholder, von Haushalten bis Unternehmen, eine Rolle spielen. Die Aufgabe der Bundesregierung ist es, mittels gesetzlicher Regelungen den Rahmen für eine erfolgreiche Energiewende zu schaffen und gleichzeitig die finanziellen Fördermittel für die kosteneffektivsten Projekte bereitzustellen. Mit der Begebung des Green Bonds gehen wir als Staat den nächsten Schritt. Dieser wird noch im ersten Halbjahr kommen.
Unternehmen sind durch die steigenden Energiekosten infolge des Ukraine-Kriegs stark belastet. Wie wollen Sie die Kosten für
die Wirtschaft zielgerecht abfedern? - Wir haben bereits große Entlastungspakete geschnürt, um Energiekosten möglichst abzufedern. Haushalte und Unternehmen werden so um vier Milliarden Euro entlastet. Diese Summe entspricht immerhin einem Prozent des BIPs und inkludiert zielgerichtete Maßnahmen, die auch Unternehmen entlasten, wie etwa die Aussetzung der Elektrizitäts- und Erdgasabgabe, der Ökostrompauschale und des Ökostromförderbeitrags. Soll es einen Preisdeckel für Energie geben? - Ein Preisdeckel ist ein sehr starker Markteingriff. Auf Dauer können fiskalpolitische Maßnahmen die Inflation in einer Marktwirtschaft nicht senken. Daher ist es wichtig, strukturelle Veränderungen voranzutreiben, um langfristig weniger von den internationalen Gaspreisen und von Russland abhängig zu sein.
Was planen Sie mit den zusätzlichen Steuereinnahmen durch die Preissteigerungen? - Wir haben immer gesagt, dass der Staat nicht vom Krieg profitieren soll. Berücksichtigt man die Steuerreform und die beiden bereits geschnürten Entlastungspakete, wird die Bevölkerung bis 2023 bereits um rund elf Milliarden Euro entlastet. Wir analysieren gemeinsam mit Experten und Sozialpartnern die weiteren Preisentwicklungen in einer eigens eingerichteten Expertengruppe. Die Bekämpfung der anhaltend hohen Inflation mittels struktureller Veränderungen scheint zielführender als regelmäßige Einzelmaßnahmen.
Wie könnte man bei einem Gasembargo der
Wirtschaft helfen? - Wir haben die Hoffnung, dass es nicht so weit kommt, da ein Gasstopp sehr große Auswirkungen auf unsere Wirtschaft hätte. Um auch im Falle einer vollständigen Unterbrechung von russischen Erdgasimporten die Versorgungsicherheit in Österreich sicherzustellen, hat das Parlament vor kurzem mit breiter Zustimmung die Anschaffung einer nationalen strategischen Gasreserve beschlossen, die mit 1,6 Milliarden Euro in einer Novelle des Budgets berücksichtigt wurde. Mit einer Überschreitungsermächtigung stehen dafür weitere fünf Milliarden Euro zur Verfügung. Damit wird für Haushalte und Unternehmen vorgesorgt.
Wie zufrieden sind Sie mit der bisherigen Umsetzung des Green Deals? - Natürlich dauert die Ausgestaltung dieser Gesetzespakete einige Zeit, aber wenn man die Herausforderungen des Klimawandels ganzheitlich meistern will, dann braucht es durchdachte und effektive Lösungen auf europäischer Ebene. Dementsprechend arbeiten wir gemeinsam mit unseren europäischen Partnern an einem möglichst raschen Abschluss der Verhandlungen. Man darf den Green Deal auf EU-Ebene jedoch nicht konterkarieren, indem man zum Beispiel Atomenergie ein grünes Label verpasst.
Darf man fossile Energie als Brückentech-
nologie subventionieren? - Bei den Verhandlungen in Brüssel sprechen wir uns regelmäßig gegen die Aufnahme von Erdgas und insbesondere Atomenergie aus. Österreich hat stets das Ziel der Etablierung einer glaubwürdigen und wissenschaftsbasierten Taxonomie unterstützt. Glaubwürdiger wäre es, eine wirklich grüne Taxonomie zu haben und eine sogenannte Transition-Taxonomie, die Brückentechnologien wie beispielsweise Erdgas enthalten könne. Damit wäre man auf den Märkten glaubwürdiger, was von den Märkten und ESG-Investoren auch verlangt wird. n