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Deutsche Großmärkte trotzen der Coronapandemie

Dortmund Düsseldorf

Mit den Lockerungen und der Abschaffung der Corona-bedingten Einschränkungen scheint das durch die Pandemie verursachte Tief nun langsam überwunden. Wir blicken zurück auf die vergangenen zwei Krisenjahre und rücken deutsche Frischemärkte in den Fokus. FreshPlaza sprach im vergangenen Jahr mit zahlreichen Großmarktfirmen über die Lage und die Stimmung an den örtlichen Frischezentren.

MAI 2021: „MAN HAT SICH DER LAGE ENTSPRECHEND ANGEPASST“

„Wir haben keine nennenswerten Umsatzeinbußen verzeichnen müssen. Im LEH erzielten wir im letzten Jahr ein Umsatzplus um 10-20 Prozent im Vergleich zu 2019. Nach einer schwierigen Phase im März/April 2020 hat man sich der Lage inzwischen entsprechend anpassen können“, kommentierte Ziya Sizgin des Wiener Fruchthandelsunternehmens UVA Fruit. Auch in der Türkei, dem Hauptbezugsland der UVA Fruit GmbH, habe man die Situation in den Griff bekommen. „Trotz hoher Inzidenzwerte glaube ich nicht, dass es in diesem Jahr zu erneuten Exportstopps kommen wird.“

JULI 2021: „WIR KONNTEN WENIGSTENS KLEINTEILIG DEN SCHADEN ABFEDERN“

„Aufgrund des Lockdowns sind insbesondere die To-Go-Angebote der Gastronomie äußerst populär geworden. In der Hinsicht haben tatsächlich Läden, die zwar vorher schon gute Kunden waren, uns nun plötzlich ein kleines Plus beschert, wodurch wir wenigstens kleinteilig den Schaden abfedern konnten.“ Das zeigte sich gemäß Roland Tolls vom Düsseldorfer Großmarkt vor allem in der Nachfrage nach der ziemlich gehypten Avocado. „Aber das ich in einer Pandemie, in der ich gerade mal 20% von dem ursprünglichen Umsatz erziele, nun palettenweise Avocados verkaufe, das hätte ich mir jetzt nicht zu Träumen gewagt.“

NOVEMBER 2021: „RASANTE NACHFRAGESTEIGERUNG IN ZEITEN DES ARBEITSKRÄFTEMANGELS“

Der sinkende Außer-Haus-Verzehr machte sich auch bei der Vermarktung von küchenfertigen Obst-, Gemüse- und Kartoffelprodukten bemerkbar. „Auch wir haben zu Zeiten des Lockdowns starke Umsatzeinbußen im Schnittwarenbereich erlitten. Insgesamt sehen wir in den letzten Jahren dennoch eine rasante Nachfragesteigerung, welche eindeutig mit dem Arbeitskräftemangel im Bereich der Gastronomie, Kantinen und Großküchen zusammenhängt“, berichtet das Team der Ludwig Schenk GmbH & Co KG, ein spezialisierter Schnittbetrieb am Karlsruher Großmarktes.

DEZEMBER 2021: „VIELE GASTROKUNDEN HABEN KRISE PROBLEMLOS ÜBERSTANDEN“

Am Freiburger Großmarkt sehe man der Zukunft eher zuversichtlich entgegen, so Volkan Günes der dort ansässigen Sun Früchte GbR. „Wir haben etwa 20% Umsatzeinbußen verzeichnet, der finanzielle Schaden hält sich also in Grenzen. Viele unserer Gastrokunden - wie etwa italienische und Gourmet-Restaurants - sind relativ problemlos durch die Krise gekommen. An Prognosen mit Bezug auf Corona traue ich mich allerdings nicht mehr, weil man die Lage überhaupt nicht vorhersagen kann.“

DEZEMBER 2021: „WAS AN WARE GEBRAUCHT WIRD, WERDE ICH NOCH ERHALTEN“

„Mit der 2G-Regelung können immerhin noch vereinzelt Absätze gefahren werden“, so Jörn Reimers von der Hamburger ARUS GmbH. Zumal durch die geschlossenen Weihnachtsmärkte ein weiterer Absatzmarkt fehle. Allerdings zählen zu Reimers Kunden primär der Lebensmitteleinzelhandel sowie Zulieferer für die Gastronomie. „Es wird drastisch weniger Ware geben. Was ich aber für unser Geschäft brauche, werde ich auch noch erhalten.“

Karlsruhe München

DEZEMBER 2021: „AUSZAHLUNGSPROZESS HAT SICH ÜBER MONATE HINGEZOGEN“

Anfang 2021 sah es für Früchte Franz am Berliner Großmarkt nicht besonders rosig aus. „Wir hätten Coronaförderungshilfen bekommen sollen, allerdings hat sich der Auszahlungsprozess über Monate hingezogen, weshalb wir zwischenzeitlich die Befürchtung hatten, unseren Betrieb schließen zu müssen. Wären die Förderungen noch später gekommen, hätten wir unseren Betrieb mit eigenen Mitteln nicht mehr stemmen können“, blickt Geschäftsführer Thomas Franz zurück. Im Juli/ August sowie Oktober/November konnte er genügend erwirtschaften, um wieder auf den eigenen Beinen stehen zu können. „Aber seit Dezember sieht es wieder düster aus.“

JANUAR 2022: „KOMPLETTES PORTFOLIO TENDENZIELL TEURER GEWORDEN“

Die Rahmenbedingungen seitens der Warenbeschaffung seien in Zeiten von Corona herausfordernd geworden, beobachtete Heinz Karstner, Geschäftsführer des Dortmunder Großmarktunternehmens Gebr. Gottschalk. „Das komplette Portfolio ist tendenziell teurer geworden. Preislich könnte die Lage also besser sein. Währenddessen sind gewisse Artikel teilweise auch schwierig zu bekommen: Zum Saisonwechsel gab es einen Engpass bei Paprika und Gurken, mittlerweile hat sich die Versorgungslage wieder einigermaßen stabilisiert.“

FEBRUAR 2022: „DERZEIT BEMERKEN WIR SCHON EINEN SPRUNG NACH VORNE“

2021 habe sich die Situation gemäß Oertel wieder relativiert. „Das hängt auch damit zusammen, dass die Kostenstruktur eines kleinen Gemüsefachgeschäfts nicht mit den Kalkulationen von einem Discounter oder von einer großen Kette vergleichbar ist. Die Kundenbewegung tendierte im Vorjahr daher eher Richtung Discounter oder LEH“, meint der Leipziger Großhändler. „Derzeit bemerken wir schon einen Sprung nach vorne; die Umsätze sind etwas besser als 2021, zumindest im Gastronomiebereich“

FEBRUAR 2022: „WIR SIND ZUFRIEDEN MIT DEM WAS WIR HABEN“

„Wir Fruchtgroßhändler gehören zu einer systemrelevanten Branche und haben vor allem zu Beginn der Pandemie einigermaßen von der Situation profitieren können. Die anhaltende Unsicherheit hat die Geschäfte allerdings wieder nach unten getrieben“, kommentierte das Management der Peter Brozulat GmbH am Münchner Großmarkt und fügt hinzu: „Wir müssen unsere Bestellungen gezwungenermaßen frühzeitig planen, damit wir zwischendurch nicht auf dem Trockenen sitzen. Dennoch dürfen wir uns alles in allem nicht beschweren. Wir sind einfach zufrieden mit dem, was wir haben.“

FEBRUAR 2022: „DIE REIBUNGSLOSE LIEFERKETTE GIBT ES HEUTZUTAGE NICHT MEHR“

Am Nürnberger Großmarkt sei die Stimmung gemäß Stefan Ziegler 'verhältnismäßig gut'. „In der Gastronomie sehe ich eine gewisse 'Last Minute Mentalität'. Zu Vor-Corona-Zeiten durfte es von allem mal eine Kiste mehr sein, heutzutage kauft man punktgenau ein. Das merkt man dementsprechend in der Mengenabnahme: Gastrobetriebe in der Innenstadt machen teilweise nur noch abends auf, weshalb man etwa die Hälfte weniger Ware benötigt. Dies stellt uns wiederum auch in der Beschaffung vor große Herausforderungen - die reibungslose Lieferkette gibt es heutzutage nicht mehr.“ 

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