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Hohe Gaspreise bringen einen Teil der Produktion zum Stillstand“
Maud Valstar, kaufmännische Leiterin bei Bioworld „Hohe Gaspreise bringen einen Teil der Produktion zum Stillstand“
Biologisches Gewächshausgemüse macht nur einen kleinen Teil des gesamten Gewächshausanbaus in den Niederlanden aus. Es gibt keine Beleuchtung, die Pflanzen müssen im Boden verwurzelt sein, aber eine Beheizung ist erlaubt. Daher ist auch dieses Segment von den hohen Gaspreisen betroffen. Die hohen Gaspreise haben zu einer Verringerung der Anbauflächen von Quality Life Produce geführt.
Quality Life Produce (QLP) ist der Anbauzweig des Handelsunternehmens Bioworld, das wiederum eine der fünf Gesellschaften der Best Fresh Group ist. QLP hat sich auf den Anbau von Gewächshausgemüse spezialisiert. Seit dem vergangenen Jahr (KW 35) ist die gesamte Anbaufläche biologisch und der Anbau erfolgt an einem zentralen Standort in Sexbierum. Bioworld kauft Freilandgemüse von strategischen Lieferanten in Spanien und den Niederlanden.
EIN SEGMENT UND EIN STANDORT
„Wir stellen uns ein zeitgemäßes und zukunftssicheres Unternehmen vor, das sich auf ein Segment konzentriert und sich an einem Standort befindet. Das Segment ist der Bio-Anbau und der Standort ist Sexbierum“, sagt Maud Valstar, kaufmännische Leiterin von Bioworld. „Im vergangenen Jahr hatten wir noch Gewächshäuser an anderen Standorten, aber wir haben sie verkauft oder verpachtet. Außerdem haben wir in Sexbierum mehr Anbaufläche zur Verfügung, indem wir den konventionellen Teil, den wir im vergangenen Jahr angebaut haben, auf Bio umgestellt haben. Die Hektargröße bleibt also in etwa gleich, aber alles findet an einem Standort statt. In Sexbierum wollen wir weiter in Richtung Bio wachsen.“
DIE HÄLFTE DER FLÄCHE LIEGT BRACH
Das Unternehmen verfügt über rund 30 Hektar Gewächshäuser in Friesland, von denen derzeit die Hälfte mit Gurken, Tomaten und Paprika bepflanzt ist. Gurken sind bereits seit Anfang März erhältlich, und die ersten Tomaten und Paprika kommen Mitte bis Ende April auf den Markt. Da die Gewächshäuser zur Beheizung auf Gaslieferungen angewiesen sind, wurde beschlossen, einen Teil der Flächen aufgrund der hohen Preise stillzulegen. Die acht Hektar, die im letzten Jahr noch für den konventionellen Anbau genutzt wurden, werden bald für den ökologischen Anbau zur Verfügung stehen. „Obwohl wir mit der Anpflanzung noch warten müssen, sind die Gaspreise immer noch zu hoch“, sagt Maud.
HÖHERE PRODUKTIONSKOSTEN
Normalerweise sind Bio-Produkte in den Regalen etwa 30 Prozent teurer als konventionell angebautes Gewächshausgemüse. „Momentan jedoch liegt der Markt-
preis für konventionelle Gurken höher“, weiß Maud. „Es ist schockierend, aber sehr ungewöhnlich. Das wird sich auch wieder ändern. Normalerweise ist Bio immer teurer als Konventionell. Die Produktionskosten für den Bio-Anbau liegen um mehr als 30 Prozent darüber, und auch die Produktion pro Quadratmeter ist etwas niedriger als beim konventionellen Anbau.“
Der ‚Green Deal‘ der Europäischen Kommission und die nationale Strategie, an der Minister Staghouwer zur Förderung von Bio-Produktion und -verbrauch arbeitet, könnten dies ändern. „Die Tatsache, dass die EU eine Steigerung der Bio-Fläche auf 25 Prozent der gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche bis 2030 anstrebt und die niederländische Regierung auch dem Bio-Verbrauch Aufmerksamkeit schenkt, spielt uns in die Hände. Langfristig denke ich, dass wir die richtige Entscheidung treffen, wenngleich die Inflation es den Verbrauchern schwer macht, die teureren Bio-Produkte zu kaufen. Wirklich überzeugte Menschen werden sich weiterhin für Bio entscheiden, während die Gelegenheitskäufer erst zurückkehren werden, wenn die Wirtschaft wieder in ruhigerem Fahrwasser ist.“
LEICHTER FLÄCHENRÜCKGANG IN DEN NIEDERLANDEN
Maud geht davon aus, dass die Anbaufläche für biologisches Gewächshausgemüse in den Niederlanden in diesem Jahr mehr oder weniger gleich geblieben ist. „Sie könnte leicht geschrumpft sein. Wir als wichtiger Spieler bauen etwas weniger an und einige kleinere Bio-Erzeuger haben aufgehört, aber auf der anderen Seite haben einige Erzeuger von Konventionell auf Bio umgestellt.“
EIGENER ANBAU UND VERTRAGSANBAUER
Bakker Barendrecht ist ein wichtiger Kunde von QLP. Bioworld handelt mit 60 Prozent der Produkte von QLP, die übrigen 40 Prozent werden zugekauft. „Zu diesem Zweck gehen wir sowohl in den Niederlanden als auch in Spanien Partnerschaften mit Erzeugern ein, mit denen wir Verträge über die Abnahme der gesamten Ernte abschließen. Außerdem wollen wir unser Angebot an Freilandgemüse für unsere Stammkunden durch zusätzliche Partnerschaften mit Lieferanten noch erweitern.“
SPANIEN IST IM BIO-ANBAU GROSS
In den Niederlanden ist QLP einer der großen Erzeuger von Bio-Gewächshausgemüse, in Spanien ist das Unternehmen nur einer der vielen Player auf diesem Markt. „Dort ist der Bio-Anbau viel mehr verbreitet. Die Kunden versuchen nun auch, BioProdukte aus Spanien zu beziehen, da das niederländische Produkt aufgrund der Gaspreise teurer ist. Mit unserem eigenen Anbau in Spanien und den Partnerschaften können wir hierauf gut reagieren. In der Wintersaison beliefern wir viele Kunden mit spanischen Produkten und im Sommer mit niederländischem Gemüse.“
KLAUSELN GEGEN STEIGENDE GASPREISE
Um sich gegen Verluste durch die stark schwankenden Gaspreise abzusichern, baut Bioworld in die langfristigen Verträge mit den Kunden Klauseln ein, nach denen die Verkaufspreise erhöht werden können, wenn die Gaspreise zu einem bestimmten Zeitpunkt zu schnell steigen. Auch die Kunden können einen Preisnachlass erhalten, wenn der Gaspreis gegenüber dem Preis zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses stark gesunken ist. Bioworld schließt Verträge mit Kunden aus Großbritannien, Skandinavien, Deutschland und den Niederlanden ab. „In diesen Ländern ist Bio gut in den Regalen vertreten, obwohl der Trend ‚lokal für lokal‘ jetzt viel häufiger zu hören ist und wichtiger geworden ist als die Nachfrage nach Bio-Produkten“, sagt Maud.
DIE NACHFRAGE NACH LOKALEN PRODUKTEN WÄCHST
Die Bedeutung lokaler Produktion scheint nun auch auf der politischen Agenda zu stehen, da die Debatte über Ernährungssicherheit und -unabhängigkeit mit dem Krieg in der Ukraine wieder auflebt. „Dennoch gehen wir davon aus, dass Bio schon bald sein Wachstum fortsetzen wird. Vielleicht nicht mit den starken Wachstumszahlen der letzten Jahre, aber mit einem stetigen Fortschritt, auch dank der politischen Maßnahmen der Europäischen Union“, so Maud abschließend.
m.valstar@bioworld.nl