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Tierfriese
Tierfriese
Charakteristisch für die Darstellung einer wilden, gefährlichen Natur ist die frühe Vasenmalerei der Stadt Korinth (Abb. 9). Im 7. und frühen 6. Jahrhundert v. Chr. war die Stadt führend in der Herstellung und im Export bemalter Tongefässe.
Häufigstes Motiv sind sogenannte Tierfriese, auf denen Raubkatzen wie Löwen und Panther, Wildziegen, Steinböcke und Vögel erscheinen (Abb. 10). Auffallend dabei ist, dass es sich ausschliesslich um Wild- und nicht um Nutztiere handelt. Die aneinandergereihten Tiere haben zwar keinen narrativen Kontext – sie erzählen keine eigentliche Geschichte –, sind aber deshalb nicht einfach als inhaltlose Verzierung zu verstehen. Sie zeigen vielmehr, wie sich die Vasenmaler und ihre Auftraggeber eine wilde Natur fernab der Zivilisation vorstellten. Eingereiht in diese exotische Natur erscheinen vereinzelt oder in Paaren auch Mischwesen, wie der Löwenmensch (Sphinx) oder der Vogelmensch (Sirene). Es wird jedoch kein bestimmter Mythos erzählt, in dem Mischwesen eine Rolle bekleiden, sondern einfach eine fremde Welt gezeigt, in der neben Wildtieren eben auch Mischwesen hausen können. Diese sind also in der Vorstellungswelt der Griechen nicht bloss Fantasiewesen, sondern wurden als plausibel angesehen und in eine fremde Natur eingebettet.
Es ist kein Zufall, dass diese Bilder gerade auch in einer Zeit entstanden, in der die Griechen ihre Welt durch Erkundungs- und Handelsfahrten zu erweitern suchten und dabei in ihnen unbekannte Regionen vorstiessen.
Abb. 9 ▷
Tierfries mit Stier, Vogel, Panthern und Wildziege
Kanne (Oinochoe) aus gebranntem Ton, mittleres 7. Jh. v. Chr., Korinth | Inv. Lu 11 © Antikenmuseum Basel und Sammlung Ludwig / Foto: Andreas F. Voegelin
△ Abb. 10
Tierfries mit Löwe, Panthern, Wildziegen und Vogel
Weinmischgefäss (Krater) aus gebranntem Ton, frühes 6. Jh. v. Chr., Korinth Inv. BS 444 © Antikenmuseum Basel und Sammlung Ludwig / Foto: Ruedi Habegger