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Saubere Geschäfte mit Verspätung

Geld verdienen für saubere Mobilität, das klingt fast zu schön, um wahr zu sein. Doch was in Deutschland mit der THG-Quote schon länger Realität ist, könnte nun auch in Österreich die E-Mobilität ein Stückchen attraktiver machen – oder zumindest attraktiv halten.

Text: Roland Scharf, Foto: Adobestock

Es ist das Aktiengeschäft jetzt wirklich nicht jedermanns Sache. Und dennoch gibt es Grundbegriffe, die uns allen in den Hirnwindungen hängengeblieben sind: Steigt der Wert einer Firma, steigt auch der Wert deren Aktien. Und der Handel mit diesen wird an sich schon zu einem lukrativen Geschäft. Sprich: Wer es richtig anstellt, kann eine schöne Stange Geld verdienen. Natürlich gibt es da auch stets die dunkle, hochriskante Seite, doch zumindest die dürfte es im Bereich der Handelsware CO2 nicht geben. Denn die wird zunehmend interessanter für Broker, aber auch für Autofahrer in Form von CO2-Zertifikaten.

Spargedanke

Worum es konkret geht, ist vom Grundprinzip leicht erklärt: Die Gesetzgebung der EU sieht für Industriezweige eine CO2-Obergrenze vor, an die sie sich halten müssen, um nicht horrende Strafen zu zahlen. Es besteht jedoch die Möglichkeit, sich mit sogenannten CO2-Zertifikaten Stück für Stück freizukaufen: Je mehr man davon erwirbt,

desto mehr kann man zum Beispiel Benzin oder Diesel produzieren und verkaufen oder Autos mit Verbrennungsmotoren, weswegen verstärkt Mineralöl- und Autokonzerne auf diesen Zug aufspringen. Doch woher kommen diese Zertifikate? Schlicht gesagt von allen Firmen, die mit ihren Produkten klimaschädliche Gase einsparen – oder sagen wir besser: vermeiden. Tesla zum Beispiel konnte jahrelang die Verluste des Autogeschäfts mit dem Zertifikatehandel ausgleichen. Und langsam arbeitet sich dieses Konzept nun auch in die Niederungen der Konsumenten vor. Im strammen Deutschland gibt es dafür schon eine Abkürzung: die THGQuote. Treibhausgas-Quote nennt sich die Vorgehensweise, bei der jeder mitmachen kann, der ein E-Auto fährt (egal ob es ihm gehört oder es nur geleast ist) und/oder der eine Wallbox mit Strom aus erneuerbaren Energiequellen betreibt, egal ob öffentlich zugänglich oder nur für den Eigenbedarf.

Treibhausgas-Quote nennt sich die Vorgehensweise, bei der jeder mitmachen kann, der ein E-Auto fährt.“

Kauf dich frei

Hier liegt natürlich ein Berechnungsmodell zugrunde, denn es wird ja nicht aktiv CO2 messbar eingespart. Und auch die Kritik des Freikaufens muss sich dieser Zertifikatehandel schon

Dämmerschlaf

gefallen lassen. Aber immerhin, man belohnt diejenigen, die die Produktion selbigen einschränken und das kann sich für einen E-Auto-Fahrer schon auszahlen. Bis zu 400 Euro jährlich sind bei unseren teutoni-

schen Freunden derzeit drin, Tendenz steigend, wobei man sich jetzt keine Hoffnungen machen darf, zum nächsten Elon Musk zu werden, und zwar aus zwei Gründen: Zum einen sind verkehrsrelevante Emissionen, also jene, die durch den Fahrzeugverkehr entstehen, nicht Teil des europäischen Zertifikatshandelssystem EU-ETS, unter dem sich zum Beispiel Elektroautohersteller tummeln. Die Verkehrs-Emissionen werden von Land zu Land unterschiedlich und ausschließlich auf Länderebene geregelt, in Österreich etwa im Rahmen der Kraftstoffverordnung, kurz KVO. Und zum zweiten kann man das eigene Zertifikat nicht direkt an den Höchstbieter verkaufen, sondern nur über Zwischenhändler, die meist zu Fixpreisen Nachweise einsammeln, bündeln und dann gewinnbringend veräußern. Ein bisschen also doch wie an der Börse, könnte man meinen. Langsam kommt auch in Österreich Bewegung in die Sache. Zum einen hat der Staat einmal den gesetzlichen Grundstein gelegt. Die KVO ist die zentrale Verordnung zur Umsetzung von RED II, auch Renewable Energy Directive II genannt, was frei übersetzt „Erneuerbare Energien-Richtlinie“ bedeutet. Diese ist in jedem EU-Mitgliedsstaat in nationales Recht umzusetzen und hat zum Ziel, den Anteil an erneuerbarer Energie bis 2030 auf 32 Prozent zu erhöhen. Wichtig hierbei zu erwähnen: Heimische Mineralölkonzerne sind verpflichtet, einen definierten Prozentsatz an Treibhausgasen einzusparen. Um dies über CO2-Zertifikate zu lösen, muss man sich am Heimmarkt umsehen. So wie in Deutschland schon seit einem Jahr dies der Fall ist. In Österreich ticken die Uhren aber ein Stückchen langsamer. So hätte RED II eigentlich schon im Juni 2021 umgesetzt werden sollen, doch diesen Herbst gab es endlich die finale Begutachtung. Für viele in diesem Business eine viel zu langsame Vorgehensweise, wie zum Beispiel Alexander Bachler, Geschäftsführer der Plattform Erneuerbare Kraftstoffe (PEK) im Rahmen des österreichischen Kompost Kongress, kritisierte: „Die RED II ist schon lang auf EU-Ebene beschlossen, die Nachfolgerichtlinie ist bereits in den Startlöchern. Österreich hinkt hier international hinterher. Wer sich ambitionierte Ziele stecken und diese auch erreichen will, braucht dafür einen klaren Fahrplan.“

Deal mit Hintertür

Sprich: Die längst überfällige Novellierung der KVO wurde erst kurz vor Redaktionsschluss abgesegnet, da derzeit ein paar andere Krisen zu bewältigen waren. Und dennoch war bereits vorher ein Handel in kleinem Rahmen möglich, wenn man sich den Gesetzestext der bisherigen KVO etwas genauer ansieht: „Elektrischer Strom aus erneuerbarer Energie, der durch Letztverbraucher nachweislich im Verpflichtungsjahr als Antrieb für elektrisch betriebene Kraftfahrzeuge im Bundesgebiet eingesetzt wird und von registrierten Stromanbietern stammt, kann auf die Verpflichtungen nach §5 und/oder 7 angerechnet werden.” Und weiter: „Die gemäß (...) verbrauchte Menge an Strom und die damit verbundenen Lebenszyklustreibhausgasemissionen können von einem Stromanbieter, der keinen Verpflichtungen gemäß §§55 5 und 7 unterliegt, für die Anrechnung auf die Verpflichtungen (...) auf eine Verpflichtete oder einen Verpflichteten übertragen werden.” Heißt also: Stromanbieter – und zwar nur die – konnten diese Zertifikate an Zwischenhändler verkaufen

Zertifikate kann man nicht direkt an den Höchstbieter verkaufen, sondern nur über Zwischenhändler zu Fixpreisen.“

Die Eckpunkte von RED II

eine eU-Richtlinie, die den Co2-Ausstoß einschränken soll. Kernziel ist für 2030 ein Anteil an erneuerbarer energie von mindestens 32 Prozent am Mix.

• Regelungen für eine kostenwirksame und marktbasierte finanzielle Unterstützung für elektrizität aus erneuerbaren Quellen • Maßnahmen für den Schutz von Förderregelungen vor Änderungen, die bestehende Projekte gefährden • Kooperationsmechanismen zwischen Mitgliedsstaaten der eU sowie zwischen Mitgliedsstaaten und Nicht-eU-ländern • Maßnahmen für die Vereinfachung der Verwaltungsverfahren für Projekte im Bereich der erneuerbaren energien (einschließlich zentraler Anlaufstellen,

Fristen und Digitalisierung) • ein verbessertes Herkunftsnachweissystem, das auf alle erneuerbaren energien ausgedehnt wird • Bestimmungen, die es den Verbrauchern ermöglichen, ihren eigenen Strom zu erzeugen, einzeln oder als teil von erneuerbare-energie-Gemeinschaften, ohne übermäßige einschränkungen • Gestärkte eU-Nachhaltigkeitskriterien für Bioenergie, indem ihr Geltungsbereich auf alle aus Biomasse hergestellten Kraftstoffe ausgedehnt wird Für den Verkehrssektor gibt es speziell definierte Ziele: • ein verbindliches Ziel von 14 Prozent mit einem spezifischen teilziel für fortschrittliche Biokraftstoffe von 3,5 Prozent und eine obergrenze für konventionelle Biokraftstoffe und die schrittweise

Herabsetzung von Biokraftstoffen mit hohem

Risiko, keine emissionen einzusparen

und genau dafür hat schon 2022 eine Maklerfirma ihre Pforten geöffnet. Die Idee dahinter: Jetzt schon E-AutoFahrer verpflichten und sie auszahlen, gleichzeitig die entsprechende Menge Zertifikate von den Stromfirmen erwerben – und entsprechend weiterreichen. Epuls gibt selbst zu, dass das ganze natürlich einem gewissen Risiko unterlag und wenn die Stromfirmen nicht mitspielen, die Ausschüttungen an die Autofahrer wohl vom

Marketingbudget kommen mussten. Wäre die KVO-Novelle also doch nicht gekommen, hätte das Geschäftsmodell durchaus zu einem knapp kalkulierten Spiel werden können.

Bei PV-Anlagen gibt es keine Möglichkeit, sich die CO2-Einsparung anrechnen zu lassen.“

Österreichische Lösung

Doch so revolutionär diese Maßnahmen auch sind, so komplex ist deren Umsetzung. Wir versuchen, ein wenig den Dschungel der Gesetzestexte zu entwirren, der so frisch ist, dass die Druckerschwärze noch ausdampft. Derzeit sieht es so aus, dass in Österreich der reine Besitz eines E-Autos nicht ausreicht, um in den Genuss dieser Auszahlungen zu kommen. Wichtig ist, dass man eine Lademöglichkeit hat, die mit erneuerbarer Energie gespeist wird. Das muss nachgewiesen werden können und gilt auch nur für Privathaushalte. Das heißt also, dass nach derzeitigem Stand Ladepunkte an Firmenstandorten nicht in diese Regelung fallen, wobei hier das letzte Wort noch nicht gesprochen sein soll. Der Halter des E-Fahrzeugs ist verpflichtet, genaue Aufzeichnungen über die geladene Energie zu machen, die zum Beispiel der Zwischenhändler in Form der eQuote abkauft. Ist eine exakte Erfassung nicht möglich, gilt eine Pauschale von 1.500 kWh pro Fahrzeug und Jahr. Die pauschale Regelung soll nur für rein batteriebetriebene Fahrzeuge – nicht aber für Plug-in-Hybride – gelten. Die Höhe der Auszahlungen ist ebenso noch nicht exakt geklärt. Auch die Frage, wie es bei Leasingautos läuft, ist noch nicht ganz genau geklärt. Keine Probleme sollte es aber bei jenen Fahrzeugen geben, bei denen der Zulassungsbesitzer der Fahrer ist und nicht der Leasinganbieter. Wie diese Sache aussieht, wenn man eine eigene Photovoltaik-Anlage betreibt, muss Stand Redaktionsschluss auch noch final geklärt werden. Ob und wann dieser Missstand bei uns abgeändert wird, ist aber noch völlig unklar, zumal es auch noch eine Abänderung der Förderlandschaft gibt. Sprich: Nicht mehr der Erwerb von E-Autos ist für Unternehmer künftig gefördert, sondern voraussichtlich deren Betrieb und Besitz, was über THG-Quoten einfach lösbar wäre. Und auch für die Restwertentwicklung gebrauchter Stromer wäre das durchaus positiv zu sehen – und deren Kurse könnten sprunghaft nach oben schießen. Eben doch fast ganz genauso wie an der Börse. •

Was ist die Kraftstoffverordnung?

Die KVO legt Qualität von Kraftstoffen und nachhaltige Verwendung von Biokraftstoffen fest. Konkret bedeutet das, dass in dieser Verordnung auf Gesundheits- und Umweltaspekten beruhende technische Spezifikationen für Kraftstoffe für Kraftfahrzeuge sowie Substitutionsregelungen und Nachhaltigkeitskriterien für Biokraftstoffe festgelegt und ein Ziel für die Minderung der Lebenszyklustreibhausgasemissionen gesetzt werden. Neben all den Spezifikationen, Prüfverfahren und Kennzeichnungen ist aber auch vermerkt, wie hoch der Anteil an biologischen Kraftstoffen sein muss. Konkret: „Ab dem 1. Jänner 2020 haben die Substitutionsverpflichteten zumindest 0,5 Prozent der Energiemenge des gesamten von der Substitutionsverpflichteten oder vom Substitutionsverpflichteten im Bundesgebiet in den verbrauchsteuerrechtlichen freien Verkehr gebrachten oder verwendeten fossilen Kraftstoffs pro Jahr durch Kraftstoffe aus Rohstoffen zu substituieren.“ Dieser Anteil wird in den nächsten Jahren kontinuierlich angehoben.

Aus für E-AutoFörderung bei Unternehmen

Während Privatpersonen beim Kauf eines E-Autos nach wie vor 5.000 Euro erhalten, gibt es für Firmen keine Förderungen mehr. Bei Betrieben bleiben allerdings zumindest die steuerlichen Begünstigungen wie etwa die Befreiung vom Sachbezug aufrecht. Auch die Vorsteuerabzugsfähigkeit, der Entfall der NoVA und der Wegfall der motorbezogenen Versicherungssteuer bleiben erhalten, wenn sich eine Firma für ein Elektroauto entscheidet. Für eine betriebliche ladeinfrastruktur gibt es indes weiterhin bis zu 30.000 Euro und zudem werden mit dem ENINProgramm 2023 weitere Anreize geschaffen, vor allem für elektrische Nutzfahrzeuge, siehe auch im beiliegenden „NUTZFAHRZEUG-KOMPASS“.

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