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Rückblick
Rückblick Abgang ohne Ende
Dass sich Studebaker aus dem Leben mit einem teuren Leichtbausportwagen verabschiedete, hatte weit weniger Wahnsinn in sich, als man glauben möchte. Das revolutionäre Konzept änderte aber nichts am bösen Ende für die Firma. Nicht jedoch für den Avanti.
Text: Roland Scharf, Foto: Werk
Studebaker, eine Marke, deren Geschichte an sich schon fast wie der große amerikanische Traum klingt. Konnte da überhaupt etwas schief gehen? Viel. Schlicht gesagt, waren drei Details Schuld an Studebakers Niedergang: Ford. Chrylser. Und vor allem GM. Gegen die großen drei, die Autos immer billiger anbieten konnten – miese Technik hin oder her –, verlor Studebaker immer mehr an Boden. Doch wie kommt man nun möglichst rasch und preiswert wieder in den schwarzen Bereich? Völlig logische Idee: Mit einem exklusiven Sportwagen!
Der Avanti sah schnell aus, war es auch; dennoch trieb er Studebaker in den Ruin
Exotische Vorteile
Studebaker hatte tatsächlich einen schlauen Plan. Als Basis nahm man einfach den Lark, der erst kürzlich auf den Markt kam. Die vorhandenen Motoren sorgten für genügend Leistung, erst recht mit einem Kompressor. Und dass man die Karosserie aus glasfaserverstärktem Kunststoff herstellte, hatte gleich mehrere Vorteile: Zum einen war die Produktion günstiger, das Gewicht niedriger und Anfang der 1960er galt man mit einem dermaßen exotischen Material zudem als äußerst innovativ.
Salzige Superlativen
Um aufzufallen, wählte man zudem ein äußerst ungewöhnliches Design aus der Feder von Raimund Loewy, der zudem als Erfinder der Stromlinie gilt – oder zumindest von dem, was danach aussieht. Da das Leergewicht gerade einmal 1.400 Kilogramm betrug, schloss Studebaker auf die viel mächtigeren Rivalen von Ford und Chevrolet bei den Fahrwerten nicht nur auf. Knapp 30 Geschwindigkeitsrekorde auf dem Bonneville Salzsee veranlassten die Marketingabteilung dazu, nicht mit Superlativen zu geizen, sodass man den Avanti als das schnellste Serienauto der Welt bewarb. Jedenfalls roch der Wagen zu jener Zeit, als Leistung und Beschleunigung bei einem Auto noch über alles gingen, förmlich nach Erfolg. Doch es fehlte Studebaker definitiv an dem ausreichend langen Atem. Nur ein Jahr nach der Premiere war der Traditionsautobauer insolvent und der Avanti lief 1963 nach nicht einmal 6.000 Exemplaren aus, aber tat er das wirklich? Tatsächlich schlossen sich nämlich einige ehemalige Stu-Dealer zusammen und erwarben aus der Konkursmasse die Fertigungswerkzeuge, um den Avanti auf eigene Rechnung weiter zu produzieren. Für viele war das aber nicht mehr das gleiche, denn weder der echte Studebaker-Motor noch ein Kompressor kamen zur Anwendung, sondern ausgerechnet der Antrieb aus dem größten Konkurrenten, der Corvette. Der eigentliche Witz an dieser Geschichte ist also, dass der Avanti seine Marke auf diese Weise nicht nur um ein paar Jahre überlebte, sondern gleich um ein paar Jahrzehnte. Das gelang sonst keinem anderen Auto. Und man kann es kaum glauben, aber tatsächlich rollte erst 2006 der allerletzte vom Band. •