9 minute read
MASCHINENBERICHT VON MICHAEL WÖHRER
Die optimale Gärzeitsteuerung
DER TEIG BRAUCHT EINE BESTIMMTE ZEIT IN DER MODERNEN REIFE-ANLAGE
Advertisement
Ohne Kälte geht in der Bäckerei nichts mehr. Der Verbraucher assoziiert warm mit frisch, also werden Teiglinge direkt in den Filialen gebacken. Zu ihrer Konditionierung nutzt man den Umstand, dass sich ein Absinken der Temperatur, grob zusammen gefasst, auf die Aktivität von Hefen und Enzymen regulierend auswirkt. Ein kühl geführter Teig benötigt dementsprechend länger Zeit, um den gleichen Reifezustand zu erreichen, wie ein warm geführter Teig. Wesentlich für eine hohe Backwarenqualität sind vor allem eine ausreichend stabile Struktur des Teiges, ein optimales Gashaltevermögen und eine hohe Gärtoleranz. Erreicht wird das in aller Regel durch eine veränderte Temperaturführung, die Reduzierung der Hefemenge, eine Anpassung der Teigausbeute und eine ausreichend lange Teigruhe. Bei der Bereitstellung von Teiglingen in den Verkaufsstellen können sich jedoch aufgrund der vielen Einflussfaktoren unterschiedliche Problemfelder auftun. Einflussfaktoren sind unter anderem die schwankende Außentemperatur, Unregelmäßigkeiten beim Transport, unterschiedliche
Schockfroster von MIWE (SF & SF-D)
© BÄKO Michael Wöhrer -ÖSTERREICH Leiter der BÄKO Maschinen- und Geräteabteilung
Teigqualitäten, differierende Reifezustände vor dem Konditionieren und die natürlichen Schwankungen in der Rohstoffbeschaffenheit.
VOM MINUS INS PLUS
Es gibt die klare Tendenz in der Kältetechnik aus dem Minus- in den Plusbereich zu wechseln. Der Begriff Langzeitführung allein bedeutet eigentlich nur, dass ein Teig lange liegen gelassen wird, um die Eigenschaften des Produktes zu verbessern. Die Frage ist: Wie lange kann ich einen Teig liegen lassen, unter welchen Bedingungen und wann ist der Zeitpunkt erreicht, dass der Teig oder besser gesagt die Backware negative Eigenschaften annimmt, die der Kunde nicht mehr akzeptiert? Dazwischen bestehen alle Möglichkeiten. Man muss aber klar sehen, dass die kältetechnisch unterstützte Langzeitführung, je weiter sie in den Plusbereich kommt, in der Führung schwieriger wird. Wenn man in der gesamten Herstellungskette einige Verfahrensparameter nicht einhält, kann das sehr leicht zu einer Beeinträchtigung der Qualität führen. Das schwächste Glied zerstört die Qualität der Backware. Ich muss also viel sorgfältiger arbeiten, als wenn ich die Teigführung in tieferen Temperaturzonen fahre. Grundsätzlich bedeutet die Veränderung der Temperatur immer eine Veränderung der Abläufe im Teig durch Hefe- und Enzymaktivität. Man muss deshalb Teig und Technik zusammenbringen. Die Gärtechnik muss immer auf die Wünsche und Möglichkeiten einer Bäckerei zugeschnitten werden. Die Anlagentechnik selbst ist aber nur ein Faktor. Voraussetzung für die Herstellung qualitativ hochwertiger Backwaren ist der gesamte Prozess bis hin zum Backen. Dazu gehört Rezepturtreue, die Grundqualität der Rohstoffe, das Einhalten von Teigruhezeiten, Temperaturen und anderen Parametern. Eventuell ist bei der Einführung eines neuen Kältesystems auch eine Rezepturanpassung notwendig oder vorteilhaft. Die Verfahren erfordern heute ein neues Verständnis. Eine Kälteanlage allein ist kein Garant für bessere Qualität. Der gesamte Prozess ist wichtiger.
Die Veränderung der Anlagentechnik ist ein schleichender Prozess, der zu unserer heutigen Technik geführt hat. Die Technik hat sich weiterentwickelt und wurde verbessert. Die Toleranzen sind sicherlich kleiner geworden und die Anlagen bieten viel mehr Möglichkeiten. Frei programmierbare Steuerungstechnik, Gegenkühlung, Luftführung, Lüfter-Steuerung usw. Neben der Temperatur spielt die exakte Steuerung der Feuchte heute eine entscheidende Rolle. Sie muss vom Kältesystem konsequent und exakt eingehalten werden. Auch starke Schwankungen dürfen nicht mehr auftreten, wie teilweise in älteren Anlagen. Es muss eine sehr flache, gleichmäßige Feuchtigkeitskurve gewährleistet sein, um Teiglinge über einen langen Zeitraum im Plusbereich lagern zu können. Zum Beispiel ergeben sich schon Unterschiede in der Anlageneinstellung durch die Teigreife, mit der Teiglinge in eine Kälteanlage kommen. Junge Teige neigen immer dazu, feuchter zu sein, als reifere Teige. Entsprechend benötigen sie nach der Gärverzögerung andere Bedingungen. Der eine Teig benötigt
beispielweise nur 84 Prozent Feuchtigkeit, der andere 88 Prozent. Wir müssen heute viel mehr Nuancen bei einem Kälteverfahren berücksichtigen. Auch wenn die meisten chemischen und biologischen Prozesse innerhalb des Teiges vorwiegend von der Einflussgröße der Temperatur gesteuert werden, bedarf es einer ausgeklügelten Steuerung der Feuchte während der Konditionierung, um produktspezifische Merkmale ausbilden zu können. Während Brezen trocken garen können, werden Semmeln umso besser, je mehr Feuchte in der Luft vorhanden ist. Die Möglichkeit, die relative Feuchte während der Langzeitführung steuern zu können, gewinnt daher einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf die Qualität der Produkte. Eine intelligente Gärsteuerung lässt daher eine Feuchtesteuerung, natürlich in Abhängigkeit von der Temperatur, zu. Zudem kann es hilfreich sein, aus den Teiglingen entweichende Feuchtigkeit aus der Luft zu entfernen, um Schimmel und Schwitzen auszuschließen.
KNETUNG/ AUFARBEITUNG
Teige für die gekühlte Teigführung sollen nicht zu weich geführt werden. Jeder Teigling wird durch die bereits beschriebenen Prozesse im Verlauf der Führung an Stabilität verlieren. Zu weiche Teige würden u.a. zu einem raschen Breitlaufen führen, was eine flache Gebäcksform bedeuten würde. Ein elementarer Punkt bei der Teigherstellung bildet das Kneten. Aufgrund der heutzutage durchwegs hohen Klebermengen und Quellstoffanteile der Bäckermehle empfiehlt sich zunächst eine recht lange Quellknetphase. Dadurch kann die optimale Wasseraufnahme der Mehle gewährleistet werden. Die Intensiv-Knetphase orientiert sich dann eher an den von den Mühlen empfohlenen Farinogrammdaten (Knetstabilität). Selbstverständlich sollte auf ein gutes Auskneten geachtet werden. In diesem Zusammenhang darf die Temperatur nicht unerwähnt bleiben. Diese sollte nicht über 25 Grad Celsius liegen. Auf die Verwendung von Scherbeneis oder zumindest von Eiswasser sollte deshalb auch im Winter nicht verzichtet werden. Im Sommer eine Teigtemperatur ohne Kühlmaßnahmen zu erreichen ist nahezu unmöglich. Der Aufarbeitung sollte eine der Hefemenge und der Teigeigenschaften angepasste Teigruhe vorangehen. Das ist wichtig, damit Teige entspannt und ver-
arbeitbar (Elastizität, Trockenheit, Maschinengängigkeit) sind. Nach der Aufarbeitung empfiehlt sich ein schnelles Überführen der Teiglinge in die Gärzeitsteuerungsanlage beziehungsweise den Schock- oder Saugkühler.
WAS IST BEI DER LAGERUNG ZU BEACHTEN?
Sind die Teiglinge in die Anlage eingebracht, so ist es ratsam, in schnellster Zeit die Kerntemperatur von unter +7 Grad Celsius zu erreichen. Nach dem Senken der Kerntemperatur empfiehlt sich ein rasches Einbringen der Ware in den vortemperierten Lagerraum. Hier ist es wichtig, dass die vorher festgelegte Lagertemperatur (je nach Verfahren) möglichst exakt eingehalten wird. Unnötiges Öffnen oder Einbringung von ofenwarmer Ware in den sensiblen Bereich führt zu starken Temperaturschwankungen. Diese wiederum können zu ungewollten physikalischen oder biochemischen Prozessen führen, die Gebäckfehler zur Folge haben können. Genauso wichtig wie das Trennen von Schock- und Lagerbereich ist die Einstellung der Lüftergeschwindigkeit der Kälteanlagen. Nicht selten sieht man leider in der Praxis Gebäckfehler wie das Austrocknen der Krume oder das Abblättern der Kruste, die auf starke Austrocknungsprozesse während der GZS-Führung zurückzuführen sind. Ursache dieser Austrocknung stellt oft eine zu starke Lüftergeschwindigkeit dar.
WAS IST BEI DER LOGISTIK ZU BEACHTEN?
Bei der Kommissionierung der in der Kühlung lagernden Teigstücke sind natürlich neben den Temperaturschwankungen auch die zu starken Temperaturdifferenzen zu vermeiden. Zu langes Stehen der Dielenstapel
DRUCK IN EINER NEUEN DIMENSION
Als hoch spezialisierte Offsetdruckerei gilt bei Gutenberg die Devise: Nur drucken ist zu wenig.
Vielmehr geht es uns darum, in Sachen Leistung, Qualität, Sicherheit, Service und Umwelt nicht nur höchsten Standards zu genügen, sondern Maßstäbe zu setzen.
oder Stikkenwagen in der Kommissionierzone bedeutet bereits ein zu starkes Temperaturgefälle. Auch eine offene, nicht abgedeckte Lagerung ist zu vermeiden. Optimal ist eine zeitnahe und bedarfsgerechte Kommissionierung, bei der die Teiglinge weder austrocknen, noch zu stark kondensieren. Für den Transport der Ware in die Filialen wäre natürlich ein getrennter Transport von Teiglingen und warmer Backware ideal. Dies würde die Anschaffung von Kühlfahrzeugen oder die Nachrüstung der vorhandenen Transporter bedeuten. Die Anschaffung von Thermoboxen für gekühlte Ware ist eine Möglichkeit, eines von der Außentemperatur weitgehend unabhängigen Transportes der Ware. In der Praxis kann sehr häufig beobachtet werden, dass die aus der Kühlung geholten Teiglinge bei Transport in die Filiale nicht weit von ofenwarmer Backware stehen. Dies ist auf jeden Fall zu vermeiden. Neben diesen genannten Maßnahmen und Hinweisen ist ein Punkt noch ein besonders hervorzuheben, nämlich die Schulung und Sensibilisierung des Personals. Den Menschen, die mit diesen sensiblen Dingen umgehen, muss klar sein, welche Auswirkungen schon kleine Fehler, Schwankungen oder abweichende Prozessbedingungen zur Folge haben können. Deshalb sind immer wiederkehrende Schulungen und Unterweisungen des Personals unabdingbar, um die Gärzeitsteuerung erfolgreich betreiben zu können. Heute ist es möglich, mit wirkungsvollen Gärzeitsteuerungsverfahren zu arbeiten. Diese erlauben es, rationeller, flexibler und kostengünstiger bei hoher Qualität zu produzieren. Möchte man als Bäcker eine gleichmäßige, reproduzierbare Qualität in Verbindung mit einer Langzeitführung der Teiglinge, muss die Kältetechnik ein hohes technisches Niveau haben. Dafür hat der Anwender den Vorteil mit einem sehr energiesparenden System zu arbeiten, das zudem eine hohe Produktionssicherheit gewährleistet. Voraussetzung für das Arbeiten damit ist und bleibt aber das Einhalten verfahrenstechnischer Aspekte im Bereich Rohstoffe, Herstellung, Lagerung und Logistik. Auch das Thema Mitarbeiterschulung und Mitarbeiterunterweisung sollte zum Qualitätsstandard eines erfolgreichen Backbetriebes gehören.
IMPRESSUM „BÄKO BACKSZENE – Inspirationen.Trends.Neuigkeiten“ ist eine unabhängige, nicht parteipolitisch orientierte, kostenlose Kundenzeitschrift. Sie informiert die Kunden, Partner und Geschäftsfreunde der BÄKO-ÖSTERREICH mit Themen und Beiträgen über und rund um die Backbranche und erscheint 4 x jährlich. Derzeitige Auflage: 3.500 Exemplare. // Zugunsten einer besseren Lesbarkeit werden geschlechtsspezifische Bezeichnungen überwiegend in männlicher Form verwendet. Gemeint und angesprochen sind aber natürlich immer beide Geschlechter. // Medieninhaber, Herausgeber und für den Inhalt verantwortlich BÄKO-ÖSTERREICH e. Gen., A-4030 Linz/Pichling, Im Südpark 194, Telefon +43 (0) 732 / 30 57 07 - 0, Telefax +43 (0) 732 / 30 57 07 - 223. // Redaktion afp werbeagentur gmbh, A-4020 Linz, Südtirolerstraße 33, Telefon +43 (0)732 / 787833, Fax DW 4, office@afp.at, www.afp.at Chefredakteurin Mag. Claudia Rathmoser (afp) // Ständige und zeitweilige Redaktionsmitglieder seitens BÄKO-ÖSTERREICH Robert Brandner (Geschäftsführung, r.brandner@baeko.at), Mag. Markus Geres (Geschäftsführung, m.geres@baeko.at), Michael Wöhrer (Maschinen und Geräte, m.woehrer@baeko.at), Ing. Christoph Staudinger (Qualitätsmanagement, c.staudinger@baeko.at), Mag. Caroline Guger (Marketing, c.guger@baeko.at) Carina Zandonelli (BÄKO-Fotos, c.zandonelli@baeko.at), Mag. Victoria Losbichler (Marketing, v.losbichler@baeko.at) // Leserservice marketing@baeko.at // Layout und Grafik afp werbeagentur // Fotos BÄKO-ÖSTERREICH, Hersteller, iStock, shutterstock, afp, Slupetzky Unterlagen Für unverlangt eingesandte Manuskripte, Fotos und Datenträger wird keine Haftung übernommen. // Anzeigenverkauf und -verwaltung Mag. Caroline Guger (c.guger@baeko.at), BÄKO-ÖSTERREICH, p. A. w. o., Gültige Anzeigenpreisliste 01/2018 // Druck: Gutenberg, 4020 Linz, Vertrieb: BÄKO-ÖSTERREICH, p. A. w. o. // Die Verwertung der Layouts, Texte und Bilder, auch auszugsweise, ist ohne schriftlicher Zustimmung der Redaktion urheberrechtswidrig und strafbar. Dies gilt auch für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmung und für die Verarbeitung in elektronischen Systemen. BÄKO-ÖSTERREICH und die Redaktion der BÄKO BACKSZENE zeichnen für die in beigestellten Artikeln vertretenen Meinungen und für die Inhalte von Inseraten nicht verantwortlich; sie behalten sich ohne Angabe von Gründen vor, Artikel nicht zu veröffentlichen und Inserate nicht zu schalten.
Ihr kompetenter Partner für Edelstahl, Bäckerei, Konditorei und Großkücheneinrichtungen
Seit über 135 Jahren
Unsere Adresse: Strohauer GmbH Von-Miller-Straße 12 D 67661 Kaiserslautern Tel: +49(0)631-53563-0 Fax: +49(0)631-53563-28 info@strohauer-gmbh.de wwwww.strohauer-gmbh.de facebook.de / strohauer gmbh