Fakten, Hintergründe und Analysen für den Öffentlichen Dienst
ISSN 1437-8337
Nr. IV / 38. Jg / 18. Woche
Berlin und Bonn / Mai 2022
Vollsperrung und Abriss Jutta Steinruck über die Neuerfindung von Ludwigshafen ......................................Seite 16
Verstärkter Kampf gegen Geldwäsche (BS/mfe) Unter deutschem Vorsitz haben sich die Minister der 39 Mitglieder der Financial Action Task Force (FATF) darauf geeinigt, den Kampf gegen Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung und Finanzierung von Proliferation zu intensivieren. Es kommt ihnen insbesondere darauf an, die Effektivität der praktischen Durchsetzung ihrer Anti-Geldwäsche- und Anti-Terrorismusfinanzierungsregime erheblich zu stärken. Die Minister haben sich dazu verpflichtet, ihre rechtlichen Rahmenbedingungen im Kampf gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zu vervollständigen und zu stärken. So müssen künftig alle Staaten weltweit ein Transparenzregister oder einen gleich effizienten Mechanismus aufweisen. Diese Standards sollen die Verschleierung von illegalen Vermögenswerten mithilfe undurchsichtiger Firmengeflechte erschweren. Deutschland besitzt bereits ein Transparenzregister.
www.behoerdenspiegel.de
Eine ambitionierte Zukunftsvision
Keine operativen Befugnisse
Patrick Burghardt zur “Digitalen Verwaltung 4.0” ........................................ Seite 28
Peter Beuth über die Ausrichtung von Europol .............................................. Seite 42
Hilfe für die Ukraine
Vereinfachte Regeln (BS/bk) Die Vergaberegeln für Einkäufe, die im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg stehen, wurden vereinfacht. Die Vereinfachung gilt für Beschaffungen von unter 10.000 Euro. Dies teilte das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) mit. Ziel der Maßnahme ist es, den Bundes-, Landes- und Kommunalverwaltungen eine schnelle Reaktion zu ermöglichen. Konkret sollen die Investitionen im Bereich der IT- und CyberSicherheit, der Sicherstellung des Zivil- und Katastrophenschutzes, der Gefahrenabwehr, des Gesundheitsschutzes sowie der Versorgungssicherheit (einschließlich Energieversorgung und in Reaktion auf gestörte Lieferketten) sowie für die Versorgung von ukrainischen Geflüchteten erleichtert werden. Aufgrund der unvorhergesehenen Ereignisse fallen die Beschaffungen unter die Vorgaben der Dringlichkeitsvergaben.
G 1805
Koordination der internationalen Gemeinschaft (BS/Dorothee Frank) Das Thema Waffenlieferungen an die Ukraine erhitzt aktuell die Gemüter. Nach der Abkehr der deutschen Politik vom Primat, keine Waffen in Kriegsgebiete zu liefern, überschlagen sich Politiker und Experten mit Forderungen sowie Unternehmen mit Angeboten. Dazwischen stehen das Bundesverteidigungsministerium (BMVg) und die Bundeswehr, die in Zusammenarbeit mit den NATO-Partnern das Sinnvolle und Machbare eruieren müssen, statt tagesaktuellen Forderungen hinterherzulaufen. Bei allem verständlichen Wunsch nach sofortigem Aktionismus muss die internationale Hilfe schließlich durchhaltefähig und langfristig ausgerichtet sein. Und es braucht einen Koordinator. Diese Rolle haben – mal wieder – die USA übernommen. Übernehmen müssen. “Die anhaltende und koordinierte Unterstützung der internationalen Gemeinschaft – unter der Führung und mithilfe der Vereinigten Staaten – ist ein wesentlicher Grund dafür, dass die Ukraine die Übernahme ihres Landes durch Russland verhindern konnte”, sagte der Präsident der Vereinigten Staaten, Joe Biden, Ende April. “Die Schlacht um Kiew war ein historischer Sieg für die Ukrainer. Es war ein Sieg für die Freiheit, den das ukrainische Volk mit beispielloser Unterstützung durch die Vereinigten Staaten und unserer Verbündeten und Partner errungen hat.”
Deutschland als Teil des Ganzen Deutschland fügt sich in dieses internationale Geflecht ein, als ein Mosaikstein unter vielen. Denn nur gemeinsam kann geholfen werden, es gilt, die Last in den kommenden Jahren gleichmäßig zu verteilen. Nicht nur Waffenlieferungen unterstützen die Ukraine, sondern auch die
auch hier gibt es nichts zu beanstanden. Und es hat eine erfolgreiche wehrtechnische Industrie, die allerdings in den vergangenen Sparjahren ihre Kapazitäten reduzieren musste und eine gewisse Zeit braucht, um diese wiederaufzubauen. Genauso braucht die Bundeswehr nach den Jahren des (Kaputt-)Sparens Zeit, um wieder vollumfänglich für die Landes- und Bündnisverteidigung einsatzbereit zu sein.
Führungsnation USA
Deutschland könnte zwar theoretisch Panzer liefern, nur wäre der Nutzen fragwürdig und ein Alleingang wenig sinnvoll. Foto: BS/Bundeswehr, Marco Dorow
Aufnahme und Versorgung der Flüchtlinge, damit die Kultur und Sprache erhalten bleibt. Damit es später, nach Jahren des Krieges, Ukrainer gibt, die zurückkehren und das Land wiederaufbauen können. Falls eine Rückkehr überhaupt möglich wird (siehe hierzu auch den Artikel “Hoffnung für die Ukraine?” auf Seite 41 in dieser Ausgabe). Wie die koordinierte Hilfe aussehen kann – und wie weitreichend die USA sie vorausplanen – zeigen mehrere Beispiele der vergangenen Wochen mit
deutscher Beteiligung. So verlegte die Bundeswehr (und andere Nationen) Soldaten und Patriot-Luftverteidigungssysteme in die Slowakei, damit die Slowakei ihre ursprünglich russischen S-300-Luftverteidigungssysteme an die Ukraine liefern kann. Ein weiteres Beispiel sind die Panzerhaubitzen 2000 (PzH 2000). Hier liefern die Niederlande die PzH 2000, während Deutschland die Munition dazu gibt und die Ausbildung der ukrainischen Soldaten übernimmt.
Es mag überraschend sein, aber Deutschland ist nicht der Nabel der Welt. Es ist eine große Volkswirtschaft im Herzen Europas und als solche ein wichtiger Partner für die USA. Es ist die logistische Drehscheibe, Stationierungs- und Aufmarschgebiet. Eine Rolle, die es dank der durchgehend herausragenden Arbeit der Bundeswehr und besonders der Streitkräftebasis erfolgreich erfüllt. Es ist Truppensteller für die NATO, aktuell der zweitgrößte nach den USA. Es ist Aufnahmeland für ukrainische Flüchtlinge,
Alle diese Defizite wären verheerend, wenn Deutschland alleine stünde. Es ist aber eingebettet in die Nordatlantische Allianz und die USA wissen um die Stärken und Schwächen der NATO-Mitglieder. Deutschlands größte Schwäche ist demnach aktuell nicht der Mangel an Waffenlieferungen, sondern die Abhängigkeit vom russischen Gas (siehe hierzu auch den Artikel “Risiko Gasmangel” auf Seite 46 in dieser Ausgabe). Die USA verfolgen konsequent das Ziel der Unterstützung der Ukraine bei gleichzeitiger Verhinderung einer Eskalation des Krieges und somit eines Flächenbrandes in Europa. An dem ruhigen Agieren der amerikanischen Politik könnte sich auch Deutschland ein Beispiel nehmen, statt zwischen Selbstüberschätzung und blanker Angst zu schwanken.
Kommentar
Kindertisch oder konnexitäre Kooperation? (BS) Die Ampelregierung will eine neue Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern und Kommunen auf den Weg bringen. Die Vorbereitungen für einen Föderalismusdialog laufen auf vollen Touren. So langsam kristallisieren sich die Themen heraus. Hoffentlich haben die Kommunen nicht schon wieder das Nachsehen. Im aktuellen Koalitionsvertrag sind über 50 Koordinierungsvorhaben zwischen dem Bund, den Ländern und den Kommunen aufgeführt und die Revision des Föderalismus angekündigt. Zu Letzterem will die Bundesregierung in den Dialog mit den anderen beiden staatlichen Ebenen treten und zu einer transparenteren und effizienteren Verteilung der Aufgaben kommen. Es soll ein großer Wurf werden, aber noch ist nichts fixiert. Aktuell arbeitet man im Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) an der genauen Ausgestaltung des Dialoges. Fest steht, dass sich mehrere Ressorts des Bundes an dem Dialog beteiligen werden. So soll sich beispielsweise das Bundesministerium für Digitales und
Verkehr (BMDV) im Rahmen der Digitalisierung für die Modernisierung des Staates und der Verwaltungsverfahren einbringen. Eine Aufgabe, bei der auch das BMI mitwirken wird. Im Gegenzug sollen nationale Strategien etwa zur biologischen Vielfalt oder die nationale Wasserstrategie nicht Gegenstand des Austauschformates werden. Dieses Vorgehen ist sinnvoll und richtig. Warum sollen konkrete fachpolitische Themen in einem allgemeinen Dialog über den Staatsaufbau und die Aufgabenerfüllung thematisiert werden? Andererseits ist es unumgänglich, die kommunale Ebene an dem Dialog zu beteiligen. Nicht wie beim Onlinezugangsgesetz mit einem Platz am sogenannten Kindertisch, sondern als
gleichwertiger Partner neben Bund und Ländern. Denn der Dialog muss die Aufhebung des Kooperationsverbotes des Bundes mit den Kommunen ebenso thematisieren, wie ein Konnexitätsprinzip des Bundes zu den Kommunen. Parallel sind die Aufgaben- und Gesetzgebungsbereiche klar zu trennen. Wenn die Länder für die Bildung zuständig sind, hat sich der Bund nicht einzumischen. Das müssen auch Bundesparlamentarier akzeptieren. Auf der anderen Seite müssen die Länder die dafür nötigen Ausgaben aus ihren eigenen Etats bestreiten. Wer zuständig ist, bezahlt. Auch das gehört zu einer Revision des Föderalismus. Jörn Fieseler
Tanz auf dem Vulkan