Behörden Spiegel Mai 2022

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Fakten, Hintergründe und Analysen für den Öffentlichen Dienst

ISSN 1437-8337

Nr. IV / 38. Jg / 18. Woche

Berlin und Bonn / Mai 2022

Vollsperrung und Abriss Jutta Steinruck über die Neuerfindung von Ludwigshafen ......................................Seite 16

Verstärkter Kampf gegen Geldwäsche (BS/mfe) Unter deutschem Vorsitz haben sich die Minister der 39 Mitglieder der Financial Action Task Force (FATF) darauf geeinigt, den Kampf gegen Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung und Finanzierung von Proliferation zu intensivieren. Es kommt ihnen insbesondere darauf an, die Effektivität der praktischen Durchsetzung ihrer Anti-Geldwäsche- und Anti-Terrorismusfinanzierungsregime erheblich zu stärken. Die Minister haben sich dazu verpflichtet, ihre rechtlichen Rahmenbedingungen im Kampf gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zu vervollständigen und zu stärken. So müssen künftig alle Staaten weltweit ein Transparenzregister oder einen gleich effizienten Mechanismus aufweisen. Diese Standards sollen die Verschleierung von illegalen Vermögenswerten mithilfe undurchsichtiger Firmengeflechte erschweren. Deutschland besitzt bereits ein Transparenzregister.

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Eine ambitionierte Zukunftsvision

Keine operativen Befugnisse

Patrick Burghardt zur “Digitalen Verwaltung 4.0” ........................................ Seite 28

Peter Beuth über die Ausrichtung von Europol .............................................. Seite 42

Hilfe für die Ukraine

Vereinfachte Regeln (BS/bk) Die Vergaberegeln für Einkäufe, die im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg stehen, wurden vereinfacht. Die Vereinfachung gilt für Beschaffungen von unter 10.000 Euro. Dies teilte das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) mit. Ziel der Maßnahme ist es, den Bundes-, Landes- und Kommunalverwaltungen eine schnelle Reaktion zu ermöglichen. Konkret sollen die Investitionen im Bereich der IT- und CyberSicherheit, der Sicherstellung des Zivil- und Katastrophenschutzes, der Gefahrenabwehr, des Gesundheitsschutzes sowie der Versorgungssicherheit (einschließlich Energieversorgung und in Reaktion auf gestörte Lieferketten) sowie für die Versorgung von ukrainischen Geflüchteten erleichtert werden. Aufgrund der unvorhergesehenen Ereignisse fallen die Beschaffungen unter die Vorgaben der Dringlichkeitsvergaben.

G 1805

Koordination der internationalen Gemeinschaft (BS/Dorothee Frank) Das Thema Waffenlieferungen an die Ukraine erhitzt aktuell die Gemüter. Nach der Abkehr der deutschen Politik vom Primat, keine Waffen in Kriegsgebiete zu liefern, überschlagen sich Politiker und Experten mit Forderungen sowie Unternehmen mit Angeboten. Dazwischen stehen das Bundesverteidigungsministerium (BMVg) und die Bundeswehr, die in Zusammenarbeit mit den NATO-Partnern das Sinnvolle und Machbare eruieren müssen, statt tagesaktuellen Forderungen hinterherzulaufen. Bei allem verständlichen Wunsch nach sofortigem Aktionismus muss die internationale Hilfe schließlich durchhaltefähig und langfristig ausgerichtet sein. Und es braucht einen Koordinator. Diese Rolle haben – mal wieder – die USA übernommen. Übernehmen müssen. “Die anhaltende und koordinierte Unterstützung der internationalen Gemeinschaft – unter der Führung und mithilfe der Vereinigten Staaten – ist ein wesentlicher Grund dafür, dass die Ukraine die Übernahme ihres Landes durch Russland verhindern konnte”, sagte der Präsident der Vereinigten Staaten, Joe Biden, Ende April. “Die Schlacht um Kiew war ein historischer Sieg für die Ukrainer. Es war ein Sieg für die Freiheit, den das ukrainische Volk mit beispielloser Unterstützung durch die Vereinigten Staaten und unserer Verbündeten und Partner errungen hat.”

Deutschland als Teil des Ganzen Deutschland fügt sich in dieses internationale Geflecht ein, als ein Mosaikstein unter vielen. Denn nur gemeinsam kann geholfen werden, es gilt, die Last in den kommenden Jahren gleichmäßig zu verteilen. Nicht nur Waffenlieferungen unterstützen die Ukraine, sondern auch die

auch hier gibt es nichts zu beanstanden. Und es hat eine erfolgreiche wehrtechnische Industrie, die allerdings in den vergangenen Sparjahren ihre Kapazitäten reduzieren musste und eine gewisse Zeit braucht, um diese wiederaufzubauen. Genauso braucht die Bundeswehr nach den Jahren des (Kaputt-)Sparens Zeit, um wieder vollumfänglich für die Landes- und Bündnisverteidigung einsatzbereit zu sein.

Führungsnation USA

Deutschland könnte zwar theoretisch Panzer liefern, nur wäre der Nutzen fragwürdig und ein Alleingang wenig sinnvoll. Foto: BS/Bundeswehr, Marco Dorow

Aufnahme und Versorgung der Flüchtlinge, damit die Kultur und Sprache erhalten bleibt. Damit es später, nach Jahren des Krieges, Ukrainer gibt, die zurückkehren und das Land wiederaufbauen können. Falls eine Rückkehr überhaupt möglich wird (siehe hierzu auch den Artikel “Hoffnung für die Ukraine?” auf Seite 41 in dieser Ausgabe). Wie die koordinierte Hilfe aussehen kann – und wie weitreichend die USA sie vorausplanen – zeigen mehrere Beispiele der vergangenen Wochen mit

deutscher Beteiligung. So verlegte die Bundeswehr (und andere Nationen) Soldaten und Patriot-Luftverteidigungssysteme in die Slowakei, damit die Slowakei ihre ursprünglich russischen S-300-Luftverteidigungssysteme an die Ukraine liefern kann. Ein weiteres Beispiel sind die Panzerhaubitzen 2000 (PzH 2000). Hier liefern die Niederlande die PzH 2000, während Deutschland die Munition dazu gibt und die Ausbildung der ukrainischen Soldaten übernimmt.

Es mag überraschend sein, aber Deutschland ist nicht der Nabel der Welt. Es ist eine große Volkswirtschaft im Herzen Europas und als solche ein wichtiger Partner für die USA. Es ist die logistische Drehscheibe, Stationierungs- und Aufmarschgebiet. Eine Rolle, die es dank der durchgehend herausragenden Arbeit der Bundeswehr und besonders der Streitkräftebasis erfolgreich erfüllt. Es ist Truppensteller für die NATO, aktuell der zweitgrößte nach den USA. Es ist Aufnahmeland für ukrainische Flüchtlinge,

Alle diese Defizite wären verheerend, wenn Deutschland alleine stünde. Es ist aber eingebettet in die Nordatlantische Allianz und die USA wissen um die Stärken und Schwächen der NATO-Mitglieder. Deutschlands größte Schwäche ist demnach aktuell nicht der Mangel an Waffenlieferungen, sondern die Abhängigkeit vom russischen Gas (siehe hierzu auch den Artikel “Risiko Gasmangel” auf Seite 46 in dieser Ausgabe). Die USA verfolgen konsequent das Ziel der Unterstützung der Ukraine bei gleichzeitiger Verhinderung einer Eskalation des Krieges und somit eines Flächenbrandes in Europa. An dem ruhigen Agieren der amerikanischen Politik könnte sich auch Deutschland ein Beispiel nehmen, statt zwischen Selbstüberschätzung und blanker Angst zu schwanken.

Kommentar

Kindertisch oder konnexitäre Kooperation? (BS) Die Ampelregierung will eine neue Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern und Kommunen auf den Weg bringen. Die Vorbereitungen für einen Föderalismusdialog laufen auf vollen Touren. So langsam kristallisieren sich die Themen heraus. Hoffentlich haben die Kommunen nicht schon wieder das Nachsehen. Im aktuellen Koalitionsvertrag sind über 50 Koordinierungsvorhaben zwischen dem Bund, den Ländern und den Kommunen aufgeführt und die Revision des Föderalismus angekündigt. Zu Letzterem will die Bundesregierung in den Dialog mit den anderen beiden staatlichen Ebenen treten und zu einer transparenteren und effizienteren Verteilung der Aufgaben kommen. Es soll ein großer Wurf werden, aber noch ist nichts fixiert. Aktuell arbeitet man im Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) an der genauen Ausgestaltung des Dialoges. Fest steht, dass sich mehrere Ressorts des Bundes an dem Dialog beteiligen werden. So soll sich beispielsweise das Bundesministerium für Digitales und

Verkehr (BMDV) im Rahmen der Digitalisierung für die Modernisierung des Staates und der Verwaltungsverfahren einbringen. Eine Aufgabe, bei der auch das BMI mitwirken wird. Im Gegenzug sollen nationale Strategien etwa zur biologischen Vielfalt oder die nationale Wasserstrategie nicht Gegenstand des Austauschformates werden. Dieses Vorgehen ist sinnvoll und richtig. Warum sollen konkrete fachpolitische Themen in einem allgemeinen Dialog über den Staatsaufbau und die Aufgabenerfüllung thematisiert werden? Andererseits ist es unumgänglich, die kommunale Ebene an dem Dialog zu beteiligen. Nicht wie beim Onlinezugangsgesetz mit einem Platz am sogenannten Kindertisch, sondern als

gleichwertiger Partner neben Bund und Ländern. Denn der Dialog muss die Aufhebung des Kooperationsverbotes des Bundes mit den Kommunen ebenso thematisieren, wie ein Konnexitätsprinzip des Bundes zu den Kommunen. Parallel sind die Aufgaben- und Gesetzgebungsbereiche klar zu trennen. Wenn die Länder für die Bildung zuständig sind, hat sich der Bund nicht einzumischen. Das müssen auch Bundesparlamentarier akzeptieren. Auf der anderen Seite müssen die Länder die dafür nötigen Ausgaben aus ihren eigenen Etats bestreiten. Wer zuständig ist, bezahlt. Auch das gehört zu einer Revision des Föderalismus. Jörn Fieseler

Tanz auf dem Vulkan


Inhalt

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Behörden Spiegel / Mai 2022

Es klingt nach einer Plattitüde. Doch beim näheren Hinsehen entpuppt sich die Aussage, dass das Personal die wichtigste Ressource in der Verwaltung sei, als überaus richtig. Ob nun demografischer Wandel, Digitalisierung oder Klimawandel – fast alle kommenden Transformationen in der Verwaltung und der Gesellschaft benötigen gut ausgebildete und motivierte Menschen. Um die Ressource “Mensch” effektiv einzusetzen und zu halten, braucht es jedoch auch Investitionen und Pflege. Bild: BS/tomertu, stock.adobe.com

Die wichtigste Ressource in der Verwaltung (Un)erklärliche Beitragssprünge

Studie zu Homeoffice veröffentlicht

Private Krankenversicherungen fordern eine Reform ............................. Seite 4

Pandemie als Wegbereiterin mobiler Arbeitsformen ............................ Seite 42

Die Zeichen stehen auf Sturm

Es braucht mehr Anerkennung

Drei Tarifverhandlungen für die kommunalen Arbeitgeber in 2022 ...... Seite 15

BfPP-Bundesvorsitzender Kraus über seine Agenda und Ziele ............. Seite 44

IT-Konsolidierung bemängelt

Potenzial ernst nehmen

BMI und BMF bestreiten die Vorwürfe des Bundesrechnungshofs ........ Seite 29

Die Rolle von Spontanhelfern im Katastrophenschutz .......................... Seite 45

Bonn auf dem Weg zum “Modern Workplace”

Physische Leistungsbereitschaft im gesamten Einsatzspektrum

Moderne Kommunikations-Lösung als Basis für neue Arbeitsplatzmodelle ........................................................................... Seite 31

Unabdingbare Voraussetzung der Handlungsfähigkeit in den Streitkräften ............................................................................ Seite 48

Impressum

Innen Spiegel

Future4Public feiert Geburtstag! Von jungen Menschen für junge Menschen (BS/akh) Vor rund einem Jahr ging das neue Behörden Spiegel-Format Future4Public (f4p) an den Start. Die Idee: eine Plattform für die Nachwuchskräfte im Öffentlichen Sektor. Alle wichtigen Informationen rund um Arbeit und Ausbildung im Öffentlichen Dienst, Raum zum Austausch und spannende Einblicke in die Welt der Verwaltung gesammelt an einem Ort: auf www.f4p.online . Viel ist passiert in diesem Jahr. Eine Rundfahrt über die Elbe im Polizeiboot gehört sicher zu den vielen Highlights der letzten zwölf Monate. Unsere Redakteurinnen und Redakteure haben mit spannenden Menschen an den unterschiedlichsten Orten im In- und Ausland gesprochen –

mit Menschen, die sich für unsere Gesellschaft einsetzen, die etwas verändern wollen und die keine Angst haben, neue Wege auszuprobieren.

Ideen teilen Aber nicht nur das. Kreative Nachwuchskräfte haben ihre Pro-

jekte rund um Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Kultur etc. vorgestellt und gezeigt, was man mit ein paar guten Ideen alles erreichen kann. Junge Führungskräfte haben uns an ihren Erfahrungen teilhaben lassen, Deutschlands jüngster Bürgermeister hat seine Kommunikationstipps verraten

und vieles mehr. Doch es ist lange noch nicht alles gesagt. Deshalb warten auch in der nächsten Zeit wieder interessante Interviews, innovative Projekte, Tipps und Tricks, Meinungen und sicherlich die eine oder andere Überraschung bei Future4Public. Übrigens: Future4Public ist auch auf

Twitter und Instagram und als f4p audiotrack sind die Tonbeiträge in Podcast-Apps zu finden. Mehr unter: www.f4p.online Fotoquellen Seite 1: Foto 1: BS/Martin Hartmann, Stadtverwaltung Ludwigshafen Foto 2: BS/HMinD Foto 3: BS/Feldmann

Fangfrisch Fakten, Hintergründe und Analysen

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Aktuelles Öffentlicher Dienst Behörden Spiegel

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Berlin und Bonn / Mai 2022

KNAPP

Keine Statistik, kein Problembewusstsein

Wertschätzung für Personalräte

Milanie Kreutz über Gleichberechtigung und Beurteilungswesen im Öffentlichen Dienst (BS) Bei der Besoldung gebe es keine Unterschiede zwischen den Geschlechtern, unterstreicht Milanie Kreutz, Vorsitzende der DBB Bundesfrauenvertretung. “Aber hinkommen ist die Kunst.” Im Gespräch mit dem Behörden Spiegel erläutert sie die Facettenvielfalt im Beurteilungswesen und was unternommen werden könnte, um die Beurteilungen von Frauen zu verbessern. Und wie auch beim DBB Beamtenbund und Tarifunion die Präsenz von Frauen in der Bundesleitung beim Gewerkschaftstag im November 2022 verbessert werden kann. Die Fragen stellte Dr. Eva-Charlotte Proll. Behörden Spiegel: Im Öffentlichen Dienst gib es nach wie vor Unterschiede bei den Gehältern zwischen Männern und Frauen. Woran liegt das? Kreutz: In der Beamtenbesoldung gibt es keinen Unterschied. Eine A12 ist eine A12. Insofern haben wir Lohntransparenz und -gleichheit. Aber hinkommen ist die Kunst. Wenn Sie das Beurteilungssystem sehen, gibt es schon Nachteile für Frauen. Weniger wenn Männer und Frauen in Vollzeit arbeiten, aber sobald eine Frau in Teilzeit ist, wird es negativ. Das hat zuletzt eine Studie im Auftrag des DBB NRW belegt. Aber nach wie vor führen viele Behörden keine Beurteilungsstatistiken und haben deswegen sozusagen kein Problem. Für mich bedeutet das: keine Statistik, kein Problembewusstsein. Behörden Spiegel: Welche Herausforderungen bestehen im Beurteilungswesen konkret? Kreutz: Wir sind natürlich nach Eignung und Befähigung zu beurteilen. Das ist unabhängig von Mann oder Frau. Aber das Beurteilungssystem ist sehr facettenreich. In jedem Land, innerhalb der Länder, sogar in jedem Ressort gibt es unterschiedliche Beurteilungssysteme. Im Bund ist es noch mal anders. Das grundsätzliche Problem ist: Beurteilungen erfolgen immer im Nachhinein. Wer dann keine gute Beurteilung erhält, hat Pech. Im Bund gibt es beispielsweise zur Hälfte der Zeit sogenannte Kooperationsgespräche, damit man eine Chance hat, sich zu verbessern. Aber: Beurteilungsstellen hängen von Quoten und vom Haushalt ab. Das muss man so ehrlich sagen. Und nicht die Menschen deshalb schlechter beurteilen. Behörden Spiegel: Ist es auch eine Frage der Richtlinien oder Richtlinientexte? Kreutz: Ja, absolut. Sehen sie nur die Beurteilungskriterien. Diese haben eine stereotype Wirkung. Zum Beispiel ist Teamfähigkeit immer ein weiblicher Begriff, Durchsetzungsstärke hingegen etwas Männliches. Zielstrebigkeit ist auch männlich konnotiert. Das wundert schon. Darüber hinaus spielt immer eine Rolle: Es beurteilt immer nur eine Person. Welcher persönliche Einfluss kommt dieser beurteilenden Person zu? Auch das spielt immer noch eine Rolle. Behörden Spiegel: Bleiben wir kurz bei den Normen. Brauchen wir für Bund und Ländern eigene Beurteilungsgesetze zwischen Art. 33 GG und den Richtlinientexten? Kreutz: Es stimmt, wir haben die Beurteilungsrichtlinien nicht nach einheitlichen Regularien. Die DBB Bundesfrauenvertretung hat damals einen Vorschlag zur Vereinheitlichung gemacht. Inzwischen wissen wir: Das ist in der Praxis nicht umsetzbar, selbst im Bundesinnenministerium und seinem nachgeordne-

tem Bereich nicht. Was ich mir stattdessen vorstellen könnte, wäre eine Art Zehn-Punkte-Plan, was eine gute, ausgewogene und gerechte Beurteilung ausmacht. Dieser könnte für jede Behörde und jedes Ministerium eine Grundlage sein, die individuell ausgestaltet werden kann. Behörden Spiegel: Kommen wir auf das subjektive Empfinden der Beurteilenden zurück. Dieses ist noch immer stark präsenzorientiert. Wie lässt sich dies ändern? Kreutz: Viele Beurteilende haben zugegeben, dass sie sehr stark von einer Präsenzkultur ausgehen. Diese Kultur suggeriert eine Bereitschaft und einen gewissen Fleiß und Einsatz. Teilzeitkräfte sind nicht so präsent. Hier könnte die Pandemie für einen Veränderungsschub sorgen. Sie hat gezeigt, dass Präsenz nicht das wichtigste Kriterium ist. Ein anderer Punkt ist die Sympathie. Jeder von uns mag andere mehr oder weniger. Hinzu kommt der Similiar-to-me-Effekt. Ich zum Beispiel würde eine Frau in Führungsposition mit Kindern immer sympathisch finden, weil ich in der gleichen Rolle bin. Das ließe sich im Beurteilungswesen umgehen, wenn bei Menschen, die uns nicht so angenehm sind, eine zweite Person für die Beurteilung hinzugezogen würde. Diese Cross-Beurteilung ginge sehr gut mit dem Modell “Führen in Teilzeit” einher. Wenn man Führung doppelt ausführen würde, gäbe es bei der Beurteilung mehr Gerechtigkeitssinn und wir hätten mehr Frauen, die trotz einer Teilzeit in Führungspositionen gehen können. Behörden Spiegel: Welche Alternativen gibt es zur CrossBeurteilung, um das subjektive Ermessen zu verändern? Kreutz: Das gelingt nur über die Schulung von Führungskräften. Hier sollten wir sehr viel investieren. Eine weitere Möglichkeit wäre, eigene Beurteilungskriterien für Führungskräfte aufzustellen. Zum Beispiel wie geschlechtergerecht eine Organisationseinheit geführt wird. Das hat etwas mit Verwaltungsmodernisierung zu tun, wie wir mit guten Modulen die Führungskräfte unterstützen können. Behörden Spiegel: Wie ist es um die Gleichstellung von Männern und Frauen im DBB bestellt? Sie diskutieren über eine Quote in der Bundesleitung. Inwiefern kann die Quote helfen, um Parität zu stärken? Kreutz: Wir haben im DBB den Bundesvorstand. Dieser setzt sich aus den Vorsitzenden aller über 40 Fachgewerkschaften zusammen und aus den Vorsitzenden der 16 DBB-Landesbünde. Darüber ist die Bundesleitung, die im November auf dem Gewerkschaftstag neu gewählt wird. Hier wollen wir als Bundesfrauenvertretung eine paritätische Besetzung haben. Die Leitung fördert dieses Anliegen, aber auch

“Für mich ist es eine Selbstverständlichkeit, mich einer demokratischen Wahl vor dem allerhöchsten Gremium zu stellen”,

sagt Milanie Kreutz (hier rechts im Bild mit Dr. Eva Charlotte Proll) über ihre Kandidatur für die Bundesleitung des DBB. Foto: BS/Klement

die Fachgewerkschaften melden Kandidaten. Das ist immer ein Spagat in einem Dachverband. Deshalb müssen auch die Fachgewerkschaften Frauen fördern, die auch bereit sein müssten, für die Bundesleitung zu kandidieren. Bei drei hauptamtlichen Kräften und sechs Stellvertretern sollten wir auf jeden Fall mehr Frauen in der Bundesleitung haben als aktuell. Behörden Spiegel: Also sollte eine Quote für die DBB-Bundesleitung eingeführt werden? Kreutz: Ja. Wir haben dazu Anträge für den Gewerkschaftstag vorbereitet. Die paritätische Besetzung ist das Langzeitziel. Aber die Quote zu fordern und parallel zu kandidieren, beschleunigt den Prozess. Behörden Spiegel: Kandidieren sie deshalb für die Bundesleitung? Kreutz: Zum einen fühle ich mich im DBB zu Hause. Zum anderen habe ich noch fast 20 Jahre zu arbeiten und in dieser Zeit möchte ich aktiv den DBB sicher und in die Zukunft führen

und bringen. Meine Tätigkeiten bei der DBB Bundesfrauenvertretung, zuerst als Beisitzerin und jetzt als Vorsitzende, sind dafür eine gute Vorbereitung. Ich komme zwar aus der Deutschen Steuergewerkschaft, aber ich habe über die Frauenvertretung viele Einblicke in große und kleine Fachgewerkschaften und die Landesbünde und die ganzen Besonderheiten bekommen. Ich möchte mich da einfach einbringen und die Frauen und Männer im DBB vertreten. Für mich ist es eine Selbstverständlichkeit, mich einer demokratischen Wahl vor dem allerhöchsten Gremium zu stellen. Zudem wollen wir ein Zeichen setzen, indem die Vorsitzende der Frauenvertretung kandidiert. Behörden Spiegel: Sie treten allerdings als erste Kandidatin bzw. erster Kandidat an, die/ der nicht durch eine Fachgewerkschaft aufgestellt ist. Kreutz: Genau. Behörden Spiegel: Inwiefern ist das ein Novum und was bringt das auch für Herausforderungen oder gar Chancen mit sich?

Kreutz: Natürlich ist es eine Herausforderung. Die Fachgewerkschaften stellen anhand ihrer Mitgliederstärke Prognosen an, wie die Wahlen ausgehen könnten. Das kann ich in dem Sinne nicht. Die Frauen gehören ebenfalls den Fachgewerkschaften an. Aber wir müssen als Frauenvertretung einen anderen Weg gehen, sonst wird das nichts mit mehr Frauen in Leitungsfunktionen. In der Vergangenheit war es häufig Tradition, dass die jeweiligen Vorsitzenden der Fachgewerkschaften oder Landesbünde für die DBB Bundesleitung kandidiert haben. Dadurch werden häufig Pflöcke eingeschlagen. Ich finde es richtig, von dieser Tradition etwas abzuweichen. Ich finde es sehr gut, dass Simone Fleischmann als Vorsitzende des Bayerischen Lehrerinnenund Lehrerverbandes für die Bundesleitung kandidiert. Damit sind wir schon zwei Frauen, die nicht an der Spitze einer Fachgewerkschaft stehen, aber dennoch große Erfahrung in der Führung von gewerkschaftlichen Gremien haben. Das sind wichtige Signale, für die Zukunft und für die Frauen, die sich ebenfalls einen solchen Weg vorstellen könnten.

(BS/akh) Die Bewerbungsfrist für den “Deutschen PersonalrätePreis” läuft. Seit 2010 wird der Preis von der Initiative der Fachzeitschrift “Der Personalrat” aus dem Frankfurter Bund-Verlag vergeben. Ziel des Preises ist die Würdigung und Wertschätzung der Arbeit von Personalräten und weiteren wichtigen Interessenvertretungen im Öffentlichen Dienst. Ausgezeichnet werden beispielhafte Initiativen und Projekte aus der Personalratsarbeit, der Arbeit von Jugend- und Auszubildendenvertretungen sowie der Schwerbehindertenvertretungen. In die Bewertung der eingereichten Projekte fließen neben Kriterien wie der Umsetzbarkeit und Übertragbarkeit sowie der konkreten Auswirkung auf den Alltag in der Dienststelle auch Einschätzungen der ExpertenJury zu Innovationsgrad und Teamleistung ein. Noch bis zum 31. Mai 2022 ist eine Online-Bewerbung möglich. Die Nominierungen werden Anfang Juli bekanntgegeben, die feierliche Präsentation der Gewinner findet dann am 9. November im Rahmen des Schöneberger Forums statt.

Kommunaler Überschuss gestiegen (BS/akh) Gemeinden und Gemeindeverbände (ohne Stadtstaaten) in Deutschland erzielten 2021 einen Finanzierungsüberschuss von knapp 4,6 Milliarden Euro. 2020 lag der kommunale Überschuss noch bei zwei Milliarden Euro. Die gesamten bereinigten Einnahmen der Kommunen waren 2021 mit 308 Milliarden Euro 4,3 Prozent höher als im Vorjahr. Grund dafür: die deutlich höheren kommunalen Steuereinnahmen. Sie lagen laut Statistischem Bundesamt (Destatis) 2021 um 15,2 Prozent höher als 2020 und damit wieder über dem Vorkrisenniveau, nachdem es 2020 coronabedingte Ausfälle gegeben hatte. Auch bei den gesamten bereinigten Ausgaben der Gemeinden und Gemeindeverbände kam es 2021 zu einem Anstieg. Mit 303,4 Milliarden Euro lagen sie um 3,5 Prozent höher als im Vorjahr. Laufende Aufwendungen stiegen 2021, die Investitionstätigkeit war dennoch schwach.

Zukunft Führung 2022

Neue (Führungs-)Kraft in der Behörde entfalten Themen und Referenten, u. a.: • Wirksam führen – Hirnforschungsergebnisse für den Führungsalltag • Führung in der Verwaltung: Ein Ausblick ins Jahr 2030+

21.-22. Juni 2022

GOP Varieté-Theater Bonn

• Führen auf Distanz im digitalen Zeitalter • Führungsfallen erkennen und vermeiden • Führung 4.0 – Verloren in der Matrix-Organisation • Warum sollten sich Führungskräfte mit Mediation befassen?

Eine Veranstaltungsreihe des

Weitere Informationen und Anmeldung unter: www.fuehrungskraefte-forum.de ► Suchwort „Zukunft Führung“


Aktuelles Öffentlicher Dienst

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ährend Beiträge in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) kontinuierlich steigen, kommt es in der PKV alle paar Jahre zu größeren Beitragssprüngen. “Das ist für Versicherungsnehmer weder zumutbar noch nachvollziehbar” erklärt Friedhelm Schäfer, Zweiter Vorsitzender und Fachvorstand Beamtenpolitik des DBB, beim DBB Forum “Öffentlicher Dienst digital”.

Hohe Sprünge Der Grund für die sprunghaften Anstiege liegt in der gesetzlichen Regelung zur Anpassung der Beiträge. Aktuell dürften die Versicherer die Beiträge eines Tarifs erst überprüfen und neu kalkulieren, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt seien, erläutert Roland Weber, Vorstand der Debeka und stellv. Vorsitzenden der Deutschen Aktuarvereinigung. Erst wenn Leistungen um einen gewissen Prozentsatz über dem zuvor einkalkulierten Wert liegen, kann eine Beitragsanpassung erfolgen. Ob dies der Fall ist, muss von einem unabhängigen Treuhänder geprüft werden. Bei der Debeka komme es alle drei bis vier Jahre zu einer Erhöhung der Beiträge, im letzten Jahr sei diese besonders hoch ausgefallen. Hätte man die Anpassung auf die Jahre aufgeteilt, so hätte es sich bei den Erhöhungen jeweils lediglich um einen einstelligen Prozentsatz gehandelt, erklärt Weber. Mit solchen Prozentsätzen könne jede oder jeder Einzelne kalkulieren. Zwar seien in den letzten Jahren die Beiträge in der PKV im Durchschnitt pro Jahr weniger stark gestiegen als in der Gesetzlichen Krankenversicherung, die sprunghafte Anpassung sei für die Versicherten trotzdem erst mal ein Schock. Die Privaten Krankenversicherungen hätten aber keine Möglichkeit, die Bei-

Behörden Spiegel / Mai 2022

(Un)erklärliche Beitragssprünge Private Krankenversicherungen fordern eine Reform (BS/Ann Kathrin Herweg) Jahrelang keine Beitragserhöhung, man ahnt nichts Böses, öffnet den Brief von der Krankenversicherung und dann der Schock: ein sprunghafter Anstieg des Versicherungsbeitrags. So geht es wohl vielen Versicherten in der Privaten Krankenversicherung (PKV) immer dann, wenn wieder eine Beitragsanpassung erfolgt ist. Das sorgt nicht nur bei Beamtinnen und Beamten und anderen Versicherten für Verärgerung, auch die Versicherungen selbst sind mit diesem System nicht zufrieden – ändern können sie es aus eigener Kraft dennoch nicht. tragsanpassung zu verstetigen, erklärt der Debeka-Vorstand. Dazu bräuchten sie den Gesetzgeber.

Akuter Veränderungsbedarf “Wir brauchen dringend eine Reform der Beitragsanpassungsregeln”, fordert Dr. Florian Reuther, der Direktor des PKV-Verbandes. Die geltenden Regelungen seien nicht mehr zeitgemäß, sie berücksichtigten in keiner Weise die Sicht der Verbraucher/-innen und kämen aus einer Zeit mit anderem Zinsumfeld. Es sei daher wichtig, dass die Politik das Thema aufgreife und die gesetzlichen Regelungen ändere. “Die Vorschläge liegen auf dem Tisch, sodass die Politik nur zugreifen und ein Gesetzgebungsverfahren starten müsste.” Dass genau das nicht passiert, erklärt sich Reuther damit, dass sich die Parteien der letzten Legislaturperiode darauf verständigt hätten, nichts zu tun, was der PKV helfe. Dies sei eine Forderung der SPD gewesen, die eigentlich eine Bürgerversicherung gewollt habe. Damit habe sich die Partei nicht durchsetzen können. Sie habe das zwar akzeptiert, wollte aber auch nichts für die PKV tun. Mit Blick auf die aktuelle Regierung erläutert Reuther weiter, dass sich die Ausgangslage zumindest im Rahmen des Koalitionsvertrages nicht wesentlich verändert habe. SPD und auch die Grünen hätten es abgelehnt, Dinge aufzunehmen, die der PKV

die GKV auch für Beamtinnen und Beamte attraktiver werden. “Aus der Versorgung der Beamtinnen und Beamten heraus gibt es keinen Grund, warum das Hamburger Modell eine sinnvolle Regelung ist”, davon ist der Direktor des PKV-Verbands überzeugt. Die Private Krankenversicherung im Zusammenspiel mit der Beihilfe biete für alle Beihilfeberechtigten eine sichere, zukunftsfähige Finanzierungsmöglichkeit. Das gelte nicht nur für die Beamtinnen und Beamten, betont Reuther, sondern auch für deren Familien. Zudem gebe es umfassende Öffnungsoptionen für Beamtinnen und Beamte mit Wenn im Brief von der Privaten Krankenversicherung mal wieder von enormen Vorerkrankungen oder BehindeBeitragserhöhungen zu lesen ist, kommt erst der Schreck, dann folgen Ärger rungen, sodass man in der PKV und Unverständnis. Foto: BS/kucherav, stock.adobe.com allen ein Angebot machen könne. oder ihren Versicherten nützten. “Wir bleiben trotzdem am Ball, weil wir glauben, das ist eine richtige Sache und wir sind auch nach wie vor nicht hoffnungslos, dass es vielleicht im Laufe der Legislaturperiode die Gelegenheit gibt, ein Gesetzgebungsverfahren anzubringen.”

In Richtung ­Bürgerversicherung Ein Wandel hin zur Bürgerversicherung würde laut Reuther unmittelbar keine spürbare Verbesserung für die tatsächliche Versorgungssituation bewirken. Mit einer Einführung der Bürgerversicherung in den nächsten Legislaturperioden rechnet er nicht.

Auch dem Hamburger Modell, das einen Schritt in Richtung Bürgerversicherung darstelle, kann er nichts abgewinnen. Das Hamburger Modell wurde 2018 in Hamburg eingeführt und ermöglicht es Beamtinnen und Beamten, zu Beginn ihrer Beamtenkarriere zwischen der Gesetzlichen Krankenversicherung und einer Versicherung in der PKV zu wählen. Allerdings haben Beamtinnen und Beamte, die sich für die GKV entscheiden, keinen Anspruch auf Beihilfe. Im Hamburger Modell hingegen zahlen die Dienstherren einen Zuschuss zur Gesetzlichen Versicherung, die sogenannte Pauschale Beihilfe. Damit soll der Eintritt in

Kaum Zuspruch In Hamburg haben seit der Einführung des Modells am 01.08.2018 bis zum 31.12.2021 insgesamt 2.355 Beamtinnen und Beamte sowie Versorgungsempfängerinnen und -empfänger die pauschale Beihilfe in Anspruch genommen. Vier weitere Bundesländer haben sich diesem Weg angeschlossen und zum Jahresbeginn 2020 ebenfalls die Wahlfreiheit eingeführt. Den größten Anklang fand das Hamburger Modell bislang in Berlin. Hier haben bis Ende letzten Jahres 4.491 Personen von der pauschale Beihilfe Gebrauch gemacht. In Thüringen waren es im gleichen Zeitraum 1.575

Personen. Lediglich 18 Beamtinnen und Beamte sowie Versorgungsempfängerinnen und -empfänger haben in Bremen zwischen dem 01.01.2020 und dem 31.03.2022 die Möglichkeit der Wahlfreiheit genutzt und in Brandenburg waren es 2020 sowie 2021 jeweils nur vier Beamtinnen und Beamte. “Ich glaube, dass man sich in Hamburg mehr davon versprochen hat, denn der Zuspruch ist so groß nicht”, so Weber. Beamtinnen und Beamte, die bereits gesetzlich versichert waren, könnten sich durch die pauschale Beihilfe besserstellen, erklärt er. Doch selbst von ihnen hätten nicht sehr viele das Hamburger Modell in Anspruch genommen. Daraus schlussfolgert der Debeka-Vorstand: “Die meisten Beamtinnen und Beamten wissen, was sie an der Privaten Krankenversicherung haben.”

Blick in die Zukunft Schäfer wünscht sich, dass es dem DBB, PKV-Verband sowie dessen Mitgliedern gemeinsam gelingt, das bestehende System von Privater Krankenversicherung im Verbund mit Beihilfe aufrechtzuerhalten und abzusichern. Versuchen wie dem Hamburger Modell oder gar einer Bürgerversicherung sollte seiner Meinung nach ein Riegel vorgeschoben werden. Es sei wichtig, an das System zu denken und daran zu arbeiten sowie im Dialog über Verbesserungsmöglichkeiten und -notwendigkeiten zu bleiben. Er sieht die Beteiligten in ihrem Einsatz für eine Veränderung der Regelungen zur Beitragsanpassung momentan als “Gefangene von ideologischen Überlegungen” und hofft, dass das Ganze zeitnah und nicht ideologisch orientiert in der Politik diskutiert wird.

Sind Beamte über den Dienstherrn ausreichend abgesichert?

Der Arbeitsalltag von Beamten ist vielfältig. Das macht die Arbeit interessant, aber auch anstrengend – und das wiederum erfordert Einsatz. Jeden Tag leisten Beamte sehr viel. Aber denken sie auch genügend an sich selbst? Besonders das Thema Dienstunfähigkeit wird oft vergessen.

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ienstunfähigkeit – das kommt bei Beamten doch gar nicht so oft vor, oder? Das größte Risiko ist, das Risiko zu unterschätzen. Tatsächlich wurden 2018 laut dem Bundesamt für Statistik 16 Prozent der pensionierten Beamten wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt. Wie sieht es heute aus? Wird ein Beamter dienstunfähig, sollte sein Einkommen über den Dienstherrn abgesichert sein. Richtig? Nicht ganz. Je nachdem, auf welcher Stufe der Karriereleiter der Beamte steht und wie viele Dienstjahre er bereits geleistet hat, ist er gesetzlich mehr oder weniger abgesichert – oder auch gar nicht. Bei Beamten baut sich die gesetzliche Absicherung erst ab einer Verbeamtung auf Lebenszeit sowie einer fünfjährigen Wartefrist langsam auf.

Neues passgenaues Produkt Deshalb macht es Sinn, sich privat abzusichern – z. B. mit der Berufs- und Dienstunfähigkeitsversicherung der Allianz Lebensversicherungs-AG, einem neuen, passgenauen Produkt, das eine Einkommensvorsorge mit einer auf den Beamten zugeschnittenen Absicherung im Falle der Dienstunfähigkeit bietet. Dazu gehört auch eine “echte” DUKlausel. Das bedeutet, dass sich die Allianz bei der Leistungsentscheidung für den in den Ruhestand versetzten Beamten an die Entscheidung des Dienstherrn anlehnt. Die Berufs- und Dienstunfähigkeitsversicherung erlaubt es Beamten, alles in einem Ver-

Nur wenige der Menschen, die am Beginn der Beamtenlaufbahn stehen, haben eine Absicherung für den Fall der Dienstunfähigkeit im Blick. Doch es zeigt sich: Die frühe Vorsorge ist entscheidend. Foto: BS/Allianz SE

trag zu regeln. Denn sie leistet bei Berufsunfähigkeit, wenn die Tätigkeit aus gesundheitlichen Gründen dauerhaft nicht mehr ausgeübt werden kann. Zudem ist die Dienstunfähigkeit abgedeckt, also wenn der Dienstherr den Beamten in den Ruhestand versetzt bzw. entlässt.

Gerade zu Beginn der Beamtenlaufbahn, also als Beamter auf Widerruf, auf Probe oder in den ersten Dienstjahren, bestehen meist nur geringe bis gar keine gesetzlichen Ansprüche auf Versorgung über den Dienstherrn. Auch später baut sich die Absicherung nur schrittweise auf.

Quelle: siebter Versorgungsbericht der Bundesregierung, März 2020

Werden Beamte also dienstunfähig, reichen die Leistungen des Dienstherrn oft nicht aus, um den bisherigen Lebensstandard aufrechtzuerhalten. Genau hier

greift die Berufs- und Dienstunfähigkeitsversicherung. Am Anfang ist eine höhere Versorgung notwendig, da durch den Dienstherrn in der Regel noch keine Absicherung besteht. Ab der Verbeamtung auf Lebenszeit und wenn die Wartezeit erfüllt ist, ist eine geringere Absicherung ausreichend. Genau deshalb bieten wir die selbstständige Berufs- und Dienstunfähigkeitsabsicherung mit zwei Phasen an. In der ersten Phase ist die Absicherung höher und deckt im Optimalfall die volle Höhe der Dienstbezüge ab. Ab dem Zeitpunkt der Verbeamtung auf Lebenszeit greift die Versorgung durch den Dienstherrn und verringert die Versorgungslücke. Deshalb versichern wir in dieser zweiten Phase eine bedarfsgerecht niedrigere Rente. Der Beitrag ist dabei über die gesamte Laufzeit konstant. Die Absicherung ist auch als Zusatzbaustein zu folgenden Altersvorsorgeverträgen der Allianz möglich: zur fondsgebundenen Allianz BasisRente InvestFlex (mit und ohne Garantie) und

zur fondsgebundenen Allianz StartUp Invest mit reduziertem Startbeitrag. Für die Fondsanlage steht Ihnen eine große Auswahl von qualitätsgeprüften Fonds und ETFs zur Verfügung. Eine Einteilung in zwei Phasen erfolgt hierbei nicht; auch die Höhe der Rente bleibt gleich.

Versorgungslücke schließen Der Abschluss der Versicherung ist für Beamte auf jeder Karrierestufe geeignet – auch wenn sie sich noch im Studium oder in der Ausbildung befinden. Zudem bietet diese Versicherung für Beamte die Möglichkeit, die BU-/DU-Rente entsprechend ihrer Lebenssituation zu erhöhen, z. B. wenn sie eine höhere Besoldungsgruppe erreichen, ihre Ernennung zum Beamten auf Probe oder zum Beamten auf Lebenszeit erfolgt, sie heiraten oder Kinder bekommen. Warum also mit der Vorsorge warten? Schließen Sie jetzt die Versorgungslücke – je früher, desto besser. Denn wer viel leistet, darf sich selbst dabei nicht vergessen. Erfahren Sie jetzt mehr über die ­Berufs- und Dienstunfähigkeitsversicherung der Allianz unter:

Quelle: Allianz 2019

Darstellungen: BS/Allianz SE


Bund

Behörden Spiegel / Mai 2022

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Hessen wirbt für Deutschland-Rente

Polizeiausbildung mit mittlerer Reife

SPD befürchtet Angriff auf die gesetzliche Rente

340 Bewerberinnen und Bewerber ausgewählt

(BS/lkm) Hessen will die Altersvorsorge reformieren. Die Rente müsse dringend zukunftsfest gemacht werden. Hessens Finanzminister Michael Boddenberg schlägt dazu eine kapitalgedeckte Altersvorsorge vor, die sogenannte Deutschland-Rente. Doch dieser Vorschlag ist nicht neu, Hessen wirbt bereits seit 2016 für die Deutschland-Rente – bislang ohne Erfolg.

(BS/bhi) Abitur oder Fachhochschulreife ist bisher die Voraussetzung für eine Laufbahn bei der Polizei. Das Ministerium des Innern und das Schulministerium in Nordrhein-Westfalen ändern das jetzt. Im Sommer startet versuchsweise an zwölf Standorten in NRW eine zweijährige Berufsschulausbildung im Polizeidienst. Die Ausbildung richtet sich an Schülerinnen und Schüler, die einen mittleren Schulabschluss erworben haben.

“Deutschland braucht eine grundlegende Rentenreform, die alle Generationen in den Blick nimmt. Wir müssen heute den Mut für eine Reform haben, die den Menschen auch in Zukunft eine Rente ermöglicht, die den Namen verdient und die die Belastungen nicht nur weiter an die nächsten Generationen gibt”, erklärte Hessens Finanzminister Michael Boddenberg vor wenigen Tagen im Hessischen Landtag. Handele die Politik nicht, würden viele Bürgerinnen und Bürger in einigen Jahren ihren Lebensstandard im Alter nicht halten können. “Die Politik muss beim Thema Altersvorsorge handeln und die ergänzende kapitalgedeckte Altersvorsorge stärken. Sie ist ein wichtiger Schlüssel für eine stabile und auskömmliche Rente. Die Ampel hat in ihrem Koalitionsvertrag eine Aktienrente innerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung angekündigt. In ihrem kürzlich präsentierten Haushaltsentwurf 2022 fehlt jedoch der dazu vorgesehene Kapitalstock von zehn Milliarden Euro. Dies bereitet uns große Sorge. Es ist eine elementare Aufgabe der Politik, hier die notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen – besser heute als morgen”, findet Boddenberg. “Unsere Forderungen nach einer Stärkung der kapitalgedeckten Altersvorsorge fand im Bundesrat bereits vergangenes Jahr die Zustimmung der Länder. Es liegt nun an der Bundesregierung, jetzt die richtigen Weichen zu stellen”, betonte der Finanzminister.

Unbrauchbares, ­aufgewärmtes Konzept Mit der Deutschland-Rente soll die private kapitalgedeckte Altersvorsorge gestärkt werden. Der Staat soll besonders den kleinen Unternehmen sowie Arbeitneh-

merinnen und Arbeitnehmern, die sich in dieser Materie nicht gut auskennen, die Angst vor Komplexität und hohen Kosten der zusätzlichen Altersvorsorge nehmen. In dem von Hessen vorgeschlagenen, staatlich organisierte Deutschlandfonds sieht Boddenberg eine einfache, kostengünstige und transparente Standardanlage. Der Deutschlandfonds soll zu gleichen Wettbewerbsbedingungen neben die privatwirtschaftlichen Anbieter von Altersvorsorgeprodukten treten. Die Anlagen im Deutschlandfonds sind laut Boddenberg vor staatlichem Zugriff verfassungsrechtlich ebenso geschützt wie bei jedem privaten Anbieter. Doch Yanki Pürsün, Fraktion der Freien Demokraten, äußerte hier Zweifel. In dem im Landtag vorgestellten Konzept zur Deutschland-Rente blieben “eklatante Unklarheiten bestehen”. So sei darin nicht ersichtlich, wie ein solcher Staatsfonds vor staatlichen Eingriffen geschützt werde, damit dieser nicht zur Bankenrettung oder zum Stopfen von Haushaltslöchern genutzt werde. Auch bestehe noch Unklarheit darüber, wer die Kosten für den Staatsfonds trage und wie hoch die Kosten ausfallen würden. Pürsün und auch andere Oppositionspolitiker kritisierten in der Landtagsdebatte, dass es sich bei dem vorgestellten Konzept zur Deutschland-Rente lediglich um ein aufgewärmtes Konzept aus dem Jahr 2016 handele. “Das können wir nicht gebrauchen”, betonte Ulrike Alex von der SPD-Fraktion. Die Annahme, die Menschen hätten jetzt mehr Geld, wenn die Deutschland-Rente schon vor 30 Jahren eingeführt worden wäre, findet Alex “kühn”. “Das Geld für Extras ist nicht da”, betonte die Abgeordnete im Hessischen Landtag. Denn es seien vor allem die

Menschen, die von Altersarmut betroffen seien, bei denen schon immer am “Ende des Geldes noch ziemlich viel vom Monat übrig war”. Die Menschen hätten zudem ein Recht darauf, sich auf eine gute gesetzliche Rente zu verlassen. In der Deutschland-Rente sieht sie eine Schwächung der Rente zugunsten privater wirtschaftlicher Tätigkeit. Alex forderte deshalb, die gesetzliche Rente zu stützen. Arbeitgeber dürften nicht aus der Verantwortung entlassen werden. Genau das tue aber die schwarzgrüne Regierung mit dem Konzept der Deutschland-Rente. Stattdessen solle man lieber dafür sorgen, dass die Menschen ordentlich verdienten. “Die DeutschlandRente ist eine Altersvorsorge für die Besserverdienenden. Wer Geld übrig hat, kann dies gern anlegen. Aber greifen sie nicht die gesetzliche Rentenversicherung an”, mahnte Alex.

Die offizielle Bezeichnung des Bildungsgangs lautet: “Fachoberschule für Wirtschaft und Verwaltung, Schwerpunkt Polizeivollzugsdienst”. Aber das wird als Fachoberschule Polizei oder FOS Polizei abgekürzt. Der Zuspruch für den ersten Jahrgang war groß.

Enormer Etappensieg “Für die nordrhein-westfälische Polizei ist der Schulversuch schon jetzt – noch vor dem eigentlichen Start im August – geglückt und ein enormer Etappensieg. Wir haben sagenhafte 2.485 Bewerbungen für die FOS Polizei erhalten, das ist eine tolle Quote”, sagt der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul (CDU). Ausgewählt wurden 340 Bewerberinnen und Bewerber. “Mit dem Schulversuch erhalten endlich wieder auch

Das ist der Traum vieler Schülerinnen und Schüler: Polizeikraft werden. Bald können das auch 340 Schüler mit mittlerer Reife. Foto: BS/eignatik17, pixabay.com

Bewerberinnen und Bewerber mit mittlerem Schulabschluss einen Zugang zum Polizeivollzugsdienst”, erklärt Schul- und Bildungsministerin Yvonne

Gebauer (FDP). Der Versuch soll bis ins Jahr 2029 dauern. Derzeit prüfen die Ministerien schon weitere Standorte. Die Ausbildung ist auf zwei Jahre ausgelegt. Im ersten Jahr absolvieren die Kandidatinnen und Kandidaten ein Praktikum bei einer Kreispolizeibehörde. Hier stehen Wach- und Wechseldienst im Streifenwagen, aber auch Einblicke in die kriminalpolizeiliche Ermittlungsarbeit auf dem Programm. Darauf folgt ein Jahr Unterricht in Fächern wie Recht und Staatslehre. Am Ende steht die Fachhochschulreifeprüfung. Erfolgreiche Absolventen des Programms erhalten damit die Berechtigung, einen Bachelor-Studiengang an der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung NRW zu absolvieren. Die Lehrpläne der Hochschule und der FOS sind abgestimmt.

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KOLUMNE

Zielvereinbarungen – ein geeignetes ­Führungsinstrument? (BS) Führen nach Zielen – eine in der freien Wirtschaft weit verbreitete Methode. Kann diese auch im öffentlichen Sektor eine sinnstiftende Wirkung entfalten? Lassen sich Leistungen von Mitarbeitenden nachvollziehbar und vergleichbar messen? Können Zielvereinbarungen so beschrieben werden, dass sie “smart” sind – also spezifisch, messbar, attraktiv, realistisch und terminierbar? Methodisch ist das sicherlich machbar. Aber bringt die Methode nachweislich bessere Ergebnisse? Und nicht zuletzt – stehen Aufwand und Nutzen in einem guten Verhältnis? Auf diese Fragen gibt es sicherlich viele – teils sehr unterschiedliche – Antworten. Sehr interessant fand ich die Rückmeldung eines Kollegen, welcher aus der freien Wirtschaft gewechselt war: “Im Verhältnis zur Ausschüttung ist der betriebene Aufwand für alle Beteiligten viel zu hoch und die Effekte sind kaum messbar bzw. nicht auf die Methode zurückführbar.” Ich konnte ihm nicht wirklich widersprechen. Dennoch finde ich den Ansatz grundsätzlich gut; bieten die strukturierten Gespräche doch die Gelegenheit für einen zielgerichteten Austausch. Mitarbeitende werden so zu aktiv Beteiligten daran, ein übergeordnetes Ziel der Organisation zu erreichen. Im Zentrum

Beate van Kempen ist IT-Architektin – LVR-Digitalisierungsdezernat. Foto: BS/privat

steht die Frage, wie der/die Einzelne mit dazu beitragen kann. Und gerade die Bewältigung von neuen, bisher nicht im Fokus stehenden Herausforderungen kann Ansporn sein, Neuland zu betreten und zu gestalten. Doch kann sich die Managementebene von der Erreichung der vereinbarten Ziele komplett entkoppeln? Aus meiner Sicht ist das nicht zielführend. Natürlich gilt es, den eigenverantwortlichen Beitrag der Mitarbeitenden zu initiieren wie zu fördern. Aber für mich war es immer eine Selbstverständlichkeit, dass es sich grundsätzlich um Ziele handelt, bei denen ich in meiner Rolle zumindest den Boden mit bereiten wollte. Denn als rein materielle, also extrinsisch ausgerichtete Methode verpufft die motivierende Wirkung des Geldes bekanntlich schnell.

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Auf die Jugend eingehen

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chon seit Jahren ist bekannt, dass der demografische Wandel zu einer immer älter werdenden Gesellschaft bei gleichzeitig sinkender Anzahl von erwerbsfähigen und erwerbstätigen Personen führt, sodass besonders die berufsausbildenden Stellen beschwerlicher zu besetzen sein werden. Zudem werden in den nächsten Jahren viele Fach- und Führungskräfte aus dem aktiven Arbeitsleben ausscheiden und eine Personal- sowie Wissenslücke hinterlassen. Zeitgleich modifizieren sich durch die Digitalisierung Arbeitsstrukturen sowie -prozesse und dadurch die benötigten Kompetenzen der Mitarbeitenden. So entfalten die derzeitigen Digitalisierungsmaßnahmen Wirkung auf viele Bereiche des Personalmanagements, wie z. B. die Tätigkeiten, die Qualifizierung, die Arbeitsorte und -zeiten, wodurch sich ebenso die Anforderungen an die Nachwuchskräfte ändern.

An den Werten der Jugend entlang entwickeln Auch der Wertewandel ist mit veränderten Erwartungen an die Arbeit und die Arbeitgeber verbunden. Die Einstellungsbehörden müssen sich entlang der Werte der Nachwuchskräfte entwickeln und entsprechende Maßnahmen realisieren. So sollte Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben der Mitarbeitenden effizienter ermöglicht werden, um die angestrebte Lebensqualität realisieren zu können. Aber ebenso rücken Aspekte wie Handlungsspielräume, gute Arbeitsatmosphäre, Wertschätzung und Kommunikation auf Augenhöhe zwischen Führungskräften und Mitarbeitenden sowie abwechslungsreiche und herausfordernde Aufgaben in den Fokus und verdrängen Anreize wie finanzielle Aspekte oder Statussymbole. Auch Werte wie Verlässlichkeit und Loyalität haben bei den Nachwuchskräften heutzutage eine andere Bedeutung als in früheren Jahren. Flexibilität, Selbstbestimmung und -verwirklichung im beruflichen Kontext werden immer wichtiger. Vor allem die jüngeren Generationen erwarten insbesondere eine Förderung der individuellen Beschäftigungsfähigkeit. Es wird mithin von Nachwuchskräften weniger Stellensicherheit erwartet als der Ausbau der Erhaltung der persönlichen Kompetenzen sowie Arbeitsmarktfähigkeit, sodass ein Wandel von Beschäftigungssicherheit hin zur Beschäftigungsfähigkeit zu verzeichnen ist.

Wechselwirkung zwischen den Megatrends Vielfach zeigt sich eine Wechselwirkung zwischen den Megatrends und die aufgezeigte Ist-Situation verdeutlicht, dass die Gewinnung, Bindung und Qualifikation von Nachwuchskräften bereits jetzt und auch zukünftig als eine der wichtigsten Aufgaben des Personalmanagements einzustufen sind. Mit bedarfsgerechter sowie zukunftsorientierter Personalentwicklung kann nicht nur die Qualifikation und somit die angestrebte berufliche Handlungsfähigkeit der Nachwuchskräfte gestärkt und gefördert werden, sondern durch wirksa-

Behörden Spiegel / Mai 2022

Bedarfsgerechte Personalentwicklung für dual Studierende (BS/Nils Brüggemann/Kira Kuhlmann*) Eine nachhaltige Personalgewinnung, -bindung und -qualifikation von Nachwuchskräften wird aufgrund diverser Auswirkungen verschiedener Megatrends wie des demografischen Wandels, der Digitalisierung sowie des Wertewandels und den damit einhergehenden Herausforderungen sowie der derzeitigen und zukünftigen (Personal-)Situation im Öffentlichen Dienst immer gewichtiger für die Einstellungsbehörden. Nicht nur für diejenigen des kommunalen Verwaltungsdienstes. me Kommunikationsstrategien entfaltet sie auch erhebliche Wirkung auf die Nachwuchskräftegewinnung und -bindung auf dem viel umworbenen Arbeitsmarkt. Aus diesem Grund wurde 2020 an der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung Nordrhein-Westfalen (HSPV NRW) eine Online-Befragung aller dual Studierenden des kommunalen Verwaltungsdienstes (LL.B./B.A.) sowie deren Einstellungsbehörden (kreisangehörigen Kommunen, Kreise, kreisfreien Städten sowie einigen anderen öffentlichen Arbeitgebern) durchgeführt. Ziel war es in erster Linie, Instrumente und Maßnahmen der Personalentwicklung zu eruieren, die für die Nachwuchskräfte mit Blick auf benötigte Kompetenzen für die spätere Berufstätigkeit attraktiv sind und die deren Bedarfen entsprechen. Zudem sollten die Angebote der Einstellungsbehörden erhoben und somit ein “Matching” sowie potenzielle Optimierungspotenziale im Bereich

der Personalentwicklung identifiziert und die Kenntnisstände der Studierenden ermittelt werden, ob ihnen bekannt ist, was ihre Einstellungsbehörden anbieten.

Wahl der passenden ­Instrumente Da sich die Bedarfe sowie Potenziale und Anforderungen einer Arbeitskraft mit dem individuellen Lebens- und Arbeitszyklus verändern, ist bei den einzusetzenden Instrumenten und Maßnahmen der Personalentwicklung beispielsweise auf das Alter, die berufliche und familiäre Situation oder die ausgeprägte Karriereorientierung einzugehen. Die dual Studierenden benötigen entsprechend ihrer derzeitigen Lebens- und Berufsphase sowie Werteeinstellung zu ihnen passende Instrumente und Maßnahmen der Personalentwicklung. Hierzu zählen z. B. Fortbildungen, das Aufzeigen von Karrierechancen, Kommunikations- und Austauschmöglichkeiten mit an-

deren Nachwuchskräften, aber auch mit Führungskräften, sowie Möglichkeiten der Selbstentfaltung und -verwirklichung. Aus diesem Grund wurden in der empirischen Untersuchung verschiedene Phasen mit unterschiedlichen Instrumenten und Maßnahmen der Personalentwicklung unterschieden. In der Online-Befragung wurden aus diesen Themenfeldern diverse Instrumente und Maßnahmen in ihrer Sinnhaftig- und Notwendigkeit vor dem Hintergrund der benötigten Kompetenzen erfragt. Insgesamt haben sich an der Umfrage circa 24 Prozent aller Einstellungsbehörden und etwa 16 Prozent aller dual Studierenden des kommunalen Verwaltungsdienstes der HSPV NRW beteiligt. In der anschließenden Auswertung wurden die verschiedenen Phasen mittels statistischer Verfahren analysiert. In der untenstehenden Tabelle ist das Ranking der zehn bedeutendsten, bestbewerteten Instrumente und Maßnahmen

der Personalentwicklung der befragten Studierenden innerhalb der jeweiligen Phase aufgeführt. Diese sollten von den Einstellungsbehörden zukünftig überwiegend angeboten und dieses Angebot sollte entsprechend kommuniziert werden, da es einer bedarfsgerechten Personalentwicklung entspricht. Hiermit kann zwar das Missverhältnis zwischen Angebot und Nachfrage von Nachwuchskräften auf dem Arbeitsmarkt nicht verändert werden, wohl aber die eigene Ausgangssituation im Wettbewerb unter misslichen Rahmenbedingungen, um Nachwuchskräfte sowie deren langfristige Bindung und deren Qualifikation zu verbessern.

Alles eine Frage der ­Kommunikation Die Ergebnisse der Befragung zeigen ebenso, dass vielen dual Studierenden – besonders zu Studienbeginn – nicht bewusst ist, was ihre Einstellungsbehörden für sie vorhalten. Somit

müssen die Angebote im Bereich der Personalentwicklung auch effektiver in den Kommunikationsstrategien vermarktet werden. Den Einstellungsbehörden steht dabei eine Vielzahl an Kommunikationskanälen im Bereich der unpersönlichen (z. B. sämtliche Medienpräsenzen) und persönlichen (z. B. Messeauftritt, Karriereparty) Kommunikation zur Verfügung, um (potenzielle) Nachwuchskräfte und die Betriebsöffentlichkeit zu informieren. Es ist jedoch zu beachten, dass lediglich eine professionelle, gut strukturierte, zielgruppen- sowie bedarfsgerechte Kommunikationsstrategie zielführend ist. Dabei werden die eher klassischen Instrumente u. a. durch die Digitalisierung und die Ansprüche der jüngeren Generationen immer weiter verdrängt. Weitere Informationen und die Studie selbst können unter nils. brueggemann@hspv.nrw.de erfragt werden. *Nils Brüggemann arbeitet bei der Stadtverwaltung Hattingen als stellvertretender Fachbereichsleiter des Fachbereichs Schule und Sport und lehrt u. a. betriebswirtschaftliche Module an der HSPV NRW. Kira Kuhlmann arbeitet bei der Kreisverwaltung Recklinghausen als Controllerin im Sozialbereich.

Ranking

Phase eins (erster Studienabschnitt)

Phase zwei (zweiter Studien­ abschnitt bis Studienabschluss)

Phase drei (erste sechs M ­ onate nach Studienabschluss, ­Einarbeitung und Integration)

Phase vier (erste fünf Jahre nach Studienabschluss zur beruflichen Entwicklung)

1

Einführungsprogramme der Einstellungs­ behörde (z. B. Vorstellung der Behörde und deren Aufgaben, Vorstellung der Ansprechper­ sonen, Begrüßung durch Behördenleitung)

Beurteilung und Beurteilungsgespräch am Ende jedes Praxisabschnitts

Unterweisungen am Arbeitsplatz durch g­ ezielte Einarbeitung der jetzigen stellen­ innehabenden Person für einen bestimmten Zeitraum (z. B. durch Mentoring)

Flexibilisierungen der Arbeitszeit (z. B. durch Gleitzeit, Langzeitkonten, Ver­ trauensarbeitszeit, Sabbaticals)

2

Seminare/Schulungen zur Wiederholung und Vertiefung der Modulinhalte der HSPV NRW (z. B. zur Vorbereitung auf Leistungsnachweise)

individuelle Übernahme-/Karriereplanung zum Studienabschluss hin (z. B. durch ­Karrieregespräche: Welche Stelle möch­ te die Person besetzen, was sind ihre ­Wünsche und Anforderungen?)

Flexibilisierungen der Arbeitszeit (z. B. durch Gleitzeit, Langzeitkonten, ­Vertrauensarbeitszeit, Sabbaticals)

Flexibilisierungen des Arbeitsplatzes (z. B. durch Homeoffice, Telearbeit, ­ mobiles Arbeiten)

3

Unterstützung für das Selbststudium (z. B. Bücher/Fachzeitschriften und/oder Fallbearbeitungen)

individuelle Gespräche mit der Ausbilde­ rin/dem Ausbilder des jeweiligen Praxis­ abschnitts (z. B. Feedbackgespräche, ­Zielvereinbarungsgespräche)

Einarbeitungspläne für den Aufgabenbereich (z. B. durch Zeitpläne mit kritischen Daten, ­ Anleitungen zur Aufgabenerledigung, ­Handouts mit Hilfestellungen)

Karriere-Förderprogramme (z. B. finanzielle und/oder zeitliche Unterstützung beim Besuch eines Master-Studienganges, ­Führungskräfteentwicklung, Coaching, Mentoring, Stellvertretung)

4

Individuelle Gespräche mit der Ausbildungsleitung (z. B. Feedback­ gespräche zum bisherigen Verlauf)

Flexibilisierungen der Arbeitszeit während der Praxisabschnitte (z. B. mittels Gleitzeit)

Flexibilisierungen des Arbeitsplatzes (z. B. durch Homeoffice, Telearbeit, ­mobiles Arbeiten)

individuelle Gespräche mit der Führungs­ kraft (z. B. Feedbackgespräche, Zielverein­ barungsgespräche)

5

Patenschaften mit Studierenden der vor­ herigen Einstellungsjahrgänge der Ein­ stellungsbehörde (feste Ansprechperson für z. B. Hilfestellungen, Rückfragen)

Individuelle Gespräche mit der Ausbildungs­ leitung (z. B. Feedbackgespräche, Zielverein­ barungsgespräche)

Seminare/Schulungen zur fachlichen Ein­ arbeitung im Aufgabenbereich (z. B. Ein­ führung zum Schulrecht, Abwasserrecht)

Beurteilungen und Beurteilungsgespräche (z. B. am Ende jedes Jahres)

6

Austauschrunden mit allen dual Studierenden der Einstellungsbehörde (z. B. für Erfahrungs­ austausch, Informationsaustausch z. B. zum dualen Studium)

Seminare/Schulungen zur Wiederholung und Vertiefung der Modulinhalte der HSPV NRW (z. B. zur Vorbereitung auf ­Leistungsnachweise)

Regelmäßige Austauschrunden mit Perso­ nen, die im gleichen Bereich tätig sind (für z. B. Erfahrungsaustausch z. B. bei Fallbearbei­ tungen, Informationsaustausch z. B. zu neuen Rechtserkenntnissen).

Karriereplanungsmöglichkeiten (z. B. durch Karriere- und Fördergespräche)

7

Seminare/Schulungen/Fortbildungen zur Studierfähigkeit (z. B. Zeitmanagement, Selbstmanagement, Stressmanagement)

Unterstützung für das Selbststudium (z. B. Bücher/Fachzeitschriften und/oder Fallbearbeitungen)

Beurteilung und Beurteilungsgespräch (z. B. am Ende des halben Jahres)

Seminare/Schulungen zur fachlichen ­ ertiefung im Aufgabenbereich (z. B. Ver­ V tiefungen zum Schulrecht, Abwasserrecht)

8

Austauschrunden mit allen dual Studierenden eines Einstellungsjahrgangs der Einstellungs­ behörde (z. B. für Erfahrungsaustausch, Infor­ mationsaustausch z. B. zum dualen Studium)

Flexibilisierungen des Arbeitsplatzes während der Praxisabschnitte (z. B. durch ­Homeoffice, Telearbeit, mobiles Arbeiten)

Individuelle Gespräche mit der Führungs­ kraft (z. B. Feedbackgespräche, Zielverein­ barungsgespräche)

Regelmäßige Austauschrunden mit Personen, die im gleichen Bereich tätig sind (z. B. für Erfahrungsaustausch z. B. bei ­Fall­bearbeitungen, Informationsaustausch ­ z. B. zu neuen Rechtserkenntnissen).

Teamtage mit allen dual Studierenden eines Einstellungsjahrgangs der Einstellungs­ behörde (z. B. Bowlen, Essen gehen)

Seminare/Schulungen/Fortbildungen/ Trainings zur Kompetenzerweiterung für das duale Studium und die später auszuführenden Aufgaben (z. B. Konflikt­ managementseminar, Kommunikations­ training, Präsentationstraining)

Karriereplanungsmöglichkeiten (z. B. durch Karriere- und Fördergespräche)

Seminare/Schulungen/Fortbildungen/ Trainings zur Kompetenzerweiterung, die der Arbeit im Aufgabenbereich dienlich sind (z. B. Kommunikationstraining zum Umgang mit aufgebrachter Kundschaft, Projektmanagement).

Patenschaften mit Studierenden der v­ orherigen Einstellungsjahrgänge der ­Einstellungsbehörde (feste Ansprechperson z. B. für Hilfestellungen, Rückfragen)

Seminare/Schulungen/Fortbildungen/ Trainings zur Kompetenzerweiterung, die der Arbeit im Aufgabenbereich dienlich sind (z. B. Kommunikationstraining zum Umgang mit aufgebrachter Kundschaft, Projektma­ nagement).

Seminare/Schulungen/Fortbildungen/ Trainings zur Kompetenzerweiterung, die nicht originär der jetzigen Arbeit im Aufgabenbereich dienlich sind, aber die Karrieremöglichkeiten verbessern (z. B. Führungskräfteschulung, inter­kulturelle Kompetenzen, Verhandlungstraining, ­Argumentationstraining).

9

10

Teamtage mit allen dual Studierenden der Einstellungsbehörde (z. B. Bowlen, Essen gehen)

Top-Ten-Ranking der Instrumente und Maßnahmen der Personalentwicklung für Nachwuchskräfte in den einzelnen Phasen (eigene Darstellung)

MELDUNG

Regenbogenflagge an Bundesgebäuden genehmigt (BS/bt) Zu Anlässen wie dem Christopher Street Day darf künftig die Regenbogenflagge gehisst werden. Das Bundesinnenministerium (BMI) möchte so ein sichtbares Zeichen für die Akzeptanz und den Schutz geschlechtlicher Vielfalt setzen. Bislang bestand die Genehmigung nicht, dies hatte in der Ver-

gangenheit oft zu Diskussionen geführt. Bundesinnenministerin Nancy Faeser begründet die Genehmigung damit, dass die Vielfaltakzeptanz auch an staatlichen Institutionen gezeigt werden müsse, um ein sichtbares Zeichen der Solidarität bei Diskriminierung zu setzen. Allerdings sei das Hissen der Regenbogenflagge

nur zu bestimmten Anlässen an Bundesgebäuden erlaubt, so wie etwa dem Christopher Street Day oder andere bestimmte örtliche und regionale Veranstaltungen. Die Bundesflagge habe Verfassungsrang und sei wichtigstes Staatssymbol gesamtstaatlicher Repräsentation. Die Wahrung der Neutralität sei dabei erforderlich.

Bundesregierung stärkt Cyber-Raum im Rahmen der G7-Präsidentschaft (BS/sp) Seit Januar diesen Jahres hat Deutschland die G7-Präsidentschaft inne. Als einer der Themenpunkte in diesem Jahr möchte die Bundesrepublik sich mit ihren Partnern über “verantwortliches Staatenverhalten im Cyber-Raum” auseinandersetzen. Unter verantwortlichem Handeln im Cyber-Raum versteht die

Bundesregierung vor allem die Erarbeitung vertrauensbildender Maßnahmen, gemeinsamer Grundsätze für Kapazitätsaufbau im Cyber-Sicherheitsbereich und die Umsetzung beziehungsweise die Anwendung des Völkerrechts im Cyber Space. Beim Kapazitätsausbau wünscht sich die Bundesregierung die Schaffung

eines rechtlichen und regulativen Rahmens sowie die Verstärkung bei der Strategieentwicklung, der technischen Ausstattung, Cyber Diplomacy sowie die Intensivierung der Aus- und Fortbildung von Fachpersonal. Ferner soll ein besonderes Augenmerk auf die Sicherung der Kritischen Infrastruktur gelegt werden.


Länder

Behörden Spiegel / Mai 2022

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Den Worten Taten folgen lassen

Ad-hoc-Paket für Zivilschutz

NRW-Wahl: Innere Sicherheit, Digitalisierung und Bildung im Fokus

Investitionen in Geräte und Infrastruktur

(BS/Büsra Tasdemir) Die Spannung bleibt: Am 15. Mai wird in Nordrhein-Westfalen ein neuer Landtag gewählt. Aktuell läuft es auf ein Kopf-an- (BS/bhi) Der Krieg in der Ukraine macht die Stärkung des Zivil- und KaKopf-Rennen zwischen NRW-Ministerpräsident Henrik Wüst (CDU) und Thomas Kutschaty (SPD) hinaus. Schon seit Monaten liegen beide großen tastrophenschutzes unumgänglich. Deshalb nehmen das niedersächsische Innen- und das Finanzministerium dringend benötigte InvestiParteien in Prognosen fast gleichauf. Was versprechen die Parteien? tionen nun gemeinsam vor. Die Ministerien planen ein Ad-hoc-Paket in Digitalisierung wollen sie die Höhe von 40 Millionen Euro. Aber woher nehmen sie das Geld? Wie bei jeder Landtagswahl wird Netzabdeckung mit 5G “an jeder Haustür” durchsetzen. Auch die FDP möchte mit ihrem Wahlprogramm “Von hier aus weiter” den Ausbau von “superschnellem Internet” bis 2025 in ganz NRW durchsetzen.

viel darüber berichtet, welche Partei die richtigen Antworten gibt. Mehrere Umfragen wurden dieses Jahr durchgeführt und klar bleibt, dass CDU und SPD dicht beieinander liegen. Es bleibt also offen, wer künftig in NRW regiert. Wichtiger ist es nun, zu wissen, was die gewählten Parteien bei einer gewonnenen Wahl vorhaben.

Bildung

“Noch sozialer, noch sicherer, noch stärker” Bei der letzten Landtagswahl konnte sich die CDU als stärkste Kraft durchsetzen und bildet seither mit den Freien Demokraten die sogenannte “NRW-Koalition”. Ob sie nun auch für den 18. Landtag erneut gewählt wird, bleibt offen. Nach den Wahlen will die CDU das Bundesland “noch sozialer, noch sicherer, noch stärker und noch nachhaltiger” machen. Die Innere Sicherheit kann größtenteils die Landtagswahl mitentscheiden. Trotz unterschiedlicher Vorgehensweise plädieren die meisten Parteien auf die Aufrüstung der Polizei. So möchte die CDU, dass die Zahl der Polizistinnen und Polizisten von 40.000 auf 45.000 steigt. Die Devise der Sozialdemokraten lautet: “Gerechtigkeit bedeutet Schutz vor Kriminalität”. So will auch die SPD die Polizei stärker aufrüsten, um etwa Organisierte Kriminalität zu bekämpfen, den Ausbau und die Fortsetzung der Präventionsprogramme müsse das Land aber auch besser vorantreiben. Zudem solle ein effektiver Handlungsspielraum für Polizistinnen und Polizisten geschaffen

Am 15. Mai wird in NRW ein neuer Landtag gewählt. Bleibt Hendrik Wüst Ministerpräsident oder leuchtet bald die Ampel in NRW? Fest steht, dass SPD und CDU laut aktuellen Prognosen gleichauf liegen. Foto: BS/planet_fox, pixabay.com

werden, der den Schutz der Bürgerinnen und Bürger und den Schutz der Polizei selbst garantiere.

Der Fokus richtet sich nicht nur auf die Polizei Nach der Hochwasserkatastrophe in Rheinland-Pfalz und in NRW sind sich beide Spitzenparteien darüber einig, den Fokus auch auf die Neuaufstellung des Katastrophenschutzes zu legen. Die SPD möchte künftig die Feuerwehr, die Rettungsdienste und den Katastrophenschutz durch Weiter- und Fortbildungen stärken. Auch die FDP möchte den Katastrophenschutz gänzlich modernisieren und den ehrenamtlichen Einsatz in der Freiwilligen Feuerwehr und weiteren Hilfsorganisationen fördern.

Digitalisierung Nach dem die SPD die letzte Wahl verloren hatte, will sie nun die stärkste Fraktion in NRW werden.

Im Bereich der Digitalisierung verspricht die Partei den Zugang zu schnellem Internet für das ganze Land – ausnahmslos. Zudem will sie die digitale Verwaltung vorantreiben. So sollen “alle Bürgerdienstleistungen in Zukunft online erledigt werden können”. Mit dem Onlinezugangsgesetz (OZG) kann dieses Ziel mit großer Wahrscheinlichkeit realisiert werden, da Bund, Länder und Gemeinden bis spätestens Ende 2022 ihre Verwaltungsdienstleistungen auch elektronisch über Verwaltungsportale anbieten müssen. Zudem soll es Landesförderprogramme für Aufbau und Vernetzung von lokalen Online-Plattformen geben, etwa für örtlichen Einzelhandel, Dienstleistungen oder Wohnungen. Das Wahlprogramm der Grünen “Von hier an Zukunft” setzt verstärkt auf die Themen Klimaschutz und Energiewende, doch auch im Bereich der

Ein weiteres wichtiges Thema im Wahlkampf ist die Bildung. Die SPD kritisiert, dass die sozialen und finanziellen Verhältnisse in Elternhäusern einen großen Einfluss auf die Bildungskarrieren von Kindern hätten, daher sollen besonders in sozial benachteiligten Stadtteilen insgesamt 1.000 Schulen mit mehr Personal ausgerüstet und zusätzliches Material zur Verfügung gestellt werden. Auch sollen alle Lehrkräfte das gleiche Eingangsgehalt erhalten, denn es gebe bei der Bezahlung Ungleichheiten zwischen Gymnasial- und Grundschullehrkräften. Auch was die Digitalisierung betrifft, sollen künftig alle Schülerinnen und Schüler ein digitales Endgerät für den Unterricht bekommen. Darüber hinaus will die SPD die Kita-Gebühren komplett abschaffen. Die CDU möchte hingegen ein drittes beitragsfreies KitaJahr einführen. Im Moment sind es zwei beitragsfreie Jahre. Viele Verbesserungen haben sich die Parteien für die Zeit nach der Landtagswahl vorgenommen. Es bleibt spannend, ob Amtsinhaber Hendrik Wüst Ministerpräsident bleibt oder Thomas Kutschaty mit einer Mehrheit im neu gewählten Landtag regieren kann.

Die 40 Millionen Euro gibt es zusätzlich zu den 18 Millionen Euro, die Niedersachsen sowieso jährlich für den Katastrophenschutz ausgibt. Das zusätzliche Geld stammt aus drei Quellen. Erstens hat Niedersachsen im Haushalt für 2021 zehn Millionen Euro für den Ankauf und Aufbau von Sirenen vorgesehen. Aufgrund der Marktlage können die Sirenen in diesem Jahr allerdings nicht wie geplant geliefert werden. Daher fließen die Gelder in das Ad-hoc-Paket. Nichtsdestotrotz wird Niedersachsen die Sirenenwarnanlagen in den nächsten Jahren weiter ausbauen, wenn es wieder Sirenen zu kaufen gibt. Zweitens “stellt das Finanzministerium für das laufende Jahr Haushaltsmittel aus nicht ausgeschöpften Ausgabeermächtigungen des Jahres 2021 bereit. Hiervon stehen bis zu 15 Mio. Euro für das Ad-hoc-Paket zum Katastrophenschutz zur Verfügung”, erklärt der niedersächsische Finanzminister Reinhold Hilbers (CDU). “Der Schutz der Bürgerinnen und Bürger im Katastrophenfall hat für uns hohe Priorität. Der neuen Sicherheitslage begegnen wir mit dieser Umschichtung von Finanzmitteln.” Die noch fehlenden 15 Millionen Euro stammen aus einer Verpflichtungsermächtigung des Finanzministeriums. Damit verpflichtet sich das Finanzministerium, in den Folgejahren Beschaffungen in Höhe von 15 Millionen Euro für den Katastrophenschutz zu finanzieren.

“Wir sind so gut gerüstet für die Zukunft: Die Verpflichtungsermächtigungen geben uns die nötige Flexibilität, um punktgenaue Verbesserungen und Verstärkungen im Katastrophenschutz zu ermöglichen”, begründete Hilbers die Notwendigkeit der Maßnahme. Wegen des Ukraine-Kriegs müsse der Bevölkerungsschutz kurzfristig ausgebaut werden. Doch durch den Klimawandel stehe Niedersachsen auch in der Zukunft vor großen Herausforderungen. Von dem Ad-hoc-Paket sollen zunächst hochleistungsfähige Notstromaggregate (Netzersatzanlagen) und Spezialfahrzeuge angeschafft werden. Außerdem soll das Geld in Betreuung – auch in die Notunterbringung von Flüchtlingen – investiert werden. Denkbar ist auch, dass die Trinkwassernotversorgung ausgebaut wird sowie mobile Sanitätseinrichtungen und Satellitentelefone gekauft werden. Darüber hinaus soll der niedersächsische Katastrophenschutz Reaktionspläne und Techniken für feindliche Cyber-Angriffe und einen Mangel an Treib- und Brennstoffen entwickeln. Schon am Rande der Sonder-Innenministerkonferenz in Brüssel Anfang April legte der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius (SPD) einen Vorschlag für einen “Bund-Länder-Pakt für den Zivil- und Katastrophenschutz” vor. Neben der finanziellen Aufwertung der Bundeswehr forderte der Innenminister eine gleichzeitige Aufwertung des Zivil- und Katastrophenschutzes.

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Finanzen

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Behörden Spiegel / Mai 2022

Öffentliches Finanzierungsdefizit gesunken

Rheinland-Pfalz verabschiedet Haushalt

Einnahmen steigen stärker als Ausgaben

Dreitägige Beratungen, 548 Änderungsanträge

(BS/lkm) Die Ausgaben des öffentlichen Gesamthaushalts sind im Jahr 2021 gegenüber dem Vorjahr um fünf Prozent auf 1.762,4 Milliarden Euro gestiegen. Gleichzeitig stiegen die Einnahmen etwas stärker als die Ausgaben um 9,4 Prozent auf 1.629,3 Milliarden Euro. Dem Statistischen Bundesamt (Destatis) zufolge errechnet sich daraus ein Finanzierungsdefizit von 133,2 Milliarden Euro.

(BS/lkm) Nach intensiven Beratungen in den Ausschüssen hat der rheinland-pfälzische Landtag im April den Landeshaushalt für das Jahr 2022 mit den Stimmen der Regierungskoalition aus SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP verabschiedet. CDU, AfD und Freie Wähler stimmten gegen den Etatentwurf. Insgesamt umfasst der Haushalt 2022 Gesamtausgaben von rund 20,6 Milliarden Euro. Die Gesamteinnahmen liegen bei rund 19,7 Milliarden Euro. Die geplante Nettokreditaufnahme beläuft sich auf 894,1 Millionen Euro.

Im Jahr 2020 hatte das Finanzierungsdefizit 189,2 Milliarden Euro betragen, während im Vorkrisenjahr 2019 ein Überschuss von 45,2 Milliarden Euro realisiert worden war. Laut Destatis lassen sich die gestiegenen Ausgaben hauptsächlich durch die weiter gewachsenen Zuweisungen und Zuschüsse infolge der Corona-Pandemie erklären. So habe allein der Bund durch seine Extrahaushalte im Jahr 2021 rund 121,1 Milliarden Euro (plus 34 Prozent) mehr Zuweisungen, Zuschüsse sowie Schuldendiensthilfen als im Vorjahr gezahlt. Darin sind Soforthilfen an Unternehmen ebenso enthalten wie zum Beispiel Zahlungen zur Unterstützung der Krankenhäuser. Zu den Zuweisungen gehören auch Zahlungen vom Kernhaushalt des Bundes an seine Sonderfonds, etwa an die “Aufbauhilfe 2021” zur Unterstützung der von der Hochwasserkatastrophe im Sommer 2021 betroffenen Regionen oder an den Energie- und Klimafonds.

Steuereinnahmen übersteigen Vorkrisenniveau Nachdem die Einnahmen des öffentlichen Gesamthaushalts im Jahr 2020 aufgrund der CoronaKrise deutlich zurückgegangen waren, stiegen sie im Jahr 2021 infolge der wirtschaftlichen Erholung wieder an. Maßgeblich für den Anstieg waren laut Destatis die Einnahmen aus Steuern und steuerähnlichen Abgaben.

Die Finanzen der öffentlichen Haushalte erholen sich wieder leicht. Zwar verzeichnet der Bund ein historisch hohes Finanzierungsdefizit. Aber über alle drei Ebenen – Bund, Länder, Kommunen – betrachtet, sank das öffentliche Finanzierungsdefizit im Vergleich zum Vorjahr. Foto: BS/LeoderLiebe, pixabay.com

Die Einnahmen aus Steuern und steuerähnlichen Abgaben erhöhten sich 2021 im Vorjahresvergleich beim Bund um 9,4 Prozent und bei den Ländern um 13,3 Prozent. Bei den Gemeinden und Gemeindeverbänden betrug der Zuwachs 15,2 Prozent, hier vor allem aufgrund der höheren Gewerbesteuereinnahmen (plus 34,6 Prozent nach Gewerbesteuerumlage). Damit lagen die Steuereinnahmen der Länder, der Gemeinden und Gemeindeverbände über dem Vorkrisenniveau des Jahres 2019, während die Steuereinnahmen des Bundes das Vorkrisenniveau noch nicht wieder erreichten. Den aktuellen Zahlen des Statistischen Bundesamtes zufolge ergibt sich für den Bund ein

Finanzierungsdefizit von 135,8 Milliarden Euro. Im Vorjahr war es mit 129,9 Milliarden Euro deutlich geringer. Im Jahr 2019 konnte ein Überschuss von 14,8 Milliarden Euro erzielt werden. Für die Länder errechneten die Statistiker einen Finanzierungsüberschuss von 3,5 Milliarden Euro. Im Vorjahr wiesen die Länder infolge eines kräftigen Anstieges der Ausgaben noch ein Finanzierungsdefizit von 33,5 Milliarden aus, nachdem sie im Vorkrisenjahr 2019 einen Überschuss von 16,6 Milliarden verzeichnet hatten. Die Kommunen erzielten einen Überschuss von 4,6 Milliarden Euro gegenüber zwei Milliarden Euro im Jahr 2020 und 5,6 Milliarden Euro im Jahr 2019.

Bremen-Fonds ausgeschöpft

In zwölf Sitzungen wurden insgesamt 548 Änderungsanträge der Fraktionen zum Regierungsentwurf vorgelegt. Die meisten davon betrafen den Haushalt des Familien- und Integrationsministeriums, gefolgt vom Klimaschutzministerium und dem Gesundheitsministerium. “Wir verabschieden den Haushalt des Landes Rheinland-Pfalz für das Jahr 2022 in außergewöhnlichen Zeiten. Die CoronaPandemie zeichnet noch immer tiefgreifende Spuren in unserem Zusammenleben, die Flutkatas­ trophe im vergangenen Jahr und der Wiederaufbau beschäftigen uns nachhaltig. Der Krieg in der Ukraine ist nicht nur ein Bruch des Völkerrechts, sondern auch ein Angriff auf unsere Friedensordnung und unsere grundlegenden Werte in Europa. Der Landeshaushalt für das Jahr 2022 ist vor diesem Hintergrund ein wichtiges Zeichen. Denn dieser Haushalt zeigt: Das Land ist auch in diesen schwierigen Zeiten handlungsfähig”, sagte die rheinland-pfälzische Finanzministerin Doris Ahnen. Daher sei es richtig, dass die Regierungsfraktionen mit ihren Änderungsanträgen schnell und solidarisch reagiert hätten. “Wir haben ohne Zögern und im Schulterschluss mit allen

demokratischen Landtagsfraktionen ein Sofortprogramm von bis zu 50 Millionen Euro auf den Weg gebracht. Davon gehen 20 Millionen Euro als Sonderzahlung an die Kommunen im Land zur Unterstützung bei der Aufnahme von anlässlich des Ukraine-Kriegs Geflüchteten”, so Ahnen.

Zu wenig Geld für ­Katastrophenschutz Dem CDU-Fraktionsvorsitzender Christian Baldauf gingen die Ansätze der Landesregierung beim Bevölkerungsschutz nicht weit genug. Rheinland-Pfalz sei unzureichend auf Krisen und Katastrophen vorbereitet und die Konzepte des Katastrophenschutzes seien veraltet, so Baldauf. Feuerwehren und Einsatzkräfte im Katastrophenschutz müssten mit moderner Ausrüstung ausgestattet werden. Sicherer Bevölkerungsschutz dürfe nicht von der jeweiligen Kassenlage der Kommunen abhängig sein. Zudem forderte der CDU-Fraktionschef mehr Geld für Bildung, Gesundheit, Infrastruktur und die Polizei. Die Schulsozialarbeit müsse ausgebaut, die ärztliche Versorgung verbessert und mehr Geld für das Medizinstudium und für Krankenhäuser bereitgestellt werden. Er schlug vor, eine Milliarde Euro zu investie-

ren, um den Investitionsstau bei Straßen, Brücken und Radwegen abzubauen.

Mehr Geld für Erneuerbare Energien Der Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, Bernhard Braun, sieht im Landeshaushalt 2022 einen klaren Fokus auf die Herausforderungen der Zukunft. Als Fixpunkte nannte er den Klimaschutz und die Energiewende und damit einhergehend die nachhaltige Transformation der Wirtschaft. Die Ausgaben für Klimaschutz und den Ausbau Erneuerbarer Energien seien im neuen Haushalt um mehr als 40 Prozent gestiegen.

Zwist um Rücklagen Demgegenüber kritisierte der AfD-Fraktionsvorsitzende Michael Frisch, dass der Haushaltsentwurf nicht geeignet sei, Rheinland-Pfalz krisenfest in die Zukunft zu führen und keine Antworten auf die Herausforderungen der Zukunft gebe. Er kritisierte, dass Rücklagen im Haushalt nicht angefasst würden, sondern das Land neue Schulden aufnehme. Ahnen kritisierte den Eingriff in die Rücklagen des Landes. Dies werde “uns in unsicheres Fahrwasser” bringen, so Ahnen.

Rechnungshof: Bayern haushaltet solide Notfallkredite sollen detailliert begründet werden

(BS/lkm) In seinem aktuellen Jahresbericht bestätigt der Bayerische Oberste Rechnungshof (ORH) der Staatsregierung für das Haushaltsjahr 2020 insgesamt eine geordnete Haushalts- und Wirtschaftsführung. Vor dem Hintergrund von 5,1 Milliarden Euro Steuermehreinnahmen in 2021 empfiehlt der OHR jedoch, eine (BS/lkm) Vor knapp zwei Jahren hat der Bremer Senat den Bremen-Fonds zur Bekämpfung der Auswirkungen dauerhafte Reduzierung des bisherigen Kreditrahmens zu prüfen und Notfallkredite detailliert zu begründen. der Corona-Pandemie beschlossen. Seitdem wurden zahlreiche Projekte mit dem Geld umgesetzt oder sind in Planung. Mittlerweile ist der Fonds sogar überzeichnet, er soll aber nicht ausgeweitet werden. Der komplette Finanzierungsrah-

1,2 Milliarden Euro zur Bekämpfung der Corona-Pandemie

Der Bremen-Fonds wurde im April 2020 vom Bremer Senat beschlossen. Der kreditfinanzierte Fonds über 1,2 Milliarden Euro soll zur Abfederung der unmittelbaren Pandemiefolgen und für einen erfolgreichen Neustart nach der Corona-Krise aufgewendet werden. “1,2 Milliarden Euro hatten die Senatsressorts zur Verfügung, um der Corona-Krise zu begegnen. Nun neigt sich das Geld dem Ende zu und wir müssen zurückfinden in eine haushaltspolitische Normalität. Dafür ist es notwendig, bei den Ausgabenwünschen

auf die Bremse zu treten. Denn eins ist klar: der Bremen-Fonds soll nicht ausgeweitet werden”, betonte Bremens Finanzsenator Dietmar Strehl. Der Bremen-Fonds beinhaltet Mittel für die Freie Hansestadt Bremen und einen Teil für die Stadtgemeinde Bremen. Die Stadtgemeinde Bremerhaven verfügt über einen eigenen Bremerhaven-Fonds. Im Jahr 2021 wurden aus dem Bremen Fonds im Land und in der Stadtgemeinde Bremen insgesamt 418 Millionen Euro ausgegeben. Zu den genannten Ausgaben

kommen rund 185 Millionen Euro Rücklagen hinzu. Für das laufende und das kommende Jahr sind Ausgaben von insgesamt 680 Millionen Euro veranschlagt. Insgesamt ist der Bremen-Fonds damit knapp 90 Millionen Euro überzeichnet. “Für diesen Fehlbetrag müssen wir in den kommenden Wochen eine Lösung finden. Alle Ressorts müssen dazu einen Beitrag leisten”, so Strehl. Derzeit fänden Gespräche zwischen dem Senator für Finanzen und den einzelnen Ressorts statt, um die Bedarfe abzuwägen.

Anonymes Hinweisgeberportal Erste Evaluation durch die Steuerverwaltung (BS/lkm) In allen Bundesländern ist es möglich, anonyme Hinweise auf möglichen Steuerbetrug telefonisch, per Mail oder Brief zu geben. Im August 2021 hat Baden-Württemberg ein Online-Portal dafür bereitgestellt, auf dem solche anonymen Hinweise auch digital abgegeben werden können. Eine erste Evaluation hat nun gezeigt, dass die Zahl an anonymen Hinweisen auf möglichen Steuerbetrug hierdurch gestiegen ist. Ein relevanter Anstieg falscher oder offensichtlich unbegründeter Hinweise sei jedoch nicht zu verzeichnen. Die Qualität der Hinweise, die über das digitale Portal eingingen, sei ähnlich wie bei den analogen Hinweisen. Insgesamt habe die Aufmerksamkeit für das Thema Steuerbetrug zu mehr Hinweisen geführt, so die Steuerverwaltung. “Das Hinweisgeberportal ist offensichtlich kein Portal für Denunziationen. Allerdings ist auch die Qualität der Hinweise noch nicht so hoch wie erhofft. Aber schon ein richtiger Hinweis allein unter Hunderten kann Hundertausende Euro an hinterzogenen Steuern einbringen.

Das Instrument des anonymen Hinweises ist also grundsätzlich richtig und wichtig beim Kampf gegen Steuerbetrug und für mehr Steuergerechtigkeit. Es lohnt sich deshalb offline wie online”, betonte Baden-Württembergs Finanzminister Dr. Danyal Bayaz. Zwischen August 2021 und Fe­ bruar 2022 wurden über das Portal 2.608 Fälle von Steuerbetrug gemeldet. In 23 Fällen führten die Hinweise zu Strafverfahren. Außerhalb des Hinweisgeberportals wurden im Zeitraum August 2021 bis Februar dieses Jahres 402 anonyme Hinweise abgegeben. Mit 23 eingeleiteten Strafverfahren liegt hier die strafrechtliche Verwertungsquote bei

6,7 Prozent und damit deutlich über den anonymen Hinweisen aus dem Online-Portal. Laut Bayaz folgt daraus jedoch nicht unmittelbar, dass die Qualität der Online-Hinweise geringer sei. Nicht jeder brauchbare Hinweis führe zur Einleitung eines Strafverfahrens. Oft würden die Hinweise an die zuständigen Außenprüfungsdienste der Finanzämter weitergeleitet. Nach erfolgten strafrechtlichen Prüfungen könnten auch rein steuerliche Ermittlungen aufgenommen werden. Solche Fälle flössen in die Verwertungsquote nicht ein, ebenso nicht Hinweise, die den Zuständigkeitsbereich des Zolls oder der Polizei beträfen.

men 2020 von 78 Milliarden Euro setzte sich aus Kreditermächtigungen von 40 Milliarden Euro, Gewährleistungsermächtigungen von 26 Milliarden Euro und einem Bürgschaftsrahmen von zwölf Milliarden Euro zusammen. Laut ORH stellt Bayern im Ländervergleich den größten Finanzierungsrahmen für Corona-Maßnahmen bereit. Die Einnahmen des Jahres 2020 seien geringer als geplant ausgefallen, seien aber noch geringfügig höher als die Ausgaben gewesen. Neben den niedrigeren Steuereinnahmen sei dies überwiegend auf die Soll-Ist-Abweichung bei der Schuldenaufnahme zurückzuführen, da man für den Sonderfonds Corona-Pandemie anstelle der geplanten 20 Milliarden Euro tatsächlich 7,2 Milliarden Euro neue Kredite aufgenommen habe. Die Haushaltssicherungsrücklage sank auf 8,6 Milliarden Euro. “Bayern hat die massiven He­ rausforderungen der letzten zwei Jahre entschlossen angepackt, um möglichst viel Krise von den Menschen fernzuhalten. Wir haben zugleich gezielte Impulse gesetzt, um Bayern als Wirtschaftsstandort nachhaltig zu stärken. Bei allen Ausgaben werden immer Kosten und Nutzen bestmöglich abgewogen! Seriöse Planung und effizienter Haushaltsvollzug sind die Grundlage bayerischer Finanzpolitik”, erklärte Bayerns Finanzminister Albert Füracker. Bayerns Haushaltsführung wurde kürzlich zudem von mehreren Ratingagenturen abermals bestätigt. So wurde der Freistaat von Standard & Poor’s weiterhin mit dem Spitzenrating “AAA/A-1+” mit stabilem Ausblick bewertet. Laut dem Ratingbericht ist die gute Bewertung vor allem auf ein

Der Bayerische Oberste Rechnungshof hat dem Freistaat Bayern für das Jahr 2020 insgesamt ordnungsgemäße Haushalts- und Wirtschaftsführung bescheinigt. Foto: BS/Hans Braxmeier, pixabay.com

nachhaltiges Finanzmanagement und den hohen Bestand an Liquiditätsreserven zurückzuführen. “Aktuell stellen uns die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs vor zahlreiche Unsicherheiten. Unser Ziel aber bleibt: Mit kluger Finanzpolitik wollen wir den bayerischen Staatshaushalt schnellstmöglich wieder ohne neue Schulden aufstellen und die Reduzierung der Schuldenstände angehen”, so Füracker.

Rechnungshof mahnt zur Einhaltung der Schuldenbremse Die finanziellen Herausforderungen angesichts der COVID19-Pandemie und des Krieges in der Ukraine sind auch für den ORH “unbestreitbar”. Jedoch dürfe eine strukturelle Entlastung des Haushalts darüber nicht aus dem Blick geraten. Denn die Einhaltung der Schuldenbremse bleibe ein wesentlicher Beitrag

zu einer nachhaltigen, künftigen Generationen gerecht werdenden Haushaltspolitik. Wegen der Schuldenbremse seien Corona-Notlagenkredite nur ausnahmsweise möglich und dürften nur zur Bekämpfung der Pandemie und ihrer Folgen eingesetzt werden. Die kreditfinanzierten Maßnahmen müssten also einen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der Notlage haben. Erneut empfiehlt der ORH, kurz vor der Verabschiedung des Haushalts 2022 durch den Landtag, detailliert zu begründen, welche Wirkungen von den konkreten Maßnahmen des Corona-Investitionsprogramms und der “Hightech Agenda Plus” final für die Überwindung der Notlage erwartet werden könnten und inwiefern dafür auch der zeitnahe Mittelabfluss gewährleistet werden könne.


Beschaffung / Vergaberecht

Behörden Spiegel / Mai 2022

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Werkzeug mit politischer Wirkung

► Entscheidungen zum Vergaberecht

Das Beschaffungsinstrument IPI und seine Bedeutung ► MINDESTUMSATZ

Einmal genügt Kein mehrfacher Nachweis für Bietergemeinschaft Als Nachweis der finanziellen Leistungsfähigkeit verlangte der Auftraggeber einen Mindest­ umsatz von 250.000 Euro pro Geschäftsjahr von den Bietern. Den Zuschlag wollte er auf eine Bietergemeinschaft ertei­ len, was einen Konkurrenten auf den Plan rief. Er meint, in dieser Gemeinschaft hätten sich Unternehmen zusammen­ gefunden, die solche Umsät­ ze gar nicht erwirtschaften könnten. Eines der beteiligten Unternehmen sei branchenbe­ kannt ein Ein-Mann-Betrieb. Der Konkurrent meint, aus der Forderung nach gesamt­ schuldnerischer Haftung der Mitglieder müsse abgeleitet werden, dass dann auch jedes Mitglied den Mindestumsatz erfüllen müsse. Das allerdings ist ein Missver­ ständnis, sagt dazu die Verga­ bekammer. Vielmehr ist es so, dass eine Bietergemeinschaft ja gerade zu dem Zweck ge­ schlossen wird, gemeinsam eine Leistungsfähigkeit zu erreichen, die die Mitglieder einzeln nicht aufbringen kön­ nen. Das gilt auch für deren Umsatz. Nur wenn der Auf­ traggeber ausdrücklich die Anforderung stellt, dass jedes Mitglied einzeln eine bestimmte Eignung nachweisen muss, wäre dies anders zu beurtei­ len. Die gesamtschuldnerische Haftung jedenfalls stellt eine solche über das normale Maß hi­nausgehende Anforderung nicht dar. Sie ist im Gegen­ teil der Regelfall, der sich allein durch die gesetzliche Haftungsregel der BGB-Ge­ sellschaft ergibt, welche eine Bietergemein-schaft darstellt. VK Bund (Beschl. v. 26.10.2021, Az.: VK 1-108/21)

► REFERENZ

Mindestens drei Was ist eigentlich eine Videokonferenz? Für 2.000 hessische Schu­ len sollte ein einheitliches Vi­ deokonferenzsystem für den Distanzunterricht beschafft werden. In den Vergabeunter­ lagen waren Eignungskriterien nicht ausdrücklich festgelegt. Stattdessen wurde nur eine Referenz für ein System ver­ langt, das eine “Videokonfe­ renz-Umgebung” beinhalten und 10.000 Nutzer haben soll­ te. Nach der Vorabmitteilung entbrennt ein Streit darüber, ob der Zuschlagsbieter eine taugliche Referenz vorlegen konnte. Das OLG Frankfurt hält diese Referenz abschlie­ ßend für unzureichend, die Referenzforderung allerdings für zulässig. Ein Auftraggeber darf dem­ nach durchaus darauf verzich­ ten, neben der Referenz aus­ drücklich Eignungskriterien festzulegen. In einem solchen Falle müsse der verständige Bieter selbst erkennen, wel­ chen Inhaltes die Referenzen sein müssen. Für eine Video­ konferenz genügt demnach nicht eine Referenz über ein System, das den Bild- und TonAustausch nur von Punkt zu Punkt vorsieht. Eine Konferenz unterscheidet sich gegenüber dem Video-Anruf dadurch, dass sie mindestens drei Teil­ nehmer beinhaltet, denen syn­ chron Bild und Ton der jeweils anderen über einen Verteilkno­

ten zugespielt werden müssen. Schon dies konnte die Referenz des vermeintlichen Bestbieters nicht darstellen. Zudem hätte sie auch zeigen müssen, dass sie eine Vielzahl verschiedener Konferenz-(=Klassen-)Räume zeitgleich hätte bereitstellen können. Letzteres fehlte auch in den Anforderungen für die Referenz. Der Auftraggeber muss nun das Verfahren ab Bekanntmachung mit klareren Hinweisen auf den Inhalt der Referenz wiederholen. OLG Frankfurt (Beschl. v. 23.12.2021, Az.: 11 Verg 6/21)

► VERLÄNGERUNG

Ein Wort zu viel… …und der Vertrag wird unklar Im Jahr 2011 waren Leis­ tungen zur Beförderung ge­ handicapter Schüler in zwei Fachlosen vergeben worden. Los eins hatte eine Laufzeit von vier Jahren, Los zwei ei­ ne von acht. Die Laufzeiten sollten sich um zwei Jahre verlängern, sofern der Ver­ trag nicht ein Jahr vor Ende der Vertragslaufzeit gekündigt wird. So stand es in den Ver­ gabeunterlagen und so wurde der Zuschlag für beide Lose an denselben Bieter erteilt. Erst ein Jahr nach Beginn der Leistungserbringung schlossen Auftraggeber und Busunter­ nehmen einen gemeinsamen Verkehrsvertrag für beide Lose. In der endgültigen Fassung hat sich gegenüber dem Entwurf ein Wort mehr eingeschlichen. Nunmehr hieß es, der Vertrag verlängere sich, wenn er nicht ein Jahr vor Ende der “jewei­ ligen” Laufzeit gekündigt wer­ de. Acht Jahre später wusste niemand mehr, warum dieses eine zusätzliche Wort eingefügt wurde. Man verstand es so, dass eine wiederholte Vertrags­ verlängerung möglich sei. Das allerdings sieht das Ober­ landesgericht anders. Auf An­ trag eines Konkurrenten stellte es fest, dass die zweite Verlän­ gerung eine unwirksame Defacto-Vergabe war. Maßgeblich für die Verlängerungsoption sind nur die Vergabeunterla­ gen. Dies vorausgesetzt kann das Wort “jeweilig” nur auf die unterschiedlichen Laufzeiten der beiden Lose bezogen wer­ den. Somit fehlt der zweiten Verlängerung die vertragli­ che Grundlage. Da sie schon rein zeitlich eine Ausdehnung um 20 Prozent ausmacht, ist auch die Bagatellgrenze für Vertragsänderungen überschritten. Die Schülerbeförde­ rung muss neu ausgeschrieben werden. OLG Schleswig (Beschl. v. 09.12.2021, Az.: 54 Verg 8/21)

► AUSLEGUNG

Schlecht integriert Ausschluss wegen falscher Produktnummer Der Auftraggeber für Leis­ tungen der Gebäudeautoma­ tisierung hatte unter anderem Rauchwarnmelder (RWM) be­ schaffen wollen. Sie sollten ein “integriertes Netzteil” ha­ ben und bauartzugelassen sein. Ein Bieter bot ein Gerät mit externem Netzteil an. Er benannte für den RWM eine Produktnummer des Herstel­ lers, die ein nicht bauartzu­ gelassenes Gerät bezeichnet. Diese Nummer unterscheidet sich von derjenigen der zuge­ lassenen Variante nur durch einen kurzen Zusatz. Nach An­ gebotseröffnung reichte er ein

Datenblatt des Gerätes nach, das die zugelassene Varian­ te betraf. Die Vergabestelle schloss das Angebot aus, weil das Netzteil nicht im Gehäuse verbaut war. Die Vergabekam­ mer bestätigt den Ausschluss, stützt sich dabei aber auf die Produktnummer. Vor dem OLG unterliegt der Bieter wegen beider Änderungen. Unerheblich ist für den Ver­ gabesenat, dass die falsche Produktnummer vom Auf­ traggeber nicht aufgegriffen worden war. Sie ist der Aus­ legung nicht zugänglich, denn zum Submissionstermin gab es keinen Zweifel an der ein­ deutigen Erklärung, ein nicht zugelassenes Gerät anbieten zu wollen, was einen zwin­ genden Ausschluss nach sich zieht. Spätere Zweifel durch das nachgeschobene Daten­ blatt sind nicht mehr zu be­ rücksichtigen.

(BS/bk) Dass Prozesse auf der europäischen Ebene lange dauern, ist allgemein bekannt. Nach dem ersten Vorschlag zum internationalen Beschaffungsinstrument (engl. International Procurement Instrument – IPI) 2012 wurde nun eine Einigung zwischen Europäischem Parlament und Rat erzielt. Nicht weniger als der faire und gegenseitige Zugang zu internationalen Beschaffungsmärkten ist das Ziel. Doch was bedeutet dies für die Vergabestellen?

OLG Schleswig (Beschl. v. 28.04.2021, Az.: 54 Verg 2/21)

Das Beschaffungsinstrument IPI soll den Werkzeugkasten bei unfairen Vergabepraktiken erweitern. Foto: BS/picjumbo_com, pixabay.com

► ABSCHLEPPDIENSTE

Geschlossenes Haus Kein Vergleich zum Rabattvertrag Nach langem Streit zwischen mehreren Abschleppunter­ nehmen und der Stadt, wer wann welche Falschparker ab­ schleppen darf, wurde es der Ordnungsbehörde zuviel. Noch eine geplatzte Ausschreibung wollte sie nicht hinnehmen und entschied sich, zunächst einmal jeden Abschleppauftrag einzeln reihum an alle infrage kommenden Unternehmen zu vergeben. Das macht aber so viel Arbeit, dass dieses Verfah­ ren nun durch einen Dienst­ leister erledigt werden sollte. Diese Dienstleistung schrieb man aus – und scheiterte auch damit wieder. Die Stadt wollte ein “OpenHouse”-Modell analog der Arz­ neimittelrabattverträge kreie­ ren: Jeder Dienstleister, der Interesse hat, sollte – Eignung vorausgesetzt – in den Genuss der Reihum-Beauftragung zu einem von der Stadt festgeleg­ ten Preis kommen. Doch die Nachbildung dieses Modells misslang: So hat die Stadt auch die Eignungsprüfung und die Qualitätsüberwachung auf den Dienstleister übertragen wollen. Das aber ist durch die Open-House-Urteile des EuGH nicht mehr gedeckt: Die Zulas­ sung zum Verfahren muss in der Hand des Auftraggebers bleiben. Erschwerend kam hin­ zu, dass die Eignungskriterien für die Zulassung so unscharf formuliert waren, dass dem Dienstleister ein äußerst weiter eigener Entscheidungsspiel­ raum darüber geblieben wäre. Und zu allem Überfluss war auch das Dreiecks-Vertrags­ verhältnis zwischen Stadt, Vermittlungsdienstleister und Abschlepper mit demjenigen der Rabattverträge nicht ver­ gleichbar. Die Ausschreibung war vollständig aufzuheben, weil sei eine unzulässige Um­ gehung des Vergaberechtes darstellte. OLG Frankfurt (Beschl. v. 17.02.2022, Az.: 11 Verg 8/21)

Zusammenfassung der Entscheidungen: RA und FA für Vergaberecht Dr. Rainer Noch, München (Oppler Büchner PartGmbB)

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Mit dem IPI soll den wettbewerbs­ diskriminierenden Maßnahmen von Drittstaaten begegnet werden. Bei Fällen von Diskriminierung bzw. Beschränkungen für EUUnternehmen bei öffentlichen Aufträgen in Drittstaaten soll die EU in die Lage versetzt wer­ den, Untersuchungen einzuleiten, Konsultationen mit dem betreffen­ den Land über die Öffnung seines Marktes für öffentliche Aufträge aufzunehmen und ultimativ den Zugang für ausländische Un­ ternehmen zum europäischen Markt für öffentliche Aufträge zu beschränken, wenn diese Unter­ nehmen ihren Sitz in einem Land haben, das EU-Unternehmen wei­ terhin Beschränkungen auferlegt. IPI-Maßnahmen gelten nur für neue Vergabeverfahren, die nach Inkrafttreten der Verordnung ein­ geleitet werden, und werden nach einer bestimmten Zeit überprüft. Das Beschaffungsinstrument soll erst bei Schwellenwerten von Beschaffungen von Gütern und Dienstleistungen in Höhe von fünf Millionen Euro und bei der Beschaffung von Bauleistungen in Höhe von 15 Millionen Euro zur Anwendung kommen. Kom­ munen mit weniger als 50.000 Einwohnerinnen und Einwohnern sind von den Vorgaben ausge­ nommen. Diese Schwellenwerte seien so gewählt worden, um den administrativen Aufwand zu mini­ mieren, heißt es in der Einigung. Besonders die Beschaffungen von Straßen, Brücken und IT-Leis­ tungen seien im Fokus, vermutet Professor Dr. Martin Burgi, Leiter der Forschungsstelle für Vergabe­ recht an der LMU München. Es soll dennoch Ausnahmen geben, wenn es eine Dringlichkeit bei bestimmten Produkten gibt. Die Corona-Pandemie lässt grüßen. Ausnahmen werde es aber nicht geben, wenn durch einen Aus­ schluss von Bietern der Preis der Leistung steige. So solle eine Um­ gehung des Instruments durch die Vergabestellen verhindert werden, erklärt Daniel Caspary (CDU), Mitglied des Europäischen Parlaments. Die EU-Kommission kündigte an, Leitlinien für die Vergabebehörden zu veröffentli­ chen, um die Mitgliedsstaaten bei der Anwendung der Verordnung zu unterstützen. Zudem werde die EU regelmäßig den Anwendungs­ bereich, die Funktionsweise und die Wirksamkeit der Verordnung überprüfen.

Gewaltiges Kapitel ­aufgeschlagen Eine abschließende und detail­ lierte Bewertung der Einigung sei noch nicht möglich, sagt der Professor. Dennoch sei jetzt mit der Einigung ein gewaltiges Kapitel aufgeschlagen worden.

Nach der Implementierung des Beschaffungsinstruments sei die EU in der Lage, gegen Lohn- und Subventionsdumping anderer Staaten vorzugehen. “Ich glaube, dass die Einigung eine erhebliche politische Signalwirkung hat. Die EU sagt damit: Wir lassen uns nicht alles gefallen. Ich finde das gut. Man darf das in seiner politischen Bedeutung nicht un­ terschätzen”, stellt Burgi klar.

Einige Folgefragen offen Für die Vergabestellen bedeute das IPI, dass ihnen die Aufgabe zu­ fallen werde, gegen Dumping bei der Vergabe vorzugehen. Die Ver­ gabestellen würden zudem durch das Instrument ein weiteres Ar­ gument in die Hand bekommen, mögliche Bieter auszuschließen. Sollten die Vergabestellen fest­ stellen, dass Dumping bei der Angebotsabgabe betrieben werde, müssten diese das bei der EUKommission melden. Burgi geht jedoch davon aus, dass dafür auf Bundesebene eine Sammelstelle, z. B. beim Bundeskartellamt, eingerichtet wird. Es gebe aber noch einige Folgefragen für die Behörden und die Beschaffer. Es sei deshalb wichtig, die weitere Entwicklung genau zu beobach­ ten. Die Verabschiedung und Implementierung würden nicht nur Auswirkungen im politischen Raum haben, prophezeit Burgi. Hintergrund des IPI sei die ver­

änderte weltpolitische Lage, in der Nicht-EU-Staaten ihre Handelspolitik mitunter als po­ litische Waffe einsetzten, sagt Bernd ­Lange (SPD), Mitglied des Europäischen Parlaments. So würden Handelspartner ihre Wirtschaft mit unlauteren Han­ delspraktiken stärken. Mit dem Beschaffungsinstrument könne nun aber die EU ihren Werk­ zeugkasten auffüllen, um gegen diese Praktiken vorzugehen. Die Einsicht, dass sich das politische Klima geändert habe, sei bei eini­ gen Mitgliedsstaaten erst in den vergangenen Jahren gewachsen, so Lange. Dies sei der Grund, warum es zehn Jahre gedauert habe, um eine Einigung zu er­ zielen. “Einige Mitgliedsstaaten waren noch lange dagegen, sich ein defensives Instrument zuzu­ legen”, kritisiert der EU-Politiker. Dem kann Burgi zustimmen. Unter diesen Mitgliedsstaaten, die sich lange geziert hätten, ein solches Instrument auf den Weg zu bringen, sei auch Deutschland gewesen. Man habe hierzulande die Reaktion des chinesischen Staates gefürchtet. Dennoch habe die neue politische Lage zu einem Umdenken geführt. Im nächsten Schritt muss diese Einigung jedoch noch vom EUParlament und vom Rat offizi­ ell angenommen werden. Dies scheint aber eher eine Formalie zu sein.

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Organigramm

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Behörden Spiegel / Mai 2022

Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz Robert-Schuman-Platz 3, 53175 Bonn (Bad Godesberg) Postanschrift: Postfach 12 06 29, 53048 Bonn Liefer- und Zustellanschrift: über Heinrich-von-Stephan-Straße, 53175 Bonn Telefon: 0228/99 305-0 Telefax: 0228/99 305-3225 Internet: www.bmuv.de E-Mail: Poststelle@bmuv.bund.de

Arbeitsgruppe P Presse, Reden, Texte und Social Media

Ministerin Steffi Lemke

Leitung: Ulrich Schulte (Sprecher der Ministerin) Mitglieder: MinR’in Carolin Zerger N.N. 2160/2170

Stresemannstraße 128–130, 10117 Berlin Köthener Straße 2–3 und 4, 10963 Berlin Zimmerstraße 69, 10117 Berlin Postanschrift: 11055 Berlin Liefer- und Zustellanschrift: Stresemannstraße 128–130, 10117 Berlin Telefon: 030/18 305-0 Telefax: 030/18 305-3225

Foto: BS/Steffen Kugler

Parlamentarischer Staatssekretär Christian Kühn

Referat IC Compliance

Staatssekretär Stefan Tidow

G, T I 1 - 3, T III, S, V, C I, parl. Haushaltsangelegenheiten

RDir Dr. Marcus Schroeder 4550

Z, G, I, S, W, N

Persönliche Referentin Nicole Herrmann

2042

Abteilung Z Zentralabteilung

Abteilung G Grundsatz und Dialog

Andrea Meyer

MinDir Ronny Meyer 4100/4101

Persönlicher Referent Georg Bonsiepe 2034

Büro des Staatssekretärs ORR Dani Jackson 2023

Abteilung I Internationales, Europa

N.N. 2207

Unterabteilung Z I

Unterabteilung Z II

Unterabteilung Z III

Unterabteilung G I

Unterabteilung G II

Unterabteilung G III

Unterabteilung I I

Unterabteilung I II

Personal, Recht, Innerer Dienst

Haushalt, Förderangelegenheiten

Organisation, Verwaltungsmodernisierung, IT MinDirig’in Heike Werner 4370/4371

Grundsatzfragen der Umweltpolitik sowie des -rechts

Nachhaltigkeitspolitik in Wirtschaft und ­Gesellschaft

Dialogische ­Umweltpolitik

Internationales

Europa

N.N.

N.N.

MinDirig Stefan Süsterhenn 2105/2106

MinDirig Klaus Püschel 2203/2204

Ingrid Müller 3105/3106

N.N.

MinDirig’in Dr. Eva Kracht 2305/2306

Referat Z I 1

Arbeitsgruppe Z II 1

Referat Z III 1

Referat G I 1

Referat G II 1

Referat G III 1

Referat I I 1

Referat I II 1

Personal einschließlich Geschäftsbereich

Haushalt, Fördermanagement

Organisation, Personalhaushalt ______________________

Nachhaltigkeitspolitik

Gesellschaftliche Trends und Analysen

MinR Helmut Alda

Leitung: MinR Andreas Woitecki (Beauftragter für den Haushalt)

Labor Neue Verwaltungsinstrumente

Grundsatzfragen der Umweltpolitik und Gesellschaft, Berichte; Vielfalt in Umwelt- und Verbraucherschutz

Grundsatzangelegenheiten der internationalen Zusammenarbeit, Völkerrecht

EU-Koordinierung, Europabeauftragte; Umweltschutzaspekte der EU-Klima- und Energiepolitik

MinR Laurent Lüttge

MinR Karsten Klenner

Referat G II 2

2110 Referat Z I 2 Personalentwicklung, Diversity-Management, AGG MinR’in Martina Bleischwitz 2111 Referat Z I 3 Soziale Personal- und Verwaltungs­ angelegenheiten MinR’in Astrid Krumwiede 2190

2120 Mitglied: RDir Mario Etscheid 2130/2131 Referat Z II 2 Zentrale Vergabestelle, Vertragsmanagement, ESF-Bescheinigungsstelle MinR Manfred Becker 2947 Referat Z II 3 Umweltinnovations­ programm, KfW, EU-Strukturpolitik, EU-Beihilferecht

Referat Z I 4 Innerer Dienst, Sprachendienst RDir Tobias Brenner 4290

MinR Volker Schlechtriemen 2240 Referat Z II 4

Referat Z I 5 Förderung UN-Standort Bonn, UN-Campus, Umweltmanagement

Wissensmanagement, MIZ/Bibliothek, Krisenmanagement MinR’in Carola Schmidt

MinR’in Beate Frey-Stilz 3122 Arbeitsgruppe Z I 6 Justiziariat, Beteiligungsverwaltung Leitung: MinR Hartmut Pellens Mitglied: N.N. 3680

2112

Referat Z III 2

4120 Referat G I 2

MinR Dr. Jörg Mayer-Ries 3450

Umweltaspekte von Klimaschutz und ­Energiepolitik

N.N. Referat G III 2 Umweltbildung und Jugendpolitik, Deutsche Bundesstiftung Umwelt

Fachübergreifendes Umweltrecht, Planungsbeschleunigung

MinR Dr. René Birkner 2480

MinR Dr. Jochen Gebauer 6430

Referat Z III 3

Referat G I 3

Interne Kommunikation, Verwaltungs­ digitalisierung

Informationsfreiheitsrecht, Aarhus-Konvention, Umwelthaftungsrecht, Bessere Rechtsetzung

RDir’in Nicole Schenke 4250 Referat Z III 4 Veranstaltungen MinR’in Martina Hildebrand 2152

N.N.

Referat G III 3

Referat G II 3 Nachhaltige Unternehmensführung, Umwelt und Wirtschaft

MinR Matthias Sauer 2253 Referat G I 4 Forschungsbeauftragter des BMUV, Umweltforschung, Wissenschaft, Koordinierung Fach­ aufsicht UBA MinR Dr. Jürgen Jakobs 2090

Öffentlichkeitsarbeit, Online-Kommunikation

3840 Referat G II 4

Bürgerkommunikation, Bürgerbeteiligung N.N.

Soziale Angelegenheiten der Umweltpolitik, soziale Gerechtigkeit N.N. Referat G II 5

Referat G III 5 Gesellschaftliche Gruppen und Verbände, Verbändeförderung, Tourismus, Sport

Nachhaltige Finanzpolitik, Umwelt und Außen­ wirtschaftsförderung

MinR Michael Kracht

MinR’in Nilgün Parker

Referat G III 6 2450

2220

Umwelt und Ernährung MinR’in Kerstin Wortmann 4040

MinR’in Ilka Hirt 2320 Referat I II 2 Grundsatz- und Rechtsfragen der EU

N.N. Referat I I 3 Internationale Finanzierungsfragen

N.N. Referat G III 4

MinR’in Dr. Susan Krohn

Referat I I 2 G7/G20, OECD und OECD-Länder

N.N. Informations- und Kommunikationstechnik, IT-Beauftragter

MinR Christian Lindemann 2350

N.N. Referat I I 4 Vereinte Nationen, 2030Agenda, Entwicklungs und Schwellenländer; Umweltschutzaspekte der internationalen Klima- und Energiepolitik MinR Stephan Contius 2340 Referat I I 5 Osteuropa, Zentralasien, Afrika, Mittlerer Osten MinR Jürgen Keinhorst 2370

MinR’in Dr. Julia Werner 4810 Referat I II 3 Nachhaltige Finanzen in der EU RDir’in Sabine Pex 4840 Referat I II 4 Bilaterale Zusammenarbeit mit EU- und EFTAMitgliedsstaaten sowie Großbritannien, regionale europäische Zusammenarbeit RDir’in Marie-Louise von Münchhausen 3830 Referat Umwelt in der Ständigen Vertretung bei der EU Dr. Stefanie Pfahl 00322/787-1140


Organigramm

Behörden Spiegel / Mai 2022

Seite 11

Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz Grafik: Behörden Spiegel-Gruppe Quelle: Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz Stand: April 2022

Leitungsstab MinDirig Robert Hennies Referat L 11 Büro der Ministerin Dr. Kathrin Blaufuss

2060

Referat L 2 Internationales und Protokoll MinR’in Melanie Klußmann 2070

Gleichstellungsbeauftragte2 RDir’in Nicole Reblin, 4430/4431

Referat L 3 Politische Strategie und Koordination Frank Steffe 2990

Referat L 4 Kabinett und Parlament RDir Dr. Jan Scharlau

Geheimschutzbeauftragte2 RDir’in Anne Jung, 2123 IT-Sicherheitsbeauftragter2 ORR Ulrich Klieboldt, 4257 Sponsoringbeauftragter und Ansprechperson für Korruptionsprävention RDir Dr. Marcus Schroeder, 4550

Staatssekretärin Dr. Christiane Rohleder

Parlamentarische Staatssekretärin Dr. Bettina Hoffmann

T, V, C

I, T I 4, T I 5, T II, C II, W, N

Persönliche Referentin RR’in Myriam von Fromberg

Büro der Staatssekretärin Clara Meynen 7004

7003

Persönlicher Referent Hanno Heitmann

Abteilung T Transformation – Digitalisierung, Circular Economy, Klimaanpassung

Abteilung S Nukleare Sicherheit, ­Strahlenschutz

Unterabteilung T I

Unterabteilung T II

Unterabteilung T III

Digitalisierung, Nachhaltige Konsum- und Produktpolitik, Ressourcenschonung

Kreislaufwirtschaft

Klimaanpassung und Vorsorge, Gestaltung des Strukturwandels MinDirig Peter Stutz 4360 / 4366

MinDirig Dr. Christoph Epping 2550 / 3406

2032

Abteilung V Verbraucherschutz, Verbraucherrechtsdurchsetzung, Digitale Verbraucherthem

MinDir Gerrit Niehaus 2800/2801

MinDir’in Dr. Susanne Lottermoser 2300

N.N.

2140

Datenschutzbeauftragter2 RDir Dr. Marcus Schroeder, 4550

Referat L 5 Zusammenarbeit mit den Ländern, UMK, Bundesrat MinR’in Claudia Koll 2080

Unterabteilung S I Sicherheit kerntechnischer Einrichtungen MinDirig Thomas Elsner 2950/2951

Helga Springeneer 7100

Unterabteilung S II

Unterabteilung S III

Unterabteilung V I

Unterabteilung V II

Strahlenschutz

Nukleare Entsorgung

Übergreifende Themen der Verbraucherpolitik

Verbraucherschutz in spezifischen Wirtschaftsbereichen und digitale Verbraucherthemen

MinDirig Dr. Christian Greipl 2905/2906

MinDirig Peter Hart 3525/2806

MinDirig Rainer Ettel 7200

N.N.

Referat T I 1

Referat T II 1

Arbeitsgruppe T III 1

Referat S I 1

Referat S II 1

Arbeitsgruppe S III 1

Referat V I 1

Referat V II 1

Nachhaltige Digitalpolitik

Allgemeine, grundsätz­ liche und internationale Angelegenheiten der Kreislaufwirtschaft, Grenzüberschreitende Verbringung von Abfällen

Grundsatzangelegenheiten, Strategie und Recht der Anpassung an den Klimawandel

Recht der nuklearen Sicherheit und Sicherung

Recht der ionisierenden Strahlung

Recht der nuklearen Entsorgung; Finanzierung

Verbraucherpolitische Strategie, VSMK, Internationale und europäische Verbraucherangelegenheiten

Grundsatzfragen des digitalen Verbraucherschutzes, vertrauenswürdige Künstliche Intelligenz, Cyber-Sicherheit

N.N. Arbeitsgruppe T I 2 Umweltinformationen, Chief Data Officer, Künstliche Intelligenz Leitung: MinR Dr. Mark Azzam

MinR Dr. Andreas Jaron 2570 Arbeitsgruppe T II 2

Mitglied: RDir’in Melanie Stolzenberg-Lindner 4860/6440 Referat T I 3 Nachhaltiger Konsum, Produktbezogener Umweltschutz

Recht der Kreislaufwirtschaft und des Ressourcenschutzes Leitung: MinR Dr. Frank Petersen Mitglied: MinR Dr. Jean Doumet 2560/2564 Referat T II 3

MinR Dr. Ulf Jaeckel 2260 Referat T I 4 Nationale Kreislauf­ wirtschaftsstrategie, Ressourceneffizienz MinR Dr. Harald Bajorat 3410 Referat T I 5 Europäische und internationale Angelegenheiten der Ressourceneffizienz, Rohstoffpolitik Dr. Inga Wagner 3400

Branchenbezogene Produktverantwortung MinR’in Heike Schroeder-Behrendt 2567 Referat T II 4 Bewirtschaftung von Abfällen MinR Hans-Peter Ewens 2583 Arbeitsgruppe T II 5 Vermeidung und Verwertung von Verpackungsabfällen, Wertstoffrückgewinnung Leitung: DirProf Dr. Michael Siemann Mitglied: N.N.

Leitung: MinR’in Silke Jung

MinR Dr. Siegbert Schneider 2818 Arbeitsgruppe S I 2

Mitglied: Lutz Töpfer 6467/4240 Arbeitsgruppe T III 2 Gesundheit im Klimawandel, Europäische und internationale Angelegenheiten der Anpassung an den Klimawandel Leitung: RDir’in Dr. Jutta Litvinovitch Mitglied: N.N. 2750 Referat T III 3 Nachhaltige Stadtentwicklung MinR Ulrich Weidemann 2230

Nationale Angelegenheiten der nuklearen Sicherheit; Kompetenzerhalt Leitung: MinR Volker Wild Mitglied: RDir’in Heike Britz 2850/2612

Allgemeine internationale Angelegenheiten der nuklearen Sicherheit Leitung: MinR Dr. Martina Palm Mitglied: RDir’in Dr. Christine Wassilew 2890/6190 Referat S I 4

Nachhaltiger Strukturwandel, ­Umwelt und Arbeit in der Transformation, Braunkohlesanierung

Technische internationale Angelegenheiten der nuklearen Sicherheit

4050 Referat T III 5 Umweltangelegenheiten der Raumordnung und des Baurechts, Flächenverbrauch

2590 MinR’in Elisabeth Wessel 2211

Referat S II 2 Grundsatzangelegenheiten des Strahlenschutzes MinR’in Claudia Engelhardt 2872 Referat S II 3 Bundesaufsicht im Strahlenschutz MinR’in Dr. Andrea Bock

Arbeitsgruppe S I 3

Referat T III 4

MinR Thomas Verres

MinR’in Dr. Goli-Schabnam Akbarian 2913

RDir Dr. Christoph Ditsche 2892 Referat S I 5 Nukleare Sicherung MinR Dr. Edgar Mergel 2870

2948 Referat S II 4 Anwendung ionisierender Strahlung am Menschen, Nichtionisierende Strahlung Dr. Birgit Keller 2920 Referat S II 5 Notfallschutz, Überwachung der Radioaktivität in der Umwelt, Radioökologie

Leitung: MinR Lars Beyer

N.N. Mitglied: RDir Oliver Chychla 2812/2114 Arbeitsgruppe S III 2 Entsorgungsplanung, Abfallbehandlung, Zwischenlager, Beförderung; Koordinierung Fachaufsicht BASE Leitung: MinR Dr. Christian Götz Mitglied: RDir’in Mechthild Heinemann 2931/2817 Arbeitsgruppe S III 3 Endlagerung, Standortauswahlverfahren; Projekte Konrad, Morsleben, Asse Leitung: MinR Kai-Jochen Weidenbrück Mitglied: N.N.

MinR Ralf Stegemann

2880

2970 Referat S III 4

Referat S II 6 Recht der nichtionisierenden Strahlung, Notfallschutzrecht RDir’in Annette Pütz 2974

Nichtverbreitung, Kernmaterialüberwachung N.N.

Referat V I 2 Verbraucherrechtsdurchsetzung, zentrale Verbindungsstelle

N.N. Referat V II 2

N.N.

Verbraucher- und Datenschutz in digitalen Märkten und der Plattformökonomie

Referat V I 3

N.N.

Verbraucherforschung, Verbraucherbildung, Verbraucherinformation

Referat V II 3 Verbraucherschutz bei Finanzdienstleistungen

N.N. Referat V I 4 Verbraucherorganisationen, Forschungs- und Fördervorhaben im Bereich Verbraucherpolitik

N.N. Referat V II 4 Rechtlicher Verbraucherschutz N.N.

N.N. Referat V I 5 Private Überschuldung und Überschuldungsprävention; Besondere Verbrauchergruppen; Verbraucherpolitik im Gesundheits-, Pflege- und Sozialwesen N.N. GSt SVRV

Referat V II 5 Verbraucherschutz in den Bereichen Energie und Mobilität N.N. Referat V II 6 Produktsicherheit, Verbraucherpolitik in den Bereichen Land- und Forstwirtschaft N.N.

Geschäftsstelle Sachverständigenrat Verbraucherfragen N.N.


Organigramm

Seite 12

Behörden Spiegel / Mai 2022

Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz Grafik: Behörden Spiegel-Gruppe Quelle: Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz Stand: April 2022

Abteilung C Chemikaliensicherheit, Immissionsschutz und Verkehr

Abteilung W Wasserwirtschaft, Gewässer- und Bodenschutz, Meeresschutz

MinDir’in Dr. Anita Breyer 2400/2401

Unterabteilung C I Immissionsschutz, Anlagensicherheit und Verkehr MinDirig’in Dr. Ingrid Hanhoff 2405/2406

Abteilung N Naturschutz, Nachhaltige Naturnutzung, Natürlicher Klimaschutz

MinDir’in Dr. Regina Dube 2500/2501

Unterabteilung C II

Unterabteilung W I

Chemikaliensicherheit, Umwelt und Gesundheit MinDirig Dr. Axel Vorwerk 2705/2706

Wasserwirtschaft, Gewässerschutz, Bodenschutz MinDirig Dr. Jörg Wagner 3805/3806

MinDir’in Dr. Christiane Paulus 2600/2601

Aufbaustab

Unterabteilung N I

Unterabteilung N II

Unterabteilung N III

Unterabteilung W II Schutz der Meere

Naturschutz

Nachhaltige Naturnutzung

Natürlicher Klimaschutz

N.N.

Dr. Josef Tumbrinck 2605/2606

MinDirig Rudolf Ley 3305/3306

N.N.

Referat C I 1

Referat C II 1

Referat W I 1

Referat W II 1

Referat N I 1

Referat N II 1

Referat N III 1

Immissionsschutzrecht

Grundsatzfragen der Chemikaliensicherheit, Chemikalienrecht

Grundsatzangelegenheiten und internationale Angelegenheiten der Wasserwirtschaft

Grundsatz, Strategie des Schutzes der Meere

Allgemeine und grundsätzliche Angelegenheiten des Naturschutzes, Abteilungskoordinierung

Recht des Naturschutzes und der Landschaftspflege

Förderprogramme, Haushaltsangelegenheiten der Abteilung

MinR Michael Heugel

N.N.

MinR Dr. Bernd Hilger 2410

N.N.

Arbeitsgruppe C I 2

Referat C II 2

Anlagen- und gebietsbezogene Luftreinhaltung

Umwelt und Gesundheit RDir’in Cornelia Marschel 2720

Leitung: MinR Dr. Hans-Joachim Hummel 2430 Mitglieder: MinR Dr. Gordo Jain 2420 RDir Dr. Thomas Weber 2421

Internationale Chemikaliensicherheit, Nachhaltige Chemie

Referat C I 3

Referat C II 4

Schutz vor Lärm und Erschütterungen

Chemikalien, Risikobewertung und Risikomanagement

Referat C II 3

2710

RDir Dr. Oliver Eberhardt 2713

Referat C I 4

Referat C II 5

Anlagensicherheit

Pflanzenschutzmittel, Biozide, Arzneimittel

MinR Georg Arens

MinR’in Dr. Sabine Gärtner 2741

2460 Referat C I 5

RDir’in Anja Betker

Referat W I 2

Referat W II 2 Meeresnaturschutz MinR’in Ilka Wagner

Recht der Wasserwirtschaft MinR Dr. Frank Hofmann 2520 Referat W I 3

Gebietsschutz, Natura 2000

Referat W II 3 Meeresschutz

MinR Dr. Stefan Lütkes 2670

MinR’in Heike Imhoff

MinR’in Dr. Anke Jesse 2128

Technische Verkehrsfragen und Kraftstoffe

Arbeitsgruppe N II 4

RDir Dr. Jürgen Friedrich 2631

Natur- und Umweltschutz in der Landwirtschaft Leitung: MinR Frank Klingenstein 2766 Mitglieder: MinR’in Verena Klinger-Dering 2415 Referat N II 5

MinR’in Heide Jekel

Natur- und Umweltangelegenheiten der Gentechnik und der Bioökonomie

2521

Nanoskalige neuartige Materialien, OECD- Chemikalienpolitik

Referat C I 6

MinR Bernd-Ulrich Hildebrandt 2660

Internationaler Artenschutz, Handelsartenschutz

Zusammenarbeit in internationalen Flussgebieten, Wasserwirtschaftliche Übereinkommen, Internationales Recht des Gewässerschutzes

Referat N II 3

Nationaler Artenschutz

Referat N I 4

Referat W I 4

Dr. Heidrun Kleinert 2640

Naturschutz und Energie

2668 2541

Referat N II 2

Referat N I 3

RDir’in Dr. Carolin Kieß

MinR Lutz Keppner

2620

Naturschutz und Infrastruktur, Eingriffe in Natur und Landschaft

Referat N I 2

Gewässerschutz, Schutz der Oberflächengewässer und des Grundwassers; Gewässerökologie und Wasserressourcen

Referat C II 6

2337

MinR Dr. Kilian Delbrück 2610

2780

2527 MinR’in Dr. Jutta Emig

MinR Dr. Rudolf Brüggemann 2440

Umwelt und Verkehr, Mobilitätswende

MinR Thomas Stratenwerth 2790

N.N.

Referat W I 5 Hoch- und Niedrigwasser, Hydrologie

Referat N II 2 Klimapolitik im ­Landsektor MinR’in Mechthild Caspers 2676 Referat N III 3 Waldschutz und nachhaltige Waldbewirtschaftung, Wildnis, Wiederherstellung der Natur MinR’in Nicola Breier 2650 Referat N III 4 Vorsorgender Bodenschutz, Moorschutz N.N. Referat N III 5 Internationale Angelegenheiten der biologischen Vielfalt MinR’in Inka Gnittke Elke Steinmetz 2760/2656

RDir’in Katharina Schwarz 2630

MinR’in Anette van Dillen 2507 Referat W I 6 Recht des Bodenschutzes und nachsorgender Bodenschutz, Bergrecht

MinR Falk Heinen 2470

MinR Dr. Thomas Straßburger 3423 Legende Aufgaben werden in Bonn ahrgenommen ­w Aufgaben werden in Berlin ­wahrgenommen Aufgaben werden in Bonn und Berlin ­wahrgenommen Örtlicher Personalrat 1

unmittelbar Frau Ministerin unterstellt

2

nmittelbar Herrn Staatssekretär Tidow u unterstellt

Vorsitzende Claudia Goeke 2050/2056

Hauptpersonalrat Vorsitzende Ines Müller-Danert 4227

Vertrauensperson der schwerbehinderten ­Menschen im BMU Petra Ballmann 4542/2468

Hauptvertrauensperson der schwerbehinderten Menschen Christian Kluge (UBA) 0340/2103-2681

Jugend- und Auszubildendenvertretung Vorsitzende Sophia Heymuth 4771

Hauptjugend- und Aus­ zubildendenvertretung Vorsitzende Kristina Sarah Schlu 2551


Diplomaten Spiegel

Behörden Spiegel / Mai 2022

Chance, den Krieg zu beenden

“E

s ist schon erstaunlich, dass wir nach dem schrecklichen Zweiten Weltkrieg Zeugen einer Wiederholung derselben Gräueltaten mit Zehntausenden von Toten werden”, sagt Aureliu Ciocoi. “Unsere militärische Sicherheit ist daher zur nationalen Priorität geworden, wobei niemand mit Sicherheit weiß, wo Putins Feldzug aufhört – in Odessa oder vielleicht in Chis,inău, unserer Hauptstadt?” Nun sei zu erkennen, dass sowohl der Westen als auch die internationalen Organisationen bei der Verhinderung dieses Krieges bedauerlich versagt hätten. “Ich glaube, dass eine grundlegende Reform sowohl der UNO als auch der OSZE jetzt absolut notwendig ist. Die mangelnde Effizienz beider Institutionen ist nicht mehr zu entschuldigen, wenn wir die Zahl der Opfer dieses Massakers in der Ukraine betrachten.”

Aufnahme von Geflüchteten Derweil hat Moldau, mit 2,6 Millionen Einwohnern gerade mal so groß wie Nordrhein-Westfalen, so viele Flüchtlinge aufgenommen wie anteilig kein anderer Nachbarstaat pro Kopf der Bevölkerung und ist so zum Zufluchtsort überhaupt geworden. Bis heute sind es mehr als 410.000 Ukrainer, ungefähr 110.000 von ihnen sind geblieben und mehr als drei Viertel dieser Menschen haben bei privaten Gastgebern Obdach gefunden. Allein in Chis,inău machen sie ein Siebtel der Stadtbevölkerung aus. “Ich bin stolz auf meine Landsleute. Sie haben mit außergewöhnlicher Solidarität den Ukrainern alles, von warmen Speisen an der Grenze bis hin zur Unterbringung in ihren eigenen Wohnungen, angeboten. Im Gegensatz zu den EU-Mitgliedsstaaten hat Moldau keinen direkten und schnellen Zugang zu den Solidaritätsmechanismen der Union, sodass meine Regierung erhebliche Anstrengungen unternehmen muss, um die notwendigen Mittel für diese Menschen bereitzustellen.

Seite 13

Ein Gespräch mit dem Botschafter der Republik Moldau, Aureliu Ciocoi, in Berlin (BS/ps) Sein neuer Botschafter ist ein alter Bekannter. Von 2010 bis 2015 ist er schon einmal oberster moldauischer Vertreter hierzulande. Zuvor macht er diesen Job in China, Vietnam und Amerika, wird 2018 Berater seines Präsidenten, 2019 Außenminister, 2020 kommissarischer Ministerpräsident von Moldau und diesen April erneut Missionschef in Berlin. Der 54-Jährige arbeitet seit über 25 Jahren im diplomatischen Dienst, kennt die politischen Entwicklungen, Konflikte und Sorgen seines Landes und hat nie geglaubt, dass ein solcher Krieg im Europa des 21. Jahrhunderts stattfindet.

Im Westen bildet der Fluss Prut die Grenze zu Rumänien, im Norden und Osten grenzt die Republik ­Moldawien an die Ukraine, im Süden an das Schwarze Meer.

In diesem Zusammenhang sind wir Deutschland sehr dankbar, dass es nun mit Frankreich und Rumänien eine Geberkonferenz in Berlin gründete, wobei 695 Mio. Euro gespendet wurden, was uns zumindest kurzfristig hilft”, führt Ciocoi weiter aus.

Weitere Hilfen für Geflüchtete Alles Weitere wird die “Moldava Support Platform” richten. Auf deren Grundlage sollen die unmittelbaren Bedürfnisse der Flüchtlinge in Moldawien befriedigt und die schnelle Verteilung in andere Länder erleichtert werden. Gleichzeitig wird sie sich bemühen, Regelungen zur Bereitstellung finanzieller Hilfe für die Republik Moldau sowie zur Unterstützung ihrer Energiesicherheit, Rechtsstaatlichkeit und des Grenzschutzes in Gang zu setzen. Als wäre das nicht Tragik und Heimsuchung genug – die trans-

Foto: BS/stock.adobe.com, Artalis-Kartographie

nistrische Region, ein an der ukrainischen Grenze gelegenes, 3.600 Quadratkilometer großes, völkerrechtlich zu Moldau gehörendes Gebiet, hat sich 1992 von ihm unabhängig erklärt, ist möglicherweise das nächste Kriegsziel. Der Kreml könnte, weil er damit viel Erfahrung und schon seine Soldaten in der Ukraine hat, der sogenannten “Pridnestrowischen Moldauischen Republik” und der dort lebenden russischen Bevölkerung in bewährter Manier “zur Hilfe kommen”. Zumal das Verteidigungsbudget Moldawiens zu den kleinsten der Welt gehört.

Souveräner Staat “Wir sind ein einheitlicher, unteilbarer Staat, was selbst die Behörden der Russischen Föderation anerkennen und offiziell erklären, dass sie für eine politische Lösung des Konflikts unter Achtung der

Souveränität und territorialen Integrität unserer Republik eintreten. Inoffiziell besteht jedoch eine Doppelmoral, wenn man bedenkt, dass zwischen offiziellen Erklärungen und konkreten Handlungen, um einen Konsens in den Verhandlungen, im so genannten “5+2-Format” (OSZE, Republik Moldau und der abtrünnigen Region, flankiert von Russland und der Ukraine als Garantenstaaten sowie der EU und den USA als Beobachter) zu finden, ständig von Russland torpediert werden”, erläutert der Botschafter der Republik zwischen Rumänien und der Ukraine. “Es ist offensichtlich, wie Russland seine eigenen internationalen Verpflichtungen ignoriert. Es will seine Truppen, Waffen und Munition aus unserem Hoheitsgebiet nicht abziehen, um so einen Beitrag zur Stärkung der Sicherheit nicht nur in der Republik Moldau, sondern auch in der Region zu leisten. Ganz im Gegenteil, Moskau verpasst keine Gelegenheit, die sogenannten “Behörden” in der transnistrischen Region finanziell zu unterstützen und mit kostenlosen Erdgaslieferungen als eine Art Subventionierung am Leben zu erhalten.”

EU-Aufnahme Vor diesem Hintergrund hat Moldau am 3. März ein EU-Aufnahmegesuch gestellt, wohl wissend, dass dieses komplexe Verfahren nicht über Nacht entschieden wird. “Wichtig ist – was nicht alle begreifen – , dass eine solche Beitrittsperspektive ein starkes Zeichen seitens der EU vermitteln würde”, ist der moldauische Chefdiplomat überzeugt. “Die EU-Staaten

müssen verstehen, dass eine neue Etappe des europäischen Aufbaus eingeleitet worden ist und die EU die Ausgrenzung zwischen Nachbarschaftspolitik und Beitrittsper­ spektive endlich beenden soll. Das kann eine Menge Möglichkeiten bieten und uns einen Sicherheitsschirm verschaffen. Wir können uns dann allmählich einen Zugang zum EU-Markt sichern, neue Projekte einleiten, Energieeffizienz entwickeln, politisch, wirtschaftlich gestärkt und cyber-resilient werden.”

Russland behindert alles Russland verfolge die EU-Annäherung argwöhnisch, behindere sie mit Exportverboten, was Moldau gegensteuern lasse, indem es die Qualität der Ausfuhren deutlich verbessere, sodass die Produkte auch auf dem EU-Markt wettbewerbsfähig seien. “Russland und die Ukraine sind ebenfalls wichtige Handelspartner. Als der Krieg ausbrach, haben wir daher große Marktteile verloren, uns schnell um neue Absatzmöglichkeiten gekümmert und wir glauben, dass die EU hierfür eine sinnvolle Alternative ist. Leider müssen wir mit Zollkontingenten umgehen, da diese im Freihandelsabkommen “Deep and Comprehensive Free Trade Area” (DCFTA) mit der EU vorgeschrieben sind. Nun wollen wir die EU darauf aufmerksam machen, diese Kontingentierung vorläufig auszusetzen, um unsere Waren zollfrei in die EU liefern zu können”, fordert der Botschafter. Auch das moldauische Transportgewerbe ist von dem Krieg betroffen. Anfang April macht die EU-Kommission dem Europäi-

schen Rat daher den Vorschlag zur Liberalisierung des Straßenverkehrs mit der Republik Moldau, da ihre Lkw-Fahrer durch die aktuelle Lage gezwungen seien, weite, aber sichere Routen zu nutzen, um weiterhin Ziele in Osteuropa und Zentralasien zu erreichen. “Das vorgeschlagene Abkommen über den Güterverkehr ist eine wichtige Solidaritätsmaßnahme, um die Unterbrechung von Lieferketten zu verhindern bzw. zu kompensieren, auch bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen, die traditionell von den östlichen Märkten kommen und für die Ernährungssicherheit des Landes von wesentlicher Bedeutung sind. Hier brauchen wir eine Unterstützung Deutschlands”, erklärt Ciocoi.

“Wir sind nicht arm” Mit einer nur materiellen Unterstützung dürfte es allerdings nicht getan sein – Neugier, Interesse und Empathie für den kleinen, tapferen Binnenstaat in Südosteuropa wären auch nicht schlecht. “Ich wünsche mir”, sagt Botschafter Ciocoi höflich, aber bestimmt, “dass Moldau anlockt und die Deutschen einmal aufhören, uns als ärmstes Land Europas zu präsentieren. Zwar ist das die heutige Realität, es tut aber jedes Mal weh, sich damit abfinden zu müssen.”

Ein sehenswertes Land Letztes Wort: “Wir sind auch ein Land mit vielen empfehlenswerten, schönen und interessanten Reisezielen für Weinfreunde, Ökotouristen, Erholungssuchende und eher Kulturinteressierte”, betont Ciocoi. Ich würde mich freuen, wenn ihre Landsleute es nun entdeckten und einmal den Reichtum unseres Landes sähen, statt das Falsche im Blick zu haben.” Letzte Frage: Mit wem möchte Aureliu Ciocoi, der Botschafter dieser Republik, gerne für einen Tag tauschen? “Mit Wladimir Putin! Das sehe ich als Chance, diesen unmenschlichen Krieg zu beenden.”

Rezept des Botschafters Kifteluze – moldauische Fleischklößchen in Weinsoße (Für vier Personen):

Zutaten für die Klößchen 500 g Rindfleisch, 3 mittelgroße Zwiebeln, ½ große Knoblauch­ zehe, 4 EL Milch oder Sahne, 1 EL Mehl, 1 EL Sonnenblumenöl Zutaten für die Soße 250 ml Tomatensaft oder 3 EL Tomatenmark, 125 ml Fleischbrühe, 4 EL Wein (Weiß- oder Rotwein), ½ mittelgroße Möhre, ½ große Petersilien­ wurzel mit Blättern, ½ Knolle ­Sellerie mit Grün, ½ Stange Porree, 6 schwarze Pfefferkörner, ½ TL Paprikapulver (nach Ge­ schmack), 1 TL Zucker, ½ EL Weinessig

Zubereitung Für die Zubereitung der Fleisch­ klößchen das Fleisch zweimal zusammen mit der Hälfte an Zwiebeln, Pfeffer und Knoblauch durch den Fleischwolf drehen, Milch oder Sahne zugeben, alles vermischen und mit einem Teelöffel kirschgroße Klößchen abstechen. Anschließend in Mehl wälzen und in Sonnenblumenöl 3 bis 4 Minuten lang braten. Für die Sauce Möhre, Petersilien­ wurzel, Porree, Sellerie in kleine Streifen schneiden, den Tomaten­ saft bzw. das Tomatenmark mit Fleischbrühe zugeben, ebenso Essig, Salz, Zucker und Gewürze und auf kleinem Feuer

10 bis 15 Minuten dünsten. Dann den Wein zugießen und die Soße vom Feuer nehmen. Nun die Fleischklößchen in zwei bis drei Schichten in die Brat­ pfanne legen, die Sauce darüber gießen und alles auf kleinem Feu­ er 20 bis 25 Minuten schmoren. Zum Schluss den restlichen fein gehackten Knoblauch, Petersilienund Selleriegrün darüber geben, vom Feuer nehmen und noch fünf Minuten mit geschlossenem Deckel ziehen lassen. Die Fleischklößchen werden zusammen mit der Sauce in tiefen Tellern gereicht. Dazu passen Bier und Wodka.

In Anlehnung an Rumänien: Die Landesflagge Moldawiens entspricht der Flagge des westlichen Nachbarlandes. Auch der Adler, der das Wappen hält, verdeutlicht die Beziehung zu Rumänien. Demgegenüber steht der Stier für das ehemalige Fürstentum Moldau. Foto: BS/stock.adobe.com, Jürgen Priewe

Kifteluze – eine Spezialität aus Moldau. Diese Hackfleischbällchen, oft bestehend aus Rindfleisch, werden traditionell mit Weinsoße serviert. Foto: BS/Antonio Cansino, pixabay.com

Die Kathedrale der Geburt des Herrn ist in ein Kirchengebäude in der moldauischen Hauptstadt Chis,inău und wurde 1830 als wichtigster Kirchenbau der Stadt erbaut. Foto: BS/mesuttoker, pixabay.com


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Kommune Behörden Spiegel

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Berlin und Bonn / Mai 2022

KNAPP

Die Zeichen stehen auf Sturm

Protected-Bike-Lane

Drei Tarifverhandlungen für die kommunalen Arbeitgeber in 2022 (BS/Jörn Fieseler) Bei den Tarifverhandlungen im Bereich Soziales und Erziehung (S&E) scheint es nicht wirklich voranzugehen. Das liegt nicht nur an den Verhandlungsinhalten. Denn zeitgleich verhandeln die kommunalen Arbeitgeber in einer zweiten Runde mit einer Spartengewerkschaft. Und weitere Verhandlungen zum Ende des Jahres werfen bereits ihre Schatten voraus. Eine eskalierende Dramatik ist jeder Tarifrunde zu eigen. Vor der dritten Verhandlungsrunde am 16./17. Mai haben die Gewerkschaften entsprechend ihre Warnstreikaktivitäten im S&E-Bereich ausgeweitet und den Ton verschärft. “Mit ihrem Verhalten sind die Arbeitgeber für die Zuspitzung des Konflikts verantwortlich”, wetterte Frank Werneke, Vorsitzender der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (Verdi), nach dem Ende der zweiten Verhandlungsrunde. Und Ulrich Silberbach, Bundesvorsitzender des DBB Beamtenbund und Tarifunion (DBB), ergänzte: “Die kommunalen Arbeitgebenden haben das Ausmaß der Personalnot und die damit verbundene permanente Belastung offenbar immer noch nicht verstanden. Anders ist ihr Verhalten nicht zu erklären.”

Blockadevorwurf Die beiden Gewerkschaftsvertreter monieren, dass hinsichtlich der Aufwertung der Berufe in der frühkindlichen Bildung und der Sozialen Arbeit eine konstruktive, tiefer gehende Diskussion kaum möglich sei. Zugleich werfen sie der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) vor, beim Thema Entlastungen für die Beschäftigten “komplett zu blockieren” und keine konstruktiven Gegenvorschläge vorzulegen. Dabei sei der Handlungsdruck enorm. Nach Berechnungen des Deutschen Jugendinstituts fehlen in den nächsten drei Jahren allein in den Kindertageseinrichtungen rund 300.000 Fachkräfte. In der Sozialarbeit und in der Behindertenhilfe sehe es keinen Deut besser aus, so Werneke. “Ohne eine deutliche Aufwertung des Sozial- und Erziehungsdienstes laufen wir sehenden Auges auf

Faktorisierung von Plätzen für Kinder unter drei Jahren und für behinderte Kinder im Sinne des § 2 SGB IX. “Wir haben deutlich gezeigt, an welchen Stellen ein Entgegenkommen möglich ist”, sagte Welge nach der zweiten Verhandlungsrunde. Es bleibe jedoch dabei, Aufwertungen seien nur bei gestiegenen Anforderungen möglich.

Sonderstellung für S&E

Bei den aktuell laufenden Tarifverhandlungen der VKA stehen stürmische Zeiten bevor. Abschlüsse für den S&E-Bereich und für die Ärzte in kommunalen Krankenhäusern sind noch nicht in Sicht. Foto: BS/by-studio, stock.adobe.com

chaotische personelle Verhältnisse in Kitas und in den sozialen Einrichtungen zu.” Dies werde durch massive Abwanderungen der Beschäftigten noch verstärkt, prognostiziert Silberbach. Nicht zuletzt, weil die Aufgaben aufgrund politischer Entscheidungen der jüngsten Vergangenheit, der Corona-Pandemie und aktuell dem Krieg in der Ukraine stetig zunehmen würden.

Keine pauschalen Aufwertungen Deutlich nüchterner fällt die Situationsbetrachtung aufseiten der VKA aus. In der zweiten Runde seien erste Themen vertiefend besprochen worden, berichtete die neue Präsidentin der VKA und Oberbürgermeisterin der Stadt Gelsenkirchen, Karin Welge. Zugleich machte sie die Haltung der kommunalen Arbeitgeber unmissverständlich klar: “Fakt ist, dass es keine Verbesserungen mit der Gießkanne im kommunalen Sozial- und Erziehungsdienst

geben kann. Wir müssen bewerten, wo sich die Anforderungen an Tätigkeiten verändert haben.” Diesem Ansinnen der Gewerkschaften habe man schon in den Tarifrunden 2009 und 2015 eine Absage erteilt. Schließlich müsse man das Gehaltsgefüge im gesamten Öffentlichen Dienst im Blick behalten.

Zudem handle es sich aus Sicht der Arbeitgebervertreter um eine gesonderte Verhandlungsrunde zwischen zwei Tarifrunden mit Bund und Kommunen, wie Welge weiter ausführte. Diese starten im Dezember 2022. Somit würden die Beschäftigten im S&E-Bereich zusätzlich zu den normalen linearen Einkommenserhöhungen ein weiteres Mal profitieren. “Diese Sonderstellung besitzt nur der kommunale Sozial- und Erziehungsdienst”, so Welge. Dabei seien die Gehälter seit 2009 schon überproportional um 61 Prozent gestiegen und damit fast doppelt so stark, wie die Löhne im kommunalen Öffentlichen Dienst insgesamt.

Schwierige Verhandlungen

Auch Ärzte wollen Verbesserungen

Die letzte Aussage verdeutlicht die Schwere der Verhandlungen. Seitens der Gewerkschaften sind zahlreiche Verbesserungen in der Entgeltordnung für den S&E-Bereich gefordert worden. So sollen beispielsweise künftig die Tätigkeit der Kinderpfleger und Sozialassistenten in der Entgeltgruppe (EG) S 4 und die der Erzieherinnen und Erzieher in der EG S 8 b eingruppiert werden. Zudem soll zum Beispiel die Eingruppierung der Kita-Leitungen an gestiegene Anforderungen angepasst werden. Darunter zähle etwa die

Darüber hinaus ist der S&EBereich nicht der Einzige, in dem aktuell verhandelt wird. Die VKA befindet sich parallel in Verhandlungen mit dem Marburger Bund über die Einkommens- und Arbeitssituation an kommunalen Krankenhäusern. Diese werden seit Oktober 2021 geführt. Besonders intensiv sind die Diskussionen um die Reduzierung der Bereitschaftsdienste. Die Ärztevertreter fordern einen gesicherten Anspruch auf freie Wochenenden. So soll Ärzten künftig nur an zwei Wochenenden pro Monat regelmäßige

Arbeit, Bereitschaftsdienste oder Rufbereitschaft angeordnet werden dürfen. Zudem seien die Bereitschaftsdienste auf maximal vier pro Monat zu begrenzen. Dem Gegenüber hat die VKA angeboten, dass innerhalb eines Kalenderjahres monatlich im Durchschnitt nur dann mehr als sieben Bereitschaftsdienste zu leisten sind, wenn die Ärztin oder der Arzt dem zustimmt. Auch hier zeigt sich die Schwere der Verhandlungen. Eine Reduzierung der Bereitschaftsdienste, wie vom Marburger Bund gefordert, führt zwangsläufig zu Fragen der Personalbemessung. Es ist nicht nur eine Frage, wie viele Stellen zur Verfügung stehen, sondern auch, ob diese überhaupt besetzt werden können.

Verhandlungstaktik Es bleibt abzuwarten, ob es beim S&E-Bereich in der dritten Verhandlungsrunde Mitte Mai zu einem Ergebnis kommt. Aktuell sieht es eher so aus, als wenn der dritte Termin nicht ausreicht. Denn Fakt ist, der sprichwörtliche Kuchen kann nur einmal verteilt werden. Dies erklärt, warum gewerkschaftsseitig versucht wird, strukturelle Verbesserungen für einzelne Beschäftigtengruppen separat zu verhandeln, damit sie nicht zugunsten einer finanziellen Besserstellung für alle zurückstecken müssen. Bestes Beispiel dafür war die Einführung der Lehrer-Entgeltordnung (LEGO) auf Länderebene 2015. Diese hätte für die Lehrkräfte eine Gehaltserhöhung von 0,3 Prozentpunkten bedeutet. Umgerechnet auf alle Beschäftigten hätten diese auf 0,1 Prozentpunkte verzichten müssen. Das Votum der Beschäftigten war klar: Die LEGO kam 2015 nicht. Nur ein Einstieg wurde seitens des DBB verhandelt.

(BS/mj) “Wenn die Ergebnisse stimmen, lässt sich das Vorhaben dauerhaft umsetzen und auf andere Stellen übertragen”, meint Baden-Württembergs Staatssekretärin Elke Zimmer bezüglich des Verkehrsversuchs “ProtectedBike-Lane”. Seit Februar 2022 wird das Konzept im Karlsruher Stadtteil Rüppurr getestet. Für den Versuch hat die Stadt Karlsruhe einen ganzen Fahrstreifen für den Autoverkehr gesperrt. Statt dem üblichen gemeinsamen Geh- und Radweg mit gerade einmal 1,5 Meter Breite steht Radfahrerinnen und Radfahrern nun ein ganzer Fahrsteifen zur Verfügung. Diese Pop-up-Maßnahme sei eine günstige und schnelle Möglichkeit, um mit wenig Aufwand einmal etwas auszuprobieren, erklärt Zimmer.

Brücken und Ortsmitten im Ländle

(BS/mj) Das baden-württembergische Förderprogramm Kommunaler Straßenbau (KStB) 2022 hat 81 neue Investitionsprojekte mit einem Fördervolumen von rund 217 Millionen Euro aufgenommen. “Besonders freut es mich, dass in das diesjährige Programm zahlreiche Maßnahmen zur Brückenmodernisierung und zur Schaffung verkehrsberuhigter Ortsmitten aufgenommen wurden”, meint Verkehrsminister Winfried Hermann. 42 der neu in das KStB-Programm aufgenommenen Projekte umfassen Maßnahmen zur Brückenmodernisierung und 13 Projekte haben die Schaffung einer lebendigen und verkehrsberuhigten Ortsmitte zum Ziel. Bei der Finanzierung von Bau-, Aus- und Umbaumaßnahmen der Verkehrsinfrastruktur werden Landkreise, Städte und Gemeinden vom Landesgemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (LGVFG) unterstützt. Insgesamt befinden sich 468 Maßnahmen mit einem Fördervolumen von rund 860 Millionen Euro im KStBProgramm.

Fotos: Sina Ettmer, stock.adobe.com und Animaflora PicsStock, stock.adobe.com

14. Bürgermeister*innenkongress

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DIE STADT

28.–29. Juni 2022

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www.buergermeisterkongress.de Eine Veranstaltung des


Kommunalpolitik

Seite 16

Behörden Spiegel / Mai 2022

Vier Fragen – vier Antworten Interview mit Jutta Steinruck, Oberbürgermeisterin der Stadt Ludwigshafen Foto: BS/Martin Hartmann, Stadtverwaltung Ludwigshafen

B

ehörden Spiegel: In Ludwigshafen werden derzeit viele Stadtumbaumaßnahmen angegangen. Welches sind die momentan größten Projekte und was ist deren Besonderheit?

Jutta Steinruck: Die besondere Herausforderung Ludwigshafens liegt darin, dass unsere Innenstadt in ein Hochstraßensystem eingebettet ist. Das ganze Straßensystem bildet eine zentrale Querung innerhalb der Wirtschafts- und Lebensregion “Metropolregion Rhein-Neckar” und wurde von vielen Pendlerinnen und Pendlern täglich befahren. Als ich vor vier Jahren als Oberbürgermeisterin ins Amt gekommen bin, wurde schnell klar, dass die Pilzhochstraße – ein Teil der Hochstraße Süd – abgerissen werden muss und wir haben sie aus Sicherheitsgründen kurzfristig gesperrt. Die Prüfstatiker haben dann festgestellt, dass ein plötzlicher Zusammenbruch möglich wäre und wir mussten sofort auch die Unterquerung dieses Straßenabschnitts sperren. Auch an der Hochstraße Nord waren gravierende Mängel festgestellt worden, die über kurz oder lang zu einer Vollsperrung geführt hätten. Daher wurde bereits vor einigen Jahren der Beschluss gefasst, die Hochstraße Nord abzureißen und stattdessen eine ebenerdige Stadtstraße, die Helmut-KohlAllee, zu bauen. Diese soll – um Geld und Bauzeit zu sparen – quer über das Gelände des ehemaligen Rathaus-Centers sowie des Rathauses führen. Das hört sich schlimmer an, als es ist, da das Rathaus schon vor meinem Amtsantritt bereits viele Jahre größtenteils leer stand. Bereits 2016 sind die meisten Mitarbeiter/-innen in andere Büroräume gezogen, weil das Hochhaus aus dem Jahr 1979 gravierende Mängel bei Brandschutz und Gebäudetechnik aufwies. Dieses Gebäude soll daher abgerissen werden, auch weil Untersuchungen des Baus gezeigt haben, dass eine Sanierung des Rathaus-Hochhauses sehr viel teurer werden würde als ein Neubau. Momentan sind wir also auf der Suche nach einem neuen

Vollsperrung und Abriss Ludwigshafen erfindet sich neu (BS) Die Stadt am Rhein ist in den Augen vieler eine der hässlichsten Städte Deutschlands, deren Charakter und Infrastruktur über viele Jahrzehnte von der Industrie geprägt wurden. Mit dem wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Wandel haben sich aber auch die (baulichen) Ansprüche an die Stadt gewandelt. Im Interview erzählt Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck, wie Ludwigshafen zukunftsfähig werden soll. Die Fragen stellte Malin Jacobson. Standort für das Ludwigshafener Rathaus. Im Zusammenhang damit haben wir gemeinsam mit der Hochschule Ludwigshafen das Forschungsprojekt “Arbeitsplatz der Zukunft” ins Leben gerufen, um unser neues Rathaus zukunftsorientiert auszurichten.

Behörden Spiegel: Inwiefern gibt es in Ludwigshafen Projekte oder Strategien, die sich auch auf andere Kommunen übertragen ließen, oder gibt es Städte, die Sie wiederum als Vorbild für die Innenstadtgestaltung wahrnehmen?

Behörden Spiegel: Wie geht die Bevölkerung mit den Belastungen beziehungsweise Einschränkungen durch die großflächigen und langwierigen Baumaßmaßnahmen um? Steinruck: Mir persönlich war es immer wichtig, die Bürgerinnen und Bürger mitzunehmen. Das bedeutet zeitnahe Informationen, zeitnahen Austausch, sehr transparente Vorgehensweise und auch, alle Betroffenen immer mitzunehmen. Bei der Neugestaltung der Innenstadt machen wir das im Moment sehr konsequent, indem wir sowohl Immobilieneigentümer, Gewerbetreibende wie auch Bewohnerinnen und Bewohner in unsere Pläne einbeziehen und wiederum deren Input aufgreifen. Zu diesem Zweck haben wir die Homepage www.ludwigshafen-diskutiert.de ins Leben gerufen, die nicht nur als Informations-, sondern auch als Diskussionsplattform fungiert. Das gibt uns wiederum die Möglichkeit, bezüglich unserer Großprojekte nicht nur mit den Bürgerinnen und Bürgern der Stadt, sondern mit der ganzen Region in Austausch zu treten und auch diejenigen zu erreichen, die – beispielsweise wegen der Kinderbetreuung – nicht zu einer realen Informationsveranstaltung hätten kommen können. Dieses Vorgehen hat sich konkret bewährt, als wir die Hochstraße Süd überraschend sperren

lebendig wird, weswegen wir momentan dabei sind, studentisches Wohnen in der Innenstadt anzusiedeln. Außerdem ist Ludwigshafen eine Industriestadt, in der Menschen aus der ganzen Welt nicht nur ihren Arbeitsplatz, sondern auch ihren Lebensmittelpunkt gefunden haben. Auch diesem Umstand wollen wir in der Umgestaltung der Innenstadt Rechnung tragen.

Blick auf die Innenstadt von Ludwigshafen

mussten und dadurch der Durchgang zu einem Stadtteil blockiert wurde. Unsere Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit konnte so sehr schnell eine hervorragende Bürgerbeteiligung und Information der Öffentlichkeit auf die Beine stellen, beispielsweise indem wir gemeinsam mit dem Stadtvorstand vor Ort Gespräche mit den betroffenen Bürgerinnen und Bürgern geführt und einen Baustellen-Kümmerer eingesetzt haben, der im Voraus zu größeren Maßnahmen mit beispielsweise erhöhter Lärmentwicklung zusätzliche Informationen in die Briefkästen geworfen hat. Natürlich gab es trotzdem einzelne Beschwerden, aber wir konnten feststellen, dass diese weniger

Foto: BS/Martin Hartmann, Stadtverwaltung Ludwigshafen

wurden, je besser wir im Vorfeld informiert haben. Wichtig ist es zudem, ehrlich zu den Menschen zu sein und nicht zu behaupten, es werde alles gar nicht so schlimm, denn infrastrukturelle Maßnahmen gehen immer mit Einschränkungen einher. Behörden Spiegel: Der Innenstadtumbau zollt unter anderem dem Umstand Rechnung, dass sich die Nutzungsansprüche an die Innenstädte in den letzten Jahren und Jahrzehnten gewandelt haben. Wie stellen Sie sicher, dass Ihre aktuellen Umgestaltungsmaßnahmen nicht bald wieder veraltet, sondern auch für zukünftige Generationen nutzbar sind?

Steinruck: Wir reden mit jungen wie älteren Menschen, beispielsweise indem wir unsere Auszubildenden direkt fragen, wie sie sich unser Rathaus der Zukunft vorstellen – als Bürger, aber auch als Arbeitnehmer. Niemand weiß, wie wir in 50 Jahren leben und arbeiten werden, wir können aber Vermutungen anstellen, beispielsweise dass Menschen auch in der Zukunft nicht nur online einkaufen werden. Um eine möglichst vielseitige Nutzung sicherzustellen, konzipieren wir unsere Innenstadt als Stadtteil, in dem man wohnt, arbeitet und sich gerne aufhält. In Ludwigshafen sind wir davon überzeugt, dass eine Innenstadt gerade durch junge Menschen

Steinruck: Letztendlich muss jede Stadt ihren eigenen Weg gehen, da die Rahmenbedingungen und Problemlagen nie eins zu eins übertragbar sind. Ich selbst habe mich eingehend mit dem Projekt Stuttgart 21 befasst und mich mit Fritz Kuhn, dem ehemaligen Oberbürgermeister der Landeshauptstadt, ausgetauscht. Dabei ist die Idee des Hochstraßenbeirates entstanden, der die Perspektive der betroffenen Anwohnerinnen und Anwohner vertritt. Auch mit Frank Mentrup, Oberbürgermeister von Karlsruhe, habe ich über den dortigen Innenstadtumbau gesprochen und die Informationen aus dem Gespräch waren ausschlaggebend für die Gründung unserer Bauprojektgesellschaft, die die großen städtischen Bauprojekte von der Entwicklung bis zur Fertigstellung umsetzt und die Bauwerke wartet und instand hält. In engem Kontakt stehe ich zudem mit den Oberbürgermeister-Kollegen der fünf größten kreisfeien Städte in Rheinland-Pfalz. Wir treffen uns sehr regelmäßig, tauschen uns über Problemlagen, aber auch über Möglichkeiten oder Initiativen aus. Niemand muss die Welt allein neu erfinden und viele Herausforderungen sind ähnlich. Dennoch würde ich nicht so weit gehen, die Stadt Ludwigshafen als Vorbild für andere Kommunen zu sehen.

Vom Ankommen zur Integration

Digitaler Flüchtlingskongress Themenüberblick: • Aus der Flüchtlingskrise 2015/2016 lernen

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• Neuregelungen im Asyl- und Aufenthaltsrecht – Was gilt es jetzt zu beachten? • Unterstützungsmöglichkeiten für Kommunen

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Fotohinweise: ©Fotofreundin, stock.adobe.com; Toby Giessen; Melita, stock.adobe.com

17. Mai 2022


Behörden Spiegel / Mai 2022

Seite 17

Bonn: Vorreiterin für lokale und globale Nachhaltigkeit Wirkung reicht weit über die kommunalen Grenzen hinaus Sich für eine lokal und global nachhaltige Entwicklung einzusetzen, gehört schon lange zur DNA der Bundesstadt Bonn. Sie ist in Deutschland Vorreiterin darin, die von den Vereinten Nationen 2015 verabschiedete Agenda 2030 lokal umzusetzen. Mit deren 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDGs) geht die Weltgemeinschaft die großen Herausforderungen unserer Zeit wie Klima- und Umweltschutz, Biodiversität und Mobilität an. Die Mehrheit dieser Ziele betrifft unmittelbar die lokale Ebene, also auch Bonn. as Bonner Engagement für mehr Nachhaltigkeit wirkt aber weit über die Kommune hinaus. Es reicht bis in Bonns Partnerstädte wie La Paz in Bolivien, mit der die Stadt eine Klimapartnerschaft unterhält, über Textilfabriken in Bangladesch, wo im Rahmen der nachhaltigen Beschaffung Dienstbekleidung für städtisches Personal hergestellt wird, bis zum Hauptsitz der Vereinten Nationen in New York, wo die Stadt Bonn beim High Level Political Forum ihren ersten freiwilligen kommunalen Nachhaltigkeitsbericht (Voluntary Local Review) zur Umsetzung der Agenda 2030 präsentierte. Die Rahmenbedingungen für dieses Engagement sind in Bonn besonders gut. Von hier aus führen die Vereinten Nationen ihre Arbeit zur Umsetzung der SDGs zusammen, hier hat unter anderem das Klimasekretariat der Vereinten Nationen seinen Sitz und rund 150 Nichtregierungsorganisationen arbeiten in der Bundesstadt zu Nachhaltigkeitsthemen im nationalen oder internationalen Kontext.

Entwicklungspolitik funktioniert kommunal besonders gut Ganz im Sinne der Agenda 2030 und des Nachhaltigkeitsziels 17 “Partnerschaften zur Erreichung der Ziele” arbeitet Bonn mit Städten auf anderen Kontinenten und in internationalen Netzwerken zusammen. Diese Beziehungen gehen schon seit den 1990er-Jahren weit über reine Begegnungsreisen und den Kulturaustausch hinaus. Mit Cape Coast in Ghana und La Paz in Bolivien verbindet Bonn jeweils eine kommunale Klimapartnerschaft – die die Städte mit Unterstützung der Servicestelle Kommunen in der Einen Welt (SKEW) von Engagement Global umsetzen. Mit La Paz tauscht sich Bonn etwa zur Erhöhung der Öko-Effizienz, zu integriertem Abfallmanagement und Umweltbildung aus. “Hier kommen Fachleute der kommunalen Daseinsvorsorge zusammen, die auf Augenhöhe voneinander lernen und sich gegenseitig beraten”, sagt Stefan Wagner, Leiter des Amts für Internationales und globale Nachhaltigkeit der Stadt Bonn.

Richtschnur für Politik, Verwaltung und Stadtgesellschaft Kurz nachdem die Vereinten Nationen 2015 die Agenda 2030 verabschiedet hatten, stellte der Rat der Stadt Bonn die Weichen für deren lokale Umsetzung. Als eine der ersten Kommunen in Deutschland zeichnete Bonn die Musterresolution zur Agenda 2030 des Deutschen Städtetages und der deutschen Sektion des Rates der Gemeinden und Regionen Europas und setzte damit einen wichtigen Meilenstein für das Nachhaltigkeitsengagement der nächsten Jahre. Zeitgleich begann die Stadt – mit Unterstützung der SKEW und in Zusammenarbeit mit der Landesarbeitsgemeinschaft Agenda 21 NRW –, eine Nachhaltigkeitsstrategie zu erarbeiten, die der Rat 2019 verabschiedete. Damit verfügt Bonn erstmals über ein verbindliches und systematisches Ziel- und Steuerungsinstrument für eine nachhaltige Entwicklung im Sinne der Agenda 2030. “Das Besondere an der Nachhaltigkeits-

strategie ist, dass alle Dezernate der Verwaltung, aber auch die Zivilgesellschaft, Wissenschaft, Politik und Wirtschaft an ihrer Erarbeitung beteiligt waren. Ihren Blick richteten diese Akteure dabei auf die Kommune selbst, aber auch auf regionale, nationale und internationale Hebelwirkungen”, erläutert Stefan Wagner. Die Bonner Nachhaltigkeitsstrategie überträgt die 17 SDGs auf sechs kommunale Handlungsfelder, die wiederum mit konkreten Zielen und Indikatoren versehen sind. Sie hat dazu beigetragen, das Thema “Nachhaltigkeit” in Politik und Verwaltung noch stärker zu verankern. Zahlreiche Initiativen – von der Ausrufung des Klimanotstands und der Förderung von sozial gefördertem Wohnraum bis hin zur Bekämpfung der Kinderarmut – sind aus der Bonner Nachhaltigkeitsstrategie heraus entstanden. Zur Information über die Umsetzung ihrer Nachhaltigkeitsstrategie hat die Stadt Bonn 2020 als eine von bislang drei Kommunen in Deutschland einen sogenannten “Voluntary Local Review”, einen freiwilligen Umsetzungsbericht, vorgelegt und bei den Vereinten Nationen eingereicht. Ein zweiter Umsetzungsbericht wird derzeit mit Unterstützung der SKEW erstellt und soll im Sommer vorgelegt werden.

“Hier kommen Fachleute der kommunalen Daseinsvorsorge zusammen, die auf Augenhöhe voneinander lernen und sich gegenseitig beraten.”

Stefan Wagner, Leiter des Amts für Internationales und globale Nachhaltigkeit der Stadt Bonn.

Informations- und Mitmachangebote. Fest im Kalender der Stadt verankert sind etwa die jährlichen Bonner SDG-Tage. Im Jahr 2021 wurde dabei eine Straße in der Fußgängerzone 17 Tage lang zur 17-ZieleZone. Dort konnten Interes-

sierte anhand von Fußspuren auf dem Boden den eigenen ökologischen Fußabdruck testen. Schulklassen nahmen im 17-Ziele-Space an Workshops zum Thema “Innovations from Africa” teil. Ein Erfolgsgarant für jede Veranstaltung zum

Thema Nachhaltigkeit ist das Bonner 17-Ziele-Glücksrad, ein Wissensquiz, das es inzwischen auch als digitale Version gibt. Bonn wirbt in vielen Bundes- und Landesgremien für die Anerkennung von Kommunen als zentrale entwicklungspolitische Akteurinnen. International engagiert sich die Stadt in zahlreichen Netzwerken, unter anderem bei ICLEI, dem internationalen Städtenetzwerk für Nachhaltigkeit mit über 1.700 Mitgliedskommunen weltweit. Bei der 15. Bundeskonferenz der Kommunalen Entwicklungspolitik in Bonn erarbeiteten zahlreiche Kommunen 2021 gemeinsam den “Bonn-Pakt Agenda 2030

kommunal”. Er beinhaltet eine klare Vision kommunaler Entwicklungspolitik und bringt viele konkrete Vorschläge in die politische Debatte ein, wie sich das kommunale Engagement weiter stärken lässt. Diese Absicht steht auch hinter der von der SKEW und der Stadt Bonn organisierten Konferenz “Dialog 2030 – Kommunale Entwicklungspolitik für das “Jahrzehnt des Handelns”” am 5. und 6. Mai 2022 in Bonn. Ziel ist es, dass bis 2030 neunzig Prozent der Menschen in Deutschland in einer Agenda-2030-Kommune leben. Dem Bonner Beispiel werden also hoffentlich noch viele weitere Städte und Gemeinden folgen.

Fair Trade und faire Beschaffung Die faire Beschaffung spielt in der Bonner Nachhaltigkeitsstrategie eine wichtige Rolle. Bis 2030 sollen alle Beschaffungsmaßnahmen der Stadt auf Kriterien der Nachhaltigkeit beruhen und an den Prinzipien des fairen und ökologischen Handels ausgerichtet sein. Die ersten Ausschreibungen 2016 und 2018 waren ein voller Erfolg: Beim Projekt “Gute Arbeit fairbindet” beschaffte das Amt für Stadtgrün gemeinsam mit dem Referat Vergabedienste und dem Verein FEMNET Dienstkleidung für die Stadtgrün-Mitarbeitenden. Zunächst wurden Hosen, Hemden, Jacken, Westen, Handschuhe und Mützen für etwa 37.000 Euro unter Berücksichtigung sozialer Kriterien eingekauft. Für die Ausschreibungen 2018 bis 2020 wurden weitere Produkte berücksichtigt und die Anforderungen geschärft. Zudem ist Bonn seit 2010 Fair Trade Town. Im Rahmen der jährlichen bundesweiten Fairen Woche fand auf dem Bonner Münsterplatz mehrmals der Event “Rundum Fair” statt, ein faires Frühstück kombiniert mit einer fairen Modenschau. Mit der Veranstaltung “Bonn – rundum nachhaltig” führte die Stadt 2020 erstmals die Themen Fair, Bio und Regional im Lebensmittelbereich zusammen.

Nachhaltigkeit in die Gesellschaft tragen! Nachhaltigkeit muss gelebt werden. Dafür ist es wichtig, dass die Bürgerinnen und Bürger nicht nur ein Verständnis dafür bekommen, wie sich ihr Handeln lokal und global auswirkt. Sondern ihr Engagement entscheidet mit, ob die SDGs 2030 in Bonn und in der Welt erreicht werden. Daher setzt die Stadt Bonn auf viele innovative

Verantwortung endet nicht am Ortsschild. Da fängt sie erst richtig an. Katja Dörner, Oberbürgermeisterin von Bonn

Die Stadt Bonn engagiert sich etwa durch ihre Klimapartnerschaft mit Cape Coast in Ghana. Die Partnerstädte tauschen sich intensiv zu Abfallmanagement und Umweltbildung aus und ermöglichen so einen besseren Schutz des dortigen Lagunen-Biotops. Wenn auch Sie sich mit Ihrer Kommune für lokale Nachhaltigkeit und eine gerechtere Globalisierung einsetzen möchten, berät, vernetzt und fördert Sie die Servicestelle Kommunen in der Einen Welt. info@service-eine-welt.de | www.service-eine-welt.de Die Servicestelle Kommunen in der Einen Welt ist Teil von ENGAGEMENT GLOBAL und arbeitet im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. ENGAGEMENT GLOBAL gGmbH | Service für Entwicklungsinitiativen | Friedrich-Ebert-Alle 40 | 53113 Bonn www.engagement-global.de

mit ihrer

im Auftrag des

designlevel 2 | Foto: schafgans dgph

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Personelles

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Überzeugen Sie uns durch Ihre Persönlichkeit und fachliche Expertise! Der Rhein-Sieg-Kreis ist mit über 600.000 Einwohner*innen der zweitbevölkerungsreichste Kreis im Bundesgebiet. Sitz der Verwaltung ist die Kreisstadt Siegburg, die verkehrsgünstig in einer reizvollen landschaftlichen Umgebung und in unmittelbarer Nachbarschaft der Großstädte Bonn und Köln liegt.

Behörden Spiegel / Mai 2022

Prägen Sie mit Ihrer Expertise maßgeblich die Entwicklung unserer Stadt!

Übernehmen Sie als erfahrene Führungspersönlichkeit Verantwortung für das Wohlergehen der Menschen unserer Region!

Inmitten der Metropolregion Rheinland ist Krefeld eine Großstadt mit Charakter, viel Grün und hoher Lebensqualität – kulturell lebendig, wirtschaftlich dynamisch, mit einer engagierten Stadtgesellschaft. Unsere lange Tradition der Kreativität und Weltoffenheit wird auch in der Gegenwart spürbar.

Im Zeichen der Menschlichkeit setzt sich das DRK für das Leben, die Gesundheit, das Wohlergehen und die Würde aller Menschen ein. Als modernes Dienstleistungsunternehmen vereint der DRK Kreisverband Leipzig-Land e.V. Nationale Hilfsgesellschaft und Wohlfahrtverband unter einem Dach. Unser primäres Ziel ist die individuelle Unterstützung und Beratung von Menschen mit unterschiedlichsten persönlichen und sozialen Belangen. Zu unseren Leistungen gehören unter anderem die Altenpflege mit den Pflegediensten, die Pflegeheime und Seniorenwohnanlagen, die Kinderbetreuung, der Fahrdienst sowie die Jugendangebote.

Das Amt für Umwelt- und Naturschutz steht vor vielfältigen Herausforderungen. In den nächsten Jahren gilt es, wichtige Maßnahmen im Bereich des Klimaschutzes umzusetzen. Dabei ist insbesondere die kreisweite Hochwasservorsorge als Teil eines vorausschauenden Gewässerschutzes voranzubringen.

Machen Sie Krefeld mit uns l(i)ebenswert! Die Stadtverwaltung Krefeld ist vor Ort eine der größten Arbeitgeberinnen. Im Zusammenwirken mit der Bürgerschaft organisieren und gestalten rund 4.000 Mitarbeitende den Alltag und das tägliche Miteinander in unserer Stadt.

Zum nächstmöglichen Zeitpunkt suchen wir eine innovative und begeisterungsfähige Führungspersönlichkeit als

Zum nächstmöglichen Zeitpunkt suchen wir eine kommunikationsstarke und fachlich versierte Führungspersönlichkeit als

Amtsleitung Umwelt- und Naturschutz (w/m/d)

Fachbereichsleitung Bauaufsicht (w/m/d)

Die Besoldung dieser attraktiven Stelle erfolgt je nach Qualifikation bis zu Besoldungsgruppe A 16 LBesG NRW bzw. auf Basis einer außertariflichen Bezahlung im Angestelltenverhältnis.

Die attraktive Position wird für Beamt*innen nach Besoldungsgruppe A 16 LBesG bzw. für Tarifbeschäftigte entsprechend außertariflich vergütet. Als Stadtverwaltung legen wir Wert auf einen fairen, offenen Umgang und verstehen uns als moderne Dienstleisterin für die Menschen in Krefeld.

Als innovative und kreative Persönlichkeit führen Sie mit Ihrer Expertise und Ihrer Erfahrung unser Amt erfolgreich in die Zukunft. Details zu dieser Position finden Sie auf www.zfm-bonn.de, der Website der von uns beauftragten Beratungsgesellschaft zfm. Interessiert? Für einen ersten vertraulichen Kontakt steht Ihnen dort unter der Rufnummer 0228/265004 Waishna Jeyadevan zur Verfügung. Lassen Sie uns gerne Ihre aussagekräftigen Bewerbungsunterlagen über das zfm-Karriereportal unter www.zfm-bonn.de zukommen.

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Diese attraktive Stelle mit Dienstsitz in Zwenkau (bei Leipzig) wird zunächst in alleiniger Funktion wahrgenommen.

Details zu dieser Position finden Sie auf www.zfm-bonn.de, der Website der von uns beauftragten Beratungsgesellschaft zfm. Interessiert? Für einen ersten vertraulichen Kontakt stehen Ihnen dort unter der Rufnummer 0228/265004 Maren Kammerer, Gianna Forcella oder Roland Matuszewski zur Verfügung. Lassen Sie uns gerne Ihre aussagekräftigen Bewerbungsunterlagen über das zfm-Karriereportal unter www.zfm-bonn.de zukommen.

Die Stadt Bochum ist mit ihren rund 371.000 Einwohner*innen mit einer Vielzahl anspruchsvoller Wissenschafts-, Bildungs- und Kulturstätten sowie vielen Einrichtungen für Freizeit, Sport und Erholung eines der wirtschaftlichen und kulturellen Zentren des Ruhrgebiets. Die vielen Hochschulen sowie die daran angesiedelten Technologiezentren repräsentieren in besonderer Weise den Wandel der Stadt und der Region. Die Stadt Bochum befindet sich im Aufbruch. Mit der Bochum Strategie sind wichtige Weichen unserer Stadtentwicklung gestellt. An diesem Erfolgsprozess können Sie aktiv mitwirken. Hier wird eine fachübergreifende Zusammenarbeit an gesamtstädtischen Projekten großgeschrieben. Der Kompass für gute Zusammenarbeit und Führung schafft den Rahmen für eine moderne, gestaltende und dienstleistungsorientierte Stadtverwaltung. Zum nächstmöglichen Zeitpunkt suchen wir eine aufgeschlossene und engagierte Führungspersönlichkeit als

Leitung des Amtes für Soziales (w/m/d) Die Position wird für Beamt*innen nach Besoldungsgruppe A 16 LBesG bzw. für Tarifbeschäftigte entsprechend vergütet. Details zu dieser Position finden Sie auf www.zfm-bonn.de, der Website der von uns beauftragten Beratungsgesellschaft zfm. Interessiert? Für einen ersten vertraulichen Kontakt stehen Ihnen dort unter der Rufnummer 0228/265004 Gianna Forcella, Maren Kammerer oder Roland Matuszewski zur Verfügung. Lassen Sie uns gerne Ihre aussagekräftigen Bewerbungsunterlagen über das zfm-Karriereportal unter www.zfm-bonn. de zukommen. Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung!

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Ihre hoch ausgeprägten Gestaltungsfähigkeiten und Ihr analytisches Denkvermögen nutzen Sie dazu, unseren Kreisverband durch innovative Konzepte zukunftsorientiert weiterzuentwickeln. Zudem überzeugen Sie in der Zusammenarbeit mit den relevanten Gremien und Bezugsgruppen durch Ihre kommunikativen und rhetorischen Fähigkeiten. Details zu dieser Position finden Sie auf www.zfm-bonn.de, der Website der von uns beauftragten Beratungsgesellschaft zfm. Interessiert? Für einen ersten vertraulichen Kontakt stehen Ihnen dort unter der Rufnummer 0228/265004 Johanna Emde und Waishna Jeyadevan zur Verfügung. Lassen Sie uns gerne Ihre aussagekräftigen Bewerbungsunterlagen über das zfm-Karriereportal unter www.zfm-bonn.de zukommen. Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung!

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Mit seiner Nähe zu der Landeshauptstadt Kiel und der Metropolregion Hamburg, den Stränden und Steilufern der Ostseeküste sowie rund 70 km der größten künstlichen Wasserstraße der Welt sowie dem Nord-Ostsee-Kanal, bietet der Kreis seinen Einwohner*innen und Besucher*innen eine einzigartige Lebens- und Freizeitqualität. Dem Fachbereich Regionalentwicklung, Bauen und Schule kommt bei der auch zukünftig erfolgreichen Entwicklung des Kreises eine maßgebliche Bedeutung zu. Wir suchen daher zum nächstmöglichen Zeitpunkt eine umsetzungsorientierte und bodenständige Führungspersönlichkeit, die als

Fachbereichsleitung Regionalentwicklung und Bauen (w/m/d)

Wir verstehen uns als Dienstleister der Wasserwirtschaft und bilden einen wesentlichen Baustein der öffentlichen Daseinsvorsorge. Mit unserer wasser- und klimawirtschaftlichen Kompetenz gestalten wir das urbane Lebensumfeld in Köln. Unsere Arbeit betrifft dabei alle Einwohnerinnen und Einwohner sowie jeden Gast in Köln ganz unmittelbar. Dem Geschäftsbereich Planung und Bau kommt dabei eine entscheidende Rolle zu. In den nächsten Jahren werden mehrere Großprojekte zur Modernisierung des Kanalnetzes geplant und umgesetzt sowie der Hochwasserschutz weiter ausgebaut. Daneben gehören die wasserwirtschaftliche Klimafolgeanpassung sowie die Generalentwässerungsplanung zu den wichtigen Zukunftsthemen für unsere Stadt. Im Rahmen einer Altersnachfolge suchen wir zum nächstmöglichen Zeitpunkt eine strategisch denkende und fachlich versierte Führungspersönlichkeit als

den Fachbereich mit den Fachdiensten Gebäudemanagement, Bauaufsicht und Denkmalschutz sowie Regionalentwicklung verantwortet. In dieser Funktion sind Sie direkt dem Landrat unterstellt. Diese attraktive Stelle ist nach Besoldungsgruppe A 16 SHBesG bzw. Entgeltgruppe 15 TVöD bewertet.

Geschäftsbereichsleitung Planung und Bau (w/m/d) In dieser Funktion gehören Sie zur Geschäftsleitung der Stadtentwässerungsbetriebe Köln AöR und berichten direkt an die Vorständin.

Details zu dieser Position finden Sie auf www.zfm-bonn.de, der Website der von uns beauftragten Beratungsgesellschaft zfm.

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Interessiert? Für einen ersten vertraulichen Kontakt stehen Ihnen dort unter der Rufnummer 0228/265004 Gianna Forcella, Maren Kammerer oder Roland Matuszewski zur Verfügung. Lassen Sie uns gerne Ihre aussagekräftigen Bewerbungsunterlagen über das zfmKarriereportal unter www.zfm-bonn.de zukommen.

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Personelles

Behörden Spiegel / Mai 2022

Wir bieten die Herausforderung, die Sie suchen – Mit Ihrer Personalexpertise machen Sie den Unterschied! Der Kreis Recklinghausen ist mit 620.000 Einwohner*innen der bevölkerungsreichste Kreis Deutschlands und verbindet das grüne Münsterland mit der Metropolregion Ruhr. Als Arbeitgeber mit mehr als 2.000 Beschäftigten verstehen wir uns als modernes und bürgerorientiertes Dienstleistungsunternehmen. Sie sind motiviert, unser Personalmanagement zukunftsgerichtet aufzustellen und unsere Arbeitgebermarke weiter auszuprägen? Unterstützen Sie uns zum nächstmöglichen Zeitpunkt als

Neben einer attraktiven Besoldung nach EG 15 TVöD / A 16 LBesG NRW bieten wir Ihnen einen großen Gestaltungsspielraum und erwarten, dass Sie diesen nutzen: Von Digitalisierung über Talentmanagement und Personalentwicklung bis hin zur Gestaltung von Veränderungsprozessen - Sie tragen maßgeblich dazu bei, unsere Kreisverwaltung fit für die Zukunft zu machen. Details zu dieser Position finden Sie in Kürze auf www.zfm-bonn.de, der Website der von uns beauftragten Beratungsgesellschaft zfm. Interessiert? Für einen ersten vertraulichen Kontakt stehen Ihnen dort unter der Rufnummer 0228/265004 Raza Hoxhaj, Theresa Meister oder Julia Schwick zur Verfügung. Lassen Sie uns gerne Ihre aussagekräftigen Bewerbungsunterlagen über das zfm-Karriereportal unter www.zfm-bonn.de zukommen. Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung!

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Sie wissen, worauf es in dieser herausfordernden Position ankommt!

Die Stadt Monheim am Rhein ist in vielerlei Hinsicht etwas Besonderes – auch als Arbeitgeberin. Mit ihrer 43.000 Menschen zählenden Einwohnerschaft liegt die Stadt verkehrsgünstig zwischen Düsseldorf und Köln. Zu den Monheimer Besonderheiten zählen neben der naturnahen Lage am Rhein auch die ansiedlungsfreundliche Steuerpolitik, die Gewährleistung einer kostenlosen Kita- und OGS-Betreuung in der Hauptstadt für Kinder sowie die gemeinschaftliche Arbeit an einer Stadt für alle, in der Inklusion umfassend verwirklicht wird. Gestützt auf ihren flächendeckenden Glasfasernetz-Ausbau ist die Stadt rasant dabei, sich zu einer Smart City mit Pioniercharakter zu entwickeln.

Das Erzbistum Köln ist mit knapp 1,9 Millionen Katholiken unter den deutschen Diözesen das mitgliederstärkste Bistum. Rund 1.800 Mitarbeitende sind in erzbischöflichen Einrichtungen, in der Verwaltung und im Kölner Dom tätig. Das Generalvikariat mit seinen ca. 780 Mitarbeitenden ist die zentrale Verwaltung des Erzbistums Köln.

Kämmerin / Kämmerer (w/m/d) als Mitglied des Verwaltungsvorstands

Wir befinden uns mitten in einem spannenden Veränderungsprozess und beschäftigen uns mit allen derzeit relevanten Zukunftsthemen. Zum nächstmöglichen Zeitpunkt suchen wir eine engagierte und zielorientierte Persönlichkeit als

Persönliche Referentin * Persönlicher Referent (w/m/d) des Landrats Diese attraktive Stelle ist nach EG 13 TVöD bewertet. Details zu dieser Position finden Sie auf www.zfm-bonn.de, der Website der von uns beauftragten Beratungsgesellschaft zfm. Interessiert? Für einen ersten vertraulichen Kontakt stehen Ihnen dort unter der Rufnummer 0228/265004 Waishna Jeyadevan oder Anna Neelen zur Verfügung. Lassen Sie uns gerne Ihre aussagekräftigen Bewerbungsunterlagen über das zfm-Karriereportal unter www.zfm-bonn.de zukommen. Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung!

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Im Zuge einer Nachfolgeregelung suchen wir zum nächstmöglichen Zeitpunkt eine gleichermaßen krisenerprobte wie innovative Persönlichkeit, die als

Direktorin * Direktor (w/m/d) Medien und Kommunikation

Diese herausgehobene Position ist als Stelle für Laufbahnbewerberinnen / Laufbahnbewerber nach Besoldungsgruppe A16 LBesG NRW ausgewiesen. Details zu dieser Position finden Sie auf www.zfm-bonn.de, der Website der von uns beauftragten Beratungsgesellschaft zfm.

Details zu dieser Position finden Sie auf www.zfm-bonn.de, der Website der von uns beauftragten Beratungsgesellschaft zfm.

Interessiert? Für einen ersten vertraulichen Kontakt stehen Ihnen dort unter der Rufnummer 0228/265004 Désirée Verhaert, Theresa Meister und Julia Schwick zur Verfügung. Lassen Sie uns gerne Ihre aussagekräftigen Bewerbungsunterlagen über das zfmKarriereportal unter www.zfm-bonn.de zukommen.

Interessiert? Für einen ersten vertraulichen Kontakt stehen Ihnen dort unter der Rufnummer 0228/265004 Barbara Morschhaeuser und Julia Schwick zur Verfügung. Lassen Sie uns gerne Ihre aussagekräftigen Bewerbungsunterlagen über das zfm-Karriereportal unter www.zfm-bonn.de zukommen.

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Setzen Sie wesentliche Impulse für die zukünftige Entwicklung unseres attraktiven Wohn- und Lebensstandortes!

Der Kreis Rendsburg-Eckernförde, mit seinen ca. 270.000 Einwohner*innen, ist als flächengrößter Kreis Schleswig-Holsteins attraktiv zwischen Nord- und Ostsee gelegen. Mit seiner Nähe zu der Landeshauptstadt Kiel und der Metropolregion Hamburg, den Stränden und Steilufern der Ostseeküste sowie rund 70 km der größten künstlichen Wasserstraße der Welt sowie dem Nord-Ostsee-Kanal, bietet der Kreis seinen Einwohner*innen und Besucher*innen eine einzigartige Lebens- und Freizeitqualität.

Die Hauptabteilung Medien und Kommunikation ist innerhalb des Generalvikariats für die gesamte interne und externe Kommunikation des Erzbistums und dessen Einrichtungen verantwortlich und legt die Richtlinien der Kommunikation fest.

in vertrauensvoller Abstimmung mit dem Generalvikar und dem Erzbischof die Kommunikation des Erzbistums konzipiert, gestaltet und pflegt. In dieser Funktion berichten Sie direkt an den Generalvikar. Sie sind ein absoluter Kommunikationsprofi, haben einen exzellenten Überblick über die Medienlandschaft und bringen ein belastbares Netzwerk mit.

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Mit Ihrem strategischen Denkvermögen sowie Ihrer Netzwerkfähigkeit sind Sie der ideale Sparringspartner (w/m/d) unseres Landrats!

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Eine Stadt wie keine andere: Setzen Sie die richtigen Impulse mit und für uns!

Zum 01.06.2022 bzw. zum nächstmöglichen darauffolgenden Zeitpunkt suchen wir eine engagierte und kreative Führungspersönlichkeit als

Fachbereichsleitung Zentrale Angelegenheiten und Personalservice (w/m/d)

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Setzen Sie in dieser Funktion Impulse für die Umwelt der Stadt Köln!

Die Wohnbau GmbH Göppingen (WGG) ist seit mehr als 80 Jahren ein kompetenter und zuverlässiger Partner in der Wohnversorgung unserer Stadt (mit rund 2.000 eigenen und 1.100 fremdverwalteten Wohn- und Gewerbeeinheiten). Sie nimmt für unsere Bevölkerung, Stadt, Landkreis und heimische Wirtschaft die Wohnversorgung breiter Bevölkerungsgruppen wahr, insbesondere auch für soziale Notfälle und Fälle drohender Obdachlosigkeit. Das Portfolio wird kontinuierlich durch neue attraktive Wohnangebote ausgebaut, die einem engagierten Neubau- und Modernisierungsprogramm entstammen, das eng mit der Stadtentwicklung verzahnt ist. Gestalten Sie zum nächstmöglichen Zeitpunkt im Zuge einer Altersnachfolge als

Geschäftsführung (w/m/d) der Wohnbau GmbH Göppingen die Wohnungslandschaft aktiv mit und leisten Sie einen wesentlichen Beitrag für unsere lebenswerte und soziale Stadt.

Wir verstehen uns als Dienstleister der Wasserwirtschaft und bilden einen wesentlichen Baustein der öffentlichen Daseinsvorsorge. Mit unserer wasser- und klimawirtschaftlichen Kompetenz gestalten wir das urbane Lebensumfeld in Köln. Unsere Arbeit betrifft dabei alle Einwohnerinnen und Einwohner sowie jeden Gast in Köln ganz unmittelbar. Dem Geschäftsbereich Planung und Bau kommt dabei eine entscheidende Rolle zu. In den nächsten Jahren werden mehrere Großprojekte zur Modernisierung des Kanalnetzes geplant und umgesetzt sowie der Hochwasserschutz weiter ausgebaut. Daneben gehören die wasserwirtschaftliche Klimafolgeanpassung sowie die Generalentwässerungsplanung zu den wichtigen Zukunftsthemen für unsere Stadt. Im Rahmen einer Altersnachfolge suchen wir zum nächstmöglichen Zeitpunkt eine strategisch denkende und fachlich versierte Führungspersönlichkeit als

Geschäftsbereichsleitung Planung und Bau (w/m/d)

In dieser Funktion berichten Sie direkt an den Aufsichtsratsvorsitzenden. Zum Zwecke der engen Verzahnung mit der Stadtentwicklung steht Ihnen die Baubürgermeisterin beratend zur Seite.

In dieser Funktion gehören Sie zur Geschäftsleitung der Stadtentwässerungsbetriebe Köln AöR und berichten direkt an die Vorständin.

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Personelles / Kommunalpolitik

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ie hiesigen Behörden müssen jetzt schnell und entschieden reagieren. Gelingt es dem Staat in dieser Situation nicht, effektiv zu handeln, setzt sich das Leid der vor dem Krieg Geflohenen unnötig fort. Zudem droht großer Schaden für das Vertrauen der Bevölkerung in Politik und Verwaltung. Der im Zuge der CoronaPandemie bereits strapazierte gesellschaftliche Zusammenhalt könnte weiter erodieren. Die gute Nachricht ist, dass Deutschland nicht unvorbereitet ist. Nicht einmal sieben Jahre ist die letzte Flüchtlingskrise her. Zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen haben seither das Thema analysiert. Entscheidend ist, dass die Erkenntnisse von damals jetzt genutzt werden.

Akutversorgung sicherstellen Im ersten Schritt muss die Akutversorgung der in Deutschland ankommenden Menschen sichergestellt werden. Essen, Kleidung, notdürftige Schlafplätze, medizinische Versorgung. Wie auch schon 2015/16 stellen Hilfsorganisationen und lokale Freiwilligeninitiativen in dieser Phase das Rückgrat der Krisenbewältigung dar. Die Behörden dürfen hier nicht mit bürokratischen Anforderungen ausbremsen, sondern müssen die Ehrenamtlichen flexibel und pragmatisch unterstützen. Bei der Verteilung der Flüchtlinge gilt es, die Fehler der Vergangenheit nicht zu wiederholen. Im Sommer 2015 gab es hierbei zunächst große Schwierigkeiten: Es gab kein IT-System für eine verlässliche Registrierung der Geflüchteten und die Koordination der staatlichen Stellen wurde durch das Fehlen eines einheitlichen Lagebilds sowie politische Querelen erschwert. Die für einen solchen Fall vorgesehenen Stabsstrukturen des Bevölkerungsschutzes blieben weitgehend ungenutzt. Der Bund sollte jetzt schnell eine aktive, koordinierende Rolle einnehmen. Um den Helfern ein einheitliches Lagebild zu verschaffen, sollte das Gemeinsame Melde- und Lagezentrum von Bund und Ländern (GMLZ) aktiviert werden. Es ist an das Bundesamt für Bevölkerungs-

Stadt Barth Der Bürgermeister

Behörden Spiegel / Mai 2022

Aus der Flüchtlingskrise 2015/16 lernen Vier Aspekte sind von besonderer Bedeutung (BS/Steffen Eckhard*/Florian Roth*) Die russische Invasion in der Ukraine ist längst zu einem “schmutzigen” Krieg gegen die Zivilbevölkerung geworden. Nach nur drei Wochen hatten mehr fast als drei Million Menschen das Land verlassen. Schätzungen von bis zu zehn Millionen Flüchtlingen in den kommenden Wochen machen die Runde. Davon wird ein erheblicher Teil auch in Deutschland Zuflucht suchen. Bereits seit einigen Wochen spitzt sich die Lage in Berlin und einigen anderen Städten zu. schutz und Katastrophenhilfe angegliedert, welches in Reaktion auf die Corona-Pandemie sowie die Flutereignisse aus dem Sommer letzten Jahres aufgewertet wurde. Letzten Endes werden bei der Unterbringung und Versorgung der Neuankömmlinge aber vor allem die Städte und Gemeinden seien gefordert sind. Die lokale Verwaltung ist deshalb ein zentraler Faktor, ob die Krisenbewältigung erfolgreich sein wird und Zustände wie beim Berliner Landesamt für Gesundheit und Soziales 2015 dieses Mal ausbleiben.

Flexibilität ist gestiegen Positive Beispiele aus der Flüchtlingskrise 2015/16 zeigen, dass die deutsche Verwaltung viel flexibler und pragmatischer sein kann als ihr Ruf. So konnte das Ausmaß an Flexibilität in Reaktion auf die Krise kurzfristig erheblich gesteigert werden und wurde zu einem wichtigen Faktor für ein erfolgreiches Krisenmanagement. Insgesamt sehen sich insbesondere die Landkreise in Deutschland aufgrund der Lehren aus der Flüchtlingskrise 2015/16 besser aufgestellt.

Ukrainische Flüchtlinge auf dem Weg in eine ungewisse Zukunft

ziehbarkeit gesenkt werden, beispielsweise in der öffentlichen Beschaffung. Dies erhöht zwar theoretisch das Risiko für Vetternwirtschaft und Missbrauch von Steuergeldern. Auswertungen zur Flüchtlingskrise 2015/16 zeigen jedoch, dass dies in der

Realität höchstens in wenigen Einzelfällen vorkommt. Um in Krisen neue Wege zu beschreiten, braucht es eine starke Führungskultur innerhalb der Verwaltung. Führungspersonen müssen Ermessensspielräume erhöhen, Vertrauen in die Kom-

Foto: BS/manhhai, flickr.com, CC By 2.0

petenzen der Mitarbeitenden zeigen und ihnen auch für den Fall Rückendeckung zusichern, dass sich ein innovativer Lösungsansatz nicht wie geplant umsetzen lässt. Der Staat muss akzeptieren, dass er gesamtgesellschaftliche

Krisen nicht allein lösen kann, sondern auf die Ressourcen und Fähigkeiten der Zivilgesellschaft angewiesen ist. Dies betrifft neben der Nothilfe insbesondere auch die längerfristige Integration der Geflüchteten. Obwohl große Teile der Verwaltung den Beitrag von freiwilligen Helfergruppen wertschätzen, werden sie in Einzelfällen doch eher als Störfaktoren statt als Partner behandelt. Eine effektive Lösung von Sachproblemen reicht nicht aus, um das Vertrauen der Bevölkerung in das staatliche Handeln in Krisensituationen sicherzustellen. Flankiert werden muss das Krisenmanagement durch eine umfassende, schnelle und offene Kommunikation mit der Öffentlichkeit. Transparenz und Ehrlichkeit schaffen Verständnis, gerade wenn es einmal nicht nach Plan läuft – was in Krisensituationen naturgemäß immer wieder vorkommt. *Steffen Eckhard ist Professor für Verwaltungswissenschaft an der Universität Konstanz. Florian Roth ist Senior Researcher am Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung in Karlsruhe. Im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Projekts “HybOrg – Entstehung und gesellschaftliche Wirkung hybrider Organisationen im lokalen Krisenmanagement” untersuchten beide die Frage, wie lokale Verwaltungen in Krisenzeiten flexibel und partizipativ agieren können.

Die nächsten Wochen sind entscheidend Ob die Behörden tatsächlich die richtigen Lehren gezogen und ihre Leistungsfähigkeit gesteigert haben, werden sie in den nächsten Wochen und Monaten unter Beweis stellen müssen. Aus wissenschaftlicher Sicht sind vier Aspekte von besonderer Bedeutung: Für Krisen gibt es keine Blaupause. Deshalb müssen die Entscheidungsträger in der Verwaltung proaktiv, mutig und kreativ handeln. Fehlervermeidung allein reicht nicht. Für schnelle und pragmatische Lösungen müssen manchmal Standards an Transparenz und Nachvoll-

Stellenausschreibung

Die Stadt Barth als geschäftsführende Gemeinde für das Amt Barth sucht zum nächstmöglichen Zeitpunkt • eine Amtsleitung für Kanzlei und Soziales • eine Büro- und Personalleitung. Die Arbeitsverhältnisse gestalten sich auf der Grundlage des TVöD. Die vollständigen Ausschreibungstexte finden Sie unter Stellenausschreibungen im Internet: www.amt-barth.de/aktuell/stellenausschreibungen/

Kommunen am Limit Verdi fordert 1.000 Euro je geflüchteter Person (BS/mj) Beschäftigte der Städte und Gemeinden müssen derzeit auf ihre Improvisationstalente setzen, heißt es im Positionspapier der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (Verdi). Schon lange sei die Lage in verschiedenen kommunalen Einrichtungen angespannt und die aktuelle Krise verstärke die Situation wie ein Brennglas. Neben finanziellen Hilfen bräuchten die Kommunen daher auch strukturelle Unterstützung. Christine Behle, stellvertretende Verdi-Vorsitzende, führt aus: “Die Beschäftigten in Ausländer-, Bürger- und Sozialämtern, in Kitas, Sozialeinrichtungen und an vielen Stellen mehr wollen den Schutzbedürftigen unbedingt helfen, sind aber vielerorts personell und materiell längst an ihre Grenzen gelangt.” Daher fordert Verdi finanzielle Unterstützung von 1.000 Euro je geflüchteter Person für die Kommunen. “Sie brauchen jetzt schnelle materielle Hilfe, um des Ansturms Herr zu werden und zudem eine

dauerhafte Entlastung, um arbeitsfähig zu bleiben”, erklärte Frank Werneke, Verdi-Vorsitzender. Denn wie bereits 2015/16 trügen auch derzeit wieder die Kommunen die Hauptlast bei der Unterstützung und Integration der Flüchtlinge. Anfang April wurde auf dem Bund-Länder-Treffen bereits eine finanzielle Unterstützung in Höhe von zwei Milliarden Euro durch den Bund beschlossen. Schon damals hatten der Deutsche Städtetag und der Deutsche Landkreistag bemängelt, dass

es keine dauerhafte und nachhaltige Verabredung mit dem Bund über die Finanzierung der Flüchtlingshilfe gegeben habe. Verena Göppert, stellvertretende Hauptgeschäftsführerin des Deutschen Städtetages, äußerte sich nun und erklärte: “Schon

jetzt ist aber klar, dass die Bundesgelder nicht ausreichen werden – für Kinderbetreuung, Schule, Pflege oder um Menschen mit Behinderungen zu versorgen.” Sie fordert die Länder auf, die Differenz aus eigener Tasche zu übernehmen.

Vom

Digitaler Flüchtlingskongress 17. Mai 2022

˃ Jetzt anmelden unter www.fluechtlingskongress.de

Staatliche Hilfe für geflüchtete Menschen aus der Ukraine EU-Beschluss und erste Umsetzung für Kommunalverwaltungen (BS/ Steffen Martini*) Der furchtbare Krieg in der Ukraine lässt viele Menschen von dort in die Nachbarländer und auch nach Deutschland fliehen. Neben den umfangreichen Hilfen von Privatpersonen und privaten Organisationen ist auch zu klären, inwieweit staatliche Stellen und vor allem die vor Ort als erste geforderten Kommunen Hilfe erbringen können oder zu erbringen haben. Wolters-Kluwer-Experte Prof. Dr. Peter Becker, ChiefEditor der eGovPraxis Sozialhilfe, fasst für die Mitarbeiter/-innen in den Kommunalverwaltungen zusammen, was derzeit zu leisten ist und worauf sie achten müssen.

Vielfältige Perspektiven bei der Stadt Regensburg: Jetzt durchstarten! Gemeinsam mit der Stadt Regensburg die Zukunft gestalten. Bewerben Sie sich und verstärken Sie unser Team! Aktuell haben wir folgende Stelle zu besetzen:

Kommunaler Wahlbeamter (m/w/d) für die Leitung des Referats für Bildung

(BesGr. B 3 BayBesG, Wahl für die Dauer von sechs Jahren in Vollzeit, Stellen-Nr. R V-03:1449)

Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung über unser OnlineStellenportal. D Detaillierte Informationen zu dem Stellenangebot sowie zzum Datenschutz nden Sie unter w www.regensburg.de/stellenangebote

Was ist der aktuelle Stand? Ein EU-Beschluss (2022/382) zur Aktivierung der Massenzustromrichtlinie liegt seit dem 04.03.2022 vor und zur Umsetzung in deutsches Recht ist zunächst unmittelbar § 24 AufenthG anzuwenden: Danach ist Ausländer(inne)n aufgrund des Beschlusses vorübergehend Schutz zu gewähren und, wenn sie im Bundesgebiet aufgenommen werden wollen, eine entsprechende Aufenthaltserlaubnis zu erteilen.

Wen betrifft der Beschluss? Von dem Beschluss sind folgende Personengruppen, die seit dem 24. Februar 2022 als Folge der militärischen Invasion Russlands aus der Ukraine vertrieben worden sind, umfasst: • ukrainische Staatsangehörige, die vor dem 24. Februar 2022

ihren Aufenthalt in der Ukraine hatten, • staatenlose und Staatsangehörige anderer Drittländer als der Ukraine, die vor dem 24. Februar 2022 in der Ukraine internationalen Schutz oder einen gleichwertigen nationalen Schutz genossen haben sowie • Familienangehörige der ersten beiden genannten Personengruppen, auch wenn sie nicht ukrainische Staatsangehörige sind. Hinzu kommen noch Staatenlose und Staatsangehörige anderer Drittländer als der Ukraine, die nachweisen können, dass sie sich vor dem 24. Februar 2022 auf der Grundlage eines nach ukrainischem Recht erteilten gültigen unbefristeten Aufenthaltstitels rechtmäßig in der Ukraine aufgehalten haben und die nicht in der Lage sind, sicher und dauerhaft

in ihr Herkunftsland oder ihre Herkunftsregion zurückzukehren (vgl. Art. 2 Abs. 2 EU-Beschluss).

Welche Leistungen dürfen bezogen werden? Aufgrund der Ukraine-Aufenthalts-Übergangsverordnung vom 07.03.2022 sind Geflüchtete aus der Ukraine von dem Erfordernis eines Aufenthaltstitels befreit. Den Geflüchteten sind daher, wenn sie es wollen, Leistungen nach dem AsylbLG zu erbringen (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a) AsylbLG). Zugleich sind diese Geflüchteten von den Leistungen nach dem SGB XII (§ 23 Abs. 2 SGB XII) und SGB II (§ 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB II) ausgeschlossen. Für Geflüchtete, die nicht in Deutschland Schutz suchen, weil sie z. B. zu Angehörigen in anderen Staaten weiterziehen wollen, bleibt es im Zweifel bei

den Überbrückungsleistungen nach § 23 Abs. 3 SGB XII. *Steffen Martini ist Communications Manager bei Wolters Kluwer.

Weitere Informationen Für Mitarbeiter/-innen in Kommunalverwaltungen hat Wolters Kluwer eine Seite eingerichtet, auf der die rechtlichen Entwicklungen im Detail weiterverfolgt und für die tägliche Arbeit aufbereitet werden. Weitere Regelungen, zum Beispiel zur Arbeitserlaubnis, sind zu erwarten. Hier geht es zur Registrierung: www.wolterskluwer. com/de-de/know/sozialleistungen-ukraine-fluechtlinge


Kommunaler Haushalt

Behörden Spiegel / Mai 2022

W

ie eine Analyse von KfW Research zeigt, floss ungefähr die Hälfte des Ausgabenwachstums (rund 6,4 Mrd. Euro) in gestiegene Baukosten. Für das laufende Jahr sei mit weiter steigenden Preisen zu rechnen, getrieben vor allem durch die Teuerung von Baustoffen wie Holz, Stahl oder Dämmmaterial. Diese Entwicklung habe zwei Auswirkungen auf die kommunalen Investitionen: Zum einen sei es den Gemeinden, Städten und Kreisen in jüngerer Vergangenheit nicht gelungen, trotz höherer Ausgaben aufgelaufene Investitionsrückstände signifikant abzubauen. Zuletzt war der wahrgenommene Investitionsrückstand laut KfW in der bundesweiten Hochrechnung auf 150 Mrd. Euro gestiegen. Die weiter anziehenden Preise verteuerten zum anderen auch die heute und zukünftig notwendigen Investitionen. Die Investitionsbedarfe stiegen dadurch weiter, was zusätzliche Finanzierungsnotwendigkeiten mit sich bringe. Denn während die

Kommunale Mehrinvestitionen Hälfte fließt in gestiegene Baukosten (BS/lkm) Knappe Kapazitäten der Bauwirtschaft sorgen für Verzögerungen bei der Umsetzung von kommunalen Bauprojekten und gleichzeitig für eine Verteuerung der Baupreise. Die Kosten für öffentliche Bauvorhaben wie Straßen, Brücken oder Kanäle haben in den vergangenen Jahren einen regelrechten Sprung nach oben gemacht, allein zwischen 2016 und 2021 um fast 25 Prozent. Auch wenn die deutschen Gemeinden, Städte und Kreise ihre Investitionen von 2016 bis 2020 um 49 Prozent auf insgesamt 38,6 Mrd. Euro steigerten, konnte mit den Mehrausgaben nicht in gleichem Maße ein Mehr an moderner Infrastruktur bereitgestellt werden. kreise finanzierten nur rund ein Fünftel ihrer Investitionen über Kredite, sodass die günstigen Zinskonditionen nicht so stark ins Gewicht fielen. Gleichzeitig sei die kommunale Ebene im vergangenen Jahr für rund 60 Prozent der öffentlichen Baumaßnahmen verantwortlich gewesen und sei somit von den hohen Bauausgaben besonders betroffen. Mit Blick auf die Zukunft sei davon auszugehen, dass die Baupreise hoch blieben, die Finanzierungskonditionen sich aber mit steigenden Zinsen verschlechtern könnten. Hinzu kom-

Kommunen dem Ausgabenwachstum wenig entgegensetzen könnten, seien zugleich die Spielräume auf der Einnahmeseite begrenzt, zumal erst ab 2024 wieder mit einem Steuerwachstum auf Vorkrisenniveau zu rechnen sei. Auf der Finanzierungsseite konnten die niedrigen Zinsen der letzten Jahre zu einer Entlastung der kommunalen Finanzlage beitragen. Der Rückgang der Zinslast kompensierte der KfW-Analyse zufolge allerdings bei Weitem nicht den Umfang der höheren Baupreise. Städte, Gemeinden und Land-

“Bevölkerungsvorausberechnungen”

(Früh-)Warnsignale und erste Lösungsansätze Die demografische Entwicklung hat Auswirkungen auf die Kommunalfinanzen. In zwei Vergleichenden Prüfungen – veröffentlicht im Kommunalbericht 2021 – hat die Überörtliche Prüfung die Effekte des demografischen Wandels auf insgesamt 36 Städte und Gemeinden untersucht. Drei Fragestellungen lagen im Fokus: 1. Welchen demografischen Veränderungen sind die Vergleichskommunen ausgesetzt? 2. Wie gehen sie mit den Herausforderungen des demografischen Wandels um? 3. Welche Auswirkungen auf die Haushaltslage und Wirtschaftlichkeit des kommunalen Handelns sind festzustellen? Der demografische Wandel wird die Bevölkerungsstruktur insgesamt spürbar verändern, wenn sie etwa weniger, älter und vielfältiger wird. Die voraussichtliche Entwicklung wird indes von Kommune zu Kommune heterogen sein. Deswegen haben wir die konkreten demografischen Veränderungen exemplarisch unter anderem an der Entwicklung der Grundversorgung abgebildet. Parallel haben wir die Entwicklung: • im Einzelhandel (Supermarkt, Tankstelle, Bank, Post), • der ärztlichen, medizinischen und pflegerischen Versorgung (Hausärzte, Fachärzte, Krankenhäuser, Apotheken, Pflegeeinrichtungen) sowie • der Breitbandanbindung untersucht. Die Kommunen gehen unterschiedlich mit den Herausforderungen um. Zudem ist uns allen klar: Städte und Gemeinden kön-

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Dr. Ulrich Keilmann leitet die Abteilung Überörtliche Prüfung kommunaler Körperschaften beim Hessischen Rechnungshof in Darmstadt. Foto: BS/privat

Einzelhandel

Verfassungsänderung in Rheinland-Pfalz

Bis zuletzt hatten die Fraktionen um eine möglichst rechtssichere Formulierung gerungen. Das genaue Verfahren soll ein Umsetzungsgesetz regeln. Ziel ist, dass dieses im Januar 2023 in Kraft tritt. Die Fraktionsvorsitzende der SPD, Sabine Bätzing-Lichtenthäler, bezeichnete die Verfassungsänderung als historischen Schritt für die Kommunen. Alle demokratischen Fraktionen hätten an einem Strang gezogen und die Entlastung der Kommunen um bis zu drei Milliarden sei historisch. Zwei ergänzende Klarstellungen seien gemeinsam erarbeitet worden. Zum einen werde auf Verfassungsebene verankert, dass die Tilgungspflicht originär durch das Land übernommen werde. Zum anderen werde ein Außerkrafttreten der Verfassungsergänzung explizit auf den 18. Mai 2026 terminiert, um die Einmaligkeit des Vorgehens noch nachhaltiger festzuschreiben. Zusätzlich zu der rheinland-pfälzischen Teilentschuldung erwarte man auch eine Entschuldung der Kommunen durch den Bund, sagte die SPD-Fraktionsvorsitzende.

Erneuten Schuldenaufwuchs verhindern Die kommunale Gesamtverschuldung belief sich laut Gemeindeund Städtebund Rheinland-Pfalz

Zahl Betriebe

2010

im Jahr 2020 auf rund 12,4 Mrd. Euro, davon entfielen rund 6,1 Mrd. Euro – rund 50 Prozent der Gesamtverschuldung – auf die sog. Liquiditätskredite. “Die rheinlandpfälzischen Kommunen verzeichnen bei den Pro-Kopf-Schulden den Spitzenwert in ganz Deutschland, nicht zuletzt nachdem die Landesregierungen von Hessen und dem Saarland bereits entsprechende Entschuldungsprogramme aufgelegt und umgesetzt haben”, erklärte der Kommunalverband weiter. Mit der Übernahme der Hälfte der Kredite zur Liquiditätssicherung werde den Kommunen eine erhebliche Last abgenommen. Man dürfe jetzt allerdings nicht auf halber Strecke stehen bleiben. Erst wenn sämtliche Altschulden von den Schultern der Kommunen genommen würden, erhielten diese wieder eine finanzielle Perspektive. Es bedürfe hier dringend weiterer Kraftanstrengungen. So müsse der kommunale Finanzausgleich ab dem Jahr 2023 in der Art ausgestaltet sein, dass dieser auskömmlich sei und die Kommunen ihre Aufgaben nicht erneut über Kredite finanzieren müssten. Auch der rheinland-pfälzische Landkreistag warnt vor überzogenen Erwartungen der Landespolitik aufgrund der hälftigen

Übernahme der Altschulden. Dies sei zwar ein Beitrag zur intergenerativen Gerechtigkeit, da kommende Generationen sich einer geringeren Schuldenlast gegenübersähen. Über die anstehende Reform des kommunalen Finanzausgleichs müsse aber gewährleistet sein, dass ein erneuter Aufwuchs der Kassenkredite mangels ausreichender Finanzausstattung unterbliebe. Der Landrat des Kreises Germersheim, Dr. Fritz Brechtel, stellvertretender Vorsitzender des Landkreistags Rheinland-Pfalz, forderte deshalb: “Die Unterstützung bei der Entschuldung der Kommunen dient allein der Bewältigung der in der Vergangenheit aufgelaufenen Altschulden. Ursache des Schuldenbergs ist eine laufende Unterfinanzierung der Kommunen. Um aber sicherzustellen, dass die Kommunen einen starken Rücken haben für die vielfältigen Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft – von der Aufnahme ukrainischer Kriegsvertriebener, der andauernden Pandemiebekämpfung bis zur Energie- und Verkehrswende – benötigen wir dringend eine Lösung für die Zukunft.” Daher sei eine auskömmliche Finanzausstattung durch einen kommunalfreundlichen Finanzausgleich das Gebot der Stunde.

SAVE the DATE

Apotheken 2017

Mehr als die Hälfte der kommunalen Mehrinvestitionen – rund 6,4 Milliarden Euro – flossen nicht in ein Mehr an Infrastruktur, sondern in gestiegene Baukosten. Foto: BS/analogicus, pixabay.com

(BS/lkm) Das Land Rheinland-Pfalz übernimmt die Hälfte der Schulden aus kommunalen Kassenkrediten im Umfang von rund drei Milliarden Euro. Der rheinland-pfälzische Landtag hatte Anfang April die hierfür erforderliche Änderung der Landesverfassung mit der notwendigen Zweidrittel-Mehrheit beschlossen.

Grundversorgung 2010 zu 20171) im Vergleich (Auszug) 2010

KfW. “Preissteigerungen treffen auf sinkende Haushaltsspielräume und auch von niedrigen Zinsen können Kommunen nur bedingt profitieren, weil der Verschuldung Grenzen gesetzt sind und die sehr guten Kreditkonditionen

Land teilentschuldet Kommunen

der künftigen demografischen Entwicklung deren Folgewirkungen auf künftige Haushalte nebst möglichen Reaktionsmustern zu skizzieren. Summa summarum sollte die Bevölkerungsvorberechnung für die Kommunen ein (Früh-)Warnsignal sein, das politisches Handeln für die Zukunft mitbestimmt. Dies betrifft insbesondere die Handlungsfelder, in denen Maßnahmen der Verwaltung unmittelbare Wirkung entfalten können (z. B. Planungen für den Ausbau, Umbau oder Rückbau von Kindertagesstätten oder Anreize für die Ansiedlung von Ärzten). Einige Handlungsfelder entziehen sich einer unmittelbaren Steuerung durch die Kommune (wie die Einzelhandelsversorgung). Für sie eignet sich die konzeptionelle Entwicklung aufeinander abgestimmter Maßnahmenbündel in Form von “Integrierten Stadtentwicklungskonzepten”. Auch dafür haben wir wie beschrieben gute und positive Beispiele gefunden. Lesen Sie mehr zum Thema “Demografischer Wandel” im Kommunalbericht 2021, Hessischer Landtag, Drucksache 20/6484 vom 19. November 2021, S. 28 ff., S. 87 ff. und S. 144 ff. Der vollständige Bericht ist kostenfrei unter rechnungshof.hessen.de abrufbar.

nen demografische Veränderungen in nennenswertem Umfang langfristig nur schwer oder gar nicht selbst beeinflussen. Allerdings gibt es eindrucksvolle Positivbeispiele, in denen Kommunen durch eigene Maßnahmen auf die absehbaren Folgen reagieren. Beispielsweise waren das ein Entwicklungskonzept der Universität Gießen für die Gemeinde Limeshain, die Immobilienvermarktung in Wanfried, ein Gründerzentrum in Mengerskirchen, die Zukunftswerkstatt Diemelstadt 2030, das Integrierte Kommunale Entwicklungskonzept (IKEK) in Jossgrund, die Stärkung des Einzelhandels in Melsungen und ein Interkommunales GesundheitsVersorgungsZentrum in Sontra. Die Auswirkungen auf den jeweiligen Haushalt liegen auf der Hand. Um diesbezüglich die Kommunalpolitik noch besser zu sensibilisieren, sollte der Vorbericht zum Haushaltsplan genutzt werden. Er ist ein bislang unterschätztes Instrument zur Haushaltssteuerung. In ihm können und sollen zumindest nach hessischem Kommunalhaushaltsrecht u. a. Angaben zur absehbaren demografischen Entwicklung gemacht werden. Ein guter Vorbericht beschränkt die Sicht folglich nicht auf die Vergangenheit. Vielmehr sind auf Basis von Vorausberechnungen

me die große Unsicherheit über die haushaltspolitischen Auswirkungen des Ukraine-Kriegs und der Corona-Krise, die nach wie vor nicht ausgestanden sei. Somit werde die Ausweitung der kommunalen Investitionen schwieriger, als sie eh schon sei und erfordere ein entschlossenes Gegensteuern der politischen Akteure auf allen föderalen Ebenen. “Die Kommunen stecken in einer Zwickmühle. Einerseits müssen sie einen wesentlichen Beitrag zur Transformation Deutschlands hin zu einer digitalen, klimaneutralen Wirtschaft und Gesellschaft leisten, insbesondere durch Investitionen in eine zukunftsfähige Infrastruktur. Andererseits erschweren die gegenwärtigen Rahmenbedingungen diese Investitionen deutlich”, sagt Dr. Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der

nicht ewig bestehen bleiben.” Diese Ausgangslage offenbare, dass die Leistungsfähigkeit der Kommunen strukturell verbessert werden müsse. Dazu gehöre auch eine Stärkung der kommunalen Finanzausstattung um eine ertragsstarke und verlässliche Säule.“Nur wenn Kommunen mit kontinuierlichen und ausreichenden Einnahmen planen können, lassen sich die notwendigen Investitionen dauerhaft umsetzen. Und auch nur dann können die Kommunen mehr Kredite für Investitionen aufnehmen und effektiv einsetzen”, so Köhler-Geib.

2017

Einwohner Zahl je Betrieb Betriebe

Einwohner Zahl je Betrieb Betriebe

Einwohner Zahl je Betrieb Betriebe

Einwohner je Betrieb

Diemelstadt 25

217

27

192

2

2.714

2

2.595

Gemünden (Felda)2)

10

291

8

338

0

0

0

0

Jossgrund

22

164

15

231

1

3.615

1

3.468

Lichtenfels

14

294

7

591

1

4.118

0

0

Limeshain

21

255

19

296

1

5.362

1

5.619

Mengerskirchen

21

275

22

263

2

2.893

1

5.781

= Änderung positiv, = Wert gleichbleibend, = Änderung negativ Die statistischen Daten zur Grundversorgung lagen lediglich bis zum Jahr 2017 vor. Daher wurden zur Berechnung auch die Bevölkerungswerte zum 31. Dezember 2017 verwendet. 2) In Gemünden (Felda) besteht eine Filialapotheke. Die genannten statistischen Daten beziehen sich ausschließlich auf Vollapotheken. 1)

Quelle: Hessisches Statistisches Landesamt, eigene Berechnung; Stand: August 2020

Forum für Kämmerei und Kassenwesen, Beteiligungen, Personal, Organisation und Rechnungsprüfung

Kommunaler Finanzgipfel

14.–15. Juni 2022, GOP Varieté-Theater Bonn

Unter anderem mit: Robert Scheller, Kämmerer der Stadt Würzburg

Kommunalfinanzen in der Krise: Welche Spät-Folgen hat Corona für Kommunen?

Dr. Miriam Mikus, Kämmerin und Erste Beigeordnete der Stadt Detmold Personalführung im Home Office: Herausforderung in der Pandemie – Chance für die Zukunft

Werner Gatzer, Staatssekretär, Bundesministerium der Finanzen Corona hat die deutsche Schuldenuhr explodieren lassen – wie geht es weiter?

Fotos (v.l.n.r.): Stadt Würzburg / Katrin Heyer; Stadt Detmold; Bundesministerium der Finanzen / Photothek

Weitere Informationen zur Veranstaltung sowie Online-Anmeldemöglichkeit unter: www.finanz-gipfel.de


Seite 22

D

r. Jörg Arzt-Mergemeier vom Hamburger Beteiligungsmanagement identifizierte diesbezüglich vor allem drei Themenfelder, auf die im weiteren Verlauf detaillierter einhergegangen werden soll und welche im Rahmen der beiden Veranstaltungstage von den Referentinnen und Referenten immer wieder hervorgebracht wurden: • strategische Zukunftsaufgaben, • strukturelle Zukunftsaufgaben, •k ulturelle Zukunftsausaufgaben.

Strategische ­Zukunftsaufgaben Strategisches Management gilt als Königsdisziplin eines zukunftsfähigen Beteiligungsmanagements – so auch der gleichnamige Titel des diesjährigen Beteiligungsmanagement-Panels. Das Panel brachte hervor, dass sich immer mehr Kommunen auf den Weg begeben, eine eigene Stadtwirtschaftsstrategie zu formulieren. So zuletzt die Freie und Hansestadt Hamburg, wie Georg Jucknat vom Hamburger Beteiligungsmanagement unter dem Stichwort “Gemeinsam fürs Gemeinwohl” anschaulich darstellte. Dass die Formulierung strategischer Ziele und deren Implementierung in die öffentlichen Unternehmen keine einfache Aufgabe ist, veranschaulichten Barbara Stahl-Polziehn vom Beteiligungsmanagement der baden-württembergischen Landeshauptstadt Stuttgart für kommunale Unternehmen sowie Ministerialdirektor Stefan Ramge vom Bundesfinanzministerium am Beispiel von Bundesbeteiligungen. Hierbei liege die besondere Herausforderung nicht nur darin, leicht operationalisierbare Leistungsziele, sondern die mit einer konkreten Leistung verbundenen Wirkungsziele im Blick zu behalten, so Ramge.

2

018 musste Deutschlands erster grüner Oberbürgermeister, Dieter Salomon, nach 16 Jahren im Amt gehen. Er hatte eine gute Leistungsbilanz. Seine Niederlage kam überraschend. Die Kommunalwahl in NordrheinWestfalen von 2020 war die Wahl der vielen Wechsel – und so erwischte es am Ende auch das dienstälteste Stadtoberhaupt im Ruhrgebiet. Nach 21 Jahren (oder 7.672 Tagen) musste Hamms Oberbürgermeister Thomas Hunsteger-Petermann (CDU) seinen Posten räumen.

Posten sind keine Erbhöfe Vor nicht allzu langer Zeit war es recht aussichtslos, gegen langjährige Amtsinhaber anzutreten. Nur wer “silberne Löffel gestohlen” hatte, musste um sein Amt bangen. Bürgermeisterposten sind längst keine Erbhöfe mehr. Ich persönlich habe zwei Wiederwahlen 2009 und 2015 gegen mehrere Mitbewerber/ innen erfolgreich überstanden. Es waren nie Selbstläufer. Für mich waren diese Wahlen auch ehrliche “Arbeitszeugnisse”. Es kommt dabei nicht nur auf die Leistung an. Häufig spielt die Note im “Betragen” eine nicht zu unterschätzende Rolle. Ich kann gut nachvollziehen, wie sich eine solche Niederlage anfühlen muss. Besonders schmerzhaft dürfte es sein, wenn man nicht im Geringsten mit einer Niederlage gerechnet hat. Thomas Hunsteger-Petermann war über 21 Jahre Bürgermeister. Da muss sich zwangsläufig etwas Positives und Erfolgreiches verfestigt haben. Er war ja überzeugt, weitermachen zu dürfen, sonst wäre Hunsteger-Petermann nicht angetreten. Das lässt sich nicht so einfach abtun.

Erklärungsnot Es ist oft dasselbe Muster: Die Amtsinhaber/-innen können auf eine objektiv erfolgreiche Arbeit

Kommunaler Haushalt / Kommunale Infrastruktur

Volle “Hausaufgabenhefte” Aktuelle Herausforderungen der Public Corporate Governance in Deutschland (BS/Univ.-Prof. Dr. Michéle Morner/Dipl.-Hdl. Bettina Klimke-Stripf*) Klimawandel, Corona-Pandemie, Flüchtlingskrisen und eine überaus schwierige sowie zugleich besorgniserregende geopolitische Gemengelage – allesamt Probleme und Herausforderungen, die wie unter einem Brennglas die zukünftigen Aufgaben der Public Corporate Governance in Deutschland hervorbringen. Dr. Andreas Zuber vom Verband kommunaler Unternehmen e. V. argumentierte daher zu Recht im Rahmen der 9. Speyerer Tagung zu Public Corporate Governance, welche vom 4. bis 5. April 2022 als Online-Veranstaltung stattfand, dass wir “unsere Hausaufgaben machen” müssen. Darüber hinaus verdeutlichte Anja Naujokat von der Senatsverwaltung für Finanzen in Berlin, dass die Themen Rekommunalisierung und Portfolioerweiterungen weitere wichtige strategische Fragestellungen in Zeiten der Energiewende darstellen können. Prof. Dr. Klaus-Michael Ahrend von der Heag Holding AG, welcher das Panel moderierte, stellte diesbezüglich noch einmal heraus, dass das Thema Nachhaltigkeit nicht nur eine Klimabilanz sei, sondern eine Herangehensweise darstelle. Derartige Themen können jedoch nur gelingen, wenn hierfür ein entsprechender struktureller Rahmen geschaffen wird bzw. wurde, wie der folgende Abschnitt verdeutlicht.

Strukturelle Zukunftsaufgaben Dem Beteiligungsmanagement kommt in vielen Bereichen eine zentrale Aufgabe zu. Wie der vo­ rangegangene Abschnitt verdeutlichte, kann das Beteiligungsmanagement ein maßgeblicher Akteur bei der Weichenstellung der zukünftigen strategischen Ausrichtung von Bund, Ländern und Kommunen sein. Darüber hinaus kann es eine zentrale Stellschraube bei der Mandatsbetreuung von Gesellschaftern und Aufsichtsräten darstellen. Wie Prof. Dr. Martin Richter von der Universität Potsdam jedoch für den kommunalen Bereich verdeutlichte, ist das Beteiligungs-

der Tagung aber auch immer wieder deutlich wurde, können die aufgezeigten strategischen und strukturellen Zukunftsthemen unserer Zeit nur erfolgreich gemeistert werden, wenn es darüber hinaus zu einem kulturellen Umdenken kommt.

Kulturelle Zukunftsaufgaben

Public Corporate Governance rückt immer mehr in den Fokus. Doch beim öffentlichen Beteiligungsmanagement sind noch einige Hausaufgaben zu machen. Foto: BS/putilov_denis, stock.adobe.com

management in vielen Städten strukturell und personell noch viel zu schwach aufgestellt, um seine Potenziale auch tatsächlich ausschöpfen zu können. Grundsätzlich habe das kommunale Beteiligungsmanagement das Potenzial, strukturelle Schwächen bei der kommunalen Aufsichtsratsbesetzung zu kompensieren. Nichtsdestotrotz müsse es hierfür aber auch entsprechend ermächtigt werden. Wie Anna Riecken vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend veranschaulichte, bestehen derartige strukturelle Herausforderungen auch auf Bundesebene. So zeigte sie unter anderem, dass einer Befragung zufolge, welches das Ministerium zusammen mit FidAR

e. V. durchführte, kompetente Frauen in Aufsichtsräten und auf Ebene der Unternehmensführung nach wie vor männerdominierte Führungsstrukturen wahrnähmen. Darüber hinaus wünschen sich den Befragungen zufolge viele Aufsichtsrätinnen zusätzliche Qualifizierungsmaßnahmen. Zu Fort- und Weiterbildungsangeboten sollten aus Sicht von Dr. Viktoria Kickinger – CEO und Gründerin der Directors Academy GmbH – insbesondere Angebote zählen, die Trends erkennen und diese auch annehmen würden. Hierzu gehören ihrer Ansicht nach vor allem die Bereiche Digitalisierung, Personalisierung sowie Zeit-EffizienzManagement. Wie im Verlauf

Aus Sicht von Dr. Peter Kurz, Oberbürgermeister der Stadt Mannheim, kann ein erfolgreicher Umgang mit unseren zukünftigen Herausforderungen nur durch eine “gute” Zusammenarbeit auf allen Ebenen gelingen. So geht laut Kurz der Umgang mit Krisen gleichzeitig auch immer mit einer Kulturentwicklung einher. Dies erfordert seiner Ansicht nach, dass beteiligte Akteure sowohl Ambiguitätstoleranz als auch Kooperationsfähigkeit mitbringen. Den Keynote-Vortrag hielt in diesem Jahr Rudolf X. Ruter als Experte für Nachhaltigkeit und Corporate Governance. Auch er appellierte an die Eigenschaften des ehrbaren Kaufmanns und betonte, dass wir uns künftig neben einer “Good Corporate Governance” noch stärker um eine “Good Personal Governance” bemühen sollten. Als Mitglied der Expertenkommission des Deutschen Public-Corporate Governance-Musterkodexes befürwortete er dessen die Neuerungen. Gleichzeitig betonte er

Die Wiederwahlfalle

Behörden Spiegel / Mai 2022

jedoch auch, dass uns alleinig die Ergänzung des Kodexes “um weitere zehn Seiten” keine Verbesserung bringe. Künftig müsse es besser gelingen, die im Kodex enthaltenen Regelungen auch tatsächlich zu “leben”. Anderenfalls erwachse daraus die Gefahr, dass der Kodex irgendwann “auf dem Sterbebett” liege.

Fazit Der Beitrag und die Tagungsdiskussionen zeigten, dass Bund, Land und Kommunen bereits viele Anstrengungen unternommen haben, ihre “Hausaufgaben zu machen”. Gleichzeitig wurde aber auch deutlich, dass das “Hausaufgabenheft nach wie vor prall gefüllt ist”. Umso wichtiger erscheint in diesem Zusammenhang der regelmäßige Austausch im Rahmen der Speyerer “Pu­ blic Corporate Governance”-Tagungsreihe, welche für Politik, Verwaltung, Unternehmen und Wissenschaft zu einem maßgeblichen Diskussionsforum herangewachsen ist. Die zehnte Speyerer Tagung für Public Corporate Covernance findet vom 27. – 28. März 2023 in Speyer statt. *Univ.-Prof. Dr. Michèle Morner leitet den Lehrstuhl für Personal, Führung und Entscheidung im öffentlichen Sektor an der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften sowie das Wissenschaftliche Institut für Unternehmensführung und Corporate Governance [wifucg]. Dipl.-Hdl. Bettina Klimke-Stripf ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer.

und Impulsgeber die Kommune führen können. Es ist gar nicht so einfach, eine gesunde Balance zwischen geradlinigem Selbstbewusstsein und idendtitätstiftender Bürgernähe zu finden.

Amtsbonus oder -malus?

(BS/Rolf Hartmann) Amtsbonus als Wiederwahlgarant, das war einmal. Die Landtagswahl im Saarland hat es gezeigt. Der bisherige Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) konnte sich vom Amtsbonus wenig kaufen und unterlag. Während der Sieg von Anke Rehlinger (SPD) gegen den AmtsinWiederwahl wahrscheinlicher haber nicht überraschend kam, kommen manche Niederlagen langjähriger Bürgermeister/-innen doch einer Sensation gleich. zungen ihres Ansehens in der Bevölkerung gelangen können. Warum unterRolf Hartmann war von 2004 bis Ende Oktober liegen so vie2020 Bürgermeister der le durchaus Gemeinde Blankenheim. erfolgreiche HauptverwalFoto: BS/privat tungsbeamte einer solchen Täuschung über ihre Stelzurückblicken und vor allem lung in der Gemeinde? Hat hier deshalb rechneten sie nicht mit etwa das allzu stressige Tageseiner Wahlniederlage. Selbst geschäft dazu geführt, dass zu nach Wochen hatten sie keine wenige Gespräche mit der Beplausible Erklärung, warum völkerung auf der Straße geführt sich die Bevölkerung gegen sie wurden? Nach welchen Kriterien entschieden hat. Vermeintlich entscheidet sich das Wahlvolk, gute Rahmenbedingungen wie ein wenn sogar Amtsinhaber/-innen hoher Bekanntheitsgrad und eine nicht wiedergewählt werden, die gute Erfolgsbilanz haben keine durch eine beeindruckende LeisRolle gespielt. Es häufen sich tungsbilanz überzeugt haben? die Fälle, in denen amtierende Wer nichts tut, macht auch keine Bürgermeister/-innen oder Land- Fehler. Aber welche Fehler ist die räte und Landrätinnen gegen Bevölkerung zu verzeihen bereit? scheinbare “Nobodys” die Wahl Facettenreiches Rollenspiel verlieren. Da stellt sich zunächst die Frage, Beleuchten wir zunächst das wie es dazu kommen konnte, dass facettenreiche Rollenspiel eines die Stadtoberhäupter mit ihrer gewählten Stadtoberhauptes. Da Niederlage nicht im Entferntes- ist zum einen die Bürgerschaft, ten gerechnet haben. Qua Amt die sich als Souverän fühlt und sind sie doch in permanenten nun die Leistungen bestellt. Kommunikationsprozessen und Zum anderen muss sich der/die sollten deshalb große Wissens- Bürgermeister/-in an einem allvorsprünge haben. Eigentlich täglichen Drehbuch orientieren, müsste das Gemeindeoberhaupt das von staatlichen Gesetzen, den bestinformiert sein. Warum hat tatsächlichen politischen Verhier ein Frühwarnsystem versagt? hältnissen in der Kommune und Oder gab es etwa gar keines? vor allem von den Forderungen Amtsinhaber/-innen können der mitsprechenden Bürgerschaft aus diesen Situationen lernen. geprägt ist. Bürgermeister/-inSie sollten sich fragen, wie sie nen stehen auch zwischen den zu realtitätsnahen Einschät- Polen “Verwaltung” und “Rat”.

Sie vertreten die Interessen des Rathauses und haben “hinter ihren Leuten” zu stehen. Sie sind aber auch Vorsitzende des Gremiums, welches die Verwaltung kontrollieren soll und stets da­ rauf bedacht ist, dass die professionelle Verwaltung keine allzu dominierende Rolle einnimmt. Ein ständiger und konfliktreicher Rollenwechsel ist also systemimmanent. Das ist ein ständiger Ritt auf der Rasierklinge. Um diese Konflikte lösen zu können, bedarf es hoher fachlicher und menschlicher Qualitäten. Da “Bürgermeister/-innen-Sein” kein Ausbildungsberuf ist, müssen sich die Gemeindeoberhäupter diese Qualifikation in ihrer Amtszeit aneignen. Nur wenige holen sich hierfür externen Support – sicherlich ein Fehler.

verbiegen zu lassen” häufig als Arroganz wahrgenommen wird. Dieter Salomon war durchaus als geradlinig und selbstbewusst, aber auch als selbstgerecht bekannt. Er betonte im Wahlkampf, er sei im Lande angesehen. Seine potenziellen Gegenkandidaten müssten sich schon gut überlegen, ob sie überhaupt antreten wollten. Durch eine Niederlage würden sie möglicherweise beschädigt. Seine ihm eigene Rhetorik brachte ihm auch den Ruf als “Sonnenkönig” von Freiburg ein. Würde man einen Bürgermeister mit diesem Selbstverständnis gerne auf der Straße ansprechen? Gerne sicherlich nicht. Es ist anzunehmen, dass eine nachgesagte fehlende Bürgernähe bei der Abwahl von Dieter Salomon ausschlaggebend war.

Schmaler Grat

Keine Garantie

Ein Gemeindeoberhaupt soll hemdsärmelig und anfassbar sein. Es stecken aber – wie eben dargestellt – mehrere Seelen in seiner Brust. Schnell kommen Vorwürfe der Unglaubwürdigkeit auf. Diesen kann man nur mit einem hohen Grad an Transparenz begegnen. Niemand kann Everybody's Darling sein. Wer es dennoch sein will, wird sich innerlich von der eigenen Glaubwürdigkeit entfernen und sich in Widersprüchen verfangen. So ist Geradlinigkeit eine gute Eigenschaft, um auf die egoistischen und zum Teil widersprüchlichen Forderungen von Einzelpersonen und Interessengruppen zu reagieren. Doch hier besteht die Gefahr, dass “einen klaren Weg zu gehen und sich nicht

Kumpeltyp und mit jedem per Du zu sein, ist nun aber auch nicht der Garant für eine Wiederwahl. Im Gegenteil: Vom Bürgermeister oder der Bürgermeisterin erwartet man eine unparteiische und gerechte Amtsführung. Zu sehr in der Bürgerschaft verwurzelt zu sein, birgt die Gefahr, dass der Anschein von Klüngelei entsteht. Um dieser Unabhängigkeit willen wählt man insbesondere in kleineren und mittleren Kommunen gerne den Neuzugang von außen; also eine Person, die weder verwandtschaftliche noch geschäftliche Verflechtungen in der Kommune hat. Das Gemeindeoberhaupt soll also bürgernah und identitätsstiftend sein. Es muss aber auch als unparteiischer Ideenfinder

Und wie stehen diejenigen, die die Amtsinhaber/-innen herausfordern, im Wahlkampf? Sie haben natürlich den Nachteil, dass sie nicht im Besitze des Amtsbonus sind. Dieser Bonus kann aber auch schnell zum Malus werden. Neue Kandiat(inn)en haben “keine Vergangenheit”. Sie sind in der Bürgerschaft zwar noch nicht so bekannt, können aber unbelastet und unbeschwert in den Wahlkampf ziehen. Sie dürfen sich auf Sachthemen konzentrieren. Bei brisanten Themen können sie durchaus sagen: “Hierzu kann ich mich erst nach dem Studium der Akten äußern.” Die Amtsinhaber/innen dürfen hier nicht “kneifen”. Ihr Wahlkampf ist auch schnell von lästiger Vergangenheitsbewältigung geprägt. Entsprechend muss sich die Wahlkampftaktik von Amtsinhaber(inne)n und Gegenkandiat(inn)en generell unterscheiden. Nach wie vor ist statistisch gesehen die Wiederwahl wahrscheinlicher als eine “Abwahl”. Der Amtsbonus wiegt noch schwer.

Mehr zum Thema Welche Ursachen und Fehler zur Abwahl führen können, thematisiert der Autor in einem Webinar des Behörden Spiegel unter dem Titel “Die Wiederwahlfalle” vom 21. – 23. Juni 2022. Weitere Informationen und ­Anmeldung unter: www.fuehrungskraefte-forum.de, Suchwort “Wiederwahlfalle”


Daten & Fakten

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Behörden Spiegel / Mai 2022

Je dezentraler, ­desto schwächer (BS/jf) Laut Statistischem Bundesamt hat sich die Zahl der Breitbandanschlüsse in den letzten zehn Jahren von 93 Prozent aller Haushalte (2011) auf knapp 97 ­Prozent (2021) erhöht. Das sagt aber noch nichts über die Qualität der Verbindungen aus. Immer noch zeigt sich: Je weiter es in die Fläche geht, desto geringer ist die ­verfügbare Bandbreite. Das verdeutlicht vor allem der Vergleich unter den OECD-Ländern. Bei den Glasfaser­ anschlüssen belegt Deutschland einen der hinteren Plätze, nur knapp vor dem Schlusslicht Griechenland. Breitbandverfügbarkeit* in Deutschland je Bandbreitenklasse nach leitungsgebundenen Technologien

Zuwachs der Breitbandverfügbarkeit in den Bundesländern im Zeitraum Ende 2018 bis Mitte 2021 in Prozent

100

21,7

DSL/VDSL

28,9

TH CATV

80

9,4 31,7

FTTB/H

12,9

SH

4,2

*in Prozent der Haushalte

60

Quelle: BS/BMVD, Breitbandatlas, Stand: Mitte 2021

19,8 38,5

ST

21,8

40 17,4

32,7

SN

14,5

20

14,9 13,9

SL

5,2

0

> 16 Mbit/s

> 50 Mbit/s

> 100 Mbit/s

> 200 Mbit/s

> 400 Mbit/s

> 1.000 Mbit/s

44,5 21,2

RP

8,9

Breitbandverfügbarkeit* in Deutschland nach Gemeindeprägung

51,5 17,0

NW städtisch

> 16 Mbit/s

5,1

halbstädtisch > 30 Mbit/s

29,4

ländlich

> 50 Mbit/s

14,3

NI

6,2 38,4

*in Prozent der Haushalte

20,3

MV

8,9

Quelle: BS/BMVD, Breitbandatlas, Stand: Mitte 2021

> 100 Mbit/s

34,2 16,8

HE

> 200 Mbit/s

6,9 9,5

> 400 Mbit/s

5,2 1,9

HH

> 1.000 Mbit/s

3,5 4,1 1,4

HB

0

20

40

60

80

100

22,8 39,3

BB

9,9

Zuwachs der Breitbandverfügbarkeit in Deutschland nach Gemeindeprägung im Zeitraum Ende 2018 bis Mitte 2021 in Prozent

40 10,7

BE

2,5

> 50 Mbit/s ländlich

16,1

> 100 Mbit/s

23,5

BY

7,6

> 1.000 Mbit/s halbstädtisch

53,3 16,8

BW

Quelle: BS/BMVD, Breitbandatlas, Stand: Mitte 2021

7,5 34,8

städtisch

19,5

Deutschland

7,3 0

10

20

30

40

50

0

10

20

> 50 Mbit/s

> 100 Mbit/s

30

40

> 1.000 Mbit/s

50

60

Quelle: BS/BMVD, Breitbandatlas, Stand: Mitte 2021

Anteil von Glasfaseranschlüssen an den Breitbandanschlüssen ausgesuchter Länder der OECD im Jahr 2021 in Prozent 100 85,9

82,5 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13

77,2

80

63,7 60

53,0

49,2 43,3

40

40,0 39,6 32,1 21,5

20 12,3 12,0 6,4

2,2

85,90 82,50 77,20 76,20 76,10 72 71,20 63,70 62,70 58,40 57,70 53 49,20

14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26

Slowenien Estland Frankreich Dänemark Slowakei Ungarn OECD Polen Mexiko Türkei Schweiz Niederlande Australien

46,80 43,30 40 39,60 37,20 32,40 32,10 32,10 30,20 24,90 23,60 23,50 22,70

27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39

Costa Rica Kanada Irland Kolumbien Tschechien USA Italien Israel Deutschland Ver. Königreich Österreich Belgien Griechenland

22,50 21,50 19,90 19,80 18,90 17 12,30 12 6,40 5,70 5,10 2,20 0,40

0,4 Quelle: BS/OECD Februar 2022

1.

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0

Südkorea Japan Litauen Spanien Schweden Island Lettland Neuseeland Norwegen Finnland Portugal Luxemburg Chile

Grafiken/Illustration: BS/Karin Vierheller; unter Verwendung von Grafiken von anatolir und WoGi, stock.adobe.com

Alle Grafiken und bildlichen Darstellungen unterliegen dem Copyright. Nachdruck oder andere Vervielfältigungen nur mit Genehmigung des Behörden Spiegel.


Kommunale Infrastruktur

Seite 24

A

ls am 14. Juli 2021 eine meterhohe Flutwelle das Ahrtal überschwemmte, brach innerhalb von Stunden die gesamte Kommunikation zusammen – Telefon, Mobilfunk, Internet. Kabel und Verteilerkästen samt Stromversorgung wurden buchstäblich weggeschwemmt. Sogar Einrichtungen für den Katastrophenfall fielen reihenweise aus. Mit Blick auf die Warnung der Bevölkerung sowie die Koordination der Hilfsmaßnahmen war dies ein Desaster. Doch schon am Tag nach der Flut begann der Aufbau eines provisorischen Kommunikationsnetzes. Einzig Erfolg versprechende Technik in dieser Situation: Richtfunk. Im Handumdrehen verhandelte das Deutsche Rote Kreuz (DRK) mit einem örtlichen Online-Anbieter die Mitnutzung eines Internetknotens in der Gemeinde Grafschaft oberhalb des Ahrtals. Von dort wurde die Verbindung mittels Richtfunkstrecken über die gesamte flutgeschädigte Region verteilt.

Bis zu 1.500 Nutzer pro Tag Dies entpuppte sich als logistischer Kraftakt. Anfangs standen nur wenige Richtfunkantennen aus diversen DRK-Projekten zur Verfügung. “Wir haben zusammengekauft, was wir bekommen konnten”, berichtet Andreas För­ ner. Der freiberufliche IT-Spezialist aus Bad Neuenahr – gleichzeitig DRK-Mitglied in seinem Heimatort – hat das Richtfunknetz maßgeblich mit aufgebaut. Dabei kam ihm seine Erfahrung aus der Organisation der Großveranstaltung “Rock am Ring” zugute. Dort hatte er bereits vor vier Jahren die rund 20 Unfallhilfestellen des DRK per Richtfunk miteinander vernetzt.

H

inzu kommen kommunale Investitionsstaus, neue (digitale und nachhaltige) Anforderungen an Infrastrukturvorhaben, demografische Entwicklungen und rechtliche Unsicherheiten. Oft führen sie zum Ausbleiben oder Verzug überfälliger, aber dringend notwendiger Investitionen. So wird die Infrastrukturlücke in den Kommunen nach Hochrechnungen des KfW Kommunalpanels und des Deutschen Städte- und Gemeindebundes auf 147 Mrd. Euro im Jahr 2020 beziffert.

Behörden Spiegel / Mai 2022

Richtfunk als Alternative zur Glasfaser Lehren aus der Flutkatastrophe im Ahrtal (BS/Martin Lehrer) Datenübertragung per Richtfunk wird seit Jahren an Standorten praktiziert, die nur mit hohen Kosten an das Glasfasernetz anzuschlie­ ßen wären, eignet sich aber auch für die schnelle Einrichtung provisorischer Kommunikationsnetze, wie die Hochwasserkatastrophe an der Ahr gezeigt hat.

Provisorische Richtfunkantenne im Ahrtal zur Versorgung mit Internet und VoIPTelefonie. Foto: BS/DRK

Derzeit versorgt das provisorische Ahrtalnetz mittels 140 Richtfunkantennen 135 Zugangspunkte. Über diese können Behörden, Hilfsorganisationen, Unternehmen sowie teilweise auch Einzelpersonen per WLAN ins Internet gehen oder telefonieren – manchmal mehr als 1.500 pro Tag. Ahraufwärts reicht das Netz, in dem Daten mit maximal einem Gigabit pro Sekunde übertragen werden können, bis zur Gemeinde Schuld, östlich von Bad Neuenahr bis nach Bad Bodendorf. Wenn das Funknetz nach jetziger Planung zum Jahresende 2022 abgeschaltet wird, sind die Geräte im Wert von schätzungsweise 150.000 Euro aber nicht überflüssig. “Das DRK plant die Einrichtung von vier regionalen Richtfunkgruppen, um für ähnliche Fälle besser gerüstet

zu sein”, erklärt Förner. Die Idee, fehlende Glasfaserstrecken mittels Richtfunk zu überbrücken, ist nicht ganz neu. So hat der Kreis Ahrweiler bereits 2021 – vor der Flutkatastrophe – ein Konzept entwickelt, Schulen in Trägerschaft des Kreises per Richtfunk mit schnellem Internet zu versorgen. Auch kommunale IT-Dienstleister, die vorwiegend ländliche Gebiete betreuen, nutzen Richtfunktechnik für den Aufbau eigener Datennetze. Denn solche sind kostengünstig, rasch zu realisieren und je nach technischer Ausstattung auch leistungsfähig. Bereits vor 15 Jahren begann die KDZ Westfalen-Süd – heute Teil der Südwestfalen IT – mit der Vernetzung von 20 Rathäusern und der Kreisverwaltung. Dafür wurden im

Auslöser die fehlende Anbindung vieler Kunden-Standorte an das Glasfasernetz. Mittlerweile bilden die Richtfunkstrecken mit einer Regel-Übertragungsleistung von 500 Megabit pro Sekunde das Hauptkommunikationsnetz zwischen 34 Verwaltungsgebäuden im Verbandsgebiet. Dieses erstreckt sich vom Westrand Kölns bis in die Eifel, was ebenfalls zahlreiche Umlenkpunkte nötig macht. In das mehrere 100 Kilometer Strecke umfassende Richtfunknetz hat die kdvz einige Millionen Euro für Masten, Antennen und Stromversorgung investiert. Häufig nutzt der IT-Dienstleister auch die Infrastruktur der Deutschen Funkturm GmbH (DFMG), einer Tochtergesellschaft der Telekom. Der DFMG gehören bundesweit etwa 550 große Fernmeldetürme, darunter 13 Fernsehtürme, von denen acht wegen ihrer architektonischen Besonderheit unter Denkmalschutz stehen. Richtfunk zur Martin Lehrer M.A. ist freier Journalist in Köln Datenübertramit den Schwerpunkten gung ist für die öffentliche Verwaltung DFMG ein vitaund Informationstechnoles Geschäftslogie. Bis 2019 leitete er feld. “Anders die Öffentlichkeitsarbeit als zu Zeiten beim Städte- und Geder Bundesmeindebund NRW. post haben wir heute viele Foto: BS/privat kleine Kunden”, berichtet

überwiegend bergigen Verbandsgebiet eigene Funkmasten errichtet. Heute bindet das Richtfunknetz zur Datenübertragung rund 60 Standorte an – neben Rathäusern auch Schulen, Bauhöfe und sonstige kommunale Einrichtungen. Auch hier wird eine Übertragungsgeschwindigkeit von einem Gigabit pro Sekunde realisiert. Bei der Fusion mit dem benachbarten kommunalen IT-Dienstleister KDVZ Citkomm 2018 brachte dieser sein Glasfasernetz ein. Doch auch dieses ist seitdem durch Richtfunkstrecken ergänzt worden. Dabei überbrücken manche Antennen eine Entfernung von 25 Kilometern. Um das Signal über die Höhen in die Talsiedlungen zu lenken, sind 20 Sendemasten als Umlenkpunkte erforderlich. An der Südwestfalen-IT hat sich ein anderer kommunaler ITDienstleister, die kdvz Rhein-ErftRur, orientiert. Auch dort war der

Zielführende Symbiose für Kommunen und Bürger? ÖPP und Smart City (BS/Prof. Dr. Thomas Lenk/Dr. Oliver Rottmann*) Smart City ist in aller Munde. Zahlreiche Kommunen definieren sich als smarte Stadt und versu­ chen, für ihre Bürger effizienter, technologisch fortschrittlicher, umweltfreundlicher und sozial inklusiver zu werden. Dennoch ist und bleibt es herausfordernd, eine Smart City mit Leben zu füllen. Versuche, das Konzept zu definieren, konzentrierten sich auf die Intelligenz, die die Informa­ tionstechnologie für die Verwaltung verschiedener städtischer Funktionen bietet. In der kommunalen Infrastruktur existieren allerdings große Herausforderungen, da neben der finanziellen Umsetzung bestehende Ansätze mitunter ein strategisches Gesamtkonzept vermissen lassen. Bereiche Breitbandversorgung, Mobilität, Bürgerservices und Verwaltungsdienste, die Energieversorgung und das Gesundheits-, Bildungs- und Sozialwesen. Sowohl umgesetzt als auch geplant wurden derartige Projekte bislang vor allem in Verwaltungsbereichen, bei den Bürgerservices sowie im Rahmen der Breitbandversorgung.

Vernetzung, Bürger­ partizipation, ÖPP als Wege Welche Strategie ist folglich für die kommunale Infrastruktur geeignet und sinnvoll, sich in Richtung einer Smart City zu entwickeln? Wie kann eine Kommune eine entsprechende Strategie umsetzen? Oft genannte Erfolgsfaktoren wie Vernetzung, Öffentlich-private Partnerschaften und Bürgerpartizipation bieten Optionen, wie die Entwicklung gelingen kann. Dies untersucht eine aktuelle Studie des KOWID an der Universität Leipzig, an der sich 103 Kommunen ab 20.000 Einwohnern sowie Landkreise beteiligten. Gegenwärtig widmen sich entsprechende Maßnahmen und Projekte – auch befördert durch politische Zielstellungen und Förderprogramme – v. a. den Themen Verwaltung, Mobilität sowie Energie und Umwelt. Darauf basierende Konzepte umgrenzen bspw. energetische Modernisierungsmaßnahmen und Quartiersentwicklungskonzepte, Energie-Eigenversorgung, neue Mobilitätsansätze oder E-Governance-Projekte.

“Quick Wins” in integrierte Modelle überführen Einer Smart City obliegen verschiedene an den örtlichen Kontext, an den Stand der Technik und das Ökosystem angepasste Ansätze. Oft beginnen Städte, einzelne Anwendungen zu implementieren und sogenannte

Mehr Standortqualität und Bürgernähe

Nicht nur in Großstädten, sondern auch in zahlreichen kleineren Kommunen werden Smart-City-Projekte initiiert. Eine mögliche Form der Umsetzung könnten ÖPP-Projekte darstellen. Foto: BS/cofficevit, stock.adobe.com

“Quick Wins” zu realisieren. Dies birgt allerdings das Risiko, schlussendlich mit einer Vielzahl von nicht integrierten Lösungen umgehen zu müssen. Es ist deshalb für Städte sinnvoll, frühzeitig integrierte Modelle zu forcieren, um so teure Doppelstrukturen zu vermeiden. Auf Standards basierende Infrastruktur ermöglicht ebenso die Unterstützung verschiedener Anwendungen.

Öffentlich-private ­Kooperationen als Ansatz Smart-City-Lösungen werden in der Regel nicht von einzelnen Unternehmen entwickelt und umgesetzt, sondern nehmen in Netzwerken, an der Schnittstelle von Technologien und Branchen und unter Einbeziehung von Bürgern Gestalt an. Die Zusammenarbeit zwischen mehreren Akteursgruppen ist hier entscheidend. Dazu bedarf es nicht nur technologischer Fähigkeiten, sondern auch weiterer Kompetenzen, um Kommunen und Unternehmen

in ihrem jeweiligen Wirkungsbereich einzubeziehen. Ein weit verbreitetes Modell sind vor diesem Hintergrund Öffentlich-Private Partnerschaften (ÖPP), da in solche Erbringungsformen die zentralen Stakeholder eingebunden sind und sich derart auch Risiken und Kosten auf die im spezifischen kommunalen Kontext mitwirkenden Akteure verteilen lassen. Der Sammelbegriff der ÖPP umfasst dabei unterschiedliche Ausprägungen einer langfristigen, vertraglich geregelten Zusammenarbeit zwischen öffentlichem Auftraggeber und privatem Auftragnehmer. Neben der Akquise von Privatkapital und externer Expertise können bei entsprechender Ausgestaltung auch weitere positive Effekte, wie eine beschleunigte Umsetzung und Effizienzsteigerung, erzielt werden.

Ergebnisse einer bundes­ weiten Kommunalbefragung Im Rahmen einer bundesweiten Befragung unter kreisangehörigen Städten und Gemeinden (ab

20.000 Einwohnern), kreisfreien Städten und Landkreisen wurde erhoben, was die Kommunen unter dem Begriff der Smart City verstehen, wie entsprechende Konzepte in das kommunale Handeln integriert sind und welche Herausforderungen bei deren Umsetzungen gesehen werden. Ferner wurde erfragt, inwieweit hier ÖPP-Modelle genutzt werden, im Bereich der kommunalen Infrastruktur den Herausforderungen digitaler Lösungen zu begegnen und diese erfolgreich implementieren zu können. In der Studie zeigt sich, dass in zahlreichen Landkreisen und Städten Smart-City-Ansätze bereits Bestandteil einer integrierten Stadtentwicklung sind. Allerdings gibt es häufig (noch) keinen dezidiert Verantwortlichen für Smart-City-Projekte. Auch werden externe Dienstleister im Verhältnis (noch) in geringem Maße genutzt. Als besonders geeignet für smarte Ansätze sehen die Studienteilnehmer vor allem die

Als zentrale Triebkräfte für das Aufkommen von Smart-CityAnsätzen wurden neben dem Trend der Digitalisierung vor allem die Ansprüche der Bürger an die Effizienz und Effektivität der Verwaltung sowie an den Klima- und Umweltschutz, aber auch ein allgemein gestiegenes Informationsbedürfnis der Bürger genannt. Die Kommunen sehen die vorrangigen Ziele von Smart Cities dabei vor allem in einer erhöhten Standortqualität, einer Steigerung der betrieblichen Effizienz kommunaler Infrastruktur und der konsequenteren Umsetzung klimapolitischer Ziele, aber auch in einer intensiveren Bürgerbeteiligung. Gleichzeitig stellen mangelnde finanzielle und personelle Ressourcen, aber auch die staatliche Förderpolitik zentrale Hemmnisse bei der Umsetzung von Projekten aus dem Bereich der Smart City dar.

(Noch) wenig ÖPP-Erfahrung Die Erfahrungen mit ÖPP in der Smart City sind derzeit relativ gering (ein Drittel der Kommunen), wobei es durchaus Unterschiede sowohl zwischen den Kommunaltypen als auch im

DFMG-Pressesprecher Benedikt Albers. Diese wollten entweder einen einzelnen Standort anbinden oder die Kabelverbindung über eine Richtfunkstrecke absichern. Auch der Mobilfunk ist ohne die Fernmeldetürme kaum denkbar. Denn diese sammeln die Signale aus der Fläche ein – der Kölner Colonius beispielsweise von rund 125 Mobilfunkmasten im Umland.

“Gleichberechtigter ­Medienmix” In der Kommunikation der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) bildet Richtfunk einen festen Bestandteil. Der moderne Digitalfunk nutzt sowohl leitungsgebundene als auch drahtlose Übertragungswege – je nach topografischen Gegebenheiten. Er ist damit dem zivilen Mobilfunk ähnlich. Leitstellen für Rettungsdienst, Katastrophenschutz und Technisches Hilfswerk sind hingegen redundant – per Kabel und Richtfunk – mit dem Kommunikationsnetz verbunden. Der “gleichberechtigte Medienmix” habe sich bewährt, so ein Sprecher des NRW-Innenministeriums. Was die Übertragungsleistung angeht, kann eine Richtfunkstrecke letztlich mit einem Glasfaserbündel nicht mithalten. Aber die Stärke des Richtfunks liegt in den vergleichsweise geringen Kosten zur Anbindung entlegener Standorte. Und in der Geschwindigkeit: Eine Punkt-zu-Punkt-Verbindung ist allemal schneller als ein Kabel, das über mehrere Knotenrechner läuft. Nicht ohne Grund ist die Frankfurter Börse mit den anderen europäischen Börsen per Richtfunk verbunden. Denn im Hochfrequenzhandel zählt jede Mikrosekunde.

Hinblick auf die verschiedenen Modelle partnerschaftlicher Infrastrukturentwicklung gibt. Dabei zielt ÖPP in der Smart City laut Kommunen auf eine personelle Entlastung der Verwaltung, auf die Innovationsfähigkeit des privaten Partners und auf dessen synergetische Nutzung anderer Geschäftsfelder, schlussendlich jedoch immer auf Kostenersparnis. Hemmend können hingegen komplexe Vertragsgestaltungen und zu geringere Steuerungsmöglichkeiten der Kommunen bei Kooperationsmodellen sein. Ideologische Vorbehalte gegen ÖPP spielen in der Praxis eine untergeordnete Rolle, da das Vertrauen in den privaten Kooperationspartner laut Befragung relativ hoch ist. Dennoch bleibt die Nutzung einer ÖPP letztlich immer eine Einzelfallentscheidung. Klar ist, dass es für eine SmartCity-Strategie tragfähiger Modelle, Akteure und Finanzen bedarf. Die Stärkung von Basisinfrastrukturen wie Breitbandausbau, die Schaffung ganzheitlicher, integrierter Ansätze, die Teilhabe der Anbieter und Nutzer, die Optimierung des Rechtsrahmens (Gemeinderecht, Datenhoheit), aber schlussendlich auch Kooperationslösungen können eine nachhaltige Strategie darstellen, Kommunen nicht nur zu digitalisieren, sondern vor allem “smart und lebenswert” zu gestalten. *Prof. Dr. Thomas Lenk ist Direktor des Instituts für Öf­ fentliche Finanzen und Public Management an der Universität Leipzig. Dr. Oliver Rottmann ist Geschäftsführender Vorstand des KOWID – Kompetenzzen­ trum Öffentliche Wirtschaft, In­ frastruktur und Daseinsvorsorge e.V. an der Universität Leipzig. Der Text basiert auf einer ak­ tuellen Studie des KOWID in Kooperation mit BDO, Remon­ dis, Frankenraster, Komuno, DZ HYP und KOMKIS Sachsen. Unterstützt wurde die Studie vom Deutschen Städte- und Ge­ meindebund.


Kommunale Sicherheit

Behörden Spiegel / Mai 2022

B

eim Schutz derartiger Events komme es auf möglichst flexible Sperren an, die die Besucherinnen und Besucher so wenig wie möglich beeinflussten und von denen die Menschen im Idealfall kaum etwas mitbekämen, meint Norbert Dahmen. Bei beweglichen Großveranstaltungen, wie zum Beispiel einem Karnevalsumzug, seien mobile Sperren von entscheidender Bedeutung, damit Rettungsfahrzeuge im Ernstfall schnell Zufahrt bekämen, so der Rechts- und Ordnungsdezernent der Stadt Dortmund. Versenkbare Poller hingegen sind aus seiner Sicht in Großstädten kaum nutzbar, weil bei ihrer Installation im Boden sehr schnell Leitungen getroffen würden. Aus diesem Grunde werde bei Veranstaltungen in der Dortmunder Innenstadt immer nur mit mobilen Sperren gearbeitet. Mobile Lösungen finden auch auf dem Berliner Breitscheidplatz Anwendung. Selbst mehr als fünf Jahre nach dem dortigen Attentat gebe es hier noch keine baulichen Veränderungen, kritisiert der Bezirksstadtrat für Ordnung, Umwelt, Straßen und Grünflächen im Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin, Oliver Schruoffenegger. Dies liege auch an den diametral unterschiedlichen Interessen der involvierten Senatsverwaltungen. Schruoffenegger gibt in diesem Zusammenhang zudem zu bedenken, dass die öffentliche Hand

Möglichst flexibel bleiben Großveranstaltungen müssen umfassend geschützt werden (BS/Marco Feldmann) Großveranstaltungen sind potenziell gefährdet. Das haben verschiedene Taten in der Vergangenheit gezeigt, darunter nicht nur der schreckliche Anschlag vom Berliner Breitscheidplatz. Deshalb sind Städte und Gemeinden gefordert, alles in ihrer Macht Stehende für ihre Absicherung zu tun. Dabei müssen die Verantwortlichen anpassungsfähig sein und schnell auf Veränderungen des Geschehens reagieren. nicht alle Großveranstaltungen selbst absichern und schützen könne. Es sei weder personell noch finanziell leistbar, als Verwaltung selbst an allen Veranstaltungsorten mobile Sperren aufzustellen. “Es gibt nicht den absoluten Schutz”, unterstrich der Grünen-Politiker und studierte Politikwissenschaftler. Hier war er sich im Rahmen einer Diskussionsrunde auf der Behörden Spiegel-Plattform Neue Stadt.org mit Dahmen einig. Der Breitscheidplatz sei jedoch eine Art Präzedenzfall, weil die Kommune hier selbst eine Absicherung bauen wolle. Dies könne zu entsprechenden Forderungen von Veranstaltern an anderen Orten im Bezirk führen, die jedoch ressourcentechnisch nicht zu erfüllen seien.

Auf zertifizierte Lösungen setzen Pascal Peek, Fachberater für Zufahrtskontrollsysteme bei der Hörmann KG, sensibilisiert dafür, bei der Sicherheit von Großveranstaltungen nicht nur an Amokfahrten, sondern auch an Überfahrtaten (zum Beispiel mit

Diskutierten über den Schutz von Großveranstaltungen (im Uhrzeigersinn): Norbert Dahmen, Marco Feldmann (Moderator), Christian A. Buschhoff, Pascal Peek, Marc Elxnat und Christian Schruoffenegger. Screenshot: BS/Feldmann

Lastkraftwagen) und Herzinfarkte oder andere Unglücksfälle am Steuer zu denken. Einen ganzheitlichen Schutz könnten nur zertifizierte Lösungen (sowohl mobil als auch stationär) bieten. Wichtig seien zudem ganzheitlich ausgerichtete Sicherheitskonzepte. Nicht sinnvoll und teilweise sogar gefährlich seien hingegen

Checkliste für den Fall der Fälle Kommunale Vorbereitung auf den Krisenfall (BS/bk) Der Fall der Fälle kann schneller eintreten als gedacht. Die vielfältigen Krisen und Katastrophen betreffen nicht mehr nur einzelne Kommunen. Neben dem Bund und den Ländern sind auch die Kommunen vor Ort als untere Ebene der Gefahrenabwehr gefordert. Noch vor Jahren hätte sich niemand auf Ebene der kommunalen Entscheidungsträger/-innen gedacht, dass man sich noch ernsthaft um den Zivilschutz kümmern muss. Aber auch der Katastrophenschutz rückte nicht zuletzt aufgrund der Pandemie und der Flutkatastrophe in den Fokus. Doch wie kann man sich am besten vorbereiten?

So individuell wie jede Kommune muss auch die Checkliste für den Krisenfall sein. Foto: BS/StockSnap, pixabay.com

“Die Stimmung in den Landesund Kommunalverwaltungen ist extrem angespannt”, sagt Dr. Joachim Schwind, Geschäftsführer des Niedersächsischen Landkreistages (NLT). Dies läge an der momentanen Doppellage, die zurzeit bewältigt werden müsse. Auch wenn die Corona-Pandemie aus dem medialen Fokus geraten sei, seien viele Kommunen, insbesondere deren Gesundheitsämter, stark mit einem enormen Verwaltungsaufwand belastet. Nun sei mit dem russischen Angriff auf die Ukraine eine völlig andere Lage hinzugekommen. Diese umfasse die Vorbereitungen auf die tausenden ukrainischen Vertriebenen und deren Versorgung. Darüber hinaus kämen noch die Vorbereitung auf eine mögliche Gasmangellage oder Schlimmeres hinzu. Die früheren und jetzigen Krisen hätten gezeigt, dass es nicht “die” Katastrophen- oder Krisenverwaltung gebe, sagt Andreas Karsten, Autor und Berater von Kommunen sowie Unternehmen für Krisenmanagement und Resilienz. Die Krisen hätten vielmehr gezeigt, dass alle Teile der Verwaltung bei der Bewältigung gefordert seien. Es reiche nicht mehr aus, sich einfach auf die originären Katastrophen- und Zivilschützer zu verlassen. Diese Erkenntnis müsse – das sei zwar

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unglücklich – in der Krise umgesetzt werden. Ebenso fehle den Kommunen als operative Ebene aber manchmal eine Gesamtstrategie von Bundes- oder Landesseite, kritisiert Karsten. Dennoch schätzt er die momentane Lage nicht als unbeherrschbar ein. Diese Erfahrungen teilt Ulf Krüger, Dozent für nationales Krisenmanagement an der Bundesakademie für Bevölkerungsschutz und Zivile Verteidigung (BABZ). Er sehe häufig, dass Themen, die den Bevölkerungsschutz beträfen, an die Personen “abgedrückt” würden, die sich mit dem Katastrophenschutz auseinandersetzten. Es fehle oft ein verwaltungsweites Bewusstsein für das Thema des Krisenmanagements. Dennoch sei ein Wandel zu beobachten. Schwind kann diesen Wandel nur bestätigen. Seiner Auffassung nach wird die Kreisverwaltung der Zukunft eine Krisenverwaltung sein. Als Kernamt für diese Krisenverwaltung könnte das Amt 38 dienen, das für den Bevölkerungsschutz zuständig sei. “Wir werden aber aus allen anderen Querschnittsämtern Menschen vor der Krise schulen müssen”, so Schwind. Dies müsse flächendeckend geschehen. Ziel dabei sei es, im Krisenfall modular reagieren zu können, um schnell die Verwaltung auf “Sparflamme” umzustellen und

die Krisenverwaltung zu aktivieren. Beispielsweise könnte dann ein vorgeschulter Sachbearbeiter aus der Zulassungsstelle im Krisenfall auch im Gesundheitsamt oder Veterinärsamt eingesetzt werden. Er müsse jedoch seine Rolle und Aufgabe im Stab vorher kennen. All diese Fähigkeiten müssten auch geübt werden. Karsten will die Krisenfähigkeit der Kommunen noch durch einen weiteren Faktor erweitern. Es brauche die Zivilgesellschaft zur Bewältigung. Die vergangenen Krisen hätten nämlich gezeigt, dass der Staat nicht in der Lage sei, Krisen alleine zu lösen. Verwaltungsmitarbeiter müssten dafür ausgebildet werden, zivilgesellschaftliche Kräfte sinnvoll in das Management einzubinden. Andernfalls drohten Parallelstrukturen, Ressourcenverschwendung und Reibungsverlust, warnt Karsten. Aber auch abseits der organisatorischen und ausbildungstechnischen Fragen weist Krüger darauf hin, dass sich jede Kommune individuell auf einen Krisenfall vorbreiten müsse. Allgemeine Listen abzuarbeiten, reiche nicht. Dies beginne damit, dass eine eigene Risikoanalyse durchgeführt werden müsse. So könne bei einer Kommune die Wahrscheinlichkeit für einen Tierseuchenausbruch höher sein. Bei einer anderen könnte ein erhöhtes Waldbrandrisiko bestehen. Dann müsste auch die rudimentären Voraussetzungen geschaffen werden, wie z. B. Räumlichkeiten für den Krisenstab oder die Technik ein ständig upgedateter Laptop. Er rät den Kommunen, das Thema der Gefahrenabwehr bei der Ausbildung und immer wiederkehrenden Evaluation zu verstetigen. Dies dürfe nicht nur wie jetzt in Krisenphasen geschehen, sondern müsse auch in “Friedenszeiten” vorangetrieben werden. Der Bevölkerungsschutz dürfe in Kommunen kein Schattendasein mehr fristen.

temporäre Fahrzeugsperren. Denn durch sie könnten unter anderem Rettungs-, Fluchtund Versorgungswege blockiert werden. Außerdem bestehe die Gefahr von Sichtblockaden. Sinnvoller sei es, Fahrzeuge bestmöglich vom Veranstaltungsgelände fernzuhalten und entsprechend großräumig abzusperren, um die Streuwirkung sowie die Eingriffstiefe von Fahrzeugeinwirkungen möglichst gering zu halten. Ähnlich sieht das Christian A. Buschhoff, Mitarbeiter am In­ stitut für Rettungsingenieurwesen und Gefahrenabwehr an der Technischen Hochschule Köln. Es komme hier für Kommunen darauf an, zunächst einen Raum abzusperren. Erst in einem zweiten Schritt folge dann die Betrachtung einer konkreten Veranstaltung innerhalb dieses Bereiches, so Buschhoff, der an der Hochschule einen Lehrauf-

trag innehat und seit vielen Jahren Veranstaltungen als Planer, Berater und Technischer Leiter betreut.

Keine einfache Checkliste Eine schlicht abzuarbeitende Checkliste für die Sicherheit von Großveranstaltungen könne es nicht geben, meint Buschhoff. Denn bei Veranstaltungen handele es sich um offene, dynamische Systeme, auf die der Veranstalter nur sehr bedingt Einfluss habe. Das gelte zum Beispiel mit Blick auf die Bewegungsfreiheit der Besucher und das Wetter. Letzteres sei – ebenso wie Unfälle – ein zentraler Faktor, unterstreicht auch der Dortmunder Dezernent Dahmen. Einen anderen Fokus setzt Marc Elxnat, Referatsleiter für “Cybersicherheit, Feuerwehren, Verfassungsrecht, Dienstrecht sowie Kommunalrecht” beim

Deutschen Städte- und Gemeindebund (DStGB). Er verlangt, mehr in die Prävention bei der Sicherheit von Großveranstaltungen zu investieren. Bislang liegt der Fokus der Betrachtung seines Erachtens noch zu stark auf der Frage, was bislang passiert sei. Künftig solle die Frage nach dem, was passieren könne, mehr Beachtung finden. Elxnat meint: “Wir müssen Konzepte im Sinne der Prävention weiterentwickeln, ohne dafür zu sorgen, dass Veranstaltungen unmöglich oder massiv erschwert werden.” Diese Gefahr sieht er zunehmend in Klein- und Mittelstädten, wo die Anforderungen an die Veranstalter inzwischen oftmals so hoch seien, dass die Events kaum oder gar nicht mehr wirtschaftlich seien. Diese Entwicklung sei durch die Corona-Pandemie nochmals verstärkt worden, so der DStGBVertreter. Elxnat warnt – ebenso wie Buschhoff – zudem davor, Sicherheitsgefährdungen nur bei Großveranstaltungen zu sehen. Auch kleine Events könnten risikobehaftet sein. Aus diesem Grunde müsse jede Stadt für jede Veranstaltung eine individuelle Lösung finden, waren sich die Diskutanten einig. Eines dürfe dabei allerdings nicht geschehen, so Dahmen: “Die Städte sollten nicht allein auf den Kosten für die Terrorabwehr sitzenbleiben.” Denn sie sei keine originäre Aufgabe der Kommunen. Hier machten sich die Länder und die Polizeibehörden zu oft “einen schlanken Fuß”, ist er sich mit Schruoffenegger einig. Der Berliner Stadtrat kritisiert die Polizei dabei noch in einem anderen Punkt. Seiner Erfahrung nach stelle sie nur Forderungen zur Absicherung von Veranstaltungen auf, fühle sich dann aber für deren Durch- und Umsetzung nicht mehr zuständig. Die Veranstaltung findet sich unter https://neuestadt. org/2022/04/06/sicherheit-vongrossveranstaltungen-zwischensicherheit-und-freiheit/.

Kostengünstig und datenschutzkonform Mit dem Datenschutz-Rollo die Versammlungsfreiheit schützen (BS/Frank Salder*) Seit der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts NRW im März 2020 (Aktenzeichen 15 A 1139/19) sind Betreiber von fest installierten Videokameras im öffentlichen Raum dazu verpflichtet, diese bei Versammlungen “weithin sichtbar” zu deaktivieren. So soll ein einschüchternder oder abschreckender Effekt auf Versammlungsteilnehmer vermieden werden. Die herkömmliche Vorgehensweise zur eindeutigen Deaktivierung der Videobeobachtung – meistens eine einfache Verdeckung mit Jutesack und Steiger – verursacht jedoch einen erheblichen logistischen und finanziellen Mehraufwand in den Kommunen. Bei durchschnittlich 200 bis 300 Versammlungen pro Jahr in einer deutschen Großstadt entstehen schnell zusätzliche Ausgaben im sechsstelligen Bereich. Um die Versammlungsfreiheit trotz installierter Videokameras zu vertretbaren Kosten zu gewährleisten, setzen mittlerweile zwölf deutsche Städte, darunter Köln, Frankfurt am Main, Offenbach und Darmstadt, auf das “Panomera® Privacy Shield” des deutschen Videotechnik-Herstellers Dallmeier. Die in gelber Signalfarbe

gehaltene Jalousie aus undurchsichtigem Spezialmaterial verhüllt die Objektive der Dallmeier Panomera®-Kamerasysteme per Mausklick binnen weniger Augenblicke. Eine auf die Jalousie aufgedruckte, durchgestrichene Kamera macht zuverlässig und weithin sichtbar klar: Hier findet keine Videoüberwachung statt. Nach Ende der Kundgebung können Polizei und Sicherheitsverantwortliche die Maßnahme vom Leitstand aus in Sekundenschnelle wieder aufheben.

Grundrecht ungestört ­wahrnehmen “Das Urteil aus NRW bindet uns zwar nicht unmittelbar, wir können es jedoch nicht außer Acht lassen und es ist gut, entsprechend vorbereitet zu sein, da eine

Bereits zwölf deutsche Städte setzen das Panomera® Privacy Shield ein, um bei fest installierten Videosystemen die Versammlungsfreiheit zu schützen. Foto: BS/Dallmeier

vergleichbare Klage wohl auch bei uns Aussicht auf Erfolg hätte”, so Peter Weigand, Amtsleiter des Ordnungsamtes Offenbach. “Es geht uns aber nicht nur darum, den gerichtlichen Anforderungen Genüge zu leisten, sondern vor allem und in erster Linie unseren Bürgern die Möglichkeit zu geben, ihr Grundrecht auf Versammlungsfreiheit ungestört wahrnehmen zu können. Das “Panomera® Privacy Shield” ermöglicht uns dies, und zwar quasi per Fernsteuerung und ohne zusätzlichen personellen Kostenaufwand.” Friedliche Demonstrationen und Kundgebungen sind ein wesentliches Grundrecht jeder Demokratie. Als deutschem Hersteller von Videosicherheitstechnik war es uns deshalb ein wichtiges Anliegen, die Vorteile städtischer Videoüberwachung an Kriminalitätsschwerpunkten mit der aktuellen Gesetzgebung zum Datenschutz in Einklang zu bringen. Dank des Panomera® Privacy Shields haben Bürgerinnen und Bürger weithin sichtbar diese Gewährleistung – und gleichzeitig sparen die Kommunen signifikant Kosten im Vergleich zu herkömmlichen Lösungen. *Frank Salder ist Geschäftsführer der Dallmeier Systems Niederlassung in Gladbeck und Safe-City-Experte der Dallmeier Unternehmensgruppe.


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3. November 2022, Neuss

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Ansprechpartner Informationen zu Beteiligungsmöglichkeiten erteilt: Benjamin Bauer Mitglied der Geschäftsleitung Tel.: 0228/970 97-0 E-Mail: benjamin.bauer@behoerdenspiegel.de

www.e-nrw.info

www.digitaler-staat.online


Digitaler Staat Behörden Spiegel

www.behoerdenspiegel.de

Berlin und Bonn / Mai 2022

KNAPP

Die alternative Realität

Bundesgesetzblatt wird digital

BRH zweifelt Digitalisierungsfortschritt an – BMI beschönige die Lage (BS/Matthias Lorenz) Wie ist der wirkliche Fortschritt der Verwaltungsdigitalisierung in Deutschland? Spontan würden die meisten Bürgerinnen und Bürger auf diese Frage antworten: Es geht zu langsam. Von den Digitalisierungsverantwortlichen, meist Bundes- oder Landesministerien, hört man hingegen nur Positivmeldungen. In fast allen Pressemitteilungen lässt sich der Satz “Die Digitalisierung der Verwaltung in … schreitet weiter voran” finden. Doch stimmen diese Wasserstandsmeldungen wirklich? Aktuelle Berichte des Bundesrechnungshofs (BRH) legen nahe: Vor allem das Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) beschönigt den Verlauf der Verwaltungsdigitalisierung. Zunächst ist hier die Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes (OZG) zu nennen. “Wesentliche Mängel stellte [der BRH] beim Berichtswesen des BMI zum Programmfortschritt fest”, schreiben die Rechnungsprüfer in einem Bericht. Konkret geht es um den Fortschritt bei den 115 OZG-Leistungen, die der Bund digitalisieren muss. Er bezieht sich dabei auf die Fortschrittsdarstellung auf der Online-Plattform “OZGDashboard”. Auf dieser Plattform werden OZG-Leistungen als “online verfügbar” gekennzeichnet. Derzeit (Stand 21. April), so das Dashboard, seien 80 von 115 OZG-Leistungen “online verfügbar”. Dies entspräche einer Quote von knapp 70 Prozent. An diesen Zahlen setzt der BRH im Wesentlichen zwei Kritikpunkte an. Erstens, so die Ausführungen des BRH, kennzeichne das BMI eine OZG-Leistung bereits dann als “online verfügbar”, wenn sie den Reifegrad 2 erreicht habe. Das bedeutet, die Leistung kann zwar grundsätzlich online beantragt werden, die elektronische Übermittlung von Nachweisen ist aber nicht möglich. OZG-konform umgesetzt ist eine Leistung deswegen auch erst dann, wenn sie Reifegrad 3 erreicht hat. Hier muss die Abwicklung der gesamten Leistung einschließlich aller Nachweise digital erfolgen, auch der Bescheid wird digital zugestellt. Ein Sprecher des BMI begründet die fehlende Unterscheidung zwischen den Reifegraden mit dem Argument, OnlineDienste im Reifegrad 2 böten für Bürger und Unternehmen bereits einen erheblichen Mehrwehrt. “Bereits damit kann ein Großteil der jeweiligen Anliegen erfüllt werden.” Zweitens handelt es sich bei den 115 OZG-Leistungen um Bündel,

die jeweils aus mehreren Einzelleistungen (nach BRH-Angaben 1.532 Leistungen) bestehen. Auf dem OZG-Dashboard jedoch wird laut BRH eine komplette OZGLeistung bereits dann als “online verfügbar” gekennzeichnet, wenn nur eine der darin enthaltenen Einzelleistungen den Reifegrad 2 erreicht hat. “Diejenige Verwaltungsleistung mit dem höchsten Reifegrad bestimmte demnach den Reifegrad der gesamten OZG-Leistung”, heißt es in dem Bericht. Für den September 2021 errechnete der BRH den Stand der Umsetzung anhand der Einzelleistungen. Demnach seien damals erst 3,8 Prozent der Einzelleistungen OZG-konform umgesetzt (min. Reifegrad 3) gewesen, weitere 16,6 Prozent hätten den Reifegrad 2 erreicht. Eine interessierte Person hätte zum selben Zeitpunkt auf dem OZG-Dashboard die Information bekommen, dass 72 von 115 Leistungen “online verfügbar” seien, was einer Quote von knapp 63 Prozent entspräche. Eine aktuelle Fortschrittsberechnung hinsichtlich der Einzelleistungen lieferte das BMI trotz Nachfrage bis Redaktionsschluss nicht. Der BMI-Sprecher erklärt lediglich, die Zahl des BRH stelle nicht den “tatsächlich erreichten Umsetzungsfortschritt” dar. Die Digitalisierung werde in Projekten mit jeweils mehreren Verwaltungsleistungen durchgeführt. Der Reifegrad der Verwaltungsleistungen werde meist erst nach Projektabschluss aktualisiert, weswegen es Sprünge in der Anzahl an Verwaltungsleistungen mit Reifegrad 3 geben werde. Doch auch der Sprecher gibt zu: Bis zum OZG-Fristende am 31.12.2022 würden längst nicht alle Verwaltungsleistungen den

Richtig gerechnet? Diese Frage stellt der BRH angesichts von BMI-Zahlen zum Fortschritt der Verwaltungsdigitalisierung. Foto: BS/Martin Schnetzer, pixabay.com

erforderlichen Reifegrad 3 erreicht haben. Bis dahin würden “in allen 115 OZG-Leistungen digitale Verwaltungsleistungen angeboten werden”.

Bildverfälschung? Das Fazit des BRH fällt eindeutig aus: “Die Art der Darstellung verfälscht das tatsächliche Bild.” Man erwarte hingegen vom BMI, den Programmfortschritt transparent und realistisch darzustellen. In einer Stellungnahme an den BRH schreibt das Ministerium, das Dashboard bilde den Programmfortschritt nutzerfreundlich ab, was zwangsweise zu einer Reduktion der Darstellung führe. Detaillierte Informationen könnten zum Beispiel auf der “OZG-Informationsplattform” eingeholt werden. Die Darstellung des Fortschritts auf dieser zweiten Plattform, auf der sich Nutzer registrieren müssen, um Informationen einsehen zu können, hat der BRH nicht geprüft. Klickt man sich als Betrachter durch das Angebot, fällt auf: Zwar wird hier im

BADENWÜRTTEMBERG Die digitale Verwaltung auf dem Sprung Was sind die nächsten Züge?

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#bw40

Gegensatz zum OZG-Dashboard zwischen Reifegrad 2 und 3 unterschieden. Trotzdem werden OZG-Leistungen farblich bereits dann als OZG-konform umgesetzt gekennzeichnet, wenn nur eine der dazugehörigen Einzelleistungen den erforderlichen Reifegrad erreicht hat.

Großer (kleiner) Sprung Auch bei einem anderen großen Digitalisierungsprojekt, der ITKonsolidierung des Bundes, wirft der BRH dem BMI in einem der Behörden Spiegel-Redaktion vorliegenden Bericht an den Haushaltsausschuss des Bundestages vor, durch Rechentricks mehr Fortschritt zu suggerieren als eigentlich vorhanden ist. Hier geht es um die Dienstekonsolidierung, deren ursprüngliches Ziel es war, bis zum Jahr 2025 für gleichartige Anwendungsfälle maximal zwei IT-Lösungen für die Bundesbehörden bereitzustellen. Inzwischen ist klar, dass dieses Ziel nicht zu halten sein wird, weswegen das BMI laut BRH mehrere ursprünglich

involvierte Dienste im Rahmen der Dienstekonsolidierung nicht weiter betrachten wird. Den Fortschritt der IT-Konsolidierung misst das BMI mit dem “Key-Performance-Indikator 1”, welcher angibt, für wie viel Prozent aller Dienste IT-Lösungen ressortübergreifend bereitstehen. Im März 2021 gab das BMI gegenüber dem Haushaltsausschuss hierfür eine Zahl von 39,8 Prozent an. Schon diese Zahl lässt sich laut BRH kritisieren, da das BMI auch IT-Lösungen mitgezählt habe, “die vor Beginn der Dienstekonsolidierung begonnen oder fertiggestellt wurden”. Im aktuellen Fortschrittsbericht an den Haushaltsausschuss sei die Zahl auf 61,2 Prozent gestiegen. Ein großer Sprung – der sich nach BRH-Angaben unter anderem damit erklären lässt, das ursprünglich vorhandene Ziele der Dienstekonsolidierung gestrichen worden seien. “Indem das BMI die festgelegte Gesamtzahl von Diensten einschränkt, wächst der gemessene Projekterfolg. Gleichwohl wird das BMI die ursprünglichen Ziele der Dienstekonsolidierung verfehlen”, schreiben die Rechnungsprüfer. Anhand dieser Beispiele wird deutlich, dass Zahlen, die seitens der Verantwortlichen zur Verwaltungsdigitalisierung veröffentlicht werden, immer genau analysiert werden müssen. Zur schnellen Information taugen sie hingegen nicht, da der uninformierte Betrachter zumindest bei den genannten Beispielen zu dem Schluss kommen wird, die Verwaltungsdigitalisierung sei in Deutschland weiter fortgeschritten, als es tatsächlich der Fall ist. Weitere Berichterstattung zur Kritik von Rechnungshöfen an der Verwaltungsdigitalisierung ist auf Seite 29 zu finden.

(BS/bt) Gesetze und Verordnungen des Bundes werden ab dem Jahr 2023 elektronisch im Internet verkündet. Das soll mehr Transparenz schaffen und Ressourcen sparen. Bisher kann ein Gesetz in Deutschland erst nach dem Abdruck im Bundesgesetzblatt in Kraft treten. Mit der Einführung des elektronischen Bundesgesetzblatts könne ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung gemacht werden, da es nicht nur den Ausgabeprozess beschleunige, sondern auch klimafreundlich sei, erklärt das Bundesjustizministerium (BMJ). “Durch den Wegfall der papiergebundenen Abonnements oder Einzelausgaben des Bundesgesetzblatts kann jährlich ein Papierberg in Höhe von bis zu 2,5 Kilometern eingespart werden”, erklärt Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP). Die Veröffentlichung des Bundesgesetzblatts wird auf einer vom Bundesamt für Justiz (BfJ) betrieben Internetplattform vorgesehen. Diese wird unentgeltlich und barrierefrei zugänglich sein.

Sechs Prozent Offliner (BS/lma) Laut Statistischem Bundesamt (Destatis) waren im Jahr 2021 in Deutschland rund sechs Prozent der Menschen im Alter zwischen 16 und 74 Jahren sogenannte Offliner – sie hatten noch nie das Internet genutzt. Das entspreche rund 3,8 Millionen Menschen in Deutschland. Für diese Menschen werde der Alltag ohne Interent zunehmend komplizierter, schließlich würden viele Dienstleistungen immer öfter online angeboten, erklärt das Amt. Erwartunggemäß ist die Zahl der Offliner bei älteren Menschen höher. Gemäß den Destatis-Zahlen lag der Anteil an Offlinern in der Altersgruppe der 65- bis 74-Jährigen bei 21 Prozent. In der Altersgruppe der 55- bis 64-Jährigen hatten demnach acht Prozent das Internet noch nie genutzt.


Informationstechnologie

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B

ehörden Spiegel: Herr Staatssekretär Burghardt, das Land Hessen hat mit der DVH 4.0 seine Vision einer digitalen Verwaltung formuliert. Welches sind die zentralen Säulen dieser Vision? Patrick Burghardt: Unser Anspruch sind effiziente, bürgernahe und transparente Abläufe. Wir sehen unsere Verwaltungsvorgänge aus Sicht unserer Kundinnen und Kunden, also den Bürgerinnen und Bürgern sowie den Unternehmen, die die Verwaltung nutzen. Deshalb sollte die Antragsverwaltung, mit der sich die DVH 4.0 beschäftigt, so einfach und nachvollziehbar gestaltet sein wie eine Online-Bestellung. Hier kommen drei Kernprinzipien zum Einsatz, die zum Teil bereits in der Verwaltung bekannt sind, nun in der DVH 4.0 explizit festgeschrieben wurden. Erstens “One-Stop-Shops”: Mit nur einer einzigen digitalen Sitzung sollen Kundinnen und Kunden Dienstleistungen anstoßen können – anschließend läuft der Verwaltungsprozess automatisch bis zum Abschluss ab. Zweitens: In den sogenannten “No-Stop-Shops” führt die Behörde sogar antragslos Verwaltungsdienstleistungen aus. Das kann perspektivisch unter anderem bei dem Gewähren von Kinder- oder Elterngeld nach der Geburt eines Kindes greifen. Zentral ist das dritte Element, das “Once-Only-Prinzip”. Bestimmte digitale Informationen werden von den Kundinnen und Kunden nur noch einmal benötigt und stehen dann auch für weitere behördliche Angelegenheiten zur Verfügung, selbstverständlich mit Einverständnis der Antragstellenden. Die Behörden tauschen die Informationen untereinander aus, was die Datenqualität erhöht und Mehrarbeit auf allen Seiten reduziert. Aus einer reaktiven Verwaltung wird so eine proaktive Verwaltung – die Voraussetzung für das Zielbild der DVH 4.0, welches mit seinen Dienstleistungen den Kundinnen und Kunden rund um die Uhr zur Verfügung steht. Ich möchte jedoch betonen, dass weiterhin auch die Möglichkeit des klassischen Antragsweges inklusive des persönlichen Besuchs vor Ort bestehen wird. Behörden Spiegel: Ein früherer Bundeskanzler hat Visionäre sprichwörtlich zum Arzt geschickt. Wie sorgen Sie dafür,

Eine ambitionierte Zukunftsvision Hessen auf dem Weg zur “Digitalen Verwaltung 4.0” (BS) “Wir wollen die Zukunft der Verwaltung in Hessen so gestalten, dass sich unsere Dienstleistungen nahtlos und vorausschauend in den Alltag der Kundinnen und Kunden und unserer Beschäftigten integrieren”, heißt es in der Einleitung zur DHV 4.0 (“Digitale Verwaltung 4.0”). In dieser Vision, einer Fortschreibung der Digitalstrategie “Digitales Hessen”, hat das Land eine übergreifende Gesamtsicht auf die Verwaltungsdigitalisierung in Hessen formuliert. Über zentrale Inhalte der DVH 4.0 und wie man die Vision in die Realität transferiert, sprach der Behörden Spiegel-Redakteur Guido Gehrt mit Staatssekretär Patrick Burghardt, CIO und Bevollmächtigter der hessischen Landesregierung für E-Government und Informationstechnologie.

“Aus einer reaktiven Verwaltung wird eine proaktive Verwaltung …”

Patrick Burghardt ist seit 2019 Staatssekretär für Digitale Strategie und Entwicklung sowie CIO und Bevollmächtigter der hessischen Landesregierung für E-Government und Informationstechnologie. Foto: BS/HMinD

dass aus Visionen Umsetzungsstrategien und letztlich reale Projekte werden?

Nutzerkonto für die Kundinnen und Kunden. Wichtig ist uns die Einbindung aller Beteiligten, vor allem der Burghardt: Die DVH 4.0 ist Ressorts und ihrer Digitalisiein der Tat eine ambitionierte rungsbeauftragten. Denn klar Zukunftsvision. Doch eine Visi- ist, dass solch eine herausforon ist Voraussetzung, um sich dernde Strategie nur Realität auf den Weg zu machen und werden kann, wenn es ein GeBegeisterung für das Projekt meinschaftsprojekt wird und die der Verwaltungsdigitalisierung Akzeptanz für die Maßnahmen gegeben ist. mit dem Ziel Wir benötides digitalen “Die Strategie der DVH 4.0 gen alle BeRathauses zu schäftigten entfachen. ist nicht abgeschlossen, auf jeder Nach einem sondern muss iterativ Ebene, damit Jahr DVH 4.0 fortentwickelt werden.” die Digitalikönnen wir sierung der sagen: Wir sind auf dem richtigen Weg. Verwaltung gelingen kann. DeModern, serviceorientiert und ren Erfahrung und Wissen aus effizient – so muss und wird die dem Verwaltungsalltag hilft uns digitale Verwaltung in Hessen zudem, die DVH fortzuschreiaussehen. Dem liegt schon der ben, mit der wir die Zukunft der gesetzliche Auftrag zugrunde. Verwaltung in Hessen gestalten. Aus der Vision wurde ein konWir leben in einer Zeit der kreter Maßnahmenkatalog abge- schnellen, permanenten Veränleitet, um die Ziele der Strategie derung, vor allem in der ArbeitsDVH 4.0 zu erreichen. Dieser wird welt, was insbesondere durch die nach und nach umgesetzt, wobei Digitalisierung vorangetrieben wir eine große Bandbreite an wird. Deshalb ist die Strategie Maßnahmen identifiziert haben. der DVH 4.0 auch nicht abgeBeginnend bei fachspezifischen schlossen, sondern muss iterativ Umsetzungen, zum Beispiel der fortentwickelt werden. Digitalisierung einzelner Verwaltungsleistungen, reicht der Behörden Spiegel: Die DigiKatalog bis hin zur Bereitstellung talisierung ist ein sehr dynamivon zentralen IT-Komponenten, scher Prozess und über längere was nur landesweit gestemmt Zeiträume, wenn überhaupt, nur werden kann. Hier ist ein ak- schwer planbar. Liegt hier nicht tuelles Beispiel das einheitliche auch ein Risiko für die DHV 4.0?

Burghardt: Ich bin überzeugt: und so zum Beispiel die VPNEin dynamischer Prozess ruft Zugänge “HessenAccess” enorm auch Innovation hervor. Unser steigern. Eine der wichtigsten Anliegen ist es, die hessische Voraussetzungen der DigitaliVerwaltung so zu gestalten, sierung in der Verwaltung. dass sich VerwaltungsdienstBehörden Spiegel: Um die leistungen immer besser in den Alltag der Menschen integrieren. Zukunftsvision einer DHV 4.0 Ganz einfach, medienbruchfrei, “auf die Straße” zu bekommen, sind die Beschäftigten in der zu jeder Zeit. Die Kernbotschaft unserer öffentlichen Verwaltung von eleStrategie lautet: Der Mensch mentarer Bedeutung. Wo sehen steht im Mittelpunkt. Darauf Sie hier Handlungsbedarf? sind auch die NutzenverspreBurghardt: Wir wissen, dass chen ausgerichtet, welche erstmalig so in einer Verwaltungs- wir auch aufgrund des Fachstrategie formuliert wurden. kräftemangels im Wettbewerb Denn auch wenn die Digitalisie- um die klügsten Köpfe stehen rung eine enorme Erleichterung und in der Verwaltung auch für Dienstleistungen bietet, wir einen attraktiven, modernen damit Potenziale heben und die Arbeitsplatz bieten müssen. Behörden fit für die Zukunft ma- Deshalb ist Digitalisierung chen: Verwaltung wird von Men- unerlässlich und bedeutet für schen für Menschen ausgeübt. unsere Beschäftigten mit der Sie muss bei allem technischen Umsetzung der DVH 4.0 mehr Fortschritt und digitaler Un- Effizienz im Verwaltungshanterstützung menschenzentriert deln. Der Fokus der Strategie sein, zuverlässig und immer liegt auf der Antragsverwaltung, welche durch digitalisierte Abansprechbar. Deshalb ist uns Transparenz läufe und den Einsatz digitaler bei den Maßnahmen wichtig, Anwendungen handhabbarer sowohl in der externen Kom- und übersichtlicher wird. Wir brauchen in der gesamten munikation mit den Kundinnen und Kunden: Was haben hessischen Verwaltung ambitiowir erreicht? Was leistet die nierte Mitarbeiterinnen und MitVerwaltung aktuell? Aber auch arbeiter. Alle Behörden müssen nach innen: Um den Erfolg bei als vielversprechender Arbeitgeder Umsetzung der DVH 4.0 zu ber sowohl für Menschen mit gewährleisten, ist es notwendig, Berufserfahrung als auch für dass die Beschäftigten aktiv bei junge Talente wahrgenommen der Gestaltung der Veränderung werden. Dazu gehören selbstverständlich digitale Tools, die mitwirken. Hier haben wir mit der Arbeits- unter anderem flexible Zeitmogruppe “Corona Lessons Lear- delle und mobiles, ortsunabned” sehr gute Erfahrungen mit hängiges Arbeiten ermöglichen. Selbstverständlich richten wir dem Feedback aus den Ressorts erzielt und konnten daraus den Blick auch auf die derzeitigen Verwaldie nächstungsmitarten Schritte “Wir müssen die Verwalbeitenden, ableiten, die tungsdienstleistungen die wir mit unseren Beschäftigten immer besser in den Alltag unterschiedlichen Angehelfen. Die AG erfass- der Menschen integrieren.” boten für die Aus- und te über eine Umfrage die Bedarfe der Mit- Weiterbildung unterstützen. arbeiterinnen und Mitarbeiter, Diese Maßnahmen möchten beispielsweise zur technischen wir noch deutlich ausweiten, Büroausstattung. Die Verwal- um wirklich alle Beschäftigten tung konnte zügig reagieren zu befähigen, die an sie gestell-

DIGITAL DIGITALE VERWALTUNG IN HESSEN VISION | AGENDA | UMSETZUNG 08. Juni 2022 | Bad Homburg

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Behörden Spiegel / Mai 2022

ten Anforderungen zu meistern und ihre digitalen Kompetenzen weiterzuentwickeln. Diese Aktivitäten erfordern einen organisatorischen Change-Management-Prozess, den wir derzeit konzipieren. Vor uns liegen interessante Aufgaben für die digitale Zukunft Hessens, die Herausforderungen bedeuten, aber auch viel Potenzial in sich bergen. Ich möchte alle Beteiligten ermutigen, diesen Weg mitzugehen und an der modernen, bürgernahen und transparenten Verwaltung mitzuarbeiten.

Mehr zum Thema Die Verwaltungsdigitalisierung steht auch im Zentrum des Kongresses “HEssenDIGITAL”, den der Behörden Spiegel am 8. Juni 2022 in enger Kooperation mit der hessischen Landesregierung in Bad Homburg veranstaltet. Im Rahmen der Veranstaltung wird u. a. das Thema “DHV 4.0 – Die Zukunftsagenda für die hessische Verwaltung” in einem Vortrag von Staatssekretär Patrick Burghardt behandelt und mit den Teilnehmenden diskutiert. Weitere Informationen zum Kongress sowie eine Anmeldemöglichkeit unter www.hedigital.de

MELDUNG

Digitales Bauamt (BS/gg) Der Landkreis Fulda will gemeinsam mit seinen Kommunen die Bauverwaltung umfassend digitalisieren. Dazu sollen die Arbeitsprozesse zwischen der unteren Bauaufsicht, den kommunalen Bauämtern und der Öffentlichkeit optimiert werden. Dazu zählen die Digitalisierung der Bauakten, die Erschließung von Standard-Schnittstellen zu einschlägigen Fachverfahren und die Nutzung der hessenweit in allen Kommunen vorhandenen Digitalisierungsplattform Civento. So sollen Kollaboration und Interoperabilität zwischen den Verwaltungsebenen verbessert und eine wichtige Voraussetzung eines digitalen Workflows in Echtzeitübertragung geschaffen werden. Das Projekt wird vom Land Hessen im Programm “Starke Heimat Hessen” mit rund 2,43 Millionen Euro gefördert.


Informationstechnologie

Behörden Spiegel / Mai 2022

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IT-Konsolidierung bemängelt

Frist nicht zu halten

BMI und BMF bestreiten Vorwürfe des Bundesrechnungshofs

Landesrechnungshöfe kritisieren OZG-Umsetzung

(BS/Matthias Lorenz) Dass Digitalisierungs-Großprojekte in Deutschland oft nur langsamer vorankommen als ursprünglich geplant, ist zur Gewohnheit geworden. Dies gilt auch für die IT-Konsolidierung des Bundes (IT-K Bund). Der Bundesrechnungshof (BRH) macht in einem aktuellen Bericht an den Haushaltsausschuss des Bundestages auf die Mängel des Projekts aufmerksam. Neben Schwierigkeiten bei der IT-Beschaffungsbündelung werden vor allem die Personalpolitik des Bundesinnenministeriums (BMI) im Rahmen der Dienstekonsolidierung sowie fehlende Planungen bei der Betriebskonsolidierung durch das Bundesfinanzministerium (BMF) kritisiert.

(BS/Matthias Lorenz) Der Bundesrechnungshof kritisiert aktuell in mehreren Berichten den Fortschritt der Verwaltungsdigitalisierung in Deutschland (siehe Artikel links auf dieser Seite sowie auf Seite 27). Gerade bei der Umsetzung des föderalen Großprojekts Onlinezugangsgesetz (OZG) stellt sich jedoch auch die Frage, wie die jeweiligen Landesrechnungshöfe auf das Projekt schauen. Mehrere Landesrechnungshöfe haben noch keine eigenen Prüfergebnisse zum OZG. Diejenigen mit Ergebnissen sparen jedoch nicht an Kritik.

Wie der BRH in seinem Bericht ausführt, habe das BMI schon im Jahr 2020 artikuliert, das es aufgrund von Personalmangel zu Verzögerungen bei der Dienstekonsolidierung kommen könne. Inzwischen habe das Ministerium, dem 138,5 Stellen für die Konsolidierung zustehen, einen Mehrbedarf von 21 Stellen ermittelt. Die Begründung: Der Anspruch, die Verwaltungsdigitalisierung schneller und effektiver voranzubringen, sei nur mit einem personellen Aufwuchs zu schaffen.

Stellen nicht zweckbestimmt eingesetzt Der BRH meldet Zweifel an diesem Bedarf an. Die Rechnungsprüfer konnten laut eigenen Angaben nämlich zumindest für einen Teil der 138,5 zur Verfügung stehenden Stellen nicht nachvollziehen, wofür diese überhaupt im Rahmen der Dienstekonsolidierung im BMI eingeplant seien. So seien beispielsweise die Referate DG II 3 bis DG II 6 vollständig mit Stellen aus der Konsolidierung ausgestattet worden, obwohl dort auch Aufgaben wahrgenommen würden, “die nicht unmittelbar der Dienstekonsolidierung oder anderen Aufgaben der IT-K Bund zuzuordnen sind”. Darüber hinaus hat der BRH “mindestens 20 Stellen” identifiziert, “die ausweislich des Geschäftsverteilungsplans für Aufgaben eingesetzt waren, die

nicht primär der IT-K Bund zuzuordnen sind”. Dies betreffe Themen wie die digitale Souveränität, die OZG-Umsetzung oder Transformation und Innovation. Der BRH bemängelt, dass das BMI Verzögerungen mit Personalmangel begründe und einen Stellenmehrbedarf anmelde, aber gleichzeitig vorhandene Stellen aus der IT-K Bund für nicht konsolidierungsbezogene Aufgaben verwende. Er empfiehlt dem Ministerium, zunächst “das verfügbare Kontingent zweckbestimmt einzusetzen”. Das Argument des Ministeriums, es würde sehr wohl alle Stellen zweckbestimmt einsetzen, überzeugt den Rechnungshof nicht.

Erste Stufe in Gefahr Doch nicht nur die Dienstekonsolidierung, sondern auch die Betriebskonsolidierung wird vom BRH in seinem Bericht in den Fokus genommen. Für diese ist seit 2020 das BMF verantwortlich. In einer ersten Stufe sollen ausschließlich serverseitige Anteile von Bundesbehörden an das Informationstechnikzentrum Bund (ITZBund) überführt werden. In einer zweiten Stufe, deren Planung die Bundesregierung laut BRH bisher versäumt habe, könnten dann weitere IT-Aufgaben zum ITZBund verschoben werden. Doch schon den Erfolg der ersten Stufe sieht der BRH in Gefahr. Insgesamt 69 Behör-

denprojekte aus 73 Behörden sollen bis Ende 2028 zum ITZBund kommen, verteilt auf vier Wellen. Diese 73 Behörden verfügen laut Rechnungshof über 12.329 IT-Lösungen, von diesen seien nach BMF-Erwartungen 2.776 konsolidierungsfähig. Daraus folgert der BRH: “Nach Abschluss des Projektes Ende 2028 werden voraussichtlich über 77 Prozent der IT-Lösungen nicht konsolidiert sein.” Außerdem bestehe die Gefahr, dass dieser Anteil noch größer werde, denn: Die betroffenen Behörden müssten die Konsolidierung eigenständig vorbereiten, die entsprechende IT bestimmte Anforderungen erfüllen. Fingen die Behörden damit nicht rechtzeitig an, könne der Betrieb weiterer Lösungen nicht konsolidiert werden.

Behörden müssen ­rechtzeitig tätig werden Nach Rechnungshofangaben hat das BMF die zuständigen Entscheidungsgremien, namentlich den IT-Rat der Bundesregierung, nicht über diese Zahlen informiert. Die Folge: “Die Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger in den Gremien hatten bislang keine Gelegenheit, darauf hinzuwirken, dass die Behörden ihre IT rechtzeitig ertüchtigen und damit konsolidierungsfähig machen.” Das BMF hingegen bestreitet, die Zahlen nicht gemeldet zu haben.

So kritisierte der Landesrechnungshof Mecklenburg-Vorpommern in mehreren Berichten aus den Jahren 2019 bis 2021, es erfolge bisher keine zentrale Steuerung der Umsetzung seitens der Landesregierung. “Die Ressorts setzen die in ihrem Zuständigkeitsbereich liegenden Leistungen eigenverantwortlich um. Ein zentraler Überblick über den Umsetzungsstand in der Landesverwaltung liegt nicht vor”, erklärt ein Sprecher des Landesrechnungshofs. Auch bauten die Kommunen teilweise parallele Strukturen auf.

Kommunen werden Frist reißen Des Weiteren rechnet man in Mecklenburg-Vorpommern nicht damit, dass die gesetzliche Umsetzungsfrist (Ende 2022) eingehalten werde. Sowohl die Projektplanung der Landesregierung als auch die Lageeinschätzung der Kommunen widersprächen dem. Diese Kritik kommt beispielsweise auch von den Hamburger Rechnungsprüfern. Der dortige Rechnungshof schreibt in seinem Jahresbericht 2022: “Da bislang keine konkrete zeitliche und inhaltliche Planung gemäß der Projektgenehmigungen vorliegt und auch die Projektorganisation noch nicht vollständig aufgebaut ist, ist die Umsetzung nach den Vorgaben des OZG bis Ende 2022 insgesamt gefährdet.” An dieser Einschätzung hält der Rechnungshof trotz

Einwand der Senatskanzlei, die den Zeitplan nicht als gefährdet ansieht, fest. Auch der hessische Rechnungshof stellt die Einhaltung der OZG-Frist infrage, vor allem aus Sicht der hessischen Kommunen. Dies geht aus seinem aktuellen Großstädtebericht hervor. Dort heißt es, dass alle Städte die Zeitvorgabe vermutlich nicht einhalten könnten oder die fristgerechte Umsetzung infrage stellten, berichtet ein Rechnungshof-Sprecher. Beispielhaft habe man den OZG-Prozess zur Zweitwohnsteuer untersucht. “Allein in Offenbach am Main konnten Steuerpflichtige die Erklärung zur Zweitwohnsteuer über ein Online-Formular unter Nutzung der Digitalisierungsplattform civento ausfüllen und ohne Unterschrift medienbruchfrei an die Stadt übermitteln”, so der Sprecher. Bei den anderen Städten hätten Formulare ausgedruckt und unterschrieben werden müssen. Das bedeutet: “Die Analyse eines sehr überschaubaren OZGVerwaltungsprozesses wie der Steuererklärung zur Zweitwohnungsteuer steht beispielhaft für viele denkbare kommunale Verwaltungsleistungen, deren Digitalisierung durch digitalisierungshemmende Satzungen, Formulare mit Unterschriftenfeld und papiergebundenem SEPA-Lastschriftmandat behindert wird.” Für den Niedersächsischen Landesrechnungshof ist die

Zielerreichung innerhalb der gesetzlich vorgegebenen Fristen “akut gefährdet”. Als Grund führt der Hof in seinem Jahresbericht 2021 unter anderem Personalmangel im zuständigen Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung an. Es müsse dringend eine Projektstruktur aufgebaut und ein effizientes Projektmanagement eingesetzt werden.

Neue Prüfergebnisse Weitere Landesrechnungshöfe haben für dieses Jahr Prüfergebnisse zum OZG angekündigt. Dazu zählt beispielsweise der Landesrechnungshof Brandenburg, der “in den nächsten Monaten” Prüfergebnisse zum Umsetzungsstand der OZGMaßnahmen vorlegen will. Aus Berlin heißt es, der Rechnungshof beobachte das Thema aktuell und stehe im Austausch mit anderen Rechnungshöfen. Der hessische Rechnungshof kündigt neue Ergebnisse für das 4. Quartal 2022 an. Auch in Niedersachsen werden neue Aussagen erwartet, wahrscheinlich im Jahresbericht 2022, der am 1. Juni erscheinen soll. Ein Sprecher gibt hierzu schon einen ersten Ausblick: “Der Landesrechnungshof erkennt bei der OZG-Umsetzung zwar punktuell Fortschritte, seine grundsätzliche Kritik bleibt aber bestehen und darüber hinaus haben sich neue Kritikpunkte ergeben.” Der Druck der Rechnungshöfe auf die OZG-Verantwortlichen bleibt also hoch.

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Informationstechnologie

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Behörden Spiegel / Mai 2022

SAFe-Regeltermine

Datenschutzkonforme Einwilligung

Erfolg durch Planbarkeit und Ordnung sicherstellen

Erst nachdenken, dann handeln und dokumentieren

(BS/André Henke) Im Teil 3 der Artikelserie “Agilität in der Praxis” wurde das vierteljährliche Planungsmeeting – das PI-Planning vorgestellt. Als zentrales Ziel wurde herausgestellt, dass nach diesem Meeting alle Beteiligten dasselbe realistische Verständnis davon haben, was in den nächsten drei Monaten geliefert wird und was auch nicht! Aber wie kann nun sichergestellt werden, dass dieser teamübergreifende, also auf Programmebene abgestimmte Plan auch umgesetzt wird? Hierzu gibt es in der Methodik eine klare Antwort: PO-Syncs, SoS-Termine und System Demos. Klingt beim ersten Mal fremd, ist allerdings schnell erklärt.

(BS/Dirk Weingarten) Wie bereits in der letzten Ausgabe des Behörden Spiegel (April 2022, S. 35) angekündigt, gibt es hier brandaktuelle Informationen rund um die “Einwilligung” und dann (vorerst) doch nur einen weiteren Hinweis auf geldwerte Informationen zur Auskunftspflicht des Arbeitgebers.

Was genau hat es mit den Regelterminen auf sich? Im Scaled Agile Framework (SAFe) gibt es eine Vielzahl von Terminen, wobei wir uns in diesem Artikel auf die Programmebene fokussieren wollen also die Ebene, die einen übergeordneten Blick über die Projekte hat. Alle von diesen erfüllen einen bestimmten Zweck, finden in regelmäßigen Abständen statt und sind damit auch langfristig planbar. Des Weiteren sind sie geprägt durch einen standardisierten Ablauf und festgelegten Teilnehmerkreis. SAFe stellt nach dem PI-Planning, also in der laufenden Umsetzungsphase, die erfolgreiche Implementierung der Pläne mit den folgenden drei Terminarten sicher: 1. Der Product-Owner-Sync (PO-Sync) Product Owner sind in den agilen Projektteams die fachlichen Verantwortlichen (oftmals die ehem. Projektleiter in klassischen Projekten). In diesem Termin kommen alle Product Owner der unterschiedlichen Projekte zusammen sowie auch die Vertreterinnen des jeweiligen Ministeriums, welche fachliche Anforderungen an die Projekte formuliert haben und diese am Ende abnehmen (die sogenannten Product Manager). In dem wöchentlich 60-minütigen Termin werden die zuvor im PI-Planning identifizierten und verhandelten Abhängigkeiten sowie die daraus resultierenden Lieferpakete zwischen den agilen Projektteams besprochen sowie fachliche Hindernisse diskutiert. Insbesondere bei auftretenden Hindernissen, die von den Projekten untereinander nicht aufgelöst werden können, kann durch die Transparenz dieses Meetings und der Teilnahme wichtiger Entscheider über kurze Entscheidungswege eine schnelle Lösung gefunden werden – die Projekte können ohne Zeitverzug weiterarbeiten! Toolseitig sind diese Abhängigkeiten und auch die abgestimmten Lieferungen der Projekte untereinander in Niedersachsen inzwischen transparent in einem professionellen Tool für agile Projektarbeit abgebildet und transparent nachvollziehbar. Die

André Henke, Programmleitung Digitale Verwaltung Niedersachsen, Niedersächsisches Ministerium für Inneres und Sport Foto BS/Niedersächsisches Ministerium für Inneres und Sport

$JLOLWÃW LQ GHU 3UD[LV 7HLO 6$)H erfolgreiche Implementierung von Jira von Atlassian und Agile Hive von Seibert Media, so heißen die eingesetzten Produkte, haben wir in unserem PI-Planning vor zwei Monaten geschafft. Zuvor wurde auf die üblichen Office-Tools zurückgegriffen, die inzwischen aber an ihre Grenzen stießen. 2. Der Scrum-of-Scrum (SoS) Die Scrum Master sind in den Projekten die “Wächter” der Methodik. Die Aufgabe der Scrum Master ist es, methodisch sicherzustellen, dass das Projektteam korrekt plant, Zusagen einhält und Hindernisse im Rahmen der operativen Projektarbeit beseitigt werden. Der wöchentlich 60-minütig stattfindende Regeltermin wird durchgeführt mit allen Scrum Mastern aus den einzelnen Projektteams. Hier wird sich ausgetauscht zum methodischen Fortschritt im Rahmen der agilen Transformation, aber insbesondere zu Hindernissen und Risiken innerhalb der Projekte. Diese werden zentral an den sogenannten Release Train Engineer, den “Chef” der Scrum Master adressiert und, wenn möglich, bereits in dem Termin gemeinsam gelöst. Sollten Hindernisse in diesem Termin nicht gelöst werden können, werden diese verteilt und im Anschluss übermögliche Eskalatio-

nen geklärt. Alles mit einem Ziel: die methodische und organisatorische Lieferfähigkeit des Programmzieles zu ermöglichen.

3. Die SystemDemo Im Gegensatz zum PO-Sync und dem Scrum-of-Scrum findet die System-Demo nicht wöchentlich statt, sondern am letzten Tag einer zweiwöchigen Iteration. Bei diesem Termin werden Zwischenergebnisse der Projekte vorgestellt. Im besten Fall sind PowerPoint-Slides hier Tabu, da die Teams ihre Arbeitsergebnisse der letzten zwei Wochen vorstellen. Zu diesem Termin sind ebenfalls die Product Manager sowie weitere relevante Programteilnehmer/innen eingeladen. Dieser Termin sorgt für eine enorme Transparenz der aktuellen Liefergegenstände und damit einer korrekten Umsetzung der fachlichen Anforderungen. Die Teams haben hier die Chance, ihre Zwischenstände wichtigen Stakeholdern zu präsentieren und sich kontinuierlich wichtiges Feedback einzuholen und ggf. nachzujustieren. In Niedersachsen nimmt z. B. auch der CIO Dr. Horst Baier und es nehmen darüber hinaus weitere wichtige Stakeholder der Ressorts an diesem Termin teil. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Mischung aus der klaren Zielsetzung zur kontinuierlichen Ertüchtigung der Projekte (POSync und SoS) und der regelmäßigen Vorstellung der Ergebnisse (SystemDemo) es ermöglicht, in agilen Großvorhaben transparent und ergebnisorientiert zu operieren. Was passiert, wenn das Inkrement – also das Quartal – zu Ende geht? Genau das ist die richtige Frage. Es wird ein großer Termin mit zahlreicher Stakeholder durchgeführt, dem sogenannten “Inspect & Adapt Workshop” – aber was genau es mit diesem Workshop auf sich hat, dazu mehr im nächsten Teil der Artikelserie.

Schaut man sich polizeirechtliche Eingriffsbefugnisse an, spielt die Einwilligung durchaus eine bedeutende Rolle. So stellt die Einwilligung beispielsweise bei der Zuverlässigkeitsüberprüfung zum Schutz staatlicher Einrichtungen und Veranstaltungen (§ 13a Hessisches Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (HSOG)) eine notwendige Voraussetzung dar, um diese durchführen zu dürfen. Gem. § 16 Abs. 4 HSOG (Datenerhebung durch Einsatz von Personen, deren Zusammenarbeit mit Polizeibehörden Dritten nicht bekannt ist, und durch verdeckt ermittelnde Personen), “dürfen VE-Personen unter ihrer Legende nur mit Einwilligung der berechtigten Person deren Wohnung betreten”. Bei manchen Ermächtigungsgrundlagen, so­ § 31a Abs. 5 HSOG (Elektronische Aufenthaltsüberwachung, Aufenthaltsvorgabe und Kontaktverbot zur Verhütung terroristischer Straftaten) oder § 38 Abs. 2 HSOG (Betreten und Durchsuchung von Wohnungen) dürfen, liegt die Einwilligung nicht vor, nur unter bestimmten Voraussetzungen Daten verarbeitet oder eine Wohnung betreten und durchsucht werden. Was die Einwilligungsvoraussetzungen betrifft, wird nicht immer im Gesetz (hier beispielsweise HSOG) auf die in Hessen geltende maßgebliche landesdatenschutzrechtliche “Einwilligungsgrundlage”, § 46 des Hessischen Datenschutzund Informationsfreiheitsgesetzes (HDSIG), verwiesen (so nur bei § 13a HSOG). Im Übrigen ist für polizeiliches Handeln in Hessen in Ansehung der JI-Richtlinie wegen § 1 Abs. 1 Nr. 2 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) der § 46 HDSIG maßgeblich statt § 51 BDSG; beide Vorschriften sind bis auf einen Satz identisch. So hat der hessische Gesetzgeber gem. § 46 Abs. 3 S. 4 HDSIG (Einwilligung) den Satz ergänzt: “Der Widerruf der Einwilligung muss so einfach wie die Erteilung der Einwilligung sein.”

Polizeiliche Maßnahmen Und neben der im Gesetz geforderten “Einwilligung” werden häufig polizeiliche Maßnahmen, präventiver Art, häufiger noch

solche der Repression einzig auf eine “Einwilligung” gestützt. Denn wenn diese gegeben ist, liegt kein grundrechtlicher Eingriff vor und eine Ermächtigungsgrundlage ist nicht notwendig, genauso wenig wie eine richterliche oder staatsanwaltschaftliche Entscheidung. Eine Einwilligung stellt, wie zuvor dargestellt, entweder im Zusammenhang oder auch alleine, eine notwendige Voraussetzung dar. Für die Zukunft ist eine solche Einwilligung besonders aus datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten beachtenswert und sollte wohl formuliert werden.

Weder gab es eine richterliche Anordnung noch lag zum Zeitpunkt der Kofferraumdurchsuchung Gefahr im Verzug vor, erst nach der Durchsuchung wurde die Staatsanwaltschaft kontaktiert; einzig auf Grundlage der Einwilligung wurde durchsucht. Und diese war wirkungslos, wie das Gericht feststellte, da gegen nahezu alle datenschutzrechtlich notwendigen Umstände verstoßen wurde, die § 51 BDSG so fordert. Die Einwilligung in die Kofferraumdurchsuchung war im Ergebnis unwirksam, da personenbezogene Daten durch die Polizei verarbeitet wurden und Einwilligung muss sie es sowohl unterließ, vorab die “sauber” sein erforderliche Belehrung über die Die Krux ist nämlich, dass Widerruflichkeit der Einwilligung die Einwilligung auch daten- durchzuführen, als auch über schutzrechtlich “sauber” sein ihre Ex-nunc-Wirkung und über muss – und dazu hat sich das den Zweck der Datenverarbeitung LG Kiel mit Urteil v. 19.08.2021 zu informieren. (Az: 10 Qs 43/21, erschienen am Die Frage, ob überhaupt perso09.03.2022) positioniert: So wur- nenbezogene Daten durch die Poliden drei Personen gegen 22 Uhr zei verarbeitet wurden und somit § auf einem Parkplatz kontrolliert, 51 BDSG anzuwenden ist, beantund da sowohl ein Personalaus- wortetet das Gericht wie folgt: “Das weis nach Marihuana roch wie Kraftfahrzeug, in welchem die Beauch aus deren Kraftfahrzeug täubungsmittel gefunden wurden, heraus, wurde mit deren Ein- weist dadurch einen eindeutigen willigung der Kofferraum des Bezug zum Beschwerdeführer auf, Kraftfahrzeuges durchsucht. In dass es auf diesen zugelassen ist. diesem wurden dann ca. zwei Damit bezieht sich die erhobene Kilogramm Marihuana gefunden. Information, also das Vorhandensein von Betäubungsmitteln, über das Kraftfahrzeug Dirk Weingarten, Erster Po(auch) auf den Belizeihauptkommissar, Ass. jur. und zertifizierte Fachkraft schwerdeführer. für Datenschutz, ist seit über Bei dieser Inforzwölf Jahren behördlicher Damation handelt es tenschutzbeauftragter (bDSB) nicht um ein blobei der Polizei Hessen und ßes Sachdatum koordiniert seit über zehn (auf welches das Jahren die bDSBn der Polizei BDSG nicht anHessen. wendbar ist), sonFoto BS/HöMS dern um ein personenbezogenes Datum.” Es ist daher zwingend notwendig, das Bewusstsein zu entwickeln, selbst in einem Drogenfund in einem Kraftfahrzeug oder einer Wohnung die Verarbeitung personenbezogener Daten zu erkennen. Datenschutz Leider war es das auch schon in der Polizei wieder gewesen und in der nächsten Ausgabe lesen Sie dann (endTeil 5: Einwilligung lich), warum der Arbeitgeber seinem Mitarbeiter außerplanmäßig 1.000 Euro überweist.


Homeoffice

Behörden Spiegel / Mai 2022

B

ehörden Spiegel: New Work ist ein Megatrend. Wie weit sind deutsche Behörden bei diesem Thema?

Knipper: New Work ist natürlich auch im öffentlichen Sektor ein großes Thema. Corona hat hier genauso wie in privaten Unternehmen Vorschub geleistet. Laut einer von Next:Public durchgeführten Studie zur “Verwaltung in Krisenzeiten” wünschen sich über 80 Prozent der Mitarbeitenden im Öffentlichen Dienst auch weiterhin Flexibilität, was Arbeitszeit und -ort angehen. Bei der eGovernment-Monitor-Umfrage 2021 des Bitkom haben jedoch 37 Prozent der befragten Kommunen das Arbeiten aus dem Homeoffice und somit hybride Arbeit generell kategorisch ausgeschlossen, weitere zehn Prozent wollen, sobald es möglich ist, wieder zu den alten Regelungen zurückkehren. Gegen Homeoffice spricht aus Sicht von 40 Prozent der Städte und Gemeinden vor allem die fehlende technische Ausstattung. Weitere Bedenken bestehen in Bezug auf Produktivität, Datenschutz und fehlendes technisches Know-how. Dies sind aber alles keine unüberwindbaren Barrieren. Die hohen Anforderungen, was Daten- und Arbeitsschutz angehen, machen die Umsetzung von neuen Arbeitsmodellen vielleicht etwas schwieriger, aber nicht unmöglich. Auf lange Sicht sollten alle Städte und

Der öffentliche Sektor im Wandel Flexible Arbeitsmodelle und digitale Bürgerservices in Städten und Gemeinden (BS) Gregor Knipper, Managing Director DACH bei Jabra Business Solutions, spricht im Behörden Spiegel-Interview über den Megatrend New Work und Angebote seines Hauses für den öffentlichen Sektor. Gemeinden hybride Arbeit ermöglichen, da insbesondere für die jüngeren Generationen Flexibilität im Job eines der wichtigsten Kriterien bei der Berufswahl ist. Behörden Spiegel: Welche Jabra-Lösungen eignen sich besonders gut für flexibles Arbeiten? Knipper: Die Headsets unserer Evolve- und Evolve2-Serien wurden speziell für mobile und hybride Arbeit entwickelt, insbesondere die kabellosen

Bluetooth-Modelle. Alle unsere professionellen Headsets sind sicher und zertifiziert für die großen UC-Plattformen wie Zoom oder MS Teams. Im öffentlichen Sektor ist DECT jedoch häufig der bevorzugte Standard bei kabellosen Headsets. Hier ist daher unsere Engage-Serie ideal. Dank DECT können sich die Nutzer in einem Aktionsradius von 150 Metern frei bewegen und bleiben trotzdem im Gespräch mit dem Anrufer. Zum Thema Arbeitsschutz – Jabra legt beson-

deren Wert auf Ergonomie und Tragekomfort. Unsere Headsets sind leicht und auf Basis von Tausenden von Kopfscans designt. Zudem verfügen sie über verschiedene Features wie IntelliTone, PeakStop oder ANC, die das Gehör schützen. Neben Headsets bieten wir mit unserer PanaCast-Serie intelligente Videolösungen an. Für erfolgreiche hybride Zusammenarbeit ist es wichtig, dass sich alle Kollegen optimal sehen können. Die nonverbale Kommunikation spielt, wie wir alle wissen, eine große Rolle. Zudem hat sich bei der Umfrage von Next:Public herausgestellt, dass 50 Prozent der Beamten und Angestellten Videokonferenzen beibehalten möchten. Während der Pandemie wurde hier viel improvisiert und private Technik eingesetzt. Man sollte den Mitarbeitern lieber sichere, professionelle Audio- und Video-Lösungen zur Verfügung stellen, bevor sie mit eigenen Geräten zur Selbsthilfe greifen. Die

PanaCast und PanaCast 50 sind blitzschnell aufgesetzt für spontane Meetings und erfassen mit ihrem 180 Grad-Sichtfeld selbst in kleinen Räumen alle Teilnehmer. Behörden Spiegel: Zum Teil werden Videogespräche auch schon für Bürger-Services eingesetzt. Wie sehen Sie hier das Potenzial? Knipper: Hier sehe ich auf jeden Fall eine große Chance für die Behörden. Laut Onlinezugangsgesetz (OZG) sollen bis Ende 2022 knapp 600 Verwaltungsdienste digital angeboten werden. Die Mehrheit der Menschen nimmt die bisherigen Online-Angebote aber noch nicht an. Fast die Hälfte der Bürger möchte immer noch in die Behörde gehen und mit einem Mitarbeiter persönlich sprechen. Videogespräche können persönliche Vor-Ort-Termine in Zukunft aber häufig ersetzen. Bürger könnten sich den Gang zum Amt und Wartezeiten dort

Gregor Knipper ist Managing Director DACH bei Jabra Business Solutions. Fotos: BS/Jabra

sparen, wenn sie sich stattdessen per Video ausweisen oder mit ihrem Berater in der Arbeitsagentur – der dann eventuell auch von zu Hause arbeitet – sprechen könnten. Video kann auch beim Thema Inklusion helfen. Man denke zum Beispiel an Hörgeschädigte – ein reines Telefonat käme hier nicht infrage, aber ein Videogespräch, wo auch die Chatfunktion genutzt oder von den Lippen gelesen werden kann, wäre hier durchaus eine Option.

Neben Headsets bietet Jabra mit der PanaCast Serie intelligente Videolösungen an. Fotos: BS/ Jabra

MELDUNG

Bonn auf dem Weg zum “Modern Workplace” Moderne Kommunikations-Lösung als Basis für neue Arbeitsplatzmodelle (BS/Arno Lücht*) Fast 2.000 Mitarbeitende der Bundestadt Bonn zogen während der Pandemie ins Homeoffice. Das herbeigesehnte Ende des Ausnahmezustandes bedeutet hier jedoch keine Rückkehr zum Status quo. Stattdessen geht es in großen Schritten Richtung “Modern Workplace”. Keine Information unter dieser Durchwahl: Würden Mitarbeitende der Stadt Bonn im Homeoffice mit ihrem privaten Telefon arbeiten, liefen viele Anrufe ins Leere. “Datenschutz spielt bei uns eine extrem wichtige Rolle”, erklärt Stephan Siebert, Leiter IT-Kommunikation bei der Bundesstadt Bonn. “Dass der Anruf von einer städtischen Nebenstelle kommt, ist quasi die goldene Key-Card. Mit einer Privatnummer bekommt

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Die Anforderung des Ordnungsamts bedient XPhone mit dem “Hotkey”: Mitarbeiter können Anrufe starten, indem sie eine beliebige Nummer markieren und eine Tastenkombination drücken. “Das Konzept hat uns direkt überzeugt”, erinnert sich Siebert. “Ebenso die einfache Anbindung an unsere TK-Anlagen und das flexible Lizenzmodell.” Als die Pandemie losbrach, nutzten 500 Mitarbeitende XPhone.

bert. “Man ist überall unter der Büro-Durchwahl erreichbar und telefoniert ausschließlich unter dieser nach außen.” Der Datenschutz ist dabei jederzeit gewährleistet: Über XPhone lassen sich verschiedene Datenquellen anbinden, deren Kontakte via Freitextsuche verfügbar sind. Die Daten liegen auf dem eigenen Server und sind vor Fremdzugriff geschützt. Auch Sammelanschlüsse können im Homeoffice betreut werden: XPhone bietet hierzu ein Hotline-Management inkl. Warteschlangen-Funktion.

Kein Zurück in die analoge Welt (BS/gg) Der Trend zur Nutzung digitaler Technologien, um von zu Hause oder unterwegs zu arbeiten, setzt sich auch nach der CoronaPandemie fort. Die Mehrheit der Beschäftigten plant, digitale Technologien auch weiterhin verstärkt zu nutzen, um ortsunabhängig zu arbeiten. Dies zeigt auch eine Umfrage des Markt- und Meinungsforschungsinstituts Civey

im Auftrag von eco – Verband der Internetwirtschaft e. V. Drei von vier Erwerbstätigen (74,6 Prozent) mit der Möglichkeit, zu Hause zu arbeiten, wollen auch nach der Corona-Pandemie weiterhin mithilfe digitaler Technologien außerhalb des Büros produktiv sein. Videokonferenzen sind die meistgenutzte digitale Technologie. 50,9 Prozent aller

Erwerbstätigen in Deutschland wollen sich auch nach Corona online mit Kollegen, Kunden und Partnern besprechen. Viele Menschen profitieren von einer verbesserten digitalen Ausstattung im Homeoffice. Rund die Hälfte (47 Prozent) gibt in der Umfrage an, der eigene digitale Arbeitsplatz habe sich während der Corona-Pandemie weiter.

Zukunftsvision “Shared Desktop”

Die Stadt Bonn, hier der Marktplatz mit dem historischen Rathaus, sieht sich bei der Kommunikationsinfrastruktur für zukünftige Herausforderungen gerüstet. Foto: BS/C4B

man bei einer Bundesbehörde schlicht keine Auskunft.” Dass die Mitarbeitenden der Stadt Bonn auch im Homeoffice mit ihrer Büro-Durchwahl telefonieren können, verdanken sie einer Anforderung des Ordnungsamts. Die Beistellmodule für die Telefone seien an ihrer Kapazitätsgrenze, beklagten die Mitarbeitenden 2016. Nummern, für die kein Platz mehr war, mussten von Hand abgetippt werden – ein unnötiger Zeitfresser. “Wir haben damals nach einer Software gesucht, mit der sich Anrufe via Mausklick aus jeder Anwendung starten lassen”, berichtet Siebert. Die Telekom schlug die KommunikationsLösung XPhone Connect vor. Der Vorteil: XPhone setzt auf die vorhandene Telefonanlage auf und erweitert diese um moderne Unified-CommunicationsFunktionen.

Mit Corona stieg der Bedarf sprunghaft an: “Ein Mitarbeiter sagte uns, er bräuchte unbedingt dieses XPhone. Das sei nun Voraussetzung, um im Homeoffice zu arbeiten”, schmunzelt Siebert. “Diesen Ansturm hatten wir bei der Lizenzplanung natürlich nicht berücksichtigt, aber das haben wir sehr gerne nachgeholt.”

“One-Number” dank Softphone Schnell wuchs die User-Anzahl auf 1.800. Und auch die Anforderungen stiegen: Neben der Erreichbarkeit im Homeoffice musste auch sichergestellt werden, dass bei ausgehenden Gesprächen die Behörden-Nummer signalisiert wird. Siebert und sein Team richteten für die betroffenen Mitarbeitenden das Softphone ein, das XPhone ebenfalls an Bord hat. “Dank Softphone haben wir ein komplettes OneNumber-Konzept”, erklärt Sie-

“Die Kolleginnen und Kollegen rennen uns gerade praktisch die Bude ein”, berichtet Siebert. Um des Ansturms Herr zu werden, wird die Infrastruktur ausgebaut. Die Investitionen sind ein klares Bekenntnis, dass die Arbeitswelt vor Corona Geschichte ist. “Heute haben wir 10.000 Telefone”, so Siebert. “Künftig werden wir nur noch einen Bruchteil brauchen. Dann stellen wir das HardwareTelefon nur noch auf den Tisch, wenn es explizit gewünscht wird.” Die Stadt schafft damit die Voraussetzung für den “Shared Desktop”. Hinter diesem Begriff verbirgt sich ein neues Arbeitsplatzmodell, wonach sich zwei Mitarbeitende, die weiterhin regelmäßig im Homeoffice arbeiten, einen Schreibtisch teilen. Ein Konzept, das auch durch die aktuelle Raumsituation an Bedeutung gewinnt: Nicht nur, weil die Verwaltung wächst, sondern auch weil das Stadthaus umfassend saniert und dafür größtenteils geräumt werden muss. Mit seiner Kommunikationsinfrastruktur sieht sich Bonn gerüstet: “Natürlich müssen wir noch an einigen Stellschrauben drehen”, konstatiert Siebert. “Aber ich bin überzeugt, dass es uns gelingt, auch dann für die Bonner Bürgerinnen und Bürger da zu sein, wenn im Stadthaus das Unterste zuoberst gekehrt wird.” *Arno Lücht ist freier IT-Journalist.

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Informationstechnologie

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Wo fange ich an?

S

o auch die Stadtverwaltung Hennigsdorf in Brandenburg. Die Stadtverwaltung Hennigsdorf befindet sich in der Konzeptionierung und dem Aufbau von Digitalisierungswerkzeugen und berücksichtigt dabei insbesondere die Rahmenbedingen des Onlinezugangsgesetzes. Mit dem OZG-Quickcheck der PICTURE GmbH konnte der Start zur weiteren Digitalisierung initiiert werden, indem erstmalig auch die Fachbereiche und Fachdienste in die Fragestellungen und das Finden gemeinsamer Antworten einbezogen werden konnten. Hennigsdorf verfügte bereits frühzeitig über eigene Vorstellungen zur Priorisierung des Vorgehens, wollte diese jedoch mit den bundes- und landesspezifischen Vorgaben und Möglichkeiten abgleichen. Hierzu wurden die in Hennigsdorf tatsächlich durchgeführten, OZGrelevanten Leistungen identifiziert, der aktuelle OZG-Reifegrad bestimmt und es wurden weitere Schritte zur erfolgreichen Digitalisierung festgelegt. Gemeinsam mit den für die Digitalisierung verantwortlich Handelnden erarbeitete PICTURE, welche Leistungen des OZG-Katalogs für die Stadtverwaltung tatsächlich wichtig sind. Durch ein mehrstufiges Vorgehen konnten die vorhandenen Ressourcen optimal eingesetzt werden. Auf Grundlage der in Hennigsdorf besonders wichtigen OZG-Leistungen wurde eine weitergehende Priorisierung durchgeführt und relevante Kennzahlen wie Fallzahlen, Digitalisierungsstand und -fähigkeit wurden in Interviews mit

Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes (BS/Cornelia Skroch/Sarah Fuhsy*) Vor dieser Frage stehen wohl noch immer viele Digitalisierungsverantwortliche in der öffentlichen Verwaltung. Bis Ende 2022 müssen laut Onlinezugangsgesetz (OZG) alle Verwaltungsleistungen auch online zur Verfügung gestellt werden. Doch bei knapp 600 Leistungen, von denen gut ein Drittel in kommunaler Umsetzung sind, fällt es schwer, einen Anfang zu finden. Welche Leistungen sind OZGrelevant und müssen von meiner Kommune tatsächlich umgesetzt werden? Und wo sollen zuerst die Prioritäten gesetzt werden, wenn auch von vielen anderen Seiten hohe Erwartungen bestehen? Fragen, die viele Verwaltungen vor eine große Herausforderung stellen, insbesondere mit dem immer näher rückenden Umsetzungstermin. den Fachdiensten erhoben. Diese Reifegradanalyse berücksichtigte nicht nur die “reine” OZG-Seite, sondern auch individuelle Rahmenbedingungen hinsichtlich Personal, Servicelevel und IT. So konnte unter anderem herausgefunden werden, wo bereits im Hause oder darüber hinaus schon gute (und fertige) Lösungen existieren. In einem agilen Umsetzungsworkshop mit PICTURE wurden die Erkenntnisse ausgewertet und eine konkrete Entscheidungsgrundlage für die Verwaltungsspitze in Form von priorisierten Leistungen, Reifegradstufen (Ist und Soll) und Maßnahmen zur Umsetzung erarbeitet. So konnte eine Reihenfolge für die umzusetzenden Leistungen ermittelt werden. Damit steuern die Hennigsdorfer Entscheider/-innen die Modernisierung ihrer Verwaltung aktiv und werden nicht ständig von neuen “Wahrheiten” getrieben. Im Ergebnis zeigt sich: Über die Hälfte der umzusetzenden Verwaltungsleistungen ist in Hennigsdorf noch “offline” und befindet sich somit auf Reifegradstufe 0. Dass die OZG-relevanten Leistungen in Hennigsdorf sich überwiegend auf der untersten

Beispiel einer Nutzwertanalyse zur OZG-Umsetzung

Stufe befinden, ist insbesondere auf fehlende Antragsformulare und zum Teil auf fehlende Leistungsbeschreibungen auf der Webseite zurückzuführen. Dieses Ergebnis war zwar keine Überraschung, stellte aber eine wichtige Erkenntnis für das weitere Vorgehen dar – Stufe für Stufe zu erklimmen, um die Rei-

fegradstufe 3 zu erreichen. Mit der Erreichung von Reifegradstufe 3 ist den Anforderungen des OZG genüge getan, sodass dies auch die Zielreifegradstufe für die Stadtverwaltung Hennigsdorf darstellt. Die Umsetzung von kleinen Maßnahmenschritten ist für die Digitalisiererinnen und Digitalisierer hilfreich, um sich

2022

Besser steuern: Führungs­ kompetenz in der neuen Arbeitswelt

12.

2022

Zusammenarbeit 2.0: Wie die erfolgreichen Teams der Zukunft arbeiten

Weitere Infos auf work2morrow.de

19.

Mehr zum Thema Aktuelle Einblicke in Prozessmanagement-Digitalisierungsprojekte deutschlandweit gibt das Fachforum 4 “Prozessmanagement – Erfolgreich digitalisieren von E-Akte bis OZG” auf Digitaler Staat am 3./4. Mai 2022 in Berlin.

(BS) Nachdem sich zunächst Cloud Services zum Innovationstreiber entwickelten, hilft heute die zugrunde liegende Infrastruktur föderalen Dienstanbietern, bürgernahe Dienste zu entwickeln und zu betreiben. Neben der Agilität sind Datensouveränität, Kostenkontrolle und Ausfallsicherheit von zentraler Bedeutung für die Bereitstellung moderner staatlicher Dienstleistungen.

Wie lassen sich in der neuen Arbeitswelt menschliche und unternehmerische Potenziale erkennen? Wie können wir im Team eine responsive Denkweise entwickeln und transparent kommunizieren? An insgesamt drei Thementagen erhalten Führungskräfte, Mitarbeiter aus der Organisationsentwicklung sowie Personal- und IT-Abteilungen wertvolles Wissen für ihren Arbeitsalltag:

Mai

nicht in den hohen Anforderungen an die vollständige Erfüllung der OZG-Vorgaben zu verlieren, sondern die Verwaltungsmodernisierung zielgerichtet voranzutreiben. Denn: Bereits zehn Prozent der priorisierten OZG-Leistungen der Stadtverwaltung Hennigsdorf befinden sich auf der Reifegradstufe 2, sodass hier nur wenige Stellschrauben gedreht werden müssen, um die Zielreifegradstufe zu erreichen. Des Weiteren erlaubt die Reifegradanalyse, den Stand der OZG-Umsetzung aus mehreren Blickrichtungen zu betrachten. Auch Einzelmaßnahmen zur Digitalisierung wurden so klassifiziert und halfen bei der Umsetzungspriorisierung.

*Cornelia Skroch steuert als Digitalisierungsbeauftragte bei der Stadtverwaltung Hennigsdorf die Maßnahmen zur Modernisierung und Fortentwicklung der Verwaltungsmodernisierung mit elektronischer Akte und Fachverfahrenseinführung. Dabei hält sie stets die Reifegrade der verantworteten OZG-Leistungen im Blick. Sarah Fuhsy führt als Projektleiterin und Beraterin bei der PICTURE GmbH OZG-Quickchecks, Prozessanalysen und Organisationentwicklungsmaßnahmen in der öffentlichen Verwaltung durch.

Cloud-Infrastruktur als Innovationstreiber

Die Online-Konferenz von

Mai

Grafik: BS/PICTURE GmbH

So können die eigenen strategischen Zielsetzungen im Bereich der Verwaltungsmodernisierung und Digitalisierung mit den Vorgaben des Onlinezugangsgesetzes übereingebracht werden. Mit diesem Ergebnis liegt ein Steuerungswerkzeug vor, das für die weitere Kommunikation sowohl innerhalb der Verwaltung als auch zu Kund(innen) sowie in der Politik eingesetzt werden kann. Der Status quo der OZG-Umsetzung ist sichtbar und kann bei jedem Fortschritt fortgeschrieben werden. Der durchgeführte OZG-Quickcheck erlaubt es der Stadtverwaltung Hennigsdorf, das “drohende” Datum in einen Vorteil zu verwandeln und sich aktiv mit der eigenen Zukunft zu beschäftigen. So können die Leistungen priorisiert bearbeitet werden, bei denen eine Lösung einerseits zum aktuellen Stand überhaupt möglichst und die andererseits unter den lokalen Gegebenheiten den meisten Nutzen stiften.

Digitaler Staat

Wie der Wandel der Arbeitswelt gelingt

5.

Behörden Spiegel / Mai 2022

Mai 2022

Das passende Werkzeug: Tools und Techniken für eine produktive Zusammenarbeit

Digitale Souveränität in der Cloud, ist das möglich? Digitale Souveränität fordert von Dienstanbietern, auch in der Cloud die Kontrolle über Daten und Applikationen zu behalten. Die Sorge vieler politischer Entscheidungsträger, dass im Cloud-Markt viel Macht in den Händen weniger Anbieter liegt, lässt sich am einfachsten durch den Betrieb eigener Hardware umgehen. CloudInfrastruktur-Angebote versetzen Rechenzentrumsbetreiber in die Lage, Cloud-Dienste zu Cloud-Kosten anzubieten, ohne dabei die Kontrolle über die Hardware zu verlieren.

Mehr Sicherheit für kommunale Rechenzentren Die Sicherung lokaler Rechenzentren vor Cyber-Angriffen wird deutlich vereinfacht. In den letzten Monaten ist eine Zunahme von Angriffen auf kommunale Rechenzentren zu beobachten. Bürgerbüros schließen und sind über Monate nur eingeschränkt

arbeitsfähig. Auf modernen Infrastruktur-Plattformen sind auch die kleinen Rechenzentren mit den gleichen Maßnahmen geschützt wie weltweite Cloud-Angebote. Applikationen mit und ohne Internetzugang werden auf gehärteter und kontinuierlich überwachter Infrastruktur bereitgestellt und sind im Falle eines Falles innerhalb von Stunden wieder einsatzbereit.

“IT-Grundschutz”-gesicherte Applikationen aus der Cloud Mit dem IT-GrundschutzKompendium formuliert das BSI einen Rahmen für das IT-Sicherheitsmanagement. Applikationen für öffentliche Auftraggeber zu betreiben, erfordert die strikte Einhaltung der beschriebenen Verfahren. Moderne Infrastrukturanbieter ermöglichen den Betrieb auch außerhalb stattlicher Rechenzentren und sind darauf vorbereitet, Software-Partnern bei der Zertifizierung Ihrer Angebote zu helfen.


Informationstechnologie

Behörden Spiegel / Mai 2022

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Adobe liest mit

E-Payment im öffentlichen Sektor

Starke Kritik am Datenschutz des DB Navigators

Die Voraussetzung der systemischen OZG-Umsetzung

(BS/Matthias Lorenz) Wer heutzutage in Deutschland mit der Bahn fahren will, kommt um folgende App kaum herum: den DB Navigator. Mithilfe der App kann man Verbindungen suchen, die Pünktlichkeit überprüfen, Zugtickets kaufen und digital in Züge einchecken, um nur einige Funktionen zu nennen. Doch mit dem Datenschutz soll es die App offenbar nicht so genau nehmen: Der IT-Sicherheitsforscher Mike Kuketz ist bei der Analyse der App auf gravierende Mängel gestoßen. Details hierzu beschreibt er in einem ausführlichen Blogeintrag.

(BS/Kevin Müller) Der Online-Handel boomt – bargeldlose Bezahloptionen sind dabei für viele selbstverständlich. Wie groß das Vertrauen der Bevölkerung in onlinebasierte Bestell- und Bezahlprozesse mittlerweile ist, zeigt sich auch an der zunehmenden Inanspruchnahme digitaler Verwaltungsleistungen. Dadurch wächst der Druck auf die Verwaltung, denn sie muss sicherstellen, dass der öffentliche Haushalt die steigende Anzahl von Transaktionen verarbeiten kann. In einem automatisierten End-to-End-Prozess zur Vereinnahmung von Gebühren ist E-Payment eine maßgebende Komponente.

Schon das Design des CookieBanners der App, welches beim ersten Nutzen der Anwendung angezeigt wird und wo der Nutzer die Cookie-Nutzung einstellen muss, lässt sich laut Kuketz kritisieren. Die Option “Alle Cookies zulassen” hebe sich “durch das auffällige Rot deutlich von den anderen beiden Optionen ab”. Die Option “nur erforderliche Cookies zulassen” sei hingegen nicht als Button gestaltet, sondern wirke eher wie ein Link hin zu weiteren Informationen. Deswegen werde dies eventuell nicht als Auswahlmöglichkeit wahrgenommen.

Banner-Design möglicherweise rechtswidrig Allein dadurch könnte die App bereits gegen geltende Datenschutzbestimmungen verstoßen. Das legt zumindest die rechtliche Analyse der Rechtsanwaltssozietät “Spirit Legal” nahe, welche Kuketz für die Bewertung seiner Befunde eingeholt hat. Die Juristen schreiben, dass man ungeachtet weiterer schwerer Mängel bereits die grafische Gestaltung des Cookie-Banners als rechtswidrig bewerten könne, “weil es den Grundsatz von Privacy by Default (Gebot datenschutzfreundlicher Voreinstellungen) unterminiert und demgegenüber die datenschutzfeindlichste Variante “Alle Cookies zulassen” derart grafisch und in der Interaktion in den Vordergrund stellt, dass Nutzer/ -innen in der konkreten Situation und angesichts des ohnehin im Hinblick auf [die Datenschutz-

grundverordnung, DSGVO] extrem mangelhaft ausgestalteten First Layer der verwendeten Consent Management-Plattform (CMP) in die Zustimmung getrieben werden”. Doch selbst wenn der Nutzer die Auswahlmöglichkeit “Nur erforderliche Cookies zulassen” findet und auswählt, treten nach Kuketz' Ansicht Datenschutzverstöße auf. So würden insgesamt zehn Unternehmen beziehungsweise Dienstleister aufgeführt, welche für den Betrieb der App angeblich “erforderlich” seien. Neben einigen DB-eigenen Firmen zählt dazu beispielsweise auch das US-Unternehmen Adobe. Kuketz weist darauf hin, dass der Nutzer keine Möglichkeit habe, der Übertragung von Daten an diese zehn Unternehmen zu widersprechen. Wie Kuketz herausgefunden hat, erhält gerade Adobe vom DB Navigator eine Vielzahl von Daten und Informationen. Dazu gehören beispielsweise der genaue Smartphone-Typ oder der Mobilfunkanbieter des Nutzers. Auch Details zu Reiseauskünften werden übermittelt: Beispielsweise der Abfahrtstag, der Start- und Zielpunkt, die Anzahl der Reisenden und ob ein Kind mitfahren soll oder nicht. Weitere übermittelte Details sind unter anderem der Bahncard-Status oder ob die Verbindung direkt oder mit Umstieg ist. Das Fazit des Sicherheits-Forschers: “Adobe erfährt praktisch jeden Aufruf/ Schritt, den ein Nutzer innerhalb

des DB Navigators ausführt. Das ist User-Tracking – und der Nutzer hat keine Möglichkeit, dem zu widersprechen.” Die rechtliche Bewertung der Juristen fällt in diesem Fall eindeutig aus: Die Weitergabe der Daten sei für den Abruf von Zugverbindungen sowie die Ticketbuchung mitnichten “unbedingt erforderlich”. Diese Begrifflichkeit müsse nach geltendem Recht und aktueller Rechtsprechung sehr eng ausgelegt werden. Auch die marktbeherrschende Stellung der Deutschen Bahn müsse berücksichtig werden, da dem Nutzer keine Wahl bleibe, “als zähneknirschend der rechtswidrigen werblichen Verarbeitung seiner Daten tatenlos zuzusehen”. Die Anwälte werten den Einsatz der Analyse- und Marketingtools “ohne explizite, informierte und freiwillige Einwilligung der Nutzer/-innen” deswegen sowohl als einen Verstoß gegen die DSGVO als auch gegen das Telekommunikation-TelemedienDatenschutz-Gesetz (TTDSG). Somit zeigt sich: Die Deutsche Bahn, die sich noch immer komplett im Besitz des Staates befindet, verstößt wahrscheinlich gegen die Datenschutz-Gesetze. Es besteht an dieser Stelle also dringender Handlungsbedarf. Die Deutsche Bahn teilte Kuketz mit, man werde seine Hinweise und die Kritik sehr ernst nehmen. Bestimmte Aspekte würden der zuständigen Datenschutzaufsichtsbehörde zur Bewertung vorgestellt.

Daraus resultiert die Frage, ob die vollständig digitalisierte OZG-Umsetzung an der automatisierten Vereinnahmung von Gebühren scheitern könnte.

Digitalisierung und OZG nur mit automatisierter Vereinnahmung Von Capgemini durchgeführte Interviews mit Entscheider/ -innen im E-Payment-Umfeld auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene zeigen: Ein vollautomatisiertes Zuordnen des Zahlungseingangs und der offenen Position im Haushalt erfolgt zurzeit nur bedingt. In vielen Fällen wird auf eine manuelle Zuordnung oder auf eine Summenüberprüfung mit grober Stichprobe zurückgegriffen. Ein manuelles Vorgehen ist jedoch hinsichtlich der fortschreitenden OZG-Umsetzung und der damit verbundenen steigenden Anzahl an E-Payment-Transaktionen auf Dauer nicht abbildbar. Ein weiterer Anstieg der Transaktionen führt dazu, dass Bund, Länder und Kommunen prozessuale und personelle Grenzen erreichen.

Effizienz im Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesen Die Komplexität bei Zahlungsvorgängen entsteht bereits durch die Vielzahl an Beteiligten: Nutzer/-innen, Fachverfahren und Online-Dienste, PaymentService-Provider (PSP), potenzielle Payment-Plattformen sowie Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesen-Systeme (HKR).

Kevin Müller beschäftigt sich als Lead Business Analyst bei Capgemini mit E-PaymentLösungen für die öffentliche Verwaltung. Kontakt: kevin. mueller@capgemini.com Foto: BS/Capgemini

Zusätzlich fehlen Standards beziehungsweise werden nicht genutzt. Die Herausforderungen versucht der Staatsbetrieb Sächsische Informatik Dienste (SID) als einer der Betreiber der ePayBL (“ePayment Bund und Länder”) zu adressieren. Als Mitglied der ePayBL-Entwicklergemeinschaft konnte die Freie Hansestadt Bremen (FHB) durch die Implementierung eines automatisierten Ablaufs zur Vereinnahmung von Verwaltungsleistungen den Verwaltungsvorschriften der Landeshaushaltsordnung entsprechen und den E-Payment-Prozess vollständig digital umsetzen. Zukünftig können Bürger/-innen Verwaltungsleistungen der FHB durchgängig online beziehen und bezahlen. Der Aufbau der Sollstellung wie auch die anschließende Zuordnung von Zahlungseingang und Sollstellung erfolgt mithilfe des HKR-Systems vollautomatisiert. So kann den zu erwartenden hohen Fallzahlen onlinebasierter Zahlungen erfolgreich begegnet werden. Dabei ist ein breiter Zah-

lungsmix aus unterschiedlichsten Bezahlarten Voraussetzung, um einer möglichst breiten Masse der Bevölkerung das onlinebasierte Bezahlen von Verwaltungsleistungen zu ermöglichen.

Digitale End-to-End-PaymentProzesse Ohne die Anbindung von EPayment ist die OZG-Umsetzung nicht abgeschlossen, da der Bezug von Leistungen und deren Bezahlung nicht durchgängig digital möglich wären. Erfolgreich ans Ziel führen nur vollständig digitalisierte Prozesse, die ein automatisiertes Zusammenspiel von E-Payment-Lösungen und HKR-Systemen garantieren. Vereinnahmungsprozesse müssen demnach neu gedacht und technisch implementiert werden, um die steigenden Aufwände im Haushalt abzubilden. Die nächste große Herausforderung stellt die Nachnutzung von OZG-Leistungen anderer Länder nach dem Einer-für-Alle-Prinzip (EfA) dar. Eine Arbeitsgruppe des IT-Planungsrates arbeitet an länderübergreifenden Lösungen, um das E-Payment zu standardisieren. Das E-Payment im öffentlichen Sektor entwickelt sich kontinuierlich weiter – es bleibt spannend.


Informationstechnologie

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E

Bekanntmachung in “eForm” Chance für Unternehmen und Vergabestellen bei öffentlichen Aufträgen (BS/Frank Schmitz) Die Durchführungsverordnung (EU) 2019/1780 der EU-Kommission vom 23. September 2019 zur Einführung von Standardformularen zur Veröffentlichung von Bekanntmachungen für öffentliche Aufträge könnte man als eine weitere Änderung der Bekanntmachungsmuster ansehen und ihr keine größere Aufmerksamkeit widmen. Bei näherer Betrachtung bedeutet die Durchführungsverordnung jedoch einen Paradigmenwechsel weg von reinen Textfeldern hin zu Datenfeldern, die von den öffentlichen Aufraggebern zu befüllen sind. Diese grundlegende Veränderung bietet eine Vielzahl von neuen Ansatzpunkten für die Digitalisierung des Beschaffungsprozesses.

Darstellung der Startseite des Bekanntmachungsservices im Rahmen der Erstellung des Prototyps

chen Aufträgen zu informieren. So kann ein größerer Anreiz für Unternehmen – insbesondere kleine und mittlere (KMU) – zur Beteiligung an Ausschreibungen gesetzt werden. Um die Bekanntmachungen aller Vergabestellen in Deutschland an einem Ort auffindbar zu machen, wird derzeit Frank Schmitz ist Abteilungsleiter Beschaffungsmanageim Rahmen des ment und Zentrale Dienste im Teilprojektes des Beschaffungsamt des BMI. Bundes ein BekanntmachungsFoto: BS/BeschA service (BKMS) entwickelt, über

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as aber bedeutet Steuerung von Daten und was verbirgt sich hinter DatenGovernance? Die Antwort erschließt sich schnell, wenn man Daten von den beiden zentralen Ebenen einer Organisation aus einordnet: Der strategischen Ebene, die im Kern der Leitung obliegt, und der operativen Ebene, die im Kern den Fachabteilungen obliegt. Während die strategische Ebene die Ziele und Leitbilder vorgibt, die als Handlungsmaximen für die Datenverarbeitungen wirken, setzt die operative, fachliche Ebene die Datenverarbeitungen in der täglichen Arbeit der Behörden um. Dabei spielen schon heute das Datenmanagement, der Datenschutz, die Daten-Compliance und die IT-Sicherheit jeweils eine zentrale Rolle. Daten-Governance bildet als Steuerungsebene die Verbindung zwischen der strategischen und der operativen Ebene. Sie verbindet die zentralen Bereiche der Datenverarbeitung und verantwortet die Koordination der in der jeweiligen Behörde zuständigen Stellen.

Dies macht eine Anbindung aller Vergabesysteme, die auf föderaler Ebene genutzt werden, an den Bekanntmachungsservice erforderlich. Hierzu wird im Rahmen der Kooperation von der Freien Hansestadt Bremen ein Vermittlungsservice entwickelt, der die Anbindung der Vergabesysteme an den BKMS erleichtern und standardisieren wird. Dieser Service wird als “Einer-für-alle”(EfA)-Leistung entwickelt und den Bundesländern und dem Bund zur Verfügung gestellt.

Umsetzung der Clean ­Vehicles Directive

den die Ausschreibungen im eForms-Format gefunden werden können. Der BKMS verfolgt das Ziel, den Unternehmen einen kostenfreien Überblick über alle Ausschreibungen der öffentlichen Hand – egal welcher föderalen Ebene – zu verschaffen. Durch die explizite Benennung im aktuellen Koalitionsvertrag und die ergänzenden Ausführungen im aktuellen Jahreswirtschaftsbericht ist diese Zielrichtung auf politischer Ebene deutlich verankert worden.

Weitere Standardisierung Neben dem datengetriebenen Ansatz durch eForms ist eine

Welche Möglichkeiten durch die skizzierte Vorgehensweise entstehen, lässt sich durch ein erstes konkretes Anwendungsszenario im Rahmen der natioBeispielhafte Darstellung für die Anmeldung zum BKMS über das ELSTER-­ nalen Umsetzung der Clean-VeUnternehmenskonto Screenshots: BS/BeschA hicles-Directive-(CVD)-Richtlinie nachweisen. In diesem Bereich weitere Standardisierung von in die Vergabeplattformen zu wurden Umsetzungsmöglichkeigroßer Bedeutung: Das einheit- gelangen, ohne sich als Unter- ten erarbeitet, die zeigen, wie liche Unternehmenskonto wird nehmen nochmals verifizieren aus den Bekanntmachungsforzukünftig die Basis für eine zu müssen. Diese Möglichkeit mularen zukünftig über den Anmeldung zum Bekanntma- des Single Sign-ons bedeutet BKMS offene Daten Open Data) chungsservice und zu Vergabe- für viele Unternehmen eine tat- zur Verfügung gestellt und viplattformen für Unternehmen sächliche Erleichterung für die sualisiert werden können. So bieten. Bund und Länder haben Teilnahme an Vergabeverfahren, wurde zur Umsetzung der CVD sich bereits auf die Anwendung da unterschiedliche Zugangsda- bereits ein Leitfaden für E-Vereines auf ELSTER basierenden ten entfallen. gabe-Dienstleister/FachverfahUnternehmskontos verständigt. Die beschriebenen Mehrwerte renshersteller in Kooperation Der BKMS wird es implementie- sind jedoch ohne eine vollstän- zwischen dem Bundesminisren, doch es ist erforderlich, dass dige und von hoher Datenqua- terium für Digitales und Verdieser Schritt von allen Vergabe- lität geprägte Darstellung aller kehr, dem Bundesministerium plattformen vollzogen wird, um Bekanntmachungen ihrer Nen- für Wirtschaft und Klimaschutz, eine einheitliche Anmeldung für nung nicht wert. Es ist daher dem Bundesministerium des Unternehmen zu gewährleisten. notwendig, alle Bekanntma- Innern und für Heimat und dem So wird es möglich sein, aus chungen auf dem Bekanntma- Beschaffungsamt des BMI he­ dem Bekanntmachungsservice chungsservice zu publizieren. rausgegeben.

Daten-Governance In de Zukunft steuern (BS/Manuel Heinemann*) Große Datenmengen zu beherrschen und Daten richtig in die Zukunft zu steuern, ist eine Kernaufgabe für die Verwaltung. Aber in vielen Behörden werden Daten zwar verarbeitet und zur Erfüllung der dienstlichen Aufgaben genutzt, aber nicht strukturiert und koordiniert gesteuert und verwaltet. Es fehlt an einer koordinierten und zielorientierten Datensteuerung, es fehlt die Daten-Governance. Dabei sind Daten die zentrale Ressource von Behörden. Ohne Daten-Governance können die großen Datenmengen aber nicht wertschöpfend, nachhaltig und gesetzeskonform verarbeitet und genutzt werden. Es ist deshalb dringend geboten, die Grundlagen für zukunfts- und tragfähige Datenverarbeitungen umzusetzen und fortlaufend weiterzuentwickeln. Oftmals werden in Behörden aber allein die Bereiche IT und Datenschutz als Teile der Datenverarbeitung angesehen. Entsprechend konzentrieren sich dort die wesentlichen Maßnahmen und Prozesse zur Steuerung von Datenverarbeitungen. Die Einbeziehung der weiteren Bereiche der DatenGovernance erfolgt nicht. Dies wird noch dadurch verschärft, dass Personal fehlt und notwendiges Fachwissen nicht vorhanden ist. Daten erfordern aber weit mehr Maßnahmen, um die zukünftigen behördlichen, rechtlichen und wirtschaftlichen Anforderungen zu erfüllen. Insbesondere die nachfolgenden Bereiche sollten von Behörden dringend in den

PRAXIS SYMPOSIUM

E-AKTE

OZG, Portale, Cloudlösungen … aber bitte mit standardisierter elektronischer Akte

18. – 19. Mai 2022, Berlin

Fokus genommen und durch eine Daten-Governance gesteuert werden: • die wertschöpfende Nutzung von Daten, • die IT-Sicherheit, • d ie rechtlichen Rahmenbedingungen des neuen Datenrechts, • die Einbindung neuer Technologien, • die Einbeziehung von Nachhaltigkeit. und ethischen Maßstäben bei Datenverarbeitungen, • die Verbindung von menschlicher und maschineller Arbeit.

Wertschöpfende Nutzung von Daten Die wertschöpfende Nutzung betrifft dabei vorrangig den Zu-

Suelzengenappel, stock.adobe.com

ingebettet in das Kooperationsprojekt “Elektronische Beschaffung im Kontext des Onlinezugangsgesetzes” unter der Federführung der Freien Hansestadt Bremen, haben sich die Kooperationspartner NordrheinWestfalen, Rheinland-Pfalz, die Koordinierungsstelle für IT-Standards (KoSIT) und der Bund einer Standardisierung des Beschaffungsprozesses verpflichtet. Daraus resultierte erst neulich der Beschluss des IT-Planungsrates vom 9. März 2022 zum neuen Standard XBeschaffung. Der Bund verantwortet das Teilprojekt “Standardbasierte Vereinfachung des Unternehmenszugangs zur öffentlichen Beschaffung”, welches die Teilnahme an Ausschreibungen für Unternehmen leichter gestalten soll. Hierzu liefern die neuen Bekanntmachungsmuster (“eForms”) zukünftig die Datengrundlage, da die Bekanntmachungen als Datenquelle genutzt werden können, um Unternehmen transparenter und nutzerfreundlicher über Ausschreibungen von öffentli-

Behörden Spiegel / Mai 2022

gang zu Daten, um eine kommerzielle und nicht kommerzielle Nutzung zu ermöglichen und Einnahmen, beispielsweise in Form von Steuern, zu generieren. Zudem sollen Arbeitsplätze geschaffen und gesellschaftliche Fortschritte ermöglicht werden. Dabei spielen Datenräume, Datensouveränität und Datenaltruismus zukünftig entscheidende Rollen, die es zu berücksichtigen gilt. Die IT-Sicherheit ist ebenfalls eine Kernaufgabe jeder Behörde, um gegen die zunehmenden Gefahren und Risiken durch Cyber Crime und technische Angriffe gerüstet zu sein.

Entwicklung der rechtlichen Rahmenbedingungen Die rechtlichen Rahmenbedingungen für Datenverarbeitungen entwickeln sich mit starkem europäischem Vortrieb. Die EU hat bereits mehrere Data Acts auf den Weg gebracht, darunter auch den Entwurf für eine Verordnung zur Daten-Governance. Der Bedarf neuer Regelungen für Datenverarbeitungen beruht auf den besonderen Eigenschaften von Daten, die neue technische, organisatorische und rechtliche Rahmenbedingungen erfordern. Daten als nicht rivales, ubiquitäres Gut zu regulieren, erfordert insbesondere Regelungen zu den Vermögens- und Nutzungsrechten an Daten, zu Haftungsfragen und zur vertraglichen Gestaltung. Die Einzelheiten werden hier zumeist noch kontrovers diskutiert. Dabei stehen auch ressourcenschonende Aspekte der Nachhaltigkeit und ethische Gesichtspunkte im Fokus der Gesetzgebung und der Politik. Neue Technologien, wie beispielsweise die Blockchain-

Technologie oder Technologien der Virtual und Augmented Reality, spielen auch in Verwaltungen eine zunehmende Rolle und sind im Rahmen der Digitalisierung ein wesentlicher Baustein für zukünftige Verwaltungsleistungen. Die technischen Möglichkeiten der Massendatenverarbeitung, des elektronischen Zugangs zu amtlichen Informationen einerseits sowie zu Verwaltungsleistungen andererseits entwickeln sich schnell und umfangreich weiter. Der Gesetzgeber hat durch Umsetzungsfristen, wie sie beispielsweise im OZG mit Ablauf des 31.12.2022 vorgesehen sind, richtungsweisende Zeitvorgaben gesetzt.

Automatisierung und Einsatz von Künstlicher Intelligenz Die zunehmende Automatisierung und der wachsende Einsatz von komplexer Software und KI zur Erledigung behördlicher Aufgaben erfordert eine Kooperation von Menschen und Maschinen für Datenverarbeitungen. Digitale Fähigkeiten und technisches Verständnis müssen gefördert und entwickelt werden. Die Personalentwicklung und die Personalgewinnung sind zentrale Herausforderungen für Behörden. Die technischen Möglichkeiten können nur im Einklang mit der personellen Weiterentwicklung und mit Fachpersonal genutzt werden.

Steuerungsebene zwischen Leitung und Umsetzung Ohne Daten-Governance können diese Aufgaben nicht bewältigt werden. Eine Steuerungsebene zwischen der Leitungsebene und der operativen Umsetzung ist daher notwendig,

um die zunehmenden Datenmengen zu verarbeiten, ohne Datenqualität, Datensicherheit und Datenschutz zu verringern. Was aber ist konkret zu tun? Als erster Schritt muss die Bedeutung von Daten-Governance von der Leitung erkannt werden. Der Ausgangspunkt für Daten-Governance ist Chefsache. Daten-Governance erfordert sodann eine entsprechende Zuständigkeit innerhalb der Behörde. Die für DatenGovernance zuständige Stelle sollte dabei als Stabsstelle eingerichtet und mit entsprechenden Mitteln und Kompetenzen ausgestattet werden. Zu den ersten Aufgaben gehört es dann, das Datenmanagement und die Datencompliance sowie die Beauftragten in den Bereichen IT und Datenschutz einzubinden und die Kommunikationswege zu gestalten. Auf Grundlage dieser Kommunikation sind dann die weiteren Maßnahmen und Prozesse zu entwickeln. *Manuel Heinemann, Volljurist und Diplom-Kaufmann (FH), ist Hochschullehrer und Fachleiter Recht der Digitalisierung an der Fachhochschule für Verwaltung und Dienstleistung in Altenholz. Zuvor war er als Justiziar und behördlicher Datenschutzbeauftragter beim Landesamt für Finanzen in Koblenz tätig.

Mehr zum Thema Der Behörden Spiegel veranstaltet im Sommer unter der Leitung von Manuel Heinemann zwei Webinare “DatenGovernance”, die einen ersten Einblick in die Daten-Governance und den aktuellen Stand der Umsetzung in der EU geben. Weitere Informationen zu den Veranstaltungen am 7. Juli bzw. 12. August finden sich unter www.fuehrungskraefteforum.de, Suchwort ­“Governance”


Informationstechnologie

Behörden Spiegel / Mai 2022

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Zwei Welten treffen aufeinander

Neuaufstellung

ServiceNow für die öffentliche Verwaltung

Materna mit neuem Vorstandsressort Public Sector

(BS/Ricardo Stier*) Der amerikanische Software-Anbieter ServiceNow will auch die Workflows deutscher (BS/Christine Siepe*) Die IT-Unternehmensgruppe Materna hat das Geschäftsjahr 2021 erneut mit einem Behörden digitalisieren. Dabei treffen hier Welten aufeinander: ServiceNow denkt bei der Digitalisierung im Rekordumsatz abgeschlossen und ist organisch um 21,9 Prozent auf 433 Millionen Euro gewachsen. Größter Big Picture, deutsche Behörden fangen eher klein an. Lohnt sich die ungleiche Verbindung? Wachstumstreiber ist der Geschäftsbereich Public Sector. Dieser Entwicklung trägt Materna Rechnung und vergrößert den Vorstand: Michael Hagedorn übernimmt das neue Ressort Public Sector & Security. In den letzten Gartner-Quadranten für IT-Servicemanagement ist die Plattform von ServiceNow immer oben rechts als “Leader” zu finden. Über das IT-Servicemanagement hat sich die Plattform in den letzten Jahren auf die Digitalisierung von Workflows für Human Resources, Beschaffung, Rechnungswesen und weitere Anwendungsbereiche erweitert. In vielen der wirtschaftlich stärksten Unternehmen der USA ist ServiceNow mittlerweile im Einsatz. Das Charmante an ihr: Vorhandene Systeme werden nicht abgeschafft, sondern verbunden, ob SAP, Microsoft oder individuelle Lösungen. Im Aufbau der neuen digitalen Workflows lassen sich viele Details individuell gestalten. Kurzum: Die Plattform überzeugt.

Behörden wollen meist eine Einzellösung einführen Doch einen Nachteil hat ServiceNow auch: Die Plattform ist nicht günstig und erscheint überdimensioniert – aus gutem Grund. Denn der Hersteller geht immer vom Big Picture der Durchorchestrierung aller Workflows aus. Darauf sind die umfangreichen Funktionen der gesamten Plattform und der einzelnen Module ausgelegt. Wer nur einen Teilprozess digitalisieren möchte, für den ist ServiceNow das falsche Tool. Doch genau so starten Projekte in Behörden meist: klein und mit einem Teilprozess. Hier soll das Onboarding verbessert, dort ein Webshop aufgebaut oder ein ERP-Teilprozess automatisiert werden. Viele Behörden haben

gute digitale Einzellösungen und suchen von dort aus ergänzende Tools. Die wenigsten schreiben das aus, was ServiceNow ausmacht: das Verbinden der Einzelanwendungen zu einem Gesamtsystem für durchgängige Prozesse für Kunden und Mitarbeitende. Wer sich für ServiceNow entscheidet, will nicht ein einzelnes Problem lösen, sondern seine gesamte Strategie ändern. Er will Brücken zwischen seinen vielen Insellösungen bauen. Auch wenn Behörden oft Einzelprojekte starten, wäre es falsch, anzunehmen, dass sie nicht “weit genug” für das amerikanische Big Picture sind. Viele wollen ja Brücken zwischen ihren Insellösungen bauen. Aber sie müssen anders ansetzen, weil sie hierfür öffentliche Gelder beschaffen müssen, die sie mit schnell wirksamen Verbesserungen und Amortisierungen der Projektkosten verargumentieren. Viele der Projekte dienen dazu, eine Brücke zwischen zunächst nur zwei Insellösungen zu bauen. Statt dem Big Picture also eine Brücke nach der anderen – das ist der deutsche Weg. Da die öffentliche Verwaltung für ServiceNow eine wichtige Branche ist, kommt der Hersteller besonders auf kleinere Behörden inzwischen mit günstigen Einstiegskonditionen zu. Deutsche Behörden und die Cloud – das passt bekanntermaßen nicht. Daher versucht der Anbieter, auch hier Hürden abzubauen, um den hohen deutschen Sicherheitsansprüchen zu genügen. Über Partnerschaften mit wenigen deutschen Rechenzent-

rumsbetreibern bietet ServiceNow seine Plattform als On-PremiseVariante an. Zudem investiert der Konzern mehrere Mio. Euro in eine eigene, DSGVO-konforme Speicherlösung und damit in den Aufbau eines Cloud-Dienstes mit rein europäischer Datenverarbeitung und ebensolchen Support. Diese Lösung soll noch in diesem Jahr verfügbar sein.

Kostenstellen abrechnen – nicht in den USA Ein weiterer Nachteil: Die ServiceNow-Plattform ist momentan in vielen Details noch primär auf den amerikanischen Markt ausgelegt, was sich in den vorgefertigten Modulen zeigt. Eine Abrechnung auf Kostenstellenbasis beispielsweise – aus deutscher Sicht Usus – ist in den Modulen bisher nicht angelegt, muss also “customized” werden. Auch hier will der Anbieter die Anwendung noch mehr an den Bedürfnissen des deutschen Marktes orientieren. Dennoch lohnt sich die Investition für beide Seiten: Denn keine andere Plattform wird in näherer Zukunft den Software-Inseln verbindenden Ansatz des Herstellers nachbauen können. Und wenige IT-Landschaften sind so groß und in so viele Software-Inseln aufgeteilt wir die der deutschen und europäischen Behörden. Das Zusammenkommen lohnt sich also für beide Seiten, auch wenn die Entfernung zwischen den USA und Deutschland doch etwas größer als erwartet ist. *Ricardo Stier berät als Projektmanager bei Akquinet Einrichtungen der öffentlichen Verwaltung.

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Michael Hagedorn verantwortet das zum 1. April neu gegründete Vorstandsressort Public Sector & Security. Beratungs-, IT- und Digitalisierungsprojekte bei öffentlichen Auftraggebern tragen mit über einem Drittel zum Gruppenumsatz bei. Gut 880 Beschäftigte in der MaternaGruppe realisieren Projekte für öffentliche Auftraggeber. “Mit einem eigenen Vorstandsressort werden wir dieser wichtigen Kundengruppe auf den Ebenen Bund, Land und Kommunen noch besser gerecht”, sagt Michael Hagedorn. Wichtige Treiber sind gesetzliche Grundlagen wie das Onlinezugangsgesetz (OZG). Michael Hagedorn verantwortete in den vergangenen vier Jahren als Executive Vice President und Mitglied des Executive Management Boards den Geschäftsbereich Public Sector bei Materna. Er ist darüber hinaus Geschäftsführer der IT-Beratungstochter Infora GmbH. Hagedorn ist Diplom-Mathematiker und verfügt über 28 Jahre Erfahrung in Management und Consulting bei IT-Unternehmen, davon 25 Jahre mit dem Schwerpunkt auf öffentlichen Auftraggebern, zuvor u. a. bei Sopra Steria und der Software AG. Ein weiteres Tochterunternehmen, das im neuen Vorstandsressort angesiedelt ist, ist die TraffGo Road, spezialisiert auf IT-Lösungen für die Verarbeitung von Verkehrsdaten. Ein wichtiger Fokus in diesem Vorstandsressort ist Cyber Security. Die Bedrohungslage durch Cyber-Attacken hat in Deutschland und weltweit wei-

Das Materna-Vorstandsteam seit dem 1. April 2022 (v. l. n. r.): Uwe Scariot (Vorstand Enterprise Service Management & Internationalisierung), Martin Wibbe (CEO und Vorstand Industries), Dr. René Rüdinger (CFO) und Michael Hagedorn (Vorstand Public Sector & Security) Foto: BS/Materna

ter zugenommen. Materna bietet verschiedene Leistungen an, mit denen Organisationen die Gefahr von Cyber Security-Angriffen und ihre Auswirkungen deutlich verringern können. Dies reicht von Informationssicherheitsberatung und Projektierung bis zum sicheren Betrieb von Fachapplikationen in traditionellen Arbeitsumgebungen sowie dem Materna-eigenen Security Operations Center, das Kunden als Cyber-Sicherheitsleitstelle für ihre IT-Infrastruktur dient. Die Tochter Virtual Solutions AG ermöglicht in ultramobilen Arbeitsumgebungen eine VS-NfDabgesicherte Kommunikation und Kollaboration. Mit dem spezialisierten Security-Portfolio adressiert Materna alle Zielbranchen und -märkte gleichermaßen. Ein weiteres neues Vorstandsressort ist Enterprise Service

Management & Internationalisierung, das Uwe Scariot verantwortet. Enterprise Service Management gehört seit Jahrzehnten zu den Kernkompetenzen von Materna und ist ein sehr Partnerfokussiertes Geschäft. Materna veredelt die Technologien der Hersteller BMC, ServiceNow und Micro Focus mit mehrwerthaltigen Leistungen, die uns bei unseren Kunden besonders attraktiv machen. Materna ist bereits heute europäischer Marktführer, wenn es um Dienstleistungen für komplexe Enterprise-Service Management-Lösungen geht. Mit ESM vereinfachen Organisationen ihre Workflows und verschlanken organisationsweit die Prozesse in allen Abteilungen. *Christine Siepe leitet die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit bei Materna.


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Informationstechnologie / IT-Sicherheit

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Behörden Spiegel / Mai 2022

Hacken für die Ukraine

“Eine Lanze für Subsidiarität”

Cyber-Kriegshandlungen gegen Russland sind strafbar und riskant

Angebot von Cyber-Sicherheitsagenturen auf Landesebene stark nachgefragt

(BS/bhi) Der ukrainische Digitalminister hat IT-Spezialistinnen und -Spezialisten zum Cyber-Krieg gegen Russland aufgerufen. Das Hacker-Kollektiv Anonymous erklärte Russland den Krieg. Mittlerweile haben Menschen aus aller Herren Länder einen digitalen Kampf begonnen. Welche Gefahren für die Zivilgesellschaft und für die Hacker selbst mit diesem Cyber-Krieg verbunden sind, ahnen sie kaum.

(BS/sp) Das Landesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (LSI) fungiert seit 2017 für bayerische Kommunen und Kritische Infrastrukturen (KRITIS) als Beratungspartner in Themen der Cyber-Sicherheit. Die Länder Hessen und Baden-Württemberg haben mit dem Cyber Competence Center (Hessen3c) und der Cybersicherheitsagentur (CSBW) ebenfalls Länderinstitutionen geschaffen, um die Cyber-Sicherheit zu stärken. Die Erfahrungen sind durchweg positiv.

Ein Standbild aus Anonymous Kriegserklärung an Russland. Der Hacker trägt eine Guy-Fawkes-Maske. Das geht auf den Film “V für Vendetta” zurück, wo ein Freiheitskämpfer eine solche Maske trägt. Inzwischen ist sie zum Erkennungszeichen des Hacker-Kollektivs geworden. Foto: BS/Just Click‘s With A Camera, flickr.com, Public Domain Mark 1.0

“Wir schaffen eine Cyber-Armee. Wir brauchen digitale Talente. Es wird Aufgaben für alle geben. Wir hören nicht auf, an der Cyber-Front zu kämpfen. Die erste Aufgabe ist im Kanal für Cyber-Spezialisten”, lautete der Aufruf des ukrainischen Digitalministers Mykhailo Fedorov auf Twitter. Wie bei einem CrowdSourcing-Projekt können alle mitarbeiten. Daher kommt Fedorovs Aufruf der Schaffung einer internationalen Freiwilligenbrigade an der Cyber-Front gleich. Bei der Diskussionsrunde “Spot|On|IT-Security: Die IT-Armee der Zivilgesellschaft” diskutierten drei Expertinnen und Experten die Folgen.

Deutsche Cyber-Kämpfer? Möglicherweise beteiligen sich auch Deutsche. Vor Kurzem ist die deutsche Tochter des RosneftKonzerns gehackt worden. Noch ist nicht klar, wer verantwortlich ist. Jedenfalls stahlen die CyberSöldner 20 Terabyte an Daten, löschten Festplatten und stellten ihre Beute dann online. Aber das ist nur ein besonders großer und sichtbarer Hack. “Am Anfang des Krieges machten bei Github und via E-Mail Tools die Runde, die man sich runterladen konnte. Mit denen konnte man dann DDOSAngriffe gegen russische Websites unterstützen”, erklärt Maike Vossen. Vossen arbeitet beim Computer Emergency Response Team (CERT) des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI). Vossen kann es verstehen, dass Bürgerinnen und Bürger an der Cyber-Front gegen Russland kämpfen wollen. “Natürlich ist das BSI kein Monolith”, erklärt sie, “wir sind ja auch nur Menschen. Als Anonymous diese Kriegserklärung geschrieben hat, dachten

ich und viele meiner Kollegen: Yeah, wir sind dabei.” Das war eine überraschende Aussage, da das BSI sich grundsätzlich gegen zivile Eingriffe in den Ukraine-Krieg ausspricht. Auch Vossen ist trotz ihrer privaten Sympathie absolut dagegen, dass Zivilisten Russland im Cyber Space angreifen: “Emotional ist das verständlich, aber ethisch ist es bedenklich. Da sitzt ein Mann und hat die Hand auf dem roten Knopf. Ich kann mich nicht als Privatperson aufschwingen, ihm den Krieg zu erklären.”

Eine Form von Cyber Crime Zudem gibt es für so etwas wie die Kriegserklärung von Anonymous keine rechtliche Grundlage. Krieg ist durch das Völkerrecht geregelt. Demnach können nur Staaten einander den Krieg erklären. Wenn Hacker Angriffe ausführten, begäben sie sich somit in ein rechtliches Niemandsland, betont Prof. Dr. jur. Dennis-Kenji Kipker. Sie würden zu Handelnden ohne den rechtlichen Schutz des Kombattantenstatus. “Private Akteure werden auf eigene Rechnung tätig. Das ist eine Form von Cyber Crime”, betont Kipker. Peter Vahrenhorst, Kriminalhauptkommissar beim Landeskriminalamt NRW mit Schwerpunkt Cyber-Crime, stimmt dem zu. ”Es gibt im deutschen Strafrecht keinen Ausnahmestraftatbestand. Man sagt nicht: Straftaten sind erlaubt, wenn sie einem hehren Ziel dienen. Der Straftatbestand gilt in allen Fällen.” Vahrenhorst führt weiter aus, dass die Zielsetzung eines Hackers nicht immer erkennbar sei. Ob sich die Täter Zugang zu den Systemen einer russischen Firma verschaften, um der Ukraine zu helfen oder um Geld zu erpressen, bliebe

oft im Dunkeln. Hinzu kommt ein weiteres Problem. ”Wir haben Situationen, wo keine eindeutige Attribution möglich ist. Das heißt, man kann einen Akteur im Cyber-Krieg nicht einer der beiden Seiten zuordnen”, erklärt Kipker. Vahrenhorst vom LKA hält fest: ”Wir müssen davon abraten, sich zu beteiligen, weil wir das verfolgen müssen.”

Mögliche Folgen Welche Folgen kommen auf Menschen zu, die für die Ukraine hacken? Einerseits müssen sie privat die Verantwortung für ihre Aktionen tragen. Da droht den Hackern ein Strafprozess. Aber das sei nicht alles, betont Kipker. Wenn zivile Infrastruktur beschädigt werde, müssten die Angeklagten unter Umständen Schadensersatz bezahlen. Andererseits riskieren Hacktivisten schwere Kollateralschäden. Zweierlei könnte passieren. Erstens könnte Putin private Cyber-Attacken aus dem Ausland als Vorwand für weitere Eskalationen nutzen. Das befürchtet zum Beispiel Vossen vom BSI. Zweitens können private Hacking-Angriffe die zivile Infrastruktur beschädigen. Denn Hacker nutzen für Angriffe nicht ihre eigenen Systeme. Beispielsweise startet ein Hacker seinen Angriff vom System eines Krankenhauses aus. Russland hackt zurück. In dem Fall könnte die IT des Krankenhauses zerstört werden. Manche denken, dass der Kampf im Cyber Space weniger Gefahr für Leib und Leben birgt als der analoge Krieg. Doch durch die Kollateralschäden, die ein Hacking-Angriff auslösen kann, riskieren die Cyber-Krieger letztlich das Wohlergehen aller.

1.100. Das ist die Anzahl an individuellen Beratungsangeboten, die das LSI im Jahr 2021 für KRITIS, Kommunen und mit anderen Partnern durchgeführt hat. “Das ist eine Steigerung von fast 100 Prozent im Vergleich zu 2020”, erklärt Daniel Kleffel, Präsident des LSI. Die Aufgaben des LSI umfassen die IT-Gefahrenabwehr und den Schutz des bayerischen Behördennetzes: “Ich möchte eine massive Lanze für Subsidiarität brechen, der Bedarf an CyberSicherheitsagenturen ist aktuell einfach extrem groß”, so Kleffel. Dabei möchte der Präsident des LSI aber keine Rechtsgrundlage für Fach- oder Rechtsaufsichten bei den Kommunen schaffen, das sei nicht sinnvoll: ”Ein gewisses Monitoring halten wir für praktisch, aber wir wollen auch kein Druck auf die Kommunen aufbauen.”

Hessen3C gegen CyberKriminelle Der Erfolg des LSI wird wohl einer der Gründe sein, warum sich das hessische Innenministerium 2019 auch zu dem Schritt entschlossen hat, die Informationssicherheit im Land breiter aufzustellen: “Das Hessen3C ist besonders geeignet, um Angriffsvektoren und Modi Operandi von Cyber-Kriminellen aufzuschlüsseln und effektive Maßnahmen zur Prävention zu schaffen”, erklärt Vera Lindenthal-Gold, Leiterin des Hessen3C. Ihre Behörde

nutzt vor allem die Zusammenarbeit mit dem Bund und ging eine Partnerschaft mit dem Nationalen Cyber-Abwehrzentrum (NCAZ) ein. Zukünftig sollen die Informationsflüsse anlassbezogen kommuniziert werden, damit, ähnlich wie es beim LSI der Fall ist, auch das Hessen3C noch stärker mit einem Frühwarnsystem der Bevölkerung, Unternehmen und Kommunen bei Cyber-Vorfällen zur Seite stehen kann.

CSBW startet in diesem Jahr Das CSBW geht erst in diesem Jahr in den operativen Betrieb, verfolgt aber ähnliche Ziele. Matthias Pröfrock, Leitender Ministerialrat des Baden-Württembergischen Innenministeriums, erklärte auf dem Thementag “Cyber-Sicherheits-Architektur” auf Digitaler Staat Online, dass vor allem die Konkurrenz mit der Industrie bezüglich des IT-Fachkräftemangels schwierig zu lösen sein werde: “Hier werden wir uns strecken müssen”, so Pröfrock. Alle drei Behörden würden sich auch technische Hilfe der Zentralen Stelle für Informationstechnik im Sicherheitsbereich (ZITiS) wünschen. Aktuell müssten die Behörden noch den Umweg über die Zentralstellen gehen, erklärt der Ministerialrat. Da die ZITiS auf einem ministeriellen Erlass des Bundesinnenministeriums zugrunde liege, profitierten aktuell nur Bundesbehörden von den Techniken und Forschungser-

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gebnissen, erklärte Wilfried Karl, Präsident der ZITiS. Des Weiteren erklärte Karl, dass seine Behörde auch nur ein Bundesbudget erhalte: ”Damit werden wir sowieso schon begrenzt”, erklärte der Präsident.

Der Bund möchte helfen Andreas Könen, Abteilungsleiter CI “Cyber- und IT-Sicherheit” im Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI), machte hier etwas Hoffnung: “Im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens für die ZITiS werden aktuell mit den Ländern Analysen durchgeführt, um die Möglichkeiten dafür zu eruieren”, erklärte Könen. Damit würden die Cyber-Sicherheitsagenturen der Länder mit modernster Expertise für mehr IT-Sicherheit für Länder, Kommunen und Bürger sorgen können. Auch die Kompetenzen des Bundes würden in der jetzigen Legislaturperiode im Bereich der Cyber-Sicherheit verstärkt werden. Der Abteilungsleiter erklärte, dass das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) eine Zentralstelle ohne Amtshilfe vor allem im Bereich Detektion und Abwehr werden solle. Auch das NCAZ solle eine immer stärkere Bedeutung für die Kontrolle des Cyber-Raumes bekommen: “Die Pilotphase mit dem Hessen3C läuft sehr gut und über die weitere Ausgestaltung des Abwehrzentrums wird aktuell beraten”, so Könen.


IT-Sicherheit

Behörden Spiegel / Mai 2022

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Kommunikation als Gemeinschaftsprojekt

Bei Angriff Rot

Ressortübergreifende Digitalprojekte als neuer Standard

ITDZ eröffnet die Kommandobrücke des Cyber Defence Centers

(BS/sp) Ob als Kommunikation auf dem Schlachtfeld oder auch im Privaten auf der Couch: Alle Gespräche, die nicht im öffentlichen Kontext geführt werden, sollten unter den Personen bleiben, die sie führen. Selbstverständlich gibt es dafür Ausnahmen – z. B. wenn es um die Aufdeckung von Verbrechen geht. Bei der Kommunikation unter Bundesbehörden haben die Informationen sogar eine besondere Brisanz und gelten als außerordentlich schützenswert. Nun gibt es seit Anfang des Jahres eine hochsichere und zeitgemäße Kommunikationslösung – die Umsetzung des ressortübergreifenden Projektes gelang dabei schneller, als man meinen mag.

(BS/bhi) In den Berliner Landesnetzen und Landesrechenzentren sind die Daten von 3,7 Millionen Berlinerinnen und Berlinern gespeichert: ihre Namen, Adressen, Telefonnummern und Steuerbescheide. Wenn Hacker sich diese Daten verschaffen könnten, wären die Folgen verheerend. Aber zwischen ihnen und den Daten steht das Cyber Defence Center des IT-Dienstleistungszentrums Berlin (ITDZ). Die Regierende Bürgermeisterin von Berlin, Franziska Giffey (SPD), eröffnete jetzt das neue Herzstück der Cyber-Abwehr der Hauptstadt.

“Endlich ist die Lücke geschlossen”, sagt Dr. Sven Stephen Egyedy, Beauftragter für die Digitalisierung im Auswärtigen Amt (AA) und die Auslands-IT. Dabei meint er die Fähigkeitslücke, welche seit jeher in der Geheimkommunikation der Bundesregierung klaffte. Der Betrieb der sicheren VS-Kommunikation bei Bundesbehörden begann Anfang 2022. Der Weg dahin war überraschend kurz: “14 Monate nach Beginn der Planung war das System dann komplett betriebsbereit und ist seitdem im Einsatz”, betont Egyedy. In einem hochregulierten Umfeld ein so krisensicheres und anwendungsfreundliches System zu entwickeln, “sei eine Herkulesaufgabe gewesen, die man

aber gemeistert habe”, sagt der Beauftragte für die Digitalisierung im AA.

Ein erster Schritt Das AA hat im Projekt die Federführung übernommen. Des Weiteren waren das Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI), das Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) und das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) involviert. Die Kommunikation zwischen Bundesbehörden sollte aber nur ein erster Schritt sein, meint Generalleutnant Michael Vetter, Abteilungsleiter Cyberund Informationstechnik und Chief Information Officer im BMVg. Er fordert eine sichere Kommunikation mit allen Verbün-

Gespräche zwischen Individuen gehören nicht immer in die Öffentlichkeit. Vor allem bei der Kommunikation zwischen Bundesbehörden kann man sich dessen sogar sicher sein. In einem ressortübergreifenden Projekt hat man nun dafür gesorgt, dass die sichere Kommunikation auch weiter sicher bleibt. Verwaltung und Politik wünschen sich nun mehr übergreifende Projekte – auch in Europa. Foto: BS/Gerd Altmann, pixabay.com

deten – vor allem mit der NATO und der Europäischen Union (EU): “Wir haben immer noch Kommunikationsinseln bei der NATO, das muss geändert werden”, so Vetter. Das ressortübergreifende Projekt der Geheimkommunikation soll erst der Anfang einer intensivierten Zusammenarbeit sein, so Andreas Könen, Abteilungsleiter “Cyber- und Informationssicherheit” im BMI. Das BMI sei in viele Digitalprojekte eingebunden, vor allem im Bereich der digitalen Souveränität. Aktuell sei sein Ministerium in einem Kooperationsprojekt mit dem BSI beschäftigt: “Wir möchten eine digital souveräne Cloud schaffen”, fordert Könen. Dafür würde sich der Abteilungsleiter vor allem ein Projekt auf EU-Ebene wünschen: “Bisher gibt es keine Einrichtung der EU, die digitale Fragestellungen jenseits von Crypto diskutiert.” Hier müsste Deutschland die Zügel in die Hand nehmen, meint Sebastian Hartmann, MdB und innenpolitischer Sprecher der SPDFraktion: “In Europa wartet man darauf, dass wir die Impulse setzen.” Man habe keine Zeit, dafür zu warten, in den nächsten Jahren sei es zu spät, so Hartmann auf einer gemeinsamen Veranstaltung des Behörden Spiegel mit dem ITUnternehmen secunet. Man darf also gespannt sein, welche Projekte Europa durch Führung Deutschlands in den nächsten Jahren realisieren kann. Die übergreifende Zusammenarbeit in Deutschland klappte. Jetzt wird es Zeit für Europa.

Im “Security Operations Center” (SOC) laufen in Zukunft alle Informationen des Cyber Defence Centers zusammen. Wenn man das SOC betritt, fühlt es sich an, als hätte man die Kommandobrücke eines Raumschiffes betreten. Blaues Licht, eine Monitorwand am Kopfende, davor ein Lagebesprechungstisch und ein langes Pult mit PC-Arbeitsplätzen. Im hinteren Teil des Raums ist eine verglaste Kabine eingebaut. Das ist der schallisolierte Besprechungsraum, in der die Cyber-Verteidiger abhörsicher den Schutz der Berliner IT-Infrastruktur planen werden. “Wenn wir an einem Behördenstandort einen Angriff haben, geht hier die rote Lampe an”, erklärt Olaf Hoßfeld, Leiter des Cyber Defence Center (CDC) des ITDZ. Im Angriffsfall wechselt das Licht buchstäblich von Blau zu Rot. Angriffe sind das tägliche Brot der ITler. Bis zu 15 Millionen Attacken stellt das Cyber Defence Center im Jahr fest, etwa 4.000 am Tag. Um sie zu finden, analysiert das SOC mittels automatisierter Programme einen Datensatz von der Größe eines Terrabytes am Tag. Nicht alle Angriffe sind gleichermaßen schwerwiegend. Es gibt DDOS-Attacken, Malware und Datendiebstahl. Im SOC sollen die Informationen zentral gebündelt werden – in Echtzeit. So können Hoßfeld und seine Kollegen Muster erkennen, gegebenenfalls das Computer Emergency Response Team (CERT) informieren und Kontermaßnahmen oder

Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey spricht mit einem IT-Spezialisten des SOC. Im Hintergrund mit der hellblauen Krawatte steht Dr. Ralf Kleindiek, CDO des Landes Berlin. Foto: BS/Hilbricht

forensische Analysen einleiten. “Wir fahren das hier in unterschiedlichen Eskalationsstufen hoch. Wenn hier etwas passiert, arbeiten wir voll besetzt und 24/7”, betont Marc Böttcher, Vorstand des ITDZ.

Viele verschiedene Maßnahmen für mehr Attraktivität Um sich als Arbeitgeber attraktiver zu machen, kündigte Dr. Ralf Kleindiek, Berliner CDO, an, dass er und seine Kollegen bis Mitte des Jahres ein Konzept erarbeiten werden, um Personal zu gewinnen. Das Ziel sei, 700 bis 800 neue IT-Kräfte bis zum Ende der Legislaturperiode einzustellen. Bisher arbeiten rund 1.000 Angestellte beim ITDZ. Auf Nachfrage erläuterte Kleindiek, dass zu dem Konzept die Erhöhung von Gehältern, flexibles Ar-

beiten, Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie mobiles Arbeiten gehören sollen. Als sie das SOC verließ, sprach Giffey dann noch einen der Mitarbeiter an: “Die Frauenquote hier ist aber auch nicht so hoch, wa?” Es waren nur männliche Mitarbeiter anwesend. Der Angestellte erwiderte, dass er sich sehr wünsche, dass mehr weibliche Fachkräfte in der IT arbeiten würden. Es gebe durchaus Frauen, die sich für den Beruf interessierten. Vielleicht könne das ITDZ es schaffen, dass sie den Weg in die Branche finden. Neben dem Konzept des Berliner CDOs spricht vielleicht noch etwas anderes für die Branche. Als Giffey die Männer nach ihren Berufsbezeichnungen fragte, antwortete jemand: “Security Officer.” “Das sind aber coole Namen”, entgegnete die SPD-Politikerin.

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IT-Sicherheit

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Behörden Spiegel / Mai 2022

Schutz vor Cyber-Attacken bei Behörden – Dynabook hilft

Terrorpropaganda löschen

Worauf die öffentliche Verwaltung bei IT-Investitionen achten sollte

Neues Gesetz gebietet Löschung innerhalb einer Stunde

(BS/Tobias Sonnen*) Cyber-Kriminalität nimmt in Deutschland seit Jahren kontinuierlich zu – vor allem mit der verstärkten Remote-Arbeit. Kommunalverwaltungen und andere öffentliche Einrichtungen sind dabei häufig leichte Beute. Das belegen Recherchen von Zeit Online und dem Bayerischen Rundfunk. Zwischen 2015 und 2021 kam es demnach in mehr als 100 Fällen zu Attacken auf Behörden, beispielsweise in Form von Ransomware. Die Dunkelziffer liegt vermutlich noch deutlich höher. Verantwortlich ist dafür oft die fehlende Technik.

(BS/bhi) Als der Islamische Staat (IS) das Internet mit Gewaltvideos überschwemmte, beschloss das EU-Parlament, ein Gesetz zu erlassen. Um solchen Content schnell löschen zu können, erließ es im letzten Jahr die EU-Verordnung 2021/784 (TCO). Jetzt bringt das Bundesministerium des Inneren und für Heimat (BMI) einen entsprechenden Gesetzentwurf in den Bundestag ein. Binnen einer Stunde nach Aufforderung sollen Hosting-Anbieter Terrorpropaganda nun löschen. Bei Nichtbeachtung drohen hohe Geldstrafen.

Dass vermehrt Behörden und Kommunen zur Zielscheibe von Hackern werden, ist kein Zufall. Dank teilweise unzureichender IT-Sicherheit stehen Kriminellen häufig Tür und Tor offen. Der Nachholbedarf bei der technischen Ausstattung von Verwaltungsmitarbeitenden zeigte sich besonders während der Corona-Pandemie. Zwei Drittel der Beschäftigten im Öffentlichen Dienst mussten laut einer Studie der Beratungsagentur Next:Public während des Lockdowns auf private Technik zurückgreifen. Solange Behörden hier nicht den Hebel ansetzen, bleibt die Bedrohung durch CyberKriminalität real. Es gilt, die ITStrategie zu hinterfragen sowie gegebenenfalls anzupassen. Dynabook, ehemals Toshiba PC, hilft IT-Entscheidern dabei – mit über 35 Jahren Mobile-ComputingErfahrung und einer einzigartigen Innovationskraft.

Mehr Schutz durch Sicherheitsfunktionen Worauf müssen IT-Entscheider bei Investitionen in die richtige Technik achten? In erster Linie auf hohe Sicherheit. Da der Anteil an Remote-Arbeit weiter zunimmt, sollte die Hard- und Software für den Büroalltag wie auch für ortsunabhängiges Arbeiten ausgelegt sein. Gute IT-Lösungen wie etwa die Portégé-, Tecra- oder Satellite-Pro-Business-Notebookserien von Dynabook bieten viele Sicherheitsfunktionen für alle Formen der Zusammenarbeit. Zum Beispiel biometrische Authentifizierungen. Gerade beim mobilen Arbeiten reicht ein einfa-

Mitarbeitende in Behörden sind ein beliebtes Ziel von Cyber-Kriminellen. Um sensible Daten besser zu sichern, benötigt es weitaus mehr als einen einfachen Passwortschutz bei Dienstgeräten. Foto: BS/Dynabook Europe GmbH

cher Passwort-Schutz nicht aus, um unerlaubte Zugriffe zu verhindern. Business-Notebooks sollten deshalb die Identitätsbestätigung per Fingerabdruck oder Gesichtserkennung unterstützen, beispielsweise über Windows Hello oder Intel® Authenticate. Zusätzliche Sicherheit bietet ein Trusted Platform Module (TPM). Der Kryptografie-Chip bewahrt die Hardware vor Manipulationen durch Unbefugte und schützt sensible Daten. Einen oft vernachlässigten Ansatzpunkt für ein durchdachtes IT-Sicherheitskonzept stellt das BIOS des Computers dar. Das Basic Input/Output System ist die vorinstallierte Firmware, die beim Hochfahren HardwareKomponenten auf ihre Funktionsfähigkeit prüft. Wird das BIOS gehackt, können Virensoftware und weitere Schutzfunktionen un-

erkannt umgangen werden. Dynabook verfolgt einen einzigartigen Ansatz, um dies zu verhindern. Der Notebook-Spezialist hat ein firmeneigenes BIOS entwickelt, das bereits beim Boot-Vorgang deutlich weniger Angriffsfläche für Cyber-Kriminelle bietet.

Einfache Verwaltungsoptionen Die Verwaltung mehrerer IT-Geräte kann mit viel Administration verbunden sein. Die richtigen Tools tragen dazu bei, den Aufwand zu minimieren. Im Ernstfall ist es dann möglich, schnell zu handeln und weitere Sicherheitsvorkehrungen zu treffen. Wird beispielsweise ein Gerät gestohlen, kann es unverzüglich gesperrt und unbenutzbar gemacht werden. Das bereits erwähnte hauseigene BIOS von Dynabook kann in dieser Hinsicht ebenfalls punkten

– es fungiert nicht nur als Sicherheitsbastion, sondern vereinfacht zudem die Verwaltung aller damit ausgestatteten Geräte. Auch das Dynabook Business Support Portal, eine leicht zu bedienende Online-Plattform, verspricht dank voller Transparenz über die verwendeten Geräte einen deutlich reduzierten Verwaltungsaufwand. Eine mühelose Verwaltung ermöglichen auch die Tools der Intel®- Active-Management-Technik, ganz gleich, an welchem Ort die Mitarbeitenden arbeiten. Öffentliche Einrichtungen profitieren mit Dynabook nicht nur von den Vorteilen des mobilen Arbeitens, sondern sind auch bestmöglich vor Cyber-Angriffen geschützt. *Tobias Sonnen ist als JuniorKey-Account-Manager DACH bei der Dynabook Europe GmbH tätig.

Nach der TCO sind alle nationalen Behörden in der Europäischen Union (EU) verpflichtet, Hosting-Anbieter in der EU zur Löschung terroristischer Inhalte zu veranlassen. Dabei müssen die Behörden und die Plattformen nicht im selben EU-Land sitzen. Für Deutschland soll das Bundeskriminalamt (BKA) Löschungen anordnen können. Laut BKA wird die Abteilung “Polizeilicher Staatsschutz“ dafür federführend sein. Zudem sollen Kräfte der Abteilung “Islamistisch motivierter Terrorismus/Extremismus“ mithelfen. Später kontrolliert das BKA dann, ob die Hosts die Inhalte gelöscht haben.

Saftige Geldstrafen Falls die Hosting-Anbieter die Inhalte nicht entfernen, leitet das BKA dies an die Bundesnetzagentur (BNetzA) weiter. Diese kann dann eine Geldbuße von bis zu fünf Millionen Euro verhängen. Werden mindestens zweimal innerhalb eines Jahres terroristische Inhalte bei ihnen gefunden, können Hosting-Anbieter, “spezifische Maßnahmen” ergreifen, um den weiteren Upload von Terrorpropaganda auf ihren Seiten zu verhindern. Als Beispiele nennt das EU-Gesetz die Sensibilisierung von Usern, leicht zugängliche Meldemechanismen und “Mechanismen zur Nutzer-Moderation”. Zu Letzteren könnten UploadFilter zählen. Dabei durchsuchen

automatisierte Programme allen Content vor dem Upload auf bestimmte Kriterien. Wenn ein Inhalt zum Beispiel schon als terroristisch bekannt ist, verhindert das Programm den Upload. Ob die Hosting-Anbieter angemessene Maßnahmen ergriffen haben, kontrolliert wiederum die BNetzA. Wenn sie feststellt, dass die Maßnahmen nicht ausreichen, kann sie eine Geldbuße von bis zu einer halben Million Euro verhängen. Die Aufgabenteilung zwischen BKA und BNetzA soll garantieren, dass medienrechtlich sensible Entscheidungen wie Löschungen und vorbeugende Maßnahmen unabhängig voneinander getroffen werden.

Betroffene Hosting-Anbieter Unter den Begriff "Hosting-Anbieter" fallen sowohl die Besitzer von Servern als auch die Besitzer von Webseiten, auf denen User Inhalte veröffentlichen können. Die einzige Einschränkung ist, dass der Hosting-Anbieter in der EU sitzen muss. Nur dann gilt EU-Recht für ihn. Deshalb sind - ähnlich wie bei Urheberrechtsfragen - auch Konzerne wie Meta (ehemals Facebook) und Youtube betroffen, die ihren Sitz in Irland haben. Unklar ist, ob Hosts, die in der EU tätig sind, aber hier keinen Firmensitz haben, Löschungsaufforderungen nachkommen werden. Terrorpropaganda wird wohl nicht vollständig aus dem Internet verschwinden.

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Münchner

CYBER Dialog

e

Münchner Cyber Dialog 2022 Cloud Security – eine Herausforderung

22.–23. Juni 2022

Sebastian Fiedler MdB (SPD), Kriminalpolitsicher Sprecher des Bundestages, Kriminalhauptkommissar

Markus Hartmann, Oberstaatsanwalt als Hauptabteilungsleiter, Leiter der Zentralund Ansprechstelle Cybercrime Nordrhein-Westfalen

Heinz-Dieter Meier, Direktor i. d. Bundespolizei (a. D.)

Dirk Fleischer, CSO/ CISO, Dürr AG

Dr. Matthias Kampmann, Leiter F&E Koordination, IT-Sicherheitscluster e. V.

Franziska Benthin, Referentin Public Relations & Netzwerke, Deutschland sicher im Netz e. V.

Stephan Gäfke, Bund Deutscher Kriminalbeamter Mecklenburg-Vorpommern

FOKUS: Cloud-Security Trends, Awareness/Ransomware, Cyber-Spionage, Modern Workplace

www.cyber-akademie.de Informationen unter +49 (0)30 55 74 12 58

Medienpartner:

Kooperationspartner:

Illustration: unter Verwendung von Sergey Nivens, stock.adobe.com und mydegage, stock.adobe.com

Referenten und Referentinnen:


Sicherheit & Verteidigung Behörden Spiegel

www.behoerdenspiegel.de

Berlin und Bonn / Mai 2022

KNAPP

Hoffnung für die Ukraine?

Schuster folgt auf Wöller

Die kommenden Jahre des Krieges (BS/Dorothee Frank) Es wird kein schneller Sieg, weder für die Ukraine noch für Russland. Und keiner der Kontrahenten kann sich eine Niederlage leisten. Die einzige Hoffnung liegt auf einer Neudefinition des Wortes Sieg: Dass für Russland ein Sieg nicht gleichbedeutend mit einer Eroberung der gesamten Ukraine und dass für die Ukraine der Sieg nicht die Erhaltung des früheren Staatsgebietes ist. Doch bis dahin wird es ein langer, für die ukrainische Zivilbevölkerung grausamer Weg, da keiner auf seinen “Sieg” verzichten wird, solange weiterhin Hoffnung auf einen solchen besteht. Wie lange der Krieg noch dauert, lässt sich schwer beantworten. Die meisten Einsichten dürften die Experten aus den USA haben, weil sie einen Fokus ihrer militärischen Aufklärung auf die Ostflanke der NATO und die Ukraine gerichtet haben. Zudem versorgen sie die Ukraine mit militärstrategischen Erkenntnissen und Einschätzungen. Ohne die Aufklärungsfähigkeiten der USA wären die bisherigen Erfolge der Ukraine kaum möglich gewesen. Der Vorsitzende des Generalstabs der Streitkräfte der Vereinigten Staaten, General Mark A. Milley, sagte vor wenigen Wochen während einer Anhörung durch den US-Senat: “Ich glaube, dass es sich um einen sehr langwierigen Konflikt handelt. Und ich denke, er wird in Jahren gemessen. Ich weiß nicht, ob es sich um Jahrzehnte handeln wird, aber auf jeden Fall um Jahre.” Die Einschätzung wird auch von deutschen militärischen Experten geteilt, zumindest von den aktiven, welche auf die militärischen nachrichtendienstlichen Erkenntnisse zugreifen können. So sagte der Inspekteur Heer, Generalleutnant Alfons Mais, bereits Mitte März im Interview mit dem Behörden Spiegel: “Aus dem chirurgischen, schnellen und präzisen Schnitt am Anfang wird ein mühsamer, ein sehr intensiver und lang angelegter Landkrieg. Es wird ein Kampf um die urbanen Zentren und meine Befürchtung ist, dass er sich noch eine ganze Zeit lang hinzieht.”

Kampf um die Städte Dieser zermürbende, langsame Landkrieg um die urbanen Zentren ist aktuell zu sehen. Und wird wohl noch Jahre zu sehen sein. Russland nutzt dabei die gesamte Klaviatur der

Möglichkeiten. Es handelt sich um Methoden, von denen nach den Grausamkeiten des Zweiten Weltkriegs, nach dem scheinbaren Erstarken der Vereinten Nationen und dem Hochhalten des (Kriegs-)Völkerrechts niemand mehr glaubte, dass sie im scheinbar so zivilisierten Europa noch einmal zu sehen wären. Zu diesen Methoden zählt die Abschreckung, um Städte zur Kapitulation zu zwingen. Schließlich können Orte selbstständig kapitulieren, ohne dass dies durch die politische Führung des Landes gestützt wird. So wie die deutschen Städte zum Ende des Zweiten Weltkriegs. Die Angreifer versuchten zu allen Zeiten, solche Kapitulationen durch Angst zu erwirken. Die massenhafte Tötung von Zivilisten als Kriegsmethode, damit die nächste Stadt vielleicht schneller aufgibt. Auch das wird in den kommenden Jahren zu sehen sein, ohne dass die internationale Staatengemeinschaft hierauf eine Antwort hätte. Die Selbstverpflichtung zur Schonung von Zivilisten in militärischen Konflikten besteht in der Ukraine nur noch in der Theorie. Die tatsächlich beeindruckenden militärischen Erfolge der Ukraine können solche Verbrechen kaum verhindern, da Russland trotz aller Verluste weiterhin über enorme militärische Ressourcen verfügt. Hinzu kommt die Zermürbetaktik. In Deutschland herrscht oft angesichts der Karten mit klaren Frontlinien ein Bild, als herrsche im Großteil der Ukraine Frieden. Dies ist ein falscher Eindruck. Das gesamte Gebiet der Ukraine sei ein Schlachtfeld, sagte General Milley bei der Anhörung durch den US-Senat. Luftangriffe und Lenkflugkörper bzw. Raketen

Freiwillige vom Ukrainischen Roten Kreuz geben in Lwiw Essen und Getränke an Geflüchtete aus anderen Landesteilen aus, die weiter Richtung Polen reisen wollen. Foto: Victor Lacken/IFRK

könnten und würden durchgehend überall in ukrainischem Gebiet einschlagen.

Sicherheit in der NATO Die entscheidende Frage bleibt somit: Kann die Ukraine gewinnen? Eine Frage, die auch USSenatoren bei der Anhörung an den amerikanischen Verteidigungsminister stellten. Und auf die er keine Antwort fand. Weil die Frage, was gewinnen bedeutet, aktuell nur durch die Ukraine und durch Russland beantwortet werden könnte. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj muss bei allen Zugeständnissen schließlich auch an die Zukunft seines Landes denken. Russland hat bewiesen, dass es langfristig plant.

Schließlich lagen zwischen der ebenfalls völkerrechtswidrigen Annexion der Krim und dem jetzigen Angriff acht Jahre. Ein Verzicht auf Mitgliedschaften in der NATO oder der EU bedeutet also den Verzicht auf Schutz für kommende Generationen. Russische Zugeständnisse bieten wenig Sicherheit, schließlich hat Russland bereits vertraglich versichert, die Ukraine niemals anzugreifen. Das Budapester Memorandum, mit dem die Ukraine auf die in ihrem Hoheitsgebiet stationierten sowjetischen Atomwaffen verzichtete, wurde durch die Staatsoberhäupter Russlands, der USA und Großbritanniens am 5. Dezember 1994 gezeichnet. Dieses Memorandum garantiert, dass

Russland, die USA und Großbritannien die Unabhängigkeit und Souveränität sowie die bestehenden Grenzen der Ukraine achten. Viel geholfen hat es der Ukraine nicht, während NATOMitglieder, wie beispielsweise die baltischen Staaten, beruhigter in die Zukunft blicken können. So bleibt die Frage unbeantwortet, wie ein Ende dieses Krieges überhaupt aussehen könnte. Gegenüber dem Behörden Spiegel hatte der deutsche Inspekteur Heer, Generalleutnant Mais, gesagt: “Ich hoffe für die ukrainische Bevölkerung, dass es doch noch eine diplomatische Lösung gibt und dass die ukrainischen Streitkräfte dazu militärisch eine gute Ausgangslage erkämpfen können.”

(BS/mfe) Der bisherige sächsische Innenminister Prof. Dr. Roland Wöller (CDU) ist von Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) von seinen Aufgaben entbunden worden. In den vergangenen Wochen hatte Wöller massiv in der Kritik gestanden. So sah er sich u. a. dem Vorwurf der Vetternwirtschaft bei der geplanten Neubesetzung der Leitungsposition an der Hochschule der sächsischen Polizei ausgesetzt. Dafür war offenbar eine Studienfreundin von Wöllers Ehefrau vorgesehen. Wegen dieser und anderer Personalentscheidungen hatten auch die Polizeigewerkschaften Wöllers Ablösung verlangt. Zudem war jüngst ein Ermittlungsverfahren der Dresdner Generalstaatsanwaltschaft gegen mehrere Angehörige des Mobilen Einsatzkommandos (MEK) bekannt geworden. Sie sollen die Kosten für einen Skiurlaub als Fortbildung abgerechnet haben. Nachfolger Wöllers wird Armin Schuster (CDU). Dieser war seit November 2020 Präsident des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK). Er gehörte 29 Jahre der Bundespolizei an. Seit 2009 war Schuster direkt gewähltes Mitglied des Deutschen Bundestages und Mitglied im Innenausschuss.

BBK koordiniert zivile Hilfe für die Ukraine

(BS/bk) Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katas­ trophenhilfe (BBK) unterstützt und koordiniert die staatlichen zivilen Hilfeleistungen der Bundesrepublik für die Ukraine. Die Hilfeleistungen umfassen u. a. medizinische Produkte oder die Verlegung ukrainischer Patientinnen und Patienten in deutsche Krankenhäuser. Grundlage für die Koordinierung sind die offiziellen Hilfeersuche der Ukraine und deren Nachbarstaaten wie Polen, die im Rahmen des EU-Katastrophenschutzverfahrens (UCPM) gestellt wurden.


Innere Sicherheit

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ehörden Spiegel: Es gab eine Sondersitzung der Innenminister und -senatoren im Rahmen der Innenministerkonferenz (IMK) in Brüssel. Warum wurde dieser Ort gewählt?

Peter Beuth: Die Initiative dazu, in Brüssel zu tagen, kam vom bayrischen Innenminister Joachim Herrmann, der derzeit den IMK-Vorsitz innehat. Grund dafür war, dass es in der Sicherheitspolitik inzwischen sehr viele Berührungspunkte zur Europäischen Union und damit auch nach Brüssel gibt, wo viele EU-Institutionen ihren Sitz haben. Behörden Spiegel: Und was waren die wichtigsten Inhalte und Ergebnisse? Beuth: Die Krise in der Ukraine hat das Treffen dominiert. Es ging hierbei insbesondere um die Aufnahme und die Verteilung von Flüchtlingen. Wichtig waren zudem die europäischen Aspekte der Sicherheitspolitik und die Verständigung über Schnittstellen zwischen der nationalen und der europäischen Ebene. Behörden Spiegel: Unüblicherweise wurden bei der Sondersitzung der IMK keine Beschlüsse gefasst. Es wurde allerdings einstimmig eine “Brüsseler Erklärung” verabschiedet. Darin wird auch eine Weiterentwicklung von Europol verlangt. Wie stehen Sie dazu?

Keine operativen Befugnisse für Europol Peter Beuth sieht Behörde eher als Partner und Plattform

ie Privatwirtschaft hat schnell auf die Notwendigkeit reagiert, Infektionsketten auch dadurch zu brechen, ihre Belegschaft von zu Hause aus arbeiten zu lassen. Behörden, die nun wahrlich nicht den Ruf als Innovationstreiber genießen, haben nachgezogen – vielfach mit eher durchwachsenem Ergebnis. Für das Hessische Polizeipräsidium für Technik (HPT), das zentrale Kompetenzzentrum für Technik und Einsatzmittel der hessischen Polizei, ist daraus jedoch ohne Zweifel eine Erfolgsgeschichte geworden: zunächst mit einem enormen Aufwuchs von mobilen Endgeräten, elektro­ nischen Kommunikationssystemen und einer Stärkung der digitalen Infrastruktur in beeindruckender Geschwindigkeit in der gesamten hessischen Polizei und auch dem HPT. Darüber hinaus mit organisatorischen Veränderungen, die bislang einzigartig in der (hessischen) Polizei sind: Mitte letzten Jahres begann die eigens hierfür ins Leben gerufene Arbeitsgruppe unter Mitarbeit des Personalrates ihre Arbeit und erstellte kurzfristig eine neue “Dienstanweisung Homeoffice”, die es den HPT-Beschäftigten erlaubt, an bis zu drei Tagen in der Woche von zu Hause aus zu arbeiten, wenn es der Dienst zulässt. Hierbei handelt es sich um eine pilotierte Regelung, um erste Lehren aus der Pandemie frühzeitig in die neuen Arbeitsprozesse der Behörde einzubeziehen und diese langfristig, also auch in einer Zeit nach der Pandemie, in die behördliche Arbeitsstruktur zu etablieren. Dies war leichter gesagt als getan, denn in der Behörde – wie

Behörden Spiegel: In der jüngeren Vergangenheit gab es mehrere Skandale bei der hessischen Polizei. Ist die Aufarbeitung hier abgeschlossen?

(BS) Jüngst wurde im Rahmen der Innenministerkonferenz (IMK) über die künftige Rolle und Ausgestaltung des europäischen Polizeiamtes Europol im niederländischen Den Haag debattiert. Hier gehen die Meinungen auseinander. Wie er dazu steht, erläutert Hessens Innenminister Beuth: Die Fälle haben deutlich Peter Beuth (CDU) im Gespräch mit dem Behörden Spiegel. Die Fragen stellten Uwe Proll und Marco Feldmann. gemacht, dass wir das Thema darstellen. Das sehe ich auch in absehbarer Zeit nicht. Wir brauchen keine Europol-Beamten, die zum Beispiel in Wiesbaden selbst eine Hausdurchsuchung durchführen. Das gibt weder der Rechtsrahmen her, noch wäre es einsatztaktisch oder -strategisch sinnvoll.

auf Polizisten, nicht auf externe Kräfte. Behörden Spiegel: Wie sieht die Polizeiliche Kriminalitätsstatistik (PKS) für Hessen aus?

Behörden Spiegel: Wo kann Europol denn dann helfen? Beuth: Europol kann die Nationalstaaten beim Austausch sowie der Datenanalyse unterstützen. Hier kann ich mir auch noch eine gewisse personelle und finanzielle Stärkung von Europol durch die EU-Mitgliedsstaaten vorstellen. Behörden Spiegel: Es gibt eine große Flüchtlingsbewegung aus der Ukraine nach Deutschland. Darunter sollen sich laut Bundespolizei rund sechs Prozent befinden, die keine ukrainischen Kriegsflüchtlinge sind, sondern eigentlich einen anderen Status hätten. Wie können sie erkannt und wie kann zudem Menschenschmuggel verhindert werden?

Peter Beuth (CDU) ist seit Anfang 2014 Innenminister Hessens. Zuvor war er unter anderem Generalsekretär der Landes-CDU. Seit Kurzem ist Beuth zudem Sprecher der unionsgeführten Bundesländer in der Innenministerkonferenz (IMK). Screenshot: BS/Feldmann

Staatsbürger. Aber natürlich müssen wir hier sehr aufpassen, dass die Situation nicht von Schleusern und anderen Kriminellen ausgenutzt wird. Vor allem an den Grenzen gilt es, sehr aufmerksam zu sein. Behörden Spiegel: Werden in Hessen Corona-Infektionen bei der Polizei als Dienstunfall anerkannt?

Beuth: Ja. Es kommt aber natürlich immer darauf an, ob der Nachweis geführt werden Beuth: Ich sehe Europol als kann, dass die Ansteckung im einen wichtigen Partner der naDienst oder im dienstlichen tionalen Sicherheitsbehörden. Umfeld erfolgt ist. Dabei sollEuropol sollte weiterhin vor alten aus meiner Sicht nicht die lem als Plattform für den Datenhöchsten Maßstäbe angesetzt und Informationsaustausch werden. Hier versuchen wir, bestmöglich im Sinne der Pofungieren sowie die Kooperation lizistinnen und Polizisten zwischen den nationazu entscheiden. Wenn len Sicherheitsbehörden “Wir brauchen keine Europol-­ koordinieren und inteneine Kausalität gegeben Beamten, die zum Beispiel in sivieren. Es sollte jedoch ist, wird die Infektion ­Wiesbaden selbst eine Hausdurch- selbstverständlich als keine eigenständig operativ handelnde Behörde Dienstunfall anerkannt. suchung durchführen.”

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Behörden Spiegel / Mai 2022

Beuth: Wir müssen sehr aufmerksam und wachsam sein. Drittstaatsangehörigen, die einen rechtmäßigen Aufenthalt in der Ukraine hatten und nun zu uns geflohen sind, wird aber zunächst Aufenthalt gewährt. Sie genießen hier dann den gleichen Status wie die ukrainischen

Behörden Spiegel: Sie wollen den Einsatz sogenannter SuperRecognizer auf ganz Hessen ausweiten. Warum?

Beuth: Die Aufklärungsquote in Hessen ist sehr hoch. Sie liegt inzwischen bei fast zwei Dritteln aller polizeilich bekannt gewordenen Straftaten. Außerdem haben wir einen Rückgang der Straftaten zu verzeichnen. Besondere Sorgen machen uns die Entwicklungen bei der sexualisierten Gewalt gegen Kinder und Jugendliche. Hier bemühen wir uns sehr, noch bessere Polizeiarbeit zu leisten, um diese widerlichen Straftaten zu verhindern. Denn dadurch können wir Kinder und Jugendliche vor schrecklichen Erlebnissen bewahren.

Beuth: In einigen Bereichen ist Behörden Spiegel: Welche Krider Mensch einfach besser als der Computer. Das ist bei den minalitätsbereiche ragen noch Super-Recognizern der Fall. Das heraus? sind Personen, die Gesichter besonders gut wiedererkennen Beuth: Die Bekämpfung des können. Das ist eine beein- Rechtsextremismus ist uns ein druckende Fähigkeit, die wir sehr wichtiges Anliegen. Hier zunächst im Rahmen eines Pi- haben wir bereits einen sehr lotprojektes im Polizeipräsidium hohen Verfolgungsdruck aufgebaut. EbenFrankfurt am Main er- “Europol kann die National­ f a l l s s e h r erfolgreich probt haben. staaten beim Austausch Aufgrund – in Zusamsowie bei der Datenanalyse m e n a r b e i t der zahlreiunterstützen.” mit anderen chen Ermittlungserfolge Bundesländer Super-Recognizer werden dern – waren und sind wir bei wir diese nun landesweit ein- der Bekämpfung von Wohnungsführen. Denn diese besondere einbruchdiebstahl. Außerdem Fähigkeit, Personen aus großen versuchen wir kontinuierlich, Bilddatenbeständen wiederzuer- das Sicherheitsgefühl der Bürkennen, hilft der Polizei massiv gerinnen und Bürger zu verweiter. Dabei setzen wir nur bessern.

Studie zu Homeoffice veröffentlicht Pandemie als Wegbereiterin mobiler Arbeitsformen (BS/Karl-Heinz Reinstädt) Hat die Pandemie auch ihr Gutes? Eine provokante Frage, die grundsätzlich mit einem klaren Nein zu beantworten ist. Deshalb stellen wir sie anders: Haben wir die Gelegenheit genutzt, um aus der Pandemie zu lernen? Dies wollten wir genauer wissen. Deshalb haben wir auf Initiative des örtlichen Personalrats eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die sich mit dieser und weiteren Fragestellungen rund um das Thema Homeoffice befassen sollte. Darüber hinaus soll sie potenzielle Lösungsansätze aufzeigen und als Orientierung für künftige DienstKarl-Heinz Reinstädt ist Präsident des Hessischen Polizeivereinbarungen präsidiums für Technik (HPT) zur mobilen Arbeit in Wiesbaden. Foto: BS/HPT dienen. “Mir ist sicherlich bewusst, dass unsere Erfahrungen als in der Polizei im Allgemeinen Spezialbehörde nicht in vollem – herrschte bis dato weitestge- Umfang auf andere Behörden hend eine Präsenzkultur vor. übertragbar sind, aber ich bin Aus diesem Grund – sowie um überzeugt davon, dass die Studie sicherzugehen, dass hier nichts dennoch wichtige Erkenntnisse aus dem Elfenbeinturm heraus für eine progressive Arbeitswelt erarbeitet wird, das letztlich an im Behördenumfeld liefert”, sagt den Interessen der Beschäftigten Kriminalhauptkommissar Mark vorbeigeht – führte die Arbeits- Weber, Vorsitzender des örtligruppe im Spätsommer 2021 chen Personalrats und Mitglied eine Online-Befragung der rund der Arbeitsgemeinschaft. 460 HPT-Beschäftigten durch. “Die großartige Teilnahmequote Mehrheit ist höchst zufrieden von über 61 Prozent zeigt, dass Die Ergebnisse der Umfrage sind das Thema mobile Arbeit den eindeutig: Eine klare Mehrheit Beschäftigten überaus wichtig ist mit der Regelung höchst zuist!”, so der Arbeitsgruppenleiter frieden. Der Hauptgrund liegt in und Autor der Studie, Polizei- der leichteren Vereinbarkeit von hauptkommissar Marcel Müller. Beruf und Privatleben, kurz: eiDer Fokus der Studie liegt da- ner besseren Work-Life-Balance. bei auf den neuen mobilen Ar- Insgesamt zeichnet sich ab, dass beitsformen sowie den hierfür die Beschäftigten – in einer von notwendigen Voraussetzungen: vielen als immer schnelllebiger etwa den sich hieraus ergebenden empfundenen Welt – zunehmend Chancen und Risiken für das HPT daran interessiert sind, ihren oder den möglichen Auswirkun- (Arbeits-)Alltag zu entschleunigen gen auf die Beschäftigten und und potenzielle Stressoren zu den behördlichen Arbeitsalltag. reduzieren.

Durch die Teilnahme an der mobilen Arbeit können nicht nur das Berufs- und Privatleben besser miteinander verbunden werden, sondern gleichfalls lange Fahrtwege beziehungsweise -zeiten sowie hiermit verbundene – Stress fördernde – Verkehrsstaus vermieden werden. Auch die Empfindung der Beschäftigten, im Homeoffice regelmäßig konzentrierter und effizienter arbeiten zu können, legt in der Folge eine Reduktion von Stressoren nahe. Hiervon profitieren also nicht nur die Beschäftigten, sondern

gleichfalls das HPT. Denn es hat seine Attraktivität als (moderner) Arbeitgeber enorm gesteigert – in Zeiten des schmerzenden Fachkräftemangels ein enorm wichtiges Prädikat.

Neue Führungskultur ­erforderlich Nicht verschwiegen werden sollen jedoch die mit den neuen Arbeitsformen einhergehenden “Risiken und Nebenwirkungen”. Dazu gehört beispielsweise die Notwendigkeit der Etablierung einer neuen Führungskultur,

Führungs- und Fehlerkultur in der Polizeiorganisation noch mal neu betrachten müssen. Das ist ein sehr umfangreicher Prozess, der insbesondere Zeit bedarf. Fest steht aber bereits jetzt, dass wir schon jetzt deutlich mehr Transparenz in die Polizeiorganisation gebracht haben. Hierauf bauen wir auf. Zu betonen ist, dass die Reform aus der Polizei selbst heraus erfolgen muss. Ein Videointerview mit Minister Beuth findet sich unter https://www.digitaler-staat. online/2022/04/07/interviewmit-hessens-innenminister-peterbeuth/.

MELDUNG

Neuer Polizeivertrag (BS/mfe) Der bisher gültige Polizeivertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweiz stammte aus dem Jahr 1999. Seither hat sich die Kriminalität massiv verändert. Deshalb war es an der Zeit für eine Überarbeitung. Die novellierte Fassung wurde nun unterzeichnet. So wurde der Austausch von Beamtinnen und Beamten mit Wahrnehmung hoheitlicher Befugnisse vereinfacht. Neue Regelungen zur polizeilichen Zusammenarbeit wurden zum Zeugen- und Opferschutz, zu polizeilichen Maßnahmen in Zügen und Schiffen und für eine engere Zusammenarbeit von Verbindungsbeamten aufgenommen. Außerdem werden Grenzübertritte von Beamten zur Abwehr einer gegenwärtigen oder unmittelbaren Gefahr für Leib oder Leben ermöglicht.

wonach die Beschäftigten nicht primär an ihrer Anwesenheit, sondern an ihrem tatsächlichen Work-Load gemessen werden: Das scheint den Führungskräften bisher schwerer zu fallen als den übrigen Beschäftigten. Eine weitere Befürchtung sind negative Auswirkungen auf die sozialen Kollegenkontakte, das Arbeitsklima und die Identifikation mit der Behörde. All das gilt es zu berücksichtigen. Wir müssen kontinuierlich am Ball bleiben. Ein ausführlicher Forschungsbericht mit den Ergebnissen erschien jüngst im Verlag für Polizeiwissenschaft (Marcel Müller: “Plötzlich im Homeoffice: die Pandemie als Wegbereiter mobiler Arbeitsformen im Öffentlichen Dienst. Eine aktuelle Studie am Beispiel des Hessischen Polizeipräsidiums für Technik”; ISBN: 978-3-86676-733-1).

MELDUNG

Veränderte modulare Qualifizierung (BS/mfe) Bei der nordrheinwestfälischen Polizei wird es Veränderungen bei der modularen Qualifizierung geben. Einiges ist bereits geändert, anderes steht noch aus. Komplett neu ist die modulare Qualifizierung aber nicht. Neu ist jedoch, dass inzwischen nur noch eine Bewerbung für die modulare Qualifizierung als solche stattfindet. Dabei kann eine Wunschdienststelle angegeben werden. Früher musste die Bewerbung auf eine konkrete Stelle erfolgen. Gleich bleibt dabei, dass für den dann vorgenommenen Aufstieg vom gehobenen in den höheren Polizeivollzugsdienst kein weiteres

Studium, etwa an der Deutschen Hochschule der Polizei (DHPol), erforderlich ist. Voraussetzungen für eine Teilnahme an der modularen Qualifizierung sind eine mindestens gute dienstliche Beurteilung und das erfolgreiche Durchlaufen eines Auswahlverfahrens. Zudem müssen Bewerberinnen und Bewerber seit mindestens drei Jahren einen Posten der Besoldungsgruppe A 13 innehaben. Hintergrund der Veränderung ist eine Reform der entsprechenden Laufbahnverordnung im vergangenen Jahr. Allerdings sind noch einige Punkte offen und noch nicht umgesetzt. So soll es künftig für Absolventen

der modularen Qualifizierung die Möglichkeit geben, bis maximal zur Besoldungsgruppe A 16 befördert zu werden. Bislang gab es bei der nordrhein-westfälischen Polizei nur die Möglichkeit, entweder mit einem DHPol-Studium in den höheren Dienst zu kommen oder über den sogenannten Bewährungsaufstieg. Davon profitierten jedoch nur wenige. Problematisch ist die Veränderung für die DHPol. Denn sie wird hier außen vor gelassen. An der Hochschule der Polizei Brandenburg gibt es zudem inzwischen einen Masterstudiengang Kriminalistik. Dieser berechtigt allerdings nicht für den höheren Dienst.


Innere Sicherheit

Behörden Spiegel / Mai 2022

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ehörden Spiegel: Wie wird sich der BND verändern be­ ziehungsweise künftig aussehen?

Dr. Bruno Kahl: Seit 2019 arbeitet der BND in einem Prozess der strategischen Modernisierung daran, den Dienst zukunftsfähig auszugestalten, indem er systematisch und strukturiert Verbesserungspotenziale in allen Bereichen des Hauses hebt und nachhaltige Lösungswege für Verbesserungen entwickelt. Das strategische Ziel einer modernen Organisation kann er dabei nur durch grundlegende strukturelle Anpassungen erreichen.

BND mit neuer Organisation Abteilungen werden neu zu schaffenden Bereichen zugeordnet (BS) Der Bundesnachrichtendienst (BND) ist einer von drei Nachrichtendiensten des Bundes. Er entwickelt sich kontinuierlich weiter. Das betrifft auch seine interne Organisation. Hierüber spricht die Behörden Spiegel-Redaktion mit dem Präsidenten der Behörde, Dr. Bruno Kahl. Die Fragen stellte Marco Feldmann. rativen Unterstützung, IT-Unterstützung und administrativen Unterstützung widmen.

“In einer neuen Aufbauund Ablauforganisation ­wollen wir das All-SourcePrinzip durch eine engere ­Verzahnung der Auswertung mit allen nachrichten­ dienstlichen Beschaffungs­ arten deutlich stärken.”

Behörden Spiegel: Wie agieren Sie hier?

Kahl: Wir gehen bei der Konzeption kaskadierend vor. Dies Behörden Spiegel: Wie sieht bedeutet, dass wir erst einmal das konkret aus? ein funktionales Grundmodell entwickelt haben, aus dem sich Kahl: In einer neuen Aufbau- die Grundstruktur der fünf neuund Ablauforganisation wollen en Bereiche ableitet. Für diese wir das All-Source-Prinzip durch fünf Bereiche haben wir jeweils eine engere Verzahnung der Aus- eine Transformationsleitung bewertung mit allen nachrichten- nannt, die mit Unterstützung dienstlichen Beschaffungsarten des Projektteams zur Neuordeutlich stärken. Ähnliche Auf- ganisation die weitere Ausgegaben sollen so weit wie möglich staltung der darunterliegenzusammengelegt werden, um die den Ebenen im eigenen Bereich Gesamtleistung und Schnelligkeit übernimmt: Sie planen Aufgades BND weiter zu erhöhen. Im benverteilung und Zuschnitt neuen BND sollen insgesamt orga- der nächstniedrigeren Ebene nisatorische und schlaRahmenbegen für die“Der BND erhält ein neues dingungen se wiede­rum organisatorisches Gerüst, herrschen, Transformadie ein zeittionsleitunin das die Aufgaben und gemäßes Pergen vor. So Abläufe logisch und strikt sonalwesen setzen wir und moderne funktional eingebettet sind.” die NeuorInformationsganisation technik befördern. Zudem sollen Schritt für Schritt gemeinsam die vertikalen wie horizontalen mit den Führungskräften der Entscheidungsprozesse eindeu- verschiedenen Ebenen um, bis tiger gefasst sein. alle Organisationseinheiten ausgestaltet und aufeinander Behörden Spiegel: Welche Ver­ abgestimmt sind. änderungen wird es geben? Behörden Spiegel: Bis wann Kahl: Der BND erhält ein neues soll die Neuorganisation abge­ organisatorisches Gerüst, in das schlossen sein? die Aufgaben und Abläufe logisch und strikt funktional eingebettet Kahl: Wir streben die Einnahme sind. Sämtliche Aufgaben, die der Neustruktur noch in diesem bisher in elf Abteilungen erledigt Sommer an, müssen aber auch wurden, werden funktional fünf die Unwägbarkeiten einpreisen, neu zu schaffenden Bereichen die Corona und die prioritäre zugeordnet, die sich jeweils der Bearbeitung des Ukraine-Kriegs Beschaffung, Auswertung, ope- mit sich bringen und die den ga-

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nter Schirmherrschaft von Scheich Mohammed bin Ras­ hid Al Maktoum, Vizepräsident und Premierminister der VAE und Herrscher von Dubai, bot die Veranstaltung eine internationale Leistungsshow polizeilicher Technologien und vielfältige Diskussionen zu Organisation und Arbeitsweisen der Sicherheitsbehörden in aller Welt. Und wie fast alles, was Scheich Rashid Al Maktoum anfasst – Immobilien, Häfen, Meeresinseln, Technologieförderung, Gesundheitspolitik etc. –, kam auch dieser Event in Übergröße und mit technischem Innovationsanspruch daher. Rund 200 hochkarätige Vortragende und über 2.000 Delegierte von Polizeien aus rund 50 Ländern zählten die Organisatoren am Ende. Hinzu kamen danach noch mehr als 10.000 Besucherinnen und Besucher. Zeitweise sah es in der Tat so aus, als hätten sich sämtliche Einsatzkräfte der VAE-Polizei in den Hallen des Dubai Exhibition Centers eingefunden. Rund 150 Aussteller bestückten die begleitende Ausstellung, darunter auch etliche Hersteller aus der Region. Insgesamt sechs teilweise mehrtägige Konferenzen verteilten sich über die vier Veranstaltungstage. Das Spektrum reichte von Überblicksthemen wie Kriminalitätsprävention und polizeilicher Innovation und Resilienz über technische Neuerungen des Drohneneinsatzes und die polizeiliche Forensik bis zur Bekämpfung des Drogenhandels und schließlich zu einer Tagung mit dem kryptischen Titel “K9 Conference”. Dieser erschließt sich allerdings, wenn man K9 lautmalerisch auf Englisch als “canine” ausspricht: Hier

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Dr. Bruno Kahl ist seit 2016 Präsident des Bundesnachrichtendienstes (BND). Foto: BS/Feldmann

samten Prozess durchaus noch beeinflussen können. Behörden Spiegel: Verändern sich durch die Neuorganisation auch interne Kontrollmechanis­ men? Kahl: Es ist ein wesentliches Ziel der Neuorganisation, die Verantwortung der verschiedenen Führungsebenen deutlich zu stärken und damit auch die interne Qualitätskontrolle weiter zu verbessern. Zudem soll eine gesamtdienstliche Steuerung der Aufgaben und Aufträge für mehr interne Transparenz sorgen und es soll eine eigene Einheit für Compliance-Fragen entstehen, um die Einhaltung geltenden Rechts systematischer und noch nachhaltiger sicherzustellen. Behörden Spiegel: Und wie sieht es mit der externen Kon­ trolle aus? Kahl: Die Gestaltung der externen Kontrolle ist naturgemäß nicht Aufgabe des BND selbst,

sondern der Politik. Unsere Neuorganisation ist so angelegt, dass sie sich in das bestehende Kontrollregime durch Bundesregierung, Bundestag, Gerichte sowie weitere zuständige Gremien und Behörden nahtlos einfügen kann. Behörden Spiegel: Wird sich die Neuorganisation auch auf die BND-Leitungsebene auswirken? Kahl: Sowohl die Entscheidungsbefugnisse der Führungskräfte auf allen Ebenen wie auch die gesamtdienstliche Steuerung durch die Leitung werden deutlich gestärkt. Dies bedeutet zum einen, dass Detailfragen nicht mehr bis zur Ebene von Präsident und Vizepräsident hocheskaliert werden müssen, zum anderen aber auch, dass es eine klarere Hauslinie zu grundsätzlichen Fragen geben wird, an der sich alle Bereiche auszurichten haben. Beides zusammen gibt allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des BND mehr Handlungssicherheit.

Behörden Spiegel: Wie sieht die Arbeitsteilung auf Leitungsebene konkret aus? Kahl: Der Präsident vertritt den Bundesnachrichtendienst gegenüber Bundesregierung und Parlament, was hochrangige Briefingformate sowie das Parlamentarische Kontrollgremium des Bundestags umfasst. Er verantwortet die strategische Steuerung des Dienstes und gestaltet die Beziehungen zu unseren strategischen Partnern im Ausland. Zudem ist er Impulsgeber zur Weiterentwicklung der nationalen Sicherheitsarchitektur. Behörden Spiegel: Und was machen die Vizepräsidenten? Kahl: Der Vizepräsident für zentrale Aufgaben Michael Baumann trägt grundsätzlich die Linienverantwortung für die Auswertung und die Beschaffung. Er steuert Haushalt, IT, Verwaltung sowie die bereichsübergreifende

Internationale Polizeiarbeit der Zukunft “Smart. Sicher. Gemeinsam.” (BS/Dr. Barbara Held) Erstmals hat die Polizei von Dubai die globale Sicherheitsbranche zu einem “World Police Summit” in die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) eingeladen. Der Event fand auf dem futuristisch gestalteten Gelände der nachgeholten Weltausstellung “World Expo 2020” statt. ging es in der Tat um HightechAusrüstungen für Polizeihunde und deren Einsatzmöglichkeiten.

Weltweite ­Bedrohungsszenarien Die bedeutendsten Bedrohungsszenarien zogen sich quer durch alle Konferenzen: Cyber Crime in allen Varianten, Fake News, Künstliche Intelligenz (KI) und Deep Fake, Flüchtlings- und Migrationsproblematik, Menschenhandel sowie Terrorismus, insbesondere vor dem Hintergrund regionaler Konflikte und im Zusammenhang mit den Folgen des Klimawandels. Die Bemühungen der VAE, sich mit ihrer verkehrstechnisch zentralen Lage und einer zumindest Ausländern gegenüber liberalen Politik als eine Art Schweiz des Mittleren Ostens zu etablieren, scheinen bei diesem World Summit gefruchtet zu haben. Auf den Podien sprachen zahlreiche Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus dem asiatischen Raum – Indien, Malaysia, China, Südkorea, Japan etc. – sowie Neuseeland und Australien. Lateinamerika war unter anderem mit Delegierten aus Brasilien, Chile und Kolumbien dabei. Vornehmlich Best Pratice-Beispiele kamen aus den Metropolen der USA und Kanadas. Europa war vor allem mit den großen Polizeien des Vereinigten Königreichs, aus Frankreich, Spanien und

den Niederlanden vertreten. Von deutscher Seite ergriffen auf dem gesamten Event allerdings allein Horst Kretzschmar, der inzwischen pensionierte Landespolizeipräsident Sachsens, sowie Volker Or­ ban, der Präsident von ROADPOL, der Vereinigung der europäischen Verkehrspolizeien, das Wort.

tende Zusammenarbeit von Firmen und Regierungsbehörden auch schon beachtliche Best PraticeFälle produziert. So berichtete unter anderen Scott Janezic von der IBM Security X-Force von einem erfolgreichen, international koordinierten Zugriff auf eine estnische cyber-kriminelle Firma.

Viele Frauen

“Cyber Literacy” als Pflicht

Im Übrigen waren beeindruckend viele Frauen, in Uniform wie zivil, auf der Ausstellung und in den Vortragssälen zu sehen, und dort nicht etwa nur im Zuschauerraum, sondern auch auf den Podien. Da ist offensichtlich eine Generation gut ausgebildeter und selbstbewusster Frauen in polizeiliche Führungspositionen gelangt, die etwas zu sagen haben, weltweit – aber gerade auch in den arabischen Ländern, die sich für die Zeit “nach dem Öl” aufstellen. Einig war man sich durchweg darüber, dass die aus Digitalisierung und Cyber Space entstehenden Bedrohungen nur mit grenzüberschreitender, oft auch globaler Zusammenarbeit limitiert und bekämpft werden können. Besonders eklatant ist das im Finanzsektor, wo Kryptowährungen neue Formen von Betrug und Diebstahl produzieren. Insbesondere Facebooks Metaverse-Visionen werden mit großen Befürchtungen beobachtet. Andererseits hat im Bereich Finanz- und Wirtschaftskriminalität die intelligente, grenzüberschrei-

Im Hinblick auf die künftige Befähigung der Polizei ist damit klar: “Cyber Literacy” ist Pflicht. Künftige Einsatzkräfte müssen entsprechend ausgesucht und ausgebildet werden. Trotzdem bleibt der wichtigste Faktor bei der erfolgreichen Verbrechensbekämpfung nach einhelliger Meinung: Vertrauen. Das fängt bei der vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen Chef beziehungsweise Chefin und dem Team an.

In der digitalen Welt wird das Vertrauen in die eigenen – und fremden – Daten immer bedeutsamer. Das wird vor allem beim Einsatz von KI deutlich: Geben die Daten die Realität angemessen und damit glaubhaft wieder? Auf internationaler Ebene spielt die “polizeiliche Diplomatie” eine wichtige Rolle, besonders wenn langfristige persönliche Kontakte entstehen. Da hat Corona möglicherweise sogar einen positiven Schub bewirkt: Durch die Umstellung auf virtuelle Kontakte hat man sich über Kontinente hinweg eher häufiger “gesehen” als früher.

Technische Innovationen als Treiber Die Fähigkeit zur Entwicklung und zum Einsatz hochmoderner Technologien stand vor allem bei den Vortragenden aus den gastgebenden VAE deutlich im Vor-

In Dubai wurde modernste, zum Teil autonome Polizeitechnik präsentiert. Foto: BS/Dr. Held

Ressourcensteuerung des BND. Vizepräsident Ole Diehl verantwortet die strategische Ausrichtung der Kooperationen mit ausländischen Diensten und vertritt den Präsidenten im Hinblick auf die Lage. Vizepräsident Wolfgang Wien berät den Präsidenten in militärischen Angelegenheiten, insbesondere der Landes- und Bündnisverteidigung, und richtet die Inlandskooperationen des BND strategisch aus. Behörden Spiegel: Wird sich der BND durch die Neuorganisa­ tion auch personell verändern? Kahl: Wir planen den Go-Live mit dem hochqualifizierten Personal, das wir gegenwärtig haben. Möglichen Mehrbedarf in bestimmten Bereichen sowie bei Zukunftsthemen werden wir über einen neuen Jahresplanungsprozess identifizieren und in den parlamentarischen Prozess einbringen, damit der einzige zivile, militärische und technische Auslandsnachrichtendienst Deutschlands auch künftig genug und die richtigen Fachleute hat, um seinen gesetzlichen Auftrag wirkungsvoll erfüllen zu können. Behörden Spiegel: Bleibt der Standort in Pullach bestehen? Kahl: Die funktionale Neuorganisation des BND stellt die zahlreichen Dienststellen im Inund Ausland nicht infrage, im Gegenteil: Durch die rein funktionale Logik werden zukünftig alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unabhängig davon, wo genau sie eingesetzt sind, eine engere Anbindung an ihren jeweiligen Bereich haben. Die Modernisierung der Dienststelle Pullach und damit auch der Ausbau unseres zweiten Großstandorts zum Technischen Aufklärungszentrum Pullach führen wir unverändert fort. Die Fähigkeiten der technischen Aufklärung des BND werden mit allen Elementen erhalten und weiterentwickelt, nur eben in einer neuen organisatorischen Struktur.

dergrund. Beispielhaft ist hier die Aussage von Jasim Al Awadi, dem Vertreter des einheimischen Telekommunikations-Providers DU: “We are early adopters! Always!” Dubai sei bereits jetzt weltweit der führende Akteur in der 5GTechnologie. Bis Ende 2023 will man 96 Prozent Abdeckung mit 5G in den VAE garantieren. Bereits jetzt werden 5G-Slices als Stand-alone-Netzwerk vor allem an Firmen vergeben. Al Awadis Abschluss-Statement spiegelte den aktuellen Optimismus: “We are future-ready as a nation to harness the digital journey!” Dazu passte der Prototyp eines fahrerlosen Streifenwagens einheimischer Produktion, den die Besucher im Foyer bewundern konnten. Ein Pilottest mit fahrerlosen Taxis läuft derzeit schon auf einer der Inseln vor Dubai. Der Streifenwagen ist durchaus ernst gemeint. Der futuristische Marketingfilm zur smarten Polizeiarbeit in 50 Jahren, der zum Konferenzauftakt vorgeführt wurde, drehte das Szenario dann noch weiter. Neben jeder Menge automatisierten Dronen, die zur Verfolgung von Schwerverbrechern wie auch Verkehrssündern eingesetzt wurden, schwang sich auch ein flugfähiger Streifenwagen elegant in die Lüfte. Nach erfolgreicher Verbrecherjagd enthüllte das Zoom ins Cockpit: Am Steuer saß eine junge Frau in Uniform.Die Polizei Dubai plant bereits den zweiten World Police Summit für Februar 2023. Dem Vernehmen nach soll dieser aber nicht mehr in den Hallen des rund 45 Kilometer vom Stadtzentrum entfernten Expo-Geländes, sondern im zentral gelegenen World Trade Center stattfinden.


Innere Sicherheit

Behörden Spiegel / Mai 2022

Es braucht mehr Anerkennung

das hat eine große Bedeutung bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

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ehörden Spiegel: Herr Kraus, was steht auf Ihrer Agenda als neuer Bundesvorsitzender der BfPP?

R. Uwe Kraus: Mir ist die Anerkennung und Akzeptanz aller Crew-Mitglieder auf den Hubschraubern besonders wichtig. Da geht es sowohl um die Piloten als auch um die Flugtechniker und Systemoperatoren. Die Crews müssen ganzheitlich betrachtet werden. Hier ist noch viel zu tun. Denn oftmals gibt es bei der Besoldung und den Dienstgraden der Crew-Mitglieder noch gravierende Unterschiede. Das bezieht sich auch auf die Anerkennung und Zahlung von Zulagen. Denn diese werden oft nur an das lizensierte Personal gezahlt, nicht jedoch an die Systemoperatoren. Letztere fühlen sich oft nicht mitgenommen. Leider haben sie auch eine Klage vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Anerkennung der Zulagen verloren. Behörden Spiegel: Was wünschen Sie sich beim Gesundheitsschutz der Besatzungen? Kraus: Wir haben im Rahmen einer Studie festgestellt, dass das Vibrationsverhalten der Polizeihubschrauber, das sich auf die Besatzungen überträgt, sich teilweise außerhalb der gesetzlich zulässigen Werte befindet. Hier tun die Dienstherren noch deutlich zu wenig, obwohl sie technische und organisatorische Maßnahmen einleiten müssten, sobald ihnen Gefährdungen bekannt werden. Hier müsste viel mehr für die Gesundheitsprävention der Kolleginnen und Kollegen getan werden, etwa durch physiotherapeutische und

BfPP-Bundesvorsitzender Kraus über seine Agenda und Ziele

Behörden Spiegel: Was ist Ihnen noch wichtig?

(BS) R. Uwe Kraus ist der neue Bundesvorsitzende der Bundesvereinigung fliegendes Personal der Polizei (BfPP). Im Gespräch mit dem Behörden Spiegel erläutert er seine wichtigsten Anliegen und Ziele. Dazu gehört vor allem mehr Wertschätzung für die Hubschrauberbesatzungen. Das Kraus: Wir wollen außerdem Interview führte Marco Feldmann. eine standardisierte Dienstpos-

“Es muss gelingen, f­ lugdienstuntaugliche ­Kollegen dennoch möglichst im Flugbetrieb zu halten. Deren Fachwissen darf nicht verloren gehen.”

R. Uwe Kraus ist neuer Bundesvorsitzender der Bundesvereinigung fliegendes Personal der Polizei (BfPP). Vor seinem Wechsel an die Spitze war er bereits jahrelang stellvertretender Bundesvorsitzender. Foto: BS/BfPP

weitere präventive Maßnahmen. Diesbezüglich sind aber nicht nur die Dienstherren gefragt, sondern auch die jeweiligen Personalvertretungen. Außerdem bräuchten die Crews einen besseren Hörschutz. Denn der Polizeiflugdienst ist für das Gehör sehr belastend. Hier muss mehr getan werden, um die Kolleginnen und Kollegen möglichst lange im Polizeiflugdienst zu halten und gesund in den Ruhestand zu verabschieden. Behörden Spiegel: Und was ist, wenn das aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr funktioniert?

flugdienstuntaugliche Kollegen dennoch möglichst im Flugbetrieb zu halten. Deren Fachwissen darf nicht verloren gehen. Sie sollten keinesfalls einfach zu Verwaltungsbeamten umgeschult oder in den Streifendienst geschickt werden. Vielmehr könnten sie zum Beispiel im Drohnenbereich Verwendung finden, welcher zwingend im Polizeiflugdienst der Staffeln angesiedelt sein sollte. Leider sind das Beamten- und das Laufbahnrecht bei Spezialverwendungen aber oftmals nicht fachgerecht. Das gilt ganz besonders für den Polizeiflugdienst.

Kraus: Dafür braucht es Rückfallebenen. Es muss gelingen,

Behörden Spiegel: Welche konkreten Folgen hat das?

Kraus: Das führt dazu, dass ältere Kollegen teilweise länger fliegen, als es gesundheitlich sinnvoll wäre. Und jüngere Kollegen verschleißen schneller, weil sie zum Beispiel Nachtdienste für die älteren Besatzungsangehörigen übernehmen müssen. Das ist eine schlechte Spirale und erschwert die Personalplanung und die Personalentwicklung. Behörden Spiegel: Welche Forderungen erheben Sie im Bereich der Hinterbliebenenversorgung? Kraus: Uns kommt es darauf an, dass die Besatzungsangehörigen sehr schnell das Endamt ihrer Dienstpostenbewertung

erreichen. Denn im Polizeiflugdienst gibt es ein erhöhtes Risiko, in Ausübung des Dienstes ums Leben zu kommen. Deshalb ist hier unter anderem die Hinterbliebenenversorgung besonders wichtig. Im Falle eines dienstbezogenen Todesfalles beträgt sie 80 Prozent der Besoldung der übernächsten Besoldungsstufe. Und das laufbahnübergreifend. Das ist dann eine gute Hinterbliebenenversorgung. Behörden Spiegel: Und wie steht es um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf im Polizeiflugdienst? Kraus: Hier ist im Polizeiflugdienst noch einiges zu tun. Das liegt oftmals aber auch daran, dass junge Pilotinnen und Piloten fliegen und unterwegs sein wollen. Sie möchten vieles erleben. Wenn dann später die Familiengründung erfolgt, wird der Dienst anders betrachtet. Dann gibt es naturgemäß Wünsche nach Eltern- und Teilzeit sowie, insbesondere beim Bund, auf verlässliche Dienstpläne. Die können von den Personalstellen aber oft nicht erfüllt werden, weil es kein oder zu wenig Ersatzpersonal gibt. Hier gibt es keine Rückfallebenen oder zusätzliches Personal. Insgesamt wünschen wir uns eine größere Verlässlichkeit der Dienstpläne. Denn auch

tenbewertung. Denn in einigen Bundesländern, so etwa in Thüringen, gibt es Pilotenstellen der Besoldungsstufe A 12, die laut Stellenvermerk jedoch bis auf Weiteres von Angehörigen des mittleren Polizeivollzugsdienstes besetzt werden können. Das darf es nicht geben. Teilweise ist es uns gelungen, dass diese besonderen und wertgeschätzten Kolleginnen und Kollegen mithilfe vereinfachter Aufstiegsverfahren in den gehobenen Polizeivollzugsdienst überführt wurden. Denn da gehören sie hin.

Behörden Spiegel: Die BfPP ist eine Bundesvereinigung, keine Gewerkschaft. Soll sich das ändern oder wollen Sie unter das Dach einer der Polizeigewerkschaften rutschen? Kraus: Da muss ich Ihnen widersprechen. Die BfPP ist wie die anderen Polizeigewerkschaften eine Gewerkschaft im Sinne der Personalvertretungsgesetze der Länder und des Bundes. Leider sind wir nicht in einer Spitzenorganisation vertreten, was es uns hier und da ungleich schwieriger macht. Seitens der Mitglieder besteht derzeit kein Interesse, dass sich die BfPP einer Spitzenorganisation angliedert oder unter das Dach einer der drei großen Polizeigewerkschaften rutscht. Das würde auch dem Gründungsgedanken aus dem Jahre 1989 widersprechen.

“Wir sind optimistisch”

Bundesweit bislang einmalig

Programm P20 startet in die Implementierungsphase

Online-Vernehmungen in Nordrhein-Westfalen

(BS/bah) Nach Jahren der Planung, Abstimmung und Konzeption geht das Programm P20 endlich in die Umsetzungsphase. Der Aufbau eines bun- (BS/mfe) Die nordrhein-westfälische Polizei ermöglicht Vernehmungen desweit einheitlichen Informationsmanagements für die Polizei nimmt Gestalt an. Anfang März dieses Jahres war es soweit: Die Bundesdruckerei künftig auch online. Bis Jahresende soll in allen 47 Kreispolizeibehörden erhielt von der Programmleitung den Auftrag, das “initiale Datenhaus” von P20 (früher Polizei 20/20) zu errichten. neben dem persönlichen Erscheinen im Kriminalkommissariat auch die Vernehmung per Video möglich sein. Das gibt es so noch in keinem haben wie erwartet insgesamt will die Programmleitung den anderen Bundesland. Als zentrale Komponente des künftigen einheitlichen polizeilichen Informationssystems dient das Datenhaus nicht nur der standardisierten Datenablage für alle Polizeien, sondern es soll auch einheitliche Funktionen und digitale Prozesse für Fachverfahren bereitstellen. Die Bundesdruckerei wird nunmehr mit Unterstützung von Sopra Steria nach der polizeifachlichen Federführung von P20 eine initiale Version dieses Datenhauses produzieren: Nach einer Machbarkeitsstudie und der Konzeptionsphase soll ein operativer Proof of Concept (PoC) aufgebaut und betrieben werden, der für Tests der unterschiedlichen Komponenten, die von anderen Teilprojekten realisiert werden, und für die Integration des Gesamtsystems zur Verfügung steht. Die Arbeiten haben bereits begonnen. Über die endgültige Implementierung und den Betrieb des Datenhauses wird im Verlauf des Programms P20 noch entschieden werden müssen. Ebenfalls im Zeitplan befindet sich das komplexe Ausschreibungsverfahren für die “Rahmenvereinbarung zur Umsetzung der digitalen Transformation Polizei”, mit der die

Das Programm P20 startet in die Umsetzungsphase. Logo: BS/BKA

Programmleitung von P20 einen geeigneten Dienstleister beziehungsweise “Transformator” ermitteln will, der sie in den nächsten Jahren bei der Ausgestaltung und Integration der zahlreichen Projekt- und Teilprojektkomponenten, das heißt auch bei der Einbindung des Datenhauses, unterstützt. Nur zur Erinnerung: Der Vertragsentwurf sieht ein Gesamtvolumen von 165 Millionen Euro vor. Eine Deckelung beschränkt die Gesamtausgaben auf 247,5 Millionen Euro. Vorgesehen ist eine Laufzeit von fünf Jahren mit der Option auf zwei zweijährige Verlängerungen, also eine Höchstlaufzeit von neun Jahren.

Bewertungsverfahren läuft Mitte Februar war Deadline für die Angebote. Derzeit läuft das Bewertungsverfahren. Angeboten

vier Konsortien unter der Anführung von Materna/Infora, Accenture, Atos und msg. Bei jeweils sechs geforderten Konzepten und vier Bewerbern ist das ein beachtliches Lesepensum für die Auswahlkommission. Gesamtprogrammleiter Holger Gadorosi zeigt sich angetan von der Qualität der Angebotsunterlagen, die angemessen auf die P20-Anforderungen eingingen: “Offensichtlich war unsere Ausschreibung verständlich.” Gadorosi ist zuversichtlich, dass das Programm wie avisiert im Juni den Zuschlag erteilen wird. Mit etwas Glück werden die Absagen an die Unterlegenen schon im Mai herausgehen. Zuvor wird selbstverständlich noch der P20Verwaltungsrat über das Ergebnis des Verfahrens informiert werden. Daneben geht das Vergabeverfahren für eine bedeutende P20-Fachanwendung, das einheitliche Asservatenmanagement-System (eAMS) der Polizeien, in die entscheidenden Verhandlungsrunden mit den Bietern. Diese brauchen erfahrungsgemäß Zeit, da die Vergabestelle in jeder Runde mit allen Bietern sprechen muss. Dennoch

Zuschlag im dritten, spätestens im vierten Quartal 2022 erteilen. “Wir sind da optimistisch”, sagt Gadorosi. Auch die Vergabe zur Anpassung des ausgewählten Produkts für die Umsetzung der einheitlichen Akte in Strafsachen (EAS) ist laut Gadorosi im Zeitplan und soll spätestens Anfang des dritten Quartals bezuschlagt werden. Dies ist nötig, da die Justiz ab dem Jahr 2026 Strafakten nur noch auf dem digitalen Weg entgegennehmen wird und eine längere Prozessintegrationsphase zwischen Justiz und Polizei geplant ist.

Schadens- beziehungsweise Katastrophenfällen ist es laut Murr unabdingbar, für die Lagebewältigung erforderliche Führungsund Kommunikationsstrukturen möglichst zügig und unabhängig von einer bereits vorhandenen Infrastruktur aufzubauen. Die

Gewerkschaftsvertreter regen zudem dringend an, das Budget des Inspekteurs der Bereitschaftspolizeien der Länder (IBPdL) massiv anzuheben und entsprechend den zu erwartenden Teuerungsraten der Zukunft jeweils anzupassen.

Gespräche über iVBS Parallel zu den Vergabeverfahren finden derzeit Gespräche mit Dataport statt, das perspektivisch die ausgewählten InterimsVorgangsbearbeitungssysteme (iVBS) aus den Bundesländern und für die Bundesländer betreiben soll, bis das Datenhaus und die damit bereitgestellten Funktionen und Prozesse die monolithischen VBS obsolet machen. Der künftige Transformator, ist er erst einmal ausgewählt, wird viel Integrationsarbeit zu leisten haben.

Bisher müssen Geschädigte und Zeugen immer persönlich auf der Dienststelle erscheinen, um ihre Aussagen aufzugeben. Das wird häufig zum Problem, weil der Wohnort der Beteiligten nicht selten vom Tatort abweicht. In diesen Fällen übernimmt die wohnortsansässige Dienststelle die Vernehmung. Die Sachbearbeitung durch mehrere Ermittlerinnen und Ermittler kann allerdings zu längeren Verzögerungen führen. Auch die persönliche Vernehmung von Deutschen, die im Ausland leben, wurde durch bürokratische Verfahren erschwert. Die OnlineVernehmung erspart künftig eine weite Anreise, bürokratische Verfahren und die Bearbeitung durch unterschiedliche Dienststellen.

Nicht immer in Anwendung Bereits seit Juli 2021 wird die Online-Vernehmung im Düsseldorfer Polizeipräsidium erprobt – und zwar nicht als Test, sondern innerhalb echter Strafverfahren. Nach Abschluss der Pilotierungsphase wird nun ein landesweites Umsetzungskonzept erarbeitet. “Die Beteiligten waren von der effizienten

und flexiblen Ermittlungsarbeit überrascht. Neben der gesteigerten Bereitschaft zur Teilnahme an polizeilichen Ermittlungsverfahren und den erheblichen Zeit- und Kostenersparnissen gestaltet die Online-Vernehmung auch den kriminalpolizeilichen Beruf attraktiver”, erklärte Innenminister Herbert Reul (CDU). Die zeit- und ortsunabhängige Vernehmungsform fördere in Zukunft zudem die Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie das Arbeiten aus dem Homeoffice. Die Online-Vernehmung kommt bei leichter bis mittelschwerer Kriminalität wie etwa bei leichten Körperverletzungen oder Beleidigungen zum Einsatz. Bei schwersten Delikten wie Mord oder Sexualstraftaten ist auch weiterhin ein persönliches Erscheinen erforderlich. Auch besonders sensible oder deliktisch herausragende Sachverhalte sowie Verfahren, die besondere Anforderungen an den Opferschutz stellen, werden nicht online durchgeführt. Der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) begrüßte die Idee. Für Beschuldigtenvernehmungen sei dies jedoch keine Möglichkeit.

MELDUNG

GdP-Forderungen für die Bereitschaftspolizeien (BS/mfe) Aus Sicht der Mitglieder des Bundesfachausschusses Bereitschaftspolizei der Gewerkschaft der Polizei (GdP) ist die Handlungsfähigkeit der Bereitschaftspolizeien in Deutschland erheblich gefährdet. “Bei den sogenannten Geschlossenen

Einheiten in Bund und Ländern stellen wir akut eine fragile Krisenresilienz fest”, betont Clemens Murr, zuständiges Mitglied des Geschäftsführenden GdP-Bundesvorstandes. Angesichts zunehmender Herausforderungen in Großlagen und Einsätzen bei

In Nordrhein-Westfalen können Zeugenvernehmungen künftig auch online stattfinden. Foto: BS/stock.adobe.com, MQ-Illustrations


Katastrophenschutz

Behörden Spiegel / Mai 2022

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er Einsatz von Spontanhelfern während der Flutkatastrophe 2021 stellt in der Geschichte der deutschen Gefahrenabwehr kein Novum dar. Schon bei den Elbehochwassern habe es eine fünfstellige Zahl an Spontanhelfern gegeben, berichtet Stefan Voßschmidt, Dozent im Referat Grundlagen der Aus- und Fortbildung, Qualitätsmanagement an der Bundesakademie für Bevölkerungsschutz und Zivile Verteidigung (BABZ). Bei der Katastrophe im vergangenen Jahr sei eine sechsstellige Anzahl an Helferinnen und Helfern vor Ort gewesen. Einige Helfer seien sogar aus den USA gekommen. Voßschmidt zeigt sich begeistert von diesem Einsatz und Engagement. Nicht einen größeren Unfall habe es gegeben. Generell habe man im Umgang mit Spontanhelfern drei Möglichkeiten. Die erste Möglichkeit wäre, die Helfergruppe von behördlicher Seite zu ignorieren, sagt Andreas Karsten, Autor und Präsident der Deutschen Gesellschaft zur Förderung von Social Media und Technologie im Bevölkerungsschutz (DGSMTech). Dies sei aber "albern", da den Betroffenen zunächst erst mal egal sei, wer ihnen helfe. Nach dem Elbehochwasser hätte es dazu noch ganz andere Auffassungen im behördlichen Bereich gegeben. Die zweite Möglichkeit wäre, die Spontanhelfer sich selbst zu überlassen und sich selbst organisieren zu lassen, so Karsten. Gleichzeitig schlössen die staatlichen Stellen die Lücken. Dies müsse vor allem dann geschehen, wenn man mit den Spontanhelfern nicht kommunizieren kann, sagt der Experte. Die beste Methode sei es jedoch, mit den Helfern Kontakt aufzunehmen und sie in die Gefahrenabwehr zu integrieren. So könne Hilfe dann aus einem Guss gelingen. Die Helfer sollten

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Potenzial ernst nehmen Die Rolle von Spontanhelfern im Katastrophenschutz (BS/Bennet Klawon) Das Phänomen ist nicht neu. Doch wurde die Rolle der Spontanhelferinnen und -helfer in der Flutkatastrophe wieder auf die Tagesordnung gesetzt. Dennoch herrscht viel Unsicherheit bei einem Einsatz von solchen Kräften. So kommen immer wieder Forderungen auf, ein eigenes Gesetz für den Einsatz von Spontanhelfern zu schaffen. Davor wird jedoch gewarnt.

Welches Potenzial haben Spontanhelfer? Dazu diskutierten auf der Plattform NeueStadt.org (im Uhrzeigersinn): Andreas Karsten, Bennet Klawon (Moderation), Stefan Screenshot: BS/Klawon Voßschmidt, Dieter Schöffmann und Harald Erkens.

dort eingesetzt werden, wo sie ihre Kompetenzen am besten einbringen könnten. Dazu sei ein Austausch, in welcher Form auch immer, notwendig.

Standard-Tool für Koordinierung sinnvoll Ein praxisnahes Konzept habe es im Ahrtal mit dem sogenannten Helfer-Shuttle des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) gegeben, erläutert Voßschmidt. Dabei habe man den Bedarf an Hilfe außerhalb des Einsatzraumes aufgenommen und die Helfer mittels des Shuttles an die richtige Stelle gebracht, ohne dass die hilfsbereiten Menschen wichtige Zufahrtstraßen verstopft hätten. Der BABZ-Dozent macht sich jedoch für ein bundesweites Standard-Tool stark, welches beim Management der Kräfte unterstütze. Dazu habe es schon Projekte gegeben. “Die Problematik bei Spontanhelfenden ist meistens: Entweder hat man zu viele oder zu wenige, selten hat man

genau ausreichende. Deshalb ist eine Koordination wichtig, um alles zusammenzubringen”, hält Voßschmidt fest. Dem kann Dieter Schöffmann, Bereichsleiter “Politische Partizipation” und Leiter “Kooperatives Büro für Öffentlichkeitsbeteiligung” bei der Kölner Freiwilligen Agentur, nur zustimmen. Zwar benötige man nicht überall eine Freiwilligenagentur, jedoch brauche es jemanden mit einer Mittlerfunktion. Er schlägt vor, in den Organisationen ein paar Personen mit der Aufgabe als Ansprechpartner für Spontanhelfer zu betrauen. Diese könnten den ankommenden Helfenden erläutern, was gebraucht werde und wo sie eingesetzt werden sollten. Neben der Koordination sei es auch wichtig, dass die Spontanhelfenden nicht mit dem Gefühl rausgingen, alles sei umsonst gewesen, so Schöffmann. “Je nachdem, wo man sich bewegt, muss diese Anlaufstelle vielleicht bei der Kommune, bei

der Feuerwehr oder beim Roten Kreuz sein. Es braucht ein Team, das dieses Geschäft beherrscht. Das ist etwas anderes als in der Bereitschaft, Weisungen zu erteilen. Es ist auch eine andere Kommunikationsaufgabe. Das lässt sich vorbereiten”, zeigt sich Schöffmann überzeugt. “Was die Einbindung von Spontanhelfern in den Einsatz und vor allem ihre rechtliche Absicherung angeht, gibt es leider sehr viele Missverständnisse, die teilweise auch von Behördenseite geschürt werden”, sagt Harald Erkens, Referent im Bundesministerium der Verteidigung (BMVg). So habe er schon selbst mitbekommen, dass eine Kreisstadt auf ihrer Webseite darauf hinweise, dass Spontanhelfer auf eigenes Risiko und auf eigene Kosten handelten. Dies sei rechtlich kompletter

Unsinn. So einen rechtlichen öffentlichen Haftungsausschluss gebe es nicht. Das Problem sei, dass auf beiden Seiten – der behördlichen und der der Spontanhelfer – keine ausreichenden juristischen Kenntnisse über die rechtlichen Rahmenbedingungen beim Einsatz vorhanden seien, dabei sei das Phänomen des Spontanhelfers nicht neu.

Bloß kein eigenes Gesetz schaffen Die rechtliche Stellung von Spontanhelfern sei durch die derzeit bestehenden Gesetze schon abgedeckt, so der Jurist. “Es gibt erstaunlich wenige – das ist auch eher ungewöhnlich für die rechtliche Situation in Deutschland – Regelungen, die das Ganze auf den Punkt bringen und Rechtsicherheit

Hilfe da leisten, wo sie gebraucht wird. Ein bundesweites Standard-Tool sei dafür zielführend, zeigt sich Stefan Voßschmidt überzeugt. Foto: BS/stock.adobe.com

bieten”, erklärt Erkens. Damit räumt er auch mit den noch viel geglaubten Irrtümern auf, dass sich Spontanhelfer im rechtsfreien Raum bewegten oder dass diese eigene Einsatzstrukturen bildeten. Dies sei falsch. Spontanhelfer würden sich in die bestehenden Einsatzstrukturen des Katastropheneinsatzes einbinden und seien deshalb gegenüber der Einsatzleitung weisungsgebunden. Es gebe aber Aufgaben, die Spontanhelfern nicht übernommen dürften. Dies umfasse unter anderem Feuerwehraufgaben. Wenn sich Spontanhelfer Weisungen widersetzten, dann legten diese rechtlich betrachtet die Rolle des Helfers ab und nähmen die Rolle des Störers ein. Daraufhin könnten Platzverweise ausgesprochen werden. Notfalls könnten diese von der Polizei durchgesetzt werden. Spontanhelfer seien auch durch rechtliche Regelungen bei eigenen Schäden oder bei Schäden von Dritten, die bei der Ausübung passierten, abgesichert. Im Falle der Flutkatastrophe im Ahrtal oder bei anderen großflächigen Schadenslagen, schränkt der Jurist ein, stoße das Recht jedoch teilweise an seine Grenzen, da es nicht im gleichen Maße überall im erforderlichen Maße durchgesetzt werden könne. Erkens warnt jedoch eindringlich davor, ein gesondertes “Spontanhelfer-Gesetz” auf den Weg bringen zu wollen. Dies sei der föderalen Struktur der Gefahrenabwehr in Deutschland geschuldet. Wenn ein Spontanhelfer-Gesetz geschaffen werden solle, bräuchte es 17 solcher Gesetze – ein Bundesgesetz und 16 Landesgesetze. Dies sei nicht zielführend. “Es ist wirklich alles schon geregelt”, betont Erkens. Die komplette Diskussionsrunde findet sich in der Mediathek von NeueStadt.org unter: neuestadt. org/mediathek/

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Katastrophenschutz

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eim diesjährigen Brand- und Katastrophenschutztag, der Anfang April in Dortmund stattfand, beschrieb der Staatssekretär im Innenministerium NordrheinWestfalen, Jürgen Mathies, seine ganz eigenen Erlebnisse aus dieser Nacht. Er sei zwar nicht direkt von der Katastrophe getroffen worden, aber als nachts um eins die Sirenen der Stadt angingen und ihn und seine Frau aufweckten, habe er – wie empfohlen – direkt das Radio angemacht. Nur hätte ihm das nicht weitergeholfen, weil nichts übertragen worden sei. Was allerdings auch daran gelegen haben könne, dass er nicht den regionalen Sender eingestellt habe. Mathies nahm diese persönliche Erfahrung zum Anlass, um die Komplexität des Themas Warnung der Bevölkerung aufzuzeigen. “Es geht nicht nur um Technik, es geht um Botschaften, darum, Menschen zu erreichen”, betonte Mathies. “In NRW haben wir einen weiteren Blick und empfehlen einen breiten Warnmix, denn nur wer viele Kanäle parallel bedient, der erreicht auch viele Menschen.” Um wie beim Beispiel, die Bürger nach dem Sirenenalarm auch mit sinnvollen Informationen zu

Weiterhin keine effektive Warnung Umsetzungsprobleme ein Jahr nach der Katastrophe (BS/Dorothee Frank) Die Flutkatastrophe des Sommers 2021 war ein Schlaglicht auf die deutschen Fähigkeiten zur Warnung der Bevölkerung. Und dieses Schlaglicht war weder positiv noch sind die damals erkannten Defizite mittlerweile behoben. Sirenen existieren zwar, doch ist es mit einem Sirenenalarm alleine noch lange nicht getan. Gebieten in Nordrhein-Westfalen bereits realisiert.

Digitalisierung der Warnung nötig

Fast ein Jahr nach der Flutkatastrophe war das Thema Warnung einer der Schwerpunkte des diesjährigen Brand- und Katastrophenschutztags. Das deutsche System setze auf die Selbstrettung, beschrieb Dirk Aschenbrenner, Direktor der Feuerwehr Dortmund. Aber “um mich selbst zu retten, muss ich alarmierbar sein”. Foto: BS/D. Frank

versorgen, seien beispielsweise Absprachen mit den regionalen und überregionalen Sendern notwendig, sodass je nach Schwere der Lage sogar deutschlandweit

informiert werden könne. Das direkte Einsprechen von Einsatzleitern oder Feuerwehrchefs in das laufende Radioprogramm von Regionalsendern sei in einigen

Amtshilfe “Starkregen” Mögliche Ableitungen für die Zus ammenarbeit der Blaulichtorganisationen (BS/Mona Jörg*) Das Starkregenereignis in der Nacht vom 14. auf den 15. Juli 2021 führte insbesondere in Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen sowie Bayern zu erheblichen Schäden, die in Rheinland-Pfalz und NordrheinWestfalen einen Großeinsatz von Kräften des Katastrophenschutzes ausgelöst hatten. Dank eingespielter Regelverfahren bei Sofort- und Amtshilfe konnten die Lagezentren des Nationalen Territorialen Befehlshabers in Berlin und Bonn sehr schnell die ersten Kräfte der Bundeswehr in den Katastrophenregionen einsetzen. Durch die Unterstützung der Bundeswehr konnten neben der Rettung von eingeschlossenen Personen wesentliche Unwetterfolgen bewältigt sowie auch die Grundversorgung wiederhergestellt werden. Die Aufträge zum teilweise behelfsmäßigen Wiederaufbau wurden durch die Bundeswehr soweit abgeschlossen, dass diese von zivilen Unternehmen und Hilfsorganisationen übernommen werden konnten. Zeitweise waren bis zu 2.000 Soldatinnen und Soldaten mit Großgerät, Hubschraubern und erstmals Aufklärungsflugzeugen (Eurofightern) in der Aufklärungsrolle im Einsatz. Die Unterstützung ist planmäßig am 27. August 2021 in RheinlandPfalz und am 1. September 2021 in Nordrhein-Westfalen beendet worden. Darüber hinaus hat die Bundeswehr mit der Bereitstellung von Material unterstützt. Der fast zweimonatige Einsatz der Streitkräfte gliederte sich dabei in drei wesentliche Phasen des Einsatzes: In der ersten Phase lag der Schwerpunkt auf der Rettung von Menschen – hier wurden vor allem Hubschrauber und geländegängige Fahrzeuge sowie Bergepanzer zum Räumen der Rettungswege eingesetzt. Die zweite Phase diente der Stabilisierung, das heißt, hier wurde zerstörte oder beschädigte Infrastruktur behelfsmäßig wiederhergestellt. Unter anderem wurden in dieser Phase Kommunikationsnetze mittels Satellitenkommunikationsanlagen bereitgestellt sowie die Wasser- und Abwasserversorgung und die Versorgung der Bevölkerung mit Verpflegung und medizinischer Unterstützung sichergestellt. In der dritten und letzten Phase, dem Wiederaufbau, wurden vor allem Straßen und Brücken behelfsmäßig instandgesetzt und in der Folge den Kommunen übergeben. Bereits am 16. August 2021 wurde eine von drei Behelfsbrücken an den Landesbetrieb Mobilität Rheinland-Pfalz übergeben. Mit dem Erreichen einer ausreichenden Grundversorgung und der

Behörden Spiegel / Mai 2022

Zeitweise waren über 2.000 Soldatinnen und Soldaten zeitgleich am Einsatz im Rahmen der Flutkatastrophe 2021 beteiligt. Hier zu sehen: der Bereitstellungsraum Nürburgring. Foto: BS/Bundeswehr

Übernahme der verbliebenen Aufgaben vor Ort durch zivile Kräfte endete der Katastrophenhilfeeinsatz der Bundeswehr in den Hochwassergebieten.

Informationen teilweise doppelt Um Kräfte, sei es auf ziviler oder militärischer Seite, effizient einsetzen zu können, ist ein gemeinsames aktuelles Lagebild zwingend erforderlich. Viele Informationen aller am Einsatzprozess beteiligten Hilfsorganisationen wurden zumeist doppelt bzw. nicht medienbruchfrei erstellt. Hierdurch ergaben sich eine Vielzahl an unterschiedlichen Lagebildern, die zeitaufwendig nachrecherchiert werden mussten bzw. schlichtweg nicht bekannt waren. Der nur sehr zäh aufwachsende zivile Beitrag zur Gesamtlage und die fehlenden (technischen) Schnittstellen zur Bundeswehr verstärkten die Herausforderungen des Fachberaters Bundeswehr, in die Beratungsrolle zu gelangen. Die Tatsache, dass ein Lagebild – gerade zu Beginn einer Katastrophe – unklar, bruchstückhaft, irrleitend, falsch oder nicht bei allen Helfern bekannt ist, wird sich nicht beheben lassen. Jedoch sind Projekte, welche die zivil-militärische, digitale Zusammenarbeit bei Lagebild, Informationsaustausch sowie Operationsführung signifikant verbessern, weiter voranzutreiben, damit möglichst zeitnah nach dem Eintreten einer Katastrophe ein gemeinsames Lagebild existiert und Kräfte somit effizienter eingesetzt werden können.

Koordinierung muss geübt werden Zur Koordinierung und Kräfteplanung vor Ort sind Aufnahme

und Einweisung in den Auftrag/ den Raum unerlässlich. Diese Aufnahme durch zivile Kräfte vor Ort erfolgte anfangs nicht reibungsfrei und wurde nicht zentral koordiniert. Die von der Bundeswehr eingesetzten Verbindungselemente haben die Aufnahme der Kräfte durch die zivile Seite unterstützt. Sie haben Erkundungskommandos im Raum aufgenommen, in die Lage eingewiesen und auch für Unterkünfte gesorgt. Die Koordination zwischen der zivilen und der militärischen Seite sollte regelmäßiger geübt werden. Die Länder- und Ressortübergreifende Krisenmanagementübung “LÜKEX” ist bereits für November 2022 geplant. Diese hat die Förderung der Zivil-Militärischen-Zusammenarbeit als Ziel sowie die Weiterentwicklung von querschnittlichen Fähigkeiten im Bereich "Krisenmanagement". Des Weiteren ist eine Vertiefung in der Zusammenarbeit mit dem Technischen Hilfswerk (THW) geplant. So wurden bereits auf Grund des Starkregenereignisses gemeinsame Handlungsfelder eruiert und eine gemeinsame Führungsübung geplant. Rückblickend ist festzuhalten, dass jede Blaulichtorganisation für sich in ihrer jeweiligen Struktur professionalisiert ist, die Zusammenarbeit jedoch aufgrund dieser durchaus Herausforderungen bietet. Bestehende Strukturen sollten harmonisiert bzw. an die der anderen Blaulichtorganisationen teilweise angepasst werden, um in Zukunft gemeinsam noch effizienter agieren zu können. *Hauptmann Mona Jörg ist Sachgebietsleiterin Grundlagen / Einsatz- und AuswOffz im Referat Auswertung des Kommandos Streitkräftebasis (KdoSKB).

Die Digitalisierung müsse ebenfalls vermehrt zur Warnung in Betracht gezogen werden. Ein Beispiel für erfolgreiche Digitalisierung sei die Notruf-App NORA, die mittlerweile das Gehörlosenfax in den Leitstellen abgelöst habe. Diese gebe es aktuell in Deutsch und Englisch. Aber auch allen Ausländern mit geringen Deutschoder Englischkenntnissen empfehle die Landesregierung diese App, sagte Mathies, da die Piktogramme eine intuitive Nutzung erlaubten. Ein weiteres Beispiel für erfolgreiche Digitalisierung zur Warnung der Bevölkerung nannte Dirk Aschenbrenner, Direktor der Feuerwehr Dortmund, bei dem Brandund Katastrophenschutzetag. Ein aktuelles Projekt arbeite daran, mittels Künstlicher Intelligenz die Sprache des Anrufers zu identifizieren und einen automatischen Übersetzer zwischenzuschalten. Dadurch könne die Leitstelle auch Notrufe jener Menschen annehmen, die kein Deutsch sprächen.

Nachholbedarf beim Cell Broadcasting Woran es allerdings weiterhin mangelt, ist die Alarmierung der Bevölkerung druch SMS, das so genannte Cell Broadcasting. Dieses war ins Gespräch gekommen, nachdem das Hochwasser des vergangenen Jahres allein im Ahrtal 134 Menschen das Leben kostete, die ungewarnt teils in ihren Wohnwagen blieben, in die Keller gingen oder auf andere Weise ums Leben kamen und durch frühzeitige Information und Evakuierung überlebt hätten. Beim Cell Broadcasting wird eine SMS an alle in einer Funkzelle befindlichen Handys geschickt. Das Medium erlaubt somit auch umfassendere Informationen. Zuerst mussten zwar Gesetze angepasst werden, der Bundes-

rat stimmte allerdings bereits im November vergangenen Jahres der Verordnung zum Cell Broadcasting zu. Danach wurde die Technik bereits genutzt. So erhielten alle per Bahn oder Flugzeug aus dem Ausland einreisenden Menschen eine SMS der Bundesregierung mit Informationen zu den CoronaSchutzmaßnahmen. Die Technik funktioniert also und ist nutzbar. Woran es allerdings hapert, ist weiterhin die Einführung dieses SMS-Warnsystems für Deutschland. Bereits 2018 hatte die EU eine Richtlinie beschlossen, nach der bis zum 21. Juni 2022 alle Mitgliedsstaaten über ein SMS-Warnsystem für den Katastrophenfall verfügen müssen. Deutschland wird es leider nicht schaffen. Das Innenministerium soll eine Einführung für frühestens Ende 2022 angekündigt haben. Frühestens.

Bedrohung älterer Menschen Ein weiteres Problem stellt zudem der demografische Wandel in Deutschland dar. Gerade ältere Menschen über 60 sind deutlich öfter Opfer von Bränden oder Naturkatastrophen als ihre jüngeren Mitbürger. So stellten die Menschen über 60 etwa zwei Drittel der Brandopfer, beschrieb Aschenbrenner beim Brand- und Katastrophenschutztag in Dortmund die Ergebnisse einer Untersuchung. Auch bei der Flutkatastrophe seien die älteren Menschen unverhältnismäßig oft zu Todesopfern geworden. Als einen möglichen Grund nannte Aschenbrenner, dass die deutsche Rettungskette davon ausgehe, dass der Bürger sich zu Beginn eines Unglücks selbst retten müsse. Es werde also eine gewisse Mobilität erwartet, ebenso wie das Funktionieren aller Sinne. Wenn ältere Mitmenschen allerdings aufgrund von Schwerhörigkeit den Rauchmelder nicht hörten oder aufgrund von Mobilitätseinschränken nicht das Treppenhaus hinuntergehen könnten, dann käme die Feuerwehr oft zu

spät. Um die Möglichkeiten der Digitalisierung in diesem Bereich zu nutzen, untersuche die Feuerwehr Dortmund in Zusammenarbeit mit einem Versicherungsunternehmen das Konzept "Vom Smart Home zum Smart Safe Home". “Die besten Projekte sollen in einer vierjährigen Phase umgesetzt werden”, sagte Aschenbrenner. “Wir haben ein entsprechendes Gebäude und einen Träger gefunden. Und wir haben eine Wohngemeinschaft in diesem Gebäude, die den Kriterien entspricht.” Aschenbrenner erhofft sich dadurch, Empfehlungen und einen Maßnahmekatalog entwickeln zu können, mit dem dann auch die Überlebenschancen älterer Mitbürger deutlich erhöht würden. Dass bereits einfache Maßnahmen einen enormen Erfolg zeigten, daran gebe es keinen Zweifel. So sei die Zahl der Brände seit 2017 kontinuierlich angestiegen, die Zahl der Brandtoten sei aber von etwa 900 pro Jahr Ende der Neunzigerjahre auf jetzt etwa 370 Brandtote pro Jahr gesunken. Dies sei vor allem den Rauchmeldern zu verdanken. Es müssten also nicht immer große Umbauarbeiten sein, manchmal reiche auch ein kleines Add-on für wenige Euro. Mit Blick gerade auf die Menschen über 60 sagte Aschenbrenner: “Wir wären überaus glücklich wenn die Digitalisierung Probleme beseitigen könnte, die in der normalen Rettungskette existieren.”

Geld für die Forschung, aber nicht für die Umsetzung Ein deutsches Problem im Katastrophenschutz liegt allerdings in der Umsetzung. Es gibt durchaus großzügige Forschungsgelder, aber für die Finanzierung sich daraus ableitender Programme fehlen dann die Mittel. Auch Aschenbrenner betonte, dass es sehr viele sehr gute Initiativen gebe und benannte als Problem, dass viele Forschungsund Entwicklungsprojekte später nicht in die Umsetzung kämen. “Es wird immer wieder Geld in die Forschung gesteckt. Und irgendwann ist die Forschung abgeschlossen und dann kommt der Punkt, wo es nicht umgesetzt wird”, sagte Aschenbrenner. “Wir haben bei der Digitalisierung kein Erkenntnisproblem, sondern ein Umsetzungsproblem.”

Risiko Gasmangel Energieversorgung der Industrie (BS/df) Das Szenario Gasmangel sei in der Vergangenheit durchaus stiefmütterlich behandelt worden, lautete eine Erkenntnis von Dr. Hans-Walter Borries, Direktor des Instituts FIRMITAS, Witten, und Stellv. Vorstandsvorsitzender des Bundesverband für den Schutz Kritischer Infrastrukturen e. V. (BSKI), bei dem Brand- und Katastrophenschutztag in Dortmund. Zwischen den Zeilen habe man zwar immer schon eine gewisse Gefährdung lesen können, allerdings nur sehr versteckt und eingeschränkt. Nun sei durch den Ukraine-Krieg die Lage Gasmangel allerdings durchaus in den Bereich des Denkbaren – wenn nicht sogar Wahrscheinlichen – geraten. Das Hauptproblem seien dabei nicht unbedingt die Privathaushalte, die etwa ein Drittel der Gasverbraucher ausmachten, sondern die Industrie. Darunter auch die Lebensmittelindustrie. Großbäckereien und andere Lebensmittelkonzerne könnten ihre Systeme nicht einfach umstellen. Der gerade erst vollzogene Wechsel von Öl auf Gas habe Jahre gedauert. “Es gibt detaillierte Pläne, wie einer kurzfristigen Gasmangellage zu begegnen ist”, sagte Borries, “aber keine, wie mit langfristigem Gasmangel umgegangen werden kann.” Der Verband Deutscher Großbäckereien hatte bereits im März vor einer Gefährdung der Versorgung gewarnt. In einem Schreiben an die für Energiefragen zuständigen

Ministerien der Bundesländer fordert der Verband eine grundsätzliche Priorisierung der Backbetriebe. “Ohne eine uneingeschränkte Versorgung der Großbäckereien mit Energie, insbesondere mit Gas und Elektrizität, und eine Sicherstellung der Lieferfähigkeit ist eine Aufrechterhaltung der Versorgung mit dem Grundnahrungsmittel Brot in der Bundesrepublik Deutschland schlichtweg nicht sichergestellt”, betont der Verband. “Ein Ausweichen au. a.dere Energieträger”, so der Hauptgeschäftsführer des Verbandes, Armin Juncker, “ist aus technischen Gründen ausgeschlossen, zumindest kurz- und mittelfristig.”

Outsouring an die Wirtschaft Das Problem hierbei ist, dass Deutschland gerade erst einen Wandel im Energieträger vollzogen hat, von Kohle und vor allem Öl hin zu Gas. Und diese Umstellung dauerte Jahre. Nun ist die deutsche Industrie vom Gas abhängig, das zu 52 Prozent aus Russland kommt. Während der Bevölkerung noch ein sparsamer Umgang mit

Heizenergie angetragen werden kann, ist dies bei Konzernen oder Bäckereien nicht der Fall. Borries betonte: “Ich halte es für sehr wichtig, dass der BASF-Chef vor einer Zerstörung der Volkswirtschaft warnt.” Das zweite Problem, das sich jetzt erst zeigt, ist das vergangene Outsourcing wichtiger Aufgaben, so geschehen auch im Energiesektor. Private Unternehmen müssten wirtschaftlich rechnen – und dies habe für leere Gasspeicher gesorgt. “Wenn die Gasspeicher voll wären, dann hätten wir einen Vorrat für wenige Wochen und vielleicht Monate”, sagte Borries. Da der Gaspreis im Herbst/Winter 2021 allerdings ungewöhnlich hoch war, hätten die Unternehmen die Gasreserven den Winter über bereits genutzt, statt sie als Vorrat aufzufüllen. “Es gibt auch keine Vorschriften, dass die Gasspeicher zu Beginn eines Winters voll zu sein haben.“ Der Staat habe die Entscheidung über eine solch lebenswichtige Ressource also komplett an die Privatwirtschaft abgetreten. Und die betreibt diese natürlich unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten.


Verteidigung

Behörden Spiegel / Mai 2022

Mali-Einsatz in der Kritik

MELDUNGEN

Neues strategisches Konzept der NATO (BS/df) Das letzte Strategic Concept der NATO stammt aus 2010, Zeit für eine Neufassung. Diese sollte eigentlich bereits im Frühjahr vorliegen, musste nun allerdings aufgrund des Angriffs auf die Ukraine in Teilen neu gefasst werden. Da es auf dem NATO-Gipfel in Madrid (29. bis 30. Juni 2022) durch die Staatsund Regierungschefs der NATOStaaten verabschiedet werden soll, firmiert es bereits unter dem Namen “Madrid Strategic Concept”. Es handelt sich bei den NATO-Konzepten allerdings um politisch-strategische Richtungsentscheidungen, nicht um militärische Handlungsanweisungen. So war im letzten Konzept 2010 beispielsweise das Zwei-Prozent-Ziel vertraglich festgelegt worden. Die Lastenteilung wird auch im Strategischen Konzept 2022 wieder eine Rolle

spielen. Wie der Behörden Spiegel erfahren konnte, soll festgelegt werden, dass ab 2030 die europäischen Staaten plus Kanada mindestens die Hälfte aller militärischen Fähigkeiten, Systeme und Soldaten für die NATO stellen, wobei der Bedarf durch die militärischen Institutionen der NATO festgelegt wird. Dass die USA immer noch die Hauptlast der Verteidigung Europas tragen müssen, obwohl die EU-Staaten wirtschaftlich sehr erfolgreich sind, wird in den Vereinigten Staaten schließlich weiterhin durchaus kritisch gesehen. Gerade angesichts der aktuellen Gefährdung der NATO-Ostflanke gibt es vermehrt Forderungen von US-Senatoren, dass Europa auch für Europas Sicherheit zu sorgen habe. Und die die USA als Unterstützer für, nicht als Hauptakteur in Europa sehen.

USA verlegen Flugzeuge für den Elektronischen Kampf (BS/df) Als Reaktion auf den Angriff auf die Ukraine verlegten die USA sechs Kampfflugzeuge für den Elektronischen Kampf auf den Luftwaffenstützpunkt Spangdahlem in Deutschland. Die sechs Flugzeuge gehören zur VAQ 134, einer Staffel zur Elektronischen Kriegführung, die auch als “Garudas” bekannt sind. Die Flugzeuge des Typs EA18G Growler sind eine Variante der F/A-18 “Super Hornet” und kombinieren deren Plattform mit einem System zur elektronischen Kampfführung. Laut Informationen der U.S. Navy verfügt die EA-18G Growler über die neueste Technologie für elektronische Angriffe, einschließlich ALQ-218-Empfänger, taktischer ALQ-99Störkapseln, ALQ-227 Communication Countermeasures Sets und Joint Tactical Terminal – Receiver Satellitenkommunikation. Etwa 240 Navy-Mitarbeiter, darunter Wartungspersonal und Piloten, haben die Flugzeuge nach Deutschland begleitet. Die Growler bleiben in Deutschland stationiert und fliegen von hier aus Einsätze zur Unterstützung

NATO billigt DIANA

(BS/df) Im April billigten die NATO-Außenminister die Charta des “Defence Innovation Accelerator for the North Atlantic” (DIANA). “In Zusammenarbeit mit der Privatwirtschaft und der Wissenschaft werden die Bündnispartner sicherstellen, dass wir die besten neuen Technologien für die transatlantische Sicherheit nutzen können”, sagte NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg. Mit DIANA will die NATO einen Fokus auf neue und potenziell disruptive Technologien setzen, die im Vorfeld von der Allianz priorisiert wurden.

Rolle der Cyber-Armee

(BS/bhi) Acht von zehn Deutschen fordern eine europäische Cyber-Armee. Die Zahl basiert auf einer repräsentativen Umfrage des Digitalverbands Bitkom. Über Tausend Bürgerinnen und Bürger über 16 Jahren mussten auf die Frage antworten: “Sollte die Europäische Union Ihrer Meinung nach eine europäische CyberArmee aufbauen, um gemeinsam auf Bedrohungen im Cyber-Raum reagieren zu können?” 46 Prozent der Befragten befürworteten die Einführung auf jeden Fall. Hinzu kommen 33 Prozent, die der Aussage eher zustimmen. Der Bitkom-Präsident Achim Berg erklärt die Notwendigkeit digitaler Verteidigung: “Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine dürfte der erste wirklich hy-

der Abschreckung und Verteidigung der NATO-Ostflanke, lautete die Mitteilung aus dem amerikanischen Verteidigungsministerium. Navy Captain Christopher M. Bahner, Kommandeur des Electronic Attack Wing Pacific, beschrieb: “Die entsandten EA-18G integrieren sich in die Streitkräfte der Verbündeten und der Koalition, um unseren Befehlshabern die Möglichkeit zu geben, unsere Streitkräfte in allen denkbaren Einsatzphasen zu verteidigen.” Auch Deutschland hatte überlegt, Growler als Ersatz für die EW-Tornados zu beschaffen, sich dann allerdings für eine Befähigung der Eurofighter zum Elektronischen Kampf entschieden. Hintergrund ist das Zwei-Flotten-Konzept der Luftwaffe, diese soll in Zukunft aus den neubeschafften F-35 sowie Eurofightern bestehen (wir berichteten). Hierfür ist nun allerdings eine Eigenentwicklung eines Electronic Warfare Eurofighters notwendig – und das wird dauern. Die Tornados müssen also noch eine ganze Weile länger ihren Dienst verrichten.

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Verlängerung des Bundeswehrmandats unwahrscheinlich (BS/df) Anfang Mai wird das Bundeskabinett über die Zukunft der Bundeswehreinsätze in Mali entscheiden, bevor Mitte Mai die Beratungen im Bundestag folgen. Besonders die europäische Ausbildungsmission in Mali (European Union Training Mission Mali – EUTM) steht in der Kritik. So hat auch der Hohe Vertreter der EU, Josep Borrell, das Aussetzen von EUTM angeregt. Bei der Ausbildungsmission stelle sich die Frage, ob Deutschland wirklich dieses aktuell in Mali herrschende Regime unterstützen wolle, sagte Verteidigungsministerin Christine Lambrecht nach ihrem Besuch bei den deutschen Soldatinnen und Soldaten sowie weiteren Gesprächen mit hochrangigen Vertretern der beiden Missionen, an denen die Bundeswehr in Mali beteiligt ist. “Wir erleben, dass die malischen Soldaten toll ausgebildet werden durch hochmotivierte und top qualifizierte deutsche Soldatinnen und Soldaten und dann mit diesen Fähigkeiten, zusammen z. B. mit russischen Kräften, in einen Einsatz gehen, womöglich sogar mit Söldnern. Und da stellt sich die Frage, ob das mit unseren Werten zusammengebracht werden kann, insbesondere wenn wir dann Gräueltaten erleben müssen wie in Moura”, sagte die Ministerin. “Das ist etwas, das nicht passt, das sehr schwer zu vermitteln is. Ich würde sagen, gar nicht mehr zu vermitteln ist.”

Probleme des Maßstabs Mali müsse sich beispielsweise deutlich von Russland und russischen Söldnern distanzieren. Hiermit bezog sich die Ministerin auf verschiedene Quellen, nach denen die Gruppe Wagner, eine russische Söldnereinheit, am Massaker in Moura gemeinsam mit den malischen Streitkräften beteiligt gewesen sein soll. In Moura waren über 200 Zivilisten durch malische Kräfte getötet worden. Laut Aussagen der malischen Streitkräfte habe es sich allerdings um Terroristen gehandelt. Der Generalstab der malischen Streitkräfte hatte am 1. April mitgeteilt, dass “in der Zone Moura, 17 Kilometer nordöstlich von Kouakourou im Kreis Djénné, eine groß angelegte Operation durchgeführt

sen sein. Dennoch wirft es kein gutes Licht auf die malischen Streitkräfte und somit auf die deutsche Ausbildungsmission, wenn die Ausgebildeten mithilfe russischer Söldner Zivilisten töten, statt sie zu verhaften. Seien es nun Terroristen oder nicht.

Demokratieverständnis der Machthaber

“Der Schritt der EU, die Ausbildung malischer Soldaten im Rahmen der Mission EUTM vorerst zu beenden, ist konsequent und richtig”, sagte Verteidigungsministerin Christine Lambrecht nach ihrer mehrtägigen Mali-Reise. Foto: BS/Bundeswehr, Sebastian Wilke

wurde. Diese Operation erfolgte aufgrund von Informationen über ein Treffen zwischen verschiedenen Katibats in Moura, das seit einigen Jahren eine Hochburg der Terroristen ist”, so der malische Generalstab. Als Bilanz des Einsatzes wurde genannt: “203 Kämpfer von bewaffneten terroristischen Gruppen wurden neutralisiert und 51 Personen festgenommen. Hinzu kommt eine materielle Bilanz von 200 verbrannten und beschlagnahmten Motorrädern. Große Mengen an Waffen und Munition wurden beschlagnahmt. Die FAMa führte anschließend systematische Razzien in der gesamten Zone durch.” Zur Erläuterung: Die FAMa sind die Forces armées maliennes, also die malischen Streitkräfte. Mit Katibat werden islamistischterroristische Organisationen bezeichnet, nicht nur in Mali.

Es mag sich tatsächlich um einen Einsatz des malischen Militärs gegen eine Hochburg des Terrorismus gehandelt haben, allerdings wirft die Bilanz von 51 verhafteten gegenüber 203 getöteten “Verbrechern” kein gutes Licht auf die Aktion. Andererseits sind die malischen Streitkräfte tatsächlich durchgehend Ziel von Anschlägen islamistischer Terroristen, mit einer entsprechend hohen Zahl an Opfern bei den Soldaten. Ein Fakt, den auch ranghohe Bundeswehrsoldaten bereits bemängelten. Diese sagten, wenn man die malischen Soldaten nicht mit besserer Schutzausrüstung ausstatte, seien sie leicht zu identifizierende Ziele für die Terroristen. Auch diese Zermürbung könnte ein Grund für das durchgreifende Vorgehen der malischen Streitkräfte gewe-

Hinzu kommt die Verzögerung demokratischer Wahlen durch die malische Regierung. Die malischen Machthaber ließen bisher keine Bereitschaft erkennen, die zugesagten Wahlen in Mali nun auch schnellstmöglich durchzuführen. Daher könne die Bundesregierung, auch mit Blick auf die anstehenden Entscheidungen des Bundestages über die deutsche Präsenz in Mali, nicht so handeln, als sei in Mali nichts Gravierendes geschehen, sagte Lambrecht. Ein weiteres wichtiges Anliegen ist für die Ministerin die Sicherheit der deutschen Soldatinnen und Soldaten. Frankreich hatte zu Beginn des Jahres den Abzug seiner Truppen aus Mali angekündigt. Nach dem Abzug Frankreichs werden wichtige Fähigkeiten in Mali fehlen, wie beispielsweise wirksame und zuverlässige Kampfhubschrauber. Ende Mai wird im Deutschen Bundestag über eine mögliche Fortführung der Einsatzmandate entschieden. Neben EUTM ist die Bundeswehr noch an der UN-Mission MINUSMA (Mission Multidimensionnelle Intégrée des Nations Unies pour la Stabilisation au Mali) beteiligt. MINUSMA wird gemeinsam mit EUTM im Mai im Bundestag beraten, eine Entscheidung wird Ende Mai erwartet. Die Verteidigungsministerin wird sich zumindest nicht für eine Fortführung der Mandate aussprechen.

Vom Geld zur Moral Waffenlieferungen an die Ukraine

(BS/df) Vier Interessenlager treffen aktuell in Deutschland aufeinander: die Vertreter der Ukraine, die deutsche Politik, die deutsche Industrie und die deutschen Bürger. Die Position der Ukraine ist klar: überleben. Die Wirtschaft möchte wiederum die Gelegenheit nutzen und die Politik versucht, den Spagat zwischen ethischem Handeln und Sorge für die eigene Bevölkerung zu schaffen. Und des Volkes Wille ist die unbekannte Variable, auch Deutschland erhält demnach wenn viele Neu- und Alt-Militärexperten in Social Media etwas anderes vermuten lassen.

ein Testzentrum sowie die Technologien Künstliche Intelligenz, Autonomie, Daten, Weltraum, Quanten und Hypersonic. Diese Schwerpunkte werden allerdings auch von anderen Nationen bedient, so haben beispielsweise auch noch Belgien, Rumänien und die Türkei Hypersonic in ihrem Themenportfolio. Zudem einigten sich die Mitglieder auf einen NATO-Innovationsfonds. Dieser soll eine Milliarde Euro in Start Ups und Deep-Tech-Fonds investieren.

bride Krieg im 21. Jahrhundert sein. Militärische Auseinandersetzungen werden künftig an Land, auf dem Wasser, in der Luft und ebenso im digitalen Raum geführt. Cyber-Angriffe, zum Beispiel auf Kritische Infrastrukturen, können verheerende Folgen haben. Wenn unsere Institutionen und Unternehmen unzureichend geschützt sind, drohen im Ernstfall Engpässe in der Versorgung, Stromausfälle oder ein Stopp des elektronischen Zahlungsverkehrs.” Zur Rolle der Bundeswehr bei der digitalen Verteidigung sagt Berg: “Die Bundeswehr muss in der digitalen Verteidigungsarchitektur Europas eine zentrale Rolle spielen.” Allerdings trauen nur zehn Prozent der Befragten der Bundeswehr das zu.

Paradebeispiele sind aktuell die meisten Meldungen zu Waffenlieferungen. Einige Unternehmen heben sich dadurch hervor, dass sie wirklich für jeden Fall und zu jeder Nachricht etwas fast lieferfertig auf dem Hof haben. Am Tag nach der Verkündung des 100-Milliarden-Sondervermögens schrieb das Handelsblatt: “Der Rheinmetall-Konzern hat der Bundesregierung am Montag eine umfassende Lieferung von Rüstungsgütern angeboten. Das Paket umfasse unter anderem Munition, Hubschrauber sowie Ketten- und Radpanzer, sagte Vorstandschef Armin Papperger. Das gesamte Volumen summiert sich seinen Angaben zufolge auf 42 Milliarden Euro.” Zu diesem Zeitpunkt wusste noch nicht einmal die Bundeswehr, was sie wirklich als Dringendstes von dem Sondervermögen beschaffen sollte.

Sinn und Unsinn der ­Marder-Diskussion Ein ähnlicher Industrievorstoß kam jüngst wieder von demselben Düsseldorfer Unternehmen. Die Bild-Zeitung berichtete: “Der Düsseldorfer Rüstungskonzern Rheinmetall bietet 100 ausgemusterte Marder-Schützenpanzer an, die seit Jahren auf dem Hof der Firma stehen. Da diese erst instandgesetzt werden müssen, schlug Rheinmetall einen Tausch

vor: Die Bundeswehr liefert sofort einsatzfähige Marder an die Ukraine, bekommt danach von Rheinmetall die reparierten Panzer.” Die Bundeswehr lehnte dankend ab, die Zeitung skandierte einen Skandal. Dabei hätte es Jahre gedauert, bis die 100 versprochenen Panzer an die Bundeswehr hätten ausgeliefert werden können. Zum einen wäre eine Fähigkeitslücke in der aktuellen sicherheitspolitischen Lage durchaus kritisch, zum anderen würden die Marder dann eventuell gar nicht mehr benötigt, da sie vom Puma bzw. Boxer abgelöst werden sollen. Und das zweite Los Puma ist bereits im Haushalt abgebildet.

Fragwürdiger Nutzen Abgesehen von dem proaktiven Angebot, dass man zufällig fast nutzbare Schützenpanzer so gut wie lieferfähig herumstehen habe, ist der militärische Wert für die Ukraine zudem durchaus fragwürdig. Während einer Anhörung durch den US-Senat machten der Verteidigungsminister der USA sowie der Vorsitzende des Generalstabs der Streitkräfte der Vereinigten Staaten deutlich, welche militärischen Mittel die Ukraine aktuell benötigt: Panzerabwehrwaffen, Artillerie, Munition, Loitering-Munition und Minen. Hinzu kommen Luftverteidigungssysteme, welche die Slo-

wakei liefern wird, da im Gegenzug mehrere Patriot-Systeme aus NATO-Staaten – darunter auch ein deutsches – die slowakische Luftverteidigung übernehmen. Dass die Ukraine trotzdem meldete, sie könne die Marder gut gebrauchen, liegt an ihrem Kampf ums Überleben. Sie würde vermutlich auch bei U-Booten nicht nein sagen, sollte Deutschland bereit sein, welche abzutreten. Viel sinnvoller sind allerdings die durch die Niederlande versprochenen Panzerhaubitzen 2000 (PzH 2000). Für diese wird Deutschland die Munition sowie die Ausbildung stellen. Welche Munition genau war aus dem BMVg aus Geheimhaltungsgründen nicht zu erfahren. Deutschland verfügt neben üblichen Artilleriegeschossen auch über gelenkte und reichweitenverbesserte Munition, sodass mit der PzH 2000 durchaus Ziele in 80 km Entfernung bekämpft werden können.

Strapazierfähigkeit ­Deutschlands Da sich der Ukraine-Krieg über Jahre hinziehenkönnte (siehe hierzu auch den Artikel “Hoffnung für die Ukraine?” auf Seite 41 in dieser Ausgabe), muss die militärische Hilfe so angepasst sein, dass sie die Verteidigungsfähigkeit der bereits nur bedingt einsatzfähigen Bundeswehr nicht zu stark reduziert. “Wir dürfen

nicht zulassen, dass Putin, dass Russland diesen Angriffskrieg gewinnt”, betonte Verteidigungsministerin Christine Lambrecht. “Deswegen ist es so wichtig die Ukraine deutlich zu unterstützen. Wir als Deutschland haben das gemacht mit Abgabe aus den Beständen der Bundeswehr: Panzerfäuste, Flugabwehrraketen, Munition und viele andere mehr. Aber wir stoßen an unsere Grenzen. Denn ich muss und ich werde die Landes- und Bündnisverteidigung weiterhin gewährleisten.” Hinzu kommt ein Punkt, der ungern ausgesprochen, aber oft unter der Hand genannt wird: die finanzielle Strapazierfähigkeit Deutschlands. Die Wirtschaft ist bereits durch Corona angegriffen, Gas-Sanktionen könnten weitere verheerende Auswirkungen haben (siehe hierzu auch den Artikel “Risiko Gasmangel” auf Seite 46 in dieser Ausgabe). Womit die noch unsichere Variable “Deutscher Bürger” ins Spiel käme, dem die Politik in erster Linie verpflichtet ist. Wären die Bürger bereit, einen Krieg mit Russland zu riskieren? Wären sie bereit, mehr Steuern zu zahlen? Mit einer starken Inflation zu leben? Den Job zu verlieren? Im Winter nicht heizen zu können? Wäre die Mehrheit der Menschen in Deutschland hierzu bereit? Für die Ukraine?


Verteidigung

Seite 48

Physische Leistungsbereitschaft im gesamten Einsatzspektrum Unabdingbare Voraussetzung der Handlungsfähigkeit in den Streitkräften

Behörden Spiegel / Mai 2022

MELDUNGEN

Historischer Gipfel in Negev (BS/df) Ein historischer Gipfel

brachte, ist das Zusammenkom-

Israels und der USA auch die Außenminister der Vereinigten Arabischen Emirate, Bahrains, Marokkos und Ägyptens hinzu. Zum ersten Mal diskutierten mehrere Länder des Nahen Ostens in Israel. Es ist einer der Höhepunkte israelischer Außenpolitik, nun die Anerkennung ihrer muslimischen Nachbarn durch gemeinsame Treffen und gemeinsame Vorgehensweisen zu untermauern. Bahrain und Marokko unterzeichneten schließlich erst 2021 ein Friedensabkommen mit Israel, die Vereinigten Arabischen Emirate haben ein solches seit 2020. “Der Nahe Osten verändert sich, und zwar zum Besseren. Wir pflegen alte Bindungen und bauen neue Brücken. Wir verjüngen den alten Frieden und laden ihn mit der neuen Energie des Abraham-Abkommens auf”, sagte der israelische Ministerpräsident Naftali Bennett nach dem Treffen. “Heute ist ein historischer Tag. Wir sind Gastgeber des Negev-Gipfels hier in Israel, bei dem die Außenminister Ägyptens, der Vereinigten Arabischen Emirate, Marokkos und Bahrains zusammen mit Israel und den Vereinigten Staaten in Sde Boker, im Süden Israels, zu diesem bedeutsamen Anlass zusammenkommen.” Auch wenn der Gipfel bis auf eine Verurteilung des iranischen Atomprogramms und des russischen Angriffs auf die Ukraine wenig konkrete Ergebnisse

das zudem die palästinensischen Terroristen weiter isoliert. Diese können sich schließlich kaum länger auf muslimische Verbindungen oder Bedürfnisse berufen. Zudem übernimmt Israel immer mehr Verpflichtungen zum Schutz von Freiheit und Demokratie weltweit, beispielsweise in der Ukraine. So verkündete Bennett: “Was den Krieg in der Ukraine betrifft, so steht Israel fest an der Seite des ukrainischen Volkes und wird seine Bemühungen fortsetzen, das Leid zu lindern und das Blutvergießen zu beenden. Wir haben bereits unsere besten medizinischen Teams entsandt, um das modernste Feldlazarett in der Ukraine, auf der westlichen Seite des Landes, einzurichten. Man hat mir berichtet, dass sie bereits über 500 Patienten versorgt und behandelt haben. In diesem Moment, in diesem Augenblick, riskieren Ärzte und Krankenschwestern ihr Leben, um das Leben der Bedürftigen zu retten. Ich bin stolz auf das, was Israel leistet.” Was Israel allerdings noch fehlt, ist eine neutrale Behandlung durch die Vereinten Nationen. Wie das Auswärtige Amt in seinem letzten Überblick mitteilte, müsse Israel weiterhin eine “unverhältnismäßig hohe Zahl von Israel-kritischen Resolutionen” durch die Vereinten Nationen erdulden. Vielleicht bringt der Negev-Gipfel auch hier eine Verbesserung.

(BS/Oberleutnant Isabelle Butzkamm, Hauptmann Darren Johnson, Oliver Rodens*) Eine ausgeprägte körperliche Leistungsfähigkeit ist eine der fand Ende März in Israel statt: men der arabischen mit den isGrundlagen wirkungsvollen Handelns von Einsatzkräften weltweit. Dabei müssen die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr ihre Leistungs- der Negev-Summit. Zu diesem raelischen Staatsvertretern ein fähigkeit auf das gesamte Intensitätsspektrum der Einsätze und Missionen ausrichten. Gipfel kamen neben Vertretern wichtiges Signal in die Welt, Die große Bandbreite an Fähigkeitsforderungen stellt einen hohen Anspruch an die Leistungsbereitschaft der Soldatinnen und Soldaten, dem mit einem auf diese Belange abzielenden Training Rechnung getragen werden muss. Für die militärischen Vorgesetzten auf allen Führungsebenen bedeutet dies die Verpflichtung zur bestmöglichen Ausbildung und Vorbereitung des Personals auf die im Einsatz erforderlichen Fertigkeiten, deren Bedeutung letztlich das Überleben sichern kann. Hierzu zählt insbesondere auch die körperliche Leistungsfähigkeit.

Im Wandel der Zeit Die Bundeswehr trifft im Zeichen gesellschaftlichen Wandels das Los vieler Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben. Zahlreiche Studienarbeiten belegen eine nachlassende körperliche Fitness vieler Heranwachsender in Verbindung mit einem ungünstigen und bewegungsarmen Lebensstil, der sich in einer reduzierten allgemeinen Belastbarkeit junger Menschen niederschlägt. Für die Bundeswehr bedeutet dies ein zunehmendes Spannungsfeld, denn

hier skizzierten Voraussetzungen umfassend zu nutzen, um den Sport als ein ebenbürtiges Ausbildungsgebiet zu begreifen, das gleichwertig neben der Beherrschung des Waffensystems steht und das durch die entsprechende Aufmerksamkeit und Dienstaufsicht von Vorgesetzten auf allen Führungsebenen begleitet und mit Leben gefüllt werden muss.

Vom Einsatz her denken Die an der Funktion des Einsatzgängers orientierte, körperliche Fitness unterscheidet sich erheblich in Abhängigkeit der individuellen Auftragslage, des Verantwortungsbereiches sowie letztlich der vorliegenden Einsatzbedingungen. Sich rasch ändernde Lagen, hochdynamische Intensitäten und ungewohnte Umweltbedingungen wie der Einfluss von Höhe und Temperatur erfordern zusätzlich eine gesteigerte mentale Anpassungsfähigkeit der Soldatinnen und Soldaten. Die Kombination der Einflussfaktoren aus südlichen Klimazonen und der wärmespeichernden Wirkung entsprechender Schutzausrüstung in Verbindung mit hoher

Training im Einsatz verlangt bisweilen Flexibilität, mindestens aber die Bereitschaft zur Anstrengung. Foto: BS/Bundeswehr, Johann Flaum

die körperlichen Anforderungen an den Soldatenberuf steigen seit Jahrzehnten und auch das Ausrüstungsgewicht von Soldaten erfährt eine stetige Zunahme. Die aufgabenspezifischen Tätigkeiten in komplexen Arbeitsumgebungen fordern den Angehörigen der Streitkräfte eine hohe physische wie mentale Resilienz ab, die insbesondere bei Berufsanfängerinnen und -anfängern zumeist noch nicht ausreichend gegeben ist. Eine erste Reaktion auf diese Herausforderungen bildete die Neustrukturierung der Grundausbildung im Deutschen Heer, welches das Augenmerk der ersten Wochen schwerpunktmäßig auf die Ausbildung eben jener körperlichen Leistungsfähigkeit legt.

Die Grundlagen bestehen Der Bundeswehr ist der Stellenwert einer guten körperlichen Leistungsfähigkeit wohlbekannt. Sie ist Grundvoraussetzung jeglicher Einsatzfähigkeit und ist zugleich Vorgabe in nahezu allen Einsatzkontingenten. Neben einer grundlegenden Basisfitness verlangt das auf den Einsatz ausgerichtete Strukturmodell zur Ausbildung der körperlichen Leistungsfähigkeit eine allgemein auf die soldatischen Fertigkeiten sowie darüber hinaus auf die einsatzspezifischen Erfordernisse ausgerichtete Fitness. Die vorliegende Weisungslage bildet mit den bestehenden organisatorischen und materiellen Voraussetzungen und Zielsetzungen des körperlichen Trainings diesen abgestuften Bedarf vollumfänglich ab. Gleichwohl wird vielerorts mangelnde körperliche Leistungsfähigkeit beklagt. Zur querschnittlichen Verbesserung der Fitness gilt es, die

körperlicher Belastung können innerhalb kürzester Zeit zur Gesundheitsgefährdung führen. Gleichermaßen verstärken tiefe Umgebungstemperaturen, eine mangelhafte Bekleidungsisolation und ein unzureichender Anpassungsprozess eine geringere soldatische Handlungsfähigkeit. Das Auftreten hieraus begründeter, frühzeitiger Leistungseinschränkungen steht in engem Zusammenhang mit den Einflussfaktoren körperlicher Leistungsfähigkeit. Übergewicht kann die Entscheidung über das eigene Leben oder den Tod von Kameradinnen oder Kameraden bedeuten. Die Fähigkeit zur Akklimatisation und zur Bewältigung der spezifischen Erfordernisse wird wesentlich durch eine schon zu Einsatzbeginn vorliegende, ausgeprägte individuelle körperliche Fitness begünstigt.

Ein funktionsorientiertes Training der körperlichen Leistungsfähigkeit wird auch im Einsatz von den Soldatinnen und Soldaten durchgeführt. Regelmäßig misst sich das Kontingent im Rahmen internationaler Wettkämpfe. Foto: BS/Bundeswehr, Pascal Warner

Training im Einsatz Das Training während des Auslandseinsatzes bietet für die Soldatinnen und Soldaten eine weitere Möglichkeit für den Erhalt einer umfänglichen Einsatzfähigkeit. Die fortwährend auch im Einsatz bestehende Auflage zum Erhalt oder zur Steigerung der Leistungsfähigkeit kann in einigen Einsatzgebieten in Form von regelmäßigen Trainingsmaßnahmen durch eigens hierzu abgestellte Trainerinnen und Trainer unterstützt werden. Diese sind in der überindividuellen Organisation von zielgerichteten Trainingsangeboten und motivationsfördernden Leistungswettkämpfen tätig. Der Schwerpunkt der Trainingsmaßnahmen im Einsatz liegt auf einem funktionalen und ganzheitlichen Fitnesstraining, welches die Teilnehmenden zum eigenständigen Trainieren anleitet. Eine wichtige Zielsetzung besteht hierbei in dem Schaffen von Handlungsanreizen, um eine fortwährende Integration von körperlicher Betätigung in den Lebensstil und eine nachhaltige Steigerung der individuellen Einsatzfähigkeit zu erreichen. Über eine Etablierung von zielgruppengerechten, attraktiven und verbindlichen Maßnahmen zum Training der körperlichen Leistungsfähigkeit muss die Teilnahme am Training als soldatische Norm verankert werden. Im Auslandseinsatz stellt das sportliche Training jedoch noch weit mehr als die bloße physische Betätigung dar. Unter dem Einfluss von psychischer Dauerbelastung, der Abwesenheit des sozialen Umfelds oder ungewohnter klimatischer Auswirkungen dient der Sport als Vehikel zum Abbau von Stressfaktoren und stärkt zugleich das Gemeinschaftsgefühl und die mentale Gesundheit der Einsatzgänger.

Dem Stellenwert von Fitness Nachdruck verleihen Maßgeblich für die körperliche Leistungsfähigkeit eines jeden Angehörigen der Streitkräfte

ist und bleibt die individuelle Bereitschaft, sich der Notwendigkeit der eigenen Einsatzfähigkeit bewusst zu werden und diese beständig weiterzuentwickeln. Die körperliche Leistungsfähigkeit darf durchaus das Mindestmaß der für die Tätigkeit ausgesprochenen physischen Anforderungen überschreiten. Mit Blick auf die Entwicklungen der Sicherheitslage in Europa stellt die körperliche und mentale Leistungsfähigkeit des auf der taktischen Ebene tätigen Soldaten eine essenzielle Voraussetzung für die Auftragserfüllung dar. Die Erfahrungen physisch oder psychisch verwundeter, verletzter oder erkrankter Angehöriger der Streitkräfte lassen hierbei auf die Schutzfunktion einer ausgeprägten Resilienz schließen. Das Ziel der Ausbildung der körperlichen Leistungsfähigkeit muss in der auftragsbezogenen Fähigkeit zur wirkungsvollen Handlungsfähigkeit – gerade unter Belastung – liegen. Die fortlaufende Glaubwürdigkeit von Angehörigen der Streitkräfte hängt unablässig mit der physischen Leistungsfähigkeit zusammen. Es bedarf an dieser Stelle, unabhängig von Stellung und Lebensalter, einer Identifikation mit den Anforderungen des Berufs als Soldat und Soldatin. Beispielgebend durch Vorgesetzte, kann eine wahrnehmbare Verbesserung der querschnittlichen körperlichen Leistungsfähigkeit der Soldatinnen und Soldaten nur gelingen, wenn dem sportlichen und militärischen Fitnesstraining – vor allem in der Einsatzvorbereitung – die gleiche Bedeutung wie der Beherrschung von Waffensystemen und Einsatzverfahren beigemessen wird. *Oberleutnant Isabelle Butzkamm, Hauptmann Darren Johnson und Dipl.-Sportlehrer Oliver Rodens sind von der Sportschule der Bundeswehr.

Auch unter vermeintlich widrigen Rahmenbedingungen stärkt das Training der körperlichen Leistungsfähigkeit das Gemeinschaftsgefühl des Kontingents. Foto: BS/Bundeswehr, Sina Rössig

Drei deutsche Divisionen und acht Brigaden

(BS/df) Während seiner Rede beim Parlamentarischen Abend des Förderkreises Deutsches Heer hob der Inspekteur Heer, Generalleutnant Alfons Mais, die Bedeutung beweglicher Landstreitkräfte – besonders deutscher Landstreitkräfte – für die Sicherheit von NATO und EU hervor. “Unsere deutschen Brigaden und Divisionen können im Bündnisrahmen den Unterschied machen”, betonte Generalleutnant Mais. “Sie verschaffen innerhalb des europäischen Pfeilers der NATO jene Zeit, die benötigt wird, um Verstärkungskräfte über den Atlantik zu bringen. Ich will an dieser Stelle daran erinnern, dass die USA seit Januar ihre Präsenz in Europa von 33.000 Soldaten auf 100.000 Soldaten erhöht haben. Innerhalb von drei Monaten, aber ohne dass parallel ein Angriff auf NATO-Gebiet läuft oder der Atlantik umkämpft wäre. Versuchen Sie sich vorzustellen, wieviel Zeit dafür notwendig wäre, wenn die Routen über den Atlantik bedroht wären.”

Die Größenordnungen und Fähigkeiten des AfghanistanEinsatzes seien für die Landesund Bündnisverteidigung obsolet. Es müsse in ganz anderen Dimensionen gedacht werden, den Größenordnungen des Kalten Krieges. “Die Dimensionen im Kalten Krieg waren bereits für den Kräfteansatz an der innerdeutschen Grenze gigantisch. Alleine das westdeutsche Heer bestand zum damaligen Zeitpunkt aus zwölf Divisionen mit 36 aktiven Brigaden plus sechs Heimatschutzbrigaden. Und das Territorialheer kam in Ergänzung noch hinzu. Heute stellen wir etwa 25 Prozent davon”, beschrieb der Inspekteur und betonte: “Drei deutsche Divisionen und acht Brigaden, allerdings kaltstartfähig und einsatzbereit für das hochintensive Gefecht gegen einen teilweise überlegenen Gegner, müssen dem wiedervereinigten Deutschland mit mehr als 80 Millionen Einwohnern in den kommenden Jahren gelingen!”

Entlastung für das BAAINBw

(BS/rup) Generalinspekteur General Eberhard Zorn plädierte beim Parlamentarischen Abend der DWT für mehr Schnelligkeit und Off-the-Shelf-Beschaffungen. Es müssten Ausnahmetatbestände von der EU-Vergabeordnung besser genutzt werden. Ermöglicht werden solle zudem eine unterschwellige Vergabe. Hiermit ist gemeint, dass die Zahlen für die verschiedenen Prozedere zur Beschaffung zu einem bestimmten Zeitpunkt willkürlich gesetzt wurden und nun der Realität und Beschaffungspraxis angepasst werden müssten. Der Aufwand, der beispielsweise für die Parlamentsbefassung bei Ausgaben über 25 Millionen Euro durch das BAAINBw betrieben werden muss, bindet unvergleichlich mehr Kapazitäten als alle Be-

schaffungen unterhalb dieser Grenze. Das Vergaberecht kennt mehrere Betragsgrenzen, ab denen die Beschaffung deutlich komplexer wird. So könne es nicht sein, dass ein Kommandeur vor Ort für Beschaffungen ab 5.000 Euro beim BAAINBw nachfragen müsse, sagte der Generalinspekteur. Für das Koblenzer Amt bringe die neue Vorgehensweise enorme Entlastung. Bis zu 30 Prozent der Vorgänge im BAAINBw ließen sich hierdurch reduzieren. Eine radikale Neustrukturierung des Beschaffungsamtes lehnt der Generalinspekteur ab. Nicht nur, dass das Personal mitgenommen werde müsse, auch seien schon viele in früheren Zeiten daran gescheitert, mit einer Radikalreform das Beschaffungswesen der Bundeswehr ändern zu wollen.


Wehrtechnik

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MELDUNGEN

Vollausstattung mit persönlicher Ausrüstung (BS/df) Verteidigungsministerin Christine Lambrecht und Generalinspekteur General Eberhard Zorn verkündeten am 8. April in einem Tagesbefehl die weiteren Schritte zur Vollausstattung der Soldaten mit persönlicher Ausrüstung. Insgesamt rund 2,4 Milliarden Euro sind hierfür vorgesehen. Das Ziel sei eine voll ausgestattete und einsatzbereite Bundeswehr zur Verteidigung des Landes und des Bündnisses. “Gestern sind wir einen wichtigen Schritt vorangekommen: Wir statten die gesamte aktive Truppe bis 2025 mit dem vollen Umfang an persönlicher Einsatzbekleidung und persönlicher Ausrüstung aus”, ist in dem Tagesbefehl zu lesen. “Was bedeutet das für Sie? Bis 2025 werden Sie alle mit dem 110-LiterRucksacksystem und dem neuen Gefechtshelm ausgestattet. Ein Helm, der sich bei unseren Spezialkräften bewährt hat. Zu Ihrer Feldbekleidung erhalten Sie den Kampfbekleidungssatz Streitkräfte. Dieses Paket aus 25 Einzelteilen befähigt Sie für Einsätze in allen Klimazonen und Witterungen. In Zukunft passt Ihre persönliche Ausrüstung zu jedem Auftrag, an jedem Ort. Darüber hinaus bekommen Sie alle die Modulare Ballistische Schutz- und Trageausstattung Soldat (MOBAST). Mit der in-

dividuellen Schutzweste, mit ballistischer Unterwäsche zum Schutz vor Kleinstsplittern und mit einer Trageausstattung für Zusatzausrüstung werden Sie bestmöglich geschützt sein – und den Umgang damit bereits im täglichen Dienst im Heimatstandort üben können.” Dies seien allerdings nicht die einzigen Meilensteine, dessen Erreichen sich die Verteidigungsministerin zum Ziel gesetzt habe. Der Tagesbefehl nennt weiter: “Die Drohnenbewaffnung ist bereits entschieden und wird umgesetzt. Zu den F-35-Kampfflugzeugen führen wir Vertragsverhandlungen mit unseren amerikanischen Freunden. Die Entscheidung für den Schweren Transporthubschrauber wird in Kürze folgen. Wir schaffen eine Bundeswehr, die deutlich leistungsfähiger sein wird als heute – kampfbereiter und mit einem größeren Teil ihrer Kräfte schneller verlegbar.” Sollte tatsächlich auch noch die Entscheidung zum Schweren Transporthubschrauber (STH) zeitnah folgen, hätte Verteidigungsministerin Lambrecht in nur fünf Monaten fast alle Baustellen und offenen Entscheidungen aufgearbeitet, welche ihre Vorgänger und Vorgängerinnen ihr aus den letzten 16 Jahren hinterlassen haben.

Die neuen Fallschirme die Bundeswehr (BS/df) Die im Jahr 1957 in die Bundeswehr eingeführten Fallschirme werden durch das “Ensemble de Parachutage du Combattant” (EPC) der Firma Safran Electronics & Defense ersetzt. Die neuen Fallschirme besitzen ein besseres Pendelverhalten, eine niedrigere Sinkgeschwindigkeit trotz höherer Last und eine besser beeinflussbare Ausrichtung bei der Landung. Der

ABC-Abwehrregiment 1 (BS/df) Am 6. April wurde das ABC-Abwehrregiment 1 in Strausberg in den Dienst gestellt. Dies war ein wichtiger Schritt der Streitkräftebasis (SKB), der die ABC-Abwehr zur Neuausrichtung auf die Landes- und Bündnisverteidigung untersteht. Die SKB sieht sich als Unterstützer für alle militärischen Organisationsbereiche, weshalb sie auch die ABC-Abwehr personell und materiell so aufstellen will – die finanziellen Haushaltsmittel vorausgesetzt –, dass sie auch im Ernstfall alle Teilstreitkräfte unterstützen kann.

im BAAINBw zuständige Projektleiter Dirk May sagte, dass zudem das Verletzungsrisiko der Soldatinnen und Soldaten hierdurch signifikant reduziert werde. Noch in diesem Jahr soll ein erstes Los bestehend aus 1.662 Haupt- und 1.162 Reservefallschirmen nebst Zubehör in mehreren Schritten beschafft werden. Die Beschaffung eines zweiten Loses ist beginnend ab 2023 geplant.

Die Aufstellung des ABC-Abwehrregiments wurde von Oberstleutnant Frank Prause geleitet, der mit der Indienststellung die Kommandotätigkeiten des Regimentskommandeurs übernimmt. “Wir wollen mit dem Regiment eine Stärke von bis zu 1.400 Soldatinnen und Soldaten erreichen”, erläuterte Oberstleutnant Prause. “Das Gesamtprojekt ist auf zehn Jahre angelegt.” Die Aufgaben des neuen Regiments reichen von der ABCAufklärung bis zur Dekontamination von Personal, Material und Infrastruktur sowie der Wasseraufbereitung.

Beowulf bewirbt sich um CATV-Programm (BS/df) BAE Systems bietet den Beowulf für das Cold Weather All-Terrain Vehicle (CATV)-Programm der U.S. Army, nachdem das Fahrzeug die Prototypenevaluierungsphase des Programms erfolgreich abschließen konnte. CATV soll eine neue Fahrzeugflotte für den Einsatz in schwierigen arktischen Umgebungen und anderem rauen Terrain für die U.S. Army liefern. Beowulf ist ein ungepanzertes, vielseitiges Kettenfahrzeug, das in seinen beiden Kammern Personen und Nutzlasten transportieren kann. Er kann Schnee, Eis, Felsen, Sand, Schlamm und Sümpfe durchqueren und in steilen Bergregionen operieren. Dank seiner amphibischen Eigenschaften kann er auch in überfluteten Gebieten oder Küstengewässern schwimmen. Seine modulare Bauweise lässt sich je nach Bedarf für verschiedene Einsätze wie logistische Unterstützung, Katastrophenhilfe und humanitäre Hilfe, Such- und Rettungseinsätze und andere Missionen

konfigurieren. Der Beowulf wird von BAE Systems Hägglunds in Nordschweden gebaut. Während der PrototypEvaluierungsphase in Alaska, die im Juni 2021 begann und Anfang dieses Jahres endete, erfüllte der Beowulf mehrere Aufgaben und blieb dabei voll einsatzfähig. Zu den Tests gehörten amphibische Operationen, das Navigieren in unterschiedlich komplexem Gelände, das Starten und der Betrieb bei extremer Kälte und vor allem die Bewertung durch die Soldaten. Die Umgebungstemperaturen lagen während der Tests bei bis zu -45°C. Beowulf kam in einer Region Alaskas zum Einsatz, die einen der schwersten Winterstürme aller Zeiten erlebte. Angesichts des völkerrechtswidrigen Angriffs auf die Ukraine bekommen auch arktische Fähigkeiten eine neue Bedeutung, da die Verteidigung der NATO entsprechende Fähigkeiten erfordern. Zumindest des High North der NATO.

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Endrunde für den Schweren Transporthubschrauber Bundeswehrprogramm wieder kurz vor der Entscheidung (BS/Dorothee Frank) Zu Beginn eines jeden Artikels über das Beschaffungsvorhaben “Schwerer Transporthubschrauber” (STH) könnte stehen: Eine Entscheidung wird zeitnah erwartet. Diese Aussage gilt bereits seit Jahren unverändert. Seit im Dezember 2017 der damalige Generalinspekteur, General a. D. Volker Wieker, verkündete, dass nur zwei Hubschrauber noch in der Auswahl stünden, die bald eintretende Fähigkeitslücke aufgrund des hohen Alters der vorhandenen CH-53G-Flotte zu schließen. Zwei Modelle stehen seitdem zur Auswahl: die CH-47F Chinook von Boeing und die CH-53K von Sikorsky. Beide Hubschrauber sind ausgezeichnet, deutlich besser als die vorhandenen CH53G. Im Haushalt sind bereits die notwendigen Mittel vorgesehen, das 100-Milliarden-EuroSondervermögen könnte den Prozess beschleunigen. Allerdings scheint bisher nicht das Geld das Hindernis gewesen zu sein, sondern die Fähigkeiten der beiden Konkurrenten. Denn jeder kann etwas, das der andere nicht kann. Jeder zeichnet sich in bestimmten Bereichen aus. Und an dieser Priorisierung, an der Wahl zwischen zwei verschiedenen Fähigkeitserweiterungen, scheiterte bisher die politische Führung.

Die CH-47F Chinook würde für Deutschland ab Werk mit Luftbetankungsfähigkeit ausgeliefert.

Die CH-47F Chinook Das Militär konnte wenig helfen, da auch hier zwei Meinungen existieren. Das Kommando Heer inklusive Inspekteur Heer haben sich mehrfach für die Chinook ausgesprochen. Die Vorteile der Chinook liegen vor allem in der Interoperabilität mit anderen Streitkräften. So fliegen beispielsweise die Niederlande Chinook – und die Zusammenarbeit zwischen den niederländischen und den deutschen Streitkräften ist sehr tief. Weitere europäische Nutzer sind Griechenland, Großbritannien, Italien, Spanien und die Türkei. Dies bedeutet, dass beispielsweise Ersatzteile getauscht und Reparaturmaßnahmen durchaus in diesen Ländern oder durch deren Logistiker ausgeführt werden können. Hinzu kommt, dass die Wartung und einfache Reparaturen bei der Chinook keine Spezialwerkzeuge erfordern. Ein zweiter Vorteil ist die prägnante Tandem-Rotoranordnung, durch welche die Chinook Bug und Heck in unabhängiger Höhe halten kann. Dies ermöglicht beispielsweise das Absetzen von Truppen auf Bergrücken oder die Aufnahme von Booten von der Wasseroberfläche. Die Boote fahren dabei direkt in die Chinook. Ein weiterer Vorteil liegt im geringeren Preis. So erhielte die Bundeswehr für die fünf Milliarden Euro, die im Haushalt für den STH vorgesehen sind, 60 Chinook, während es nur 40 CH-53K gewesen wären.

Die CH-53K verfügt über eine wesentlich größere Tragfähigkeit als andere Schwerlasthubschrauber. Foto: BS/Sikorsky

Das Kommando Luftwaffe scheint hingegen die CH-53K, auch Kilo genannt, zu bevorzugen, wenn auch nicht so offen wie das Heer die Chinook. So ließe sich mit der Kilo die durch den aktuellen Inspekteur Luftwaffe stark entwickelte Zusammenarbeit mit Israel vertiefen, da sich Israel erst im vergangenen Jahr für die CH-53K als neuen Schwerlasthubschrauber entschieden hat.

Die CH-53K Zudem handelt es sich bei der Kilo um ein neues Luftfahrzeug, dass sich am Anfang seines Lebenszyklus mit neuer Serienproduktion befindet. Durch diese neue Produktionslinie sowie die eingebauten modernen Wartungssysteme sind Vorteile bei Wartung und Logistik

Zu lange und zu teuer (BS/df) Schon im Dezember 2017 hatte der damalige Generalinspekteur, General Volker Wieker, die CH-47 Chinook von Boeing und die CH53K von Sikorsky als die einzigen infrage kommenden Modelle für den Schweren Transporthubschrauber (STH) festgelegt, um den dringenden Bedarf an Lufttransportkapazitäten für die Landstreitkräfte zu decken. Die Ausschreibung begann allerdings erst im Juni 2019, die beiden Unternehmen gaben ihre Angebote bis Januar 2020 fristgerecht ab, das Vergabeverfahren wurde im September 2020 gestoppt. Zu hoch waren die Preisvorstellungen der beiden Anbieter Lockheed Martin (Sikorsky) und Boeing. Diese enorme Preissteigerung – die Bundeswehr hatte knapp sechs Milliarden Euro für die 45 Hubschrauber veranschlagt, die Industrie legte Entwürfe mit über zehn Milliarden Euro vor – ergaben sich allerdings aus den gewünschten Zusatzfunktionen. Besonders auf die Luftwaffe und das Kommando Spezialkräfte ist zurückzuführen, dass der STH auch den Bereich Combat Search and Rescue sowie Special Forces abdecken sollte. Beides erfordert Funktionalitäten und Anpassungen – gerne auch durch deutsche Unternehmen durchzuführen – die sich am oberen Ende der technischen Leistungsskala befinden und dementsprechend teuer sind. In diesem Fall führten sie zu einer fast Verdoppelung des Preises. Beim nun anstehenden Kauf soll im Rahmen eines Foreign Military Sale ein Hubschrauber “von der Stange” gekauft werden. Vergessen sind (fast alle) Sonderwünsche, stattdessen besinnt sich die Bundeswehr auf typische Hubschrauberoperationen. Es wird ein Transporthubschrauber, der weder Combat Search and Rescue noch Special Forces ist, sondern "nur" Truppen transportiert. Die Beschaffung eines fertigen Modells schafft zudem Synergieeffekte mit anderen Streitkräften, egal für welches Modell sich entschieden wird.

zu erwarten. Ein weiterer Vorteil liegt in der höheren Tragkraft der CH-53K. Mit seiner Tragfähigkeit ist die Kilo eine vollkommen neue Klasse oberhalb aller anderen Transporthubschrauber. Während die anderen westlichen Modelle vielleicht noch einen Eagle transportieren können, ließen sich mit der CH-53K auch Fennek, Dingo oder Fuchs transportieren. Hinzu kommt, dass die Kilo direkt ab Werk mit einem Directed Infrared Counter Measures (DIRCM) gegen feindliche Lenkflugkörper geliefert würde, dies ließe sich bei der Chinook allerdings nachrüsten, so gewünscht.

Kampf um die Bundeswehr Der Kampf um den FünfMilliarden-Auftrag der Bundeswehr herrscht nun schon seit über vier Jahren und wer lange genug damit befasst ist, kann mittlerweile anhand der Aussagen von Politikern oder Artikeln erkennen, durch wen die Personen gebrieft wurden. Lange Zeit konnte beispielsweise Rheinmetall als Hauptpartner von Sikorsky für sich verbuchen, dass nur das Angebot “CH-53K” über einen starken Partner und somit existentielle Wertschöpfung in Deutschland verfügt. Dem begegnete Boeing durch die vor wenigen Wochen geschlossene Industriepartnerschaft mit Airbus. Ein weiteres Argument ist die Luftbetankungsfähigkeit. Die Kilo besitzt eine solche, die Grundvariante der Chinook nicht. Die Bundeswehr verlangt wiederum die Luftbetankung, nicht zuletzt weil hierfür extra Tankflugzeuge beschafft wurden. Nun erklärte allerdings Michael Hostetter, Vice President Boeing Defense Germany: “Korrekt ist, dass wir seit den 1990er-Jahren Chinook mit Luftbetankungsfähigkeit ausliefern und die Chinook in den letzten Jahren mehr als 10.000 Luftbetankungen hinter einer Vielzahl von Tankern – inklusive C-130 – absolviert hat. Darüber

Foto: BS/Boeing

hinaus haben US-Regierung, U.S. Army und Boeing es im Zuge des laufenden Foreign Military Sale STH-Verfahrens offiziell gemacht: Die CH-47F Chinooks mit Luftbetankungsfähigkeit werden für die Bundeswehr direkt von der Produktionslinie ausgeliefert.” Nun kommen Stimmen auf, die nach der Zulassung dieser luftbetankbaren Chinook für den europäischen Luftraum fragen. Eine Frage, die allerdings auch zurückgespiegelt werden kann, schließlich liegt einer der Nachteile der Kilo darin, dass sie noch neu ist und erst einen Nutzer vorweisen kann: das U.S. Marine Corps. Kinderkrankheiten sind zu erwarten, auch wenn die bisherige Verfügbarkeit bei den Marines bei fast 90 Prozent liegt. Von der Konkurrenz wird wiederum das Alter der Chinook negativ bewertet, dabei haben die heutigen CH-47F mit den ersten Hubschraubern von 1961 außer dem Namen und der markanten Silhouette wenig gemeinsam, selbst die Rotorblätter sind neu.

Entscheidung wann? In den letzten Wochen häuften sich Zeitungsmeldungen, dass die Chinook als neuer STH ausgewählt sei. Diese Meldungen entpuppten sich bisher als falsch. Noch am 24. April versicherte ein Sprecher des Bundesministeriums der Verteidigung (BMVg) dem Behörden Spiegel: “Die Entscheidung zur Nachfolge des Schweren Transporthubschraubers ist noch nicht getroffen.” Dabei wäre eine solche nach den Jahren der Entscheidungsfindung dringend notwendig, da die vorhandenen CH-53G in die Obsoleszenz laufen. Und die Fähigkeit Luftverlegbarkeit ist gerade angesichts der aktuellen sicherheitspolitischen Lage zu wichtig, um nur eingeschränkt auf sie zugreifen zu können. Beide Hubschrauber sind sehr gut und beide werden der Bundeswehr ausgezeichnete Dienste leisten. Man muss sich nur entscheiden. Weitere Behörden Spiegel-Beiträge zum Thema: Podcast “Voices in Defence” zur CH-47F Chinook für Deutschland

Magazin “Profile” zu den Fähigkeiten der CH-53K


Wehrtechnik

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Das Bestehen im “Information Battlespace” Mediensimulation in NATO-Übungen (BS/Laura Dubois*) Die Weiterentwicklung und die dadurch bedingten Änderungen in der Informationsumgebung haben erhebliche Auswirkungen auf die Kommandeure und Befehlshaber der operativen und strategischen Ebene der NATO. Mit der rasanten Ausbreitung von Online- und Sozialen Medien ist es für militärisches Führungspersonal noch wichtiger geworden, außerhalb seiner Komfortzone den Blick von der Karte in das Informationsumfeld zu richten. Heute haben sich potenzielle Gegner der NATO die Medien als ein Waffensystem zu eigen gemacht und die NATO weiß, wie wichtig es ist, dieser Herausforderung zu begegnen. Wie bei jedem Waffensystem ist eine Schulung vor dem Einsatz unerlässlich. Vor diesem Hintergrund begann das NATO Joint Warfare Centre (JWC) im August 2006, seine eigene Mediensimulation als festen Bestandteil von NATO-Übungen einzurichten. Mit einem anfänglichen Schwerpunkt auf der Simulation von Fernsehnachrichten während der Übungen hat das Team der Mediensimulation heute eine umfassende Lösung entwickelt, um die Medien- und Informationsumgebung während der JWC-Übungen auf operativer und strategischer Ebene zu simulieren, von der Planungsphase bis zum Abschluss der Durchführungsphase.

Realistische Übungsmedien Die Übungsmedien- und Informationsumgebung des JWC umfasst Fernsehnachrichten, Online-Nachrichten und die Simulation von Sozialen Medien. Für Fernsehnachrichten ist “World News Today” (WNT) das Hauptprogramm, welches internationale Nachrichtenagenturen, vergleichbar mit CNN International oder BBC World, repliziert. Für komplexere Übungen des JWC produziert das Team auch gegnerische Fernsehnachrichten, die die Wirkung von Sendern nachahmen, die glaubhaft erscheinen, aber staatlich kontrollierte Botschaften übermitteln. Online-Nachrichten umfassen Inhalte aus lokaler, regionaler, nationaler, und internationaler Perspektive – einschließlich kontroverser Inhalte –, die alle digital über die JWC-eigene Nachrichtenplattform “NewsWeb” bereitgestellt werden. Social-Media-Effekte werden über “Chatter” zur Verfügung gestellt – eine simulierte Kurznachrichten-Plattform des JWC. Neben der Bereitstellung von Nachrichteninhalten wird Chatter auch von wichtigen Akteuren der JWC-Übungssteuerung, wie etwa der Gegnerdarstellung (Opposing Force), den übergeordneten Führungselementen sowie allen nichtmilitärischen Partnern und Organisationen verwendet, um der Übungstruppe entsprechende Effekte zu liefern.

Simulation medialer ­Konsequenzen Alle im NATO-internen IT-System betriebenen Mediensimulationsplattformen bereichern die Übungen, aber was noch wichtiger ist, sie simulieren die medialen Konsequenzen der operativen und strategischen Entscheidungsfindung. Jede dieser Plattformen liefert eigene spezifische Effekte, aber zusammengefasst bieten sie eine realistische Nachbildung des Medienzyklus innerhalb der JWC-Übungsszenare. Dies bietet den Übungsteilnehmern ein Vorwarnsystem, in dem sie Operationen effektiv planen und vorbereiten können, um die operativen Ziele auch im Informationsumfeld zu unterstützen. Jede Operation im Krisen- oder Verteidigungsfall hat Auswirkungen auf die strategische Kommunikation – einige Auswirkungen müssen ausgenutzt und andere abgeschwächt werden. Dabei ist die Zusammenarbeit mit Medien zur Veröffentlichung operativer Erfolge oder aber zur Bekämpfung gegnerischer Propaganda für den operativen Erfolg unerlässlich. Neben der Bereitstellung von Rohnachrichten und Inhalten in Sozialen Medien arbeitet das Mediensimulationsteam mit

wichtigen Akteuren der Übungssteuerung zusammen, um der Übungstruppe szenariobezogene Stimmungsanalysen und Meinungsumfragen bereitzustellen. Diese Produkte helfen den Übungsteilnehmern, die Effektivität ihrer strategischen Kommunikation besser zu verstehen und sie dienen dazu, die reinen Inhalte in Nachrichtenberichten und Beiträgen in Sozialen Medien zielgerichtet zu ergänzen. Dieses robuste Paket ermöglicht es den Übungsteilnehmern, ihre Stabsprozesse auf allen Ebenen effektiv durchzuführen. Ihre Analysen und Bewertungen erreichen die Arbeitsgruppen und Entscheidungsgremien und tragen somit unmittelbar zu den Führungs- und Entscheidungsprozessen bei.

Siegen auf dem ­Informationsgefechtsfeld Das Sicherheitsumfeld in Europa veränderte sich 2014, als Russland mit einer modernisierten Form der hybriden Kriegsfüh-

Laura Dubois (Mitte) während der NATO-Übung Steadfast Jupiter 2021 beim Allied Joint Force Command Brunssum. Foto BS/JWC Public Affairs Office

rung die ukrainische Halbinsel Krim völkerrechtswidrig annektierte. In einem Interview mit dem JWC hob der ehemalige Supreme Allied Commander Europe (SACEUR), General a. D. Philip Breedlove (USA), damals die Bedeutung der Mediensimulation und der Informationsumgebung in NATO-Übungen hervor: “Gefechte werden an Land, in der

Das JWC-Mediateam bei der Produktion von Fernsehnachrichten für die Mediensimulation. Foto BS/JWC Public Affairs Office

Das NATO Joint Warfare Centre (BS/Autorenteam JWC Public Affairs Office) Das 2003 im norwegischen Stavanger in Dienst gestellte NATO Joint Warfare Centre (JWC) untersteht als Teil der NATO-Kommandostruktur dem Hauptquartier Supreme Allied Command Transformation (HQ SACT) in Norfolk, USA. Jährlich werden in Stavanger zeitgleich bis zu vier streitkräftegemeinsame NATO-Übungen auf operativer und strategischer Ebene, jeweils über einen Zeitraum von bis zu 18 Monaten, zeitlich versetzt geplant, vorbereitet oder durchgeführt. Diese Kapazität umfasst zwei Übungen der Größenordnung Major Joint Operations (MJO) sowie zwei Small Joint Operations (SJO). Das JWC hat rund 270 militärische und zivile Dienstposten aus 17 NATO-Staaten. Die Bundeswehr stellt mit derzeitig 35 Dienstposten nach den USA den zweitgrößten Anteil der JWC-Angehörigen. Seit 2013 wechselt das Kommando des JWC alle drei Jahre, zwischen Deutschland und Polen. Seit Oktober 2021 führt der polnische Generalmajor Piotr Malinowski das Centre in Stavanger.

Schlüsselrolle in der NATO Das Trainingszentrum stellt den Ausbildungsschwerpunkt der NATO für streitkräftegemeinsame, computerunterstützte Übungen, die sogenannten Command Post Exercises/Computer Assisted Exercises (CPX/CAX), auf der operativen und strategischen

Ebene im gesamten Spektrum der Operationsführung sicher. Das JWC unterstützt somit direkt die Aufgaben und Einsätze des Supreme Allied Commander Transformation (SACT) und des Supreme Allied Commander Europe (SACEUR). Dabei trägt es ebenfalls zur allgemeinen Einsatzbereitschaft der Hauptquartiere der NATO-Kommando- und Streitkräftestruktur und, falls angewiesen, von nationalen Hauptquartieren bei, die zu Operationen der NATO entsandt werden können.

Übungen auf operativer und strategischer Ebene Die fiktiven Übungszenare der NATO werden alle in Stavanger entwickelt. Das JWC trainiert in den unterschiedlichsten Übungen die vollumfassende Operationsführung und konfrontiert die NATO-Verbände mit einer breiten Palette von konventionellen Bedrohungen auf dem Land, dem Wasser und in der Luft sowie unkonventionellen Bedrohungen, einschließlich Cyber, Space und hybrider Kriegsführung. Einmal jährlich zertifiziert das strategische Supreme Headquarters Allied Powers Europe (SHAPE) in Mons, Belgien, die Führung der NATO Response Force (NRF) im Rahmen einer Übung des JWC. Dabei wechselt das Kommando der NRF regelmäßig zwischen dem Allied Joint Force Command Brunssum (Niederlande) und dem Allied Joint Force Command Naples (Italien).

Luft und auf See ausgetragen. Doch der nächste Krieg wird auf dem Informationsgefechtsfeld gewonnen.” Während hybride Kriegsführung nicht neu war, veränderte sich die Art und Weise, wie Aggressoren Soziale Medien nutzten, um operative Ziele auf dem Gefechtsfeld zu erreichen. Während ehemals Informationseffekte zur Unterstützung von Bodenoperationen genutzt wurden, nutzten potenzielle Gegner nun Bodenoperationen zur Unterstützung ihrer Informationsziele. Mit dieser Veränderung musste sich auch die Ausbildung der NATO weiterentwickeln, um potenzielle Gegner mit modernen und hochentwickelten Fähigkeiten zu Operationen in der Informationsumgebung miteinzubeziehen. Vor diesem Hintergrund konzentriert sich das Mediensimulationsteam des JWC darauf, sich kontinuierlich zu optimieren, um der sich beständig weiterentwickelnden Informationsumgebung gerecht zu werden. Die kürzlich eingeführten “strategischen Hashtags” sowie die gegnerischen Social-Media-Trolle und “Bot”-Aktivitäten, haben sich als wirksame Methoden erwiesen, um die Übungsteilnehmer vor moderne Herausforderungen in der Informationsumgebung zu stellen. Dies hat zu einer zeitgemäßen und realistischen Medien- und Informationsumgebungssimulation geführt. Somit befähigen JWCÜbungen die NATO-Stäbe, erfolgreiche Operationen nicht nur am Boden, in der Luft, auf See und im Cyber-Raum zu führen, sondern auch in der aktuellen Informationsumgebung.

Schulung der NATO-Führungskräfte Die Mediensimulationsfähigkeit des JWC ist in der NATO einzigartig. Mit nur sechs zivilen NATO-Mitarbeitern in Vollzeit unterstützt das Team alle operativen und strategischen Übungen des JWC. Neben der Bereitstellung von TV-, Online- und Social-MediaSimulationen bietet das Team im Rahmen von JWC-Übungen NATO-Kommandeuren und Leitungspersonal auch Einzel-Medienschulungen vor der Kamera an. Seit seiner Gründung hat das JWC-Mediensimulationsteam mehr als 70 große Übungen, Einsatzvorbereitungsausbildungen und andere Trainingsveranstaltungen unterstützt. Das Mediensimulationsteam ist Teil der JWC Public Affairs Office/Media Simulation Branch und produziert regelmäßig auch Kommunikationsprodukte für die Öffentlichkeitsarbeit des JWC. *Laura Dubois ist Media Environment Manager beim Joint Warfare Centre der NATO.

Behörden Spiegel / Mai 2022

MELDUNGEN

Neues mobiles Luftverteidigungssystem (BS/df) Anfang April stellte Saab sein neues mobiles Luftverteidigungssystem (Mobile Short Range Air Defence System, MSHORAD) vor, dank dessen Mobilität die Soldatinnen und Soldaten auf dem Gefechtsfeld taktisches Feuer umgehen können. Das System besteht aus einer fahrzeuggestützten Mobile Firing Unit (MFU), einer Mobile Radar Unit (MRU) basierend auf dem RBS 70 NG beziehungsweise dem Giraffe-1X-Multi-Mission-3DRadar sowie einem Führungsund Kontrollsystem von Saab. Die Sensoren bieten eine 360°-Situationswahrnehmung über 75 km und und, dank

dem Drone Tracker der Giraffe, die Fähigkeit, niedrige langsame und kleine Objekte besser zu entdecken. Hinzu kommt das bewährte RBS-70-NG-System zur Bekämpfung der ermittelten Bedrohung. In den letzten zwölf Monaten wurden in Zusammenarbeit mit dem tschechischen Unternehmen SVOS bereits die erfolgreiche Systemintegrationen sowie ­Testschüsse durchgeführt, wobei die neue Generation des modularen gepanzerten Fahrzeugs 4x4 namens Mars zum Einsatz kam. In naher Zukunft sind ­weitere Live-Schussvorführungen für potenzielle Kunden geplant.

Aufklärungsamphibie mit unbemannten ­Systemen (BS/df) Das US Marine Corps hat eine Studie zur Erstellung eines neuen Amphibious Combat Vehicle (ACV) als Führungsund Kommunikationsfahrzeug mit integrierten Unbemannten Systemen in Auftrag gegeben. In Abhängigkeit von den Ergebnissen der Phase-1-Studie zu dieser Aufklärungsamphibie könnte die Modifikation eines ACV für den Einbau der C4/ UAS-Nutzlast erfolgen. Die vom US Marine Corps bei BAE Systems in Auftrag gegebene ACV-Familie kann von einer Vielzahl von Schiffen der US Navy aus operieren. Sie verfügen über ein hochmodernes Gefechtsführungssystem und besitzen eine offene Architektur, welche eine zeitnahe technologische Erneuerung sowie die Integration künftiger Technologien und Fähigkeiten ermöglichen soll. Entwickelt wurden die Amphibienfahrzeuge von BAE Systems in Zusammenarbeit mit IVECO Defence Vehicles. Das US Marine Corps erteilte bereits

zwei Aufträge für die Serienproduktion: die ACV-Personentransportvariante (ACV-P) und die ACV-C-Führungsvariante (ACV-C). Aktuell sind die Unternehmen mit der Konstruktion und Entwicklung einer Variante mit 30-mm-Kanone (ACV-30) beauftragt. Zudem ist eine Bergungsvariante (ACV-R) geplant. Das gesamte ACV-Programm beinhaltet bisher die folgenden Fahrzeuge: Personentransport (ACV-P), Führungsfahrzeug, 30-mm-Kanone (ACV-30) sowie den nun unter Vertrag gegangenen ACV-R. Die ACV sollen die 40 Jahre alten Assault Amphibious Vehicle (AAV) des US Marine Corps ablösen. Das allererste ACV wurde in der Führungsvariante (Command – ACV-C) im Februar 2021 an das Marine Corps geliefert. Die Plattform ist so konzipiert, dass sie leicht angepasst werden kann und Platz für neue Fähigkeiten bietet, wie z. B. die Integration von Geschütztürmen, Aufklärungssystemen, elektronischer Kriegsführung, Luftverteidigung und UAS.

Japan setzt auf SeaGuardian

(BS/df) Die japanische Küstenwache hat sich für die MQ-9B SeaGuardian zur weiträumigen Seeüberwachung entschieden. Bereits 2020 hatte die japanische Küstenwache mehrere erfolgreiche Tests mit der SeaGuardian durchgeführt “Wir sind stolz darauf, die maritime Überwachungsmission der JCG mit unserem SeaGuardian UAS zu unterstützen”, sagte L ­ inden Blue, CEO des Herstellers GA-ASI. “Die Fähigkeit des ­S ystems, eine erschwingliche, extrem ausdauernde luftgestützte Überwachung mit Langstreckensensoren im maritimen B ­ ereich zu bieten, ist beispiellos.” Die SeaGuardian verfügt über ein Multimode-Radar zur ma-

ritimen Oberflächensuche mit einem ISAR-Modus (Inverse Synthetic Aperture Radar), einen AIS-Empfänger (Automatic Identification System) und einen hochauflösenden Full-MotionVideosensor mit optischen und Infrarotkameras. Dieses Sensorpaket ermöglicht die EchtzeitErkennung und Identifizierung von Oberflächenschiffen über Tausende von Quadratseemeilen und bietet eine automatische Verfolgung von Seezielen und die Korrelation von AISSendern mit Radarspuren. Der Betrieb der SeaGuardian bei der japanischen Küstenwache soll bereits im Oktober 2022 beginnen und die Sicherheit in der aktuell angespannten Lage gewährleisten.

M339-Munition für Schwedens Leoparden

(BS/df) Die schwedische Beschaffungsbehörde hat Elbit Systems den Auftrag erteilt, M339-Munition sowie Data Setting Units für die schwedischen Leopard-Kampfpanzer zu liefern. Bei der M339 handelt es sich um eine hochpräzise 120-mmMehrzweck-Panzermunition, die den geltenden Normen des US-Militärs und der NATO entspricht. Sie ist für alle 120-mmGlattrohrkanonen der NATO geeignet. Die schwedischen Streitkräfte haben sich für die M339 entschieden, um die Feuerkraft und die Fähigkeit der Kampfpanzer zur Bekämpfung verschiedener Arten von Zielen zu verbessern. Yehuda Vered, General Manager von Elbit Systems Land, kommentierte die Auswahl: “Ich glaube, dass diese Entscheidung Schwedens

unterstreicht, dass westliche Armeen die einzigartige Qualität unseres Produktportfolios zunehmend anerkennen.” Die Munition ist in der Lage, Bunker und militärische Befestigungen zu zerstören. M339 kann dafür 200 mm dicke Stahlbetonwände durchdringen und den Gefechtskopf verzögert auslösen, um maximale Wirkung zu entfalten. Der programmierbare, multifunktionale Zünder hat drei Betriebsmodi: Point Detonation Delay (PDD), Point Detonation (PD) und Air Burst (AB). Der M339 entspricht den MIL-SPEC-Anforderungen und den NATO-Standards STANAG 4385 und 4493. Der Auftrag zur Beschaffung der neuen Munition hat einen Wert von 27 Millionen US-Dollar und wird über einen Zeitraum von zehn Monaten ausgeführt.


Wehrtechnik

Behörden Spiegel / Mai 2022

MELDUNGEN

Sensorpakete der neuen F126 (BS/bk) Die Unternehmen Thales und Hensoldt statten gemeinsam die Fregatten F126 mit Sensorpaketen aus. Dafür unterzeichnete Hensoldt mit Thales, dem Integrator von Missionskampfsystemen, einen Vertrag zu Lieferung eines TRS-4D-Marineradars für die Schiffe. Der Wert liegt über hundert Millionen Euro. Das TRS-4D-Radar von Hensoldt wird in seiner nicht-rotierenden Version mit vier feststehenden Antennenfeldern installiert. Die Integration des Radars auf den Schiffen und Landanlagen wird von Thales durchgeführt. Die ersten Lieferungen sind für das Jahr 2025 geplant. Das Radar soll die Schiffbesatzungen in die Lage versetzen, in komplexen maritimen Umgebungen zu operieren. Die Radare der TRS-4DProduktfamilie wurden schon auf anderen Schiffstypen, wie der Fregatte F125 oder der Korvet-

te K130, der Deutschen Marine installiert. “Wir freuen uns, mit Hensoldt zusammenzuarbeiten und die Fregatte F126 mit einer Sensorlösung auszustatten, die den deutschen Anforderungen voll entspricht. Die Zusammenarbeit zwischen der deutschen und der niederländischen Marine und der Industrie hat eine lange Tradition und führt zu beeindruckenden Ergebnissen, und wir freuen uns darauf, diese Tradition fortzusetzen”, erklärte Gerben Edelijn, Vice President Thales Above Water Systems. Markus Rothmaier, Vice President Naval & Ground Radars bei Hensoldt, fügte hinzu: “Ich bin stolz darauf, dass wir der Deutschen Marine zusammen mit der Sensortechnologie und dem Kampfsystem von Thales eine umfassende und wirklich europäische Lösung anbieten können.”

100 Boxer für Großbritannien (BS/df) Mitte April unterzeichnete die britische Regierung eine Vertragserweiterung über die Lieferung von 100 zusätzlichen Boxer-Radfahrzeugen. Zusätzlich geordert wurden Gruppentransporter, Führungsfahrzeuge und Sanitätsfahrzeuge des Boxers, mit Lieferung ab 2024. Die Grundlage für diese Beschaffung ist der Vertrag, der im Rahmen des britischen Rüstungsprojekts “Mechanised Infantry Vehicle”

(MIV) 2019 unterzeichnet wurde und 523 Boxer in unterschiedlichen Varianten umfasst. Der Boxer ist ein geschütztes 8×8-Radfahrzeug, dessen modulare Architektur eine große Variantenvielfalt erlaubt. Bisher sind rund 1.500 Fahrzeuge in zwanzig unterschiedlichen Versionen in den Ländern Australien, Deutschland, Großbritannien, den Niederlanden und Litauen unter Vertrag.

Laser Guided Rockets Roboter (BS/df) In Schweden haben Rheinmetall und Thales erfolgreich den Einsatz des unbemannten Systems Mission Master SP mit 70mm-Lenkraketen demonstriert. Im Rahmen eines Schießens setzte der Mission Master SP von Rheinmetall lasergelenkte Raketen FZ275 von Thales ein. Für die Demonstration feuerte das A-UGV die lasergelenkten 70mm-Raketen Thales FZ275 LGR (Laser Guided Rockets) auf ein 4×4 Fahrzeug, das vier Kilometer vom Abschusspunkt entfernt stand. Die FZ275 LGR ist eine vergleichbar leichte und reichweitenstarke 70mm-LGR und bietet metergenaue Trefferquoten. Somit eignet sie sich als präzise Feuerunterstützungskomponente für die Streitkräfte. Die Vorführung bildete den Abschluss des erfolgreichen Qualifizierungsprozesses für die Waffenstation Fieldranger Multi in der Variante als Thales 70-mm-Raketenwerfer. Damit

kann der Mission Master SP nun flächendeckende und präzise Schläge auf bis zu sieben Kilometer Entfernung gegen feste und bewegliche Ziele ausführen. Dies war zuvor nur von luftgestützten Plattformen aus möglich. Die neue Fieldranger Multi-Konfiguration lässt sich auch in andere Plattformen und gepanzerte Fahrzeuge integrieren. Beim Mission Master handelt es sich um ein unbemanntes System, das als Trägerfahrzeug eine große Vielfalt an Applikationen erlaubt. Hinzu kommt die Amphibienfähigkeit, so dass der Roboter durch Seen und Flüsse fahren kann, ohne dass irgendwelche Umbauten oder Erweiterungen notwendig sind. Die Vorführung fand im Feldlager Trängslet der schwedischen Beschaffungsbehörde Försvarets Materielverk (FMV) statt. Es nahmen Delegationen aus Belgien, Dänemark, Schweden, Norwegen, den Niederlanden und Polen teil.

Digitaler Tower erhält britische Genehmigung (BS/df) Der digitale Tower von Saab hat die Genehmigung zur Nutzung durch die britischen Streitkräfte erhalten. Saab wurde hierfür im Rahmen des Air Traffic Management (ATM) Equipment Approved Organisation Scheme (AAOS) von der britischen Militärluftfahrtbehörde erfolgreich akkreditiert und ist somit be-

rechtigt, ATM-Ausrüstung für die Streitkräfte zu entwickeln, zu liefern, zu installieren und zu warten. Das bemerkenswerte ist, dass es sich hierbei um erste AAOS handelt, die jemals an einen Hersteller militärischer Digital Tower erteilt wurde. Es ist eine wichtige Voraussetzung zur Nutzung dieser Technologie.

Zertifizierung für Spy Ranger 330 (BS) Spy Ranger 330 des Unternehmens Thales erhielt als Teil der Mini-Aufklärungsdrohnen seine erste Typ-Zertifizierung von der zuständigen Stelle für Luftfahrt des französischen Beschaffungsamts. Das Amt bestätigte die Fähigkeiten des Systems in Kampfsituationen. Die Zertifizierung ermöglicht der französischen Armee, die Minidrohnen für die Ausbildung, das Training oder den Einsatz ohne spezielle Fluggenehmigungen nutzen zu können. Spy Ranger 330 wurde für das Aufklärungsdrohnenprogramm des französischen Beschaffungsamts entwickelt. Das System wurde zudem in die industri-

elle Serienfertigung implementiert. Zu den Schlüsselkomponenten des Systems gehören eine hochauflösende optronische Multisensor-Nutzlast (EO und IR), die in den kreiselstabilisierten Spy Ball eingebaut ist und hochleistungsfähige Bildverar­ beitungstechniken verwendet, die sichere HochgeschwindigkeitsDatenverbindung Micro-TMA sowie das kampferprobte Kommando- und Kontrollsystem Spy C. Das elektrisch betriebene Luftfahrzeug Spy Ranger 330 verfügt über eine innovative Architektur und besteht aus Kohlefasern, die für geringes Gewicht und zusätzliche Robustheit sorgen.

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Automatisierung statt Bürokratisierung Beschleuniger der Bundeswehr-Beschaffung (BS/Sascha Soyk*) Mit einem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen die Ukraine hat Wladimir Putin eine Zeitenwende in der deutschen Außenund Sicherheitspolitik eingeleitet. Die russische Invasion ist zugleich so blutig und für uns Europäer so nah wie keine Auseinandersetzung seit den Balkankriegen in den 1990er Jahren. Wem die geographische Nähe nicht bereits 2014 durch die russische Annexion der Krim bewusst wurde, spürt sie spätestens jetzt durch eine noch engere mediale Berichterstattung und anhand einer quasi-live Lageentwicklung via Social Media. Weiterer Beleg für die auch gesellschaftliche Zeitenwende ist die Akzeptanz von Waffenlieferung an die Ukraine: Lehnten vor dem Einmarsch noch die meisten Deutschen solche Lieferungen ab, spricht sich spätestens seit der historischen Bundestagssitzung am 27.02.2022 eine große Mehrheit dafür aus. Putin hat Fakten geschaffen, die zu einem Umdenken unter den Deutschen geführt hat. Die Bundesregierung hat politische Konsequenzen gezogen, die in die Geschichtsbücher eingehen werden: Waffenlieferungen an die Ukraine, Anschaffung bewaffneter Drohnen nach jahrelanger Diskussion, kurzfristige Beschaffungsentscheidungen wie der Kauf des US-amerikanischen Kampfjets F-35, ein Sondervermögen für die Bundeswehr in Höhe von 100 Milliarden Euro und die Zusage, das zugesagte Zwei-Prozent-Ziel der NATO tatsächlich erreichen zu wollen. Insbesondere die letztgenannten Punkte stellen Deutschland kurzund mittelfristig vor signifikante Herausforderungen.

Überforderte BundeswehrBeschaffung Seit dem Ende des Kalten Krieges hat sich Deutschland bewusst von der Rolle eines wehrhaften Bollwerks an der Grenze zwischen NATO und dem Warschauer Pakt verabschiedet. Man verließ sich auf die kollektive Sicherheit der NATO und fokussierte sich zuletzt militärisch auf Out-of-Area-Einsätze. In der Konsequenz sind nicht nur personelle und materielle Kapazitäten der Streitkräfte zusammengeschrumpft. Das Beschaffungswesen der Bundeswehr ist geprägt von einer im europäischen Vergleich überdurchschnittlich hohen Bürokratie, von vermeintlich typisch deutschem “Absicherungsdenken” und einer Führung, die sich nicht zu trauen scheint, eine echte Restrukturierung der Beschaffungsorganisation einzuleiten. Letztere wäre angebracht, um die dezentrale Kompetenzstruktur, in der auch politische Strategien verpuffen, aufzulösen. Und um ein gemeinsames, effizientes Wirken wieder zu ermöglichen. Als Bürger, Steuerzahler oder Angehörige der Bundeswehr lesen wir regelmä-

Webinar Möglichkeiten zur Digitalisierung der Beschaffung werden im Rahmen eines Webinars unserer Reihe Führungskräfteforum am 24. Mai durch Matthias Berg, Leiter Forschung und Entwicklung im BME, Prof. Dr. Michael Eßig, Professor für Beschaffung und Supply Management an der Universität der Bundeswehr München, sowie Sascha Soyk, Geschäftsführer von GovRadar, beleuchtet. Hier geht es zur Anmeldung:

In verschiedenen Gesprächsrunden diskutierte Verteidigungsministerin Christine Lambrecht Ende Januar in Koblenz mit Vertretern des BAAINBw mögliche Optimierungen des Beschaffungswesens. Foto: BS/Bundeswehr, Dirk Bannert

ßig von gescheiterten Rüstungsprojekten: Die Lösungen werden deutlich teurer als geplant und werden deutlich später an die Truppe ausgeliefert. Im Status Quo ist der Beschaffungsapparat nicht in der Lage, effizient Lösungen bereitzustellen – von persönlicher Ausrüstung bis hin zu Großsystemen. Im Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) beruft man sich auf die Vorschriftenlage, auf Personalmängel, oder die Verantwortung wird in Richtung der Industrie geschoben. Diese wiederum kritisiert erstens die häufig gewünschte “Goldrandlösung”, d. h. den Ansatz des Auftraggebers, die allumfassende deutsche Lösung, die auch außerhalb von Waffensystemen alle erdenklichen Standards zu erfüllen hat, entwickeln zu wollen. Was off-the-shelf verfügbare Lösungen ausschließt. Und zweitens, dass über die langen Laufzeiten der Entwicklungs- und Beschaffungsprojekte immer wieder neue, veränderte Anforderungen gestellt werden, die dann die Auslieferung an die Truppe um Monate oder gar Jahre verzögern.

Hausgemachte Vorsicht und Personalengpässe Seit der historischen Bundestagssitzung werden vor diesem Hintergrund wieder Rufe laut, es brauche eine Vergaberechtsreform. Wäre das Vergaberecht einfacher gestaltet oder gäbe es gar eine weitere Vereinfachung speziell für Rüstungsprojekte, würden diese viel schneller abgewickelt und die Lösungen wären entsprechend schneller verfügbar. Gegen diese Argumentation spricht, dass insbesondere der deutsche Beschaffungsapparat eine so schlechte Performance aufweist. In Europa gilt seit Jahren ein vereinheitlichtes Vergaberecht – und die deutsche Beschaffungsadministration hat besondere Schwierigkeiten bei deren Anwendung: Es liegt oftmals nicht am europäischen Vergaberecht, sondern an selbst auferlegten Regularien und an übertriebener deutscher Vorsicht – die in keinem gesunden Verhältnis mehr steht zur Dringlichkeit und der strategischen Bedeutung der Beschaffungsbedarfe. Für komplexe Prozesse und Auflagen wird qualifiziertes Personal benötigt. Das BAAINBw beschäftigt 11.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an 116 Dienstorten. Und die Führung beklagt weiterhin Personalengpässe, insbesondere bei Vergabe- und Vertrags-

Die Beschaffungen sind so komplex geworden, dass eine zeitgerechte und vor allem zeitgemäße Ausrüstung der Soldaten kaum noch möglich scheint. Foto: BS/Bundeswehr, Jana Neumann

juristen. Sie gibt an, dass etwa 1.000 Stellen unbesetzt seien. Gerade hier wird deutlich, dass Rechtssicherheit oft höher priorisiert wird als der eigentliche Nutzen der Beschaffung selbst. Das Zielsystem und die Kultur sind auf maximale rechtliche Absicherung ausgelegt. Dabei gehen der Blick auf den Beschaffungsgegenstand und der inhaltliche Fokus verloren. Mit der nun zu beobachtenden Zeitenwende hat die Politik erkannt, dass Beschaffungsgeschwindigkeit wieder als zentrale Zielgröße im Mittelpunkt stehen muss. Die begrenzten Organisationsressourcen – die sich mittelfristig auch nicht einfach beheben lassen – bilden somit auf dem Weg zu diesem Ziel ein massives Hindernis.

Automatisierung als Ausweg aus der Misere Die logische Konsequenz wäre also der Aufbau einer digital unterstützten Beschaffungsorganisation. Leider sind Prozessautomatisierung und Segmentierung der Beschaffungsverfahren noch wenig ausgeprägt. Dabei wären diese Ansätze naheliegend. Nach Angaben des Bundesverbands der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie (BDSV) liegen 11.000 von jährlich 12.500 geschlossenen Verträgen im Volumen unter 500.000 Euro, also keine Großprojekte. Statt die Behörde weiter personell aufwachsen zu lassen, könnte über den Einsatz von Automatisierungslösungen nachgedacht werden. Die bei geringen und somit weniger kritischen Vertragsvolumina und außerhalb der komplexen Rüstungsgroßprojekte mittels Software die automatisierte Erstellung von Ausschreibungsund Vertragsunterlagen ermög-

lichen. Und so das qualifizierte juristische Personal entlasten, sodass dieses sich auf komplexe Beschaffungen, u. a. nach dem Customer Product Management (CPM) Prozess, fokussieren kann. Und es hier in der Folge zu weniger Verzögerungen kommt. Voraussetzung für eine zielführende Differenzierung wäre eine Analyse der Beschaffungsprojekte hinsichtlich Vertragsvolumina, Marktverfügbarkeit der Lösungen und vorgeschriebener rechtlicher Auflagen, u. a. zum zu wählenden Vergabeverfahren. Solche Analysen liegen in Teilen bereits vor, durch die Arbeit der Forschungsgruppe Defence Acquisition & Supply Management von Prof. Michael Eßig an der Universität der Bundeswehr München (UniBwM). Lösungen zur Automatisierung von Vergabeunterlagen, wie die der Firma GovRadar GmbH in München, sind bereits bei öffentlichen Auftraggebern im Einsatz. Insbesondere bei Städten, Landkreisen und Einrichtungen der Bundesländer. Auch einzelne Bundesbehörden haben ihr Interesse signalisiert. Derzeit arbeitet man daran, die Lösung für die spezifischen Herausforderungen der Rüstungsbeschaffung zu adaptieren. Wenn durch intelligente Differenzierung die wenig komplexen Beschaffungsvorhaben automatisiert ausgeschrieben werden, sind die wesentlichen Personalengpässe behoben und Großprojekte können wieder zeitgerecht und im geplanten Budget zum Erfolg gebracht werden. *Sascha Soyk, ist Gründer und Geschäftsführer des Münchner Startups GovRadar, einer Plattform zur Beschleunigung und Vereinfachung von Beschaffungsprozessen.


25. Europäischer Polizeikongress 11.–12. Mai 2022

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Foto: © Sliver, stock.adobe.com

Berlin

Wandel – Risiko oder Chance? Europa ∙ Gesellschaft ∙ Klima ∙ Technologie Sprecherinnen und Sprecher, u. a. Mag. Gerhard Karner, Bundesminister für Inneres, Republik Österreich

Hans-Georg Engelke, Staatssekretär im BMI, Bundesrepublik Deutschland

Joachim Herrmann, Bayerischer Staatsminister des Innern, für Sport und Integration

Iris Spranger, Senatorin für Inneres, Digitalisierung und Sport Berlin

Michael Stübgen, Minister des Innern und für Kommunales des Landes Brandenburg

Laura Codruța Kövesi, Europäische Generalstaatsanwältin

Krum Garkov, Direktor, eu-LISA

Fabrice Leggeri, Executive Director, Frontex

Jürgen Ebner, Stellvertretender Direktor, Europol

Mailis Pukonen, Head of Operations, CEPOL

www.europaeischer-polizeikongress.de

Eine Veranstaltung des


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