Innere Sicherheit
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ehörden Spiegel: Es gab eine Sondersitzung der Innenminister und -senatoren im Rahmen der Innenministerkonferenz (IMK) in Brüssel. Warum wurde dieser Ort gewählt?
Peter Beuth: Die Initiative dazu, in Brüssel zu tagen, kam vom bayrischen Innenminister Joachim Herrmann, der derzeit den IMK-Vorsitz innehat. Grund dafür war, dass es in der Sicherheitspolitik inzwischen sehr viele Berührungspunkte zur Europäischen Union und damit auch nach Brüssel gibt, wo viele EU-Institutionen ihren Sitz haben. Behörden Spiegel: Und was waren die wichtigsten Inhalte und Ergebnisse? Beuth: Die Krise in der Ukraine hat das Treffen dominiert. Es ging hierbei insbesondere um die Aufnahme und die Verteilung von Flüchtlingen. Wichtig waren zudem die europäischen Aspekte der Sicherheitspolitik und die Verständigung über Schnittstellen zwischen der nationalen und der europäischen Ebene. Behörden Spiegel: Unüblicherweise wurden bei der Sondersitzung der IMK keine Beschlüsse gefasst. Es wurde allerdings einstimmig eine “Brüsseler Erklärung” verabschiedet. Darin wird auch eine Weiterentwicklung von Europol verlangt. Wie stehen Sie dazu?
Keine operativen Befugnisse für Europol Peter Beuth sieht Behörde eher als Partner und Plattform
ie Privatwirtschaft hat schnell auf die Notwendigkeit reagiert, Infektionsketten auch dadurch zu brechen, ihre Belegschaft von zu Hause aus arbeiten zu lassen. Behörden, die nun wahrlich nicht den Ruf als Innovationstreiber genießen, haben nachgezogen – vielfach mit eher durchwachsenem Ergebnis. Für das Hessische Polizeipräsidium für Technik (HPT), das zentrale Kompetenzzentrum für Technik und Einsatzmittel der hessischen Polizei, ist daraus jedoch ohne Zweifel eine Erfolgsgeschichte geworden: zunächst mit einem enormen Aufwuchs von mobilen Endgeräten, elektro nischen Kommunikationssystemen und einer Stärkung der digitalen Infrastruktur in beeindruckender Geschwindigkeit in der gesamten hessischen Polizei und auch dem HPT. Darüber hinaus mit organisatorischen Veränderungen, die bislang einzigartig in der (hessischen) Polizei sind: Mitte letzten Jahres begann die eigens hierfür ins Leben gerufene Arbeitsgruppe unter Mitarbeit des Personalrates ihre Arbeit und erstellte kurzfristig eine neue “Dienstanweisung Homeoffice”, die es den HPT-Beschäftigten erlaubt, an bis zu drei Tagen in der Woche von zu Hause aus zu arbeiten, wenn es der Dienst zulässt. Hierbei handelt es sich um eine pilotierte Regelung, um erste Lehren aus der Pandemie frühzeitig in die neuen Arbeitsprozesse der Behörde einzubeziehen und diese langfristig, also auch in einer Zeit nach der Pandemie, in die behördliche Arbeitsstruktur zu etablieren. Dies war leichter gesagt als getan, denn in der Behörde – wie
Behörden Spiegel: In der jüngeren Vergangenheit gab es mehrere Skandale bei der hessischen Polizei. Ist die Aufarbeitung hier abgeschlossen?
(BS) Jüngst wurde im Rahmen der Innenministerkonferenz (IMK) über die künftige Rolle und Ausgestaltung des europäischen Polizeiamtes Europol im niederländischen Den Haag debattiert. Hier gehen die Meinungen auseinander. Wie er dazu steht, erläutert Hessens Innenminister Beuth: Die Fälle haben deutlich Peter Beuth (CDU) im Gespräch mit dem Behörden Spiegel. Die Fragen stellten Uwe Proll und Marco Feldmann. gemacht, dass wir das Thema darstellen. Das sehe ich auch in absehbarer Zeit nicht. Wir brauchen keine Europol-Beamten, die zum Beispiel in Wiesbaden selbst eine Hausdurchsuchung durchführen. Das gibt weder der Rechtsrahmen her, noch wäre es einsatztaktisch oder -strategisch sinnvoll.
auf Polizisten, nicht auf externe Kräfte. Behörden Spiegel: Wie sieht die Polizeiliche Kriminalitätsstatistik (PKS) für Hessen aus?
Behörden Spiegel: Wo kann Europol denn dann helfen? Beuth: Europol kann die Nationalstaaten beim Austausch sowie der Datenanalyse unterstützen. Hier kann ich mir auch noch eine gewisse personelle und finanzielle Stärkung von Europol durch die EU-Mitgliedsstaaten vorstellen. Behörden Spiegel: Es gibt eine große Flüchtlingsbewegung aus der Ukraine nach Deutschland. Darunter sollen sich laut Bundespolizei rund sechs Prozent befinden, die keine ukrainischen Kriegsflüchtlinge sind, sondern eigentlich einen anderen Status hätten. Wie können sie erkannt und wie kann zudem Menschenschmuggel verhindert werden?
Peter Beuth (CDU) ist seit Anfang 2014 Innenminister Hessens. Zuvor war er unter anderem Generalsekretär der Landes-CDU. Seit Kurzem ist Beuth zudem Sprecher der unionsgeführten Bundesländer in der Innenministerkonferenz (IMK). Screenshot: BS/Feldmann
Staatsbürger. Aber natürlich müssen wir hier sehr aufpassen, dass die Situation nicht von Schleusern und anderen Kriminellen ausgenutzt wird. Vor allem an den Grenzen gilt es, sehr aufmerksam zu sein. Behörden Spiegel: Werden in Hessen Corona-Infektionen bei der Polizei als Dienstunfall anerkannt?
Beuth: Ja. Es kommt aber natürlich immer darauf an, ob der Nachweis geführt werden Beuth: Ich sehe Europol als kann, dass die Ansteckung im einen wichtigen Partner der naDienst oder im dienstlichen tionalen Sicherheitsbehörden. Umfeld erfolgt ist. Dabei sollEuropol sollte weiterhin vor alten aus meiner Sicht nicht die lem als Plattform für den Datenhöchsten Maßstäbe angesetzt und Informationsaustausch werden. Hier versuchen wir, bestmöglich im Sinne der Pofungieren sowie die Kooperation lizistinnen und Polizisten zwischen den nationazu entscheiden. Wenn len Sicherheitsbehörden “Wir brauchen keine Europol- koordinieren und inteneine Kausalität gegeben Beamten, die zum Beispiel in sivieren. Es sollte jedoch ist, wird die Infektion Wiesbaden selbst eine Hausdurch- selbstverständlich als keine eigenständig operativ handelnde Behörde Dienstunfall anerkannt. suchung durchführen.”
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Behörden Spiegel / Mai 2022
Beuth: Wir müssen sehr aufmerksam und wachsam sein. Drittstaatsangehörigen, die einen rechtmäßigen Aufenthalt in der Ukraine hatten und nun zu uns geflohen sind, wird aber zunächst Aufenthalt gewährt. Sie genießen hier dann den gleichen Status wie die ukrainischen
Behörden Spiegel: Sie wollen den Einsatz sogenannter SuperRecognizer auf ganz Hessen ausweiten. Warum?
Beuth: Die Aufklärungsquote in Hessen ist sehr hoch. Sie liegt inzwischen bei fast zwei Dritteln aller polizeilich bekannt gewordenen Straftaten. Außerdem haben wir einen Rückgang der Straftaten zu verzeichnen. Besondere Sorgen machen uns die Entwicklungen bei der sexualisierten Gewalt gegen Kinder und Jugendliche. Hier bemühen wir uns sehr, noch bessere Polizeiarbeit zu leisten, um diese widerlichen Straftaten zu verhindern. Denn dadurch können wir Kinder und Jugendliche vor schrecklichen Erlebnissen bewahren.
Beuth: In einigen Bereichen ist Behörden Spiegel: Welche Krider Mensch einfach besser als der Computer. Das ist bei den minalitätsbereiche ragen noch Super-Recognizern der Fall. Das heraus? sind Personen, die Gesichter besonders gut wiedererkennen Beuth: Die Bekämpfung des können. Das ist eine beein- Rechtsextremismus ist uns ein druckende Fähigkeit, die wir sehr wichtiges Anliegen. Hier zunächst im Rahmen eines Pi- haben wir bereits einen sehr lotprojektes im Polizeipräsidium hohen Verfolgungsdruck aufgebaut. EbenFrankfurt am Main er- “Europol kann die National f a l l s s e h r erfolgreich probt haben. staaten beim Austausch Aufgrund – in Zusamsowie bei der Datenanalyse m e n a r b e i t der zahlreiunterstützen.” mit anderen chen Ermittlungserfolge Bundesländer Super-Recognizer werden dern – waren und sind wir bei wir diese nun landesweit ein- der Bekämpfung von Wohnungsführen. Denn diese besondere einbruchdiebstahl. Außerdem Fähigkeit, Personen aus großen versuchen wir kontinuierlich, Bilddatenbeständen wiederzuer- das Sicherheitsgefühl der Bürkennen, hilft der Polizei massiv gerinnen und Bürger zu verweiter. Dabei setzen wir nur bessern.
Studie zu Homeoffice veröffentlicht Pandemie als Wegbereiterin mobiler Arbeitsformen (BS/Karl-Heinz Reinstädt) Hat die Pandemie auch ihr Gutes? Eine provokante Frage, die grundsätzlich mit einem klaren Nein zu beantworten ist. Deshalb stellen wir sie anders: Haben wir die Gelegenheit genutzt, um aus der Pandemie zu lernen? Dies wollten wir genauer wissen. Deshalb haben wir auf Initiative des örtlichen Personalrats eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die sich mit dieser und weiteren Fragestellungen rund um das Thema Homeoffice befassen sollte. Darüber hinaus soll sie potenzielle Lösungsansätze aufzeigen und als Orientierung für künftige DienstKarl-Heinz Reinstädt ist Präsident des Hessischen Polizeivereinbarungen präsidiums für Technik (HPT) zur mobilen Arbeit in Wiesbaden. Foto: BS/HPT dienen. “Mir ist sicherlich bewusst, dass unsere Erfahrungen als in der Polizei im Allgemeinen Spezialbehörde nicht in vollem – herrschte bis dato weitestge- Umfang auf andere Behörden hend eine Präsenzkultur vor. übertragbar sind, aber ich bin Aus diesem Grund – sowie um überzeugt davon, dass die Studie sicherzugehen, dass hier nichts dennoch wichtige Erkenntnisse aus dem Elfenbeinturm heraus für eine progressive Arbeitswelt erarbeitet wird, das letztlich an im Behördenumfeld liefert”, sagt den Interessen der Beschäftigten Kriminalhauptkommissar Mark vorbeigeht – führte die Arbeits- Weber, Vorsitzender des örtligruppe im Spätsommer 2021 chen Personalrats und Mitglied eine Online-Befragung der rund der Arbeitsgemeinschaft. 460 HPT-Beschäftigten durch. “Die großartige Teilnahmequote Mehrheit ist höchst zufrieden von über 61 Prozent zeigt, dass Die Ergebnisse der Umfrage sind das Thema mobile Arbeit den eindeutig: Eine klare Mehrheit Beschäftigten überaus wichtig ist mit der Regelung höchst zuist!”, so der Arbeitsgruppenleiter frieden. Der Hauptgrund liegt in und Autor der Studie, Polizei- der leichteren Vereinbarkeit von hauptkommissar Marcel Müller. Beruf und Privatleben, kurz: eiDer Fokus der Studie liegt da- ner besseren Work-Life-Balance. bei auf den neuen mobilen Ar- Insgesamt zeichnet sich ab, dass beitsformen sowie den hierfür die Beschäftigten – in einer von notwendigen Voraussetzungen: vielen als immer schnelllebiger etwa den sich hieraus ergebenden empfundenen Welt – zunehmend Chancen und Risiken für das HPT daran interessiert sind, ihren oder den möglichen Auswirkun- (Arbeits-)Alltag zu entschleunigen gen auf die Beschäftigten und und potenzielle Stressoren zu den behördlichen Arbeitsalltag. reduzieren.
Durch die Teilnahme an der mobilen Arbeit können nicht nur das Berufs- und Privatleben besser miteinander verbunden werden, sondern gleichfalls lange Fahrtwege beziehungsweise -zeiten sowie hiermit verbundene – Stress fördernde – Verkehrsstaus vermieden werden. Auch die Empfindung der Beschäftigten, im Homeoffice regelmäßig konzentrierter und effizienter arbeiten zu können, legt in der Folge eine Reduktion von Stressoren nahe. Hiervon profitieren also nicht nur die Beschäftigten, sondern
gleichfalls das HPT. Denn es hat seine Attraktivität als (moderner) Arbeitgeber enorm gesteigert – in Zeiten des schmerzenden Fachkräftemangels ein enorm wichtiges Prädikat.
Neue Führungskultur erforderlich Nicht verschwiegen werden sollen jedoch die mit den neuen Arbeitsformen einhergehenden “Risiken und Nebenwirkungen”. Dazu gehört beispielsweise die Notwendigkeit der Etablierung einer neuen Führungskultur,
Führungs- und Fehlerkultur in der Polizeiorganisation noch mal neu betrachten müssen. Das ist ein sehr umfangreicher Prozess, der insbesondere Zeit bedarf. Fest steht aber bereits jetzt, dass wir schon jetzt deutlich mehr Transparenz in die Polizeiorganisation gebracht haben. Hierauf bauen wir auf. Zu betonen ist, dass die Reform aus der Polizei selbst heraus erfolgen muss. Ein Videointerview mit Minister Beuth findet sich unter https://www.digitaler-staat. online/2022/04/07/interviewmit-hessens-innenminister-peterbeuth/.
MELDUNG
Neuer Polizeivertrag (BS/mfe) Der bisher gültige Polizeivertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweiz stammte aus dem Jahr 1999. Seither hat sich die Kriminalität massiv verändert. Deshalb war es an der Zeit für eine Überarbeitung. Die novellierte Fassung wurde nun unterzeichnet. So wurde der Austausch von Beamtinnen und Beamten mit Wahrnehmung hoheitlicher Befugnisse vereinfacht. Neue Regelungen zur polizeilichen Zusammenarbeit wurden zum Zeugen- und Opferschutz, zu polizeilichen Maßnahmen in Zügen und Schiffen und für eine engere Zusammenarbeit von Verbindungsbeamten aufgenommen. Außerdem werden Grenzübertritte von Beamten zur Abwehr einer gegenwärtigen oder unmittelbaren Gefahr für Leib oder Leben ermöglicht.
wonach die Beschäftigten nicht primär an ihrer Anwesenheit, sondern an ihrem tatsächlichen Work-Load gemessen werden: Das scheint den Führungskräften bisher schwerer zu fallen als den übrigen Beschäftigten. Eine weitere Befürchtung sind negative Auswirkungen auf die sozialen Kollegenkontakte, das Arbeitsklima und die Identifikation mit der Behörde. All das gilt es zu berücksichtigen. Wir müssen kontinuierlich am Ball bleiben. Ein ausführlicher Forschungsbericht mit den Ergebnissen erschien jüngst im Verlag für Polizeiwissenschaft (Marcel Müller: “Plötzlich im Homeoffice: die Pandemie als Wegbereiter mobiler Arbeitsformen im Öffentlichen Dienst. Eine aktuelle Studie am Beispiel des Hessischen Polizeipräsidiums für Technik”; ISBN: 978-3-86676-733-1).
MELDUNG
Veränderte modulare Qualifizierung (BS/mfe) Bei der nordrheinwestfälischen Polizei wird es Veränderungen bei der modularen Qualifizierung geben. Einiges ist bereits geändert, anderes steht noch aus. Komplett neu ist die modulare Qualifizierung aber nicht. Neu ist jedoch, dass inzwischen nur noch eine Bewerbung für die modulare Qualifizierung als solche stattfindet. Dabei kann eine Wunschdienststelle angegeben werden. Früher musste die Bewerbung auf eine konkrete Stelle erfolgen. Gleich bleibt dabei, dass für den dann vorgenommenen Aufstieg vom gehobenen in den höheren Polizeivollzugsdienst kein weiteres
Studium, etwa an der Deutschen Hochschule der Polizei (DHPol), erforderlich ist. Voraussetzungen für eine Teilnahme an der modularen Qualifizierung sind eine mindestens gute dienstliche Beurteilung und das erfolgreiche Durchlaufen eines Auswahlverfahrens. Zudem müssen Bewerberinnen und Bewerber seit mindestens drei Jahren einen Posten der Besoldungsgruppe A 13 innehaben. Hintergrund der Veränderung ist eine Reform der entsprechenden Laufbahnverordnung im vergangenen Jahr. Allerdings sind noch einige Punkte offen und noch nicht umgesetzt. So soll es künftig für Absolventen
der modularen Qualifizierung die Möglichkeit geben, bis maximal zur Besoldungsgruppe A 16 befördert zu werden. Bislang gab es bei der nordrhein-westfälischen Polizei nur die Möglichkeit, entweder mit einem DHPol-Studium in den höheren Dienst zu kommen oder über den sogenannten Bewährungsaufstieg. Davon profitierten jedoch nur wenige. Problematisch ist die Veränderung für die DHPol. Denn sie wird hier außen vor gelassen. An der Hochschule der Polizei Brandenburg gibt es zudem inzwischen einen Masterstudiengang Kriminalistik. Dieser berechtigt allerdings nicht für den höheren Dienst.