GEGEN DIE NEUE OPFER-KULTUR
RETTET DEN WETTBEWERB! Früher galt das Recht des Stärkeren, Fortschritt gab es nur für wenige. Heute gilt das RECHT DES SCHWÄCHEREN. Das ist auch eine schlechte Idee, sagt unser Autor
e Es war eine Demütigung. Eine Erniedrigung. Und je des Jahr ging das Martyrium, das sich Bundesjugend spiele nannte, von vorn los. „Spiele“? Es war grausa mer Ernst. Spätestens beim Weitwurf geschah es, dass man nicht nur die Ehrenurkunde, sondern auch die Ehre verlor. Vor den Augen einer schadenfrohen Öffentlichkeit – den Mitschülern – offenbarte man, dass einem Kraft und Feinmotorik fehlten, das ver fluchte Ding tatsächlich weit zu werfen. So löste ein 80 Gramm leichter Ball tagelange Schwermut aus. Es war eine lehrreiche Erfahrung. Sie bereitete auf das vor, was man „Leben“ nennt. Lange vor dem ers ten Liebeskummer begriff man, dass die menschliche Existenz nicht nur aus Triumphen besteht. Nieder lagen gehören dazu – auch wenn das heute immer weniger Menschen wahrhaben wollen. Und immer mehr so empfinden wie Christine Finke. 2015 kam die Bloggerin (mama-arbeitet.de) in die Schlagzeilen, weil sie eine Petition zur Abschaffung der Bundes jugendspiele gestartet hatte. Was sie besonders störte: „Vor der versammelten Klasse werden die Urkunden überreicht. Warum muss man unsportliche Kinder so einer Demütigung aussetzen?“ Das Jammern bei Versagen hat mittlerweile Schule gemacht. Was der einen die Bundesjugendspiele, sind dem andern die Klassenarbeiten. In den USA errei chen schwarze Kinder bei standardisierten Tests regel mäßig schlechtere Ergebnisse als weiße – ein Erbe der amerikanischen Geschichte. Daher fordern weiße Antirassisten die Abschaffung solcher Prüfungen. Den farbigen Linguistikprofessor John McWhorter empört diese seltsame Schlussfolgerung: „Schwarze Kinder von Tests zu befreien, mit denen auf objektive Weise ihre kognitiven Fähigkeiten beurteilt werden sollen, hat nicht nur etwas Herablassendes, weil man ja letzt lich aussagt, dass sie dazu zu dumm seien – es wird ihnen auch im späteren Leben nichts nützen, sich