BIORAMA 78 – Deutschlandausgabe

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Beta-Lactoglobulin (3D-Struktur)

LANDLUFT:

VIEHWIRTSCHAFT:

Das Milchprotein BLG ist Teil der »Antiallergischen Schutzglocke« am Bauernhof.

Ein Abfallprodukt der Milchwirtschaft kann die AmmoniakEmissionen der Nutztierhaltung senken.

In den letzten 50 Jahren gab es vor allem in den sogenannten Industrienationen aufgrund von Faktoren wie der durch den Klimawandel verlängerten und verstärkten Pollensaison und des erhöhten Allergiepotenzials durch Feinstaubbelastung auf den Pollen einen starken Anstieg an asthmatischen und allergischen Erkrankungen, wie die Europäische Stiftung für Allergieforschung (ecarf) berichtet. Studien schreiben jedoch Menschen, die in einem bäuerlichen Umfeld aufwachsen, ein geringeres Risiko zu, Allergien zu entwickeln, da sie auf den Höfen mit unterschiedlichen Mikroben und deren Bestandteilen in Kontakt kommen und dadurch besser vor Allergien geschützt sind. Den Grund für die »Schutzglocke« im bäuerlichen Milieu hat das interuniversitäre Wiener Messerli Forschungsinstitut nun gefunden: Beta-Lactoglobulin, kurz blg, das als Molkenprotein in Kuhmilch vorkommt. Doch Beta-Lactoglobulin konnte nicht nur in der Milch festgestellt werden, das Wiener Forschungsteam fand es in Kombination mit Zink auch in einem Radius von 300 Metern rund um die untersuchten Kuhställe in der Luft sowie im Urin männlicher und weiblicher Kühe. Laborversuche mit Mäusen konnten das Potenzial von Beta-Lactoglobulin gegenüber verschiedenen Allergenen, das in Kombination mit Mikronährstoffen das Immunsystem beruhigt und antiallergisch wirkt, bestätigen. FLORIAN JAUK

Gülle – so wird die Mischung aus Urin und Kot von Nutztieren bezeichnet, die aufgrund ihres hohen Stickstoffgehalts in der Landwirtschaft als Dünger eingesetzt wird – enthält Ammonium. Das entwickelt sich bei Luftkontakt auch zum Umweltgift Ammoniak, das als Feinstaub weitergetragen Ökosysteme schädigt. Laut EU-Verordnung muss bis 2030 Österreich seine Ammoniak-Emissionen um 18 Prozent senken, Deutschland seine um rund 29 Prozent. Zu diesem Zweck wurde an der hbla Ursprung im Salzburger Elixhausen gemeinsam mit der Fachhochschule Salzburg eine Methode entwickelt, die Abfallprodukte aus der Milch nutzt. So wird Gülle mit Spülmilch – ein Produkt, das beim Reinigen von Milchtankwägen und Rohrleitungen in Molkereien anfällt und Reste von Milchprodukten enthält – vermengt. Durch die Milchsäurebakterien »versauert« die Gülle, ihr pH-Wert sinkt. Und das um bis zu 70 Prozent, wobei das für die Landwirtschaft wichtige Ammonium im Boden bleibt und nicht gasförmig als Ammoniak entweicht, berichtet Projektleiter Konrad Steiner. Erprobt wurde das Verfahren mit der Käserei Woerle und der Molkerei Pinzgau Milch, die den Dünger mit Spülmilch auf ihren beweideten Wiesen »zurück«-führten. Die Funktionsweise konnte wissenschaftlich belegt werden, nun wird laut Steiner auf Anerkennung durch das österreichische Umweltbundesamt gewartet. FLORIAN JAUK

vetmeduni.ac.at

ursprung.at

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ANTIALLERGIKUM VOM BAUERNHOF FERMENTE IM KREISLAUF


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