BIORAMA 78 – Deutschlandausgabe

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STIRBT DER HORNOCHS AUS? TEXT Thomas Weber

Hornkuh Der Demeter-Verband setzt sich für den Erhalt horntragender Rinder ein. Seine »Hornkuh«-Initiative soll auch ZüchterInnen vernetzen. hornkuh.de

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ahrtausendelang waren stattliche Hörner praktisch und deshalb erwünscht. Als Rinder nicht bloß wegen ihrer Milch oder für ihr Fleisch gehalten, sondern auch als Ochsen vor Karren gespannt wurden (»Dreinutzungsrind«), befestigte man das Geschirr meist um die Hörner der Zugtiere. Rinder, die zufällig ohne Horn geboren wurden, ließen sich deshalb kaum verkaufen. Mittlerweile verhält es sich umgekehrt. »Auf Viehmärkten sind behornte Tiere immer schwerer zu bekommen«, weiß Anna Koiner, Veterinärmedizinerin und Geschäftsführerin des Verbands Fleischrinder Austria. Und je mehr Rinder ohne Hörner in Ställen und auf Weiden stehen, desto schwerer vermittelbar werden ihre horntragenden Artgenossen. Hornlose und horntragende Tiere lassen sich zwar vergesellschaften, oft bringt das aber Probleme. Bei Tiertransporten ist es sogar verboten, behornte und unbehornte Tiere gemeinsam in einer Transportbucht zu führen. GenetikerInnen schätzen, dass – je nach Rasse und Region – bereits bis zu 90 Prozent der Tiere hornlos sind. Selbst auf Milchpackungen sind immer häufiger Kühe ohne Hörner zu sehen. Diese Entwicklung ist relativ jung. Dass Kälbern gleich nach der Geburt die Hornknospen weggebrannt werden, tauchte paradoxerweise

mit der Entwicklung hin zu mehr Tierwohl auf. Denn erst seit Rinder immer seltener angebunden in Ställen stehen und vermehrt Laufställe gebaut wurden, werden sie immer häufiger enthornt. Die Rechtfertigung für den schmerzhaften Eingriff, der nur bei sedierten Kälbern bis zum Alter von sechs Wochen und mit lokaler Betäubung durchgeführt werden darf: Mit Hörnern fallen Verletzungen schwerer aus, wenn sich frei bewegende Tiere untereinander ihre Rangordnung regeln. Auch die Arbeitssicherheit der Bäuerinnen und Bauern wird als Argument genannt. Hörner wachsen ein ganzes Rinderleben lang. Sie sind durchblutet und mit Nerven durchzogen. Sie werden als Waffe eingesetzt und spielen eine Rolle im Sozialverhalten. Wofür die Evolution sie außerdem hervorgebracht haben könnte, darüber gibt es viele Theorien. Weit verbreitet ist etwa die These, dass sie der Wärmeregulierung dienen (wofür etwa spricht, dass Rinder in heißen, tropischen Weltgegenden deutlich längere Hörner haben). Züchterisch wird jedenfalls aktiv gegen Hörner vor-

BILD ISTOCK.CO M/ LI NDY BU G

Um Kälbern die schmerzhafte Enthornung zu ersparen, setzt die Zucht verstärkt auf genetisch hornlose Rinder. Auch das bringt Probleme.


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