Impulse 2020-4

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noch versorgt

Den Enkel auf die Welt gebetet Grenzerfahrung Gebet

B

gegessen. Ich habe erfolgreich am Ticketschalter verhandelt, mit dem nächsten Nachtbus mitfahren zu dürfen. Auf der Fähre nach Calais traf ich eine ältere Dame. Ich erinnere mich, dass ich ihr zur Untermalung meiner dramatischen Geschichte meinen vollständig leeren Geldbeutel unter die Nase gehalten habe. Aus Freundlichkeit (oder Mitleid) hat sie mich dann zum Frühstück eingeladen. All diese Erfahrungen und Begegnungen hätte ich nie planen können und sie wären nie passiert, wäre ich vorher nicht naiv gestrandet. Sie sind mir auch deswegen so gut in Erinnerung, weil ich in den Jahren darauf nur noch sehr selten solche „wilden“ Erlebnisse hatte. Unbewusst habe ich damals offensichtlich noch eine ganz andere Grenze überschritten: die Grenze von Jugendlichkeit zum Erwachsenensein. Von der Planlosigkeit zur Kontrolle. Als gehöre es dazu, das süße Privileg der Jugend – nichtsahnend, frei und unkontrolliert zu reisen – für mehr Vernunft abzustreifen. Das Wilde einzugrenzen. Alle meine folgenden Reisen liefen viel vorausschauender, geplanter und definitiv entspannter ab. Dass man damit auch das Abenteuer abstreift, wird mir jetzt erst klar. Schade eigentlich. Julia Spanka

ei der Geburt unseres ersten Kindes gab es Komplikationen. Am Tag, als die Wehen einsetzten, gingen mein Mann und ich zur Mittagszeit ins Krankenhaus. Wir informierten meine Eltern und baten sie um Gebetsunterstützung. Sie waren leidenschaftliche Beter, und so wusste ich mich sehr getragen. Bis zum Mittag des nächsten Tages hatte ich nach wie vor starke Kontraktionen, aber ansonsten tat sich nicht viel. Ich lag am Wehenschreiber, damit die Wehen und die Herztöne des Babys beobachtet werden konnten. Da die Geburt nur langsam vorwärtsging, wurden wir während dieser Zeit weitestgehend alleingelassen. Irgendwann merkte mein Mann, dass sich die Herztöne unseres Kindes extrem verschlechtert hatten. Er hat damals sofort reagiert und einen Arzt gesucht. Jetzt ging alles sehr schnell! Unser Kind musste ohne weiteren Zeitverlust geboren werden! Für einen Kaiserschnitt war es aber bereits zu spät, dafür war das Kind schon zu weit im Geburtskanal. Man entschied sich deswegen für eine Saugglockengeburt. Am Nachmittag war unser Sohn endlich geboren – mit einem Knoten in der Nabelschnur. Die Ärzte meinten, es sei ein Wunder, dass unser Kind überlebt hatte!

Die andere Seite der Medaille Das ist der eine Teil der Geschichte ... Zeitgleich geschah im Haus meiner Eltern Folgendes: In den endlosen Stunden, in denen sie von uns keine Nachricht bekommen hatten (wir reden von der Zeit vor dem Handy!), gingen ihnen natürlich viele Gedanken durch den Kopf. Aber etwa 24 Stunden, nachdem ich ins Krankenhaus gefahren war, bekam mein Vater auf einmal den Eindruck, dass etwas ganz und gar nicht stimmte und unser Kind in Lebensgefahr sei. Er beschrieb später, dass er spüren konnte, wie Satan verhindern wollte, dass unser Baby lebend zur Welt kommt. Er hat sich dann buchstäblich auf die Knie geworfen und im Gebet um unser Kind gerungen. Ich weiß nicht genau, wie lange dieser Kampf ging, definitiv war es aber eine lange Zeit. Dann auf einmal wusste mein Vater, dass der Kampf gewonnen war. Wie sich später herausstellte, war das die Uhrzeit, zu der unser Kind lebend auf die Welt kam. Christiane Spanka F O T O S V O N L I . : C L A U D I A D E W A L D / P R I VAT / C L A U D I A D E W A L D

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