15 minute read

BGK 2020 – ein politisches Konzept mit Chancen

Stefan Blättler Präsident Konferenz der kantonalen Polizeikommandanten der Schweiz (KKPKS), Kommandant Kantonspolizei Bern und Präsident des Stiftungsrats SPI

Zusammenfassung

Mit dem Bildungspolitischen Gesamtkonzept (BGK) 2020 wurde in den letzten Jahren die Berufsbildung für Polizistinnen und Polizisten neu ausgerichtet. Unter Berücksichtigung der föderalen Organisation der Schweizer Polizeien wurde die Ausbildung standardisiert und harmonisiert. Sie erstreckt sich seit Herbst 2019 auf zwei Jahre – ein Schul- und ein Praxisjahr – und richtet sich nach dem Ausbildungsplan Polizei (APP) sowie den Kompetenzen, die im Qualifikationsprofil Polizist/Polizistin festgelegt werden. Die Ausbildungsmethodik beinhaltet mehrere innovative Elemente: Sie ist handlungsund kompetenzorientiert, fördert selbstorganisiertes und -reflektiertes Lernen und setzt mit den Themen «Werte» und «Ethik» einen neuen Akzent. Damit das Projekt «BGK 2020» erfolgreich sein kann, gilt es nun für die Korps, die Polizistinnen und Polizisten sowie das SPI, diese Chance zur Verbesserung zu ergreifen und sich um eine konstante Weiterentwicklung zu bemühen. In diesem Sinne ist der Prozess nicht abgeschlossen – er hat eben erst begonnen.

Die Gewährleistung von Sicherheit und Ordnung liegt in der Schweiz primär in der Kompetenz der Kantone. Die Polizei spielt dabei eine zentrale Rolle. 26 Kantone gibt es – entsprechend existieren auch exakt 26 kantonale Polizeikorps. Rund 300 kommunale Korps kommen hinzu. Von den knapp 19 000 Mitarbeitenden mit Polizeiausbildung arbeiten 76 % auf Stufe Kanton, 21 % auf Stufe Gemeinde und knapp 3 % beim Bund. Zentralismus sähe ganz anders aus.

1 Föderalismus – mit Stärken und Schwächen Die Polizei ist mit anderen Worten ein Musterbeispiel für den schweizerischen Föderalismus. Im Guten wie im etwas weniger Guten. Der Föderalismus hat seine Stärken, so etwa die kurzen Wege, die Vertrautheit mit den lokalen Verhältnissen oder die Nähe zu den Bürgerinnen und Bürgern. Diese Stärken kommen bei der Polizei in hohem Masse zum Tragen; sie mögen mitverantwortlich sein dafür, dass die Polizei gemäss Studien der ETH Zürich bei der Bevölkerung regelmässig das grösste Vertrauen von allen Institutionen geniesst – noch vor den Gerichten, der Wissenschaft und dem Bundesrat.

Doch der Föderalismus ist kein einfaches politisches System. Föderalismus hat seinen Preis, nicht nur in Franken und Rappen, sondern auch in Form von Zeit und nicht immer optimalen Resultaten. Denn die 26 Kantone müssen – oder könnten zumindest – miteinander, aber auch mit dem Bund und den Gemeinden zusammenarbeiten. Dies gilt für die Polizei, aber ebenso im Gesundheits- oder Bildungswesen, um nur einige Beispiele zu nennen. Der best case der föderalen Zusammenarbeit liegt dann vor, wenn die Beteiligten konstruktiv zusammenarbeiten, innovative Lösungsansätze verfolgen, Kompromisse eingehen und einen möglichst hohen Nutzen für das Ganze anstreben. Im worst case verhalten sich Kantone und Gemeinden wie ein Sack voller Flöhe, die etwas unkoordiniert in alle Richtungen springen. Dazwischen liegt die nicht ganz seltene Variante «Einigung auf den kleinsten gemeinsamen Nenner» – das ist immerhin etwas, aber sicher nicht immer das Optimum.

In diesem Spannungsfeld bewegt sich auch die Polizei, zum Beispiel bei der Vereinheitlichung von technischen Systemen oder der gemeinsamen Beschaffung von Waffen und Ausrüstungen, aber auch bei der Berufsbildung für Polizistinnen und Polizisten. Mit dem «Bildungspolitischen Gesamtkonzept (BGK) 2020» ist diese in den letzten Jahren neu ausgerichtet worden. Nun heisst es go live. Die ersten Polizeischulen gemäss BGK 2020 sind im Herbst 2019 angelaufen.

Von Interesse ist nun, wie das neue Konzept im Rahmen der föderalen Organisation, aber auch in Bezug auf die Erwartungen an eine innovative Ausbildung mit verstärktem Praxisbezug – wohl das Herzstück des Konzepts – zu bewerten ist. Und ob die neue Grundlage belastbar, ausbau- und entwicklungsfähig ist. Der vorliegende Beitrag versucht, darauf einige Antworten zu geben.

2 Föderal und austariert Bleiben wir vorerst bei der Fragestellung des Föderalismus. Das BGK 2020 ist zweifellos ein ausgeprägt föderales Konzept mit besonderen Stärken, und zwar in doppelter Hinsicht.

Tragfähiges Konzept Zum einen wurde das neue Konzept von der Konferenz der Kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren (KKJPD) und der Konferenz der kantonalen Polizeikommandanten (KKPKS) initiiert und vom Schweizerischen Polizei-Institut (SPI) in der Rolle der Projektleitung umgesetzt und begleitet. Es ist getragen von der breit abgestützten Paritätischen Kommission der Schweizer Polizei (PaKo), welche wiederum die Kontakte zu wichtigen Partnern pflegt, u. a. zu den Polizeikonkordaten der Kantone, den regionalen Ausbildungszentren (RAZ) oder zum Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation des Bundes (SBFI). Vermutlich würde der eine oder andere CEO in der Privatwirtschaft auf die Schwerfälligkeit staatlicher Organe hinweisen, gleichzeitig aber übersehen, dass auch im modernen Management oft und immer öfter von Networking und Einbezug der Stakeholder die Rede ist. Die Verknüpfung verschiedener Sichtweisen und Bedürfnisse braucht zwar Zeit und erzeugt gelegentlich Reibungsverluste, führt aber am Schluss am ehesten zu tragfähigen Strategien und Konzepten. Dies gilt, so die Hoffnung und Erwartung, auch für das BGK 2020. Zentralistisch geprägte und schlecht austarierte Würfe verlaufen in der Schweiz nicht selten im Sand.

Harmonisierte Berufsausbildung Der föderale Ansatz prägt – zweitens – auch die Grundelemente des Ausbildungskonzepts, wobei Föderalismus nicht mit «Kantönligeist» verwechselt werden sollte. Das BGK 2020 ist auf der einen Seite, und zu Recht, regional ausgerichtet, indem für das erste Ausbildungsjahr die RAZ verantwortlich sind. Der Startschuss dafür ist im Herbst 2019 gefallen. Das zweite Ausbildungsjahr nach neuem Konzept startet erstmals im Herbst 2020 und findet in den Stammkorps statt – abgestimmt auf die jeweiligen Bedürfnisse und Besonderheiten des Kantons oder der Gemeinden, nahe an der Praxis und den Bürgerinnen und Bürgern.

Auf der anderen Seite bringt das Konzept eine zweijährige, eidgenössisch standardisierte und harmonisierte Berufsausbildung, die in allen Kantonen auf gleichen Instrumenten und Abschlüssen beruht. Nach dem ersten Ausbildungsjahr in den RAZ folgt eine identische Prüfung der Einsatzfähigkeit; im Rahmen der Berufsprüfung nach dem zweiten Ausbildungsjahr verfassen alle angehenden Polizistinnen und Polizisten einen Bericht und stellen sich einem Expertengespräch, sei dies nun in Genf, Bern oder St. Gallen. Das bisherige System einer etwa einjährigen, eher theorieorientierten Ausbildung und einem Abschluss mit Fachausweis hat nicht mehr in die aktuellen Konzepte des Bundes für die höhere Berufsbildung (Tertiär B) gepasst. Mit der zweiten Ausbildungsphase, in der verschiedene Arbeitssituationen durchgespielt werden, gewinnt die praxisund handlungsorientierte Ausbildung zu Recht wesentlich an Bedeutung.

Das BGK 2020 verfolgt somit das Ziel, die Ausbildung zur Polizistin und zum Polizisten stärker zu harmonisieren und zu vereinheitlichen. Das Resultat ist eine Verlängerung der Ausbildung und ein Ausgleich von Theorie- und Praxisanteilen in der Ausbildung. Bereits umgesetzt ist der Schritt zur nationalen Zertifizierung für die polizeilichen Sicherheitsassistentinnen und -assistenten (Pol SiAss).

3 Innovative und wertebasierte Ausbildung Zu welchen Lösungen führt das neu lancierte Konzept in Bezug auf die Ausbildung an sich? Das ist

eine weitere zentrale Frage. Eine kurze Antwort vorangestellt: Das Resultat ist nicht eine «verstaubte», sondern eine innovative und moderne Ausbildung. Der Ausbildungsplan Polizei (APP, PaKo 2019) und das Qualifikationsprofil für Polizistinnen und Polizisten bilden die massgebende Grundlage dafür.

Innovative Ausbildungsmethodik Der APP schreibt den RAZ oder Stammkorps keineswegs die Einzelheiten der Ausbildung im Sinne eines engen Lehrplans vor. Das ist gut so, weil es in der Schweiz nicht funktionieren würde. Hingegen enthält der APP übergeordnete, innovative Ansätze – auch dies ist richtig und wichtig. Zu nennen sind etwa die Eckpunkte einer modernen Ausbildung, wie sie in Schlagworten wie «handlungs- und kompetenzorientiert», «überfachliche Kompetenzen» oder «selbstorganisiertes Lernen» zum Ausdruck kommen. Dies führt gegenwärtig nicht nur bei der Polizei, sondern in weiten Teilen der schweizerischen Bildungslandschaft zu Veränderungen und Umstellungen. Die hohe Kunst liegt darin, die Lerninhalte sorgfältig und wohldosiert umzugestalten und zu ergänzen. Zugleich ist ein Wechsel in Richtung Kompetenzorientierung und Erfahrungswissen vorzunehmen.

Der APP wird durch das Qualifikationsprofil Polizist/Polizistin ergänzt und beinhaltet ein Raster der Handlungskompetenzen. Diese sind als praktische Arbeitssituationen umschrieben, so zum Beispiel eine Aufnahme eines Verkehrsunfalls oder eine Vorbereitung und Durchführung einer Einvernahme. Mit dem Kompetenzraster gewinnen die angehenden Polizistinnen und Polizisten praktische Erfahrungen. Doch nicht nur das: Zugleich gilt es, das eigene Handeln zu reflektieren, nach Handlungsalternativen und besseren Wegen zu suchen. Diese Erfahrungen und Kenntnisse fliessen in den Portfoliobericht ein, welcher zusammen mit einem Fachgespräch Gegenstand der eidgenössischen Berufsprüfung am Schluss der Ausbildung ist. Der APP schreibt den RAZ oder Stammkorps keineswegs die Einzelheiten der Ausbildung im Sinne eines engen Lehrplans vor. Das ist gut so, weil es in der Schweiz nicht funktionieren würde.

Werte, Ethik und Reflexion darüber Der APP enthält ein weiteres innovatives Element: die klare und ausdrückliche Verankerung des Poli

zeiberufs und der Lerninhalte im demokratischen Rechtsstaat und Wertesystem. Von «Wertereflexion» und «Wertebildung» im beruflichen und schulischen Kontext ist etwa die Rede. Es ist keineswegs so, dass diese Orientierung an Werten in der heutigen Ausbildung und im Berufsalltag nicht vorhanden wäre. Doch das ethische Bewusstsein und die Reflexion darüber bereits in der Ausbildung bewusst und gezielt zu stärken und auszubauen, ist wertvoll und wichtig – gerade jetzt, wo radikalisierender Populismus, simplifizierende Twitter-Kultur und obskure Verschwörungstheorien in unserer Gesellschaft offenbar Aufwind verspüren. Innovative Gymnasien lassen das Thema «Ethik» mittlerweile fächerübergreifend in den Unterricht einfliessen. Es ist von zentraler Bedeutung, dass Ethik auch in der Ausbildung von Polizistinnen und Polizisten, die in ihrem späteren Beruf oft mit widersprüchlichen und konfliktträchtigen Situationen konfrontiert sein werden, eine wachsende Rolle spielt. Es ist kein Zufall, sondern Strategie, dass ein Kapitel des APP mit «Werte der Polizei» überschrieben ist.

Hoher Wert für jede Polizistin und jeden Polizisten Und wo stehen die einzelne Polizistin und der einzelne Polizist im Ganzen? Eine verlängerte Ausbildung und teilweise andere Ansätze als bisher, am Schluss aber kein Mehrwert? Nein, oder hoffentlich nein! Aus- und Weiterbildung werden als «Investition in sich selbst» bezeichnet. Nicht zu Unrecht, vor allem wenn die Ausbildung das bringt, was sie bringen sollte. Oder, wie es mit Bezug auf die Berufsbildung oft heisst: «Das Gelernte passt zum Job.» Was selbstverständlich auch im Interesse des Arbeitgebers liegt: Je besser seine Mitarbeitenden ausgebildet sind, desto erfolgreicher kann er seinen Auftrag erfüllen und seine Ziele erreichen.

Das BGK 2020 als Konzept erfüllt diese Vorgaben. Die Verlängerung der Ausbildungszeit an sich, der verstärkte Praxisbezug und die erhöhte Kompetenzorientierung setzen die richtigen Akzente. Im Rucksack der Polizistinnen und Polizisten wird mehr drin sein, wenn sie die Berufsbildung gemäss BGK 2020 abgeschlossen haben und ihren regulären Dienst im Korps antreten werden. Sie werden sich als angehende Polizistinnen und Polizisten sicherer fühlen, sie werden sicherer sein (vor Bedrohungen) und sie werden wohl etwas rascher als frühere Jahrgänge dazu beitragen können, eine erhöhte Sicherheit für

die Bevölkerung als Ganzes zu schaffen. Und: Durch die landesweit standardisierten Elemente der Ausbildung ergeben sich mehr Möglichkeiten für eine berufliche Weiterentwicklung inner- oder ausserhalb der Korps. Der Wert auf dem Arbeitsmarkt steigt, würden es die Ökonomen womöglich formulieren. Davon könnte auch die Polizei als Arbeitgeberin profitieren; es ist keineswegs auszuschliessen, dass Mitarbeitende im Verlaufe ihrer Karriere die Stelle wechseln und ausserhalb des Korps Erfahrungen sammeln, aber später wieder an den Ausgangspunkt zurückkehren – mit erweiterten Skills.

Mehr als kleinster gemeinsamer Nenner Das BGK 2020 und der APP sind, diese These sei im Sinne eines Zwischenfazits gewagt, mehr als der kleinste gemeinsame Nenner, der sich im föderalen Rahmen erzielen liess. Die Kantone, der Bund, die beteiligten Gemeinden und weitere Stakeholder haben sich auf ein innovatives und modernes Konzept geeinigt, das – so die Kurzformel des SPI – eine verbindliche Basis mit Spielraum darstellt. Die Chance des BGK 2020 ist da – nun gilt es, sie auch zu nutzen.

4 Erfolgsfaktoren für die Zukunft Ein Chinesischer Heerführer soll vor etwa 2500 Jahren gesagt haben: «Chancen multiplizieren sich, wenn du sie ergreifst.» Die Amerikaner von heute pflegen zu sagen: «Die grosse Chance kommt, wenn du sie ergreifst.» So weit die Äusserungen zeitlich auch auseinanderliegen, so nahe liegen sie inhaltlich: Man muss etwas tun, um eine Chance wahrzunehmen. Das gilt auch für das BGK 2020 – das Konzept steht, doch nun geht es an die Umsetzung und den Transfer in die Praxis. Dabei werden die Korps, aber auch das SPI eine bedeutende Rolle zu spielen haben. Zwei Handlungsfelder bzw. Erfolgsfaktoren stehen dabei im Vordergrund.

Vorgaben und Standards umsetzen Blickt man auf das zweite Ausbildungsjahr, das ab Herbst 2020 in den Korps starten wird, zeigen sich die Herausforderungen für den Transfer in die Praxis exemplarisch. Das BGK 2020 bzw. der APP verlängern nicht nur die Ausbildung, sondern machen eine Reihe von Vorgaben, welche die praxisorientierte Ausbildung in den Korps beachten soll. Dazu gehören zum Beispiel eine Unterteilung der Ausbildung in mehrere Phasen, der verbindliche Einsatz von ein

format magazine n o 9 heitlichen Instrumenten wie «Praxisauftrag», «Kompetenzraster» und «Dispositionscheck». Zudem kommen neue Rollen ins Spiel, die es aufzubauen und in die Ausbildung zu integrieren gilt: Die Aspirantinnen

und Aspiranten in der zweiten Ausbildungsphase sol

len durch Mentorinnen und Mentoren und Praxisbegleiterinnen und Praxisbegleiter unterstützt werden. Die Durchführung von regelmässigen Gesprächen zwischen diesen und den angehenden Polizistinnen und Polizisten sind fester Bestandteil des Ausbil

dungsplans. Den Schlusspunkt bildet die eidgenössi

sche Berufsprüfung Polizistin/Polizist.

Die Verlängerung der Ausbildung, aber ebenso die erwähnten einheitlichen Standards und die neuen Rollen der Mentorinnen und Mentoren bzw. Praxisbegleiterinnen und Praxisbegleiter bedingen eine

neue Strukturierung und eine Anpassung der bisherigen Ausbildung und Begleitung durch die Korps. Diese stehen nun in der Verantwortung, oder sagen wir: Sie müssen die Chance ergreifen. Sie müssen ihre Kreativität und ihr Know-how auf dem Feld der Ausbildung nutzen und eine attraktive, gehaltvolle zweite Ausbildungsphase aufbauen. Selbstverständlich bewegen Die Korps stehen nun in der Verantwortung, [...]. Sie müssen ihre Kreativität und ihr Knowhow auf dem Feld der Ausbildung nutzen und eine attraktive, gehaltvolle zweite Ausbildungsphase aufbauen.

sie sich dabei nicht im luftleeren Raum, sondern

können auf bestehenden Grundlagen aufbauen. Das SPI wiederum verfügt über den Überblick, die Instrumente und die methodische Kompetenz, um die Korps dabei zu unterstützen und zu begleiten. Vor allem kleinere Korps werden besonders gefordert

sein; ein durch das SPI initiierter Austausch unter

den Korps zur geplanten Umsetzung der zweiten und praktischen Ausbildungsphase und der direkte Support durch das SPI dürften dort auf besonders fruchtbaren Boden fallen.

Das SPI zieht wie folgt Bilanz: «Alle diese Vorga

ben sind verbindlich und durch die Kommandanten

freigegeben worden.» 1 Um die Aussage anzuhängen: «Wie sie von den einzelnen Korps konkret umgesetzt werden, kann natürlich von Korps zu Korps variieren.» Das ist richtig, doch die «Variation» darf nicht so weit gehen, dass die Leitlinien und Instru

mente des BGK 2020 und des APP verwässert wer

1 Schweizerisches Polizei-Institut (2019), Bildungspolitisches Gesamtkonzept 2020, Newsletter BGK 2020, 5, 29. April.

den. Es ist trivial: Die angestrebte Harmonisierung kann nur stattfinden, wenn etwas harmonisiert wird. Und die eidgenössische Berufsprüfung Polizistin/Polizist gemäss Zielen und Grundsätzen des BGK 2020 bliebe eine Fiktion, wenn sie nicht auf einheitlich angewandten Standards basieren würde.

BGK 2020 weiterentwickeln «Kein Abschluss ohne Anschluss», so lautet eine wichtige bildungspolitische Maxime. Damit rückt im Zusammenhang mit dem BGK 2020 ein weiteres Handlungsfeld in den Vordergrund. Nämlich die Frage, ob es nach der eidgenössischen Berufsprüfung Polizistin/Polizist eine oder mehrere berufliche Fortsetzungen gibt. Konkret: Welche Angebote und Möglichkeiten gibt es für Polizistinnen und Polizisten, um sich weiterzubilden und weiterzuentwickeln? Welche anerkannten höheren Fachabschlüsse oder (Nach-)Diplome könnten neu dazu kommen? Gelingt es, beim Beruf der Polizistin oder des Polizisten neue Türen und Tore aufzustossen, um die Attraktivität zu erhöhen?

Zugegeben: Das hohe Lied vom «lebenslangen Lernen» mag gelegentlich etwas anstrengend klingen. Doch Weiterbildung füllt das Portfolio auf, mit dem sich Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt in Position bringen. Die Menge des Wissens nimmt zu, dessen Halbwertszeit aber auch. Und Wissen allein reicht längst nicht mehr – wir müssen Wissen verknüpfen und Zusammenhänge erkennen und herstellen können. Wir müssen demnach mehr tun und neue Kompetenzen erschliessen, um in unserem Job den Anschluss zu behalten. Wissen allein reicht längst nicht mehr – wir müssen Wissen verknüpfen und Zusammenhänge erkennen und herstellen können.

Literatur Schweizerisches Polizei-Institut (2019), Bildungspolitisches Gesamtkonzept 2020, Newsletter BGK 2020, 5, 29. April. Paritätische Kommission der Schweizer Polizei (PaKo, 2019), Ausbildungsplan Polizei (APP), Neuchâtel: Schweizerisches Polizei-Institut.

So weit, so gut. Doch wer tut hier was? Wer hat welche Rolle? Die Antwort ist dreiteilig: Polizistinnen und Polizisten müssen die Chance ergreifen, Weiterbildungen anzugehen. Ihre Chefs müssen diese Chance überhaupt erst ermöglichen und den nötigen (Zeit-)Raum schaffen – im Wissen, dass eine gut und sorgfältig geplante Weiterbildung auf längere Sicht eine Win-win-Situation darstellt. Das SPI wiederum muss nun die Bildungsmöglichkeiten im Anschluss an die Berufsprüfung Polizistin/Polizist intensiv gestalten und sich zu einer schweizerischen Polizeiakademie entwickeln. Der Abschluss ist definiert, nun sind die Anschlüsse weiterzuentwickeln.

Prozess hat erst begonnen Die Segel sind gesetzt. Seit 1. Januar 2020 tritt das SPI mit einer neuen Organisationsstruktur auf. Dahinter steht wesentlich mehr als ein neues Design des Organigramms, nämlich die operative Umsetzung des «Entwicklungsschritts SPI 2020». Die Geschäftsführung des SPI hat damit den Auftrag, den der Stiftungsrat ihr im Zusammenhang mit dem BGK 2020 im Sommer 2018 erteilt hat, an die Hand genommen. Das SPI hat seine Geschäftsbereiche auf dem Weg zum strategischen Ziel der Polizeiakademie neu ausgerichtet; Aus- und Weiterbildung spielen dabei eine Schlüsselrolle, der bisherige Verlag soll in ein digitales Kompetenzzentrum überführt werden. Verschiedene Lehrmittel sind standardisiert bzw. harmonisiert, neue (digitale) Lehrmittel sind entwickelt worden.

Die Richtung stimmt, das SPI ist auf Kurs, der Beruf der Polizistin und des Polizisten ist aufgewertet worden und entwickelt sich weiter. Der Prozess ist nicht abgeschlossen – er hat eben erst begonnen.

Résumé

CGF 2020 – un concept de formation qui a du potentiel Ces dernières années, le Concept général de formation (CGF) 2020 a réorienté la formation professionnelle des policières et policiers en la standardisant et en l’harmonisant, conformément à l’organisation fédérale des polices suisses. Depuis l’automne 2019, cette formation dure deux ans, comprend une année en école et une année pratique et s’appuie sur le Plan de formation policière (PFP) ainsi que sur les compétences définies dans le profil de qualification de

Riassunto

CGF 2020 – un concetto di formazione dal grande potenziale Il Concetto generale di formazione (CGF) 2020 ha dato negli ultimi anni un nuovo orientamento alla formazione professionale degli agenti di polizia, armonizzandola e uniformandola tenendo conto dell’organizzazione federale delle polizie svizzere. Dall’autunno 2019, la formazione di polizia si articola su due anni – uno teorico e uno di pratica – e si basa sulle direttive del Piano di formazione di polizia (PFP) e sulle competenze stabilite nel proBGK 2020 – EIN POLITISCHES KONZEPT MIT CHANCEN

policier/policière. La méthodologie de la formation contient plusieurs éléments novateurs : elle est axée sur les compétences et la capacité opérationnelle, encourage l’apprentissage autonome et la réflexion individuelle et met l’accent sur les thématiques « valeurs » et « éthique». Afin que le projet « CGF 2020 » soit couronné de succès, les corps de police ainsi que les policières et policiers devraient en profiter pour se perfectionner et l’ISP pourrait ainsi optimiser son offre. Ce processus est loin d’être terminé ; il ne fait que commencer!

filo di qualificazione di agente di polizia. Il metodo formativo presenta diversi elementi innovativi: è orientato alle competenze e alla capacità operativa, promuove l’apprendimento autonomo e la riflessione su se stessi e mette in risalto i temi dei «valori» e dell’«etica». Il successo del progetto «CGF 2020» richiede che i corpi e gli agenti di polizia colgano questa possibilità di miglioramento e che l’ISP continui così sulla strada dello sviluppo della sua offerta. In quest’ottica, il processo non è concluso; al contrario, è solo all’inizio.

This article is from: