In meinen Gedanken rauchten wir zusammen
Larissa Kikol
Wie gerne hätte ich diesen Moment mit ihm gehabt. Das stille Verstehen beim genussvollen Einatmen, die orale Belohnung mit tröstendem Nikotin, das coole Ausatmen, das verbindet. Ich bin einige Wochen zu früh Nichtraucherin geworden. Der Moment der gemeinsamen Rhetorik, der gelassenen Stimulation des Rauchens, es wäre zu schön gewesen. Zigaretten sind Hilfsmittel für die Kunst, für die Literatur, die Musik, den Film. Die treuesten Geburtshelfer für große Werke. Ohne Zigaretten und Alkohol wäre die Kunstgeschichte fast leer geblieben. Werner Büttners Atelier befindet sich in einem ehemaligen Theatersaal. »Hier hat nur linkes Theater stattgefunden«, sagte er beim Auspusten des Zigarillorauchs. Eigentlich sollte mein Essay die Sektionen »Loser« und »Unvernunft« behandeln. Die entsprechenden Gemälde seien aber schon verpackt, er wisse jetzt auch nicht, wo. »Schreiben Sie doch einfach über das, was Sie wollen.« – »Wie soll der Katalog denn werden? Mehr wissenschaftliche Texte oder Freieres?« – »Machen Sie, wie Sie wollen. Darauf habe ich keinen Einfluss, genauso wenig wie auf meine Nachfolge.« Werner Büttner verabschiedet sich als Professor. Er zeigt mir das Gemälde dazu: Büttner geht von Bord (2020, Abb. S. 50/51). Darauf die Stockwerke, die Hallen der Institution, die Aulavorhalle, blutrote Wände, fast wie Zahnbluten, goldartige Architektur und Rosa. Eine schwarze Figur geht langsam die Treppe hinunter. Sie hat einen Bauchansatz, der Rücken ist schon etwas krumm, aber sie blickt gerade ins Vor-Sich, fast friedlich schreitet der Intendant aus seinem Theaterhaus. Über seine Nachfolge wird diskutiert, was macht man, wenn so viel charakterliche Auffälligkeit das Ensemble verlässt? Die Hochschule muss an die Zukunft denken, die Zeiten ändern sich. Frau oder Mann? Migrationshintergrund oder eine Ausländerin ohne westliche Prägung? Werner Büttner ist das egal, Hauptsache, es ginge um richtige Malerei. »Keine Designbilder«, sondern sinnliche, dreckige, echte Malerei. Das wünsche er sich. Seine Nachfolger*in solle sich die Hände schmutzig machen. Wir gehen hoch in den Bühnenraum. Rechts und links lassen sich Gitterwände herausziehen, an denen Gemälde aus seinen früheren Kneipenzeiten hängen. Die Farbe ist dicker, eine matschige Malerei, die