»Sich für die Werke anderer zu begeistern …«
1 Werner Büttner, »Prägende Verehrung«, in: Last Lecture Show, S. 54. 2 Ebd. 3 Vgl. etwa Irit Rogoff, »Er selbst – Konfigurationen von Männlichkeit und Autorität in der Deutschen Moderne«, in: Blick-Wechsel. Konstruktionen von Männlichkeit und Weiblichkeit in Kunst und Kunstgeschichte, hg. von Ines Lindener, Sigrid Schade, Silke Wenk und Gabriele Werner, Berlin 1989, S. 21–40.
Bettina Uppenkamp
»Sich für die Werke anderer zu begeistern, ist ein Akt existenzieller Klugheit«, schreibt Werner Büttner einleitend zu dem Ausstellungskapitel »Prägende Verehrung«, in dem er seinen künstlerischen Dialogpartnern aus der Vergangenheit Referenz erweist.1 Der zweite, sich anschließende Satz orientiert auf Ruhm, wenn es da heißt: »Der eigenen Apotheose Vorschub zu leisten, ist ein Akt künstlerischer Weitsicht.« 2 Das eine hängt mit dem anderen zusammen, denn bekanntlich stellen Referenzen auf eine anerkannte künstlerische Tradition nicht nur eine Verbeugung vor den Leistungen der, kanonisierten, anderen dar, sondern der gezielte Verweis auf Vorbilder dient auch einer strategischen Positionierung und Autorisierung des eigenen künstlerischen Werkes.3 In Büttners Abteilung der prägenden Verehrung wird etwa ein Dank an Frankreich entrichtet ( Danke Frankreich (für Monsieur Monet und Höhle Lascaux), 2017, Abb. S. 62), wo im Tal der Vézère die Begegnung mit der Frühgeschichte der europäischen Malerei in der Höhle von Lascaux und anderen Grotten möglich ist (Felsmalerei in der Höhle von Lascaux, Abb. A) – die Geschichte der Malerei ist mit der Menschheitsgeschichte tief verbunden. Und dort in Frankreich haben die impressionistischen Maler*innen im 19. Jahrhundert die Gips- und Zeichensäle der Akademien hinter sich gelassen, um sich den Eindrücken der Außenwelt, der Landschaft und der Stadt, dem Licht und dem Wetter, den Heuhaufen, den Kathedralen und dem Qualm aus den Schloten und Lokomotiven zu stellen. James Ensor erhält einen entomologisch maskierten Ehrenerweis, Picassos Ziege wird ein Bewunderer gegönnt (Hommage an James Ensor, 2020, Abb. S. 69, Ziege mit Bewunderer, 2004, Abb. S. 61). Besondere Würdigung erfährt René Magritte, nicht nur für seine Bildfindungen, sondern vor allem auch für seine bitterbösen, unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg gedichteten Flugschriften, die sich einer zynisch-derben, auf »Scheiß-«Verhältnisse gemünzten Sprache bedienen. Skatologisches adressiert Büttner auch zu Ehren von François Rabelais, ein Bild allerdings, welches eine plaisanterie rabelaisienne in einer überraschend disziplinierten, nahezu abstrakten Formensprache dissimuliert (Dr. Rabelais zu Ehren, 1994, Abb. B).