chilli – das Freiburger Stadtmagazin

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Was da wieder los ist: Ausstellungen, Events, Kino, Theater u.v.m 17.12.21-13.02.22

A u s g abe 12/21-02/22 2,8 0 Euro

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Ausgabe Dezember 21/Januar 22 18. Jahrgang / #172

VERSTECKT Die geheime Synagoge in Freiburg

VERTRACKT Tauziehen ums Ruefetto

VERTRAUT Ulrich von Kirchbach

über Kultur & Corona

VERREIST

Coole Trips für Kurzentschlossene

GEORGIA O'KEEFFE Fondation Beyeler 23.1. – 22.5. 2022

BIS 2038 KLIMANEUTRAL

Freiburger Rathaus startet überraschende Öko-Offensive

mit T H EM EN B U C H cultur.zeit



CHILLI EDITORIAL

VOM CHEFSESSEL GESCHUBST CHILLISTEN WÜNSCHEN SCHÖNE WEIHNACHTEN

Foto: © freepik.com

Liebe Leserin & lieber Leser, schon wieder ist ein Jahr vorbei und schon wie­ der war es eines, in dem Corona im Chefsessel der Aufmerksamkeit saß. Und die Gesellschaft fleißig spaltete. Mehr als 100.000 Menschen sind an oder mit dem Virus gestorben. Allein in Deutschland. Weltweit sind es 5,3 Millionen. Ärzte und Pfleger arbeiten auf den Intensivstationen längst jenseits der Belastungsgrenze; Patienten, die um ihr Leben ringen, werden in Flugzeugen zu freien Betten geflogen, und da draußen gibt es immer noch Hunderttausende, die quer – eigentlich ja eher schräg und schrill – denken, sich wortreich weigern, sich oder zu­ mindest andere zu schützen. „Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen“, schrieb Immanuel Kant 1784 in sei­ nem Aufsatz „Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung“. Wer aber das Rationale scheut, wer schon hinter den faktischen Zahlen die große Verschwörung wittert, dem ist mit Ver­ nunft nicht mehr beizukommen. Der ruft – na­ türlich ohne es zu begreifen – laut nach einer allgemeinen Impfpflicht. Dass Deutschlands neuer Kanzler Olaf Scholz eine solche Ende November als erster deut­ scher Politiker angesprochen hat, ist ein gutes Zeichen. Dass das neue Kabinett am 10. De­ zember eine solche zunächst nur fürs Personal in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen beschlossen hat, ist indes dann ein politisches

Eigentor, wenn nicht schnell auch eine allge­ meine kommt. „Entweder alle oder keiner“, hat auch Freiburgs Erster Bürgermeister Ulrich von Kirchbach uns im traditionellen Weihnachtsin­ terview gesagt. Punkt. Mehr zu Corona haben wir nicht im Blatt. Wir setzen andere Themen in die erste Reihe, kümmern uns etwa um die sehr ambitionier­ ten Pläne der Bürgermeisterbank, Freiburg bis 2038 bilanziell klimaneutral zu haben. Be­ suchen geheime Synagogen. Recherchieren rund ums kriselnde Ruefetto, schauen Freibur­ ger Forschern über die Schulter, die Teleskope bauen, die schon bald an die ISS andocken und weltweite Wasserkreisläufe mit Fakten beschreiben wollen. Statten dem Knastpfarrer einen Besuch ab. Wir möchten uns herzlich bei unseren Leserinnen und Lesern bedanken, bei unseren Werbetrei­ benden, die auch in schwierigen Zeiten auf ein qualitätvolles Stadtmagazin setzen und uns helfen, unverwechselbare Inhalte zu produzieren. Und ich möchte mich bei meinem Team bedan­ ken, das zusammenhält und vielen blattplaneri­ schen Unwägbarkeiten immer wieder trotzt. Die chillisten wünschen ein schönes, friedli­ ches Fest, einen guten Rutsch und einen hoffnungsvollen Start ins neue Jahr. Bleiben Sie, bleibt uns gewogen. Und gesund. Und zuver­ sichtlich.

Herzlichst, Ihr Lars Bargmann, Chefredakteur & die chillisten

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Foto: © Stadt Freiburg, Patrick Seeger

CHILLI INHALT

HEFT NR. 9/21 11. JAHRGANG

Foto: © Flink Press

Ausstellung

> 10-12 Mutiges Ziel: Oberbürgermeister

> 20-21 Bis zur Haustür: chilli testet

Martin Horn prescht in Sachen Klima vor

Lebensmittel-Lieferer Flink und Bringman

MUSEEN SETZEN AUF 360 GRAD

Musik FREIBURGS 12 BESTE TRACKS

Kino EIN OSCAR FÜR „DRIVE MY CAR“?

Literatur

IN EIGENER SACHE EDITORIAL

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GASTKOLUMNE VOLKMAR STAUB MEHR KOLUMNEN

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TITEL GEWAGTE OFFENSIVE

10-12

Die Stadtverwaltung will Freiburg bis 2038 klimaneutral machen. Dafür sollen 120 Millionen Euro fließen

SZENE IM GEHEIMEN

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Freiburg hat eine neue Synagoge – wo sie ist, wissen nur Eingeweihte KAFFEE & WEIN

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BERLIN LÄSST HOFFEN

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Café des Jesuitenschlosses hat neuen Pächter Die „Pianobar“ Ruefetto wäre gerne ein Club. Die Ampel­ regierung könnte helfen. IN DEN WELTRAUM

Freiburger Forscher bauen Teleskop für Raumstation ISS

IMPRESSUM chilli – Das Freiburger Stadtmagazin chilli Freiburg GmbH

Paul-Ehrlich-Straße 13, 79106 Freiburg fon / Redaktion 0761-76 99 83-0 fon / Anzeigen 0761-76 99 83-70 fon / Vertrieb 0761-76 99 83-83 www.chilli-freiburg.de

E-Mail für Online- / Printredaktion redaktion@chilli-freiburg.de

Geschäftsführerin (V.i.S.d.P.) Michaela Moser (mos): moser@chilli-freiburg.de

Chefredaktion

Lars Bargmann (bar): bargmann@chilli-freiburg.de

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DIE BÜCHER DES JAHRES

BUSINESS VORBILDCHARAKTER

Gutex baut „klimaneutrale“ Holzfaserdämmplatten-Fabrik für mehr als 100 Millionen Euro LIEFERN IN ZEHN MINUTEN

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20-21

IMPFPFLICHT, EXTREME UND LICHTBLICKE BÜRGERMEISTER ULRICH VON KIRCHBACH ÜBER KULTUR UND CORONA

> 45-57 cultur.zeit: News aus Freiburg zu Kultur, Musik, Literatur und Leinwand

Wie schnell ist Flink wirklich? Und was kann der Edeka-Lieferer Bringman? chilli macht den Härtetest

cultur.zeit

REISE

KULTUR

46-49

KINO

50-51

MUSIK

52-55

LITERATUR

56-57

STADT AUF PFÄHLEN

22-24

FÜNF ERDEN

26-28

Per Rad oder Boot: Das perfekte lange Wochenende in Amsterdam

Für Naturliebhaber: Ein Trip zu den malerischen Dörfern der Cinque Terre

SHOPPING AUSGEWÄHLTE ADRESSEN

29-33

Die besten Freiburger Geschäfte für originelle Weihnachtsgeschenke

KALENDER TIPPS UND TERMINE

Was geht wann und wo? Redaktion

Till Neumann (tln): neumann@chilli-freiburg.de Philip Thomas (pt): philip.thomas@chilli-freiburg.de Tanja Senn (tas): senn@chilli-freiburg.de Liliane Herzberg (herz): herzberg@chilli-freiburg.de Pascal Lienhard (pl): lienhard@chilli-freiburg.de

Kulturredaktion

Michaela Moser (mos): moser@chilli-freiburg.de Erika Weisser (ewei): weisser@chilli-freiburg.de Jennifer Patrias: jennifer.patrias@chilli-freiburg.de

Autoren

Reinhold Wagner, David Hamann (dh), Nathalie Baumgartner (nab)

Gastkolumnisten

Volkmar Staub, Ralf Welteroth

34-44

Interview mit Bürgermeister Ulrich von Kirchbach / Ausstellung „Biomedien“ im ZKM Karlsruhe / Freiburger Museen kreieren 360-Grad-Rundgang

Atemlose Story: Yusuke Hamaguchi erzählt seine ergreifende Geschichte / Kino- und Film-Tipps

Freiburgs Tracks des Jahres, 3 Fragen an Äl Jawala, CD-Tipps

Die Bücher des Jahres der chillisten

Lektorat Beate Vogt Grafik Miriam Hinze (Leitung),

Druck & Belichtung

Titel © Georgia O’Keeffe Museum / 2021, ProLitteris, Zurich Foto: Edward C. Robison III

cultur.zeit

cultur.zeit Titel © ZKM/

10. Februar 2022

Tatjana Kipf, Katharina Fischer, Sven Weis

Katrin Hochschuh und Adam Donovan

Bildagenturen iStock.com,

freepik.com, pexels.com, unsplash.com

Anzeigenannahme per E-Mail anzeigen@chilli-freiburg.de

Anzeigenberatung

Christoph Winter (Leitung), Jennifer Patrias, Giuliano Siegel, Fredrik Frisch, Marion Jaeger-Butt

Vertrieb

Hofmann Druck, Emmendingen

Themenbuch dieser Ausgabe

Nächster Erscheinungstermin Ein Unternehmen der Die im Magazin enthaltenen Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung außerhalb der Grenzen des Urheberrechts­gesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigung und Einspeicherung in elektro­nische Systeme. Gleiches gilt für den Nachdruck von uns entworfener Bilder u. Anzeigen.

Fredrik Frisch, frisch@chilli-freiburg.de

Druckunterlagenschluss Jeweils am 28. des Vormonats. Es gilt die Preisliste Nr. 13

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SCHWARZES BRETT

»IN DER DUNKELHEIT EIN HOFFNUNGSSCHIMMER« Foto: © Erika Weisser

Seit mehr als sechs Jahren ist Michael Philippi evangelischer Pfarrer in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Freiburg. Zuvor war der 61-Jährige, der aus Heidelberg stammt und auch schon in Frankfurt als Gefängnispfarrer wirkte, Hochschulpfarrer für die Freiburger Studierenden. Sein Schwerpunkt liegt auf der Seelsorge – und die ist gerade besonders gefragt. „Dass ich Theologe geworden bin, hat viel mit Lateinamerika zu tun. Ich war bereits als Schüler in der kirchlichen und politischen Solida­ ritätsarbeit für die von Militärdikta­ turen verfolgten Menschen in Chile und Argentinien aktiv und habe, als ich 1981 erstmals für ein Jahr dort war, Kirche ganz anders erlebt als Kirche hier. Die Befreiungstheologie und ihre nah an den Menschen orientierte Arbeit haben mich stark geprägt, noch vor meiner Rückkehr beschloss ich, Theologie zu studieren. Während des Studiums war ich dann auch mehrmals in Nicaragua, war 1987/88 in einem befreiungstheologi­ schen Zentrum in Managua tätig. Es war für mich immer klar, dass ich mit Menschen ar­ beiten wollte. Allerdings nicht für den Staat. Und in der Kirche habe ich eine andere Instanz über mir, die für die menschenfreundliche Weiterentwicklung menschenge­ machter Strukturen steht. Jetzt lebe und arbeite ich zwar in einem staatlichen System, doch als Pfarrer der Landes­ kirche bin ich an den Knast nur „ausgeliehen“, was für meine geistige Unabhängigkeit sehr wichtig ist. Denn im Strafvollzugssystem, das über einen Gefangenen praktisch alles dokumentiert, biete ich als Pfarrer Verschwiegenheit.

Die Einzelgespräche, in denen es um private Dinge, oft um Trennung, um die Bearbeitung der eigenen Ge­ schichte und der Taten, um persönli­ che Verantwortung und manchmal auch um Gott und religiöse Fragen geht, unterliegen einer Art Beichtge­ heimnis. Anders als Psycholog·innen und Sozialarbeiter·innen muss ich kei­ ne Beurteilung abgeben. Dadurch bin ich auch eher der Ansprechpartner für die Unzufriedenheit und den Frust in der totalen Institution JVA, für Ängste und Resignation. Das ist auch jetzt in der Weih­ nachtszeit spürbar, die für die Ge­ fangenen wegen der rigorosen Besuchs- und Kontaktbeschränkungen durch Corona nun schon das zweite Mal noch einsamer und schwieriger ist als ohnehin. Manche versuchen zwar, sich emotional ab­ zuschotten, doch bei vielen ist spürbar, dass die Nerven blank liegen. Früher waren die Weihnachtsgottesdienste, die wir an Heiligabend feiern, immer voll. Es konnten ja noch Menschen von draußen und Musiker·innen dabei sein. Jetzt ist die Teilnehmerzahl auf 40 beschränkt, und es darf niemand von außen hereinkommen. Dabei wollen wir gerade in diesen Zeiten zumindest punktuell eine andere, angenehme Atmosphäre schaffen, einen festlichen Anders-Ort, der mit Kerzen, Musik und Worten ausdrückt, dass auch die Gefangenen Mensch sind. Das Weihnachtslicht hat das Potenzial, zumindest einen bescheidenen Hoffnungsschimmer in die Dunkel­ heit eines geschlossenen Systems zu bringen. Denn Frie­ den ist uns allen zugesagt.“ Aufgezeichnet von Erika Weisser

Fundstück im schönen Haslach und ein gefundenes Fressen für arbeits­ wütige Pneumologen oder Teilnehmer der „Fill the Bottle-Challenge“, wo­ nach weggeworfene Zigarettenstum­ mel in Flaschen gesammelt und ent­ 6 CHILLI DEZEMBER 2021/JANUAR 2022

Foto: © pt

RAUCHZEICHEN sorgt werden. In beiden Fällen bleibt bei so viel Gewissenhaftigkeit bei der Müll­entsorgung die Luft weg. Immer­ hin kann eine einzige Kippe laut Na­ turschutzbund bis zu 60 Liter saube­ res Grundwasser verunreinigen. pt


SCHWARZES BRETT

HÜBSCH, ABER HUNGRIG

NACHGEWÜRZT! NEUSTART

Foto: © tln

Der flotte Dreier steht. Rot, Grün und Gelb bilden die erste Bundesre­ gierung aus drei Parteien. Anfang des Jahres hatte ich noch gehofft, die Grünen könnten stärkste Partei werden und Anna-Lena Kanzlerin, aber das hat Anna-Lena höchstselbst verbaerbockt. Jetzt halt diese seltsame Ampel: Oben rot, dann grün und dann gelb. Wann soll man da losfahren? Gestartet sind sie und wollen zügig vorankommen. Das klingt nach Vollgas im Leerlauf. Komisch war: Zu Beginn der Sondierungen trafen sich zunächst nur die Liberalen und die Grünen. Ich dachte: Wollen da zwei Schwänze mit dem Hund wedeln? Klar war aber auch: Ein Scholzomat lässt sich nicht zum Am­ pelmann machen. Einfach ist so eine Dreifach-Kopulation nicht. Die Grünen wollten die Steuern erhöhen, wenigstens für die Reichen, die Liberalen die Steuer senken, und Scholz sagt: Wenn einer steuert, dann ich. Die SPD steht für soziale Gerechtigkeit, die FDP für soziale Ungerechtigkeit, vermutlich treffen sie sich bei sozialer Gleichgültig­ keit. Immerhin ist der Mindestlohn von 12 Euro vereinbart. Ärgerlich für die Grünen war der Zugriff der FDP auf das Verkehrsmi­ nisterium, aber die FDP hat ja schon immer verkehrte Politik gemacht. Der neue Minister Volker Wissing hat als erste Amtshandlung nichts anderes zu tun, als Steuererleichterung für Dieselfahrer anzukündi­ gen. Für eine selbst ernannte Klimaregierung ein mutiger Schritt. Man darf gespannt sein, wie Anna-Lena als Ministerin des Äußersten den Erdogans, Putins und Lukaschenkos gegenübertritt. Cem Özde­ mir darf Landwirtschaftschef werden, und der linke Anton musste vom Hof reiten. Wie die Vorgängerin Julia Klöckner hat sich der Vega­ ner Cem das Tierwohl auf die Fahne geschrieben, die Fahne hat er von der Julia und die hatte sie noch aus der Zeit als Weinkönigin. Das schwerste Amt übernimmt Karl Lauterbach. Aber ich bin zuversicht­ lich: Er wird die blöden Viren notfalls einfach totquasseln. In Anlehnung an Willy Brandts „Mehr Demokratie wagen“ und Schrö­ ders „Mehr Volkswagen“ hat sich die Ampel das Motto „Mehr Fort­ schritt wagen“ gegeben. Na, dann bewegt euch mal und schreitet fort. Die üblichen 100 Tage Schonfrist seien euch gegönnt. Für etwas Feuer im Hintern eine scharfe Schote! Herzlichst, Volkmar Staub

Nur rund einen Zentimeter groß ist der Ja­ pankäfer. Trotzdem macht der gefräßige Schönling mit seinem gewaltigen Appetit Landwirten große Sorgen. Er kann Obst­ bäume, Erbeeren, Bohnen, Wein und vieles mehr befallen. Rund 300 Pflanzen stehen auf seinem Speiseplan. Bisher kannte man den grün glänzenden Käfer nur aus dem Ausland. Ursprünglich kommt er aus Japan und Nord­ china. Im Raum Mailand und auf den Azoren ist er bereits bekannt. Im November ist er nun erstmals in Deutschland gefangen wor­ den – und zwar in Freiburg beim Güterbahn­ hofareal (das chilli ist nebenan). Der illegale Einwanderer tappte in eine Pheromonfalle. Man darf hoffen, dass er alleine gekommen ist. Sonst könnte uns Popillia japonica noch einige Probleme bereiten. Die EU hat bereits einen bösen Begriff für ihn gefunden: Priori­ tärer Unionsquarantäneschädling. tln

Foto: © Recup

DAS IST DER NEUE

Volkmar Staub, geboren in Lörrach, lebendig in Berlin, vergibt im chilli die Rote Schote am goldenen Band.

Foto: © Privat

Er kam, sah und machte Wirbel: Der Freiburg­Cup hat seit 2016 hohe Wellen ge­ schlagen. Er war zwar nicht hübsch, dafür aber ein nachhaltiges Mehrweg-Becher-Sys­ tem. Viele Freiburger und Auswärtige haben das kultige Ding geholt und nie zurückge­ geben. Jetzt ist er Geschichte: Mit Recup hat das Rathaus ein neues Mehrwegsys­ tem eingeführt. Der Anbieter aus München stellt neben Bechern auch Schalen für das Essen zum Mitnehmen. Für die ersten 60 Gastronomen, die einsteigen, gibt’s einen Zuschuss. Der Pfand ist gestaffelt: Für den Becher fällt ein Euro an, für die Schale sind es fünf. Bis Ende 2022 kann der FreiburgCup noch abgegeben werden. tln

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TITEL KLIMAWANDEL

GEWAGTE OFFENSIVE RATHAUS WILL ZWÖLF JAHRE FRÜHER KLIMANEUTRAL SEIN

Erst im vergangenen Jahr hat die Stadtspitze prüfen lassen, wie Freiburg 2035 klimaneutral werden könnte. Ihre Erkenntnis: Unmöglich, wir bleiben bei 2050. Jetzt setzen die Verantwortlichen zum Sprint an. Schon zwölf Jahre früher (2038) will Freiburg eine bilanzierte Ökonull vorweisen. Klappen soll das mit einer Klimaschutzoffensive. Darin stecken viel Geld, ein Beirat und Druck auf Land und Bund. Selbst Klimaaktivisten sind beeindruckt. Der Protest von der Straße wird dennoch wachsen.

Illustrationen: © freepik.com

Till Neumann, Philip Thomas & Pascal Lienhard

„Wir verabschieden uns vom Möglichen hin zum Nötigen“, sagt Freiburgs Oberbürgermeister Martin Horn. Der Satz hat’s in sich, beinhaltet er doch den Kern des Problems: Es ist nicht möglich, aber wir versuchen es trotzdem. Gesagt hat ihn der 37-Jährige bei der Vorstellung der „Klimaschutzoffensive“ im November. Die Pressekonferenz ist ein Paukenschlag: Um ganze zwölf Jahre schiebt die Stadtverwaltung ihr Klimaziel nach vorne. Aus 2050 wird 2038. Gelingen soll das vor allem mit viel Geld. 120 Millionen Euro will das Rathaus bis 2028 einsetzen. 72 Millionen kommen mit einem Zukunftsfond Klimaschutz aus dem städtischen Haushalt. Weitere 48 Millionen sollen über Fördertöpfe akquiriert werden. Abrufen können das Geld allein Ämter, Eigenbetriebe und Gesellschaften mit städtischer Beteiligung. Ziel ist, den CO2-Verbrauch signifikant zu senken. Über sechs Jahre je zwölf Millionen Euro zu veranschlagen, findet Horn enorm. Gleich drei Doppelhaushalte werden damit belastet. „Eine kommunale Kraftanstrengung“, betont der OB. Doch er ist überzeugt: „Die Zeit läuft gegen uns, wir brauchen mehr Geschwindigkeit.“

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Umweltbürgermeisterin Christine Buchheit teilt seine Meinung: „Klimaschutz braucht politischen Willen – und es braucht Investitionen.“ Dass der Fonds auf sechs Jahre angelegt ist, verschaffe Planungssicherheit und Perspektive. „Wenn wir nicht handeln, wird es teurer“, sagt die Bürgermeisterin. Gerade Freiburg sei vom Klimawandel beson-

GEFAHR FÜR WINZER ders betroffen: „Am Tuniberg bekommen wir bei Wein- und Obstanbau noch in diesem Jahrhundert Schwierigkeiten. Wir haben Druck und wollen handeln.“ Zweiter Teil der Offensive ist ein Fachbeirat. Die Verwaltung besetzt ihn mit Vertreter·innen aus Wissenschaft und Forschung. Sie sollen jeden Antrag für Geld aus dem Zukunftsfonds bewerten. Wichtigstes Kriterium soll das CO2-Einsparpotenzial pro eingesetz-

tem Euro sein. Einen „CO2-Check“ nennt Buchheit das. Weitere Kriterien seien etwa Innovations- und Bildungspotenzial oder Öffentlichkeitswirksamkeit. Die ersten Förderanträge können 2022 eingereicht werden. Antragsberechtigt ist als städtische Tochter auch die Freiburger Verkehrs AG (VAG). „Die VAG begrüßt alles, was zu mehr Klimaschutz führt“, lobt Sprecher Andreas Hildebrandt. Ideen für Förderprojekte hat er bereits: „Wir denken zum Beispiel über die Umstellung auf LED-Beleuchtung in unseren Werks- und Abstellhallen und in der Verwaltung nach.“ Auch der Ausbau von Photovoltaik-Anlagen sei interessant. Die VAG selbst will bis 2035 klimaneutral werden. Auch die Abfallwirtschaft und Stadtreinigung Freiburg (ASF) möchte das schaffen. „Bei diesem Vorhaben sind wir natürlich auch auf Investitionszuschüsse aus


TITEL KLIMAWANDEL

verschiedenen Fördertöpfen angewie­ sen“, erklärt Sprecher Peter Krause. Er sei daher sicher, dass auch die ASF den Fonds der Klimaschutzoffensive anzap­ fen werde. Ähnliches lässt die Freibur­ ger Stadtbau (FSB) verlauten. Genug Arbeit also für den Fachbeirat. Dessen Zusammensetzung will das Rathaus im Frühjahr bekannt geben. Er soll dem Gemeinderat die Arbeit erleichtern, der über die Gelder aus dem Zukunftsfonds entscheidet. Ein externes Gremium sei im Rat schon häufiger gewünscht worden, erklärt Buchheit. Klaus von Zahn, der Leiter des Freiburger Umweltschutzamts, er­ gänzt, warum der zentrale CO2-Check entscheidend sei: „Das Einsparpoten­ zial ist nicht einfach zu sehen, viele rechnen da anders.“ Jetzt sollen die Vorhaben mit einer einheitlichen Be­ rechnungsgrundlage „durch eine Stel­ le geschleust werden“. Die 48 Stadträt·innen hat das über­ zeugt: Sie haben die Klimaschutzof­ fensive Ende November mit nur einer Gegenstimme angenommen. Im Pa­ ket mit einem „Masterplan Wärme“ und der Einrichtung eines „Klimabür­ gerrats“. Er kenne keine andere Kom­ mune, die mit so einer Summe ein Zei­ chen setze, lobte beispielsweise Walter Krögner von der SPD/Kulturliste. Der Stadtrat zog einen Vergleich zum neu­ en Kanzler: „Olaf Scholz würde sagen: Wir versuchen es mit Wumms.“ Den Bazooka-Effekt erhofft sich auch Martin Horn: „Die Offensive ist ein Ap­ pell an Land und Bund.“ Auf dem Weg zur Klimaneutralität habe die Kommu­ ne nur ein Drittel selbst in der Hand. „20 Prozent der Entscheidungen liegen beim Land, 50 Prozent beim Bund“, rechnet Horn vor. „Wir wissen, wir kön­ nen es faktisch alleine nicht erreichen, aber wir versuchen es in dem Drittel.“ Zwei zentrale Aufgaben nennt Buch­ heit: „Wir müssen den Energiever­ brauch drosseln und Gebäude moder­ nisieren.“ Konkrete Projekte gebe es genügend, rund 140. Entscheidend sei jetzt deren Umsetzung. Doch genau

dafür fehlten dem Rathaus die Mittel. „Das Geld liegt auf der Straße, aber wir haben nicht genügend Leute, um es abzurufen“, klagt Buchheit. Auch von Zahn sieht das so: „Die Fördermöglich­ keiten sind gut.“ Doch nicht alles wer­ de abgegrast. Dass es viel Geld und Mut brauchen wird, kann Christoph Kost vom Fraun­ hofer Institut für Solare Energiesys­ teme (ISE) in Freiburg bestätigen. Mit der Studie „Wege zu einem klimaneu­ tralen Energiesystem“ ist er der Frage nachgegangen, wie sich gesellschaft­ liche Trends auf das Erreichen der Kli­ maziele auswirken. Vier Szenarien hat er für die Energiewende genutzt: Be­ harrung, Inakzeptanz, Suffizienz und Referenz. Sie sehen Widerstände der Bevölkerung gegen neue Techniken im Privatbereich oder den Ausbau größe­ rer Infrastrukturen vor. Aber auch, wie es gehen könnte, wenn sich das Ver­ halten positiv entwickelt und die Rah­

»GELD LIEGT AUF DER STRASSE« menbedingungen günstig sind. Was passiert, wenn die Menschen nicht bereit sind für E-Mobilität und weiter auf Verbrenner setzen? Was wenn sie im Heizkeller lieber Gas- oder Ölkessel betreiben als eine Wärmepumpe? Die Studie blickt auf Deutschland mit dem Ziel Klimaneutralität 2045. Sie zeigt: Bei allen vier Szenarien ist die Energiewende zu schaffen. Die Kosten­ spanne ist gewaltig: Im günstigsten Fall belaufen sich die Mehrkosten auf

440 Milliarden Euro. Im ungünstigsten sind es 2330 Milliarden. Also mehr als das Fünffache. Die Differenz hat selbst den Forscher überrascht. Die Zahlen sind gewaltig, findet Chris­ toph Kost. Doch er sagt: „Es lohnt sich, jetzt zu investieren.“ Langfristig werde es dann günstiger. Ob die Bevölkerung für den Umbruch bereit sei? „Es ist ein extremer Wandel nötig, das haben viele noch nicht realisiert“, sagt der 39-Jährige. Vorreiter seien nötig. Das Ziel 2038 der Stadt Freiburg findet er „ambitionierter als ambitioniert“. Wie Energie auf ungewöhnlichem Wege gespart werden kann, hat ein weiterer Forscher des ISE gerade in Freiburg vorgestellt: Pascal Blank möchte landwirtschaftlich genutzte Flächen für die Stromerzeugung ver­ wenden. „In Agri-Photovoltaik steckt Riesenpotenzial“, betont Blank bei einem Event des Fördervereins Ener­ gie- und Solaragentur Regio Freiburg (FESA) im Dezember. Acker wird prak­ tisch doppelt genutzt, indem Sonnen­ paneele bis zu fünf Meter etwa über Weizenfelder montiert werden. Flächen wären vorhanden: Knapp die Hälfte der Bundesrepublik (47 Prozent) werden landwirtschaftlich genutzt. Nur rund vier Prozent dieser Fläche würde laut Blank ausreichen, um den aktuellen Strombedarf in Deutschland (rund 500 Gigawatt) durch Agri-PV zu decken. Zusammen entwickelten Pflan­ zen und Paneele nützliche Synergieeffekte: Die PV-An­ lagen schützen die Ernte vor starker Sonne oder Ext­ remwetter-Ereignissen wie Hagel. Die Pflanzen unter den Modulen wiederum bildeten ein kühlendes Mikroklima, das auch leistungssteigernd 

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TITEL KLIMAWANDEL

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milch Freiburger Wohnungen heizen. Bis zu 5000 Personen sollen davon ab 2024 profitieren. Die Aktivisten von Fridays for Future sehen die Dynamik und begrüßen den neuen Vorstoß. „Wir sind mit der Klimaschutz­offensive grundsätzlich zu­ frieden“, sagt Sprecher Lukas Gress. Er betont: „Es kommt nicht so oft vor, dass wir Lob aussprechen für politische Ziel­ setzungen.“ Dass mehr Geld zur Verfü­ gung stehe, sei positiv. Genau wie der Expert·innenrat. Entscheidend sei jetzt, dafür die richtigen Personen zu finden, die unabhängig die Anträge bewerten. „Wir werden da genau hinschauen“, sagt der 18-Jährige. 130 Maßnahmen für mehr Klima­ schutz hat die Freiburger Gruppe schon 2019 ans Rathaus gerichtet. Sie fordern unter anderem mehr Photovoltaikan­ lagen auf Freiburger Schulen. Auch die Wärmeversorgung müsse umgebaut werden. „Wir haben 93 Prozent fossile Wärme in Freiburg“, bemängelt Gress. Die Stadt sieht er jetzt in einer Vorreiterrol­ le. Tatsache sei aber: „Alle Kommunen in Deutschland sind weit hintendran.“ Ausruhen sei nicht angesagt: „Wir wollen weiter Druck machen“, sagt der Klimaaktivist. So geht es auch der Gruppe Klimaent­ scheid Freiburg. Sie will, dass Freiburg 2035 klimaneutral wird und einen Kli­ maentscheid erwirken. „Wir begrüßen es sehr, dass sich die Stadt ambitio­ niertere Ziele setzt“, sagt Sprecher Ju­ lian Kolbe. Diese seien auch dringend notwendig, wenn man sich den bishe­ rigen CO2-Reduktionspfad anschaue. In allen Bereichen muss schneller ge­ handelt werden: „Das betrifft sowohl die Strom- und Wärmeversorgung mit Erneuerbaren Energien als auch ein Umdenken beim Verkehr und Bauen.“ Im Rathaus dürfte man nicht bestrei­ ten, dass die zunehmenden Klimapro­ teste ihren Anteil an der neuen Offen­ sive haben. Martin Horn sieht keinen Wettstreit zu anderen Städten oder Verwaltungsebenen. Er konstatiert den­ noch: „Der Bund will 2045 klimaneutral sein, das Land im Jahr 2040. Es wäre bemerkenswert, wenn die Green City dann bei 2050 verharrt.“

SELTENES LOB DER AKTIVISTEN

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Fotos: © Badenova, Patrick Seeger, Stadt Freiburg, Fraunhofer Institut

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 wirke: „Bei Temperaturen jenseits der 25-Grad-Marke sinkt der Leistungs­ grad von Photovoltaik-Paneelen um 0,4 Grad je weiterem Grad.“ Aktuell müssen solche Anlagen noch aus eigener Tasche gezahlt werden. Zwar betreibt der Energieversorger Ba­ denova seit Februar ein mit 21.380 Euro gefördertes Projekt „Viti-Photovoltaik“ in der Weinbauregion Kaiserstuhl, „För­ derung gibt es sonst jedoch noch nicht“, so Blank. Doch das könnte sich bald än­ dern. Die neue Regierung will Agri-Pho­ tovoltaik stärken. Auch die Badenova zeigt, dass der Zukunftsfonds zünden kann. Sie arbei­ tet mit dem Innovationsfonds für Kli­ ma- und Wasserschutz schon seit 20 Jahren erfolgreich. „Der Fonds hat seit dem Start im Jahr 2001 rund 33 Millio­ nen Euro Fördermittel für 312 Umwelt­ projekte bereitgestellt“, sagt Nach­ haltigkeits-Referentin Angela ­Hinel. Investitionen von 150 Millionen Euro seien dadurch in der Region angeschoben worden. Die 27-Jäh­ rige ist überzeugt: „Der Multiplikato­ ren-Effekt kann eine große Wirkung ent­ fachen.“ Auf ein großes Projekt hat sich die Ba­ denova-Tochter Wärmeplus eingelas­ sen. Um den Anteil erneuerbarer Ener­ gien am Wärmeverbrauch zu erhöhen, soll in der Region die Tiefengeothermie gefördert werden. Dafür wird aktuell ein Potenzialgebiet erkundet. Die Ba­ denova-Tochter ist vor allem um eine transparente Kommunikation bemüht. Schließlich ist vor allem die Katastrophe in Staufen, wo Bohrungen zu Hebungs­ rissen geführt haben, nicht vergessen. In öffentlichen Veranstaltungen erklä­ ren die Verantwortlichen mit Unterstüt­ zung von Wissenschaftlern, weshalb die geplante hydrothermale Tiefengeother­ mie sicher ist. Klaus Preiser, technischer Geschäftsführer der Wärmeplus: „Das Potenzial der Erdwärme ist in mensch­ lichen Dimensionen gerechnet quasi unerschöpflich.” Große Hoffnungen ruhen im Rathaus auch auf dem Wärmenetz 4.0 – eben­ falls in Kooperation mit Wärmeplus. Mit dem 36 Millionen Euro teuren Großpro­ jekt soll Abwärme der Schwarzwald­


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SZENE SYNAGOGE

Im Verborgenen: Diese Synagoge in Freiburg wird vor Angriffen geschützt.

IM GEHEIMEN

WARUM DIE NEUE FREIBURGER SYNAGOGE AN EINEM UNBEKANNTEN ORT IST

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Foto: © tln

m September hat die Egalitäre Jüdische Gescher-­ Gemeinschaft in Freiburg feierlich ihre Synagoge eröffnet. Doch wo sie ist, geben die Verantwortlichen nur vertrauenswürdigen Personen bekannt. chilli-Redakteur Till Neumann hat sich den gut gesicherten Gebetsraum angeschaut. Von außen ist nichts zu erkennen. Doch in diesem Wohn­ gebäude irgendwo in Freiburg ist eine Synagoge. Nur ein kleines Schild an der Haustür zeigt Ein­ geweihten, wo es langgeht. „Wir sind an­ onym und nicht anonym“, erklärt Sylvia Schliebe und öffnet die Tür. Rein geht’s in die Büroräume des gemeinnützigen Ver­ eins Egalitäre Jüdische Chawurah Gescher. Dort liegen Flyer und Broschüren aus, die 61-Jährige hat einen festen Arbeitsplatz für Adminis­tration und das aktuelle Bildungsprojekt „Jüdisch für Alle“. Der

Grund, warum die Adresse geheimgehalten wird, liegt eine Etage tiefer. Über eine Tür und eine Treppe geht es dorthin: zur Synagoge. Dort steht eine blaue Bima (der Altar) vor einem verzierten Toraschrank mit Rollen. Sie zeugen von vielen Jahren ohne feste Bleibe. Immer freitags konnten sie bislang in der Vauban in einer Kirche feiern – dazu wurde der Schrank reingerollt. „Wir haben sieben, acht Jahre lang intensiv gesucht“, erzählt Schliebe. Als gemeinnütziger Verein sei es schwer gewesen, etwas zen­ tral Gelegenes zu finden. „Freitagabend am Stadtrand zur Synagoge zu laufen, das ist nicht gut für das Sicherheitsge­ fühl“, sagt Schliebe. Jetzt sind sie endlich in Freiburg fündig geworden. An den Sicherheitsvorkehrun­ gen ändert das jedoch nicht viel: Schon im Quartier Vau­ ban waren bei Gescher-Veranstaltungen Polizisten um die

POLIZEI SCHÜTZT GLÄUBIGE

MEINE SORGEN KEIN SCHÖNER LÄND

Wer seine Wohnung kürzlich verlas­ sen hat, kann den Staatsstreich be­ zeugen: Wir wohnen nicht mehr in Baden-Württemberg. Ab sofort leben wir in „THE LÄND“. Das zumindest propagierten plötzlich aufgetauchte Plakate von sämtlichen Publicitymög­ lichkeiten im Brave New Bundesland. Tapeziert wurde der neue Landes­ claim in feinster Guerilla-Manier so­ gar entgegen der hiesigen Straßen­ verkehrsordnung. Diese untersagt eigentlich „jede Werbung und Propa­ 14 CHILLI DEZEMBER 2021/JANUAR 2022

ganda“ außerhalb geschlossener Ort­ schaften. Aber wozu ist man schließ­ lich Staatsministerium. Bloß warum hängt die Beamten-Be­ schäftigungstherapie aus vibrierenden Versalien und grenzdebilem Gelb aus­ gerechnet hier? Wer soll hier angewor­ ben werden? Wir wohnen doch längst im gelobten „LÄND“. Bitte verstehen Sie mich aber nicht falsch – die Promotion, passend immerhin zum kürzlich ge­ kürten Jugendwort des Jahres „cringe“ (peinlich), kann gerne unter uns bleiben.

Auf den alten Slogan, die Beich­ te, „Wir können alles. Außer Hoch­ deutsch“ folgt mit „THE LÄND“ nun das Eingeständnis: „Wir können au­ ßerdem weder Deutsch noch Eng­ lisch.“ Dabei wollte die Kampagne doch eigentlich hartnäckige Klischees um Kehrwoche und Co. entkräften. Immerhin: Bei Kosten von mehr als 20 Millionen Euro kann zumindest nie­ mand mehr behaupten, der Südwes­ ten sei geizig. Philip Thomas


SZENE KOLUMNEN

IN & OUT Höher, schneller, weiter. Superlative kommen nie aus der Mode. chilli-Trendchecker Philip Thomas verrät, welche Bestmarke Freiburger·innen nun schon wieder ­geknackt haben und welches Unterfangen rekordverdächtig in die Hose ging.

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REKORDE BRECHEN

Trotz ­durchschnittlicher 3495 Gramm und 51 Zen­ timeter: Die kleine Anna Carlotta ist ein echtes Rekord­b aby. Es war die zweitausendste Geburt im Freiburger Uniklinikum, sie erblickte am 30. November das Licht der Welt – so oft in einem Jahr kam der Storch noch nie dorthin. Dabei steuert Meister Adebar den Breisgau immer öfter an: 2018 gab es im Uniklinikum 1847 Geburten, 2019 kamen 1856 Babys zur Welt, vergangenes Jahr verließen 1939 Kids den Kreißsaal. Ob der lange Winterlockdown zum diesjäh­ rigen Kinderglück beigetragen hat? „Schwer zu sagen“, so Ingolf Juhasz-Böss, Direktor der Klinik für Frauenheilkunde.

Eine Synagoge steht bereits in der Stadt. Das Gebäude der Israelitischen Gemeinde an der Nußmannstraße, nicht weit vom Münster entfernt. Dass es nun eine zweite gibt, ist selbst Anwohnern nicht klar. Nachbarn sagen Schliebe: „Hier gibt’s keine Synagoge.“ Die Frau vom Vereinsvorstand antwortet dann: „Doch, ich kann es beweisen.“ Halböffent­ lich nennt sie die Veranstaltungen hier. Beispielsweise war der jüdische Rapper Ben Salomo da. Sein Kommen durfte die Gemeinde erst eine Woche später bekanntgeben. Auch der Landes-Antisemitismusbeauftragte Michael Blume hat ihnen einen Besuch abgestattet. Gut vorstellen könnte sich Schliebe auch einen Synago­ gen-Neubau. Gegen einen zentralen Ort wäre nichts ein­ zuwenden. „Auf dem Platz der Alten Synagoge würde es passen“, sagt Schliebe. Die Grundrisse der 1938 zerstörten Synagoge seien ausreichend. Möglich wäre dann auch, dass eine Rabbinerin dort tätig ist. Denn bei der Egalitären Jüdischen Gemeinde können Frauen alle Rollen einneh­ men. Deren Gleichstellung ist bei der Gemeinschaft zent­ ral. Geheim wäre der Ort dann nicht mehr – aber besser zu sichern als ein Wohngebäude. Till Neumann

OUT

EINBRECHEN

Wer ohne Jacke im Winter vor die Tür geht, der friert. Wer seine Jacke samt Aus­ weis im Winter bei einem Einbruch zurücklässt, dem geht der Arsch auf Grund­eis. Cool blieb derweil der Be­ wohner eines Mehrfamili­ enhauses in ­Freiburg-Lehen, der zuerst klirrende Geräu­ sche und schließlich einen fremden Mann im Treppen­ haus bemerkte. Als der mutmaßliche Einbrecher prompt zum Tatort zurück­ kehrte, um seine dort vergessenen Papiere zu holen, lief dieser dem Hausbewohner in die Arme. Diesmal hielt der Bewohner den 20-Jährigen bis zum Eintreffen der Polizei fest. Foto: © Nachweis

Hat „deftige Sachen“ erlebt: Sylvia Schliebe von Gescher Freiburg.

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Foto: © tln

Foto: © Universitätsklinikum Freiburg

Ecke. Auch bei den Events hier braucht es Sicherheitsbe­ amte. Für die neuen Räume hat das Landeskriminalamt ein Sicherheitsgutachten erarbeitet. Die Kosten für die einzubauende Technik gegen Übergriffe zahlt anteilig das Innenministerium. Dennoch will sich die Gemeinde mit etwa 70 Mitglie­ dern nicht verstecken: „Die Frage gibt es, ob wir ein rich­ tiges Schild draußen befestigen“, erzählt Schliebe. Bisher ist das nicht geschehen, denn die Sorge vor Übergriffen ist da. „Ein Anschlag ist jederzeit möglich“, sagt Schliebe. Dass Freiburg in Sachen Antisemitismus besser als andere Städte ist, sei ein Mythos: „Ich habe einige deftige Sachen erlebt, auch da, wo man es nicht vermutet.“ Mit ihrem Team will Sylvia Schliebe jüdische Diversität ver­ mitteln. Das Bildungsprojekt „Jüdisch für Alle“ bietet Ver­ anstaltungen für 5- bis 25-Jährige jeden Glaubens. Kürzlich hat Schliebe spontan eine Freiburger Schülergruppe in die Synagoge eingeladen. Auch Online-Gottesdienste für Kin­ der und Jugendliche sind Teil des Programms.

DEZEMBER 2021/JANUAR 2022 CHILLI 15


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Schnitzel um die Ecke

Eine Handvoll Gerichte, keine Frit­ teuse, nur eine einzige Speisekar­ te – es sind unübliche Merkmale, die das Freiburger Kult-Gasthaus „Zum Ochsen“ auszeichnen. Bei den Gästen kam das trotzdem gut an. Nun schließt das Lokal. Der Grund: Das denkmalgeschützte Gebäude muss saniert werden. „Das stimmt mich schon ein bisschen wehmü­ tig“, erzählt Besitzer Michael Win­ terhalter. Die gute Nachricht: Vor­ aussichtlich ab März geht’s weiter – nur rund 300 Meter weiter. An der Reutebachgasse übernimmt Winterhalter die Zähringer Burg. Das Konzept bleibt gleich, auch die Preise bleiben bestehen. Neu hin­ gegen ist die Einrichtung der frisch renovierten Zähringer Burg sowie die Küche, diese sei deutlich größer und außerdem lichtdurchflutet, er­ zählt der 63-Jährige. „Jetzt geht es für mich auf zu neuen Ufern. Ich freue mich.“ herz

Leckereien vor dem Kick

Ein Menü in einem Fußballstadion zaubern – dieser Aufgabe haben sich Daniel Fehrenbacher vom Hotel-­Restaurant Adler in LahrReichenbach und sein Endinger Kolle­ ge Thomas Merkle gestellt. Sie ver­ wöhnen – wie einige andere Köche – bei Heimspielen des SC Freiburg die Besucher·innen. Das Wirkungs­ gebiet des Duos: der VIP-Bereich. Fehrenbacher und Merkle haben im alten SC-Stadion Erfahrung ge­ sammelt. Mit ihrem Team Menüs bei einem Sportevent zu kochen, ist natürlich etwas anderes als in einem Restaurant, berichtet Fehren­ bacher. „Da muss alles flott gehen“, berichtet er. Natürlich habe es noch Kinderkrankheiten gegeben. „Aber bisher sind wir sehr zufrieden.“ pl 16 CHILLI DEZEMBER 2021/JANUAR 2022

Fotos: © herz, Katrin Lautenbach

SZENE GASTRONEWS KOLUMNEN

»EINE BESONDERE HANDSCHRIFT« CAFÉ IM JESUITENSCHLOSS HAT NEUEN MIETER

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wei Jahre stand das Café im Jesuitenschloss leer. Seit Juni ist Krenar Goduni neuer Pächter. Dem Barista gehört bereits das Café Vikrego an der Salzstraße, im neuen gleichnamigen Café am Schönberg will der 53-Jährige neben badisch-mediterraner Küche vor allem mit wertvollen Weinen und edlem Kaffee punkten. Mehrere Monate stand Goduni mit seinem Kaffee-Mobil vor dem Jesu­ itenschloss und beobachtete das leerstehende Restaurant. Schließlich bewarb er sich für die Räumlichkeit und stach mehrere Konkurrenten aus. „Wir freuen uns sehr darüber, dass Herr Goduni eine saisonale und re­ gionale Karte anbietet, die vor allem die vielen Ausflügler rund um das Jesuitenschloss anspricht“, sagt Thea Geiger vom Fachbereich Bau und Im­ mobilien der Freiburger Stiftungsver­ waltung. Für mindestens fünf Jahre ist er dort Pächter und will fortan das Jesuitenschloss mit seinem gastrono­ mischen Angebot beleben. Das besteht vor allem aus Spezialitä­ tenkaffee sowie ausgewählten Tee- und Weinsorten – in erster Linie denen des Stiftungsweingutes. „Das sind wunder­ bare Getränke. Mit etwas Abstand und Wasser dazwischen passen sie auch gut zusammen“, erzählt der 53-Jährige.

Bei den Gerichten fahre er seit der Eröff­ nung zwar auf Sicht und habe erst mal nur eine kleine, saisonale badisch-medi­ terrane Karte im Angebot, das sei aber nur am Anfang so: „Ich bin noch lange nicht fertig, fürs nächste Jahr ist viel ge­ plant.“ Etwa Veranstaltungen wie Grill­ abende oder mediterrane Wochen mit Tapas. Auch Flammkuchen, Pizza und Brunchangebote sollen dann auf der Speisekarte zu finden sein. Außerdem steht noch die Neugestaltung des Ca­ fés an, „ich habe alles erst mal schlicht eingerichtet, weil ich aufmachen woll­ te“, erklärt Goduni. Dass es mehrere Besitzerwechsel vor seiner Zeit gab, schreckt den gelernten Barista-Kaffeemeister nicht ab. Das seien spannende Herausforderungen: „Es braucht eine besondere Hand­ schrift. Ich will jetzt Wärme in den Be­ trieb bringen.“ Auch der Winter mache Goduni keine Angst: „Ich starte klein und mit viel Leidenschaft, die Zeit wird es schon zeigen.“ Liliane Herzberg

ÖFFNUNGSZEITEN > Mittwochs, donnerstags, freitags 12 bis 22 Uhr > Samstags 10 bis 22 Uhr > Sonntags 10 bis 20 Uhr


Fotos: © Till Neumann, Markus Schillberg

SZENE SUBCULTUR

STREIT UMS RUEFETTO

CLUB UND IGS HOFFEN AUF GRÜNES LICHT DURCH DIE AMPEL

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as Ruefetto am Granatgäßle hat eine bewegte Geschichte. Ob Geburtstage, Vernissagen oder Partys – über die Jahre war immer viel los. Allerdings fehlt der Location die Genehmigung als Vergnügungsstätte. Nun hoffen Besitzer Jos Schuhmacher und die IG Subkultur (IGS) auf eine Novelle aus Berlin, die dem urigen Treff zugute kommen könnte. Nach Angaben des Rathauses liegt für das Ruefetto eine genehmigte Nutzung als Pianobar vor. „Wir akzeptieren hierbei auch andere Instrumente und eine gewisse Verstärkung“, sagt Rathaussprecherin Martina Schickle. Die Musik müsse also nicht nur unplugged sein, solange sie sich im Rahmen der Lautstärke eines akustischen Klaviers bewege. Die IGS setzt sich dafür ein, dass das Ruefetto als Musik- und Clubbetrieb genehmigt wird. Laut ihrer Einschätzung konnte Schuhmacher lange auf Kulanz bauen und einen Clubund Spielstättenbetrieb organisieren. Das habe sich durch wiederkehrende Beschwerden von Anwohner·innen geändert. Das Ergebnis war bitter: Im August 2016 erging eine Nutzungsuntersagung. Für Schuhmacher bedeutete das ein Verbot von Disco-Tanzveranstaltungen. Er erklärt, dass das Ruefetto daraufhin mit einem Rechtsanwalt zehn Tanzveranstaltungen pro Jahr erkämpfte. Schickle stellt das anders da: Der Betreiber habe die Regelung nicht mit einem Anwalt durchgestritten,

vielmehr habe die Stadt mit dem Anwalt abgestimmt, dass zusätzlich zu akustischen Konzerten maximal zehn Sonderveranstaltungen als „seltene Ereignisse“ akzeptiert werden. „Er kann also eine Menge machen“, erklärt Schickle, „was nicht geht, sind sehr laut verstärkte Konzerte und eben ein Diskothekenbetrieb, egal mit welcher Musik.“ Nach Kenntnis von Markus Schillberg von der IGS erfülle das Ruefetto heute schon alle notwendigen bautechnischen Voraussetzungen für einen Musik- und Clubbetrieb. Die Hoffnung richtet sich nun aufs ferne Berlin. Im Mai hat der Bundestag einen Entschluss gefasst, der eine Baurechtsnovelle vorsieht: Clubs sollen baurechtlich nicht mehr als Vergnügungsstätten gelten, sondern als Anlagen für kulturelle Zwecke. „Zum einen ist das eine klare ideelle Aufwertung“, erklärt Schilllberg. Zum anderen glaubt er, dass dadurch ein Clubbetrieb wieder möglich werden könnte. Hoffnung macht auch, dass das Thema Clubförderung erstmalig Gegenstand eines Koalitionsvertrags ist, jenem der neuen Ampel-Regierung. Wie steht das Rathaus zu den möglichen Impulsen aus Berlin? „Die Stadtverwaltung beobachtet die rechtliche Entwicklung mit großem Interesse“, sagt Schickle. Konkrete Inhalte seien der Stadt allerdings derzeit noch nicht bekannt und würden auch nicht schnell erwartet. Sobald diese vorlägen, würden sie intern bewertet. Gegebenenfalls könnten diese auch baurechtliche oder planerische Konsequenzen haben. Pascal Lienhard DEZEMBER 2021/JANUAR 2022 CHILLI 17


VERANSTALTUNGSKALENDER

Simply the Best Die Tina Turner Story Freitag, 14. Januar 2022 Messe Freiburg, 20 Uhr

WAS GEHT WO? 17. 12.–13.2.

Foto: © Tim Wegner

Ausstellungen, Kino, Theater u.v.m.

VERANSTALTUNGSKALENDER FREITAG

17.12.2021 AUSSTELLUNGEN ‌Schnee

‌ eihnachtsausstellung, bis 9.1.22 W Museum der Kulturen Basel Info: www.mkb.ch

‌Tomi Ungerer

‌ ammlung Würth, bis 14.8. S Museum Würth, Arlesheim Info: www.wuerth-ag.ch

‌Gert Riel

‌ roßformatige Arbeiten, bis 6.3. G Museum Art.Plus, Donaueschingen Info: www.museum-art-plus.com

BÜHNE ‌Philipp Scharrenberg

‌ ealität für Quereinsteiger R Vorderhaus, Freiburg ★ 20 Uhr Info: www.vorderhaus.de

‌Konstantin Schmidt

‌ lühwein zum Frühstück G Schlosskeller Emmendingen ★ 20.30 Uhr Info: www.schlosskeller-emmendingen.de

‌‌Gefährliches Wochenende ‌ riminalstück von Glyn Jones K Kultschüür, Laufenburg ★ 20 Uhr Info: www.kultschüür.ch

‌Theater 95 – Antilopen

‌ chauspiel von Henning Mankell S Reithalle im Kulturforum Offenburg ★ 20 Uhr Info: www.kulturbuero.offenburg.de

‌„Der Messias“

‌ eihnachts-Comedy von Patrick Barlow W Cala Theater, Freiburg ★ 20 Uhr Info: www.calatheater.de

‌Bernd Lafrenz

‌ as ihr wollt W E-Werk, Freiburg ★ 20.30 Uhr Info: www.ewerk-freiburg.de

KINO

SAMSTAG

18.12.2021 AUSSTELLUNGEN

‌Dracula

‌ erke von Frauen, bis 8.5.22 W Vitra Design Museum, Weil am Rhein Info: www.design-museum.de

‌ ram Stokers legendärem Vampir auf B der Spur Werkraum, Theater Freiburg ★ 19 Uhr Info: www.theater.freiburg.de

‌André Evard

‌Orpheus + Eurydike

F‌ arbrausch, bis 31.1. Galerie Messmer, Riegel Info: www.galerie-messmer.de

‌Durchstarten – Take off

Z‌ eitgenössische Malerei & autoaffine Skulpturen, bis 13.11. Museum Art.Plus, Donaueschingen Info: www.museum-art-plus.com

MUSIC

BÜHNE

‌FATCAT

‌‌My fair Lady

‌ uf Good.Zip Clubtour A E-Werk, Freiburg ★ 20 Uhr Info: www.ewerk-freiburg.de

‌Kammermusikrezital

T‌ oshiko Sakakibara & Schaghajegh Nosrati Historisches Kaufhaus Freiburg ★ 20 Uhr Info: www.hausderkultur.com

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‌ er weihnachtliche Poetry Slam D Kulturhaus Kehl, Kehl ★ 20 Uhr Info: www.kultur.kehl.de

‌ pot On. Designerinnen in der S Sammlung

I‌ ch bin dein Mensch Kommunales Kino Offenburg ★ 20 Uhr Info: www.koki-offenburg.de

‌Film des Monats

‌Winter Slam

‌ usical von Frederick Loewe & Alan M J. Lerner Großes Haus, Staatstheater Karlsruhe ★ 19 Uhr Info: www.staatstheater.karlsruhe.de

‌Die Zauberflöte

I‌ nszenierung: Simon McBurney Große Bühne, Theater Basel ★ 19 Uhr Info: www.theater-basel.ch

‌ ie orphischen Zyklen D Kleines Haus, Theater Freiburg ★ 20 Uhr Info: www.theater.freiburg.de

EVENTS ‌‌Circolo

‌ arieté, bis 6.1.22 V Messe Freiburg ★ 15 & 19 Uhr Info: www.circolo-freiburg.de

‌Fackelwanderung

‌ einberge im Schein des Feuers W Weingut Weber Ettenheim ★ 18 Uhr Info: www.weingut-weber-events.com

‌M USIC ‌‌Sirens of Lesbos

T‌ ag der Migrant:Innen Jazzhaus, Freiburg ★ 20 Uhr Info: www.jazzhaus.de

› Alle Angaben ohne Gewähr


VERANSTALTUNGSKALENDER SONNTAG

19.12.2021

DIENSTAG

21.12.2021

AUSSTELLUNGEN

AUSSTELLUNGEN

‌Goya

‌The Cost of Life

‌ egbereiter der Moderne, bis 23.1.22 W Fondation Beyeler, Basel Info: www.fondationbeyeler.ch

‌Der Kreis im Plan B

‌ ünstlerischer Kommentar zum K medizinischen Fortschritt, bis 23.1.22 Museum Tinguely, Basel Info: www.tinguely.ch

‌ ir erinnern an Roland Phleps, bis 30.1. W Stiftung für konkrete Kunst, Freiburg Info: www.stiftung-konkrete-kunst.de

BÜHNE

‌Zwischentöne

‌Mariinsky Ballett Festspielhaus Baden-Baden ★ 18 Uhr Info: www.festspielhaus.de

‌ erke von Karin Weiß, bis 4.2. W Kurhaus Freiamt Info: www.tourismus.freiamt.de

BÜHNE ‌‌Der Nussknacker

‌ allett von Pjor Itjitsch Tschaikowski B Große Bühne, Theater Basel ★ 18.30 Uhr Info: www.theater-basel.ch

‌‌Schwanensee

‌‌Fräulein Julie

‌ chauspiel nach August Strindberg S Studio, Staatstheater Karlsruhe ★ 19.30 Uhr Info: www.staatstheater.karlsruhe.de

‌Wir sind die Neuen

‌ omödie von Ralf Westhoff K Wallgraben Theater, Freiburg ★ 20 Uhr Info: www.wallgraben-theater.com

MITTWOCH

22.12.2021 AUSSTELLUNGEN ‌Paul Uwe Dreyer I‌ nszenierung: Martin Laberenz Kleine Bühne, Theater Basel ★ 18 Uhr Info: www.theater-basel.ch

‌MUSIC ‌Musica Grande

‌ üßer die Glocken nie klingen S Theater am Kastelberg, Waldkirch ★ 18 Uhr Info: www.theater-am-kastelberg.de

‌BosArt Trio

‌Musikalisches Kabarett Kulturverein Tiengen e.V., FreiburgTiengen ★ 18 Uhr Info: www.kulturverein-tiengen.de

MONTAG

20.12.2021 AUSSTELLUNGEN ‌‌freiburg.archäologie

L‌ eben vor der Stadt, bis 9.1.22 Archäologisches Museum Colombischlössle, Freiburg Info: www.freiburg.de/museen

F‌ urui Tomodachi – bei einem alten Freund

‌ eue Photographien von Stefen Diemer & N Hannah Schemel, bis 22.12. Galerie Albert Baumgarten, Freiburg Info: www.galerie-baumgarten.de

BÜHNE ‌Florian Schroeder

‌ chluss jetzt! Der satirische S Jahresrückblick 2021 Burghof Lörrach ★ 20 Uhr Info: www.burghof.com

‌Snow White

‌ ärchenballett von Richard Wherlock M Große Bühne, Theater Basel ★ 19.30 Uhr Info: www.theater-basel.ch

‌ alerei der konkreten Kunst, bis 30.1.22 M Kunstmuseum Stuttgart Info: www.kunstmuseum-stuttgart.de

‌Müllheim unter der Tricolore

‌ ie Nachkriegsjahre 1945-52, bis 27.2.22 D Markgräfler Museum, Müllheim Info: www.markgraefler-museum.de

‌Akrobaten, Mordgeschichten, Liedgenuss ‌ ie Drehorgel im Kontext des D Jahrmarkts, bis 2.1.22 Elztalmuseum, Waldkirch Info: www.stadt-waldkirch.de

BÜHNE E‌ ilig Abend – Die Weihnachtsshow E-Werk, Freiburg ★ 20 Uhr Info: www.ewerk-freiburg.de

‌Die besten Beerdigungen der Welt ‌ ach dem Bilderbuch von Ulf Nilsson N Theater im Marienbad Freiburg ★ 18 Uhr Info: www.marienbad.org

MUSIC ‌The Spirit of Freddie Mercury ‌ ie Stimme – Das Gefühl – Die D Leidenschaft Konzerthaus Freiburg ★ 20 Uhr Info: www.asa-event.de

‌Flo Bauer Quartet

‌ eue Generation von Blues N ChaBah Kandern ★ 20.30 Uhr Info: www.chabah.de

23.12.2021

AUSSTELLUNGEN ‌Das Atelier der Moderne

‌E VENTS ‌„Ich brauch Tapetenwechsel“

‌Menschen im Museum

MUSIC L‌ eonidas Kavakos, Myung-Whun Chung & Wiener Symphoniker ‌Konzerthaus-Zyklus Konzerthaus Freiburg ★ 20 Uhr Info: www.albert-konzerte.de

Einkaufsvielfalt Schwarzwald City Weihnachtszeit

DONNERSTAG

‌ erke von Camille Pissarro, bis 23.1.22 W Kunstmuseum Basel Info: www.kunstmuseumbasel.ch

E‌ in Hildegard Knef-Abend Großer Meyerhof, Freiburg ★ 19.30 Uhr Info: www.grosser-meyerhof.de

SHOPPING

‌Chaostheater Oropax

Foto: © Schwarzwald City

‌‌Verlorene Illusionen

‌ ritischer Blick auf den Stillstand der K Kultur, bis 22.7.22 Museum am Lindenplatz, Weil am Rhein Info: www.museen-weil-am-rhein.de

EVENTS ‌Dinner-Show Special

‌ roße Unterhaltung in neuer Location G EuropaPark, Rust ★ 19.30 Uhr Info: www.europapark.de

› Noch mehr Termine auf chilli-freiburg.de

Bummel Die Weihnachtseinkäufe lokal und einfach unter einem Dach erledigen? Dafür ist das Einkaufszentrum Schwarzwald City in der Freiburger Innenstadt das Richtige. Hier laden die Geschäfte zum weihnachtlichen Einkaufserlebnis ein. Die abwechslungsreichen Angebote der Restaurants und Cafés bieten Gelegenheit, während der Shoppingtour eine kleine Verschnaufpause einzulegen. Für alle, die sich beim Geschenkekauf nicht festlegen und den Beschenkten die Wahl lassen möchten, gibt es die Einkaufsgutscheine der Schwarzwald-City. Die Gutscheine sind beim Kiosk im Erdgeschoss erhältlich. Die Läden des Einkaufszentrums sind montags bis freitags von 10 –19 Uhr und samstag von 10 –18 Uhr geöffnet, längere Öffnungszeiten einzelner Geschäfte sind online einsehbar.

www.schwarzwald-city.de DEZEMBER2021/JANUAR 2022 CHILLI 35


KINO

Rätseln auf der Spur RYUSUKE HAMAGUCHI MACHT AUS 20 SEITEN ERZÄHLUNG WUNDERBARE DREI STUNDEN KINO von Erika Weisser

Drive my Car Japan Regie: Ryusuke Hamaguchi Mit: Hidotoshi Nishijima, Masaki Okada, Toko Miura, Reika Kirishima, Park Yurim u.a. Verleih: Rapid Eye Movies Laufzeit: 179 Minuten Start: 23. Dezember 2021

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unächst ist da nur die Nahaufnahme einer schönen Frau vor einem Fenster mit Blick auf den abenddämmrigen Himmel hinter einer Hochhaus-Silhouette. Doch sie ist nicht allein: Fast atemlos erzählt sie eine Geschichte, die eher einem Traum als der Wirklichkeit zu entstammen scheint. Der, dem sie erzählt, ist nur zu hören; hin und wieder fragt eine Männerstimme nach Details. Als die Kamera wegzoomt, kommt das breite Bett ins Bild, auf dem er liegt und sie sitzt. Bei dem Paar handelt es sich um die Drehbuchautorin Oto und den Schauspieler und Regisseur Yusuke. Seit mehr als 20 Jahren sind sie zusammen, glücklich, in tiefer Liebe und gegenseitigem Respekt verbunden – und, wie später zu erfahren ist, in der Trauer um ihre im Kindesalter verstorbene Tochter. Was ebenfalls erst im Verlauf der Handlung klar wird: Oto erfindet ihre kreativen Geschichten immer nach einem Orgasmus – und vergisst sie danach wieder. Yusuke hingegen merkt sich jede ihrer Phantasien – und wiederholt sie ihr anderntags; offenbar finden sie Verwendung in ihren Drehbüchern. Als eine geplante Dienstreise erst kurz vor dem Abflug um einen Tag verschoben wird und er nach Hause zurückkehrt, trifft er sie, ohne selbst bemerkt zu werden, mit einem anderen

Fotos: © Rapid Eye Movies

50 CHILLI CULTUR.ZEIT DEZEMBER 2021/JANUAR 2022

Mann an. Er verlässt die Wohnung und geht in ein Hotel; abends unterhalten sie sich über Skype, als wäre nichts geschehen. Nach einer Woche kommt Yusuke von der inzwischen angetretenen Reise zurück und alles scheint wie immer: Sie schlafen miteinander, Oto spinnt ihre Geschichte weiter, er hört ihr zu – doch morgens, bevor er zur Arbeit aufbricht, sagt sie, dass sie später reden müssten. Dazu kommt es nicht mehr; als er zu Hause eintrifft, ist sie bewusstlos. Sie hatte ein Aneurysma, der sofort gerufene Rettungswagen kommt zu spät. Yusuke verwindet Otos Tod nicht – zumal er das Gefühl hat, dass sie ein Geheimnis mitgenommen hat, dem er auf die Spur kommen muss. Zwei Jahre danach fährt er zu einem Theaterfestival nach Hiroshima, wo er Tschechows Onkel Wanja inszenieren soll. Zu seiner Überraschung hat die Festivalleitung die junge Fahrerin Misaki engagiert, die ihn in seinem Auto überallhin chauffiert. Und zur weiteren Überraschung trifft er im Ensemble den Schauspieler Takatsuki, in dem er den Liebhaber seiner Frau erkennt. Nach einigen Auseinandersetzungen mit ihm und vielen Gesprächen und langen – eindrücklich gefilmten – Fahrten mit Misaki kommt Yusuke Otos Geheimnis näher – und zur Einsicht, dass er es gar nicht kennen muss. Eine ausgezeichnete Weiterentwicklung von Haruki Murakamis gleichnamiger Kurzgeschichte – in Cannes mit dem Preis für das beste Drehbuch ausgezeichnet und als japanischer Beitrag zur Oscar-Verleihung 2022 nominiert.


KINO DER SCHEIN TRÜGT

WANDA, MEIN WUNDER

EINE NACHT IN HELSINKI

Foto: © Neue Visionen

© X-Verleih

Foto: © Arsenal

Serbien, Kroatien 2021 Regie: Srdjan Dragojevic´ Mit: Goran Navojec, Ksenija Marinkovic´ u. a. Verleih: Neue Visionen Laufzeit: 122 Minuten Start: 16. Dezember 2021

Schweiz 2020 Regie: Bettina Oberli Mit: Agnieszka Grochowska, A. Jung u. a. Verleih: X-Verleih Laufzeit: 110 Minuten Start: 6. Januar 2022

Finnland 2021 Regie: Mika Kaurismäki Mit: Timo Torikka, Kari Heiskanen u.a. Verleih: Arsenal Laufzeit: 90 Minuten Start: 20. Januar 2022

Vom Paulus zum Saulus

Frischer Wind in der Villa

Drei Männer in Weinlaune

(ewei). Stojan ist ein guter Mensch. In seiner Nachbarschaft gilt er als hilfsbereit und bescheiden, seiner sehr resoluten Frau Nada ist er ein liebender Ehemann, seiner schüchternen Tochter ein einfühlsamer Vater. „Zu gut für diese Welt“, findet eine Nachbarin, die zusammen mit der Familie vor dem Bürgerkrieg in das halb zerstörte Dorf geflohen ist, in dem sie jetzt leben. Sie ist offenbar nicht die einzige, die im bekennenden Kommunisten Stojan einen Heiligen sieht: Eines Nachts, als der Strom ausfällt, erscheint über seinem Kopf plötzlich ein unerklärlicher Heiligenschein. Und der ist nicht wegzukriegen, weder durch wüste Verwünschungen noch durch eine ziemlich gewaltsame Haarwäsche. Gegen ein ordentliches Trinkgeld bekommt die tiefgläubige Nada vom Popen den Rat, dass ihr Mann zum Sünder werden müsse, damit Gott ihm die unverdiente Aureole wieder entzieht. Doch obwohl Stojan zusehends Gefallen an seinen Untaten findet, bleibt der trügerische Schein wie Pech an ihm haften.

(ewei). Die Familie Wegmeister-Gloor ist ziemlich wohlhabend; Vater Josef, Mutter Elsa und der längst erwachsene Sohn Gregor leben in einer stattlichen Villa auf einem großen Anwesen an einem See in den Schweizer Bergen. Allein die Tochter Sophie lebt nicht mehr dort; sie ist des Berufes und der Karriere wegen längst in die Stadt gezogen und schaut nur noch zu besonderen Anlässen vorbei. Als Josef einen schweren Schlaganfall erleidet, wird er zum Pflegefall, ist rund um die Uhr auf Hilfe angewiesen. Da die Familie diese nicht leisten kann oder will und eine Heimunterbringung nicht in Frage kommt, wird eine kostengünstige Pflegekraft aus Polen angeheuert: Wanda. Sie ist, wie viele ihrer Kolleginnen aus Osteuropa, auf das Geld angewiesen: Sie hat zwei Söhne, die sie ohne Vater großzieht, und sie muss auch noch ihre Eltern unterstützen. Sie kümmert sich also um Josef, hilft Elsa im Haushalt und bringt auch sonst frischen Wind ins Haus. Und eines Tages ist sie schwanger ...

(ewei). Heikki sitzt bei einem einsamen Abendessen in seiner leeren Bar, hört klassische Musik und trinkt seinen besten Rotwein. An diesem 1. Mai ist in der ansonsten zu diesem Anlass sehr belebten Innenstadt Helsinkis nichts los: Corona hält die feierwütigen Finnen davon ab, das Frühlingsanfangsfest so ausgiebig zu begehen wie üblich. Nach monatelanger Schließung der Bar steht Heikki vor dem Ruin. Und hat auch schon den Benzinkanister bereitgestellt, mit dessen Hilfe er den Laden noch an diesem Abend abfackeln will. Doch dann begehrt sein Stammgast Risto Einlass; er kommt gerade aus dem Krankenhaus und braucht Erholung von seiner Arbeit an der Covid-Front. Als sie die zweite Flasche öffnen, kommt der ihnen unbekannte und etwas dubiose Juhani dazu, der angeblich nur sein Handy aufladen will. Geschickt verwickelt er die beiden Freunde in tiefgründige, weinselig-philosophische Gespräche über Gott, die Welt, den Sinn des Lebens und die unvorhersehbaren Wege des Schicksals.


MUSIK

Von Welt

FREIBURGS BESTE SONGS AUS 2021

Von Welt » Unendlichkeit

Chabezo Foto: © felix groteloh

J

an Delay sang schon vor 20 Jahren „Und die Welt steht still“. Für Musiker·innen waren die vergangenen zwölf Monate genau das: abgesagte Konzerte, keine Gagen, erschwerte Proben. Doch wahre Leidenschaft kennt kein Stoppschild. Viele Freiburger Acts haben fleißig weiter produziert. Die chilli-Redaktion hat ihre zwölf Lieblinge ausgewählt. Vom einfühlsamen Folk über den Corona-Albtraum bis zum Rap-Actionfilm.

Foto: © unknownarchives

Foto: © Pressefoto

Tracks des Jahres

El Flecha Negra Foto: © mokhosi.fotografie

Ein Song wie gemacht fürs Stadion. Mit der Single „Unendlichkeit“ vom Debütalbum „Schwarz“ bewerben sich „Von Welt“ um einen Platz in den Arenen der Nation. Die Nummer scheint auch bei SC-Kapitän Christian Günter gut anzukommen: Er spielt die Hauptrolle im Musikvideo.

Fatcat Foto: © Georg Peiffer

Die „Deadnotes“ überraschen immer wieder. Nach zwei Studioalben veröffentlicht das zum Duo geschrumpfte Projekt die Single „Easy Summer“. Der Track ist ungewohnt poppig und hakt sich schon nach dem ersten Durchgang im Gehörgang fest. Das Retro-Musikvideo tut sein Übriges für eine gediegene und sommerliche Atmosphäre.

Lambs & Wolves » What If Es ist zwar schon einige Monate her, dass die Folk-Musiker von „Lambs & Wolves“ mit „Not a party at all“ ihr neues Album veröffentlicht haben. Dennoch sind Songs wie „What If“ wie gemacht für den Winter. Eine leise melancholische Stimme, eine dezente Instrumentierung und fertig ist der wärmende Soundtrack für kurze und kalte Tage.

Fatcat » Without You Tanzen, feiern, mitsingen. Das geht bei den Freiburger Funkern von Fatcat wunderbar. Im neuen Video „Without You” versuchen sie sich an einer Retro-Bandchoreo und scheitern mit Stil. Kenny Joyner drückt dem Sound mit seiner Stimme den Stempel auf. Wer die Band live gesehen hat, weiß aber: Die Jungs hintendran liefern genauso ab.

Al Jawala » Stronger Ganze 20 Jahre sind die Jawalas schon am Start. Mit „Stronger” haben die Balkan-Brass-Beat-Pioniere im April einen mitreißenden Powertrack rausgehauen, Autotune-Gesang inklusive. Es geht um „Togetherness” schreiben sie. Um das Gefühl, gemeinsam stärker zu sein. In einer Zeit ohne Konzerte ein Liebeslied für ihre Fans. 52 CHILLI CULTUR.ZEIT DEZEMBER 2021/JANUAR 2022

Foto: © WILLMAN

The Deadnotes » Easy Summer

Willman

Volles Dutzend: Diese zwölf Bands haben sich im Rennen um die besten Plätze gegen die Konkurrenz durchgesetzt.

Quintin Copper & Nas Mellow

Unojah » Lockdown Multi-Kulti-Reggae und World Music mischen die Unojahs. Und Sprachen. In „Lockdown” singt Chaldun auf Englisch, Deutsch und Arabisch. „Spread the Love” ist das Motto. Entspannter Vibe, smoother Beat, saubere Produktion. Wer lässige Vielfalt sucht, sollte hier reinhören – auch wegen des Gitarrensolos. Macht das Pandemie-Schlamassel irgendwie erträglicher.

Zweierpasch » La Vida (feat. El Flecha Negra) Mit Wut im Bauch und dem Mic in der Hand machen Zweierpasch ihrem Ärger Luft. Ins Wasser gefallene Auftritte, verschobene Touren und geplatzte Proben nach einem Jahr Kulturstopp verarbeitet die HipHopBand um die Zwillinge Till und Felix auf gewohnt lyrische Weise. Gerappt wird nicht nur auf Deutsch und Französisch, Tatán von Flecha Negra bringt Spanisch in den Mix. Laut statt lethargisch, optimistisch, nicht ohnmächtig – c’est la vida.


MUSIK Quintin Copper & Nas Mellow » Breathe easy

Äl Jawala

Max Büttner

Unojah Foto: © Stefanie Ringshofer

Lambs & Wolves

Mine und Enno Bunger – wer die Musik von Willman hört, erkennt schnell, von wem sie inspiriert ist. Deutsche Texte, poppige Melodien und inspirierende Denkanstöße lautet die Devise. „Sich mal doof zu finden gehört irgendwie auch dazu“, schreibt das Duo auf YouTube etwa zu „Berg“. Die Message hinter dem deutschen Track: Jede·r ist gut so, wie er oder sie ist. Die eingängige Melodie überzeugt durch Willman-Sängerin Julia Laubers zarte Stimme.

„Bad Dream“ ist gerade den Füllfedern des Schlagzeugers und Producers Max Büttner entsprungen. Der Freiburger spielt hier auch Piano. Gefeatured ist Fatcat-Frontman Kenny Joyner. Thema sind die negativen Auswirkungen der Pandemie: „social Distance as a new Obsession“. Zwar ist Corona ein Motiv, das uns allen zum Hals raushängt. Aber ja, die 4. Welle fühlt sich an wie ein schlechter Traum. Ein bisschen jazzige Wehmut für uns alle.

Foto: © Erdan Genc

Zweierpasch

Willman » Berg

Max Buettner Collective » Bad Dream (feat. Kenny Joyner)

Foto: © Samsun Presspicture

Foto: © Panoramique_Pix

The Deadnotes

Foto: © FrancescaAmann

Foto: © Moritz Schinn

Gute-Laune-Garantie: „Breathe easy“ nimmt Zuhörer·innen mit auf einen beschwingten Trip zurück in den Sommer. Laue Luft, leichte Laune, das Leben plätschert vor sich hin – so auch die Single der jungen Freiburger und Tübinger Musiker. Wer gerade am berühmt-berüchtigten Winter-Blues leidet, darf die Lautstärke voll aufdrehen und in Erinnerungen schwelgen.

Chabezo » Actionfilm Die Liebeserklärung an Actionfilme trifft ins Herz: Rasant, eingängig und so kurzweilig wie gutes Popcornkino rappt sich Chabezo alias Peter Stöcklin durch Parts voller Explosionen, Kugelhagel und holden Jungfern in Not. Durch die Hook kurvt der Frontsänger von Otto Normal stilecht im schwarzen Mustang und ballert seinen Hörer·innen die Klassiker von Arnie, Stallone und Co. um die Ohren.

El Flecha Negra » Quitapena (feat. Tiano Bless) Kifferhymne, die selbst umnebelte Couch-Potatoes auf die Tanzflächen treibt. Pünktlich zum grünen Licht für die Legalisierung in Deutschland haben die fünf farbenfrohen Pfeile ein Video in Chile abgedreht: Neben Reggae-Beats und einer großen Portion Lebensfreude gibt’s Bau- und Konsumtipps vom Profi. Geraucht wird nur feinste Ware, die Samen stammen schließlich von Oma.

ANHÖREN » Alle Songs zum Nachhören gibt’s auf chilli-freiburg.de » Mehr findet ihr auch in den Spotify-Playlists „Freiburgs Tracks des Jahres“

DIE JURY Name Jobs Hört gerne Ist allergisch auf

Till Neumann chilli-Redakteur und Musiker HipHop, Soul, Urbanes Schlager und schlechte Texte

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Philip Thomas chilli-Redakteur Elektro und Techno Deutsch-Pop und Nazis

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Liliane Herzberg chilli-Volontärin Indie, Techno, Weltmusik Arien und Warteschleifen-Gedudel

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Pascal Lienhard chilli-Volontär Punkrock, Singer-Songwriter, Indie Remixe einstmals guter Songs

DEZEMBER 2021/JANUAR 2022 CHILLI CULTUR.ZEIT 53


CHILLI ASTROLOGIE

DAS »BIERERNSTE«

CHILLI-HOROSKOP

DIE WEIHNACHTS-EDITION VON HOBBY-ASTRONAUT PHILIP THOMAS

WIDDER 21.03. – 20.04. Du freust dich auf die Feiertage. Der Baum steht, die Bude ist auf Hochglanz poliert, die Verwandtschaft durchgeimpft, der schwurbelnde Onkel ausgeladen. Es kann also eigentlich nichts mehr schiefgehen. Du hast sogar schon fast alle Geschenke – nur noch drei Pakete für den Nachbarn musst du annehmen.

STIER 21.04. – 21.05. Ein gutes Geschenk zu finden ist gar nicht so einfach. Nicht nur soll sich dein Schatzi über das Präsent freuen, der Gegenstand soll auch zeigen, wie gut du dein Gegenüber kennst. Für deinen Partner hast du deswegen diesmal das perfekte Weihnachtsgeschenk gefunden. Jetzt musst du bist Weihnachten nur noch den perfekten Partner finden.

ZWILLING 22.05. – 21.06. Plätzchen, Gänsebraten, Weihnachtspunsch. Festtagsfreuden gibt es viele. Dein besonderes Highlight für die Bescherung ist aber auch dieses Jahr: Bei Geschenken, auf denen steht „von Mama und Papa“, darauf achten, was der Vater für ein Gesicht macht. Der ist beim Auspacken nämlich jedes Mal genauso überrascht wie du.

KREBS 22.06. – 22.07. Früher gab es noch Geschenke zum Auspacken: Das Lego-Piratenschiff, die Ritterburg von Playmobil, ein neuer Fußball, der direkt im Wohnzimmer ausprobiert werden musste. Heute gibt es nur noch Umschläge. Deswegen freust du dich auf deine neue Bohrmaschine. Mit dem Auspacken wartest du aber noch, bis deine Nachbarn aus dem Urlaub zurück sind.

LÖWE 23.07. – 23.08. Du rechnest den Heiligabend mal durch. Pro Sekunde muss der Weihnachtsmann 882 Kinder bescheren. Immerhin nutzt der alte Mann mit dem Rauschebart, der mit Elfen am Nordpol residiert, Rentiere, um in einer Nacht über den gesamten Globus zu kommen. Eigentlich auch logisch. Schlittenhunde können schließlich nicht fliegen.

JUNGFRAU 24.08. – 23.09. Es heißt, die Jugend von heute starrt nur noch auf ihr Handy. Um deinem neunjährigen Neffen die Freuden der echten Welt zu zeigen, hast du ihm eine Modelleisenbahn geschenkt. Und jetzt ratet mal, wer direkt am ersten Weihnachtsfeiertag im Schlafanzug bei einer Schüssel Müsli im Wohnzimmer seine Runden dreht? Genau – das bist du.

58 CHILLI DEZEMBER 2021/JANUAR 2022

WAAGE 24.09. – 23.10. Es gibt Geschenke, die zahlen sich richtig aus. Bitcoins, Aktien und dein Bausparvertrag vom vergangenen Jahr waren zwar ganz nett, verglichen mit der Geige, die dir deine Oma geschenkt hat, sind das aber Peanuts. Immerhin gab es von Mama jedes Mal fünf Euro, wenn du aufgehört hast, damit zu spielen.

SKORPION 24.10. – 22.11. Schöne Bescherung! Nach einem Jahr zwischen Überstunden, Dauerstress und Beatmungsgeräten hast du dir deine verdienten Feiertage irgendwie anders vorgestellt. Aber eine Prämie für Pflegepersonal liegt bei dir nicht unter dem Baum. Dafür bringt der Osterhase dann die Impfpflicht.

SCHÜTZE 23.11. – 21.12. Egal ob Christstollen, Kaiserschmarrn oder Plätzchen, wirklich jede Weihnachtsleckerei machen sie absolut ungenießbar, diese verdammten Rosinen! Am schlimmsten sind die vertrockneten Trauben, wenn sie sich als Schokostückchen tarnen. Süßigkeiten schlemmen ist deswegen auch echte Handarbeit. Es heißt schließlich nicht umsonst „die Rosinen rauspicken“.

STEINBOCK 22.12. – 20.01. 2020 bist du bei der Bescherung leer ausgegangen. Das wird dir nicht noch einmal passieren! Aber selbst schuld. Vergangenes Fest hast du vergessen, deinen siebenseitigen Wunschzettel abzuschicken, und das einzige, was du deswegen bekommen hast, ist ein Bauch. Immerhin: Der hat sich besser gehalten als die Strumpfhosen und das Ladekabel vom Vorjahr.

WASSERMANN 21.01. – 20.02. Als Oma Ilse vergangenes Fest wegen dieses verflixten Coronavirus leider, leider nicht zu eurer Weihnachtsfeier kommen konnte, hast du noch gelacht. Dieses Jahr liegt von ihr auch nur eine Karte unter dem Baum. Und darin fehlt der Schein: „Dieses Jahr konnte auch der Weihnachtsmann wegen Corona leider nicht kommen.“

FISCHE 21.02. – 20.03. Der Familienfrieden an Weihnachten ist ein fragiles Gebilde. Kein Problem: Für die woke Schwester wird das Christkind gegendert, der hyperaktive kleine Bruder bekommt einen großen Schluck von dem „ganz besonderen Punsch“, und für den ungeimpften Vater gibt es dieses Jahr sogar einen Baum ohne Nadeln.



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