Bauen & Wohnen

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Kommunen

Überschwappende Regelungsflut Der prall gefüllte Instrumentenkoffer städtischer Einflussnahme auf Bauprojekte

Z

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weckentfremdungsverbotsgesetz – ein Kettenwort, wie es deutscher nicht sein könnte: Ewig lang, viele aneinandergereihte Genitive und vor zäher Bürokratie tropfend. Hinzu kommen die soziale Erhaltungssatzung, auch Milieuschutz genannt, die städtebauliche Erhaltungssatzung und das Ziehen von Vorkaufsrechten. All diese Instrumente sollen dazu beitragen, dass bestehender Wohnraum in Freiburg erhalten bleibt oder Entwicklungen gesteuert werden. Die ersten Klagen gegen das Rathaus sind dabei schon eingereicht. So ist es auch im Fall von Uwe K ­ leiner, Chef der BauUnion-Gruppe in Freiburg. Er klagt derzeit am Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (VGH), weil die Stadtverwaltung per sozialer Erhaltungssatzung den Um- und Ausbau eines Mehrfamilienhauses an der Eschholzstraße blockiert. Es liegt in einem Gebiet, in dem der Milieuschutz greift. Eigentlich will er mit seiner Normenkontrollklage sogar die Satzung für den kompletten Stühlinger kippen. Sein Argument: „Die Stadt macht das, was sie privaten Wohnungsbauern verbietet.“ Gemeint ist damit, dass die Stadt, nach Auffassung des 59-Jährigen, die Grenze der von der Satzung betroffenen Grundstücke so gezogen habe, dass private Bauträger in die Röhre guckten, während die städtische Tochter Freiburger Stadtbau (FSB) im direkt angrenzenden Metzgergrün 250 Bestandswohnungen abreißen kann, um 550 neue zu bauen. Diese würden dann zu anderen Preisen vermietet,

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als es momentan der Fall sei. „Völlige Willkür“, sagt Kleiner. „Dieser Vorwurf ist falsch“, kontert Robert Staible, Leiter des städtischen Amts für Projektentwicklung und Stadterneuerung (APS). Unter die Satzung fielen auch Gebäude der FSB. Außerdem sei der Gedanke, das Metzgergrün zu überplanen, älter als die Erhaltungssatzung. Darüber hinaus habe die FSB klare Vorgaben im Baugebiet. Die Mieter·innen und Eigentümer·innen

„Wir haben ein sehr wachsames Auge“ seien sehr eng eingebunden in den Prozess. „Wir haben ein sehr waches Auge und achten darauf, dass es nicht zur Verdrängung kommt und die sonstigen Ziele einer sozialen Erhaltungssatzung gewahrt werden“, so der 52-Jährige. Auf Anfrage gab die FSB an, dass in dem entsprechenden Gebiet 50 Prozent öffentlich geförderte Wohnungen entstehen sollen, die deutlich unter dem derzeitigen Mietspiegel angeboten werden. Die durchschnittliche Miete solle auf ähnlichem Niveau liegen wie die in den Bestandswohnungen. Weitere 25 Prozent der Wohnungen sollen zur Mietspiegelmiete vermietet werden. Darüber hinaus sei man dem Wunsch der Bewohnerschaft nach kleinen Wohnungen nachgekommen, ähnlich der Größe im jetzigen Bestand. Kleiner hat Verständnis dafür, dass die Stadt bestimmte Gruppen nicht verdrängen will. Allerdings habe das Rat-

haus in der Vergangenheit auch einige Fehler gemacht. Er sieht gute Chancen, gewinnen zu können. Der Antrag ist bereits begründet worden, bestätigt der VGH. Bis Ende April muss das Rathaus schriftlich erwidern. Bis ein Urteil gesprochen wird, kann schnell ein Jahr vergehen. Dass die Instrumente der Stadtverwaltung zu Konflikten führen können, war klar, so Staible: „Wir versuchen für jeden Fall, Lösungen zu finden, am Ende ist es aber immer ein Kompromiss.“ So seien „sehr aufwendige energetische Sanierungen in Gebieten mit sozialer Erhaltungssatzung ab einem gewissen Niveau mit hohen Mietaufschlägen nicht möglich“. Es gehe vor allem darum, Verdrängung zu vermeiden, sagt Sabine Recker, Leiterin des Referats für bezahlbares Wohnen im Rathaus. Und: „Neubau ist in der Regel teuer, deshalb ist es wichtig, dass günstiger Wohnraum erhalten bleibt.“ Im Instrumentenkoffer der Stadtverwaltung finden sich viele verschiedene Werkzeuge, um bestehende Wohnungen zu erhalten. Die soziale Erhaltungssatzung soll verhindern, dass Bewohner·innen eines bestimmten Milieus verdrängt werden. Besonders dann, wenn Bestandsgebäude saniert oder modernisiert werden und die Kosten durch Mieterhöhungen auf die Mieter·innen umgelegt oder die Mietwohnungen danach in Eigentumswohnungen umgewandelt werden. Bei der städtebaulichen Erhaltungssatzung sollen charakteristische Häuser vor Abriss, Umbau oder Nutzungsänderung geschützt werden.


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