Wirtschaft
März 2022 Ausgabe Nr. 31
Im Fokus: Bauen in Baden
Entsetzt und schockiert
Freiburgs Bankbosse über den Krieg in der Ukraine, ihre Bilanzen und die EZB Verbände
Politik
Zeitgeschichte
Auch IHK und wvib für Sanktionen gegen Russland
Der dubiose Zoff um die Expo in Dubai
Die dunklen Nazi-Jahre der Schwarzwaldmilch
Editorial
Menschenverachtender Überfall Südbadische Bankbosse und Wirtschaftsvertreter entsetzt über Putin
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Schwerkraft. Als wir die erste Konferenz für diese Ausgabe gemacht haben, war der Angriffskrieg gegen die Ukraine noch eine Drohgebärde, bis zu jenem 24. Februar 2022, der eine Zeitenwende in Europa einläutete.
Der 24. Februar änderte auch die Inhalte dieses Blattes. In unserem Doppelinterview mit Marcel Thimm und Uwe Barth, der eine führt als Vorstandsvorsitzender die Sparkasse Freiburg an, der andere die Freiburger Volksbank, sollte es eigentlich darum gehen, was die Bilanzen fürs vergangene Jahr über den Zustand der südbadischen Wirtschaft aussagen. Die Bankbosse zeigten sich entsetzt und schockiert über das kriegsverbrecherische Handeln des russischen Diktators Wladimir Putin. So gravierend aber dieser menschenverachtende Überfall für die ukrainische Bevölkerung ist, so überschaubar werden die Auswirkungen auf die südbadische Wirtschaft bleiben. Das berichten auch die Vertreter der Industrie- und Handelskammer oder der Schwarzwald AG, bei denen wir uns umgehört haben, und die die massiven Sanktionen gegen das kriegstreibende Russland ohne Wenn und Aber befürworten.
Um die zwar friedliche, aber auch umkämpfe Zukunft der Innenstädte haben wir uns ebenfalls gekümmert. Der Kollege Stefan Pawellek hat darüber mit dem neuen Einzelhandelspräsidenten Roland Fitterer gesprochen, unser Redakteur Philip Thomas sich mit dem Phänomen Pop-up-Stores befasst. Vorsichtig formuliert „eigenwillig“ dabei war, dass die Freiburg Wirtschaft Touristik und Messe GmbH zwar die aktuelle Leerstandsquote in der Freiburger City kennt, sie aber nicht preisgeben will. Sie scheint mithin durchaus deutlich oberhalb der Nachweisgrenze zu liegen. Wir wünschen auch in diesen Zeiten anregende Lektüre. Bleiben Sie zuversichtlich. Foto: © Neithard Schleier
er israelische Historiker Yuval Noah Harari, einer der einflussreichsten Intellektuellen der Gegenwart, hat unlängst gesagt: „Man kann jemanden nicht zum Frieden zwingen, aber dieser Jemand kann uns zum Krieg zwingen.“ Ein Satz mit
Herzlichst Ihr Lars Bargmann | Chefredakteur Anzeige
chilli | business im Breisgau | 03.2022 | 3
Inhalt Innenstädte In Freiburg poppen Pop-up-Stores auf, im Umland ist das kein Thema
Titel
Entsetzt und schockiert: Doppelinterview mit den Bankbossen Marcel Thimm und Uwe Barth
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Menschen & Meldungen Neuer CEO von Intuitive Surgical in
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Freiburg / Faller Packaging mit Rekord umsatz / IHK, HWK und wvib
Politik
Der Ukraine-Krieg und die Folgen für die südbadische Wirtschaft Der dubiose Streit um die DubaiExpo: Land fordert von Partnern Millionen zurück
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Projektentwickler: Unmüßig kooperiert mit Hohwieler
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BadenIT feiert Richtfest fürs Rechenzentrum
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Interview mit dem neuen Einzelhandelspräsidenten Roland Fitterer 16-17
Bauen in Baden
Aktuelle Übernachtungszahlen in Freiburg und dem Schwarzwald: Existenz vieler Hoteliers bedroht
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Ideale Nachverdichtung: Familienheim schafft Wohnraum auf Parkhaus
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Carla Cargo baut in Herbolzheim
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S-Beteiligung meldet Rekordjahr
Themenheft 03.2022 Das business im Breisgau-Themenheft erscheint im Freiburger Stadtmagazin chilli Herausgeber: chilli Freiburg GmbH Paul-Ehrlich-Straße 13 79106 Freiburg fon: 0761-76 99 83-0 fax: 0761-76 99 83-99 bargmann@chilli-freiburg.de www.business-im-breisgau.de Geschäftsführung: Michaela Moser (V.i.S.d.P.)
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Unternehmen in der Region You can leave your hat on: Sebastian Unmüßig und seine Liebe zum Hut
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IMPRESSUM business im Breisgau
Testo erzielt Rekordumsatz / Europa-Park als Unternehmen des Jahres 2022 ausgezeichnet / SC Freiburg trennt sich vom Vermarkter Infront /
der Franz Morat Group
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Agenturchef Finke nach FebruarDaten überrascht: Größter Rückgang an A rbeitslosen seit 20 Jahren 36 HWK-Chef Ullrich kritisiert fehlende Wertschätzung für Handwerk-Azubis
Chefredaktion: Lars Bargmann Redaktion: Philip Thomas, Pascal Lienhard, Till Neumann Autoren: Bernd Serger, Christian Engel, Stefan Pawelleck Titelkollage: Sven Weis; © freepik, istock.com/ santima.studio, istock.com/Nuthawut Somsuk Fotos: pixabay, dpa, freepik, unsplash, iStock Grafik: Sven Weis (kombinat79) Lektorat: Beate Vogt Anzeigen: Christoph Winter (Leitung), Giuliano Siegel, Jennifer Patrias, Fredrik Frisch
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Fakten bitte Die Welt, die Wirtschaft in Zahlen
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Druck: Hofmann Druck, Emmendingen
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Arbeitsmarkt
Kapitalmarkt
Falk Pharma investiert 100 Millionen Euro auf dem Güterbahnhof
Neuer Termin für Messe VDI regio Career /
50 Millionen Euro / Umsatzrekord bei
Zoffzone Landebahn: Über das Für und Wider eines Solarparks am Gewerbepark Breisgau
Tourismus
Handel
umfragen / Beschläge Koch kauft TSB /
Energiedienst steigert Gewinn um
Energiewende
Zeitgeschichte
Aus dem Dunkel ans Licht geholt: Der nationalsozialistische Musterbetrieb Schwarzwaldmilch
präsentieren ihre aktuellen Konjunktur
Was ist Nachbars Wohnung wert: Neue Studie von Scoperty
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Ein Unternehmen der Die im Magazin enthaltenen Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigung und Einspeicherung in elektronische Systeme. Gleiches gilt für den Nachdruck der von uns entworfenen Bilder und Anzeigen.
Titel
Entsetzt und schockiert
bib-Interview mit den Freiburger Bankbossen Marcel Thimm und Uwe Barth
Das Lächeln ist vergangen: Wäre das Foto nach dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine entstanden, hätten Marcel Thimm (l.) und Uwe Barth (r.) nicht mehr so gut gelaunt in die Kamera von Christoph Düpper geschaut.
Foto: © Christoph Düpper
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ie Sparkasse und die Volks bank in Freiburg haben ihre Bilanzen für das vergangene Jahr vorgelegt. Marcel Thimm und Uwe Barth verantworten mittler weile ein Kundenvolumen von 21,8 Milliarden Euro (siehe Infoboxen). Beide konnten trotz der Corona Krise und des Niedrigzinszustands ihre Gewinne bemerkenswert sta bil halten. Im Gespräch mit Chef redakteur Lars Bargmann deuten sie die Zahlen, sprechen aber auch über den Krieg in der Ukraine, das Verhalten der EZB und Rekordin vestitionen in Immobilien.
bib: Herr Barth, Herr Thimm, wie bewerten Sie das Vorgehen Putins und mit welchen Auswirkungen rechnen Sie für Ihre Firmenkunden? Barth: Es war wohl eine Illusion zu glauben, dass im Europa des modernen 21. Jahrhunderts Angriffskriege nicht mehr möglich sind. Putin möchte wohl als der Präsident in die Geschichte eingehen, der die große UdSSR wiedererrichtet und die Schmach aus 1991 tilgt. Entsetzlich. Unsere Firmenkunden sind unterschiedlich betroffen, die Gespräche zeichnen aber kein besorgniserregendes Bild. Wir gehen derzeit davon aus, dass der Schaden überschaubar bleibt.
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Thimm: Ich bin regelrecht schockiert. Einen so dreisten Angriffskrieg Putins konnte ich mir nicht vorstellen. Man ist da ein Stück weit fassungslos und es fällt sehr schwer, sich auf das Tagesgeschäft zu konzentrieren. Die meines Erachtens richtigen und notwendigen Sanktionen werden allerdings auch bei uns Auswirkungen haben. Welche genau, vermag ich noch nicht zu sagen. bib: Bis zum Kriegsausbruch mutmaßten Experten, dass die EZB im Laufe des Jahres eine Trendwende einläutet, was wird Ihrer Meinung nach passieren? Thimm: Bei den langfristigen Zinsen ist die Zinswende bereits da und wird wohl
Titel
noch weiterlaufen. Bei den kurzfristigen EZB-Sätzen, insbesondere beim negativen Einlagenzinssatz, ist noch keine Bewegung erkennbar. Allenfalls gab’s vage Hoffnungsschimmer fürs Jahresende. Und auch diese Hoffnungsschimmer verflüchtigen sich gerade wieder vor dem Hintergrund des Kriegs in der Ukraine. Barth: Für die EZB ist die Situation noch schwieriger geworden. Das Wirtschaftswachstum ist bedroht, bei gleichzeitig steigender Inflation. Das ist ein übler Mix. Ich glaube die EZB wird eher zurückhaltend agieren. Sofern wir kurzfristig Zinssteigerungen sehen, dann aufgrund steigender Risikoprämien auf den Anleihemärkten. bib: Die Sparkasse hat 1,4 Milliarden Euro bei der EZB geparkt, die Volksbank rund 500 Millionen Euro bei der DZ-Bank und der EZB. Wie hoch war 2021 daraus die Belastung? Thimm: Wir mussten mehr als 5 Millionen Euro Negativzinsen bezahlen. Dazu kommen noch weitere Millionen Negativzinsen für notwendige Zinssicherungsgeschäfte und für Festgeldanlagen bei anderen Banken. Barth: Wir unterhalten unsere Liquidität zum größten Teil bei unserer Zentralbank, der DZ Bank. Dort bezahlen wir Negativzinsen in Millionenhöhe.
»Noch nie war die Geldmenge so hoch und die Zinsen so niedrig« bib: Maximal zwei Prozent Inflation ist das erklärte Ziel der EZB. Die Inflationsrate lag 2021 bei 3,1 Prozent, Tendenz steigend, welche Forderungen formulieren Sparkassen und Volksbanken? Thimm: Oberste Aufgabe der EZB ist die Sicherung der Geldwertstabilität. Noch nie in der 24-jährigen Geschichte der EZB waren die Inflationsraten – und die Geldmenge – so hoch und die Zinsen gleichzeitig so tief wie heute. Dazu eine rekordhohe Staatsverschul-
dung in allen Euroländern. Diese expansive Geld- und Fiskalpolitik lässt für die weitere Entwicklung der Inflation nichts Gutes ahnen. Wir wünschen uns deshalb endlich ein klares Signal der EZB pro Geldwertstabilität durch Zurückfahren der Anleihekäufe und Streichen des Negativzinssatzes für Einlagen. Barth: Ich sehe das genauso. Die niedrigen Zinsen beflügeln die Investitionen, etwa in den Wohnungsmarkt. Aufgrund der hohen oder zu hohen Immobilienpreise kann der Normalbürger ohne die niedrigen Zinsen gar nicht mehr bauen. Allerdings wird der Schaden für die Geldwertstabilität und die Vorsorge für das Alter immer größer. Die Zinsen sind schon viel zu lange auf dem niedrigen Niveau. bib: Ihre Kunden haben sich im vergangenen Jahr massiv mit Wertpapieren eingedeckt. Der Dax lag Ende 2021 bei rund 16.000, zehn Tage nach Kriegsausbruch nur noch bei rund 13.000. Wird das die Aktienskepsis wieder beflügeln? Barth: Im Vergleich zu den Anfängen der Corona-Krise halten sich die Märkte in den ersten Tagen des Konfliktes in der Ukraine eher wacker. Im Angesicht eines Krieges in Europa ist es schwer, mit den normalen Mustern zu antworten. Normalerweise würde ich sagen: Bei einer langfristigen Anlageperspektive kann man das Auf und Ab der Börsen gelassen aussitzen, sofern man diversifiziert und solide aufgestellt ist und eben nicht die berühmten Eier in einem Korb hat. Bei einer kurzfristigen Anlageperspektive sollte man nicht in Aktien investieren, es sei denn, man verfolgt spekulative Ziele. Thimm: Viele Menschen, insbesondere junge, haben erkannt, dass langfristige Sparziele, etwa die private Altersvorsorge, bei diesen Zinssätzen ohne Aktienanteile nicht erreicht werden können. Diese Entwicklung ist aus vielen Gründen begrüßenswert. Dazu gehört allerdings auch, kalkulierbare Risiken einzugehen. Ich bin davon überzeugt, dass Menschen, die bei der Geldanlage gut beraten wurden, diese Risiken ken-
nen, tragen können, tragen werden und letztlich gut damit fahren. Andere, die eher spekulativ, ohne Beratung, im Vertrauen auf immer steigende Kurse mit den vielen hippen Neobrokern unterwegs sind, werden sich nach den ersten schlechten Erfahrungen möglicherweise wieder von der Aktienanlage verabschieden.
»Das ist eine Überraschung« bib: Es gibt kein Bauland, ist ein Narrativ, Baukredite bei Ihnen boomen seit Jahren. Wie passt das zusammen? Thimm: Es gibt in der Tat viel zu wenig Bauland. Der vermeintliche Widerspruch ist den Tücken der Statistik und den langen Immobilienzyklen geschuldet. Wir erfassen nicht die Zahl der finanzierten Wohneinheiten, sondern das Volumen. Bei einer Preissteigerung von annähernd 100 Prozent in den vergangenen 10 Jahren haben wir eine Verdoppelung des Volumens. Zwar ist in den jüngsten Jahren die Zahl der finanzierten Wohnungen etwas gestiegen, allerdings lagen wir in den letzten 20 Jahren immer sehr deutlich unter den Vergleichszahlen der 90er-Jahre. Da hat sich ein sehr großes Defizit aufgestaut. Barth: Hinzu kommen die niedrigen Zinsen. Früher habe ich bei vier Prozent Zinsen und zwei Prozent Tilgung für ein 300.000 Euro teures Reihenhaus monatlich 1500 Euro bezahlt. Heute kostet ein Reihenmittelhaus in bescheidener Lage 500.000 Euro, die Zinsen ein, die Tilgung drei Prozent. Die Rate beträgt dann bei längerer Kreditlaufzeit etwa 1600 Euro. Trotz deutlich höherer Kaufpreise sind die monatlichen Belastungen ähnlich. Wäre das nicht so, wäre die Nachfrage sicherlich geringer. bib: Wer Ihre Bilanzen studiert, könnte meinen, es gäbe gar keine Pandemie, den Unternehmen scheint es gut zu gehen, es gibt kaum Insolvenzen …
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Titel
Barth: Das ist eine Überraschung. Wir haben zu Beginn der Pandemie mit höheren Kreditausfällen gerechnet. Die staatlichen Hilfsprogramme, vor allem das Kurzarbeitergeld, haben sehr geholfen. Thimm: Unsere regionale Wirtschaft präsentiert sich sehr robust. Dort, wo es pandemiebedingt nicht so gut läuft, wirken meistens die staatlichen Hilfen. Trotzdem gibt es auch Unternehmen und Menschen, die durchs Raster fallen, wirtschaftlich und emotional stark belastet sind. bib: Die Sparkasse hat fast 1,4 Milliarden, die Volksbank 773 Millionen an neuen Krediten ausgegeben. Beides rekordverdächtig. Investiert die bestehende Kundschaft einfach immer mehr oder kommen neue große Kunden dazu? Thimm: Drei bedeutende Faktoren: Immobilien sind unsere wichtigsten Finanzierungsobjekte und hier wirken die hohen Preissteigerungen als Finanzierungsturbo. Dann gibt es erhöhte Investitionen bestehender Kunden. Vor allem Sozialimmobilien wie Pflegeheime und Infrastrukturinvestitionen hatten die letzten Jahre eine hohe Bedeutung. Last but not least gibt es auch neue Kunden. Entweder echte Neuansiedlungen oder Kunden, die von anderen Banken zu uns wechseln.
*nach Bewertungen, Reservenbildung, wegen Umbuchungen nicht vergleichbar mit Vorjahr **So viel Cent gibt die Bank für 1 Euro Ertrag aus
Barth: Unser Neukreditvolumen teilt sich in etwa zur Hälfte in die private Wohnbaufinanzierung und Kredite an Unternehmen. Die Kreditvergabe ist immer ein Spiegelbild der Wirtschaft. Wir haben kaum Industriegeschäft, eher verarbeitendes Gewerbe, Handel und Dienstleistung. Auch bei uns ist das Kreditportfolio durch Immobilienfinanzierung, privat und gewerblich, geprägt. Beim Wachstum spielt sicher die Preisentwicklung eine Rolle, wir sind aber auch gut im hiesigen Markt verankert.
Die größte Herausforderung heißt Putin bib: Faule Kredite gab es in jüngerer Zeit so gut wie keine. Bergen Rekordkreditvolumina – das aktuell einzige Mittel gegen den Niedrigzinszustand – auch höhere Risiken? Barth: Die Beurteilung und Bewertung von Kreditrisiken ist unser Geschäft. Wir legen Wert auf qualitatives Wachstum und wollen nicht um jeden Preis wachsen, wichtiger ist der Ertrag und die Qualität. Das größte Risiko liegt in der Entwicklung des Immobilienmarktes. Dieser ist kein Luftballon
Bilanz der Sparkasse
2021
Bilanzsumme Betreutes Kundenvolumen Kreditvolumen Kundeneinlagen Ertrag ... aus Zinsen ... aus Provisionen Personal- und Sachkosten Operatives Ergebnis Ergebnis vor Steuern* Steuern Jahresüberschuss CIR** Eigenkapital Geschäftsstellen (+SB) Mitarbeiter
7,884 Mrd. 14,1 Mrd. 5,678 Mrd. 5,715 Mrd. 159 Mio. 102 Mio. 57 Mio. 96 Mio. 63 Mio. 24 Mio. 17 Mio. 7 Mio. 59,8 715 Mio. 28 (36) 972
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2020 7,43 Mrd. 12,9 Mrd. 5,462 Mrd. 5,396 Mrd. 157 Mio. 103 Mio. 54 Mio. 96 Mio. 61 Mio. 24 Mio. 17 Mio. 7 Mio. 60,4 681 Mio. 29 (35) 1012
und wird nicht von heute auf morgen platzen. Viele Kunden haben sich niedrige Zinsen für lange Zeit gesichert, einen Crash befürchte ich nicht. Thimm: Expansionsrisiken gebührt bei boomenden Kreditvolumina immer eine besondere Aufmerksamkeit. Wir sehen das und haben unsere Risikoinstrumente in den letzten Jahren geschärft. Dabei steht natürlich auch die Immobilienpreisentwicklung im Fokus. Bisher können wir noch keine Überbewertung feststellen. Ganz sicher kann man sich da aber nie sein. Restrisiken sind immer vorhanden. bib: Was sind 2022 die großen Herausforderungen? Thimm: Die größte Herausforderung für uns alle ist sicherlich die Person Wladimir Putin. Auch die CoronaPandemie ist sicherlich noch nicht überstanden. Wirtschaftlich sehe ich den Klimawandel und den Fachkräftemangel als größte Herausforderungen. Barth: Vor einigen Wochen hätte ich meine Sätze aus dem Vorjahr wiederholt. Die Pandemie, die niedrigen Zinsen, der Fachkräftemangel. Diese Herausforderungen werden wir bewältigen. Jetzt haben wir andere Sorgen mit ungewissem Ausgang. bib: Herr Thimm, Herr Barth, vielen Dank für dieses Gespräch.
Bilanz der Volksbank
2021
Bilanzsumme Betreutes Kundenvolumen Kreditvolumen Kundeneinlagen Ertrag ... aus Zinsen ... aus Provisionen Personal- und Sachkosten Operatives Ergebnis Ergebnis vor Steuern* Steuern Jahresüberschuss CIR** Eigenkapital Geschäftsstellen (+SB) Mitarbeiter
4,10 Mrd. 7,70 Mrd. 2,69 Mrd. 2,89 Mrd. 82,9 Mio. 54,7 Mio. 28,2 Mio. 51,3 Mio. 31,7 Mio. 45,12 Mio. 12,2 Mio. 3,0 Mio. 61 347,5 Mio. 23 (7) 403
2020 3,70 Mrd. 7,02 Mrd. 2,46 Mrd. 2,73 Mrd. 79,1 Mio. 53,9 Mio. 25,2 Mio. 48,2 Mio. 30,9 Mio. 24,2 Mio. 9,5 Mio. 3,0 Mio. 62 342,7 Mio. 24 (10) 407
Politik
»Für die meisten Unternehmen war Russland kein wichtiger Markt« Wirtschaftsverbände IHK und wvib befürworten Sanktionen gegen Russland
Illustration: business im Breisgau, Fotos: © Michael Bode für IHK Südlicher Oberrhein, wvib
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och ist das Ausmaß des Krie ges in der Ukraine für Betriebe in Baden nicht abzusehen. Auf der Liste der wichtigsten Handels partner für den Wirtschaftsstand ort belegt Russland laut Experten von Industrie- und Handelskammer (IHK) sowie Schwarzwald AG einen der hinteren Plätze. Sie warnen je doch vor Folgen für die Weltwirt schaft und einem Energie-Embargo. „Immer mehr Unternehmen kappen in diesen Tagen ihre Beziehungen. Zum Teil, weil Geschäfte nicht mehr möglich sind. Zum Teil, um ein Zeichen gegen das Gebaren Moskaus zu setzen“, betont Christoph Münzer, Hauptgeschäftsführer des Wirtschaftsverbands Industrieller Unternehmen Baden (wvib) Schwarzwald AG mit 1049 Unternehmen. Der wirtschaftliche Exodus deutscher Firmen in Russland sei in dieser Form einzigartig. Laut Frédéric Carrière, Referent Auslandsmärkte und Zoll bei der Industrieund Handelskammer (IHK) Südlicher
Oberrhein, stehe die Weltwirtschaft vor einem Wandel: „Die Energiepreise werden weiter steigen. All das hat inflationäre Tendenzen bei vermutlich stagnierender oder nur schwach wachsender Wirtschaft.“
Den Energiemarkt im Blick: Wirtschafsexperten Frédéric Carrière (links) und Christoph Münzer Bekannt ist bereits: Betriebe unter dem Mantel der IHK sowie wvib pflegen keine besonders engen Handelsbeziehungen in die Russische Föderation. „Für die meisten Unternehmen war Russland kein strategisch wichtiger
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Markt. Die Bedeutung ist nicht so groß, wie man ob des militärischen Auftretens und der Fläche des Landes glauben könnte“, so Münzer. Der Anteil beim Exportgeschäft Richtung Russland ist laut Carrière ebenfalls überschaubar: „2020 lag Russland auf Platz 16 der 20 wichtigsten Ausfuhrhandelspartner BadenWürttembergs.“ Rund 100 Firmen aus der Region unterhielten Geschäftsbeziehungen nach Russland. Im Falle der Ukraine seien es knapp 50 Betriebe. Für Münzer ist Russland von Deutschland wirtschaftlich abhängiger als umgekehrt. Lediglich zwei Prozent der deutschen Exporte gehen nach Russland. Bei den Importen liegt die Quote bei knapp drei Prozent. Trotzdem erwartet der Experte durch den Krieg Produktionsausfälle: „In Russland wurde viel verkauft, in der Ukraine produziert.“ So stammen viele Kabelbäume in deutschen Autos aus der Ukraine. „Diese Lieferengpässe können weitreichende Folgen haben“, kommentiert Münzer.
Politik
Die beiden Experten haben die russischen Gaslieferungen im Blick. „Noch ist nicht klar, ob Moskau den Gashahn vollständig zudrehen wird – auf die Energieversorgung dürfte wohl der größte Stresstest zukommen“, vermutet Münzer. Zum Redaktionsschluss liebäu gelt die Bundesregierung nicht mit einem Liefer-Stopp von russischem Öl und Gas – wohl aber der russische Präsident Wladimir Putin. Es wäre die nächste Eskalationsstufe: Angesichts des Marschbefehls russischer Truppen Richtung Ukraine hatte Bundeskanzler Olaf Scholz am 22. Februar den Stopp des Genehmigungsverfahrens für die Pipeline „North Stream 2“ angekündigt. 55 Milliarden Kubikmeter Gas sollten jährlich über eine Strecke von rund 1234 Kilometer ohne Umweg vom russischen Ust-Luga an die deutsche Ostseeküste fließen. Als vergleichsweise rohstoffarmes Land ist die Bundesrepublik auf den Import von Ressourcen angewiesen. Nach Zahlen des Umweltbundesamtes deckt Deutschland immerhin rund 70 Prozent des Energieaufkommens durch Importe. Bei Erdgas (laut Bundesnetzagentur insgesamt 1674 Terrawattstunden im Jahr 2020) liegt die Einfuhrquote bei rund 94 Prozent. Wiederum zwei Drittel (67 Prozent) dieser Importe stammen aus Russland, beziehungsweise der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten, zu denen auch Belarus zählt. 19,4 Milliarden Euro überwies Deutschland laut Statistischem Bundesamt allein vergangenes Jahr für Öl und Gas nach Russland. Das entspricht einem Zuwachs von 50 Prozent im Vergleich zum Vorjahr und laut Stockholmer Institut für Friedensforschung etwa einem Drittel des russischen Militäretats im Jahr 2020 (rund 56,5 Milliarden Euro). Mit einem Anteil von 28,5 Prozent an der baden-württembergischen Gesamteinfuhr von Erdöl und Gas war jedoch nicht Russland, sondern Libyen für den Südwesten das wichtigste Herkunftsland der beiden Rohstoffe. Laut
Mara Mantinger, Sprecherin des Statistischen Landesamts, belegte Russland vergangenes Jahr Platz zwei mit einem Anteil von 15 Prozent, gefolgt von den Vereinigten Staaten (12 Prozent) und Kasachstan (10 Prozent). Allerdings war Russland 2021 sowohl für Baden-Württemberg als auch für die gesamte Bundesrepublik der Toplieferant von Kohle. 53,7 Prozent beziehungsweise 48,7 Prozent des gesamten aus dem Ausland gelieferten schwarzen Brennstoffs stammen demnach aus Russland. Sowohl wivib als auch IHK stehen hinter den aktuellen Sanktionen. „In der Solidarität mit der Ukraine kommt auch zum Ausdruck, dass in dem bruta-
len Überfall auf ein demokratisches Land durch Putins Diktatur unser freiheitliches Gesellschaftssystem, dass Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zur Disposition stehen“, betont Dieter Salomon, Hauptgeschäftsführer der IHK Südlicher Oberrhein. Auch für Münzer sind wirtschaftliche Maßnahmen gegen Russland nach dessen Angriff auf die Ukraine unumgänglich: „Die Situation in der Ukraine steht absolut im Vordergrund – dort sterben Menschen, es wäre empathielos und falsch, sich über entgangene Umsätze zu ärgern. Wirkungsvolle Sanktionen sind deshalb ohne Alternative.“ Philip Thomas Anzeige
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Politik
Die dubiose Dubai-Geschichte FWTM-Chef kritisiert Land, Fraktionen im Rathaus sind aufgeschreckt
Mit Hingucker-Qualitäten: Der Baden-Württemberg-Pavillon in Dubai kostet mit Betrieb 15 Millionen Euro. Rund 500.000 werden ihn Ende März besucht haben. 30 Euro pro Kontakt. Es gibt teurere Kontaktpreise. Trotzdem beherrscht der Zoff die Szenerie.
Fotos: © Erik Arazas
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och bis Ende März läuft die Weltausstellung in Dubai. Aber sie wird nicht nur ein Nachspiel haben: The Länd fordert von seinen Partnern Millionen Euro zurück. Wilhelm Bauer, Technolo giebeauftragter des Wirtschaftsmi nisteriums, muss sein Amt vorerst ruhen lassen. Der ehemalige Frei burger CDU-Stadtrat Daniel Sander wurde als Geschäftsführer der Inge nieurkammer Baden-Württemberg geschasst und sieht sich gegebe nenfalls auch hohen Forderungen gegenüber, und Daniel Strowitzki, Geschäftsführer der Freiburg Wirt schaft Touristik und Messe GmbH (FWTM) sowie der Expo GmbHsitzt in seinem Büro und sagt: „So geht man nicht mit seinen Partnern um.“
Es sei „frustrierend“, wenn man über die Presse erfährt, dass das Land eine Regressforderung in Millionenhöhe einfordern will, so Strowitzki. Das Wirtschaftsministerium hat ein Rechtsgutachten beauftragt, das zu dem Schluss kommt, dass es mehrere Millionen von der Baden-Württemberg Expo 2020 Dubai GmbH zurückfordern kann. 15 Millionen Euro hat der Pavillon in Dubai insgesamt gekostet. Mit 2,8 Millionen hatte sich das Land sicher beteiligt, der Rest sollte durch Sponsoren aufgebracht werden. Das aber war weitgehend ausgeblieben. Mündliche Zusagen von namhaften Unternehmen im Ländle wurden nicht mit Taten untermauert. Von den Millionenforderungen weiß Strowitzki bis heute nur aus der Presse. Kein Telefonat, keine E-Mail vom Land,
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nichts. Die Expo-Gesellschafter – je 38 Prozent halten die FMMI, eine Tochter der FWTM, und die Ingenieurkammer, 24 Prozent das Fraunhofer Institut für Arbeitswissenschaft und Organisation (IAO), dessen Leiter Wilhelm Bauer ist – haben jetzt auch Anwaltskanzleien eingeschaltet. Die Freiburger Wirtschaftsanwälte von FGVW. Bei einer außerordentlichen Aufsichtsratssitzung der FWTM hat deren Jurist unlängst den Mitgliedern den Sachstand erläutert. „Wir gehen sehr zuversichtlich in eine etwaige gerichtliche Auseinandersetzung mit dem Land“, sagt Strowitzki. Daniel Sander, von 2009 bis 2014 als CDU-Stadtrat auch in dem Gremium vertreten und seit 2011 bis zu seiner Kündigung Hauptgeschäftsführer der Ingenieurkammer Baden-Württemberg,
Politik
hatte seinerzeit die Initialzündung für das Konstrukt gegeben, dass die Expo GmbH im Auftrag des Landes den Auftritt abwickelt. Im Herbst 2018 hatte Stefanie Hinz, damals Abteilungsleiterin im Wirtschaftsministerium und heute Landespolizeipräsidentin, Daniel Sander gegenüber den ExpoMachern in Dubai (der Expo LLC) als „Generalkommissar“ des Projekts benannt. Mit diesem Titel ist offenbar das Recht verbunden, für das Land Verträge zu unterzeichnen. Ende Januar 2019 unterzeichnete Sander in dieser Rolle in Dubai im Beisein der damaligen WirtschaftsStaatssekretärin Katrin Schütz (CDU) einen Vertrag über den Bau des Pavillons. Als Vertragspartner firmierte jedoch nicht die private Expo GmbH, sondern das Land. Nur dass in Stuttgart davon offenbar zu wenige oder nicht die richtigen etwas wussten. Oder wissen wollen. Dubioses in Dubai. Sander soll gegenüber dem Ministerium am 8. Februar 2019 bestätigt haben, dass das wirtschaftliche Risiko bei der Expo GmbH liege. Erst aber als dann die Sponsorengelder nicht kamen, kam Druck auf den Kessel. Vom 15. Oktober 2020 bis 15. Januar gab es im Stuttgarter Landtag einen Untersuchungsausschuss mit zehn Verhand-
lungstagen. Sander saß sieben Stunden vor dem Gremium. Der Abschlussbericht umfasst 740 Seiten. 26 Zeugen wurden vernommen. Eine Anfrage des Wirtschaftsmagazins business im Breisgau ließ Sander unbeantwortet. Nach diesem Untersuchungsausschuss gab das Wirtschaftsministerium das Gutachten in Auftrag, auf das das Land nun seine Millionenforderungen stützt – es aber nicht an seine Partner herausrückt. „Wir kennen die Inhalte nicht“, sagt Strowitzki. Dass der damalige Hauptgeschäftsführer der Ingenieurkammer mit der Abgabe der Erklärung seine Kompetenzen überschritte habe, führe „nicht zu einer Enthaftung der Projektpartner“, heißt es. Die Kanzlei CMS soll die Ansprüche erst außergerichtlich, notfalls aber auch gerichtlich durchfechten. Die Fraktionen im Freiburger Rathaus wurden ebenfalls durch die Presse aufgeschreckt. Und verlangen Aufklärung. Die aber kann Strowitzki – noch – nicht leisten. Die Grünen kritisieren in einem Schreiben an OB Martin Horn, dass im Beteiligungsbericht nie ein Risiko aus der Expo-Beteiligung genannt worden ist. „Bis zu den Presseberichten“, sagt Strowitzki, „gab es kein Risiko.“
Notfalls gerichtlich durchfechten
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Zeitgeschichte
»Nationalsozialistischer Musterbetrieb« Die seltsame Lücke im Geschichtsbild der Schwarzwaldmilch
Im Schlagzeilengewitter: „In tiefer Dankbarkeit gedenken wir des Führers“
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Fotos: © Universitätsbibliothek Freiburg, Sammlung Serger
irmengeschichte ist ein heikles Gebiet, beson ders wenn es um die Zeit des Nationalsozialismus geht. Jene, wie es oft so harmlos heißt, „dunklen Jahre“ zwischen 1933 und 1945 werden bis heute in Firmenchroniken gern ausgeblendet – bewusst, denn werben lässt sich damit kaum. Was aber, wenn das Unternehmen selbst offensichtlich nichts (mehr?) von dieser Vergangenheit weiß? Die Freiburger Molkerei Schwarzwaldmilch ist so ein Fall. Ein 1939 von Adolf Hitler persönlich gekürter „nationalsozialistischer Musterbetrieb“. Der erste in Oberbaden. Hedwig Weil, 1880 als Kind einer wohlhabenden jüdischen Familie in Freiburg geboren, bekam im Sommer 1938 unverhofften Besuch. Sie wohnte damals im Haus ihrer Schwiegermutter Rosa Weil in der Ludwigstraße 32. Der Besuch stellte sich als Abgesandter der Breisgaumilch-Zentrale (BMZ, heute Schwarzwaldmilch GmbH) vor. Er präsentierte der Witwe des bereits 1907 mit 35 Jahren gestorbenen praktischen Arztes Dr. Robert Weil ein Angebot, das sie nicht ablehnen konnte – die Nazis waren seit Mitte 1938 daran, die Juden aus dem Wirtschaftsleben auszuschalten und Schritt für Schritt völlig zu enteignen. Es ging um ihr etwa 5000 Quadratmeter großes Grundstück, das neben dem 1936 eröffneten neuen Milchwerk der BMZ an der Haslacher Straße 12 gelegen war – und das der florierende Milchversorger der Stadt Freiburg für eine Erweiterung des Firmengeländes benötigte. Hedwig Weil verkaufte das Gelände für 3,50 RM pro Quadratmeter – ein Schnäppchen. Den Erlös 14 | chilli | business im Breisgau | 03.2022
von knapp 17.000 RM hat sie höchstwahrscheinlich nie gesehen. Derartige Gelder verschwanden damals meist auf Sperrkonten, die sich das NS-Regime später unter den Nagel riss. Die Stadt Freiburg, die damals die Hälfe des Stammkapitals der Breisgaumilch-Zentrale stellte, bekam 1938 im selben Zug für ihr 1300 Quadratmeter großes Nachbargrundstück 5 RM je Quadratmeter – damals auch schon ein Vorzugspreis. Doch der Grundstückskauf sollte für die Breisgaumilch noch ein Nachspiel haben. 1949 erhob Dr. Rudolf Weil, der nach England geflohene Sohn von Hedwig Weil (sie wurde 1943 im KZ Theresienstadt umgebracht), vor dem Landgericht Freiburg Klage auf Rückerstattung des Grundstücks. Wie bei vielen Juden, die nicht mehr ins Land der Mörder zurückkehren wollten, endete das Restitutionsverfahren mit einem Vergleich. Die BMZ, erstaunlicherweise noch immer vertreten durch den aus NS-Zeit hoch kompromittierten Geschäftsführer Ernst Schmidt, musste an den Kläger, so dokumentieren Akten im Staatsarchiv Freiburg, einen Betrag von 9500 DM nachzahlen – damals ein erklecklicher Betrag. Schmidt stellte sich vor Gericht als Judenfreund dar und behauptete, Hedwig Weil habe ihn zwei Mal um den Kauf des Grundstücks gebeten. In den im Freiburger Stadtarchiv vorhandenen Akten berichtete Schmidt Ende 1938 genau das Gegenteil. Es lief damals gut für das 1930 von Milchbauern, Milchhändlern und dem Rathaus gegründeten Unternehmen. 1933, gleich nach der Machtübergabe an Adolf Hitler, setzte es sich an die Spitze der nationalsozialistischen Bewegung in Freiburg. Die damals 90-köpfige Belegschaft trat als erste Freiburger Firma
Zeitgeschichte
geschlossen in die Deutsche Arbeitsfront (DAF) und die NS-Volkswohlfahrt ein. Und nicht nur das: Sie beteiligte sich 1937 auch sofort unter der Parole „Wir marschieren mit!“ als eines der ersten Unternehmen an dem von Robert Ley ausgelobten reichsweiten „Leistungskampf der Betriebe“. Für ihre Leistungen verlieh NSGauleiter Robert Wagner 1938 am Nationalfeiertag, dem 1. Mai, der „Gefolgschaft“ unter der Geschäftsführung des Parteigenossen Ernst Schmidt das „Gaudiplom für hervorragende Leistungen“. Schmidt kam im Geschäftsbericht 1938 geradezu ins Schwärmen: „Im Jahr 1938 stand das ganze deutsche Volk unter dem gewaltigen Eindruck der Schaffung ‚Großdeutschlands‘. In tiefer Dankbarkeit gedenken wir des Führers, dessen Tatkraft dem deutschen Volke den Frieden und damit den weiteren wirtschaftlichen und sozialen Aufstieg sicherte. Die großen geschichtlichen Ereignisse steigerten die Schaffens- und Willenskraft im Kampf um die Unabhängigkeit und Freiheit des deutschen Volkes auf das höchste. Auch unser Unternehmen als kleine Zelle des deutschen Wirtschaftslebens fasste alle Kräfte zusammen, um durch restlosen Einsatz höchste Leistungen zu erzielen.“ Dieser Einsatz blieb nicht unbeachtet. 1938 erhielt die Breisgaumilch-Zen-
trale zudem das „Leistungsabzeichen für vorbildliche Förderung“ der NS-Organisation „Kraft durch Freude“. Am 1. Mai 1939 wurde Ernst Schmidt nach Berlin eingeladen. Im Mosaiksaal der Neuen Reichskanzlei wurde er mit den 99 anderen ausgezeichneten Betriebsführern aus dem Reich von Adolf Hitler, Hermann Göring und Robert Ley, dem Leiter der Deutschen Arbeitsfront, persönlich empfangen. Sie alle erhielten die Urkunde für die Auszeichnung als „nationalsozialistischer Musterbetrieb“ – die BreisgaumilchZentrale als erstes Unternehmen in Oberbaden. „Der Führer reichte nun jedem die Hand und wechselte einige Worte mit jedem.“ Schmidt war, so las man tags darauf im Freiburger NS-Kampfblatt „Der Alemanne“, gepackt von der Begegnung mit dem „größten deutschen Staatsmann der Weltgeschichte“. Schon zuvor hatte der Betriebsobmann der BMZ die Flagge der Deutschen Arbeitsfront mit goldenem Rad und goldenen Fransen erhalten, die wenig später bei einer Großkundgebung der DAF in der Freiburger Festhalle stolz präsentiert wurde. Ein Höhepunkt der Firmengeschichte, zweifellos. Wer sich auf der Homepage der Schwarzwaldmilch, in die die BMZ 2010 umbenannt wurde, um-
schaut, findet dort zwar eine Rubrik „Geschichte“ – deren Chronik endet jedoch 1932 und geht erst 1957 weiter. Für Moritz Collmar, den amtierenden Pressechef, kein Problem: „Auf unserer Homepage liegt der Fokus der historischen Darstellung derzeit auf der Sortiments- und Markenentwicklung – die Zeitgeschichte wird hier nicht beleuchtet.“ Man werde im Zug des für kommenden Herbst vorgesehenen Relaunchs „entscheiden, ob wir zusätzliche Aspekte aufnehmen“. Nicht beleuchtet wurde die so bemerkenswerte NS-Zeit der Firma auch in der veröffentlichten „Chronik“ zum 90-jährigen Jubiläum im Jahr 2020. Collmar: „Inwiefern diese Informationen den Kolleginnen und Kollegen bei der Erstellung vorlagen, ist noch nachzuvollziehen. Auch hier wird zu entscheiden sein, wie die Jahre 1933 bis 1945 in künftigen Chroniken adäquat hinterlegt werden können.“ Die Schwarzwaldmilch GmbH, mit 220 Millionen Euro Umsatz und rund 440 Beschäftigten eines der größten Unternehmen Freiburgs, ist seit 2016 Hauptsponsor des SC Freiburg und damit auch für das Image dieses sympathischen Vereins mit zuständig. Bernd Serger
Ausgezeichnet: Die Breisgaumilch-Zentrale war in Oberbaden der erste Musterbetrieb.
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Handel
»Bundesweit werden rund 16.000 Geschäfte aufgeben« bib-Interview mit dem neuen Handelsverbandschef Roland Fitterer
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Foto: © Stephan Pawellek
s war mehr als eine Amtsübergabe, es war das Ende einer Ära, als im November 2021 Roland Fitterer die Nachfolge von Philipp Frese an der Spitze des Handelsverbands Südbaden antrat, hatten doch Vater Hermann Frese 27 Jahre und Sohn Philipp Frese 16 Jahre lang als Präsidenten diesen Verband geführt. Fitterer hat sein Amt in schweren Zeiten übernommen: Corona, Ukraine-Krieg, Verödung der Innenstädte, Zunahme des Online-Handels. Darüber sprach der neue Präsident des Handelsverbands Südbaden mit bib-Autor Stefan Pawellek.
Es ist eine gewisse Trägheit entstanden, man hat sich mit anderen Einkaufsmöglichkeiten arrangiert. Diese Trägheit ist längst noch nicht beseitigt. Man muss Menschen, Touristen, Kunden mit Veranstaltungen in die Innenstädte locken – da brauchen wir nicht Störfeuer durch Demonstrationen, denn gerade der Samstag ist der Haupteinkaufstag. bib: Besteht die Gefahr, dass es aufgrund der UkraineKrise zu Preiserhöhungen kommt? Fitterer: Die Getreideversorgung, wo viele Angst haben, ist sicher, wir importieren weltweit, nicht nur aus Russland und der Ukraine. Verknappungen sind aber möglich, ebenso Verteuerungen. Ursache ist vor allem die Logistik: Die üblibib: Erst Corona, nun der Ukraine-Krieg. Wie stark ist chen Wege sind unterbrochen, neue müssen gefunden werden, die meist länger sind. Damit erhöht sich die der Handel gebeutelt? Fitterer: Moment, Corona ist noch immer nicht überstan- Transportdauer und der Energieverbrauch. Die erhöhten den. Lockdown und Anti-Corona-Vorschriften haben den Kosten werden dann auf die Kunden abgewälzt. Hinzu Handel stark getroffen, kaum jemand kam noch in die In- kommt, dass Fahrer fehlen – und die beispielsweise nach der Ukraine fahren, kehren nicht zunenstädte. Die Lockerungen, wir rück, weil sie ihr Land verteidigen hoffen besonders auf jene Mitte wollen oder müssen. Problematisch März, sollten die Innenstädte wieder ist auch Asien, von dort beziehen beleben, mehr Menschen in die Städwird vieles, beispielsweise Stoffe für te locken, das Ladensterben stoppen. die Modeindustrie, Fertigprodukte, bib: Werden Betriebe aufgeben? Halbleiter und vieles mehr. Wir Fitterer: Nicht wenigen Händlern müssen lernen, wieder mehr auf reist alles während der Pandemie gionale Produkte und Produktionen über den Kopf gewachsen. Lockzu setzen. Ein längerfristiges Probdown, rote Zahlen, die Altersverlem ist die Energie, da haben wir viel sorgung gefährdet. Nun werden ausgelagert, die eigene Produktion Nachfolger gesucht, nur gibt es abgehängt: Das fällt uns nun auf die kaum welche. Es fehlen Fachkräfte, Roland Fitterer: Füße. Energie wird teurer, was zu eiund viele scheuen sich, ein Ge- „Mode, das wäre was.“ ner allgemeinen Verteuerung führt. schäft zu übernehmen, von dem sie bib: Zurück nach Baden: Auf Freinicht wissen, ob es und wann es schwarze Zahlen schreibt. Laut einer Studie des Handels- burgs Kajo wird mit Kaiser-Mode eine sehr attraktive Fläverbandes Deutschland (HDE) werden bundesweit um che frei. Für welche Nutzung plädiert der HV? Fitterer: Nun, es sind verschiedene Möglichkeiten denkbar. die 16.000 Geschäfte aus allen Branchen aufgeben. Aber das Erdgeschoss, eventuell zusammen mit dem Unterbib: Welche sind am stärksten betroffen? Fitterer: Die Modebranche ist stark betroffen, egal ob Bou- geschoss, muss an ein Handelsunternehmen gehen. Da flatique oder großes Modehaus: Die Menschen flanieren nicht. niert man, da lockt ein gut gestaltetes Angebot. Es muss ein Gleiches gilt für die Schuhbranche, hier ist es geradezu dra- Frequenzbringer sein. Typische Frequenzbringer sind Lematisch. Im Elektronikbereich ist es schwierig, da gab es Ab- bensmittel- und Drogeriegeschäfte – die werden da nicht wanderungen in den Online-Handel. Impfpass, Maske, hingehen. Mode, das wäre etwas. In den Obergeschossen Kontrollen in und durch die Läden, das schreckt Kunden ab. könnte man sich ein Ärztehaus vorstellen oder auch Büroflä-
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Handel
chen. Oder auch eine Mischnutzung aus Büros und Wohnen. bib: Sind angesichts des zunehmenden Online-Handels große Geschäftsflächen denn noch sinnvoll? Fitterer: Zweifellos wird der OnlineHandel stärker. Hier müssen die örtlichen Händler das Serviceangebot verstärken, das Haus attraktiver machen. Online-Anbieter im Modebereich digitalisieren den Körper, damit der Anzug, das Kostüm auch passt. Warum so etwas, plus fachliche Beratung, nicht auch vor Ort anbieten? Wer Ski, wer Wanderschuhe kauft, möchte die mal ausprobieren. Also sollte das Sportgeschäft entsprechende Parcours anbieten. Das Gleiche gilt auch für Fahrradgeschäfte: Ein überdachter Parcours, das ist doch etwas, was Kunden anzieht. Und: Gerade im Sportgeschäft wäre eine angeschlossene Physio-Abteilung der Renner. Es gilt also, attraktive Zusatzangebote zu schaffen. Und dafür braucht man eben auch Platz. bib: Der Online-Handel wurde durch die Pandemie gepusht. Kann man das zurückdrehen? Fitterer: Wir müssen dran arbeiten, diesen Marktanteil wieder zurückzufahren. Die Händler müssen sich neu aufstellen, sich einen neuen Stil einfallen lassen, die Kunden neugierig machen. Man darf aber auch den sozialen Aspekt nicht ver-
gessen: nach dem Einkauf bummeln, Essen gehen, einen Kaffee trinken, kurz „sehen und gesehen werden“. Eine attraktive Innenstadt lockt die Kunden mit vielen Kleinigkeiten an. bib: Wie bewertet der HV die derzeit geltenden Corona-Verordnungen für den Handel? Fitterer: Wir sind derzeit in der Warnstufe, das heißt, Maske und Hygiene gelten noch, aber das beeinträchtigt das Einkaufen nicht mehr so sehr. Wir hoffen, dass es auch im Herbst ruhig bleibt, keine Schließungen mehr kommen und keine Regelungen wie Ende 2021. bib: Stehen Tarifverhandlungen an? Fitterer: Nein. Es gab 2021 einen Zweijahresabschluss, der uns sehr weh getan hat. Die Inflation knabbert natürlich an den Einkommen. Aber es herrscht Fachkräftemangel, wenn Sie gute Kräfte halten wollen, brauchen Sie keinen Tarifvertrag. bib: Welche Schwerpunkte wollen Sie in Ihrer Amtszeit setzen? Fitterer: (lacht) Vieles wurde durch Corona obsolet – beispielsweise wollte ich durch die Städte und Rathäuser touren, das ging nicht. Ich wollte Firmen aufsuchen, denn im Gegensatz zur IHK gibt es bei uns keine Pflichtmitgliedschaft, wir müssen unsere Mitglieder werben, überzeugen, bei der Stange
halten – zum Beispiel durch Vorträge, Schulungen, Präsentationen. Ging nicht. Zwei Dinge sind mir wichtig: Das ist einmal die Innenstadtbelebung, in Zusammenarbeit mit der Verwaltung. Und, natürlich, neue Mitglieder werben. Das erhöht unsere Schlagkraft und betont die Stärke des Verbandes. bib: Herr Fitterer, vielen Dank für dieses Gespräch.
Zur Person Roland Fitterer ist seit 1979 geschäftsführender Gesellschafter der Frischemarkt Fitterer GmbH, die in Baden-Baden beheimatet ist. Seine beiden Söhne Andreas und Sven arbeiten beide als Gesellschafter im Familienunternehmen mit, das 1959 von Hans und Klara Fitterer gegründet wurde. Heute betreibt die Firma drei Supermärkte, drei weitere sind in Planung. Daneben werden in diesem Jahr noch drei freistehende Bäckereifilialen übernommen. Insgesamt beschäftigt Fitterer derzeit 180 Mitarbeiter·innen. Der 64-Jährige ist Aufsichtsrat bei der EDEKA Südwest, Präsident HV Südbaden e.V., Vizepräsident HV Baden-Württemberg, Vizepräsident IHK Karlsruhe und Einzelhandelsausschussvorsitzender IHK Karlsruhe. Anzeige
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Bauen in Baden
Das Modellfoto zeigt die nördliche Fassade des Neubaus mit einem Platz, der vor allem Fahrrädern vorbehalten sein soll.
So sieht der Sieger aus: Grünes Gerank an vorgestellter Stahlfassade.
Falk Pharma will 100 Millionen Euro investieren Foto & Visualisierung: © Lifa Breisgau GmbH· *Transparenzhinweis: Der Autor ist Eigentümer der Lokhalle auf dem Güterbahnhof.
Cobe aus Kopenhagen gewinnen Wettbewerb am Güterbahnhof
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eun Architekturbüros hatten sich beim Realisierungswett bewerb für die Bebauung des Areals für die Falk Pharma GmbH ge messen, der klare Sieger kommt aus Kopenhagen, es ist das Büro Cobe. Die Bauherrin ist die Lifa Breisgau GmbH. Und die will nach den Worten der Gesellschafter Carola und Mar tin Falk rund 100 Millionen Euro auf dem Güterbahnhof investieren. Rund 8900 Quadratmeter fasst das Grundstück vis-à-vis der historischen Lokhalle, die im Wettbewerb bei der Gestaltung des neuen Firmensitzes auch eine Hauptrolle spielte. „Die Lokhalle ist der Leuchtturm des gesamten Areals, der Siegerentwurf hat deren Industriearchitektur neu interpretiert“, sagte Martin Falk bei der Bekanntgabe vor Journalisten. Eine vorgestellte rostrote Stahlfassade nimmt die Backsteinfarbe der Lokhalle wieder auf. Auch die Sheddachform für Photovoltaik-Anlagen und die begrünten Pergolen über der Dachterrasse assoziier-
ten den Charakter und nähmen direkten Bezug zur Lokhalle. Das größtenteils fünfgeschossige Gebäude ist als eckige Acht in HolzHybrid-Bauweise geplant, an der Ecke Eugen-Martin- und Paul-Ehrlich-Straße wird es einen Quartiersplatz geben, zudem zwei weitere Plätze. Und eine große Dachterrasse. Ob auch die für die Öffentlichkeit zugänglich ist, sei noch offen. „Einen solchen Qualitätsanspruch erleben wir nicht immer“, lobte Baubürgermeister Martin Haag. Das Gebäude sei „ein Geschenk an die Stadt, eine enorme Bereicherung“, so Jórunn Ragnarsdóttir, Architektin und Vorsitzende des Preisgerichts. Die präzise städtebauliche Setzung, die robusten Gebäudestrukturen und die qualitätsvollen Freiräume würden langfristig das neue Stadtquartier bereichern: „Die Außenwände der Gebäude sind die Innenwände der Stadt.“ „Uns war wichtig, dass die Architektur gut in das wachsende Quartiersumfeld passt und als neuer Baustein vor allem
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offen sein soll, das heißt zugänglich und einladend für die gesamte Nachbarschaft und Besucher·innen“, erklärten Martin und Carola Falk. 2025 sollen rund 250 Beschäftigte von Falk Pharma und der Falk Foundation im neuen Campus arbeiten. 40 Prozent der insgesamt 18.500 Quadratmeter (brutto) werden sie selber nutzen, für den Rest suchen die Falks noch Mieter. Es wird eine Gastronomie geben, Tagungsund Veranstaltungsräume, in der Tiefgarage Platz für bis zu 300 Autos und sehr viele Fahrradstellplätze, die über eine eigene Abfahrt erreichbar sind. Den Stammsitz in Hochdorf werde man „früher oder später aufgeben“, sagte Martin Falk. Die Logistik-Bereiche würden in einem Neubau der Losan Pharma GmbH im Gewerbepark Breisgau eingebettet, die auch zur FalkGruppe zählt. Der Falk-Konzern setzte im Jahr 2020 rund 438 Millionen Euro um und wies nach Steuern einen Gewinn von gut 84 Millionen Euro aus.
Lars Bargmann*
Bauen in Baden
Nachhaltig in die Höhe Familienheim Freiburg baut neue Wohnungen auf Parkdeck Su n
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Illustration: business in Breuisgau, Foto: © Familienheim Freiburg / Rainer Muranyi
Alexander Ehrlacher, Anja Dziolloß und Martin Haag auf dem Parkdeck (links rot markiert), auf dem eine ideale Nachverdichtung realisiert wird.
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in nachhaltiges Bauprojekt ohne neuen Flächen verbrauch – das plant die Baugenossenschaft Fa milienheim Freiburg im Stadtteil Betzenhausen. Über einem Parkdeck an der Angelus-Silesius-Straße soll ein energieeffizientes Holzhaus entstehen. „Wir haben hier eine hohe Nachfrage nach Wohnungen“, sagt Anja Dziolloß. Die Vorstandsvorsitzende der Baugenossenschaft nennt die Nähe zum Seepark sowie zu Straßenbahn, Autobahn und Zubringer als Pluspunkte des Standorts. Der aufgeständerte Neubau ist in Holzrahmenbauweise konzipiert, die beiden Stockwerke werden barrierefrei erreichbar sein. Auf knapp 700 Quadratmetern Wohnfläche werden bis voraussichtlich Juli 2023 vier 4-Zimmer- und vier 2-Zimmer-Wohnungen entstehen. Die Mietpreise sollen sich laut Dziolloß im „genossenschaftlichen Rahmen“ bewegen. Die Durchschnittsmiete der Genossen in Freiburg lag zuletzt bei 7,16 Euro pro Quadratmeter. Auch an die Nachhaltigkeit ist gedacht. Das Gebäude ist als KfW-Effizienzhaus 40 konzipiert, braucht also rein theore-
tisch 40 Prozent der Primärenergie eines vergleichbaren Referenzgebäudes – der genaue Prozentsatz hängt gleichwohl stets vom Verhalten der Bewohner ab. Der benötigte Heizbedarf wird mit einem Anschluss an die Nahwärmeversorgung von Nachbargebäuden gedeckt. Dort wird die Wärmeenergie mit einem gasbetriebenen Blockheizkraftwerk und einer thermischen Solaranlage produziert. Der Emmendinger Architekt Dirk Kottmann betont die Vorteile des Baustoffs Holz: „Uns wurde schnell klar, dass die Holzbauweise hier prädestiniert ist“, sagt er. Nach seinen Berechnungen werden bei dem Projekt, das 200 Tonnen an Holz und Holzwerkstoffen benötigt, rund 400 Kubikmeter CO2 eingespart, die bei der Arbeit mit anderen Baustoffen entstehen würden. Das Investitionsvolumen liegt voraussichtlich bei 3,1 Millionen Euro, Förderungen gibt es durch das Energieeffizienzhaus-Programm der Kf W sowie von dem städtischen Förderprogramm Holzbau. Bei einer Vorstellung vor Ort lobt Baubürgermeister Martin Haag das Vorhaben: „Das ist ein großartiges Projekt – bitte mehr davon!“ pl chilli | business im Breisgau | 03.2022 | 19
Bauen in Baden
Stuttgart schlägt Freiburg Scoperty schätzt Immobilienpreise
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in durchschnittlicher Quadrat meter Wohneigentum kostete in Freiburg im vierten Quartal 2021 stolze 5146 Euro. Doch es geht noch teurer: In der Landeshauptstadt zahlen Käufer im Schnitt 5.161 Euro. Damit hat Stuttgart der Breisgaume tropole den Rang der teuersten grö ßeren Stadt im Ländle abgerungen. Zumindest sagen das die Zahlen einer deutschlandweiten Untersu chung der Münchner Immobilien plattform Scoperty. Demnach sind die Immobilienpreise in Baden-Württemberg allein zwischen Ende März und Ende 2021 um 10,87 Prozent gestiegen. Deutschland-
weit ist das der geringste Preisanstieg, den höchsten verzeichnet SchleswigHolstein mit 18,92 Prozent. Zum Paradies für Käufer macht das „The Länd“ gleichwohl nicht. Der durchschnittliche Quadratmeterschätzwert liegt hier bei rund 3530 Euro, teurer ist Immobilieneigentum nur in Hamburg (5733 Euro), Berlin (4584 Euro) und Bayern (4471 Euro). In Schleswig-Holstein liegt der Wert dagegen bei „nur“ 3111 Euro. Die teuersten Städte Baden-Württembergs sind nach Angaben von Scoperty die mittelgroßen, Spitzenreiter ist Konstanz mit einem Quadratmeterpreis von 5542 Euro. Mit relativ günstigen Preisen warten unter den
größeren Städten Pforzheim (2994 Euro), Mannheim (3485 Euro) und Heilbronn (3612 Euro) auf. Geradezu als „Schnäppchen“ kann Triberg im Schwarzwald mit 1467 Euro gelten. „Auch wenn der Preisanstieg in Baden-Württemberg moderat ausfällt im Vergleich zu anderen Bundesländern wie Schleswig-Holstein, ist ein Ende der Aufwärtsspirale in vielen Orten und Landkreisen noch nicht in Sicht“, sagt Stefan Kellner, CEO von Scoperty. Das Unternehmen stellt aktuelle Quadratmeterschätzwerte und Preistrends für mehr als 10.000 Gemeinden in ganz Deutschland online zur Verfügung.
Pascal Lienhard
»Bedarf wächst wahnsinnig« Anhänger-Produzent Carla Cargo zieht nach Herbolzheim
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Foto: © CARLACARGO
er Fahrradanhänger-Hersteller Carla Cargo schal tet einen Gang hoch. Um die Produktion zu ver dreifachen, will das 2018 gegründete Unterneh men von Kenzingen nach Herbolzheim umziehen. Ein entsprechendes Grundstück für einen Millionenbetrag ist bereits gekauft. Der Spatenstich soll im Herbst erfolgen. „Gestartet sind wir als typische Garagenfirma“, berichtet Bertram Jakob, Projektmanager bei Carla Cargo. Die Idee, dreirädrige Lastenanhänger für Fahrräder zu entwickeln, sei bereits 2014 entstanden. Damals wurde eine Transportmöglichkeit für große Mengen Gemüse aus der solidarischen Landwirtschaftsinitiative „Gartencoop Freiburg“ gesucht. Im Frühjahr 2018 folgte die Gründung der Carla Cargo Engineering GmbH. Heute zählt das Unternehmen 15 Mitarbeiter und produziert zwei verschiedene Lastenanhänger-Typen: einen mit Elektromotor und einen ohne. Beide bringen zwischen 42 und 51 Kilogramm auf die Waage und können bis zu 200 Kilogramm bewegen. Die Anhänger aus Südbaden flitzen mittlerweile auch durch England, Australien oder die Vereinigten Staaten. „Der Bedarf wächst wahnsinnig“, kommentiert Jakob.
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Den Erfolg führt das Unternehmen zurück auf ein vereinfachtes Produkt: „Alles ist so simpel wie möglich gehalten. Heute braucht man schon fast einen Automechaniker, um ein Fahrrad zu reparieren“, sagt Jakob. Das Unternehmen setze daher auch auf Rahmen aus Stahl und nicht aus Aluminium. Seit Ende 2020 werden die meisten dieser Rahmen bei „Wecubex“ in Herbolzheim per Schweißroboter gefertigt. Dorthin zieht es nun auch Carla Cargo. Auf 2500 Quadratmetern Gewerbefläche soll ab Herbst eine 720 Quadratmeter große Produktionshalle in Holzbauweise für Lastenanhänger entstehen. Der niedrige siebenstellige Betrag, den Carla Cargo nach eigenen Angaben für das Grundstück gezahlt hat, und die Investitionen in den Neubau sollen sich lohnen: „In Kenzingen können wir jährlich bis zu 800 Carlas produzieren, in Herbolzheim haben wir Kapazitäten für bis zu 3000.“ Philip Thomas Freut sich auf den Umzug: Bertram Jakob, Projektmanager bei Carla Cargo
Bauen in Baden
Polizeirevier Breisach
Unmüßig kooperiert mit Hohwieler
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Isenbergerstraße
ProjektentwicklerBündnis geschlossen
Plangebiet der BIMA: In Breisach will die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben nach langen Debatten im Gemeinderat nun zwölf Häuser (rot markiert) mit insgesamt 140 Mietwohnungen zwischen Isenberg- und der Burkheimer Landstraße bauen.
Illustration: © business in Breisgau, Quelle: Bundesanstalt für Immobilienaufgaben
BIMA baut 140 Wohnungen BREISACH. Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BIMA) will an der Isenbergstraße bis 2026 zwölf Gebäude mit rund 140 neuen Mietwohnungen für eine Kaltmiete von bis zu zehn Euro bauen. Die Investitionssumme liegt bei rund 60 Millionen Euro. Da die Bundesanstalt keine Förderung von der bundeseigenen KfW bekommt, wird die BIMA nur nach dem Effizienzhaus55-Standard bauen. Der anspruchsvollere KfW-40-Standard würde vier Millionen Euro mehr kosten, das gehe bei der zugesagten Miete nicht, sagte ein BIMA-Vertreter bei einer Sitzung in der Breisgauhalle.
Rathaus-Anbau kostet eine Million mehr BAD KROZINGEN. Der geplante Rathaus-Anbau wird voraussichtlich 6,9 statt der ursprünglich veranschlagten 5,9 Millionen Euro kosten. Grund sind die Baupreisexplosionen und ein voll
ausgelastetes Handwerk. Der Bau soll im Frühjahr 2024 beziehbar sein. Die Mitarbeiter der Stadtverwaltung um Bürgermeister Volker Kieber sind aktuell in über sechs Liegenschaften verteilt, für die das Rathaus jährlich rund 60.000 Miete zahlen muss.
Schulsanierung kostet fast zwei Millionen mehr EMMENDINGEN. Die Sanierung des alten Schulgebäudes und der Neubau der Grundschule Mundingen werden fast zwei Millionen Euro mehr kosten. Das hat das beauftragte Architekturbüro mitgeteilt. „Der Stadt entsteht kein Schaden“, sagte Rüdiger Kretschmer, Fachbereichsleiter Planung und Bau bei der Stadt Emmendingen, „wir werden die Planer in die Pflicht nehmen.“ Die Architekten hätten manche Kostenblöcke schlicht vergessen, sich allein bei den Honorar- und Nebenkosten für den Schulneubau um 320.000 Euro verrechnet. bib
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ie Unmüssig Bauträgerge sellschaft Baden ist eine Kooperation mit der DevCon Immobilien GmbH eingegangen. Deren Geschäftsführer ist in Frei burg kein Unbekannter: Thomas Hohwieler. Entsprechende Infor mationen des business im Breis gau bestätigte jetzt Peter Unmü ßig: „Wir waren über die Jahre immer wieder im Austausch und ich freue mich, dass wir nun zu sammenarbeiten.“ Hohwieler war im Jahr 2000 Leiter der Freiburger Strabag-Niederlassung geworden. Drei Jahre später wechselte er in die Geschäftsführung nach Köln und baute dort die Strabag Real Estate mit auf. 2017 verließ er den Konzern und wurde Sprecher der Geschäftsführung bei der mittelständischen ABGGruppe in Köln. Von dort zog er weiter zur RFR. Auch dort aber wurde er offenbar nicht glücklich. So gründete der 56-Jährige mit der DevCon sein eigenes Unternehmen, das noch zwei RFR-Projekte in München und Zürich abwickeln wird. Nun wieder von seiner Heimat in Freiburg aus. Die Väter Adolf Unmüßig, Bauunternehmer, und Helmut Hohwieler, einst Chef des städtischen Liegenschafts amts und auch der Freiburger Siedlungsgesellschaft (heute: Stadtbau), hatten vor Jahrzehnten auch schon geschäftlich viel miteinander zu tun. „Peter Unmüßig ist für mich die Verkörperung eines Projektentwicklers“, sagt Thomas Hohwieler. Und er weiß, wovon er spricht. bar
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Bauen in Baden
Gut zu sehen, dass Rechenzentren viel Abluft erzeugen: Peter Lais, Marion Dammann, Ralf Held, Paul Kempf (Geschäftsführer Zweckverband Breitband Lörrach / Regio-RZ Süd), Wolfgang Dietz und Martin Gruner (Bürgermeister Weil am Rhein) vor dem neuen Rechenzentrum (v.l.n.r.).
Mit Logo auf der Kabelpritsche: Wenig Platz für Menschen, viel für Daten.
Richtfest für Rechenzentrum Neuer Knotenpunkt in Weil am Rhein
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Fotos: © Jonas Conklin
er IT-Dienstleister BadenIT, eine Tochter der Badenova AG, und der Zweckverband Breitbandversorgung Lörrach in vestieren gemeinsam 2,5 Millionen Euro in ein neues Rechenzentrum auf einem 1100 Quadratmeter gro ßen Grundstück in Weil-Haltingen. „Als fest in der Region verankertes Unternehmen sehen wir es als unsere Pflicht an, in den Standort zu investieren und dem Mittelstand in Südbaden die bestmögliche, digitale Grundversorgung zu bieten“, sagte BadenIT-Geschäftsführer Peter Lais beim Richtfest Anfang März. Mit dem Zweckverband habe man den „idealen Partner“ gefunden, der mit seinem Know-how die Region voranbringe. Beide Gesellschaften sind in der für den Bau und den Betrieb gegründeten Regio-RZ Süd GmbH gleichberechtigt. Die Lörracher Landkreis-Landrätin Marion Dammann betonte angesichts
der aktuellen politischen Lage, dass es gerade jetzt wichtig sei, Datensicherheit und Datensouveränität vor Ort zu sichern: „Das Rechenzentrum ist das technische Herz der Digitalisierung im Landkreis.“ Oberbürgermeister Wolfgang Dietz sagte, dass für ihn digitale Infrastruktur zur öffentlichen Daseinsvorsorge gehöre und deshalb in öffentlicher Hand bleiben sollte. Dank des Rechenzentrums liege Weil am Rhein nicht nur an einer Nord-Süd-Achse des Straßen-, Schienen- und Schiffsverkehrs, sondern sei nun auch ein Knotenpunkt im Datenverkehr. Das 200 Quadratmeter fassende, hochmoderne Rechenzentrum werde nicht nur „höchsten“ Sicherheitsansprüchen genügen, sondern auch besonders energieeffizient arbeiten. Der Strom wird komplett aus regenerativen Quellen bezogen, das Kühlsystem sei besonders energieeffizient und mit einer begrünten „Greencity-Wall“ werde zukünftig über eine Tonne CO2 jähr-
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lich gebunden, berichtete Ralf Held, Geschäftsführer der Regio-RZ Süd GmbH und für nun drei Rechenzentren der BadenIT zuständig. Digitale Arbeitsplatzlösungen und Cloud-Services gewinnen weiter an Bedeutung. Um flexibel zu sein und die Anforderungen bestmöglich abzubilden, setzen Verantwortliche zusehends auf hybride Lösungen. Zudem baut der Landkreis Lörrach seit einigen Jahren die Glasfaserinfrastruktur in der Region aus. Damit hat das neue Rechenzentrum direkten Anschluss ans Glasfasernetz und kann seine Dienste in Höchstgeschwindigkeit bereitstellen. Integriert wird das neue Rechenzentrum in die bereits bestehende Rechenzentrumslandschaft der BadenIT, was die Redundanz und Verfügbarkeit der Systeme gewährleisten soll. BadenIT hatte 2019 ein zweites Rechenzentrum am Stammsitz in Freiburg an der Tullastraße gebaut, das erste liegt an der Ferdinand-Weiß-Straße. bib
Energiewende
Wo Photovoltaik polarisiert Das Pro und Contra zur geforderten Umwandlung eines Flugplatzes in einen Solarpark
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Illustration: © business im Breisgau
ie Idee ist simpel: Eine Gruppe aus dem Raum Bad Krozingen fordert, den Flugplatz Bremgarten im Gewerbepark Breisgau bei Eschbach durch einen Solarpark zu ersetzen. Die Idee der ParcSol-Initiativgruppe stößt aber auch in diesen Zeiten nicht nur auf Wohlwollen. Der Rentner Roland Diehl hat sich in der Region vor allem mit der Bürgerinitiative MUT einen Namen gemacht. Mit dieser setzt er sich gegen Bahnlärm ein. Aktuell treiben den ehemaligen Vize-Direktor des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Festkörperphysik mit seiner ParcSol-Projektgruppe die Folgen des Klimawandels um: „Wie der Weltklimarat in seiner jüngsten Untersuchung bestätigt, muss zügig und umfassend gehandelt werden, um den Klimawandel beherrschbar zu machen.“ Flugplätze böten ein enormes Flächenpotential, welches „sehr schnell“ für den Aufbau von Solarparks genutzt werden könne. Daher solle auf der Fläche der jetzigen Landebahn sowie der angrenzenden Wiese ein Solarpark entstehen. Der gewonnene Strom könne auch zur Produktion von Wasserstoff verwendet werden. Zuspruch hätte man nicht nur von Bürger·innen, sondern auch im Krozinger Arbeitskreis Klimaschutz, bei den Parents for Future, im Ortsverein Bad Krozingen der SPD und der Grünen sowie in der SPD-Kreistagsfraktion gefunden. Einen Investor habe man für den potentiellen Solarpark auch bereits an der Hand, es brauche nun Fläche. Betreiber des Flugplatzes ist die Gewerbepark Breisgau GmbH. Geschäftsführer Markus Riesterer steht der Initiative kritisch gegenüber. Es bestünden nicht nur Verträge mit der Verpflichtung, einen Flugbetrieb aufrechtzuerhalten, es seien auch Verwaltungs- und Privatrecht betroffen. „Jeder Vertrag muss einzeln geprüft werden“, sagt Riesterer. Jahrelange juristische Auseinandersetzungen seien vorprogrammiert. Zudem müsse die Luftfahrtbehörde einer Schließung zustimmen. „Bremsende Bedenkenträger werden die Zukunft nicht meistern“, sagt Diehl. Wer rechtliche Auseinandersetzungen im „vorauseilenden Angstzustand“ scheue, werde „nichts zu-
wege bringen“. Falls man den flugaffinen Firmen vertragliche Versprechungen gemacht habe, solle die Gewerbeparkführung die zwei Millionen Euro, die sie für die Landebahnbefeuerung vorgesehen hat, für Abfindungszahlungen verwenden. Zudem ist das Gebiet eines der wertvollsten Brutgebiete für Vogelbodenbrüter in Baden-Württemberg, geschützt etwa durch die Europäische Vogelschutzrichtlinie. Die gesamten Wiesenflächen seien, so Riesterer, mit Auflagen seitens der Naturschutzbehörde verpachtet. Ein weiterer Kritiker ist Rainer Stoll vom Naturschutzbund (Nabu) Nördliches Markgräflerland. Der Nabu sei für den Ausbau regenerativer Energien. Den Flugplatz sieht Stoll jedoch als falschen Ort für einen Solarpark, da dieser dem Artenschutz extrem schaden würde. Der Flugplatz sei der beste Schutz für die Wiesen. Stoll prognostiziert, dass das Gebiet zum Freizeit- und Hundepark würde und weitere Begehrlichkeiten wecken würde, sollte der Flugbetrieb eingestellt werden. Eine riesige vertikale Struktur werde die Wiesenbrüter vermutlich massiv beeinträchtigen. Zudem seien Wiesen ein sehr wichtiger CO2-Speicher: „Wenn man eines der letzten Juwelen des Artenschutzes in eine PV-Anlage umwandelt, ist das eine Vernichtung von effektiven Artenschutzmaßnahmen und eine ökologische Abwertung.“ Und Klimaschutz sei ohne Artenschutz nicht möglich. Diehl kontert, dass selbst im „wertvollsten Brutgebiet“ Vögel nicht auf der Asphaltlandebahn oder auf den Verkehrswegen davor brüten würden. Die großen Wiesenflächen blieben erhalten. Vielmehr wären es die „störenden Fallschirmspringer, die auf den Wiesen mit den Nestern der Wiesenbrüter landen und ihren Fallschirm hinter sich herziehen“. Schluss wäre auch mit der nächtlichen Landebahnbeleuchtung, die Vögel und Insekten stören. Hier könnte sich der Nabu segensreich engagieren. „Vorauseilende Angstzustände“ vor weiteren Begehrlichkeiten verhindert das Naturschutzgesetz. Niemand rede von einer „riesigen vertikalen Struktur“. Pascal Lienhard Kurpark
Bremgarten
A5 Rhein
Flugplatz Bremgarten
Möglicher Solarpark
Bad Krozingen B3
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Tourismus
Kleiner Trost, großer Frust Tourismusbranche mit erneut ernüchternder Bilanz 2021
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ie Lage ist besser – gut ist sie noch lange nicht. Dieses Resümee ziehen die Freibur ger Wirtschaft Touristik und Messe GmbH & Co. KG (FWTM) und die Schwarzwald Tourismus GmbH (STG) für das Jahr 2021. Zwar haben sich die Tourismuszahlen im Vergleich zu 2020 verbessert. Vom Vorkrisen niveau sind sie jedoch weit entfernt. Es klingt ermutigend: Laut STG haben sich die Übernachtungszahlen in der Ferienregion Schwarzwald im vergangenen Jahr besser entwickelt als im Durchschnitt aller anderen deutschen Reiseziele. Gegenüber dem ersten Krisenjahr stiegen die Übernachtungszah-
len um 4,9 Prozent, das sind 2,2 Prozent mehr als im bundesweiten Durchschnitt.
Fehlender Besuch aus dem Ausland Das ist aber nur die halbe Wahrheit. Im Vergleich zu 2019 beträgt das Übernachtungsminus im Schwarzwald satte 33,9 Prozent, bundesweit sind es 37,4 Prozent, landesweit durchschnittlich 37,7 Prozent. Dementsprechend verweist STG-Geschäftsführer Hansjörg Mair darauf, dass „die Übernachtungszahlen der Statistik nicht zwingend ein Indiz für die Erholung
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der wirtschaftlichen Situation der Betriebe sind“. Die Übernachtungszahlen der Hochschwarzwald Tourismus GmbH (HTG) lagen bei Redaktionsschluss noch nicht vor. Was für den Schwarzwald gilt, trifft größtenteils auch auf Freiburg zu. Das verdeutlicht Franziska Pankow, FWTM-Abteilungsleiterin Tourismus, Convention Bureau & Events: „Trotz des leichten Anstiegs der Übernachtungszahlen im Vergleich zum Vorjahr befinden sich die Zahlen im Jahr 2021 immer noch auf einem dramatisch niedrigen Niveau.“ Insgesamt verzeichnete der Freiburger Reiseverkehr 2021 rund 1,27 Millionen Übernachtungen. Das sind 12,2 Prozent mehr als im Vorjahr,
Tourismus
allerdings 30,4 Prozent weniger als 2019. Die Auslastung der Betten (7460 waren 2021 frisch bezogen) lag nur bei 36 Prozent (2019: 57,6). Sowohl STG als auch FWTM beklagen fehlende Übernachtungsgäste aus dem Ausland. Der Anteil internationaler Gäste am Reiseverkehr in Freiburg ist 2021 im Vergleich zum Vorjahr um 4,3 Prozent gestiegen. Doch auch das ist ein schwacher Trost: 2019 waren es 569.700 ausländische Übernachtungsgäste, 2021 nur 206.415.
Tourismuskonzept soll unterstützen Klare Worte kommen von Josef Dold, Vorsitzender FG Tourismus und Hotellerie, DEHOGA Freiburg Stadt: „Durch die mittlerweile zwei Jahre anhaltende Corona-Krise ist die Existenz vieler Hoteliers und Gastronomen bedroht.“ Herbe Kritik äußert er an der politischen Krisenkommunikation, vor allem jener der Landesregierung. „Diese hat viel Chaos verursacht“, sagt Dold. Es mangle an Verständnis für die Branche. Auf eine weitere Problematik verweist Wiltrud Rösler vom Management im Hotel Oberkirch: der Arbeitskräfte- beziehungsweise Fachkräftemangel in Hotellerie und Gastronomie. Wegen Einschränkungen und Schließungen habe ein großer Teil der Arbeitskräfte
die Branche gewechselt. „Die Rekrutierung neuer Mitarbeiter erweist sich vor allem auch wegen der Knappheit auf dem Freiburger Wohnungsmarkt als sehr schwierig“, so Rösler. Die Top 5 bei den Übernachtungen in Freiburg 1. Schweiz: 53.406 2. Niederlande: 26.827 3. Frankreich: 20.590 4. Italien: 13.884 5. Spanien: 9.729 Die Top 3 der Gewinner in Prozent und in Zahlen 1. Israel: + 375,3 auf 2676 2. VAE: + 144,4 auf 3566 3. Polen: + 73,7 auf 5259 Die Top 3 der Verlierer in Prozent und in Zahlen 1. Großbritannien: - 47,4 auf 3814 2. Dänemark: - 30,3 auf 3143 3. Schweiz: - 13,9 auf 53.406
FWTM-Geschäftsführerin Hanna Böhme betont, dass die Tourismusbranche als wichtige Querschnittsbranche für die wirtschaftliche Entwicklung neben Übernachtungsbetrieben, Gastgewerbe und Einzelhandel auch Kultureinrichtungen, Dienstleister oder Zulieferer wie regionale Produzenten und Handwerksbetriebe umfasse. „In diesen her-
ausfordernden Zeiten ist die aktive Förderung der Tourismusbranche daher von zentraler Bedeutung“, sagt Böhme. Die FWTM hat 2021 nicht nur die zweite Restart-Kampagne umgesetzt, sondern arbeitet auch an der Realisierung eines Tourismuskonzepts. 16 von 82 Maßnahmen sind abgeschlossen. Dazu zählt der im Januar veröffentlichte Online-Veranstaltungskalender für Freiburg. Noch in der Bearbeitung befindet sich das touristische Aufwertungsprogramm Schlossberg, eine Eröffnungsfeier mit Führungen ist im kommenden September in Planung. Die Erneuerung des touristischen Fußgänger-Leitsystems soll Mitte des Jahres fertiggestellt sein.
Vorkrisenniveau erst 2024 erwartet Rösler hofft auf eine Verbesserung der Lage im Sommer. Der Blick auf den Freiburger August 2021 stimmt optimistisch: Mit 224.900 Übernachtungen im Reiseverkehr schlug der Monat sogar den August 2019 mit seinen 215.700 Übernachtungen. Dennoch dürfte es dauern, bis der Vorkrisenstatus wieder eintritt. „Wir rechnen 2022 mit einer weiteren Belebung“, sagt Pankow, „jedoch erst 2024 mit einer Rückkehr auf das Niveau der Vorkrisenjahre.“
Pascal Lienhard
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Finanzwelt
Neu formiertes Team: Maria Denda, Rebecca Wollermann, Nicolai Gerig, Markus Hildmann, Verena Bischoff, Karoline Schlegel (v.l.n.r.).
SBG mit Rekordergebnis Kleine Beteiligungsgesellschaft mit großer Rendite
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Foto: © Sparkassen-Beteiligungsgesellschaft
ie Sparkassen-Beteiligungs gesellschaft (SBG) hat im vergangenen Jahr ein Rekord ergebnis eingefahren. Sie steigerte ih ren Gewinn um 210.000 Euro auf rund 1,1 Millionen. Das Konzern-EBIT (Ge winn vor Steuern und Zinsen) lag so gar bei rund 1,8 Millionen Euro. „Die ses Ergebnis ist zum Großteil noch unter der Regie unseres langjährigen Geschäftsführers Hermann Dittmers entstanden“, kommentiert der neue Geschäftsführer Nicolai Gerig. Gerig hatte Anfang Oktober das Erbe von Dittmers angetreten, zusammen mit dem nebenamtlichen Geschäftsführer Markus Hildmann leitet er nun die Geschicke der renditestarken Tochter der Sparkasse. Die SBG finanziert Unternehmensnachfolgen, stellt bei großen Investitionen Eigenkapital zur Verfügung, damit die Unternehmer ihre Liquidität schonen können, finanziert auch ausgewählte Frühphasen von Unternehmensgründungen. Sitzt sozusagen als stiller, aber offenbar geschätzter Gesellschafter mit am Tisch von aktuell 30 Unternehmens-
gruppen, an denen sie 44 Beteiligungen hält. Und am Ende des Jahres erhält sie an diesem Tisch auch einen kleinen Anteil vom Gewinn. Knapp 18 Millionen Euro, so viel hat die SBG im vergangenen Jahr in Beteiligungen investiert. Darunter war ein mehr als zehn Millionen Euro schweres Konsortialgeschäft, das die SBG zusammen mit acht regionalen Sparkassen strukturiert hat. Solche Konsortialgeschäfte sollen auch zukünftig weiter ausgebaut werden. Der gesamte Bestand beläuft sich derzeit auf rund 40 Millionen Euro. Und die seien sehr „risikodiversifiziert“, wie Hildmann beim Redaktionsgespräch erzählt. Ein immer intensiver werdendes Geschäftsfeld sind die Unternehmensnachfolgen. Vor 20 Jahren fand die alte Unternehmergarde noch zu 80 Prozent Nachfolger im familiären Umfeld, heute sind es nur noch 20. Zusammen mit der Mutter steht der Tochter hier die bundesweit aktive S-Unternehmensplattform zur Verfügung, auf der Verkäufer und Käufer zusammenfinden können. Wenn das eigene Netzwerk das nicht schon anbahnen kann.
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Eigentlich wären Ende 2021 sechs Beteiligungen mit einem Volumen von mehr als vier Millionen Euro ausgelaufen und damit auch endfällig gewesen (die Unternehmen hätten das Kapital zurückzahlen müssen). Aber alle haben ihre Verträge verlängert. „Ich glaube, dass die Unternehmen den Wert unserer Beteiligung schätzen und auch in diesen unsicheren Zeiten Geld in der Hinterhand behalten wollen“, so Gerig. Die 30 Beteiligungsunternehmen setzten im vergangenen Jahr rund 350 Millionen Euro um und beschäftigen 2400 Menschen. Im Vorjahr waren es noch 3800 gewesen, aber eine große Beteiligung verkaufte die SBG dann doch. „Die 1,1 Millionen Euro werden wir aufgrund des aus dem Verkauf generierten einmaligen Ertrages nicht jedes Jahr schaffen“, sagte Hildmann, der als stellvertretendes Vorstandsmitglied für eine engere Vernetzung mit der Bank steht. Im Plan stehen in diesem Jahr neue Beteiligungen im Wert von 1,5 Millionen Euro – das ist auch der Höchstbetrag, mit dem die SBG im eigenen Risiko in Firmen einsteigt. Mit dreien laufen derzeit die ersten Gespräche. bar
Unternehmen in der Region
Mit Leidenschaft in Nachbars Keller Chapeau: Wie Sebastian Unmüßig die Hutfirma Hat-Art gründete
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Unmüßig legt, wie die Fachliteratur ihm verraten hat, erst einmal den Rohling über eine Dampfmaschine. Damit sich die Fasern öffnen, der Filz weich wird. Im nächsten Schritt stülpt er den Rohling über einen Hutblock, von denen er sich nach und nach immer mehr in verschiedenen Kopfgrößen kaufen wird – die Hutkrone wird hier auf die richtige Größe angepasst, in die gewünschte Rohform gebracht. Anschließend wird die Krempe glatt gebügelt, der Hut für 24 Stunden weggelegt. Abkühlen lassen, Feierabendbier trinken, am nächsten Tag weitermachen. Immer abends nach seiner HauptHeute, zwei Jahre später, hat der beschäftigung steigt Unmüßig, wenn gelernte Kaufmann bereits 40 Hüte die Tochter eingeschlafen ist, hinab hergestellt, die eigene kleine Hutin die Werkstatt, knipst die Tischfirma Hat-Art in Gottenheim gelampe an, legt eine Bluesplaylist auf, gründet, etliche seiner hochwertigen Can leave his own feilt an den Modellen. Einem abgeProdukte im Nebenerwerb verkauft. hat on: Sebastian Unmüßig kühlten Hut vom Vorabend rückt er Das alles während Corona. Das alles nun mit einem Krempenschneider ohne das allergrößte handwerkliche Talent, wie der 31-Jährige sagt. Das alles aber vor allem mit ei- auf die Kante. Manche mögen es breit, andere schmal. Ein ner Sache: mit Leidenschaft. Und mit einer Werkstatt im Kumpel hat ihm das Werkzeug von Hand geschreinert. Hat die Krempe die richtige Breite, näht er in die Innenseite Nachbarkeller. Wegen Corona hatte Unmüßig plötzlich mehr Zeit als ein Lederschweißband an und das Futter hinein. Zu guter sonst. Und während andere Netflix abonnierten, nutzte er Letzt brennt er sein Logo ein: „Dieses Detail darf nicht fehdie Zeit, kaufte sich Bücher über Hüte, recherchierte im len.“ Im allerletzten Schritt macht er eine Flasche Alkohol Netz über Hüte, suchte auf Ebay nach Handwerkszeug und auf, aber nicht, um mit sich selbst anzustoßen, sondern um Filz, um selber Hüte herzustellen. Fündig wurde er, das In- dem Hut nach der rund achtstündigen Bearbeitungszeit den letzten Schliff zu geben. Der Hut bekommt einen hochproternet bietet schließlich für jedes Hobby alles. Im Frühjahr 2020 also liegt die erste Capeline auf seinem zentigen Shot über die Birne gekippt, der für kurze Zeit entEsstisch, die Rohform eines Hutes, die er über einen Händ- flammt wird. Das entfernt die überschüssigen Haare nach ler in Großbritannien bezog. Er schneidet und erhitzt, formt, dem vorherigen Schleifen. lässt abkühlen, ruiniert das Familien-Bügeleisen, weil han- Seine Beharrlichkeit hat sich ausgezeichnet, Freunde und delsübliche Bügeleisen nicht zum Hutmachen gemacht sind. Familie feiern seine Hüte. Ein Kumpel sei durch ihn erst zum Hutträger geworden. Auch Kunden hat er schon gewinnen Sein erster Hut: für die Tonne. Er nimmt sich die nächste Capeline, überlegt kurz, was er können. Werbung dazu macht er vor allem auf Instagram, in zuvor falsch gemacht hat, macht es besser. Ein Kellerabteil im der Freiburger Kneipe Quartier stellt er seine Hüte aus. Und Nachbarhaus wird zum Segen. Darin ist Platz für die alte sonst: Mund-zu-Mund-Propaganda. Zufriedene Kunden sind Werkbank vom Opa. Ein paar Lampen an die Decke, noch die beste Werbung – und wenn sie die Produkte erhobenen ein Arbeitstisch hinein, das Industriebügeleisen eingesteckt – Hauptes durch die Straßen tragen, noch besser. schon kann’s von Neuem losgehen. Christian Engel
Foto: © Christian Engel
it 16 Jahren fing Sebastian Unmüßig an, sich Hüte auf den Kopf zu setzen. Er liebte die Extra vaganz, fand es gar nicht so schlecht, ein biss chen aufzufallen, etwas anders zu sein als der Rest. Wer trägt mit 16 schon Hut? Mit 29 setzte er sich das, was er sich stets auf den Kopf setzt, in den Kopf. Also: Ob er Hüte nicht auch selber herstellen kann. Hutdesigner, dachte er sich, ließ den Gedanken ein wenig un ter seinem Hut schwirren – und fand die Idee hervorragend.
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Innenstädte
»Würde das als Bereicherung sehen« Pop-up-Stores in Ladenzeilen rund um Freiburg noch nicht angekommen
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Foto: © Sascha Burkart
ie sollen Stadtzentren be leben, wenn auch nur kurz fristig: Pop-up-Stores. In der Freiburger Innenstadt haben vergangenes Jahr zwei solcher Shops geöffnet. Aus einem ist mittlerweile ein dauerhaftes Miet verhältnis entstanden. Im Umland scheint das Konzept der Kurz zeit-Geschäfte derweil noch nicht zu fruchten.
prominenten Stelle gegeben hat“, sagt Bürgermeister Stefan Breiter. Laut FWTM sei es vergleichsweise unkompliziert, eine Freiburger Gewerbefläche nur kurzzeitig zu mieten. „Allerdings braucht es oftmals Überzeugungsarbeit, um Immobilienbesitzer und Makler zur Mitarbeit zu gewinnen.“ In Emmendingen mit inhabergeführten Geschäften sowie Filialisten hat der Mix aus Handel, Gastronomie und Dienstleistung „Der Online-Handel sowie die noch keinen Pop-up-Store angezoCorona-Pandemie haben die Vergen. „Die Stadtverwaltung würde änderungen in der Innenstadt masdas aber als Bereicherung für die siv beschleunigt. Auch Oberzentren Innenstadt sehen“, so Jacqueline mit guter Ausgangsposition wie in Schoder aus dem Büro des OberFreiburg sind inzwischen mit einer bürgermeisters der 30.000-EinReihe von Geschäftsschließungen wohner-Stadt. konfrontiert“, teilt die Freiburg Um die Emmendinger InnenWirtschaft Touristik und Messe stadt zu stärken, setzt die StadtGmbH (FWTM) auf bib-Anfrage verwaltung auf ein Bündnis aus mit. Trotz weiterer Schwierigkeiten Gewerbeverein und Industrie durch die samstäglichen Coronaund Handelskammer Südlicher Demonstrationen sei die Freibur- Aus Pop-up wurde ein dauerhafter Store: Oberrhein. Mit verkaufsoffenen ger Leerstandsquote aber weiterhin „Freiburgs Finest“ an der Schusterstraße Sonntagen, Einkaufsnacht, einem niedrig. Wie hoch diese Quote ist, möchte die FWTM aber nicht verraten. Bloß so viel: Die Künstlermarkt sowie Musikveranstaltungen soll der Standort gestärkt werden. Nachfrage nach Ladengeschäften in Freiburg sei da. Ein Mittel im Maßnahmenkatalog der FWTM gegen Leer- Auch Waldkirch mache seit Längerem die Konkurrenz stand sind sogenannte Pop-up-Stores. Die Kurzzeit-Läden sol- des Online-Handels zu schaffen. „Das hat sich durch Corolen Impulse setzen, werben mit Exklusivität und Regionalität. na noch einmal verschärft. Dennoch gibt es bis jetzt wenig Im vergangenen Jahr hat die FWTM zwei Pop-up-Stores in Leerstände in Waldkirch“, so Stefanie Sigmund aus dem der Freiburger Innenstadt als Zwischennutzung von leerste- Dezernat des Oberbürgermeisters der Kreisstadt. henden Gewerbeflächen initiiert: an der Schusterstraße 25 2016 gab die Stadtspitze ein Standortmarketingkonzept in von Mitte August bis Ende Oktober 2021 und an der Rat- Auftrag. Viele der darin vorgeschlagenen Maßnahmen, die hausgasse 36 von Mitte November bis Mitte Dezember 2021. auf eine Belebung der Innenstadt abzielen – wie die InstalAn der Schusterstraße hat Anton Würmlin vom Streetware- lation eines Parkleitsystems sowie der geschaffene Posten Shop „Freiburgs Finest“ zum 1. November einen dauerhaften des Tourismusführers – wurden bereits umgesetzt. Pop-upMietvertrag für die städtischen Räume unterschrieben. „Mit Stores spielen in den aktuellen Planungen laut Sigmund dem Konzept der Pop-up-Stores ist es gelungen, dass es nach aber keine Rolle. der Kündigung des Vormieters keinen Leerstand an dieser Philip Thomas 28 | chilli | business im Breisgau | 03.2022
Menschen und Meldungen
FREIBURG. Geoffrey Lorthiois, 44, ist neuer DACH-Geschäftsführer (Deutschland, Österreich, Schweiz) des US-Medizintechnikherstellers Intuitive Surgical, der vor allem für Da Vinci, ein Roboter-assistiertes Chirurgiesystem, bekannt ist. Das Unternehmen will noch in diesem Jahr mit dem Bau seiner neuen Firmengebäude an der HermannMitsch-Straße in Freiburg beginnen (wir berichteten). Bislang hat die Firma am Freiburger Flugplatz ein Verwaltungszentrum (143 Beschäftigte) und in Emmendingen eine ProduktionshalDie IHK-Spitze: Präsident Eberhard Liebherr (l.) le (222 Beschäftigte). Beide sollen am und der bewährte Geschäftsführer Dieter Salomon neuen Standort zusammengelegt werden. Lorthiois beerbt Dirk Barteb, der jetzt das Europageschäft leitet. Intuitive Surgical setzte im vergangenen Jahr 5,71 Milliarden Dollar um und buchte einen Jahresüberschuss von 1,7 Milliarden Dollar ein.
Foto: © IHK Südlicher Oberrhein (Olga Heiland)
Lorthois neuer Chef
Holpriger als erwartet
Faller Packaging mit Rekordumsatz WALDKIRCH. Der Verpackungsspezialist Faller Packaging steigerte seinen Umsatz im vergangenen Jahr um 3,3 Prozent auf 147,8 Millionen Euro. Trotz Corona, trotz Lieferkettenproblemen, trotz gestiegener Rohstoffpreise. Faller stellt mit rund 1300 Mitarbeitern Faltschachteln, Beipackzettel und Haftetiketten für pharmazeutische Produkte her. Das von Daniel Keesmann geführte Unternehmen will in Waldkirch auf 36.000 Quadratmetern für rund 65 Millionen Euro eine moderne und integrierte Verwaltungs-, Produktions- und Logistikstätte bauen.
Ulrich neue Chefin FREIBURG. Die 44-jährige Bankkauffrau Anja Ulrich leitet seit Anfang März die Freiburger Niederlassung der Commerzbank und ist für das Privatkundengeschäft in Südbaden verantwortlich. Das Firmenkundengeschäft verantwortet weiter Andreas Weerth. Ulrich war zuletzt Marktbereichsleiterin in Karlsruhe.
IHK präsentiert Konjunkturbericht zum Jahresbeginn
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ie IHK Südlicher Oberrhein (IHK) hat rund 1000 Unter nehmen um Auskunft über ihre derzeitige Geschäftslage und ihre Einschätzung der zukünftigen wirtschaftlichen Entwicklung ge beten. Die Unternehmen glauben fest an eine langfristige konjunk turelle Erholung. „Und sie planen auch entsprechend“, sagt IHK-Prä sident Eberhard Liebherr. „88 Prozent der Unternehmen geben an, derzeit über eine gute oder befriedigende Geschäftslage zu verfügen, nur zwölf Prozent bezeichnen sie als schlecht“, berichtete IHK-Hauptgeschäftsführer Dieter Salomon über die Ergebnisse. Damit gebe es trotz der Delta- und Omikron-Welle keinen neuen Absturz: „Die Geschäftslage ist insgesamt fast unverändert gut, aber die Erholung verläuft holpriger als von vielen Experten erwartet.“ Gründe seien knappe Transportkapazitäten, Lieferengpässe bei Vor-
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produkten sowie hohe Energie- und Rohstoffkosten. Nicht zu vergessen sei zudem der Fachkräftemangel, „der sich inzwischen zu einem allgemeinen Arbeitskräftemangel entwickelt hat“. Die Arbeitslosenquote im Kammerbezirk beträgt derzeit 3,7 Prozent – vor zwei Jahren, vor Beginn der Pandemie, waren es 3,5 Prozent. Salomon: „Corona hat gesamtwirtschaftlich verglichen mit anderen Wirtschaftskrisen zu keinen großen Einbußen bei der Beschäftigung geführt, auch dank staatlicher Maßnahmen.“ So planen die Unternehmen auch wieder mehr Einstellungen, für Salomon ein „Indiz dafür, dass sie an eine fortwährende konjunkturelle Entwicklung glauben“. Überraschend positiv gleichfalls das Investitionsklima: Jedes dritte Unternehmen will seine Inlandsinvestitionen in den kommenden zwölf Monaten ausweiten – der höchste Wert seit Frühsommer 2018. bib
Menschen und Meldungen
Westermann neuer Chef GOTTENHEIM. Marius Westermann ist neuer Geschäftsführer Marketing/Vertrieb beim Sensorbauer Sensopart. Der operative Geschäftsführer bleibt Thorsten Wanner.
MALTERDINGEN. Die HWI IT GmbH hat Daniel Ganter (41) als zweiten Geschäftsführer neben dem Unternehmensgründer Holger Wiedel (51) berufen. Ganter ist seit 2006 im Unternehmen, war zuletzt Prokurist.
Foto: © wvib
Ganter rückt auf Markus Vatter, Vorstand Sick AG, wvib-Präsident Thomas Burger, Christoph Münzer und Dirk Zimmermann, Geschäftsführer der maxon motor GmbH (v.l.) bei der Vorstellung der Umfrageergebnisse.
»2022 kann alles passieren«
Beschläge Koch kauft TSB FREIBURG. Die Beschläge Koch GmbH hat die TSB Türsysteme GmbH aus Steinach im Kinzigtal gekauft. Der TSB-Standort soll mit aktuell 17 Mitarbeitern erhalten bleiben. Zur Beschläge-Koch-Gruppe zählen außerdem die Rilling GmbH Sicherheitssysteme aus Freiburg und die Rudolf Hug GmbH in Waldshut-Tiengen. Die Gruppe beschäftigt rund 130 Mitarbeiter.
Pop-up-Galerie bei CMI
Foto: © Christian Müller Immobilein
FREIBURG. Zum 15-jährigen Bestehen präsentiert das Freiburger Büro von Christian Müller Immobilien vom
2. bis zum 30. April eine Ausstellung mit dem Künstler Bastian Fiala. Die Pop-up-Galerie am Augustinerplatz 2 ist montags bis freitags von 11 bis 18 Uhr, samstags und sonntags von 10 bis 19.30 Uhr geöffnet.
Konjunkturumfrage der wvib Schwarzwald AG
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021 war deutlich besser als befürchtet. Die rasche Rück kehr auf Vor-Corona-Niveau trotz gezündeten Kostenraketen bei Material, Energie und Personal in einem insgesamt leicht rezessi ven Umfeld verunsichert. In 2022 kann alles passieren.“ So bilan zierte wvib-Hauptgeschäftsführer Christoph Münzer die jüngste Kon junkturumfrage unter den über 1000 Mitgliedern des Verbands. Für das Jahr 2021 haben Mitgliedsunternehmen ein Umsatzplus von durchschnittlich 15,6 Prozent gemeldet. 2020 war es noch ein Minus von 8,4 Prozent. Das Umsatzplus sei jedoch mit Vorsicht zu genießen, so Münzer: „Wenn alle nur schwer an ihr Material kommen, für das Verfügbare mehr bezahlen müssen und diese Kosten dann weitergeben, dann treibt das die Preise nach oben – und alle bekommen weniger für ihr Geld.“ Von den nominal 15,6 Prozent müsste man rund die Hälfte abziehen, will man die realen Gütermengen ohne inflationären Preiseffekt erfassen. Die Inflation ist bereits da, und die Stag-
flation – kaum Wirtschaftswachstum in Kombination mit steigendem Preisniveau – ist am fernen Horizont schon zu sehen. Der Staat hat derzeit an der Inflation (mehr Steuereinnahmen, noch immer preiswerte Staats-Neuverschuldung) jedenfalls mehr Freude als der Bürger. „Alle politischen Akteure, EZB und Bundesregierung müssen jetzt dem Inflationsdruck entschlossen aber behutsam entgegengehen, sonst fliegt uns die Energiewende um die Ohren“, so Münzer. Bei der Betrachtung der Umsatzentwicklung haben sich die Werte im Jahresvergleich stark verbessert: So meldeten knapp 82 Prozent der Unternehmen gestiegene Umsätze (2020: 23). Gesunkene Umsätze gaben nur 16 Prozent (2020: 73) an. Beim Blick in die Zukunft sind die Unternehmen auch eher optimistisch. 55 Prozent erwarten in den nächsten sechs Monaten steigende Umsätze (2020: 42), nur 5 Prozent sinkende. Spitzenreiter bei der Umsatzentwicklung sind die Branchen Elektrotechnik (18,5 %), Kunststoff (19,6 %) sowie Mess- und Regeltechnik (20,9 %). bib
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Menschen und Meldungen
VDI regio Career am 16. Juli FREIBURG. Nach zweimaliger Verschiebung findet die 4. Ausgabe der Messe VDI regio Career nun am 16. Juli im Zentralfoyer der Messe Freiburg statt. Durch den Mangel an qualifizierten Fachkräften müssen Unternehmen einen deutlich größeren Aufwand bei der Personalgewinnung betreiben. Veranstaltungsformate wie die VDI regio Career stehen daher hoch im Kurs. Denn sie bieten die Gelegenheit, mit potenziellen neuen Mitarbeitenden persönlich ins Gespräch zu kommen. Die VDI regio Career ist die einzige grenzüberschreitende Karrieremesse für Ingenieurinnen, Techniker und Informatiker. Mehr Infos: https://vdi-schwarzwald.de/regio-career
Volksbank spendet
Foto: © Volksbank Freiburg
Drei Jahre lang fördert die Volksbank Freiburg mit jeweils 4000 Euro die Vergabe von Stipendien für das Montessori Zentrum ANGELL. Den symbolischen Scheck fürs erste
Alexander Hochsprung, Volker Spietenborg, Bernhard Domke und Michael Keller (v.l).
kasse: „Dies ist die Bestätigung für unsere Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen. Gerade bei der Qualität der Beratung wollen wir als Sparkasse unseren Kunden eine hervorragende Leistung bieten.“
Testo erzielt Rekordumsatz TITISEE-NEUSTADT. Der Messtechnikspezialist Testo hat im vergangenen Jahr mit 404,7 Millionen Euro einen neuen Rekordumsatz geschafft. Geschäftsführer Burkart Knospe begründet das vor allem mit dem überraschend hohen Zuwachs im Kerngeschäft Messgeräte. „Wir haben ein richtig gutes Jahr hingelegt“, sagte Knospe bei der Jahrespressekonferenz. Von 352,6 auf 404,7 Millionen Umsatz, ein stolzes Plus von 14,7 Prozent. Konkrete Angaben zum Gewinn macht das Unternehmen nicht, er liege im zweistelligen Millionenbereich.
Europa-Park als „Unternehmen des Jahres 2022“ ausgezeichnet RUST. Nach einer wissenschaftlichen Studie des Instituts für Management- und Wirtschaftsforschung (IMWF) in Hamburg ist der Europa-Park Branchensieger mit der Höchstzahl von 100 Punkten unter den deutschen Freizeitparks. Die Studie „Unternehmen des Jahres 2022“ zeichnet Unternehmen aus, die in den Studien „Preissieger 2021“, „Höchstes Vertrauen 2021“, „Kundenlieblinge 2021“ und „Deutschlands Beste – Nachhaltigkeit 2021“ besonders gut abgeschnitten haben. Die Wissenschaftler schreiben: „Für einen Neustart 2022 werden die Unternehmen am besten geeignet sein, die bereits die schwierige Zeit während der Pandemie in verschiedenen Bereichen am besten gemeistert haben.“ Europa-Park Inhaber Roland Mack: „Das ist für uns eine großartige Bestätigung
Sparkasse „Beste Bank vor Ort“ FREIBURG. Die Sparkasse Freiburg-Nördlicher Breisgau darf den Titel als „Beste Bank vor Ort“ auch im Jahr 2022 führen. Erneut erhielt sie die begehrte Auszeichnung der Gesellschaft für Qualitätsprüfung mbH für sehr gute Leistungen bei der Beratung von Privatkunden und der Baufinanzierung bei den jährlichen Tests zur Service- und Beratungsqualität von Banken in rund 200 deutschen Städten. Die Sparkasse konnte als einziges der sechs getesteten Freiburger Institute mit 1,2 ein sehr gutes Gesamtergebnis erzielen. Marcel Thimm, Vorstandsvorsitzender der Spar32 | chilli | business im Breisgau | 03.2022
Foto: © Europa Park
Jahr übergab Volksbank-Vorstand Volker Spietenborg persönlich. Die Stiftung hat das Ziel, Kindern, deren Eltern sich einen Besuch der ANGELL-Schulen nicht leisten können, diesen dennoch zu ermöglichen. Ermöglicht wurde die Spende durch die Kunden der Volksbank Freiburg, die beim Gewinnsparverein Südwest e.V. ein Gewinnsparlos gezeichnet haben. Mit jedem gekauften Los unterstützen sie dabei gemeinnützige Einrichtungen in der Region.
und gibt uns Hoffnung, dass wir laut dieser Studie die Zeit der Pandemie am besten überstanden und gemeistert haben. Ein wahrer Lichtblick nach einer schweren Zeit. Für uns war auch in der Pandemie oberstes Gebot: Qualität, Innovation, Emotion, Dienstleistung und der Kunde stehen immer im Mittelpunkt. Das wurde hier erkannt und belohnt.“
Menschen und Meldungen
SC trennt sich von Infront
Planbarkeit statt Schlingerkurs
FREIBURG. Der SC Freiburg wird sich ab dem 1. Juli wieder selbst vermarkten. Die bisherige Vermarktungspartnerschaft mit Infront wird nicht weitergeführt. „Wir haben den Schritt in die Eigenvermarktung sehr sorgfältig abgewogen. Für unsere zukünftige Ausrichtung ist dies die richtige und auch eine wegweisende Entscheidung. Wir wollen damit als Verein nicht nur den direkten Kontakt zu unseren Partnern und Sponsoren deutlich intensivieren, sondern auch konsequent an der Weiterentwicklung unseres Sponsoring-Konzeptes arbeiten und bestehende Potenziale nutzen“, sagt SC-Vorstand Oliver Leki. Für die Neuausrichtung wurde Peter Schwabe, ein ausgewie- Christof Burger sener Sponsoring-Experte, als verantwortlicher Abteilungsleiter gewonnen. as südbadische Handwerk Beim FC Schalke 04 war er über lange habe prinzipiell Grund zum Jahre als Direktor Vertrieb für den BeOptimismus, aber, so Johan nes Ullrich, Präsident der Hand reich Sponsoring verantwortlich und werkskammer Freiburg (HWK), die verfügt damit über die notwendige Pandemie mache ihm weiterhin zu Erfahrung in der Eigenvermarktung. Schwabe arbeitet seit 1. März für den schaffen: „Die Preisentwicklung und Inflationstendenzen verstärken das noch zusätzlich.“ Da auch die lang wierigen Politikwechsel und neuen Regierungskonstellationen „teilwei se unnötige Baustellen für unsere Betriebe aufgemacht haben“, fordert die Kammer „verlässliche Rahmen bedingungen von der Politik“.
HWK fordert von der Politik verlässliche Rahmenbedingungen
Foto: © bar
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Sportclub. „Wir bedanken uns beim SC Freiburg für die gute Partnerschaft und die Zusammenarbeit. Unser Team hat mit einer erfolgreichen Vermarktung viele Meilensteine für den Sport-Club erreicht. Wir wünschen dem SC Freiburg und seinen Verantwortlichen alles Gute und viel Erfolg in der Zukunft“, sagt Marco Sautner, Managing Director Infront Germany GmbH. Der SC hatte 2009 die Partnerschaft mit Infront bekannt gegeben.
Nach der jüngsten Konjunkturumfrage unter 15.000 Handwerksbetrieben mit knapp 100.000 Beschäftigten liegt der Wert des Konjunkturindikators, dem Saldo aus Geschäftslage und -erwartungen, nun bei 27,2 Punkten, 10 Zähler unterm Vor-Corona-Niveau, aber 21,1 Punkte besser als noch vor einem Jahr. Die Auftragsbücher sind im Durchschnitt für elf Wochen gefüllt. Handirk von Ungern-Sternberg, Mitglied der HWK-Geschäftsleitung: „Insbesondere die Bau- und Ausbaugewerke melden langfristige Auftragsbestände. Das drückt den Durchschnitt über alle Handwerke deutlich nach oben.“
Johannes Ullrich Jedes dritte Unternehmen meldete steigende Umsätze, im Vorjahr war es nur jedes vierte. „Das heißt aber nicht, dass die Handwerker nun reichlich verdienen“, so Ungern-Sternberg: „90 Prozent der Betriebe melden gestiegene Einkaufspreise, ein nie dagewesener Rekordwert.“ Gleichzeitig melden nur 50 Prozent, dass sie selbst die Preise erhöht haben. „Hier wird eine Gefahr für viele Unternehmen deutlich: Sie können die Preisentwicklung nicht voll an die Kunden weitergeben.“ Zudem hätten die Betriebe mit „extrem gestiegenen“ Material- und Energiepreisen zu kämpfen. Die Inflationsschübe kämen im Handwerk besonders stark an. HWK-Vizepräsident Christof Burger fordert, dass der Staat „nicht noch Öl ins Feuer gießt“. Insbesondere im Bau- und Ausbaubereich habe man zuletzt aufgrund politischer Entscheidungen zusätzlichen Druck gespürt. „So hat die Entscheidung der Bundesregierung, das KfW-Förderprogramm für energetische Sanierung im Januar auslaufen zu lassen, zu einem weiteren Preissprung bei Bauprojekten geführt.“ Passende Förderprogramme auch noch kurzfristig zu stoppen, zeuge nicht gerade von der nötigen Weitsicht.
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Menschen und Meldungen
Modekette Orsay schließt 79 Filialen – auch in Kehl WILLSTÄTT. Die Modekette Orsay will 79 ihrer knapp 197 Filialen in Deutschland dichtmachen. Etwa 200 Arbeitsplätze stehen auf der Kippe. Im August 2021 hatte Orsay einen Staatskredit über 33 Millionen Euro aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) der Bundesregierung bekommen. Ende November 2021 beantragte die Kette wegen drohender Zahlungsunfähigkeit trotzdem das Schutzschirmverfahren, was die Möglichkeit zur Sanierung in Eigenverwaltung eröffnet. Die Standorte Offenburg, Freiburg, Lahr und Karlsruhe sollen bestehen bleiben. Die Filiale in Kehl nicht. In Willstätt sitzt die Orsay-Schwestergesellschaft Pimkie, die im Sommer 2020 Insolvenz beantragte.
GFA Invest – bib verlost Tickets
Energiedienst auf Erfolgswelle Gewinn legt um 50 Millionen Euro zu
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ie Energiedienst Holding hat ihren Umsatz im vergangenen Geschäftsjahr um 90 Millionen auf 1,15 Milliarden Euro gesteigert. Der Ge winn vor Zinsen und Steuern legte um satte und weit über dem Plan liegende 50,6 auf 89,5 Millionen zu.
Foto: © Energiedienst
ETTENHEIM. Der Ukraine-Krieg und die Geldpolitik erschüttern die Grundfesten vieler Sparerinnen und Sparer. Inflation, zinslose Darlehen, Negativzins auf das Ersparte: Die klassische Finanzwelt steht Kopf. Was vor 20 Jahren gut und richtig war, stimmt heute nicht mehr. Die GFA Finanzberatung GmbH mit ihrem Geschäftsführer Pirmin Bender veranstaltet am 29. April im Europa-Park in Rust die GFA-Invest. Namhafte Referenten von Flossbach von Storch, DJE, DWS und Ökoworld, mithin vier der renommiertesten deutschen Vermögensverwalter, werden den Gästen die ganze Bandbreite der Investmentmöglichkeiten vorstellen. Die exklusive Veranstaltung beginnt um 14.30 Uhr. Das Wirtschaftsmagazin business im Breisgau verlost fünf Eintrittskarten. Einfach eine Mail an bargmann@ chilli-freiburg.de mit dem Betreff „GFA Invest“ senden.
hätte vor einem Jahr gedacht, dass 2021 ein Jahr der Rekorde werden würde“, so Balkis. Mit einem Jahresumsatz von über 98 Millionen Euro hat die Unternehmensgruppe den Vorjahreswert um rund 17 Millionen Euro übertroffen und liegt 18 Prozent über dem Planwert für 2021, in dem 50 neue Mitarbeiter eingestellt wurden. Insgesamt beschäftigt die Unternehmensgruppe inklusive Morat Swoboda Motion und der internationalen Produktionsstandorte in Polen und Mexiko sowie den Vertriebsniederlassungen in der Türkei und den USA etwa 700 Mitarbeiter, 550 am Standort Eisenbach.
Franz Morat schafft Rekord und 50 neue Arbeitsplätze
Foto: © Franz Morat Group
Das Wasserkraftwerk in Rheinfelden: Insgesamt EISENBACH. Die Franz Morat Group blickt auf ein erfolg- brachten die Wasserwerke im vergangenen Jahr reiches Geschäftsjahr mit neuen Rekorden beim Umsatz und rund drei Milliarden Kilowattstunden Naturstrom. Auftragseingang zurück. Das in der Unternehmensstrategie Target 100 verankerte Umsatzziel von 100 Millionen Euro „2021 war ein erfolgreiches Jahr für die Energiedienstwird ein Jahr früher als geplant nahezu erreicht. GeschäftsGruppe. Nicht nur, weil wir unser Ergebnis erneut deutführer Gökhan Balkis rief bei einer Betriebsversammlung lich steigern konnten, sondern auch, weil wir bei unserer ein neues Umsatzziel von 150 Millionen Euro bis 2026 aus. Transformation und der Unternehmensstrategie mit vielen Gesellschafter Daniel Morat richtete per Live-Schaltung aus Projekten wichtige Meilensteine erreicht haben“, kommenBerlin Dankesworte an die Belegschaft. „Die Weltwirtschaft tierte Jörg Reichert, Vorsitzender der Geschäftsleitung hat sich viel schneller erholt, als von uns allen erwartet. Wer der Energiedienst Holding AG. Die Gruppe installierte allein im vergangenen Jahr 610 Photovoltaik-Anlagen mit einer Gesamtleistung von 19,1 MWp. Die 54 ganz oder teilweise eigenen Wasserkraftwerke erzeugten rund 3 Milliarden kWh Ökostrom. Die Nettoinvestitionen lagen mit 57 Millionen Euro rund 4 Millionen unter dem Vorjahr. Bei durchschnittlicher Wasserführung und stabilem Kapitalmarkt erwartet die Gruppe für das Geschäftsjahr 2022 einen Gewinn vor Zinsen und Steuern von rund 60 Millionen Euro. bib Gökhan Balkis, Geschäftsführer der Franz Morat Group. 34 | chilli | business im Breisgau | 03.2022
Arbeitsmarkt
Stellenangebote auf Rekordniveau Arbeitsagentur meldet positive Zahlen – außer im Hochschwarzwald
D Illustration: © freepik.com
ie Zahl an Arbeitslosen im Bezirk der Agentur für Arbeit Freiburg ist im Februar gesunken. Zum Stichtag waren in der Stadt Freiburg und den Landkreisen Breisgau-Hochschwarzwald und Em mendingen insgesamt 13.110 Frauen und Männer ohne Beschäftigung. Das sind 423 weniger als einen Monat zuvor. Die Arbeitslosenquote liegt jetzt bei 3,5 Prozent. Im Januar waren es 3,6 Prozent. Bei den Frauen und Männern unter 25 Jahren beträgt die Quote unverän dert 2,2 Prozent. Es war in den vergangenen 20 Jahren der größte Rückgang in einem Monat Februar. „Der Arbeitsmarkt befindet sich weiter im Aufwind. Ich bin überrascht über das Ausmaß des Rückgangs. Er ist stärker ausgefallen als üblich“, freut sich der Vorsitzende der Geschäftsführung der Arbeitsagentur, Andreas Finke. Erfreulich sei auch, dass Langzeitarbeitslose erneut von der positiven Entwicklung profitiert hätten: „Der Aufschwung kommt
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endlich auch bei ihnen an.“ Deren Zahl sei innerhalb eines Jahres um über elf Prozent gesunken. Bestätigt wird der positive Trend am Arbeitsmarkt auch von der Arbeitskräftenachfrage. So meldete das verarbeitende Gewerbe Stellenangebote auf Rekordniveau. In anderen Bereichen stieg der Bedarf ebenfalls, allen voran im Gesundheits- und Sozialwesen, im Handel und in der öffentlichen Verwaltung. Ihre Besetzung wird allerdings zur Herausforderung, weil beinahe ausschließlich Fachkräfte (87 Prozent) gesucht werden. „Wir müssen alles dafür tun, die Weiterbildungsbereitschaft der Menschen zu fördern und ihnen dabei helfen, Weiterbildung in der Praxis umzusetzen“, so Finke. Dabei habe man nicht nur Arbeitslose im Blick, sondern präventiv auch Beschäftigte.
Jeder fünfte Beschäftigte hat keinen Berufsabschluss Denn im Agenturbezirk hat jeder fünfte Beschäftigte keinen Berufsabschluss – oder kann einen solchen zumindest nicht nachweisen. Von Monat zu Monat zeichne sich immer mehr ab, dass Fachkräfteengpässe die Herausforderungen am Arbeitsmarkt dominieren werden. 1561 offene Stellen wurden der Agentur gemeldet, 575 oder 58,3 Prozent mehr als im Januar und 425 oder 37,4 Prozent mehr als noch vor einem Jahr. In Freiburg sank die Arbeitslosenquote um 0,2 Prozentpunkte auf 4,9 Prozent, im Landkreis Emmendingen liegt sie unverändert bei 2,8 Prozent, im Hochschwarzwald stieg sie indes um 0,1 Punkte auf 2,8 Prozent. Der Arbeitsmarkt in Südbaden ist weiter sehr dynamisch: Allein im Februar meldeten sich 3051 Personen arbeitslos, auf der anderen Seite beendeten 3454 Menschen ihre Arbeitslosigkeit. bib
Stellenmarkt
Es fehlen 250.000 Handwerker
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HWK-Präsident Ullrich kritisiert fehlende Wertschätzung
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achkräftesicherung ist nicht weniger als eine Frage von Zukunftssicherung und Wohlstands sicherung in unserem Land“, sagt Johannes Ullrich, Präsident der Handwerkskammer Freiburg (HWK). Der Fachkräftemangel bedrohe zunehmend die Handlungsfähigkeit der Handwerksbetriebe. Trotz bester Zukunftsaussichten entscheiden sich immer weniger junge Menschen für eine Ausbildung im Handwerk. Jahr für Jahr bleiben 20.000 Ausbildungsplätze unbesetzt. Aktuell fehlen in der Bundesrepublik zudem 250.000 Fachkräfte – Tendenz steigend. 93 Prozent der Deutschen schreiben dem Handwerk zwar eine hohe Wichtigkeit zu, über 80 Prozent sehen im Handwerk auch sichere Arbeitsplätze und gute Zukunftschancen, aber nur 36 Prozent meinen, das Handwerk genieße hohes Ansehen. Das geht aus einer Forsa-Studie hervor. „Es muss endlich in den Köpfen ankommen, dass eine berufliche Ausbildung genauso viel wert ist wie eine akademische“, fordert Ullrich. Damit die berufliche Ausbildung attraktiv bleibe, müssten die Berufe mehr Wertschätzung erfahren. Die Azubis müssten spüren, wie wichtig sie für die Zukunft des Landes sind.“ Ullrichs Appell: „Wenn wir die Fachkräftelücke nicht schließen, vergeben wir uns, unseren Kindern und unserem Land eine große Chance.“ Mit der Kampagne „Zeit zum Umdenken – Fachkräftebedarf ist Zukunftsfrage“ will das deutsche Handwerk darauf aufmerksam machen. bib chilli | business im Breisgau | 03.2022 | 37
Fakten
Die Welt, die Wirtschaft in Zahlen Zahl der Übernachtungen in Freiburg 2021 �����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������1.268.500 Zahl der Übernachtungen in Freiburg 2019 �����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������1.822.300 Zahl der Übernachtungen in Freiburg 1995 ��������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 623.340 Verfügbare Betten in Beherbergungsbetrieben in Freiburg 2021 ������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������7460 Verfügbare Betten in Beherbergungsbetrieben in Freiburg 1995 ������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 3963 Arbeitslosenquote im Stadtkreis Freiburg 1995 (in %) ��������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 10,3 Arbeitslosenquote im Stadtkreis Freiburg 02/2022 (in %) ��������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 4,9 Offene Stellen im Arbeitsamtsbezirk Freiburg 1995 ����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 1399 Offene Stellen im Arbeitsamtsbezirk Freiburg 02/2022 �����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������1561 Einwohnerzahl in Freiburg 1995 ������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 199.273 Anteil von Ausländern 1995 (in %) �����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������11,6 Einwohnerzahl in Freiburg 2020 ����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 230.940 Anteil von Ausländern 2020 (in %) ����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 16,9 Zahl der russischen Einwohner in Karlsruhe am 31.12.2020 ��������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 1665 Zahl der russischen Einwohner in Freiburg am 31.12.2020 ����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������855 Zahl der ukrainischen Einwohner in Karlsruhe am 31.12.2020 �������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 1060 Zahl der ukrainischen Einwohner in Freiburg am 31.12.2020 ��������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 630 Gewerbesteueraufkommen in Freiburg 1995 (in Mio. D-Mark) ������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������ 109,9 Gewerbesteueraufkommen in Freiburg 2020 (in Mio. Euro) �������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 185,2 Verbraucherpreisindex in Baden-Württemberg im Februar 2022 gegenüber Februar 2021 (in %) �������������������������������������������� +4,7 Verbraucherpreisindex in Baden-Württemberg im Februar 2021 gegenüber Februar 2020 (in %) ���������������������������������������������+1,4 Fahrgäste bei der Freiburger Verkehrs AG 1995 (in Mio.) ����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������66 Fahrgäste bei der Freiburger Verkehrs AG 2019 (in Mio.) ����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 81,6 Zahl der genehmigten Wohnungen in Freiburg 1995 ������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 1240 Zahl der genehmigten Wohnungen in Freiburg 2021 ������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 1095 Zahl der fertiggestellten Wohnungen in Freiburg 1995 ������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 928 Zahl der fertiggestellten Wohnungen in Freiburg 2020 �����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������1071 Zahl der zugelassenen Autos in Freiburg 1995 �������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 96.719 Zahl der zugelassenen Autos in Freiburg 2018 ������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 117.200 Zahl der Besucher im Freiburger Theater 1995 ���������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������183.525 Zahl der Besucher im Freiburger Theater in Spielzeit 2018/2019 �������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 192.000 Zahl der Verbrechen Mord und Totschlag in Freiburg 1995 ������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 7 Zahl der Verbrechen Mord und Totschlag in Freiburg 2020 ���������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 14
bar / Idee: brandeins
Quellen: Amt für Statistik und Einwohnerwesen Freiburg, Statistisches Landesamt BW; Arbeitsagentur Freiburg, Freiburger Verkehrs AG, Polizeipräsidium Freiburg, freiburg.de 38 | chilli | business im Breisgau | 03.2022