Wirtschaft
November 2021 Ausgabe Nr. 30
Im Fokus: Nachhaltigkeit in der Region
Wir
en für S »TiefbeauW ie ärme«:
Ringen um Riesenpotenziale
Badenova packt Tiefengeothermie an, Ökostrom-Gruppe neue Windräder Rohstoffkrise
Bilanzen
Mobilfunk
Automobil-Messe mangels Masse abgesagt
Trotz Corona: SC Freiburg mit Millionengewinn
Das Trauerspiel um die Netzabdeckung
Editorial
Energiewende vor der Haustür Tiefe Geothermie, Wärmenetz 4.0 und neue Windräder braucht das Land
B
gend. Doch auch wenn die Landesregierung wieder mal vollmundig eine Windkraftoffensive ankurbelt, weht in Sachen neuer Anlagen weiter nur ein laues Lüftchen.
In den vergangenen vier Jahren sind unter einer grün geführten Regierung gerade einmal 40 neue Windräder gebaut worden. In Freiburg verzögert sich der Bau zweier Windräder auf dem Taubenkopf weiter. Ein Ortsbesuch. Energie von weiter unten will die Badenova-Tochter Wärmeplus bergen. Die Potenziale für Tiefengeothermie in mindestens sieben Kommunen seien „quasi unerschöpflich“, erzählt uns Geschäftsführer Klaus Preiser. In den Rathäusern geben sich die Verantwortlichen grundsätzlich positiv. Auch wenn die desaströsen Ereignisse in Staufen immer noch nachhallen. Eine Energiewende ist aber keine, wenn sie nicht auch eine Wärmewende ist. Und da tut sich durchaus was in Freiburg: Unlängst wurde der Baubeginn für eine Heizzentrale auf dem Gelände der Schwarzwaldmilch gefeiert. Die neue Anlage soll bald die Stadtteile Haslach und Vauban versorgen. Und das sei erst der Anfang für ein Wärmenetz 4.0. Die bei-
den Zahlen können einem mittlerweile ja durchaus leidtun. Zu leiden haben auch die Autohändler im Breisgau. Das lange Warten auf Ware, lautet derzeit der dominante Slogan der Branche. Die Automobil 2022 sagten Messegesellschaft und Händler nun gemeinsam ab. Wir haben uns bei den Autoverkäufern umgehört – und die haben durchaus auch skurrile Storys erzählt. Einen kleinen Schwerpunkt dieser Ausgabe setzt die auch inflationär gebrauchte Nachhaltigkeit. Wie Gastronomen die Müllberge bei To-go-Essen abtragen wollen, wie grüne Fassaden aufs Mikroklima wirken, wie man Gebäude besonders nachhaltig baut oder einfach nur nachhaltiges Brot backt, haben wir recherchiert. Wir wünschen anregende Lektüre. Bleiben Sie zuversichtlich. Foto: © Neithard Schleier
undesweit lag der Anteil der Erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung im vergangenen Jahr bei knapp über 50 Prozent, in Baden-Württemberg bei 41 Prozent. Tendenz stei-
Herzlichst Ihr Lars Bargmann | Chefredakteur Anzeige
chilli | business im Breisgau | 11.2021 | 3
Inhalt Immobilien
Titel
Energiewende: Badenova sieht bei Tiefengeothermie in Südbaden Riesenpotenziale in sieben Kommunen / Ökostromgruppe hadert mit jahrelangen Genehmigungsprozessen für Windräder 6 -9
Bilanzen
Dank guter Transferpolitik: Obwohl beim SC Freiburg die Ticketverkäufe um 8,2 Millionen Euro einbrechen, bilanziert Finanzvorstand Oliver Leki einen Millionengewinn 10-11
Messewesen
Die Halbleiterkrise kommt in Freiburg an – die Messe Automobil 2022 fällt ins Wasser 12-13
Wie Städte und Gemeinden Marketing für sich selbst machen
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IHK erstellt Mobilfunkatlas: Netzabdeckung mancherorts ein Trauerspiel
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Essen to go: erste Gastronomen mit innovativen Verpackungsideen
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Runde Sache: Wa-Kli’s Brot gewinnt Zacharias-Preis
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Start-ups
Wie die Senioren der Wirtschaft jungen Gründern helfen
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Expertenbeitrag: Mathias Hecht über die Vorzüge von Familiengesellschaften 24
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Aufschwung mit Tücken: Neuer IHK-Konjunkturbericht / Fischerwerke und M10 Industries gewinnen Umweltpreis / Losan Pharma investiert in Eschbach / ACD Cryo zieht nach Neuenburg / Conrady schluckt Service-System / Kaisers neue Backstube in Gundelfingen / Familie Gessler übernimmt Hotel Stadt Lörrach / Ernährungsrat erhält Preis / 100.000 Euro für Elternhaus / Schwarzarbeit aufgedeckt / Uniklinikum, Uni und Stryker in Freiburg besiegeln Partnerschaft / Spatenstich für neue Heizzentrale bei der Schwarzwaldmilch 30-35
Arbeitsmarkt
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Unternehmen in der Region
Statistik: Arbeitslosenquote in Südbaden sinkt auf 3,5 Prozent
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Handwerk: Der Bogenmacher aus Freiburg
Fakten bitte
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Die Welt, die Wirtschaft in Zahlen
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IMPRESSUM
Redaktion: Tanja Senn, Philip Thomas,
business im Breisgau Ausgabe 11/2021
Pascal Lienhard, Liliane Herzberg, Till Neumann
Herausgeber: chilli Freiburg GmbH Paul-Ehrlich-Straße 13 79106 Freiburg fon: 0761-76 99 83-0 fax: 0761-76 99 83-99 bargmann@chilli-freiburg.de www.business-im-breisgau.de
Bauverein übergibt zwei Kitas und eröffnet Quartier im Güterbahnhof
HWK-Umfrage: Drei von vier Handwerksbetrieben beklagen Baustoffmangel
Jubiläum: Die SICK AG ehrt im Jahr ihres 75-jährigen Bestehens ihren Gründer 26
Nachhaltigkeit
Wie grüne Fassaden das Mikroklima beeinflussen
Platin: Badenova-Neubau mit höchster Auszeichnung
Adé SBG: Nach 20 Jahren hört Hermann Dittmers als Chef der Sparkassen-Beteiligungsgesellschaft auf 25
Infrastruktur
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Menschen & Meldungen
Finanzwelt
Kommunen
Strabag Real Estate holt erneut zwei Goldmedaillen
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Ein Unternehmen der
Autoren: Christian Engel, Mathias Hecht Titelkollage: Sven Weis; © freepik Fotos: pixabay, dpa, freepik, unsplash, iStock Grafik: Sven Weis (kombinat79) Lektorat: Beate Vogt
Geschäftsführung: Michaela Moser (V.i.S.d.P.)
Anzeigen: Christoph Winter (Leitung), Giuliano Siegel, Jennifer Leval, Fredrik Frisch
Chefredaktion: Lars Bargmann
Druck: Hofmann Druck, Emmendingen
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Titel
»Hohe Toleranz gegen Misserfolg« Beim Ausbau der Windkraft herrscht anhaltende Flaute
N
eue Windkrafträder braucht das Land – daran arbeiten Land, Bund und EU anscheinend mit Hochdruck. Kaum eine Woche vergeht, ohne dass neue Absichtserklärungen laut werden. Doch die Zahlen zeigen: Beim Ausbau der Windkraft weht in Südbaden sowie im Rest des Landes nur ein laues Lüftchen. Die Gründe dafür sind vielfältig – und nicht so einfach zu beheben.
Steil ins Tal abfallende Weiden, grüne Nadelbäume und ein paar Büsche: Mehr ist auf dem Taubenkopf an der Nordflanke des Schauinslands nicht zu sehen. Dabei sollten dort gerade Bagger und Kräne emsig am Arbeiten sein. Ursprünglich war der Baubeginn der beiden Windkrafträder, die die Ökostrom-Gruppe Freiburg hier plant, aufs vierte Quartal dieses Jahres datiert. Noch im Ende 2020 eingereichten Bauantrag ging der Projektentwickler von einer Inbetriebnahme im Juni 2022 aus, jetzt ist sich Geschäftsführer Andreas Markowsky sicher: Vor dem zweiten Halbjahr wird nichts passieren. Und das auch nur, wenn die Genehmigung – wie von ihm erwartet – dieses Jahr noch kommt und sein Unternehmen bei der folgenden Ausschreibung im Februar den Zuschlag erhält. Der erfahrene Windanlagen-Planer gibt sich gelas-
sen: „Dass sich die Verfahren verzögern, ist nicht die Ausnahme, sondern die Regel.“ Das spiegelt auch die Zahl der Windräder wider: Rund 750 drehen sich aktuell in Baden-Württemberg. Zum Vergleich: In Niedersachsen stehen mehr als 6350 Windräder. Und auch der Zuwachs lahmt, denn in den vergangenen vier Jahren sind in Baden-Württemberg gerade einmal 69 neue Anlagen gebaut worden (s. Info). Vor diesem Hintergrund wirken die aktuellen Pläne der Landesregierung geradezu zynisch: 1000 neue Windkrafträder sollen sich laut Koalitionsvertrag bis 2026 im Ländle drehen. Manch einem könnte das bekannt vorkommen: Bereits 2012 hatten sich Grüne und die damals mitregierende SPD das Ziel gesteckt, 1200 Windräder zu bauen, um bis 2020 mindestens zehn Prozent des Energiebedarfs aus heimischer Windenergie zu erzeugen. Diese Pläne sind grandios gescheitert. Dass Experten wie Markowsky angesichts der neuen Absichtserklärung nicht in Euphorie ausbrechen, verwundert daher nicht: „Wir hören seit zehn Jahren, dass der Ausbau der Windkraft unterstützt werden soll, aber die notwendigen Schritte dafür sehen wir nicht.“ Das soll sich nun jedoch ändern. Ende Oktober hat die Landesregierung eine neue „Task Force“– einen ressortübergreifenden Arbeitsstab – ins Leben gerufen. Eines ihrer Ziele ist, die Genehmigungszeiten drastisch zu verkürzen. Schließ-
Fotos: © pixabay
»Scholz-Äußerungen sehr abenteuerlich«
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Titel
lich gingen momentan für die Planung einer Anlage bis zu sieben Jahre ins Land. Auch Markowsky fordert schlankere Prozesse und hält eine Halbierung der Planungszeiten, wie von Winfried Kretschmann angedacht, für realistisch. WahlkampfÄußerungen wie die von Olaf Scholz, diese Zeit auf sechs Monate zu verkürzen, hält er hingegen für „sehr abenteuerlich“. Den Ansatz der Task Force, vor allem auf standardisierte und digitale Genehmigungsverfahren zu setzen, sieht der erfahrene Planer kritisch. Er fordert vor allem eine andere Grundeinstellung der Verwaltung. In vielen Behörden sei man im Zweifel nicht für, sondern gegen die Windkraft. „Das sind Kämpfe, die an die Substanz gehen“, sagt Markowsky, „ohne eine hohe Misserfolgstoleranz geht in unserem Beruf nichts.“ Dennoch begrüßt er die aktuelle Aufbruchstimmung: „Die Chance, dass sich jetzt etwas ändert, ist so groß wie nie.“ Neben schnelleren Verfahren sind dafür auch neue Standorte notwendig. Ein wichtiges Instrument: mehr Flächen im Staatswald ausweisen. Schließlich gehört rund ein Viertel aller Waldflächen dem Land. 500 neue Windräder sollen hier nun entstehen. Eines der Gebiete liegt in Südbaden: In einem Vergabeverfahren bietet der Forst BadenWürttemberg (ForstBW) 200 Hektar am Blauen an. Die Planungen dürften hier nicht einfach werden. Schließlich hat sich die 2011 gegründete Bürgerinitiative „Bürgerwindrad Blauen“ daran bereits versucht – und aufgrund des massiven Gegenwinds der Anliegergemeinden bislang immer wieder die Segel gerefft. Ein Umdenken in den Rathäusern habe aber nun bewirkt, dass der Verein seine Pläne wieder aus der Schublade holt. Auch am Taubenkopf weht noch Gegenwind. So hat sich der Ortschaftsrat Freiburg-Kappel in diesem Jahr erneut dagegen ausgesprochen. Die Befürchtungen der Anwohner reichen dabei vom Brandschutz über Eisfall bis hin zu den Schallimmissionen. Rational seien
Windkraft in Zahlen Geschützter Greifvogel: Wo viele Rotmilane brüten, gelten besonders strenge Vorschriften. die Befürchtungen unbegründet, erklärt Markowsy: „So ein Antrag kostet viele hunderttausende Euro. Wir hätten ihn nicht eingereicht, wenn wir uns nicht sicher wären, alle Vorgaben zu erfüllen.“ Die Ängste von Anwohnern seien hingegen ein „emotionales Problem“: „Wir haben bisher immer die Erfahrung gemacht, dass sich die Befürchtungen erübrigen, sobald die Anlagen stehen.“ Ein weiterer Anwohner dürfte ebenfalls kaum erfreut sein: der Rotmilan. In einer Stellungnahme warnt Ralf Schmidt, Vorsitzender des NABU Freiburg, davor, dem Artenschutz zu wenig Beachtung zu schenken: „Die Energiewende ist dringend nötig, sie muss jedoch naturverträglich vollzogen werden“, heißt es in dem Papier. „Wir erachten den Standort für die WEA am Taubenkopf kritisch und sehen einige Indikatoren, welche gegen eine Genehmigung des immisionsschutzrechtlichen Antrags zum Betrieb zweier Windräder auf dem Taubenkopf sprechen und lehnen diesen ab.“ Ob der Verein gegen eine Genehmigung klagen würde, will Schmidt zum jetzigen Zeitpunkt nicht beantworten. Das hänge auch davon ab, ob ausreichende Ausgleichsmaßnahmen gefunden werden. Der politische Wille bei dieser Frage lässt sich hingegen recht gut an einem Zitat des Landesvaters Kretschmann ablesen: „Es kann nicht sein, dass der Rote Milan über die Energiewende entscheidet.“
Tanja Senn
Zahl der Windräder Ende 2020 (Leistung MW): > Baden-Württemberg: 728 (1572) > Südbaden: 125 (240) > Landkreis Freiburg: 9 (27) Neue Windräder, 1. Halbjahr 2021: > Niedersachsen: 48 > Brandenburg: 40 > Nordrhein-Westfalen: 40 > Schleswig-Holstein: 39 > Baden-Württemberg: 21 > Deutschland insg.: 240 Zuwachs der Anlagen in Baden-Württemberg: > 2015: 53 > 2016: 119 > 2017: 123 > 2018: 32 > 2019: 8 > 2020: 10 Anteil am Bruttostromverbrauch: > Wasserkraft: 6,0% > Windenergie: 4,2% > Photovoltaik: 9,0% > Biogas: 4,2% > Erneuerbare Energien insg.: 25,8% Windkraftanlagen der Ökostromgruppe Freiburg 27, davon 9 als Bürgerbeteiligung mit 40 Mio. kWh/a Ertrag Windkraftanlagen von Badenova und Ökostromgruppe Freiburg 6 mit 16 Mio. kWh/a Ertrag Windkraftanlagen Badenova 8 mit 60 Mio. kWh/a tas/bar
Titel
Potenzial »quasi unerschöpflich«
Wärme aus der Erde: Kommunen äußern sich zum Geothermie-Projekt der Badenova
N
icht einmal ein Fünftel: So niedrig war im vergangenen Jahr in Baden-Württemberg der Anteil erneuerbarer Energien am Wärmeverbrauch. Keine Energiewende ohne Wärmewende. Die Badenova Wärmeplus GmbH & Co. KG will dafür in der Region in großem Stil Tiefengeothermie fördern – in sieben Kommunen. Die Katastrophe in Staufen ist dabei noch nicht vergessen. 320 Quadratkilometer hat die Badenova per Hubschrauber und Hightech untersucht, 60 tragen jetzt den Namen Poten zialgebiet zur Gewinnung von Erdwärme – sie liegen unter Bad Krozingen und Breisach am Rhein, unter Ehrenkirchen und Freiburg, unter Hartheim, Merdingen und Schallstadt. Dort will die von Klaus Preiser geführte Wärmetochter hydro thermale Tiefengeothermie nutzen. Dabei wird heißes Wasser in einem geschlossenen Kreislauf aus der Erde nach oben gepumpt, in einem Wärmetauscher abgekühlt und zurück in die Erde transportiert. Preiser frohlockt auf einer Regionalkonferenz Mitte Oktober: „Das Potenzial der Erdwärme ist in menschlichen Dimensionen gerechnet quasi unerschöpflich.“
Oberflächen geothermie
Wie notwendig ein Umdenken ist, verdeutlicht auf der Konferenz Heiko Hogenmüller, Leiter des Kompetenzzentrums Energie beim Regierungspräsidium Freiburg. Laut ersten Abschätzungen habe der Endenergieverbrauch zur Wärmeerzeugung 2020 in Baden-Württemberg bei 138 Terawattstunden gelegen, der Anteil der erneuerbaren Energien betrug lediglich 15,7 Prozent. Die Geothermie könne hier einen entscheidenden Beitrag leisten. Zum Vergleich: Im gleichen Zeitraum betrug der Bruttostromverbrauch nach ersten Abschätzungen 69,2 Terawattstunden, der Anteil der erneuerbaren Energien betrug hier 26,4 Prozent. Im Potenzialgebiet überwiegt der positive Tenor. Freiburgs Rathaussprecherin Martina Schickle verweist auf Chancen für die CO2-freie Wärmeversorgung. Bevölkerung und Gemeinderat würden das Projekt bislang sehr positiv begleiten. Ähnlich die Einschätzung des Bad Krozinger Bürgermeisterreferenten Mathias Geng: Die Stadt unterstütze das Vorantreiben des Projekts prinzipiell, mit der Tiefengeo thermie könne die Klimawende regional und mit Wertschöpfung vor Ort vorangetrieben werden. Auch in Ehrenkirchen sei keine negative Stimmung aus der Bevölkerung wahrzunehmen, so Sabine Lorenz aus dem Bürgermeisterbüro. Der Gemeinderat habe das Thema Tiefengeothermie positiv zur Kenntnis genommen. Der Merdinger Bürgermeister Martin Rupp vermeldet, dass das Projekt begrüßt werde, die Stimmung in der Bevölkerung
8° C 0 m -15 m -100 m -1000 m -2000 m Thermalwasserbohrung Die Tiefengeothermie endet bei circa 2000 bis 3500 Metern Tiefe. Oben hat das Bohrloch einen Durchmesser von ungefähr 80 Zentimeter. 8 | chilli | business im Breisgau | 11.2021
-3000 m -4000 m -5000 m > 150° C
Titel
Kommentar
Ein guter Weg Badenova setzt auf Transparenz
Foto & Illustration: © Badenova Wärmeplus GmbH & Co. KG
Eingrenzung des Aufsuchungsgebiets: Mit einem Helikopter nahm die Badenova geophysikalische Messungen vor. recht positiv sei. Sebastian Kiss, Bürgermeister von Schallstadt, erkennt eine Neugier in seiner Gemeinde, gleichwohl sei noch nicht auszumachen, wie sich das Vorhaben entwickeln werde. Doch die Geothermie hat ein Imageproblem. In Staufen haben Bohrungen zu Hebungsrissen geführt. In Basel und Straßburg kam es durch Bohrungen zu Erschütterungen. Nachfragen zur Sicherheit dominieren auch die Wortmeldungen auf der Regionalkonferenz. Ein Teilnehmer stellt etwa die Frage, ob Geothermie in einem Gebiet mit hoher natürlicher Seismizität nicht eine zusätzliche Gefahr mit sich bringe. Auch der Hartheimer Bürgermeister Stefan Ostermaier führt die Negativbeispiele an. Deswegen gebe es derzeit auch noch Bedenken in der Gemeinde und der Bevölkerung. Ähnlich argumentiert Oliver Rein, Bürgermeister von Breisach am Rhein. Die Stadt stehe dem Projekt grundsätzlich offen gegenüber und hoffe auf eine klimaneutrale Energiequelle für die Zukunft. Gleichzeitig müssten mögliche Gefahren offengelegt und diskutiert werden. Frank Schilling, Leiter vom Landesforschungszentrum Geothermie, erläuterte auf der Konferenz die Hintergründe zu Staufen. Nach den dortigen Erfahrungen sei es inzwischen in BadenWürttemberg bei derartigen Vorhaben verboten, den sogenannten Gipskeuper zu durchbohren. In Basel und Straßburg dagegen sei das in Baden-Württemberg nicht zulässige petrothermale Verfahren angewandt worden.
Auch wenn das hydrothermale Verfahren weitaus sicherer als jene in Basel, Straßburg und Staufen sei, bleibe natürlich eine gewisse Skepsis, so Rathaus-Chef Ostermaier aus Hartheim: „Andererseits wissen auch wir, dass zum Erreichen der Klimaziele erneuerbare Wärme- und Energiequellen notwendig sind.“ Ein mögliches Risiko, das eventuell eine einzelne Gemeinde zu tragen habe, müsse sorgsam mit dem Gesamtnutzen abgewogen werden. Eine andere Sorge spricht Bürgermeister Kiss aus Schallstadt an. In seiner Kommune liege das Potenzialgebiet zu einem großen Teil im Wasserschutzgebiet. Auf diesen Punkt geht Schilling auf der Konferenz ein und erklärt, dass in Baden-Württemberg bei Bohrungen durch mehrere Schutzschichten auf die Sicherheit des Grundwassers geachtet werde. Unter Federführung der vom Amt für Umweltschutz der Stadt Freiburg beauftragten „Dialog Basis“ werden Bevölkerung und Politik weiterhin ins Projekt eingebunden. Dies geschieht neben Regionalkonferenzen, einem politischen Begleitkreis und einem Fachbeirat etwa durch einen noch zu gründenden Bürgerrat mit zufällig ausgewählten Bürger·innen. Durch eine transparente Kommunikation hofft die Badenova, die Kritiker· innen der Tiefengeothermie zu überzeugen. „Wir haben Respekt vor den Ängsten der Menschen“, so Preiser. „Wir setzen uns mit diesen auseinander und wollen transparent informieren.“ pl
Das Ergebnis ist vielversprechend: Der Großteil der sieben Kommunen, die neuerdings zum Potenzialgebiet für die Geothermie gehören, steht dem Vorhaben positiv gegenüber – wenn auch mit gewissen Einschränkungen. Selbstverständlich ist das nicht. Kaum ein Gespräch über diese Form der Wärmegewinnung, ohne dass auf Staufen, auf Basel, auf Straßburg verwiesen würde. Vor allem die Hebungsrisse in Staufen stehen für die Gefahren einer unsachgemäßen Bohrung – mit desaströsen Folgen. Im Verbund mit der „Dialog Basis“ setzt die Badenova-Tochter Wärmeplus nun darauf, der Bürgerschaft mit transparenter Kommunikation Ängste und Befürchtungen zu nehmen. Fragen zu potenziellen Risiken beantwortete auf einer Regionalkonferenz Frank Schilling vom Landesforschungszentrum Geothermie. Statements von Wissenschaftlern sind meist überzeugender als von interessierten Parteien oder wirtschaftlich Involvierten. Das gilt etwa für seine Erklärung, dass man Erdbeben nicht hundertprozentig ausschließen könne. Wichtig sei, dass es beim Bohren nicht zu Schäden bei angrenzenden Gebäuden komme. Dafür soll im Ländle das bergrechtliche Zulassungsverfahren durch Prüfung seismischer Gefährdungen sorgen. Was für Geothermie gilt, lässt sich auf andere Bereiche übertragen. In Zeiten der Klimakrise braucht es neben innovativen Technologien Fachleute, um diese zu erklären und aufzuklären. Nur wem es gelingt, Projekte wie die Geothermie verständlich darzustellen, wird die Bürger·innen auf seine Seite bringen. Die Wärmeplus ist hierbei auf einem guten Weg. Pascal Lienhard
Bilanzen
Im Plus dank Transfers SC Freiburg legt Zahlen für 2020/21 und 2020/19 vor – Eberhard Fugmann neuer Präsident
T
Foto: © pt
rotz Corona: Im Geschäftsjahr 2020/21 hat der SC Freiburg ein Plus von 9,8 Millionen Euro erwirtschaftet. Der Umsatz des Fußballbundesligisten stieg auf 110,1 Millionen Euro (2019/20: 89,2 Millionen). Zum neuen Präsidenten gewählt wurde der ehemalige Direktor des Freiburger RotteckGymnasiums Eberhard Fugmann. „Der Sport-Club ist insgesamt stabil durch die Krise gekommen“, verkündete SC-Finanzvorstand Oliver Leki Mitte Oktober vor 661 stimmberechtigten Mitgliedern auf der ersten Jahreshauptversammlung seit 2019. Der Verein habe in der Krise auf ein stabiles Fundament zurückgreifen können. Dennoch sei es „überlebensnotwendig“ gewesen, dass die Deutsche Fußball Liga (DFL) den Spielbetrieb im Mai der abgelaufenen
Bundesligasaison wieder aufgenommen hatte: „Der finanzielle Super-GAU konnte abgewendet werden.“ Zum Stichtag am 30. Juni 2021 verzeichnete der SC Freiburg eine Bilanzsumme von 132,3 Millionen Euro. Zum Vorjahrespunkt waren es 108,4 Millionen Euro. Auch das Eigenkapital stieg um 9,7 auf 93 Millionen Euro. Dass der Sport-Club sicher durch die Krise gesegelt ist, verdankt der Verein zu großen Teilen dem Transfermarkt: Die SC-Abgänge Luca Waldschmidt zu Benfica Lissabon, Robin Koch gen Leeds sowie Alexander Schwolow zu Hertha Berlin (insgesamt 37,3 Millionen Euro) trugen einen Großteil zum 110,1-Millionen-Euro-Umsatz (Vorjahr 89,2 Millionen) bei. Das Trainerteam um Christian Streich habe es geschafft, diese sportlichen Ausfälle zu kompensieren. Sportvor-
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stand Jochen Saier verwies darauf, dass von derzeit 26 Profis zwölf Spieler eine Vergangenheit in der Freiburger Fußballschule hätten. „Das ist der Freiburger Weg. Dem wollen wir treu bleiben“, so Saier unter Applaus. Fußball ohne Zuschauer sei für den
Eintrittsgelder von 8,3 Millionen auf 100.000 Euro geschrumpft Verein befremdlich gewesen. Und die leeren Ränge spürte der SC auch in der Kasse: Nahm der Club in der Saison 2019/20 noch 8,3 Millionen Euro durch Eintrittskarten ein, waren es in der Spielzeit 2020/21 nur knapp 100.000 Euro. Viele Sponsoren hätten dem SC in die-
Bilanzen
Foto: © SC Freiburg / Stephan Eckenfels
lagenlärmverordnung auf Bundesebeser Zeit die Stange gehalten. Werbene allerdings verbessert. einnahmen beziffert Leki für 2019/20 Das alte Dreisamstadion will Saier mit 14,3 Millionen Euro, 2020/21 waweiter nutzen, etwa um die vier Frauren es 12,8 Millionen Euro. „Nicht alles enteams des Vereins dort anzusiedeln. konnten wir vertraglich erfüllen“, so der „Frauenfußball entwickelt sich“, so der Finanzvorstand. Funktionär. Clubs wie Dortmund und In dieser Zeit ein Stadion für 34.700 Schalke haben unlängst FrauenfußZuschauer fertigzustellen, habe die Siballabteilungen gegründet. Der Fußtuation nicht einfacher gemacht. Ganz ballstandort Freiburg brauche daher abgeschlossen ist der Bau samt Infrabessere Bedingungen. struktur für insgesamt 131 Millionen Neben den Vorstands-Verträgen von Euro beim Freiburger Flughafen jeSaier und Leki, die laut dem SC-Aufdoch noch nicht: Die SC-Kicker traisichtsratsvorsitzenden Heinrich Breit bis nierten zum Redaktionsschluss noch Setzt auf Dialog mit den Fans: SC-Präsident Eberhard Fugmann 2024 verlängert wurden, klärte der Club an der Schwarzwaldstraße. Auch die noch einen weiteren Kontrakt: Den seit Geschäftsstelle ist noch nicht umgezogen. Das auf Bildern bereits blau schimmernde Dach der Fritz Kellers Rücktritt im Jahr 2019 vakanten Präsidenten Spielstätte produziert auch noch keinen Strom – die 15.000 posten besetzt nun der ehemalige Schuldirektor des Freiburger Quadratmeter große Photovoltaikanlage soll erst kommendes Rotteck-Gymnasiums Eberhard Fugmann. Der 67-Jährige wurde bei vier Gegenstimmen sowie 23 EntJahr installiert werden. Was die juristische Verlängerung um Abend- und haltungen von den Mitgliedern gewählt. „Auch der aktiven Sonntagsspiele im frisch getauften Europa-Park-Stadi- Fanszene will ich als Ansprechpartner zur Verfügung stehen“, on angeht, rechnet Leki mit einem langwierigen Ver- sagte Fugmann in seiner 15-minütigen Bewerbungsrede. Wie fahren. Die Position des Vereins gegenüber klagenden Leki und Saier bekannte auch er sich zur 50+1-Regel. Philip Thomas Anwohnern habe sich durch eine Änderung der Sportan Anzeige
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Automarkt
»Das ist eskaliert« Darum sagen Messegesellschaft und Händler die Automobil 2022 ab
Ein Bild aus einer fast schon vergessenen Zeit: Nachdem Corona der Messe im laufenden Jahr schon einen Strich durch die Rechnung gemacht hatte, fällt sie im kommenden Jahr nun der Chipkrise zum Opfer.
R
und 15 Millionen Euro Umsatz haben die Händler bei der Freiburger Automobil 2019 gemacht, 2020 waren es 12 Millionen. Im kommenden Jahr werden es null Euro sein. Die Automobil 2022 ist abgesagt. Schweren Herzens, wie Messechef Daniel Strowitzki Ende Oktober erklärte. Einen so eklatanten Liefermangel wie in diesen Zeiten haben die Autohändler im Breisgau noch nie erlebt.
Nach dem bereits abgesagten Genfer Autosalon trifft die globale Halbleiterkrise nun auch Freiburg. „2021 durften wir nicht, 2022 können wir nicht“, sagt Tobias Gutgsell, Sprecher der Interessengemeinschaft Freiburger Autohäuser und Geschäftsführer beim BMW-Autohaus Märtin. Die Händler befänden sich derzeit in einer „sehr, sehr herausfordernden“ Lage. „Der Halbleitermangel hat inzwischen viele Branchen erreicht, das ist eskaliert“, so der Kestenholz-Geschäftsführer Volker Speck. Weil die Händler kaum neue Autos bekommen, könnten sie auf der Messe auch wenig zeigen, geschweige denn verkaufen. Da in die DNA der Freiburger Automobil – anders als bei der IAA oder im Autosalon – auch das Verkaufen fest eingewoben ist, biegt sie nun nach dem pandemiebedingten Ausfall 2021 zum zweiten Mal in eine Sackgasse ab. Dabei sind die Auftragsbücher nicht nur bei Märtin oder bei der Freiburger Mercedes-Benz-Niederlassung ausgerechnet jetzt so prall wie selten gefüllt. Auch beim Autohaus Sütterlin (Skoda) oder bei der Kollinger-Gruppe (Land und Range Rover, Jaguar,
Volvo, Mitsubishi, Fiat, Alfa Romeo) wird aktuell um so gut wie jedes Fahrzeug gerungen. „Wir erleben sozusagen das Long Covid der Wirtschaft“, sagt Ralph Kollinger. Das jahrzehntelang funktionierende Modell mit der Just-in-time-Produktion sei durch gestörte Lieferketten, Sondereffekte wie Digitalisierungsschübe, Homeoffice oder auch den blockierten Suez-Kanal „komplett ins Stottern geraten“. Auch für Marcus Sütterlin sind die „externen Faktoren aktuell so stark wie selten zuvor“. Die Hersteller warten auf Teile, die Mietwagenbranche speist nach den Reisebeschränkungen im Corona-Jahr so gut wie nichts in den Jahreswagenmarkt ein, Leasingfahrzeuge werden nicht zurückgegeben – die Verträge werden einfach stillschweigend verlängert. Auch junge Gebrauchte sind immer seltener zu haben. Lange suchten die Händler Kunden für ihre Autos, heute suchen sie Autos für ihre Kunden. So beackern die Händler auch den Markt der privaten Verkäufer, wollen das Geschäft nicht den wirkaufendeinauto.deoder mobile.de-Plattformen überlassen. „Wir sind da weit über die Landes- oder Bundesgrenzen aktiv“, sagt Gutgsell. Auch Bernhard Schmolck vom gleichnamigen Autohaus in Emmendingen kauft intensiver als sonst Fahrzeuge von Privaten, um die geplanten Umsätze halbwegs halten zu können: Weil kaum Neuwagen zu haben sind, leert sich peu à peu auch der Gebrauchtwagenmarkt. Und je leerer der wird, umso voller wird’s in der Zeile, in der die Preise angegeben werden. Auf der anderen Seite wächst die Kompromissbereitschaft der Kundschaft mit der Intensivität des Mangels. Dann ist es eben doch nicht ganz so wichtig, ob
Foto: © Nicolas Kuri
Früher suchten Autos Kunden, heute Kunden Autos
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Automarkt
die Sitze mit Leder A oder Leder B bespannt sind. Es rächt sich derzeit das industrielle Just-in-time-Prinzip, es rächt sich auch, dass in der Corona-Krise vorschnell Verträge mit Chipherstellern gekündigt oder von XL auf M gestutzt wurden, es rächt sich, dass die Autohersteller in der Vergangenheit mehr und mehr Aufgaben auf die Zulieferer verlagert haben. Die bekommen heute dank geringer Marktmacht noch schlechter Chips, stehen auch in starker Konkurrenz etwa zur IT- und Elektronikbranche – und können zum Beispiel die Mittelkonsolen samt Displays für das ansonsten fertig produzierte Modell XY nicht mehr liefern. Bundesweit stehen mittlerweile Tausende solcher Fahrzeuge auf den Höfen. Laut Kraftfahrt-Bundesamt wurden im Oktober knapp 180.000 Autos neu zugelassen, 35 Prozent weniger als ein Jahr zuvor. Manche Autobauer lassen sogar Modelle ohne bestimmte Assistenzsys-
teme auf die Straße, um diese dann später erst zu ergänzen. Der große Run auf E- oder Hybrid-Autos beschleunigt den Chip-Engpass zusätzlich, weil diese Autos noch den einen oder anderen Chip mehr brauchen. Bei Schmolck (Mercedes, Skoda) sind mittlerweile 100 von 400 aktuell bestellten Fahrzeugen mit Elektroantrieben ausgestattet – für diese gibt es durchaus mal Wartezeiten von anderthalb bis zwei Jahren. Im Schatten der Neuwagen-Knappheit treibt der Gebrauchtwagenmarkt mitunter skurrile Blüten: Ein Händler erzählt, dass unlängst ein Jahreswagen mit einem Neupreis von 100.000 Euro mit 20.000 Kilometern Laufleistung und 8000 Euro Schäden für 95.000 Euro versteigert wurde. Die Händler können auch deswegen nicht auf die Messe, weil sie aktuell selbst aufpassen müssen, ihre eigene Mobilität (Ersatzfahrzeuge für Werkstattkunden, Vorführwagen, Autos für abgelaufene Leasings) nicht zu gefährden.
Der Messegesellschaft geht derweil nicht nur ein Highlight im Messekalender verloren, der Ausfall wird sich auch auf die Bilanz auswirken. Strowitzki aber denkt langfristiger: Die Absage sei allen Beteiligten nicht leicht gefallen, aber die Automobil habe auch einen Ruf zu verteidigen. „Wenn wir auf der Messe 2022 nur mit Halbgas fahren können, dann wird sie auch nur halbgut“, sagte Speck. Der Imageverlust könnte höher sein als der, den Händler und Messechef nun zu verkraften haben. Die Automobil 2023 ist bereits auf den 24. bis 26. Februar terminiert. Und auch die Gebrauchtwagenmesse im kommenden April wird stattfinden. Wie viele in der Wertschöpfungskette Automobil die aktuelle Krise nicht überleben – dazu zählen nicht nur Hersteller und Händler, sondern auch die Zulieferer oder Logistiker –, ist heute etwa so klar wie der Liefertermin für einen hoch individualisierten Neuwagen.
Lars Bargmann
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Kommunen
Ziel des Emmendinger Stadtmarketings: mehr Veranstaltungen.
»Die Leute stimmen mit den Füßen ab«
Wie südbadische Kommunen Stadtmarketing machen
F
Foto: © Tourist-Information Emmendingen
ehlende Tourist·innen, Geschäftsschließungen, leere Plätze: Schon seit geraumer Zeit beschleunigt sich der Wandel in den Innenstädten. Die Pandemie hat das nochmal schonungslos aufgezeigt. Stadtmarketingabteilungen können den Prozess jedoch verändern, moderieren und mit innovativen Maßnahmen begleiten. Die Kommunen der Region sehen die Veränderung deshalb auch als Chance. „Während der Lockdown-Zeiten konnte man sehen, wie leergefegt die Innenstadt ist, wenn der E inzelhandel geschlossen bleibt“, erinnert sich Beate Desenzani, stellvertretende Fachbereichsleiterin Familie, Kultur, Stadtmarketing Emmendingen. Seit 2005 gibt es die Abteilung, die Pandemie hat Desenzani noch einmal gezeigt, wie wichtig ihre Arbeit ist. Aktuell geht es vielerorts darum, Innenstädte auch außerhalb von Öffnungszeiten attraktiv zu gestalten. Für wen, sei am Ende gar nicht so wichtig, stellt die 52-Jährige fest: „Alles, was man in den Tourismus investiert, investiert man auch in die eigenen Bürger.“ 10.796 Gemeinden, darunter 2058 Städte gibt es in Deutschland. Jede einzelne möchte herausragen, die eige-
ne Geschichte erzählen, nach außen und innen hin attraktiv sein. Storyteller sind unter anderem die Stadtmarketing abteilungen. Denn unter deren Dach finden sich unterschiedliche Zielgruppen und Akteur·innen sowie verschiedene Handlungsfelder zusammen. So richtet sich Standort-Marketing etwa an Unternehmer·innen und Gründende, Tourismus-Marketing an Gäste und Geschäftsreisende, Eventmarketing an unterschiedliche Akteur·innen, CityMarketing an die Stadt- und Umlandbevölkerung, sowie Verwaltungs-Marketing an Bürger·innen und Politik. Um sich von anderen Kommunen abzugrenzen, heißt es, einen Markenprozess zu durchlaufen und ein einheitliches Profil zu finden. Darin übte sich Freiburg zuletzt. Denn um zu beantworten, wie sich die Green City präsentieren muss, um Appetit auf einen Besuch zu machen, entwickelte die Freiburg Wirtschaft Touristik und Messe GmbH (FWTM) eine touristische Marke. Das hat Emmendingen längst getan. Die Kreisstadt sieht sich mit ganz anderen Aufgaben konfrontiert. Dort heiße es, Angebote zu vermischen, etwa Einkaufen und Wohnen zu kombinieren oder spannende Veranstaltungen anzubieten, sagt Desenzani: „Die Leute
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stimmen mit den Füßen ab: Wenn niemand mehr kommt, muss man entweder die Sache verändern oder neue Dinge ins Leben rufen.“ Bei ihnen seien deshalb die Wiederbelebung des ehemaligen Kaufhaus Krauss, die Neubebauung des InsideAreals sowie der vom Wehrle Werk geplante Kulturhof großgeschrieben. Auch in Herbolzheim wird fleißig getüftelt – die Projektliste ist lang: „Gerade in ungewissen Zeiten besinnen sich die Menschen wieder auf das, was vor der Haustüre ist“, sagt Rathaussprecherin Melanie Amann-Brandt. Aktuell laufe deshalb etwa der Bildungsdialog zur Vernetzung, um als Stadt noch familienfreundlicher zu werden. Außerdem stehen die Realisierungen neuer Wohn- und Gewerbegebiete sowie der Glasfaserausbau an. Auch die Wanderwege erfahren ein Refreshment. Eines der größten Projekte sei außerdem die Gründung einer Bürger·innen genossenschaft, die nachhaltige Projekte unterstützen soll. „Startprojekt soll ein Unverpackt-Laden18 sein. Auch an der Schaffung von Co-Working-Spaces arbeiten wir“, erzählt Amann-Brandt. Nicht nur diesen könnte in Zukunft mehr Bedeutung zukommen: „Wo das reine Einkaufen an Bedeutung verliert, werden Flächen für andere Funktio-
Kommunen
nen frei, und Innenstädte gewinnen als B egegnungsorte, Orte des Lernens, des Arbeitens, des Wohnens, der Freizeit und der Kultur an Bedeutung“, betont Thomas Goldschmidt, baden-württembergischer Landesbeauftragter der Bundesvereinigung City- und Stadtmarketing Deutschland e.V. (bcsd). Die Stadt Waldkirch scheut den Wandel nicht: „Die Innenstadt muss sich nicht nur verändern, sie wird es zwangsweise tun. Dies so zu begleiten, dass der vielbeschworene ‚Tod der Innenstadt’ nicht eintritt, ist die große Herausforderung der Stadtentwicklung“, sagt Pressesprecherin Stefanie Sigmund. Dafür gebe es bei ihnen etwa die Bürger·innenbeteiligung bei der Entwicklung eines voraussichtlich autofreien neuen Wohngebiets. Wohin auch geschaut wird, zeigt sich: Stadtmarketing ist nicht einheitlich. So bunt wie die Kommunen sind auch ihre
Ideen. „Es geht darum, Emotionen zu wecken und Anreize für den Besuch der Innenstadt zu schaffen. Es geht darum, die Dinge, die ich im Netz nicht erhalten kann, zu aktivieren: emotionaler Austausch, aktive Begegnungen, gelebte Freundschaften“, bestätigt die Lahrer Stadtmarketing-Sach gebietsleiterin Martina Mundinger. Im Rahmen der Reihe „HerbstZEIT in Lahr“ startet deshalb am 13. November erstmals eine Illumination des gesamten Stadtparks. Auch für Beate Desenzani ist klar, dass Stadtmarketing sich immer weiter entwickeln muss und keine Beliebigkeiten erzählen darf: „Wir müssen aus unseren Schachteln im Kopf raus, müssen umdenken und alle zusammen anpacken.“ Denn nur so können Bürger·innen in Zukunft fasziniert, Unternehmen interessiert und Gäste begeistert werden.
Liliane Herzberg
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Infrastruktur
»Es ist nix mehr da«
Mobilfunknetz im Regierungsbezirk Freiburg ist mangelhaft
Illustration: © freepik.com
„Es gibt extreme weiße Flecken“, berichtet Philipp Klemenz. Der IHK-Referent für Innovation und Technologie meint damit Orte, an denen Mobilfunk ein Fremdwort ist. „Sobald Sie in den Schwarzwald reingehen, wird es problematisch“, berichtet Klemenz. „Je weiter rein, desto schlechter ist es – bis zu: Es ist nix mehr da.“ Gemeinsam mit den Kammern Hoch rhein-Bodensee und Schwarzwald-BaarHeuberg hat seine den Mobilfunkatlas erstellt. Der zeigt die LTE-Mobilfunkversorgung im Regierungsbezirk Freiburg – vor allem mit Blick auf die Anbindung mittelständischer Unternehmen. Die Zahlen sind deutlich: Während in Freiburg lediglich zwei Gebäude in unterversorgten Gebieten
stehen, sind es im Landkreis BreisgauHochschwarzwald 431, im Raum Waldshut sogar 4371. Auch im Münstertal und Richtung Emmendingen gibt es weiße Flecken, berichtet Klemenz. Die entscheidenden
Foto: © IHK Südlicher Oberrhein
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in stabiles Handynetz macht nicht nur privat vieles leichter. Auch Firmen hängen davon ab, dass sie vollen Empfang haben. Mancherorts in der Regio ist das ein Trauerspiel. Das zeigt eine Untersuchung der Industrie- und Handelskammer Südlicher Oberrhein (IHK). Ein Kieswerkbetreiber aus der Ortenau muss daher auf Richtfunk umstellen.
Kennt viele weiße Flecken: DigitalExperte Philipp Klemenz von der IHK. Dienstleister (Telekom, Vodafon oder Telefónica) seien nicht immer bereit, zu investieren. „Die entscheiden nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten“, sagt Klemenz. Ein Lied vom schwachen Internet kann der Kieswerkbetreiber Herrmann Uhl KG Ortenau singen. Zehn Kieswerke betreibt das Unternehmen. „Die sind meist am Rand, weit weg von Infrastruktur“, sagt IT-Leiter Alveric Illgner.
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Beispielsweise am Standort in Offenburg-Waltersweier hat die Firma große Probleme beim Datentransfer. Die Kabelverbindung sei teuer, schwach und instabil. „Das kracht einmal die Woche weg“, berichtet Illgner. Auch der Mobilfunk sei dort ungenügend. Beispielsweise sinke bei Stau auf der benachbarten A5 die Leistung. „Ein variables Glücksspiel“, sagt Illgner. Sein Unternehmen will daher auf Richtfunk umsteigen, um seine Standorte zu verbinden. Dabei kommunizieren Antennen miteinander mittels Radiowellen. Was muss sich also ändern? „Es braucht Geld und eine klare Linie“, sagt Klemenz. Ein konkreter Plan müsse her, wann was erreicht werden soll. Wichtig sei, dass Kommunen die Fördermöglichkeiten des Bundes für den Ausbau nutzen. Das werde zwar bereits gemacht, werde aber längst nicht ausgereizt. Denn der Datenhunger wächst. In drei Jahren hat er sich laut Bernd Sörries verdoppelt. Der Direktor des Wissenschaftlichen Instituts für Infrastruktur und Kommunikationsdienste ist überzeugt: „Der aktuelle Zustand des Mobilfunknetzes hält den gestiegenen Anforderungen an vielen Stellen nicht mehr stand.“ Till Neumann
Nachhaltigkeit
Die hängenden Gärten von Freiburg Wie grüne Fassaden das Klima verbessern
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ehr als 50.000 Pflanzen auf rund 4300 Quadratmetern Fassade: Den Green City Tower am Freiburger Güterbahnhof soll Deutschlands größter vertikaler Garten schmücken. Die Bausteine dafür kommen aus einem Gartenbaubetrieb in Lehen. Sie können gerade in dicht bebauten Städten einige Probleme lösen.
Foto: © tas, Visualisierung: © Unmüssig
Die ersten Platten hängen bereits, doch noch ist der Green City Tower eher grau als grün. Das soll sich in den kommenden Monaten ändern: Im kommenden Sommer will die Unmüssig Bauträgergesellschaft Baden den Neubau eröffnen. Bis dahin sollen Lavendel, Rosmarin, Waldfarn & Co. dem Gebäude eine ganz besondere Ästhetik verleihen. Einen Einblick, wie die von Pflanzen eroberten Wände wirken, gibt es in FreiburgLehen. Versteckt zwischen Dreisam und Zubringer liegt der Hof des Garten- und Landschaftsbaubetriebs flor design. Hier entwirft und baut Klaus Wegenast mit seinem Team diese senkrechten Gärten.
Welche Entwicklung sie hinter sich haben, zeigt ein Rundgang. Neben den modernen Konstruktionen mit durchgängigen Pflanzgittern, Natursteinen für Eidechsenhabitate oder integrierten Brunnen stehen auch noch die ersten, zehn Jahre alten Versuche. Wegenast musste sich an die Technik erst herantasten, denn Wände in dieser Art hat vor ihm noch keiner gebaut. Dabei gibt es die Idee des vertikalen Gartens schon lange: Nach den „Selbstklimmern“ von Adolf Loos im Wiener Jugendstil oder den Konstruktionen von Friedensreich Hundertwasser entwickelte der Pariser Botaniker Patrick Blanc die ersten richtigen Senkrechtgärten. Bereits 1989 ließ er ein Verfahren patentieren, um Mauern und Hauswände ohne Erde oder Substrat zu bepflanzen. Seine Idee ist heute aktueller denn je: Wo urbane Flächen rar und teuer sind, müssen Gärten eben in die Höhe wachsen. Egal, ob in Bangkok, Miami oder Dubai – weltweit lässt der Gartenpionier Luxushochhäuser, Einkaufszentren, Museen oder Brücken ergrünen. Die Natur zurück in urbane Räume bringen, das will auch Wegenast. Allerdings mit einem anderen Ansatz. „Dort, wo Pflanzen wachsen und wurzeln, ist Leben“, erklärt er. Die Erde wegzurationalisieren und wie Blanc durch Vlies zu ersetzen, kommt für den Freiburger daher nicht in Frage. Seine Greencity Walls sind mit einem mineralischen Substrat gefüllt, in das die Pflanzen mit ein paar Zentimeter Abstand gesetzt werden. So bringen die hängenden Gärten Biodiversität an Stellen, die sonst ungenutzt wären. Beim Green City Tower rechnet Peter Unmüßig damit, dass die Fassade rund 35 bis 40 Tonnen CO2 pro Jahr aufnehmen kann. Es ist nicht der einzige
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Visionär: Klaus Wegenast lässt Gärten in die Höhe wachsen – auch am Green City Tower (u.) in Freiburg. Vorteil der grünen Wände: Sie verbessern das Klima, halten Regenwasser zurück und helfen gegen Hitzeinseln in der Stadt. Innerhalb des Gebäudes entlasten sie die Klimaanlagen und funktionieren als Wärmedämmung. Bauherren kommen diese Vorteile recht teuer zu stehen, wie das Beispiel des Green City Towers zeigt: Die Installation habe Mehrkosten von etwa einer halben Million Euro verursacht, sagt Geschäftsführer Maximilian Unmüßig. So wurden etwa Wartungsgänge in das Gebäude integriert, über die die Gärtner Zugang zur Fassade haben. Was den Unterhalt angeht, erwartet der Betriebswirt jedoch einen positiven Effekt auf den Energiebedarf, der sich auch in den Nebenkosten für die Mieter widerspiegeln dürfte. Wegenasts größtes Ziel ist es, seine Greencity Walls auch preislich konkurrenzfähig zu machen. „Wenn wir das schaffen, dann spricht nichts mehr für eine Fassade aus Stein oder Stahl“, zeigt sich der Gartenprofi zuversichtlich. „Das ist mein Ziel, denn – ganz egal, ob wir sie gebaut haben oder nicht – immer wenn ich eine begrünte Wand sehe, geht mir das Herz auf.“ Tanja Senn
Nachhaltigkeit
Höchste Auszeichnung für Neubau Badenova gewinnt Platin-Medaille der DGNB
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Fotos: © Badenova
ach dem Verwaltungsgebäude 3 in 2014 hat auch der jüngste Neubau der Badenova AG von der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) die Platin-Medaille erhalten. Das ist in der Region Südbaden einzigartig. Und das Höchste, was Bauherren bei der DGNB erreichen können. „N“. Das ist derzeit der Lieblingsbuchstabe von Badenova-Technikvorstand Heinz-Werner Hölscher. „N“ steht für Nachhaltigkeit und für „New Work“. Dass der von Matthias Schöffing, Leiter der Tochter BN-Netze, verantwortete Neubau besonders nachhaltig ist, bestätigt jetzt ganz offiziell die DGNBPlakette. Dass New Work keine hohle Phrase ist, lässt sich beim Rundgang durch das vom A rchitekten Harry Vogt geplante Gebäude unschwer erkennen: Große Räume mit flexiblen Raumtrennern, Kommunikationsinseln, grüne Wände, stille und kommunikative Bereiche, stylische Pantry-Küchen auf jedem Stockwerk. Gut gelungen ist der das neue und das Bestandsgebäude verbindende Glaskubus, gelungen auch das runde Treppenhaus, das deutlich attraktiver ist als die irgendwo versteckten Aufzüge – ein Anreiz für die rund 350 Mitarbeiter, sich zu bewegen. Attraktiv zudem der Campus-Park vor dem Neubau (1,34 Mio.), der nicht nur einen Trinkbrunnen und Pavillons, sondern auch kabellos ans Internet angedockte Arbeitsplätze im Freien bietet. Für Platin reicht es nur, wenn ökologische, ökonomische, soziokulturelle, funktionale, technische und prozesshafte Qualitäten miteinander gedacht, geplant und umgesetzt werden. Der Er-
füllungsgrad von 86,8 Prozent ist auch bundesweit ein Topwert. „Bereits zwei Mal mit einem Bau diese hohen Kriterien zu erfüllen, ist einmalig in Freiburg und damit herausragend“, kommentierte DGNB-Auditorin Andrea Wurm. „Auf dieses Ergebnis kann die Badenova stolz sein“, sagte auch Andrea Katzer-Hug, Amtsleiterin vom städtischen Gebäudemanagement Freiburg (GMF). Die Hauptverdächtigen bei der Suche nach dem Verantwortlichen für das sehr gute Ergebnis sind im Untergeschoss angesiedelt: Hochmoderne Lüftungs-, Heizungs- und Kälteanlagen sowie ein biogasgetriebenes BHKW haben hier ihre Herzen. Die Lüftung liefert pro Stunde 34.000 Kubikmeter gereinigte Frischluft – mehr als ausreichend für die 344 Arbeitsplätze. Die Decken sind bauteilaktiviert, in ihnen liegen Leitungen, durch die warmes wie kaltes Wasser strömen kann. Auf dem Dach liefern 312 Solarmodule 96,5 kWp (Kilowatt-Peak) Leistung und versorgen so das Haus mit Strom. 4,942 Millionen Euro und damit fast ein
Drittel der Baukosten (16,1 Mio.) haben allein die Technischen Anlagen gekostet, wie Schöffing vorrechnet. Dafür gibt es auf einer Nutzfläche von insgesamt 5430 Quadratmetern 4700 Quadratmeter Büro- und Besprechungsräume. Die Bauteilaktivierung ist aufs kleinstmögliche Raster zugeschnitten, je drei Fensterreihen bilden eine steuerbare Einheit. Wenn hinter den ersten drei Reihen eher wärmebedürftige Menschen arbeiten, könnten hinter den drei nächsten Reihen auch kühlere Naturen sitzen. Der Neubau ist vor allem für Mitarbeiter der Konzerntöchter BN-Netze und RegioData, hat 108 Autostellplätze (38 mit E-Ladesäulen) und einen Fahrradparkplatz mit 14 E-Bike-Ladestationen. „Wir sind uns unserer Vorbildfunktion in der Region bewusst“, so Hölscher, „dass wir bei unseren eigenen Gebäuden die Messlatte hoch legen, erwächst aus der Selbstverpflichtung zur Energiewende.“ Lars Bargmann
Trio mit Trophäe: Architekt Harry Vogt, DGNB-Auditorin Andrea Wurm und Vorstand Heinz-Werner Hölscher (v.l.) bei der Siegerehrung. Hochdekorierter Winkel: Das halbrund aus der Fassade ragende Treppenhaus bietet einen schönen Blick auf den Campus-Park. chilli | business im Breisgau | 11.2021 | 19
Nachhaltigkeit
Take away ohne Müll
Erste Gastronomen setzen auf Mehrweg, Rathaus mischt mit
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Etwas ändern möchte auch Chattaya Narmsara. Er betreibt drei Chada-Thai-Restaurants in Freiburg und Malterdingen. Seit 2019 hat er ein eigenes Mehrwegsystem etabliert. Für seine roten Mitnehm-Boxen verlangt er drei Euro Pfand. Der Nachteil daran: „Das ist eine Insellösung und die ist nicht optimal“, sagt der 44-Jährige. Die Boxen können nur bei ihm zurück gegeben werden. Im vergangenen Jahr kam der Mehrweganbieter Vytal auf ihn zu. Ein App-basiertes System aus Köln mit dem Slogan „EsWer beim Café Atlantik telefonisch Essen bestellt, be- sen mitnehmen. Ohne Müll.“ Narmsara nutzt Vytal seitdem in kommt die Idee angeboten: Kunden können ihr eigenes seinem Nudelsuppe-Laden an der Rempartstraße. Da seien die Gefäß mitbringen. Dort werden beispielsweise Nudeln runden Boxen nützlich. Für seine zwei großen Restaurants passen sie weniger gut. Da bevorzugt er die reingefüllt. So fällt nicht mal Pfand eigenen eckigen Behälter. Zudem sei das an. „Das wird super angenommen“, Einscannen mit der Vyta-App bei Großsagt Atlantik-Chef Stefan Kremer. bestellungen „zu stressig“. Etwa jeder zweite Kunde nutze das. 30 bis 40 Prozent seiner Kunden nutzen Entstanden ist die Idee im April, als die Mehrwegsysteme bereits, sagt Take-away gefragt war wie selten. Narmsara. Die übrigen bekommen bei Die Hygiene sei kein Problem, sagt ihm biologisch abbaubare Boxen aus ZuKremer. „Wir fassen das Gefäß nicht an, ckerrohr. Das sei viel besser als die Alubefüllen es nur.“ Zur Küche getragen schalen, die er früher im Einsatz hatte. wird es offen auf einem Tablett, den DeAuch das Rathaus möchte mehr ckel machen die Kunden selbst drauf. Mehrweg nach Freiburg bringen. Bei Eine Erlaubnis hat er sich für die Idee zwei Online-Events haben die Abfallnicht eingeholt. Das Atlantik ist einfach Verzichtet auf Verpackungen: wirtschaft und Stadtreinigung (ASF) zur Tat geschritten. „Umweltschutz darf Sattaya Narmsara von Chada Thai sowie das Umweltschutzamt im August nicht unter Corona leiden“, sagt Kremer. Plastikhalme hat er schon länger aus dem Programm genom- Gastronomen sechs Mehrweg-Anbieter vorgestellt. Einer damen. Jetzt möchte er verstärkt Verpackungsmüll vermeiden – von soll Ende November als neues System verkündet werden. Welcher das ist, möchte ASF-Sprecher Peter Krause noch auch wenn es einen Mehraufwand mit sich bringt. Das Problem dahinter ist riesig: Schon 2017 sind in Deutsch- nicht verraten. Wichtig sei, dass sich ein einziges System etabland rund 280.000 Tonnen Müll angefallen – durch Einweg- liert: „Pfandsysteme funktionieren am besten, wenn möglichst geschirr und Verpackungen für Mitnehmspeisen oder den viele mitmachen“, sagt Krause. Das sieht auch Chattaya Sofortverzehr. Das zeigt eine NABU-Studie. Knapp 50.000 Narmsara so. Er wäre sofort bereit, seine eigenen Boxen aufzugeben für etwas, das flächendeckend funktioniert. tln Tonnen sind allein Pizzakartons.
Fotos: © unsplash.com, Till Neumann
ie Corona-Krise hat Take-away-Essen boomen lassen. Die Müllberge wachsen damit g ewaltig. Es sei denn, Gastronomiebetriebe bieten Mehrwegverpackungen an. Diese sind in Freiburg aktuell auf dem Vormarsch. Zwei Gastronomen zeigen, wie sich Abfall deutlich reduzieren lässt. Auch das Rathaus schaltet sich ein: Es möchte ein flächendeckendes einheitliches System in Freiburg etablieren.
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Nachhaltigkeit
»Ökologie schützen«
Klimaschutzprojekt »Wa-Kli’s Brot« gewinnt Zacharias-Preis
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Foto: © Zacharias
ie schmeckt eigentlich Naturschutz? Dieser Frage sind Landwirte, Müller und Bäcker aus Südbaden nachgegangen. Herausgekommen ist ein Brot aus regenerativem Weizen, das ein Bewusstsein für Klimaschutz und Handwerk schaffen soll. Im Wasserschutzgebiet rund um das Wasserwerk Hausen gelten strenge Regeln für Landwirte: Angebaut werden dürfen dort nur bestimmte Fruchtfolgen. Der Einsatz von Dünger und Pflanzenschutzmitteln ist nur eingeschränkt erlaubt. Um Humus auf den Flächen aufzubauen, werden die Acker über den Winter begrünt. „Die Wider-
standsfähigkeit der Böden wird dadurch gestärkt“, erklärt Tasmin Taskale, Referentin beim Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverband. Rund 14 Tonnen Weizen hat die Ernte in dem Schutzgebiet vergangenes Jahr eingebracht. Verarbeitet wurde das Getreide zu zehn Tonnen Ruchmehl, das mehr Eiweiß, Vitamine und Mineralstoffe beinhaltet als herkömmliches Weizenmehl und außerdem herber schmeckt. Auch das damit gebackene Wasser- und Klimaschutzbrot „Wa-Kli’s Brot“ ist nicht bloß Belaghalter. „Es ist ein Brot mit Eigengeschmack, mild, nussig und kernig“, beschreibt Projektpartnerin Michaela Reiß.
4.20 Euro kosten 650 Gramm „Wa-Kli’s“ in einer ihrer 16 Backstuben. Die Bäckermeisterin will damit Kunden für regenerative Landwirtschaft und ihr Handwerk sensibilisieren. „Wir haben uns überlegt, wie man wachrütteln kann“, sagt die 40-Jährige. Auch Gustav Grether von der Grether mühle ist froh um die Publicity, die nicht zuletzt der Gewinn des ZachariasKommunikationspreises brachte: „Ich begrüße sehr, dass wir hier ein regionales Produkt herstellen können, bei dem sichtbar wird, dass wir unsere Ökologie schützen und dass regionale Kreisläufe funktionieren.“ pt Anzeige
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Start-ups
Effektive Beratung: Wo viele Fragen auf viel Erfahrung treffen.
Von den alten Hasen lernen Die „Senioren der Wirtschaft“ unterstützen Start-ups
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Fotos: © Sinem Ertürk, greenbee Foto:
er einen großen Teil des beruflichen Lebens in einer bestimmten Branche verbringt, hat ein großes Wissen gesammelt. Die „Senioren der Wirtschaft“ stellen diese Ressource zur Verfügung. Der gemeinnützige Verein betreut und berät Unternehmen in Baden-Württemberg und Teilen von Rheinland-Pfalz – und unlängst auch in Südbaden. Wo auch Vorstand Herbert Lehmann lebt. „Erfahrung teilen – Erfolg sichern“ – das ist das Motto der Wirtschaftssenioren. In dem Verein engagieren sich rund 60 ehrenamtliche Expert·innen. Sie haben Erfahrung als Fach- und Führungskräfte in Branchen wie der Industrie, dem Handwerk, dem Handel, dem Dienstleistungs- und Bankensektor sowie den freien Berufen. Ihr Ziel: Start-ups, Existenzgründer·innen und kleinere und mittlere Unternehmen (KMUs) bei der Unternehmungsgründung, -entwicklung und -sicherung sowie bei Übergaben und Übernahmen unterstützen. Zum einen ist da das Knowhow der alten Hasen. Sparkassenbetriebswirt Herbert Lehmann ist seit 2017 bei den Wirtschaftssenioren und wurde 2020 in den Vorstand gewählt. Neben seinem betriebswirtschaftlichen Wissen sind es seine Netzwerke, mit denen er Hilfestel-
lung gibt. „Es ist super, wenn ich beispielsweise früheren Berufskontakten junge Unternehmen empfehlen kann“, erläutert der 68-jährige Staufener. Ein Beispiel ist das Freiburger Start-up „Greenventory“. Das Unternehmen gibt Klienten die Entscheidungs- und Datengrundlage für eine vorausschauende Planung von Energiesystemen. Lehmann vermittelte Kontakte, die zu konkreten Aufträgen für das Unternehmen führten. „Greenventory“ feiert Erfolge in der Region: Die Städte Staufen und Müllheim etwa bieten Bewohner·innen eine Potenzialanalyse zur Photovoltaik-Nutzung an, das Unternehmen hat das Projekt mit einer Software realisiert. „Viele Antragsteller kommen aus dem digitalen Bereich“, erklärt Lehmann. „Wir beraten aber auch bei der Gründung von Fitnessstudios oder Unverpackt-Läden.“ Wie lange die Zusammenarbeit mit den Partner·innen dauert, sei unterschiedlich. Manchmal reiche schon ein Gespräch, meist laufe es auf eine längerfristige Zusammenarbeit hinaus. Dann können auch mal kurzfristig Fragen oder Tipps ausgetauscht werden. „Das ist am produktivsten und bringt auch den meisten Spaß für mich als Berater.“ Die „Senioren der Wirtschaft“ mit Sitz im schwäbischen Schönaich kooperieren mit Institutionen wie dem Wirtschaftsministerium, den Industrie- und Handelskammern (IHKs), Wirtschafts-
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förderungsgesellschaften sowie Accelatoren, etwa dem BadenCampus in Breisach. Der Verein erhebt nur geringe Gebühren. Für die Erstberatung – in der Regel sind das drei Termine – fallen 100 Euro plus Mehrwertsteuer an. Für eine längerfristige Begleitung werden individuelle Vereinbarungen getroffen. Durch die Honorare sollen die Kosten des Vereins gedeckt werden. Neben der Beratung bietet der Verein Coaching und Sparring an. Lehmanns Engagement wird auch mal zum Halbzeitjob. Stören tut ihn das nicht – vielmehr freut er sich über Erfolge: Wenn sich ein junges Unternehmen auf einem guten Weg befinde, Erfolge erziele oder durchstarte, sei das ein tolles Gefühl: „Das ist dann auch die Motivation für unsere Arbeit.“ Pascal Lienhard
Wirtschaftssenior Herbert Lehmann
Expertenbeitrag
Es bleibt in der Familie Wirtschaftsprüfer Mathias Hecht über die Vorzüge vermögensverwaltender Immobiliengesellschaften
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uch wenn das Filmdrama „Es bleibt in der Familie“ mit Kirk und Michael Douglas nicht jedem bekannt ist, den Spruch kennen die meisten. Steuerlich betrachtet sind Familien gesellschaften alles andere als ein Drama – sie haben für Vermögende mit Immobilienbesitz sehr viele Vorteile und kaum Nachteile.
Foto: © ns
Wenn es um Erbengemeinschaften geht, dann können sich bekanntlich durchaus dramatische Szenen abspielen. Bei einer steuerlich und vertraglich gut gemachten Familiengesellschaft, in die Immobilien überführt werden, sind solche Szenen indes äußerst unwahrscheinlich. Durch Familiengesellschaften kann die Vermögenszerschlagung auch bei einer Teilungsversteigerung eines Miteigentümers verhindert werden, das Vermögen kann durch restriktive gesellschaftsrechtliche Kündigungs- und Abfindungsregeln zusammengehalten, eine funktionierende Immobilienverwaltung durch eine Geschäftsführung unabhängig von Eigentumsverhältnissen gewährleistet werden. Das Immobilienvermögen ist auch dann vor Gläubigern geschützt, wenn über einzelne Eigentümer wirtschaftliche Krisen einbrechen oder gar ein Insolvenzverfahren eröffnet wird. Auch steuerlich geizen solche Gesellschaften nicht mit Reizen: Familienmitglieder können am Vermögen ohne Preisgabe des wirtschaftlichen Eigentums beteiligt werden, es
Mathias Hecht ist Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Gesellschafter bei der Hecht Bingel Müller & Partner Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in Freiburg. www.hbm-partner.de 24 | chilli | business im Breisgau | 11.2021
können optimale schenkungssteuerliche oder erbrechtliche Übertragungen erreicht, etwaige Haftungen sowie Ertragssteuern reduziert werden. Steuerlich ist dabei insbesondere zu unterscheiden zwischen Betriebsvermögen und Privatvermögen. Die reine Vermietung und Verpachtung von Immobilien ist keine gewerbliche Tätigkeit, führt also in der Regel nicht automatisch zu Betriebsvermögen, das steuerlich schlechter behandelt wird. Ein Belastungsvergleich zwischen einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft vs. grundbesitzverwaltende Kapitalgesellschaft stellt sich vereinfacht wie folgt dar: Personengesellschaft Einkünfte vor Steuer: Abzgl. Einkommensteuer: Nettoeinkünfte: Kapitalgesellschaft Einkünfte vor Steuer: Abzgl. Körperschaftssteuer*: Nettoeinkünfte: Nettoeinkünfte bei Ausschüttung an Gesellschafter nach Abgeltungssteuer:
100 -42 58 100 -15 85 63,75
Annahmen: pers. Steuersatz 42%, keine Soli, KSt. 15%, GewSt. 15% * keine Gewerbesteuer, da erweiterte Kürzung
Es zeigt sich, dass auch bei einer Vollausschüttung eine geringere laufende steuerliche Belastung erreicht werden kann. Der größte Vorteil liegt jedoch darin, dass bei einer Thesaurierung des Gewinns die laufende Belastung auf 15 Prozent Körperschaftssteuer reduziert werden kann und nur bei Bedarf ausgeschüttet wird. Familiengesellschaften mit Immobilienbesitz sind, wenn sie steuerlich und rechtlich optimal aufgestellt wurden, also nicht nur steuerschonend, sondern sie bieten auch das, was der Initiator einer solchen Gesellschaft, in der Regel der, der das Vermögen geschaffen hat, will: Das Vermögen soll – am besten über Generationen – in der Familie bleiben, gezielt und gerecht unter den Begünstigten verteilt werden (und nicht etwa an noch nicht vorhandene Schwiegersöhne oder -töchter abgehen), und der Übergeber soll durch geschickte Stimmrechtsverteilung jederzeit in der Lage sein, auch weiter die operativen Entscheidungen fällen zu können.
Finanzwelt
Staffelübergabe: Bernd Rigl, Hermann Dittmers, Nicolai Gerig und Markus Hildmann (v.l.) bei der letzten Pressekonferenz mit dem langjährigen Geschäftsführer
Dittmers übergibt eine schöne Tochter
Die Sparkassen-Beteiligungsgesellschaft hat eine neue Führungscrew
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ei der Sparkassen-Beteiligungsgesellschaft (SBG) ist der langjährige Kapitän Hermann Dittmers von Bord gegangen. SparkassenVorstand Bernd Rigl würdigte den scheidenden Geschäftsführer als „Vater des Erfolges“. Im Schnitt 25,7 Prozent Rendite, bezogen aufs Konzernergebnis, sprechen für sich. Neue Geschäftsführer sind Nicolai Gerig, langjähriger Prokurist bei der SBG, und Markus Hildmann, Vize-Vorstandsmitglied bei der Bank. Da standen sie nun, eine Handvoll Kartons mit Ordnern, in der alten Geschäftsstelle der Sparkasse in Littenweiler. Und da standen Dittmers und seine Mitarbeiterin Maria Denda. Zu zweit. Als Dittmers, zuvor Verbandsoberprüfer beim Badischen Sparkassen- und Giroverband, zum 1. April 2001 Geschäftsführer der SBG wurde, hielt die hundertprozentige Tochter der Freiburger Sparkasse sechs Beteiligungen mit einem Volumen von 2,9 Millionen Euro. Heute sind es 44 Firmen, an denen die SBG mit 41,1 Millionen Euro Wagniskapital Anteile hält – als stiller Gesellschafter. „Von den ersten sechs Beteiligungen sind vier pleite gegangen“, erinnert sich Dittmers. Seit der Gründung der SBG hat diese 160 Investments getätigt. Fast immer erfolgreiche. Davon profitiert auch die Mutter, die jedes Jahr nicht nur die Gewinne aufs Konto überwiesen bekommt (im Schnitt rund 820.000 Euro in den vergangenen drei Jahren), sondern auch noch die Zinsen (rund 500.000 Euro), die die „schöne Tochter“ (Rigl) der Sparkasse fürs geliehene Geld zahlt. Die SBG finanziert Wachstum von arrivierten Unternehmen, stellt Eigenkapital bei Unternehmensübernahmen oder Nachfolgelösungen zur Verfügung, beteiligt sich an Spin-offs und
Start-ups. Im laufenden Jahr hat sie eine 180 Millionen Euro schwere Beteiligung mit sechs anderen südbadischen Sparkassen auf die Beine gestellt. Deswegen – und weil noch eine Beteiligung verkauft wurde – werden Dittmers und seine Crew in dessen letztem Jahr auch noch einen Rekordgewinn verbuchen. „Wir sind personell und wirtschaftlich super aufgestellt“, sagt Gerig, der seit 2007 bei der SBG arbeitet und nun Hauptgeschäftsführer ist. Gemeinsam mit Hildmann, der nebenamtlich tätig ist, will er das Eigenkapital-Konsortialgeschäft weiter ausbauen, noch mehr regionale Start-ups finanzieren und das große Thema Nachfolgeregelungen intensivieren. „Früher hatten wir in 80 Prozent dieser Fälle interne Lösungen, heute sind es zu 80 Prozent Externe, die bestehende Betriebe von der älteren Generation übernehmen“, erzählt Hildmann. 130.000 Betriebsübergaben wird es in der Republik im Zeitraum 2018 bis 2022 geben. Aktuell hat die SBG 18 Mandate von Menschen, die Betriebe suchen und solchen, die für ihre Betriebe jemanden suchen. Eher Parship als Tinder. In zwei Fällen hat die SBG im laufenden Jahr solche Paare zusammengebracht und finanziert. Ein Verkäufer aus Staufen kam so mit einem Käufer aus Pforzheim zusammen. „Ich habe hier 20 Jahre mit Begeisterung gearbeitet“, resümiert Dittmers, der vielen auch als ehrenamtlicher Ortsvorsteher von Kappel (2009 bis 2019) bekannt ist. Der heute 62-Jährige war immer ehrgeizig, zuletzt hatte er sich vor zwei Jahren – vergeblich – um das Amt des Bürgermeisters in seiner Heimatstadt Verden beworben. Er wird trotzdem zurück zu seinen Wurzeln in Norddeutschland gehen. Von der Dreisam an die Aller. Hermann Dittmers hinterlässt ein gut bestelltes Haus. Lars Bargmann
Foto: © bar
Seit der Gründung 160 Investments
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Aus Waldkirch in die Welt Sensorspezialist SICK feiert 75-Jahre-Jubiläum
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Fotos: © SICK AG
it großem Erfindergeist entwickelte Erwin Sick im Jahr 1946 die Sensortechnik. 75 Jahre später feiert das Waldkircher Unternehmen SICK mit weltweit mehr als 10.000 Angestellten den Pioniergeist seines Gründers. Nachkriegsdeutschland: In einer Baracke in Vaterstetten bei München verbindet Erwin Sick im September 1946 Optik und Elektronik. „Technologie zum Wohle von Mensch und Umwelt“ ist Leitsatz und Antrieb seines unermüdlichen Pioniergeists. Damit erfindet Sick den weltweit ersten Lichtvorhang für den Schutz von Menschen in Fabriken – der Startschuss für die einmalige Erfolgsgeschichte des Sensorherstellers. 75 Jahre später ist SICK noch immer Innovationstreiber und Familienunternehmen. Nachdem die junge Firma mit 25 Mitarbeitern 1956 in das süd badische Waldkirch umzog, hat sich SICK zu einem Weltmarktführer für
Sensorik entwickelt. Mehrfach als „Great Place to Work“ ausgezeichnet, ist SICK mit 10.000 Beschäftigten und einem Konzernumsatz von 1,7 Milliarden Euro heute weltweit präsent. Seine „Start-up“-Wurzeln hat das Unternehmen dabei stets beibehalten und hält den Erfindergeist von Erwin Sick fest in der Firmenkultur. Auch die Nachwuchsförderung hat darin Tradition: Als Ausbildungsbetrieb begeistert SICK seit mehr als 40 Jahren junge Menschen für zukunftsweisende Technik. SICK-Lösungen bieten die Grundlage für nachhaltigeres Wirtschaften: energieeffiziente Fertigungs- und Prozesssteuerung, pünktliche Logistikdienstleistungen, besserer Unfallschutz und fortschrittliche Lösungen für die alternative Energiegewinnung. Jeder Mensch begegnet fast täglich SICKSensoren, die im Hintergrund für sichere, effiziente und saubere Abläufe sorgen. Die dabei entstehenden Daten verbindet SICK mit Sensorintelligenz zu neuen Lösungen für die Digitalisierung sowie Industrie 4.0.
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Kluger Kopf: Firmengründer Erwin Sick Mit seinen Produkten und Systemen bewegt SICK die Märkte. Möglich machen das der Mut, die Kreativität und die Innovationskraft der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Sie stecken hinter den „Pioneering Superpowers“ von SICK und tragen den Erfindergeist des Firmengründers Erwin Sick in die Zukunft.
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Unternehmen in der Region
Wenn die Star-Geigerin klingelt Norbert Seifert ist in Südbaden weit und breit der einzige Bogenbaumeister
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Foto: © Norbert Seifert
orbert Seifert ist einer von diesen Menschen, die nichts aus der Ruhe zu bringen scheint. Außer, wenn er einen 100.000 Euro teuren Geigenbogen in der Hand hält. Dann kommt auch er für einen Moment ins Schwitzen. Vor wenigen Jahren war es: Eine russische Star-Violinistin rief bei ihm in der Freiburger Werkstatt in einem Hochhaus im Stühlinger an. Am Abend gab sie ein Konzert in Zürich, am Mittag bemerkte sie, dass ihr Bogen dringend einen neuen Schweif Rosshaar benötigte. Denn mit verfranstem Rosshaar winken die Saiten einer Geige nur müde ab: Mit so sprödem Zeug entlockst du uns keinen schönen Ton. Bogenbaumeister Norbert Seifert lud die Violinistin ein, spontan vorbeizukommen. Das Aufziehen von Rosshaar auf einem Geigenbogen ist für ihn schließlich Routine – wenn der Bogen, den er anderthalb Stunden später in seinen Händen hielt, nur nicht so furchtbar teuer wäre! Geigenbögen kosten nicht immer ein Vermögen. Dennoch sind sie – abgesehen von arg billigen Produkten, die man schon im Discounter angeboten bekommt – sehr kostbar. Bis zu 40 Stunden steckt Bogenmacher Norbert Seifert in einen Neubau. Der 59-Jährige beginnt mit einem Stangenrohling aus Fernambukholz, dem einzig wahren Holz für Cello-, Geigen-, Bratschenbögen. Das Hartholz stammt aus Brasilien und ist aufgrund seiner Biegsamkeit über dem Feuer bestens geeignet – auch deshalb, weil es im Anschluss in der Form bleibt, in die der Bogenmacher sie gebracht hat. Über drei, vier Wochen hobelt und schnitzt Norbert Seifert den Rohling in Form, hält ihn mit Unterbrechungen mindestens 30 Mal über die Flamme
eines Spiritusbrenners, um ihn immer wieder ein Stückchen weiterzubiegen. Wenn er den Bogen überspannt – jeder weiß, was dann passiert. An die fertige Stange montiert er im Anschluss die Spannmechanik, am unteren Ende des Bogens noch einen beweglichen „Frosch“, der die Rosshaare hält und je nach Position die Spannung erhöht oder lockert. Daumenleder um die Stange wickeln, Rosshaare aus der Mongolei aufziehen, am Ende den eigenen Namen einbrennen – fertig ist der Bogen. Seit über 200 Jahren ist die Bauweise von Bögen gleich geblieben. Norbert Seifert hat die Fähigkeiten von seinem Großvater und Vater erworben. In Bubenreuth ist er aufgewachsen. Das Dörfchen bei Erlangen in Mittelfranken ist in Deutschland so etwas wie das Zentrum der Bogenmacher. Nach dem Zweiten Weltkrieg, berichtet Norbert Seifert, siedelten sich dort zahlreiche Instrumentenbauer an, eröffneten Werkstätten, exportierten ihre Produkte hinaus in die Region, in die anderen Bundesländer, hinaus in die Welt. Jeder zweite Haushalt der 5000-Einwohner-Gemeinde, erzählt er, sei damals im Instrumentenbau tätig gewesen.
Nur leider trat bei Seifert während der Ausbildung zum Bogenmacher eine Al lergie auf, ausgerechnet gegen das Material, mit dem er tagtäglich arbeitete: gegen Fernambukholz. Wenn er in geschlossenen Werkstätten mit vielen Arbeitern und wenigen Absaugern war, bekam er kaum Luft. Den Beruf aufgeben wollte er deswegen aber nicht. Also entschied er sich für eine eigene Ein-Mann-Werkstatt, in der er das Holzstaubaufkommen gering halten und regulieren konnte. Da seine Frau aus Freiburg kam, fiel die Standortwahl vor 33 Jahren leicht. Bogenbaumeister Norbert Seifert hat sich über die Jahre einen Namen gemacht. Profis wie Laien schauen bei ihm vorbei, wenn sie einen neuen Bogen möchten, wenn ihr alter neue Haare benötigt oder nach einem Sturz einen Bruch erlitten hat. Seine Kunden kommen aus der Region, aus der Schweiz, bisweilen sogar aus Japan. Und manchmal sind es auch Star-Violinistinnen aus Russland, die spontan in der Werkstatt vorbeigucken. Aber auch solche Notfälle meistert Bogenmacher Norbert Seifert mit Bravour.
Christian Engel
Nur nicht den Bogen überspannen: Norbert Seifert in seiner Werkstatt.
chilli | business im Breisgau | 11.2021 | 27
Immobilien
Strabag gewinnt Doppel-Gold
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Konzern setzt verstärkt auf nachhaltiges Bauen
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Foto: © Daniel Wanders
ie Strabag Real Estate (SRE) hat in Freiburg erneut Nachhaltigkeit beim Bauen bewiesen: Mit den Milestones 3 und 5b haben unlängst zwei weitere Gebäude der Quartiersentwicklung Businessmile Freiburg das Gold-Zertifikat der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) erhalten. Damit sind nun alle fünf fertiggestellten Bürobauten des neuen Geschäftsviertels zertifiziert. Auch die beiden abschließenden Gebäude MILESTONE 4 und 5c werden nach Gold-Kriterien errichtet und sollen spätestens mit ihrer Fertigstellung im Jahr 2023 das DGNBQualitätssiegel erhalten. „Durch die Zusammenarbeit mit der DGNB legen wir entscheidende Grundlagen, unsere Planung systematisch an Nachhaltigkeit auszurichten und Baustoffe bedacht nach Lebenszykluskriterien auszuwählen“, konkretisiert Martin Lauble, SRE-Bereichsleiter Freiburg. „Nur durch gezieltes und zeitnahes Auseinandersetzen sichern wir unseren Gebäuden die Zukunftsfähigkeit“, betont Jörg Lin, der als SRE-Bereichsleiter zentrale Technik die Nachhaltigkeitsstandards unternehmensintern verantwortet. Lin ist mittlerweile im DGNB-Immobilienbeirat und betreut bib diverse Strabag-Forschungsprojekte.
Foto: © XXXXXXX
Blick auf die Businessmile: Die jüngsten Medaillen der DGNB gab es für das U-förmige Jobrad-Gebäude an der Straße und das weiße Gebäude an den Gleisen.
28 | chilli | business im Breisgau | 11.2021
Immobilien
Bauverein baut Kita-Duett Neues Genossenschaftsquartier auf dem Güterbahnhof
Die Vorstände Jörg Straub, Marc Ullrich (v.l.) mit Bürgermeisterin Christine Buchheit (3. v.r.), Kindern und Erziehern.
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Foto: © Bauverein Breisgau
ie Genossenschaft Bauverein Breisgau (BVB) hat auf dem Güterbahnhof ein kleines Quartier mit 56 genossenschaftlichen Wohnungen fertiggestellt. Zudem haben die Genossen eine Kita mit fünf Ganztagsgruppen für 80 Kinder erstellt. Auch in Herbolzheim hat der BVB eine Kita für 90 Kinder übergeben. Auf dem Freiburger Güterbahnhof sagte der Bauvereinsvorstand Marc Ullrich bei der feierlichen Übergabe im Beisein von Freiburgs Schulbürgermeisterin Christine Buchheit: „Gerade im urbanen Umfeld müssen innovative Konzepte entwickelt werden, die generationenübergreifendes Wohnen dauerhaft bezahlbar gestalten, wohnbegleitende Dienstleistungen ermöglichen und gleichzeitig intakte Nachbarschaften unterstützen und fördern.“ Die Kita wird von der AWO Freiburg betrieben, für den Bau des KfW-55-Quartiers zeichnete die Freiburger Treubau als Generalunternehmer verantwortlich. Mit den neuen Wohnungen erhöht der BVB seinen Bestand im Stadtteil Brühl-Beurbarung auf 1380 Wohnungen. Weiter nördlich, in Herbolzheim, haben die Genossen ein innovatives Holzbauprojekt eröffnet, in das sie sechs Millionen Euro investierten. Dort gibt es über einer Kita im Obergeschoss kommunale Mehrzweckräume sowie sechs barrierefreie Genossenschaftswohnungen. „In Herbolzheim wird die Schaffung von genossenschaftlichem Wohnraum aktiv gefördert, sodass das Mitgliederkapital gut investiert ist und dauerhaft Wohnen mit sozialer Infrastruktur verknüpft“, sagte Vorstand Jörg Straub. Im benachbarten Neubaugebiet HerrengüterWest III wird der BVB weitere 62 Wohnungen erstellen. bib
Menschen und Meldungen
Der neue IHK-Präsident Eberhard Liebherr (l.) und der bewährte Geschäftsführer Dieter Salomon
Foto: © IHK Südlicher Oberrhein (Olga Heiland)
Akademie investiert
Aufschwung mit Tücken Neuer IHK-Konjunkturbericht
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ie Wirtschaft im Bereich der IHK Südlicher Oberrhein (IHK) ist auf dem Weg der konjunkturellen Erholung. 88 Prozent der von der IHK für den jüngsten Konjunkturbericht befragten Unternehmen geben an, eine gute oder befriedigende Geschäftslage zu haben. Viele Störfeuer wie Energie- und Rohstoffpreise, Fachkräftemangel und Lieferengpässe verhindern jedoch noch, dass das Vorkrisenniveau schnell wieder erreicht werden kann. Die vergangenen Monate standen im Zeichen der konjunkturellen Erholung. Insbesondere in jenen Branchen, die von den Maßnahmen zur Eindämmung der Covid-19-Pandemie hart getroffen wurden, wie dem Hotel- und Gastgewerbe, zeichnet sich langsam eine Normalisierung der Geschäfte ab. In der Folge stieg der Index der Geschäftslage im Vergleich zum Frühsommer um 17 Punkte kräftig an und erreicht mit 34 Punkten erstmals wieder sein Vorkrisenniveau. 88 Prozent der Unternehmen bewerten ihre aktuelle Geschäftslage als gut oder befriedigend. Nur 12 Prozent leiden weiterhin unter einer schlechten.
Vor allem die letzten Wochen zeigten aber, dass die sehr optimistischen Prognosen vom Beginn des Jahres etwas nach unten korrigiert werden müssen: Neben dem Fachkräftemangel, der bereits vor der Pandemie für große Sorgenfalten in den Unternehmen sorgte, sind es nun vor allem auch die Energieund Rohstoffpreise. „Als Bauzulieferer mit großem Fuhrpark merkt man es schon deutlich, wenn der Diesel von 1,05 Euro auf 1,55 Euro pro Liter steigt“, sagt Eberhard Liebherr, neuer IHK-Präsident und Geschäftsführer von Ketterer&Liebherr in Freiburg. Hinzu kommen Engpässe bei der Verfügbarkeit von Vorprodukten sowie mangelnde Transportkapazitäten im Seehandel. „All dies führt dazu, dass die Industrie am Oberrhein aktuell keine verbesserte Lagebewertung mehr verzeichnen kann“, so Liebherr. 34 Prozent der Unternehmen gehen von einer Verbesserung der Geschäfte in den kommenden zwölf Monaten aus, 12 Prozent sind vom Gegenteil überzeugt. „Hier zeigt sich eine Diskrepanz zwischen der Industrie und den übrigen Branchen – nur in der Industrie wird der Ausblick aktuell negativer bewertet als im Frühsommer“, sagt IHK-Geschäftsführer Dieter Salomon. bib
30 | chilli | business im Breisgau | 11.2021
FREIBURG. Die IHK-Akademie Südlicher Oberrhein wird in den kommenden zwei Jahren die Ausstattung der überbetrieblichen Ausbildungsstätte am Standort Offenburg modernisieren. Investitionssumme: 1,83 Millionen Euro. 25 Prozent oder knapp 460.000 Euro schießt das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Baden-Württemberg zu. Den Scheck überreichte Wirtschaftsstaatssekretär Patrick Rapp persönlich. „In Zeiten der Transformation und der Corona-Pandemie ist die berufliche Fortbildung außerordentlich wichtig“, sagte Rapp. 550.680 Euro sind Eigenmittel der IHK-Akademie, weitere 826.020 Euro und damit 45 Prozent kommen vom Bundesministerium für Bildung und Forschung.
Ernährungsrat erhält Preis FREIBURG. Beim diesjährigen Projekt-Pitch stellten sich 16 Projekte mit ehrenamtlichem Engagement aus Freiburg in der Mensabar einer sechsköpfigen Jury der Freiburger Bürgerstiftung sowie dem Publikum. Den mit 1500 Euro dotierten ersten Preis errang der Ernährungsrat mit seiner Vorstellung einer Ernährungsstrategie für Freiburg und Region. Der Rat ist ein Forum, in dem sich über 100 Akteure des Ernährungssystems von Landwirtschaft, Gastronomie, Verwaltung bis hin zu Bürger·innen zusammentun, um zukünftige Ernährungssysteme für die Stadt Freiburg und die Region zu fördern. Die Publikumspreise gingen an Mano – Online-Beratung für suizidgefährdete Erwachsene und das Projekt „Queerlesen – Gendern im Kindergarten“ der Initiative Fluss e.V.
Ausgezeichnete Fischerwerke DENZLINGEN. Die Fischerwerke haben den Umwelttechnikpreis des Landes Baden-Württemberg gewonnen. Den Preis in der Kategorie „Techniken zur Emissionsminderung“ erhielten sie für einen Injektionsmörtel, der keine Gefahrstoffkennzeichnung mehr braucht.
Menschen und Meldungen
ACD Cryo zieht nach Neuenburg BAD BELLINGEN/NEUENBURG. Der Pumpenhersteller ACD Cryo verlegt seine Europazentrale von Bad Bellingen nach Neuenburg. Der Rohbau des neuen Verwaltungsgebäudes steht bereits, das Fundament für die Produktionshalle ist gegossen. In Hans-Jörg Schelb fand das Unternehmen einen Investor, der sein 2500 Quadratmeter großes Grundstück im Gewerbegebiet an der Robert-Koch-Straße zur Verfügung stellt und in die Gebäude investiert. Das Unternehmen wird Mieter und dort künftig unter dem Firmennamen Nikkiso mit 34 Mitarbeitenden Geräte produzieren und vertreiben. Das Unternehmen ist auf eine spezielle Pumpentechnik spezialisiert, mit der Gase wie Sauerstoff und Wasserstoff bei Temperaturen im Bereich von minus 200 Grad Celsius transportiert werden können.
Losan Pharma investiert in Eschbach ESCHBACH. Losan Pharma baut für einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag im Gewerbepark Breisgau ein Verwaltungsgebäude, eine Produktionshalle und ein Logistikzentrum. Dem Tochterunternehmen der Dr. Falk Pharma-Gruppe in Freiburg ist der bisherige Standort in Neuenburg zu klein geworden. Der Arzneimittelhersteller wächst stark und beschäftigt nach eigenen Angaben 600 Mitarbeiter. Der Jahresumsatz liegt bei 90 Millionen Euro.
Conrady schluckt Service-System UMKIRCH/GOTTMADINGEN. Die Conrady-Gruppe übernimmt den Umkircher Gebäudereiniger Service-System, der mit rund 700 Mitarbeitern einer der größten der Branche in der Region ist. Die Conrady-Gruppe – deren Geschäftsführer Thomas Conrady ist zugleich Präsident der Indus trie- und Handelskammer Hochrhein-Bodensee, führt nun die Geschäfte. Der bisherige Eigentümer Joachim Schupp, der das Unternehmen 2001 in Merzhausen gegründet hatte, wird als Prokurist weiterhin für Service-System tätig sein.
Preis für M10 Industries Innovative PV-Anlage
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er Freiburger Automationsspezialist M10 Industries AG ist für eine neuartige Solarzellen-Verschaltungsanlage mit dem badenwürttembergischen Umweltpreis ausgezeichnet worden. Das Freiburger Unternehmen errang in der Kategorie „Energieeffizienz“ einen zweiten Platz.
Mit der neuen Anlage können Modulhersteller hocheffiziente Schindel-Matrixmodule fertigen. Diese eignen sich aufgrund ihrer hohen Leistung auch bei Teilverschattungen insbesondere für den Einsatz in Solarfassaden sowie die Integration in Fahrzeugkarosserien. Bei der prämierten Fertigungstechnologie werden schmale Solarzellenstreifen im Überlapp und wie bei einem Mauerwerk versetzt zueinander verschaltet. Eine Besonderheit des Fertigungsprozesses ist die zu 100 Prozent bleifreie und damit sehr umweltfreundliche Verbindungstechnik. „Wir freuen uns sehr über diese Auszeichnung und danken der Jury für die Entscheidung“, betonte M10Industries-Vorstand Philipp Zahn bei der Preisübergabe in Stuttgart: „Dies ist eine besondere Würdigung für unser gesamtes Team, dem es gelungen ist, eine neuartige Photovoltaik-Fertigungstechnologie in Rekordzeit in die Industriereife zu bringen.“ Zur Zielgruppe gehören Modulhersteller weltweit, die ihr Portfolio um Schindel-Matrix-Module erweitern möchten. bib Anzeige
chilli | business im Breisgau | 11.2021 | 31
Menschen und Meldungen
Gesslers übernehmen Hotel Stadt Lörrach ie Freiburger Hoteliers René und Johannes Gessler haben Anfang Oktober das Hotel Stadt Lörrach wiedereröffnet. Das Familienunternehmen hatte 2007 das Hotel Schloss Reinach in Freiburg aus der Insolvenz heraus übernommen und zum überregionalen Erfolg geführt. Der Hoteldirektor Pascal Ruf wird nun nach Lörrach wechseln. Das dortige Hotel mit 223 Zimmern und 19 Etagen wurde vor vier Jahren als Mitglied der Steigenberger Hotelkette von der Betreibergesellschaft RIMC eröffnet. Die frisch gegründete GC Hospitality GmbH, eine Firma der neuen Dachmarke „Gessler Collection“, pachtet Anzeige
das Haus von der Dr. K. H. Eberle Stiftung in Lörrach, die den Hotelbau 2017 abgeschlossen hat und der das Ensemble gehört. Die Gespräche mit der Stiftung seien ausgesprochen konstruktiv verlaufen, man habe das Hotel nahezu „löffelfertig“ übernehmen können, so René Gessler. „Das Haus ist ein attraktiver und lukrativer Standort mit Hotelbetrieb, Restaurant und Bar“, so Johannes Gessler. Die Familie Gessler betreibt zudem die Black Forest Lodge in Feldberg-Altglashütten, in die sie in den nächsten zwei Jahren 3,5 Millionen Euro investieren will, und verantwortet seit diesem Herbst rund 200 Arbeitsplätze. bib Foto: © Dr. Eberle Stiftung Lörrach
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Neue Dachmarke „Gessler Collection“ ist startklar
Unterstützung für den Sport FREIBURG. Mit 7000 Euro unterstützt die Sparkassen-Finanzgruppe in Freiburg das Verbundsystem der Eliteschulen des Sports. Der Scheck wurde vom Vorstandsvorsitzenden Marcel Thimm an den Vorsitzenden des Olympiastützpunkts Freiburg-Schwarzwald und Präsidenten des Badischen Sportbundes, Gundolf Fleischer, und Vertreter des Olympiastützpunkts Freiburg-Schwarzwald symbolisch übergeben. Die derzeit 43 Eliteschulen des Sports sind die wichtigsten Talentschmieden des Leistungssports in der Bundesrepublik.
Prachtstücke von Schreiner·innen FREIBURG. Als Sahnehäubchen jeder Schreinerausbildung gilt das Gesellenstück. Damit zeigen die Auszubildenden am Ende ihrer Lehrzeit, was sie gelernt haben. Bis zum 12. November können Interessierte von 9 bis 17 Uhr die schönsten Möbelstücke der frisch gebackenen Schreiner·innen aus Südbaden bei der Firma Zander in Freiburg besichtigen und bewerten. Schon seit Jahren werden die besten Arbeiten beim Wettbewerb „Die Gute Form“ gekürt – erst regional, dann auf Landes- und schließlich auf Bundesebene. Eine Voranmeldung ist unter 0761-5140-0 erbeten.
Messen sind startklar SÜDBADEN. Bereits zum 16. Mal läuft am 19. und 20. November in der Messe Freiburg die Veranstaltung marktplatz: ARBEIT SÜDBADEN. Hier sollen Schulabgänger·innen 32 | chilli | business im Breisgau | 11.2021
Menschen und Meldungen
und Berufstätige mit Information, Orientierung und Kontaktmöglichkeiten versorgt werden. Mit dabei sind rund 100 Studiengänge, über 80 Weiterbildungsangebote und 150 Ausbildungsberufe. Gleichzeitig läuft „HORIZON – Das Event für Orientierung nach dem Abi“. Die Veranstaltung widmet sich Fragen und Bedürfnissen angehender Abiturienten. Eine Online-Vorabregistrierung ist notwendig.
Schwarzarbeit aufgedeckt LÖRRACH. Bei der gemeinsamen Kontroll-Offensive „Neubaugebiete“ der Hauptzollämter Karlsruhe und Lörrach in Baden und der Pfalz wurden unlängst mehrere Verstöße aufgedeckt. 204 Zöllner kontrollierten 76 Baustellen. Insgesamt wurden dabei 628 Arbeitnehmer und 250 Arbeitgeber einer Prüfung nach den Vorschriften des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes unterzogen, Unterlagen gesichtet und die Buchhaltung ausgewertet. Im Fokus der Prüfungen standen neben den aufenthalts- und sozialversicherungsrechtlichen Aspekten auch die Einhaltung von Mindestlohnregelungen. Die bisherige Bilanz: 34 Mindestlohnverstöße, vier Fälle von Missbrauch von Sozialleistungen (Leistungsbetrug), 29 Hinweise auf Schwarzarbeit (Vorenthalten von Sozialversicherungsbeiträgen), drei Hinweise auf Scheinselbstständigkeit, 20 Verstöße gegen die Meldepflicht zur Sozialversicherung. Die weiteren Ermittlungen dauern an.
100.000 Euro für neues Elternhaus Freiburg ORTENAU/FREIBURG. Der Neubau des Elternhauses in Freiburg wird von der Regionalstiftung der Sparkasse Offenburg/Ortenau mit 100.000 Euro gefördert. Seit etwa einem Jahr errichtet der Förderverein für krebskranke Kinder Freiburg das neue Elternhaus nur wenige Schritte neben der neuen Kinder- und Jugendklinik. Das Haus soll Familien mit krebskranken Kindern ein zweites Zuhause auf Zeit bieten, während der junge Patient nebenan in der Klinik stationär behandelt wird.
Faller erhält Ehrenmeisterbrief FREIBURG. Die langjährige Freiburger Münsterbaumeisterin Yvonne Faller ist von der Handwerkskammer Freiburg mit einem Ehrenmeisterbrief ausgezeichnet worden. Geehrt wurde sie für ihre besonderen Verdienste um das regionale Handwerk, insbesondere bei der Instandhaltung des Freiburger Münsters. Die ausgebildete Architektin verantwortete rund 16 Jahre lang die Baustellen rund um das Münster.
BadenIT verkabelt Südbaden mit 100-Gigabit-Ring in Frankfurt FREIBURG/FRANKFURT. Hybrid-Cloud-Szenarien, Homeoffice und Digitalisierungsstrategien bringen neue Möglichkeiten. Fordern aber mehr Bandbreite. Um den wachsenden Anforderungen von Unternehmen entgegenzukommen und ihren Kunden als Digital-Partner zur Seite zu stehen, setzt die BadenIT GmbH, eine Tochter der Badenova AG, auf strategische Partnerschaften. Gemeinsam mit dem Tochterunternehmen FreiNet und dem Internetprovider Stiegeler treibt BadenIT den Breitbandausbau in Südbaden voran. In einem gemeinsamen Projekt wird Südbaden jetzt über einen 100-Gigabit-Ring an den weltweit größten Internetknotenpunkt in Frankfurt angebunden. Dies soll Kunden eine höhere Bandbreite, gesteigerte Ausfallsicherheit und eine schnellere Übertragungsgeschwindigkeit liefern. So können sie auf neue Cloud-Szenarien setzen und ihre digitale Souveränität weiter vorantreiben.
Neue Backstube in Gundelfingen GUNDELFINGEN. Ab sofort hat „Kaisers Gute Backstube“ mit „kaiserlich“ auch eine Filiale in Gundelfingen. Das Café mit Bäckerei zieht an die Alte Bundesstraße 72-74. Auf 60 Innen- und 30 Außensitzplätzen gibt es auch Frühstück oder ein Mittagessen. Bei kaiserlichem Wetter lockt die Sonnenterasse, bei Regen und Kälte laden im Innenraum individuell gestaltete Sitzwelten zum Verweilen ein. Anzeige
chilli | business im Breisgau | 11.2021 | 33
Menschen und Meldungen
Strategische Partnerschaft
Garten- und Landschaftsbau: Löhne steigen
FREIBURG. Das Universitätsklinikum Freiburg, die Medizinische Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität und das Medizintechnikunternehmen Stryker sind eine strategische Partnerschaft eingegangen. Auf Basis des kürzlich unterzeichneten Rahmenvertrages werden die Akteure zukünftig Gesundheitsforschung unter anderem in den Bereichen Robotik, personalisierte Medizintechnik und Künstliche Intelligenz gemeinsam vorantreiben. Auch zur Förderung der Lehre und der Ausbildungsmöglichkeiten am Gesundheitsstandort Freiburg bekennen sich die Partner. Die Partnerschaft knüpft an gemeinsame, bereits bestehende Forschungsprojekte an, die teilweise mit EU- beziehungsweise Bundesmitteln gefördert wurden.
SÜDBADEN. Zum September sind die Löhne der Gartenund Landschaftsbauer in Freiburg um 2,9 Prozent gestiegen. Mitte kommenden Jahres folgt ein weiteres Plus von 2,8 Prozent. Das teilt die IG Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) mit. Die Gewerkschaft ruft die Beschäftigten jetzt zum Lohn-Check auf: „Mit der September-Abrechnung muss das zusätzliche Geld auf dem Konto sein. Wer leer ausgeht, sollte sich an die Gewerkschaft wenden“, sagt Ilse Bruttel, Bezirksvorsitzende der IG BAU Südbaden. Nach Angaben der Arbeitsagentur beschäftigt der Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau in Freiburg aktuell rund 210 Menschen.
Nachhaltigkeitspreis: Freiburger Start-up im Finale
BADEN. Im Kompetenzzentrum der Bauwirtschaft in Bühl trafen sich neulich die badischen Zimmerer zur Mitgliederversammlung. Trotz belastender Aspekte wie den 2021 stark gestiegenen Materialpreisen und den Unsicherheiten sei die Lage in den Unternehmen gut, die Auftragsbücher vieler Holzbaubetriebe prall gefüllt. Zudem komme die öffentliche Diskussion um die Klimaänderung dem Werkstoff Holz zugute. Schon jetzt sei die Holzbauquote im Südwesten Deutschlands die höchste bundesweit. Auch die Entwicklung am Ausbildungsmarkt sei positiv, der Blick auf die diesjährige Anzahl an Azubis in Baden zeige ein Plus von zehn Prozent gegenüber dem Vorjahr.
FREIBURG. Das Freiburger Start-up Regionalwert Leistungen GmbH steht im Finale für den Deutschen Nachhaltigkeitspreis 2022. Nach der Vision der Gruppe soll sich nachhaltige Landwirtschaft auch finanziell lohnen. Das Unternehmen aus Eichstetten am Kaiserstuhl macht die Leistungen von Landwirten sichtbar, berechnet diese und gibt ihnen einen finanziellen Wert. Mit diesem Konzept hat es das Unternehmen ins Finale in der Kategorie Biodiversität geschafft.
Erfolgreiche Innovationsplattform MÜNCHEN/FREIBURG. Vier Energiefachmessen gingen Anfang Oktober in München auf der Innovationsplattform „The smarter E Europe Restart 2021“ über die Bühne. Die Freiburg Wirtschaft Touristik und Messe GmbH & Co. KG (FWTM) und die Solar Promotion GmbH ziehen als Veranstalter eine positive Bilanz: Im coronabedingten kompakten Restart-Format war die Innovationsplattform der neuen Energiewelt mit über 450 Ausstellern, 45.000 Quadratmetern Ausstellungsfläche und rund 26.000 Besucher·innen aus 93 Ländern „ein voller Erfolg“. Der Anteil der internationalen Gäste lag bei über 50 Prozent. Anzeige
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Pandemie kann Zimmereien nicht bremsen
WEtell veröffentlicht Whitepaper FREIBURG. Passend zum Launch des Fairphone 4 hat der grüne Mobilfunkanbieter WEtell das Whitepaper „Nachhaltige Smartphones“ zu nachhaltigen Alternativen bei der Wahl des Smartphones veröffentlicht. Das Start-up mit Sitz in der Lokhalle hat sich beim Angebot seiner Mobilfunktarife den Themen Klimaschutz, Datenschutz, Fairness und Transparenz verschrieben. Jetzt nimmt es einen weiteren Schritt in Richtung Nachhaltigkeit und informiert über ressourcenschonende Optionen beim Kauf von Smartphones. bib
Menschen und Meldungen
Wie Milch Stadtteile wärmt Neue Heizzentrale bei Schwarzwaldmilch
Gruppenbild mit Dame: Klaus Preiser, Andreas Schneider, Heinz-Werner Hölscher, Michael Klein und Christine Buchheit (v.l.) beim Spatenstich
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Foto: © Schwarzwaldmilch
ie ersten Spaten für den Bau einer Heizzentrale am Firmensitz der Schwarzwaldmilch in Freiburg Haslach sind gestochen und damit auch der Startschuss für ein Stück Wärmeversorgung der Zukunft gegeben. Denn wenn die Heizzentrale in den Betrieb geht, wird die industrielle Abwärme (bis zu 3,75 MW) aus der Milchproduktion 5300 Haushalte in den Stadtteilen Haslach und Vauban versorgen. Über den Wärmeverbund Freiburg-Süd, den die Badenova-Tochter Wärmeplus mit einem Investitionsaufwand von 36 Millionen Euro in den nächsten vier Jahren errichten will. Die Investition in die Heizzentrale liegt bei 12,6 Millionen Euro. Schwarzwaldmilch-Ge-
schäftsführer Andreas Schneider betonte die Schlüsselrolle seines Unternehmens: „Im Sinne unseres ganzheitlichen Verständnisses von Nachhaltigkeit zeigen wir damit, dass ein innovativ betriebener Produktionsstandort inmitten der Stadt ein wichtiger Treiber für den Klimaschutz und für die innerstädtische Energiewende sein kann.“ Umweltbürgermeisterin Christine Buchheit spricht von einem Leuchtturm der Wärmewende. „Die Heizzentrale ist ein wichtiger Beitrag zur Freiburger Wärmewende, mit dem Ziel, künftig statt fossiler Rohstoffe wie Gas und Öl erneuerbare Quellen zu nutzen, um Freiburg zur Klimaneutralität zu führen.“ Die bei der Schwarzwaldmilch gewonnene Wärme wird dann in das von Wärmeplus betriebene Staudinger-Wärmenetz eingespeist. Die zu erwartenden Mengen übersteigen den aktuellen Bedarf, sodass das Versorgungsgebiet deutlich ausgeweitet werden kann. Es soll in mehreren Schritten zum „Wärmenetz 4.0“ erweitert und mit Nachbarnetzen verknüpft werden. Die Erweiterung erfolgt etwa unter der Dreisam und der B31 hindurch in Richtung Stühlinger in das Metzgergrün-Areal, wo über 1000 Wohneinheiten angeschlossen werden. Wärmeplus-Geschäftsführer Klaus Preiser: „Bis 2025 ist über dieses Wärmenetz 4.0 ein Absatz von rund 41.000 MWh möglich. Verglichen mit dem Status Quo der Wärmeversorgung in Freiburg-Süd schaffen wir eine dauerhafte Reduktion des CO2-Ausstoßes von jährlich 5000 Tonnen.“ bib Anzeige
chilli | business im Breisgau | 11.2021 | 35
Arbeitsmarkt
Positiv, aber fragil Foto: © IG NABU
Neue HWK-Konjunkturumfrage
Es gibt viel zu tun: Aber fehlendes Material bremst derzeit viele Branchen aus.
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ie konjunkturelle Stimmung im südbadischen Handwerk hat sich deutlich aufgehellt. Das geht aus der vierteljährlichen Konjunkturumfrage der Handwerkskammer Freiburg (HWK) hervor. Der Konjunkturindikator im Kammerbezirk liegt sogar wieder auf Vor-Corona-Niveau. „Wir erreichen wieder einen Stimmungswert wie im Herbst 2019“, sagt HWK-Präsident Johannes Ullrich. Allerdings sei die positive Entwicklung weiterhin „äußerst fragil.“ Anzeige
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Insbesondere die Auswirkungen von Preissteigerungen und Engpässen bei Material und Vorprodukten würden die Erholung ausbremsen. So hat die Auftragslage im Handwerk im Vergleich zum Vorjahr ein wenig an Dynamik verloren: 26,1 Prozent der Betriebe meldeten Auftragszuwächse (Vorjahr: 33,8 Prozent), 16,3 Prozent berichteten von Rückgängen (Vorjahr: 19,8 Prozent). Bezüglich der Auftragsaussichten sind die Betriebe zuversichtlicher als vor einem Jahr. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum haben insbesondere die Umsätze zugelegt. 35,1 Prozent der Betriebe konnten in den letzten Wochen mehr erwirtschaften (Vorjahr: 29 Prozent), nur 17,2 Prozent weniger (Vorjahr: 29,7 Prozent). Die Stimmung hellte sich besonders im gebeutelten Gesundheitshandwerk und bei persönlichen Dienstleistern auf. „Hier muss man aber die sehr schlechten Werte im Vergleichsquartal 2020 in Beziehung setzen“, so Handirk von Ungern-Sternberg, Mitglied der Kammergeschäftsleitung: „Damals steckte den Betrieben der erste Lockdown noch in den Knochen.“ Erstmals seit Langem zeigt die Tendenz bei den Bau- und Ausbaugewerken nicht mehr steil nach oben. „Hier haben die Preissteigerungen und Lieferkettenprobleme deutliche negative Auswirkungen“, so Ungern-Sternberg. Deutschlandweit hätten unlängst nahezu drei Viertel der Handwerksbetriebe Probleme mit fehlendem Material gemeldet. Aufträge müssten daher verschoben oder storniert werden. „Zudem werden bestehende Aufträge für unsere Betriebe öfter zum Verlustgeschäft“, so Ullrich. Die Kammer appelliert an Kommunen und die öffentliche Hand. „Erleichterungen bei Ausschreibungen wie etwa Preisgleitklauseln müssen viel stärker genutzt werden, sonst bremsen die Lieferengpässe und Preisanstiege die aktuelle Erholungsphase aus.“ Auf Bundesebene müssten möglichst schnell klare politische Verhältnisse geschaffen werden. Entbürokratisierung, Digitalisierung, Fachkräftesicherung und Klimawandel „müssen nun beherzt angepackt werden“. bib
Arbeitsmarkt
58.000 Menschen gehen in Rente
Arbeitslosenquote im Agenturbezirk auf 3,5 Prozent gesunken
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ie Zahl der Arbeitslosen ist Ende Oktober im Vergleich zum Vormonat in Freiburg sowie den Landkreisen Breisgau-Hochschwarzwald und Emmendingen um 919 auf 12.958 zurückgegangen. Damit liegt die Arbeitslosenquote bei 3,5 Prozent, 0,3 Prozentpunkte weniger als im September. Bei Personen unter 25 Jahren ist die Quote auf 2,3 Prozent gesunken. In Freiburg waren 6276 Menschen ohne Arbeit, das sind 512 oder 7,5 Prozent weniger als im Vormonat und stolze 15,3 Prozent weniger als im Oktober 2020. „Ein Rückgang an Arbeitslosen haben wir erwartet, aber nicht in dieser Größenordnung“, erklärt Andreas Finke, der Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Freiburg. Es bestehe aber weiter Grund zur Sorge. Im Bereich der Arbeitslosen sei das Vorkrisenniveau
inzwischen erreicht. Das gelte aber nicht für die Grundsicherung. Die dort während der Corona-Krise entstandene Sockelarbeitslosigkeit wachse zwar nicht weiter, lasse sich aber nur schwer aufbrechen. Entsprechend seien nachgefragte und angebotene Qualifikationen auf dem Arbeitsmarkt weiter auseinander als je zuvor. Die Anforderungen am ersten Arbeitsmarkt werden derweil immer anspruchsvoller: Von 2016 bis 2020 ist die Zahl der Arbeitsplätze im Bezirk der Agentur für Arbeit Freiburg vor allem bei höher Qualifizierten gestiegen. Fachkräfteengpässe rücken mehr und mehr in den Vordergrund. Die eigentliche Herausforderung steht noch bevor. In den kommenden zehn Jahren verabschieden sich im Agenturbezirk rund 58.000 Arbeitnehmer in den Ruhestand. Von ihnen sind 83,5 Prozent Fachkräfte, Spezialisten oder Experten. bib Anzeige
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Fakten
Die Welt, die Wirtschaft in Zahlen Anstieg der Verbraucherpreise im Oktober 2021 zu Oktober 2020 (in Prozent) ���������������������������������������������������������������������������������������� 4,2 Alkoholische Getränke und Tabakwaren (in Prozent) ����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� + 2 Wohnung, Wasser, Strom, Gas u. a. Brennstoffe (in Prozent) �������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� + 3,4 Verkehr (in Prozent) ������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������ + 12,4 Bildung (in Prozent) ��������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������+ 1,0 Herr-der-Ringe-Sammlerfigur (Motiv: Legolas und Gimli) bei der Kette „Elbenwald“ (in Euro) ���������������������������������������������� 749 3-Tage-VIP-Festivalticket „Sea you“ am Tunisee (in Euro) ����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 194,99 Arbeitslose in Baden-Württemberg im Januar 2021 ����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������283.621 Arbeitslose in Baden-Württemberg im September 2021 ������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������ 233.832 Arbeitslose in Freiburg im März 2021 ��������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 7335 Arbeitslose in Freiburg im September 2021 ���������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������6788 Arbeitslose im Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald im März 2021 �������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 5192 Arbeitslose im Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald im September 2021 ������������������������������������������������������������������������������������������������ 4380 Arbeitslose im Landkreis Emmendingen im März 2021 ������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 3401 Arbeitslose im Landkreis Emmendingen im September 2021 ������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������ 2709 Neue Windräder in Baden-Württemberg im Jahr 2016 �������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 119 Neue Windräder in Baden-Württemberg im Jahr 2017 �������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������123 Neue Windräder in Baden-Württemberg im Jahr 2019 �������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 8 Neue Windräder in Baden-Württemberg im Jahr 2020 ����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 10 Neue Windräder in Freiburg seit 2003 ���������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 0 Spotify-Streams Fußballhymne „Stern des Südens“ (in Mio.) ����������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������3,83 Spotify-Streams Fußballhymne „SC Freiburg vor! – Radioversion“ (in Mio.) ��������������������������������������������������������������������������������������������� 0,45 Beschäftigte im Bauhauptgewerbe in BW Ende Juni 1995 (in Tsd.) ����������������������������������������������������������������������������������������������������������� 147,39 Beschäftigte im Bauhauptgewerbe in BW Ende Juni 2020 (in Tsd.) ������������������������������������������������������������������������������������������������������������ 110,75 Pensionsempfänger in Baden-Württemberg im Jahr 2000 ������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������43.780 Pensionsempfänger in Baden-Württemberg im Jahr 2010 ������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������75.115 Pensionsempfänger in Baden-Württemberg im Jahr 2021 ��������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 116.190 Wahlbeteiligung Bundestagswahl 2021 bundesweit (in Prozent) ������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������ 76,6 Wahlbeteiligung Bundestagswahl 2021 in Freiburg insgesamt (in Prozent) �������������������������������������������������������������������������������������������������80,4 Wahlbeteiligung Bundestagswahl 2017 bundesweit (in Prozent) �������������������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 76,2 Wahlbeteiligung Bundestagswahl 2017 in Freiburg insgesamt (in Prozent) ������������������������������������������������������������������������������������������������� 80,9
Quellen: Statistisches Landesamt, eigene Recherchen, Spotify, Statistisches Bundesamt, freiburg.de 38 | chilli | business im Breisgau | 11.2021
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