DIE TRIZ-METHODE
Innovationen planbar machen SYSTEMATISCH VIELFÄLTIGE IDEEN FÜR TECHNISCHE PROBLEME ERZEUGEN Altmodische Strukturen, kurzfristig orientiertes Denken und zu geringe Budgets bestimmen noch immer den Entwickleralltag. Dabei gibt es längst Methoden der Produktinnovation, die zu weitsichtigem, robustem Produktdesign führen. Ein kritischer Erfahrungsbericht.
Als Assistent am Lehrstuhl für Konstruktionstechnik habe ich die Vorlesung für methodische Konstruktion betreut und bei Abwesenheit des Professors geleitet. Ich habe Studierenden beigebracht, wie man eine Konstruktion auf der „grünen Wiese“ erstellt. Wie ein Produkt in Funktionen aufgeteilt wird. Wie man mit Hilfe des morphologischen Kastens zu den Funktionen vielfältige und unterschiedliche Lösungen zusammenträgt und diese zu einem sinnvollen Gesamtkonzept verbindet. Ich schrieb meine Promotion über die Bewertung von technischen Konzepten und stellte vor, wie man die vorhandenen Bewertungsmethoden flexibel einsetzen kann, um den unterschiedlichen Detailierungsgraden im Fortschritt während der Entwicklung besser Rechnung zu tragen. Als Entwickler für elektromechanische Schaltgeräte habe ich mich gefragt, wieso kein Entwickler in meiner Abteilung die an der Universität gelernten Methoden verwendete, um starke Konstruktionen zu entwerfen. Stattdessen wurden unsere hochstehenden technischen Innovationen immer noch wie zu Edisons Zeiten mit Brainstormings sowie Trial-and-Error erzeugt.
zufrieden? Falsche Grundkonzepte können nie zu einem wirklich guten Produkt führen. Als Moderator von Innovationsworkshops verblüffte mich, dass Auftraggeber und Teilnehmer diese Art des Brainstormings und -writings als ausreichend empfinden. Zu wichtigen Themen, die den Fortbestand einer Firma sichern sollen, gibt man sich zufrieden mit wildem Stochern im Dunkeln anstatt mit sinnvollen Analysen die Kernprobleme herauszuarbeiten und diese zielgerichtet zu bearbeiten. Warum ist das so? Ich kann mir das nur mit der Trägheit des Menschen und zu geringen Budgets erklären: Wenn es nicht gefordert wird, dann mache ich es nicht. Die Methoden können noch so sinnvoll sein – wenn der Chef nicht drei gleichwertige Lösungen sehen will, wieso sollte ich das dann machen? Ein Minimum an Aufwand – für mehr wird nicht bezahlt. Dabei gibt es sehr gute Methoden, die Entwickler in ihrer Tätigkeit hervorragend unterstützen können. Eine meiner Lieblingsmethoden ist die TRIZ – die Theorie des erfinderischen Problemlösens. ERLERNBARER IDEENREICHTUM
Ich war erschüttert, wie wenig Aufmerksamkeit die Entwurfsphase beim Management genießt. Warum geben sich Chefs mit halbherzigen, wenig systematischen und uninspirierten Entwürfen
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Die Grundidee, die hinter dieser Theorie steht, ist so einfach wie genial: Es ist ein Re-Engineering erfolgreicher Erfinder. Genrich Altschuller,
Wirtschaft in Ostwürttemberg · 04 / 2020
der Begründer dieser Theorie, sollte anderen das Erfinden beibringen. Daher arbeitete er eine immense Menge an Patenten durch und suchte nach wiederkehrenden Mustern. In jedem Patent wird ein Stand der Technik und die Neuerung durch das Patent beschrieben. Altschuller suchte diese Eckpunkte und analysierte, was dazwischen passiert war. Wie kam der Erfinder vom Stand der Technik auf die Neuerung? Welchen Denkmustern folgte er? Diese Untersuchung führte zum ersten Tool im umfangreichen TRIZ-Werkzeugkasten: den Innovationsprinzipien. Mittlerweile kennt man 40 Innovationsprinzipien, die den untersuchten zig-tausenden Patenten zugrunde liegen. Nur 40! Im Umkehrschluss kann nun ein Entwickler, der vor einem technischen Problem steht, diese Innovationsprinzipien als Vorschläge nutzen, um auf deren Basis Ideen, Lösungen und Konzepte zu entwickeln. Und das geht noch wesentlich zielgerichteter, wenn man zur Formulierung der eigenen Aufgabenstellung den technischen oder physikalischen Widerspruch heranzieht. Auch das sind Entwicklungen aus der TRIZ. Damit kann man eine sinnvolle Vorauswahl aus den Innovationsprinzipien treffen. Im Prinzip vergleicht man die eigene Problemstellung mit allen bisher untersuchten Problemstellungen weltweit. Hat man dann ein ähnliches Problem, dann sollten auch die ähnlichen Prinzipien greifen.