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ãAlong the color lineÒ von W. E. B. Du Bois
ILLUSTRATION: GEORG FEIERFEIL
Ein wagnerbegeisterter ãNegroÒ auf Forschungsreise in Nazi-Deutschland
lieder des W. E. B. Du BoisÒ noch dort, wo sie aus der Perspekti ve Aileys dialoglastig und ziemlich konventionell eine Coming-of-AgeGeschichte erzŠhlt, die von dem Um stand Ÿberschattet wird, dass nicht nur diese, sondern auch ihre beiden Šlte ren Schwestern vom eigenen Gro§ vater sexuell missbraucht wurden. WŠhrend Lydia ihrer ausfŸhrlich dargestellten Crack-Sucht erliegt, hat Coco auf Seite 637 ihren einzigen be deutsamen Au!ritt und muss sich ansonsten mit der Rolle der Quotenlesbe bescheiden. È W. E. B. Du BoisÕ Theorie vom ãdoppelten Bewusst seinÒ besagt, dass Schwarze sich selbst auch durch die Brille der Wei§en betrachten und deren Stereotypen Ÿbernehmen
Der Roman ist eine Mogelpackung insofern, als der ahnenforscherische Auf wand mit seinen endlos verzweigten und in alttestamentarischer Mono tonie ausgebreiteten StammbŠumen au§er Verwirrung und Ennui lediglich die fragwŸrdige Erkenntnis produziert, dass die vor Inzest und PŠdophilie nicht zurŸckschreckende sexualisier te Gewalt eine Art kolonialer ErbsŸn de darstellt. †berzeugender, wenn auch nach ãIntersektionalismusÒ-Seminar-Ma sche gestrickt sind jene Passagen, in denen der Machismo der ãbrothersÒ aufs Korn genommen wird, die den ãsistersÒ nur an die WŠsche oder schlicht bekocht werden wollen. Er stehle ihr nur die Zeit, in der Ho# nung ãauf einen Nachschlag von mei ner Schwarzen FrauenmuschiÒ, faucht Ailey einen Lover an. Die Frage, wel che Geschlechter Ÿber eine Muschi verfŸgen, wird dann allerdings nicht mehr eršrtert. F
HonorŽe Fanonne Je!ers: Die Liebeslieder von W. E. B. Du Bois. Roman. Deutsch von Maia Hummitzsch und Gesine Schršder. Piper. 982 S., " 28,80 W.E.B. Du Bois: ãAlong the color lineÒ. Eine Reise durch Deutschland 1936. Hg. v. Oliver Lubrich. Aus dem Engl. von Johanna von Koppenfels. Ch. Beck textura, 168 S., " 21,50
ãDie Wiener Fršhlichkeit, ihren Witz,
zwar ãzum Preis eines Damen-Som ihr Pariser Flair gibt es immer noch. merhutes fŸr die SpielzeitÒ. [É] Bevor ich hierherkam, dachte ich, Auch werde man als Person of ein Zusammenschluss von …sterreich Color Ð sofern man Ÿber ãgute Ma und Deutschland wŠre am Ende un - nierenÒ verfŸge Ð stets unvoreinge vermeidlich. Heute bin ich da nicht nommen und hšßich, allenfalls mit mehr so sicher. …sterreich hat eine freundlich Neugier behandelt; wenn eigene Persšnlichkeit, die sich nicht gleich der durchschnittliche EuropŠer, so leicht vereinnahmen lŠsst.Ò wie du Bois im Zusammenhang mit
Das schreibt William Edward Burg - den Olympischen Spiele in Berlin sar hardt Du Bois, wie er mit vollem Na - kastisch anmerkt, davon ausgehe, ãdie men hie§, in seiner Kolumne vom 9. HauptbeschŠ!igung schwarzer Ame JŠnner 1937. Davor hatte der Soziolo - rikaner bestehe darin, sich lynchen zu ge, Historiker, Publizist, Schri!steller lassenÒ. und BŸrgerrechtler, der als erster Af roamerikaner in Harvard promovier - Der Antisemitismus der Nazis entgeht te, Belgien und England bereist und dem Europareisenden freilich nicht sich mehrere Monate in Deutschland und gilt ihm als ãAngri# auf die Zi aufgehalten. O"zieller Anlass war ein vilisation, vergleichbar lediglich mit Stipendium zum Zweck, die Berufs - den Schrecken der spanischen Inqui ausbildung in der Industrie zu stu - sition und des afrikanischen Sklaven dieren Ð wovon er sich nach einem handelsÒ. Womit du BoisÕ Beobachtun Besuch der Siemensstadt durchaus gen, wie Herausgeber Oliver Lubrich beeindruckt zeigt Ð; tatsŠchlich geht in dem mustergŸltig edierten und es in du BoisÕ Berichten, die er fŸr kommentierten Band im Nachwort den Pittsburgh Courier, die zeitwei- anmerkt, direkt auf den ãZweiten His se außagenstŠrkste afroamerikani - torikerstreitÒ der Gegenwart verweist, sche Tageszeitung der USA, verfass - die Frage nŠmlich, ob die Shoa einzig te, um eine Auseinandersetzung mit artig oder ihrerseits Teil einer globa dem ãRassenproblemÒ. len Kolonialgeschichte sei.
Dass die Kategorie der ãRasseÒ wis - Die Erfahrungen von Schwar senscha!lich lŠngst als Mythos ent - zen und Juden begrei! du Bois, in larvt wurde, wei§ du Bois; der Rassis - den Worten Lubrichs, als ãvergleich mus aber sei damit lŠngst noch nicht bar, aber nicht gleichÒ. Seine Kolum aus der Welt gescha#t und das ãProb - nen aus den Jahren 1936/37 mŸssen lem einer Gruppe, die wir aus sprach - heute selbstverstŠndlich historisch ge licher Notwendigkeit eine Rasse nen - lesen werden. Aus der Distanz wirkt nen mŸssen und deren historische sein Glaube an die Macht der Bildung Bezeichnung ,NegroÔ lautetÒ und letzt - vielleicht etwas naiv, seine Au#assung, endlich eine Angelegenheit ãder far - dass Nazi-Deutschland und die Sow bigen und schwarzen ArbeiterklasseÒ. jetunion als ãdie beiden grš§ten sozia listischen Staaten der modernen WeltÒ Europa ist fŸr den 1868 in Great Bar- zu gelten hŠtten, befremdlich. Abgese rinton, Massachusetts ãfreiÒ gebore - hen davon aber erweisen sich du BoisÕ nen Nachfahren sowohl von Sklaven Beobachtungen und Analysen durch als auch von Sklavenhaltern immer wegs als hellsichtig und prŠzise; etwa auch die Kontrastfolie zur US-ame - wenn er die Bedeutung des Rundfunks rikanischen Heimat, die der wŠhrend fŸr die Verbreitung der Nazi-Ideolo der McCarthy-€ra GegŠngelte und gie betont und Propaganda generell als ãauslŠndischer AgentÒ Angeklag - als ã[d]ie grš§te ErÞndung des Welt te 1961 Richtung Ghana verlŠsst, wo kriegsÒ bezeichnet Ðwomit naturgeer 1963 im Alter von 95 Jahren ver - mŠ§ der Erste gemeint ist. KN stirbt Ð einen Tag vor dem ãMarsch auf WashingtonÒ, bei dem Martin Luther King seine berŸhmte Rede (ãI have a dreamÒ) halten sollte. Der studierte Altphilologe und glŸhende Wagner-Bewunderer zeigt sich einem klassisch-humanistischen Bildungs ideal verpßichtet und darob begeis tert, dass jede grš§ere deutsche Stadt Ÿber ein Theater und Opernhaus ver fŸgt, wo man ãdas Beste aus Musik und TheaterÒ zu sehen bekomme und