Erkenntnis – Vereinbarkeitsstrukturen in Unternehmen
Mit einem Simulator
zur Work-Life-Balance Stefan Paulus/Adrian Stämpfli
I
n einem interdisziplinären For schungsprojekt hat die Fach hochschule St.Gallen einen Ver einbarkeitssimulator für Un ternehmen entwickelt. Die Open Source-Software erfasst die Lebenslagen und Wünsche von Arbeitnehmerinnen und Arbeit nehmern an ihre zukünftige Work-Life-Balance. Basierend auf den Simulationen können Arbeit geber Massnahmen einleiten und neue Arbeitsorganisationsmodel le gestalten. Vereinbarkeit von Beruf und Familie findet für Angestellte oftmals im Spannungsfeld zwischen den Interessen des Arbeitgebers und den Interessen der Angehörigen statt. Auch die Gleichzeitigkeit von beruflichen und familiären Anforderungen fordert Angestellte heraus: Während einer wichtigen Arbeitsbesprechung braucht ein Kind dringend Betreuung oder während des familiären Abendessens gibt es plötzlich einen beruflichen Notfall.
Diese Situationen bringen Angestellte in Gewissens- und Rollenkonflikte. Bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie spielen daher betriebliche Massnahmen eine wichtige Rolle. Je nach Lebenslage und Verpflichtungen benötigen Angestellte dementsprechend individuell gestaltete Arbeitsorganisationsmodelle. Das fordert Unternehmen heraus: Wollen sie als attraktive Arbeitgeber gelten, müssen sie auch ihre Arbeitsorganisation den jeweiligen Anforderungen der Mitarbeitenden anpassen.
Dialog zwischen Vätern und ihren Chefs anstossen Gefragt sind Konzepte für eine lebenslagen- und generationenspezifische Work-Life-Balance, mit deren Hilfe die unterschiedlichen Phasen des Berufslebens durch passgenaue Arbeitsorganisationsmodelle gemeistert werden können – all dies leistet der Vereinbarkeitssimulator. Entwickelt wurde die öffentlich zugängliche OpenSource-Web-Applikation in einem interdisziplinären Projekt des Instituts für Soziale Arbeit und Räume IFSAR-FHS sowie des Instituts für Modellbildung
und Simulation IMS-FHS. Der Simulator erfasst die spezifischen Lebenslagen von Vätern mit Sorgearbeitspflichten und deren Wünsche an ihre zukünftige Work-Life-Balance und erlaubt es, individuelle Massnahmen zu entwickeln. Ziel des Simulators ist es, einen Dialog zwischen der Unternehmensführung und den Vätern inklusive ihrer Angehörigen anzustossen und Entscheidungs- und Umsetzungshilfe bei der Einleitung entsprechender Massnahmen zu leisten.
Unzufriedenheit und Belastung mindern Im Gegensatz zur Best Practice von Work-Life-Balance werden Mitarbeitende hier nicht als Human Resource behandelt, sondern als Einzelpersonen mit ihren je spezifischen Lebenslagen. Neu ist auch, dass ein Entscheidungsprozessmodell realisiert wird, wie zum Beispiel ein Vater mit seinem Arbeitgeber und seiner Familie zu einem Arbeitsorganisationsmodell gelangt, das von allen getragen wird. Dieses Prozessmodell beinhaltet, dass Mitarbeitende vor einem Mitarbeitergespräch den Simulator konsultieren.
>> Stefan Paulus ist Dozent im Fachbereich Soziale Arbeit und Co-Leiter des Themenschwerpunkts Arbeit und Integration am Institut für Soziale Arbeit und Räume IFSAR-FHS. Adrian Stämpfli ist Projektleiter am Institut für Modellbildung und S imulation IMS-FHS.
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SUBSTANZ