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Vorwort
Zwei Jahre nach dem Erscheinen des ersten Bandes „Die Gräber schweigen. Berichte von der blutigsten Grenze Europas“ liegt jetzt der zweite vor. Im Spätherbst 2009 ist die rumänische Übersetzung des Buches erschienen, das sich mit den Gräueltaten an der rumänischen Westgrenze während des Kommunismus beschäftigt. Seit 2008 hat sich nicht viel geändert. Die Gräber schweigen noch immer. Die auf den Friedhöfen am serbischen und am rumänischen Ufer der Donau Verscharrten sind nach wie vor nicht identifiziert. Das wird wohl so bleiben.
Der eine oder andere Journalist greift das Thema ab und an auf. Im Herbst 2009 hat die Journalistik-Professorin Armanca eine Zusammenfassung dessen, was in der rumänischen Presse zum Thema Flucht aus dem kommunistischen Rumänien erschienen ist, in dem Bändchen „Istoria recent ssenmedien. Die Flucht über die Grenze) herausgebracht.
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Mehr als die Journalisten beschäftigt das Thema die Schriftsteller, vor allem jene, die dem kommunistischen Rumänien den Rücken gekehrt haben. Zu ihnen gehört auch die Nobelpreisträgerin Herta Müller.
Dieser neue Band spannt wieder einen Bogen vom Ende des Zweiten Welt -Diktatur 1989. Dieses Mal kommen verstärkt Flüchtlinge zu Wort, die den Weg in die Freiheit über die Donau gesucht haben, denn sie sind im ersten Band nur schwach vertreten. Und gerade sie waren diejenigen, denen die größte Bewunderung entgegengebracht wurde. Über die Donau zu schwimmen oder zu paddeln war nicht jedermanns Sache.
Aber auch der Flucht aus den Lagern Titos über das rumänische Banat in den Westen wird Platz eingeräumt. Wie es Flüchtlingen aus dem rumänischen Teil des Banats im jugoslawischen Teil 1950 ergangen ist, als die Tito-Lager noch nicht alle aufgelöst waren, aber der Konflikt mit Stalin schon voll schwelte, zeigt der Bericht eines Mannes aus Tschanad (Cenad) im Dreiländereck Rumänien/Serbien/Ungarn.
Wie tragisch eine Flucht enden kann, beweist die Geschichte eines Sieben igem Leibe gekocht worden in einem Tankwagen, der mit Knochenfett gefüllt war. Die zähflüssige Masse musste vor dem Entleeren des Tanks erhitzt werden. Er ist in seinem Versteck nicht nach Mailand gelangt, sondern lediglich bis nach Craiova.
Der Lenauheimer Norbert Koch hat als Jugendlicher beide Beine verloren, als er auf einen in Richtung Jugoslawien fahrenden Zug aufspringen wollte. Er hat aus seinem Leben das Bestmögliche gemacht: Als Rollstuhlfahrer war er beispielsweise bei den Olympischen Spielen der Behinderten in Peking dabei.
Die neuen Geschichten der Flüchtlinge stellen wieder unter Beweis, wie viel Glück dazu gehört hat, in den Jahren des Kommunismus unbeschadet über die grüne Grenze oder die Donau zu gelangen. Damit das Vorhaben Flucht gelingen konnte, war auch Planung wichtig. Je mehr die Grenzgänger dem Zufall überlassen haben, desto eher wurden sie von den Grenzern gestellt. Wenn sie nicht erschossen, ertränkt oder von Schnellbooten überfahren wurden, haben Grenzsoldaten sie in der Regel geprügelt und gefoltert. Manch einer hat diese Tortur nicht überlebt.
Der neue Band handelt wieder von Elend, Leid, Tod und Glück der Grenzgänger. Wie eng all das beieinander liegt, stellen die zusammengetragenen Geschichten einmal mehr unter Beweis. Wir hoffen, dass das Buch ein ähnlich gutes Echo findet wie sein Vorgänger.
Danken möchte ich dem Journalisten-Kollegen Luzian Geier für die vielen Tipps und Ratschläge.
Johann Steiner, Sommer 2010