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Tod im Tankwagen

Volker Eisgeth

Es war ein Tod, wie ihn sich wohl keiner wünscht. Peter Eisgeth aus dem siebenbürgischen Zeiden (Codlea) wähnte sich schon auf dem Weg in den Westen, ist aber allem Anschein nach ganz jämmerlich ums Leben gekommen. Ob er erstickt oder aber bei lebendigem Leibe gekocht wurde, das weiß keiner und ist wohl auch nicht mehr zu klären. Am 4. April 2010 wäre Peter Eisgeth 70 Jahre alt geworden. Seit dem Tag, als er in seinem Heimatort in einen mit Knochenfett gefüllten Tankwaggon gestiegen ist und ein Bekannter die Luke hinter ihm versiegelt hat, sind 36 Jahre vergangen. Ausgerüstet war er mit einem HamVolker Eisgeth mer, um sich im Notfall durch Schläge bemerkbar zu machen, ferner hatte er eine Luftmatratze, eine Gasmaske, Schlauch und eine Handbohrmaschine mitgenommen. Er wollte ein Loch in die Waggondecke bohren, um über Schlauch und Gasmaske mit Frischluft versorgt zu sein. Lebensmittel und Wasser für einen Monat hatte er auch dabei. Bei sich hatte er außerdem seinen Ausweis.

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Was sich ereignet haben könnte, erzählt sein zwei Jahre jüngerer Bruder Volker, der heute in Drabenderhöhe bei Gummersbach im Bergischen Land zu Hause ist. Von den Fluchtabsichten seines Bruders hat Volker Eisgeth von Urlaubern erfahren. Volker hatte sich im August 1969 von einer 30 Mann starken Jugendgruppe abgesetzt, die in Begleitung von drei Geheimdienstmitarbeitern zu Besuch in der Bundesrepublik Deutschland weilte. Er war der vierte, der sich von der Gruppe getrennt hat. Zum Unterschied von dreien, die sich schon bei der Ankunft in Frankfurt am Main abgesetzt hatten, hat Volker Eisgeth bis zum dritten Tag gewartet.

Das Knochenfett konnte lediglich in flüssigem Zustand in Tankwaggons gefüllt oder daraus abgeleitet werden, dazu musste es erhitzt werden. Als sein Bruder schon längst in Mailand hätte sein müssen, es war wohl eine Woche vergangen, hat sich Volker Eisgeth ans deutsche Konsulat in Mailand gewandt mit der Bitte um Hilfe. Eine Anfrage der Konsularmitarbeiter bei der italienischen Firma, die das Knochenfett aus dem Burzenland bezog, blieb erfolglos.

Nach etwa einem Monat kam die Nachricht aus Rumänien, der Waggon sei in Craiova gereinigt worden, darin sei ein Skelett entdeckt worden. Weil der Personalausweis erhalten war, wurde seine Frau zur Identifizierung geladen. Vorgelegt wurde ihr ein Teil einer Hand, das in ein Stück Luftmatratze eingewickelt war. Die Leiche wurde in einem versiegelten Sarg nach Bukarest zur Einäscherung gebracht. Was sich genau abgespielt hat, wie sein Bruder gestorben ist, das weiß Volker Eisgeth bis heute nicht.

Doch schon vor diesem wohl einzigartigen Fluchtversuch ist Peter Eisgeth gescheitert, als er die Donau mit einem Freund überqueren wollte. Die Grenzbeamten haben dem Maschinenbauingenieur das mitgenommene Geld beschlagnahmt und ihn anschließend laufen lassen.

Wie Volker Eisgeth ferner sagt, war sein Bruder nicht der einzige Zeidner, der versucht hatte, durch die Donau in die Freiheit zu gelangen. Werner Groß ist beim dritten Versuch, die Donau zu überwinden, spurlos verschwunden.

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