CORONAKRISE

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I M F O K U S P O L I T I S C H E KO M M U N I K AT I O N

Die Politik braucht eine PR-Offensive Hintergründe zu politischen Entscheidungen und Gesetzen kommen in der Berichterstattung häufig zu kurz. Die Bundesministerien sollten ihre Öffentlichkeitsarbeit intensivieren. Dass das notwendig ist, zeigt nicht zuletzt die Coronakrise.

Die FDP-Bundestagsfraktion hat vor kurzem die Bundesregierung gefragt, wie hoch die Ausgaben der Ministerien für ihre Öffentlichkeitsarbeit sind. Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) will dieses Jahr zum Beispiel 126.000 Euro, das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft 1,29 Millionen Euro und das Bundesverkehrsministerium (BMVI) 2,52 Millionen Euro ausgeben. Für alle Ministerien inklusive der Beauftragten für Migration und Kultur ergibt sich ein Betrag von rund 43 Millionen Euro – eine Steigerung von 62,4 Prozent gegenüber 2014. Hinzu kommen 16,4 Millionen Euro des Bundespresseamts. Ergibt zusammen etwa 60 Millionen Euro. Die Beträge der Ministerien sind nicht komplett vergleichbar. Beim BMVI sind Personalkosten enthalten, beim BMFSFJ nicht. Kommunikation findet hier auch über die Fachreferate statt. Die Bundesregierung finanziert ihre PR-Aktivitäten aus Steuergeldern. Die Ministerien müssen das Geld maßvoll ausgeben. Medien und Öffentlichkeit sollten genau hinschauen, inwieweit finanzielle Mittel verschwen32

det werden. Für die 126.000 Euro des BMFSFJ gäbe es nicht einmal zwei ganzseitige Anzeigen in der „FAZ“. Für einen monatlichen Retainer von 10.000 Euro würde eine Kommunikationsagentur klassische Pressearbeit machen. Mehr wäre kaum drin. Für die Zeit während und nach der Coronakrise dürfte diese Minimalkommunikation nicht reichen. Fast alle Ministerien müssen beispielsweise über die Hilfen der Bundesregierung informieren. Wer kennt schon die Details des Kurzarbeitergelds? Wie erhalten Selbstständige Unterstützung? Dem Bundesgesundheitsministerium würden ein paar Kampagnen nicht schaden. Mal erklären, was eine Tröpfchen- und Schmierinfektion ist. Die so genannte Niesetikette kennt längst nicht jeder. Sie rettet Leben. Zur Vermittlung braucht es Videos genauso wie Podcasts und Social Media – auch Printprodukte für ältere Zielgruppen. Für Sichtbarkeit benötigt man ein Advertising-Budget. Es gilt, Kommunikationsanlässe zu schaffen – zum Beispiel durch Events, wenn sie denn bald wieder möglich sind. TV ist weiterhin wichtig. Aus wenig viel machen – das ist bislang der Auftrag April / Mai 2020

Foto: picture-alliance / Hasan Bratic

Von VOLKER THOMS


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