Bildung 49
„Bevor ich sterbe, möchte ich …“ Bericht zum 7. St. Galler Demenz-Kongress „End-of-Life Care bei Personen mit Demenz: Vergessene Anforderungen?“
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Diana Staudacher
Persönliche Wünsche und Bedürfnisse in Worte zu fassen, ist bei fortgeschrittener Demenz kaum noch möglich. Umso wichtiger sind frühzeitige Gespräche über Anliegen am Lebensende. Durch achtsames Wahrnehmen der Körpersprache, feine Intuition und Erfahrungswissen können Pflegefachpersonen die Bedürfnisse der Betroffenen oft besser erfassen als durch „objektiv“ messbare Parameter. Das Verständnis von Demenz als „terminaler“ Erkrankung muss sich noch vertiefen – so lautete eine Haupt botschaft des diesjährigen St. Galler Demenz-
Care Team erfolgt seltener. Angehörige bekommen we niger Informationen zum Übergang in die End-of-Life- Phase. Schmerz und andere Beschwerden werden seltener erhoben und behandelt“, berichteten Melanie Karrer und Angela Schnelli, wissenschaftliche Mitarbeiterinnen der Fachstelle Demenz. Sie fragten Pflegende aus St. Gallen und der Region, welche Anforderungen in der End-of-Life Care von Personen mit Demenz zentral sind. „Es ist eine intuitive Arbeit, weil Menschen mit Demenz ihre Wün sche oft nicht mit Worten äussern können“, lautete eine häufige Antwort. Eine Kombination aus Erfahrung, Fach wissen und sensiblem Beobachten ist zentral. Angehörige einzubeziehen, sollte selbstverständlich sein – obwohl es Reibungspunkte gibt, beispielsweise in Bezug auf eine Spitaleinweisung am Lebensende. Für die Pflegenden ist es „etwas Schönes, Menschen mit Demenz in diesem letz ten Lebensabschnitt zu begleiten“. Die Befragten berichten aber auch von Zeitmangel und schwierigen Rahmenbe dingungen in den Institutionen. Dadurch entsteht oft eine Kluft zwischen den Bedürfnissen der Personen mit De menz und den Möglichkeiten einer hochwertigen Pflege: „Hier geht es um Anforderungen, die Pflegende aufgrund ihrer Fachkompetenz an das System stellen. Nicht zuletzt ist es auch die Aufgabe der Politik und der Leitungsgremi en, die hohen professionellen und fachlichen Anforderun gen an die Pflege von Menschen mit Demenz am Lebens ende zu fokussieren“, betonten die Referentinnen.
Kongresses.
„W
as löst die Frage nach den vergessenen An forderungen in der Pflege von Menschen mit Demenz am Lebensende bei Ihnen aus?“ – mit diesen Worten wandte sich Prof. Dr. Heidi Zel ler, Leiterin der Fachstelle Demenz an der FHS St. Gallen, bei ihrer Begrüssung an die über 1100 Teilnehmenden. „Wir möchten Sie zum Nachdenken anregen über die Be dürfnisse der Betroffenen in der letzten Lebenszeit. Denn Demenz wird bisher zu wenig als lebensbeendende Krank heit wahrgenommen“. Wie Studien zeigen, erhalten demenziell erkrankte Menschen in vieler Hinsicht eine schlechtere End-of-Life Care als beispielsweise Personen mit einer Krebserkran kung: „Die Betreuung durch ein spezialisiertes Palliative
NOVAcura 1/20
„Dementia Care“ mit „Palliative Care“ verbinden Wie ist es möglich, auch für Menschen mit weit fortge schrittener Demenz eine lebenszugewandte, sinngebende und durch Gemeinschaft geprägte Tagesstruktur zu gestal ten? Wie lässt sich „leere Zeit“ verhindern, wenn Betroffene nicht mehr an Gruppenaktivitäten teilnehmen können? Eine Antwort auf diese Herausforderungen bietet „Na maste Care“ – ein multisensorisches Programm für Men schen mit fortgeschrittener Demenz. „Das Wohlbefinden maximieren und die Lebensqualität erhalten – das sind die zentralen Ziele“, berichtete Dr. Hubert R. Jocham, Dozent an der Fachhochschule Vorarlberg. „Namaste Care“ spricht vor allem die Sinne und Emotionen der Betroffenen an – © 2020 Hogrefe