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Zum aktuellen Stand der Lehrerbildung im Hinblick auf die Anforderungen im Pflegereformgesetz Christian Frieß, Silvia Wobst und Sebastian Koch
from Leseprobe PADUA
by Hogrefe
Zum aktuellen Stand der Lehrerbildung im Hinblick auf die Anforderungen im Pflegereformgesetz
Christian Frieß, Silvia Wobst und Sebastian Koch
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Durch die gestiegenen Anforderungen an das Pflegepersonal hinsichtlich neuer Qualifikationen, Komplexität in der Versorgung von Patienten und ein verändertes Arbeitsumfeld ist es notwendig, Konzepte zur beruflichen Bildung zu hinterfragen und zu überarbeiten (Bonse-Rohmann & Burchert, 2011, S.5). Dadurch verändern sich auch die Anforderungen an die in diesem Bereich tätigen Lehrkräfte. Dies verlangt von den Lehrenden eine hohe berufspraktische und fachtheoretische Expertise.
Das zentrales Ziel des Bologna-Prozesses ist die Schaffung eines gemeinsamen europäischen Hochschulraumes. Zur wechselseitigen, internationalen Verständlichkeit und der quantitativ vergleichbaren Bewertung von Studienleistungen wurde u.a. das European Crédit Transfer System (ECTS) (Bischoff-Wanner & Reiber, 2008, S. 13). Durch die Einführung der gestuften Studiengänge mit Bachelor-Master-Unterscheidung wird eine Verkürzung der Studienzeiten verfolgt, sowie berufsqualifizierende Abschlüsse, Vermittlung von Schlüsselkompetenzen und eine stärkere Interdisziplinarität und Internationalität gefördert (Bischoff-Wanner & Reiber, 2008, S. 13). Inwieweit diese Stufung für die Lehrerbildung sinnvoll erscheint, ist zweifelhaft.
Mit der Beschränkung auf einen Bachelorabschluss ist zwar, laut der Bologna-Reform, eine Verkürzung der Studiendauer erreicht, aber eine Berufszulassung als Lehrkraft, vor allem an staatlichen Schulen, in den meisten Bundesländern ausgeschlossen bzw. mit Auflagen verbunden. Dadurch entstehen weitere Probleme für die Anerkennung von Qualifikationen der Lehrkräfte in den einzelnen Bundesländern. Es gibt einige Bundesländer, in denen bereits der Bachelorabschluss den Zugang zur Lehrtätigkeit an den Schulen des Gesundheitswesens ermöglicht und der Masterabschluss nicht zwingend für eine Lehrtätigkeit erforderlich ist. Die Unterschiede entstanden durch rechtliche und politische Vorgaben in den betreffenden Bundesländern und sind ein Grundproblem der fehlenden Verankerung der Ausbildungen im öffentlich-rechtlichen Bildungssystem.
Ein ausschließlicher Bachelorabschluss ist für die Lehrerausbildung laut der Bologna-Erklärung außerdem unüblich und mit den Intentionen der europäischen Studienreform nicht zu vereinbaren (Bischoff-Wanner, 2008, S. 35). Nun stellt sich die Frage, was z. B. ein BachelorAbsolvent mit einem pädagogischen oder erziehungswissenschaftlichen Abschluss unterrichten kann, wenn im Kern der Studienreform mit Einführung der gestuften Studienabschlüsse beide, also der Bachelor und de r Master, berufsqualifizierend sein sollen. Aufgrund dessen müssen neue berufspädagogische Aufgabenfelder für die Bachelorabsolventen definiert werden.
Die Kultusministerien verlangen grundsätzlich einen Masterabschluss für eine Lehrtätigkeit. Im Bachelorstudiengang sollten bereits bildungswissenschaftliche und fachdidaktische Studienanteile integriert sein. Diese werden im Masterstudium weiter vertieft (Bonse-Rohmann & Burchert, 2011, S. 21). Bei Anerkennung des Masterabschlusses legt der Beschluss der Kultusministerkonferenz (KMK) vom 2. Juni 2005 fest, dass ein „integratives Studium an Universitäten oder gleichgestellten Hochschulen von zwei Fachwissenschaften und Bildungswissenschaften in der Bachelorphase sowie in der Masterphase“ eine Voraussetzung für die Anerkennung des jeweiligen Abschlusses ist. Von Beginn an sollen zwei Fächer und Bildungswissenschaften studiert werden, die in der Masterphase eine Vertiefung erfahren. Somit entspricht diese Form einem konsekutiven Studiengang (Grund- und Aufbaustudium) (Bischoff-Wanner, 2007, S. 10). Hierbei ist die „zwei-Fächer“-Ausbildung kritisch zu hinterfragen. Die Lehr-/Lernforschung bzw. aktuelle berufliche Gesetzesgrundlagen (NotSanG, PflBRefG) favorisieren eine lernfeldorientierte Ausbildung mit dem Ziel, eine berufliche Handlungskompetenz zu ermöglichen.
Der Abschluss Master of Education ist den Universitäten vorbehalten und wird von der KMK anerkannt, während die Graduierung Master of Arts meist an Hochschulen ver geben wird. Zu deren Anerkennung ist es notwendig, dass die Hochschule eine Kooperation mit einer entsprechen den Universität eingeht. Als durchaus richtungsweisend
für die Lehrerausbildung sind die „Standards für Lehrerbildung: Erziehungswissenschaften“ als Beschluss der KMK von 2004 zu bewerten. In diesem heißt es, dass Leh rer Fachleute für das Unterrichten sind, sie ihre Erziehungsund Beurteilungsaufgaben gerecht und verantwortungsbewusst ausüben und ihre eigenen Kompetenzen ständig weiterentwickeln. Nicht ersichtlich ist, welche Kompeten zen dem jeweiligen Bachelor- und Masterstudiengang zugeordnet werden können. Der Beschluss der KMK möchte auch die berufliche Fort- und Weiterbildung der Lehrkräf te in die Standards mit einbeziehen, die allerdings in den Bundesländern unterschiedlich geregelt werden (BonseRohmann & Burchert, 2011, S. 23).
Die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) hat 2006 ebenfalls Empfehlungen zur Zukunft der allgemeinen Lehrerbildung ausgesprochen. Demnach soll die Lehrerbildung zu einem vollwertigen Master mit insgesamt 300 ECTS führen. Der Bereich Berufs- und Wirtschaftspädagogik, zu dem auch die Schulen der Gesundheitsfachberufe gehören, fordert ebenfalls 180 ECTS für den Bachelorabschluss und 120 ECTS für den Masterabschluss. Die Voraussetzung für die Verleihung des Bachelorgrades ist eine einschlägig abgeschlossene Ausbildung oder ein sechsmonatiges Betriebspraktikum. Der Masterabschluss wird dem 1. Staatsexamen gleichgesetzt. Dieser ist Voraussetzung zum zweijährigen Vorbereitungsdienst, der mit dem 2. Staatsexamen abschließt (Bischoff-Wanner, 2007, S. 11). Diesen Empfehlungen schloss sich 2004 auch die Sektion Berufs- und Wirtschaftspädagogik der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft an. Der deutsche Wissenschaftsrat sprach sich 2001 in der Lehrerausbildung für eine konsekutive Studiengangs-Struktur mit den Abschlüssen des Bachelors und Masters aus. Dabei sollen die Fachhochschulen mit ihren spezifischen und praxisorientierten wissenschaftlichen Ausbildungsangeboten an den Lehramtsstudiengängen mitbeteiligt werden. So können kooperative Modelle der Lehrerbildung entstehen, um die spezifischen Kompetenzen von Universität und Hochschule gewinnbringend zusammenzuführen (DarmannFinck & Ertl-Schmuck, 2008, S. 70).
Die Altenpflege Ausbildung bis 2020
Im Schuljahr 2015 / 2016 stieg die Zahl der Auszubildenden in der Altenpflege um 2,7 % auf über 68 000 an. Die steigenden Zahlen scheinen den Erfolg der durch das Ministerium veranlassten Maßnahmen zur Attraktivitätssteigerung des Berufs zu bestätigen. Dennoch besteht in der Altenpflege ein Fachkräftemangel, der sich durch den verändernden Versorgungsbedarf der Bewohner noch verstärken dürfte (BMFSFJ, 2016).
Nach § 3 Altenpflegegesetz (AltPflG) soll die Ausbildung die zukünftigen Altenpfleger*innen befähigen, alte Menschen selbstständig und eigenverantwortlich zu begleiten und zu betreuen. Die Grundlage bilden aktuelle pflegewissenschaftliche und medizinische Erkenntnisse. Im Altenpflegegesetz wird der Fokus auf die Erhaltung und Wiederherstellung individueller Fähigkeiten im Rahmen geriatrischer Rehabilitationskonzepte gelegt. In der Regel findet die Ausbildung in Altenpflege- und geriatrischen Rehabilitationseinrichtungen oder der Altenhilfe statt. Die Altenpflegeschule trägt die Gesamtverantwortung für die Ausbildung und unterstützt mit Praxisbegleitungen die praktische Ausbildung.
Des Weiteren ist zu gewährleisten, dass in den ausbildenden Einrichtungen eine Praxisanleitung durchgeführt wird. Die Qualifikationen des Lehrpersonals, das in der Ausbildung unterrichtet, sind im § 5 AltPflG geregelt. So muss die Schulleitung einer Altenpflegeschule zum einen hauptberuflich tätig sein und zum anderen eine pädagogische Fachkraft mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung im pflegerischen Bereich vorweisen. Diese Anforderungen können durch ein abgeschlossenes pflegepädagogisches Studium ergänzt werden. Auf die Qualifikationen der Lehrkräfte wird im Gesetz nicht konkret eingegangen. Die unspezifische und unterschiedlich ausgelegte Formulierung „pädagogisch …“ führt zu einem buntscheckigen Flickenteppich in der bundesweiten Anerkennung „pädagogisch qualifizierter Lehrkräfte“.
„Der Beruf der Krankenpflege hat einen tiefgreifenden Wandel erfahren. Längst steht nicht mehr die Grundpflege, also die „klassischen“ pflegerischen Tätigkeiten wie z. B. Waschen, Lagern, Essen verabreichen etc., im Mittelpunkt, sondern eine differenzierte „Hochleistungspflege“ (Bienstein, 2015). In der Kurzbeschreibung der Agentur für Arbeit wird dies so skizziert: „Gesundheits- und Krankenpfleger / innen betreuen und versorgen kranke und pflegebedürftige Menschen, führen ärztlich veranlasste
Maßnahmen durch, assistieren bei Untersuchungen und
Abbildung 1. Qualifizierte Pflege fordert eine kompetenzorientierte Aus- und Weiterbildung. Fotos: SRH Hochschule für Gesundheit, Gera.
Behandlungen und dokumentieren Patientendaten“ (Bundesagentur für Arbeit, 2017).
Die Basis der Gesundheits- und Krankenpflege bildet das 2003 verabschiedete bzw. novellierte Gesetz über die Berufe in der Krankenpflege. Nach Abschluss der Ausbildung müssen die examinierten Pflegekräfte in der Lage sein, ein großes Aufgabenspektrum bewältigen zu können. Dazu gehört es, den individuellen Pflegebedarf des Patienten festzustellen, anhand dessen die Pflege zu planen, zu organisieren, durchzuführen und zu dokumentieren. Sind die geplanten Maßnahmen durchgeführt, so ist es zwingend nötig diese zu evaluieren, um die Qualität der durchgeführten Pflege sicher zu stellen.
Die Beratung von Patienten und Angehörigen hat in den letzten Jahren immer mehr Gewicht bekommen. Die Pflegekräfte sollen die Patienten unterstützen, mit ihrer Krankheit bewusst umzugehen und Angehörige anlernen, die Pflege selbst durchzuführen (KrPflG, 2003, S. 5). Diese Bereiche müssen unter dem Gesichtspunkt der Pflegewissenschaft, den rechtlichen Rahmenbedingungen und den wirtschaftlichen- sowie ökologischen Prinzipien betrachtet werden (KrPflAPrV, 2003, S. 4 – 5).
Die Pflege versucht sich von Strukturen der Fremdbestimmung und der dominierenden Medizin abzugrenzen. Dies erfordert eine fundierte wissenschaftliche Ausrichtung, eine Weiterentwicklung der Pflegeforschung im Sinne der Pflegewissenschaft und eine Weiterentwicklung der Bildung in der Pflege (Schädle-Deininger, 2015, S. 192).
Die Pflege in der Bundesrepublik hat im internationalen Vergleich einen Sonderweg beschritten und unterscheidet sich hier deutlich von der in den Nachbarländern. Die Zugangsvoraussetzungen für die Gesundheits- und Krankenpflegeausbildung liegen in Deutschland im Sekundarbereich I und damit im Bereich einer zehn jährigen Schulbildung. Auszubildende in anderen europäischen Ländern müssen durchschnittlich 2 Jahre länger unterrichtet worden sein, bis sie eine Pflegeausbildung beginnen dürfen (Rixe, Löhr, & Schulz, 2017, S. 26). Um sich in Europa vergleichbar zu machen, wird ab 2020 die generalistische Ausbildung in der Gesundheits- und Krankenpflege ein
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Abbildung 2. Aus- und Fortbildung zum Lebens- und Erfahrungsraum werden lassen. geführt (PflBRefG, 2017, S. 50). In der Ausbildung unterrichtende Lehrkräfte müssen für den theoretischen und praktischen Unterricht, gemäß § 4, Abs. 3, fachlich und pädagogisch qualifiziert sein sowie über einen Hochschulabschluss verfügen (KrPflG, 2003, S. 6). Ein Schwachpunkt gerade dieses Paragraphen stellt die mangelnde Spezifität des Hochschulabschlusses dar. Hier wären eine genauere Formulierung und Eingrenzung, z. B. auf einen pädagogischen Hochschulabschluss, wünschenswert.
Die generalistische Ausbildung in der Pflege
Aufgrund der demographischen Entwicklung, der Zunahme von chronischen Erkrankungen sowie der Zahl demenziell erkrankter Personen, aber auch einer gleichzeitigen Abnah me der Patienten-Verweildauer im Krankenhaus, kommt es zu einer Verdichtung und Anhäufung von komplexen Pflege- und Behandlungstätigkeiten im ambulanten Sek tor (PflBRefG, 2017, S. 1). Zum einen ist mit diesem Gesetz die Möglichkeit einer stärkeren Abstufung von Qualifika tionen, wie auch eine vertikale Durchlässigkeit, gegeben. Zum anderen wird dadurch die EU-Berufsanerkennungs richtlinie 2013 / 55 / EU umgesetzt. Dies ermöglicht eine erhöhte Mobilität der Pflegekräfte innerhalb des Arbeits raumes der europäischen Union, da der Berufsabschluss direkt anerkannt wird. Das entscheidendste Merkmal der generalistischen Ausbildung ist die Zusammenführung der drei Grundberufe: Altenpflege, Gesundheits- und Kranken pflege und Gesundheits- und Kinderkrankenpflege (Wagner, 2014, S. 3). Nach Abschluss der Ausbildung können die Pflegekräfte grundsätzlich in allen Bereichen arbeiten. Die Ausbildung ist so strukturiert, dass in den ersten zwei Jahre eine gemeinsame „Grundausbildung“ absolviert wird. Im Anschluss besteht die Möglichkeit, sich entweder auf die Bereiche der Altenpflege oder der Gesundheits- und Kin derkrankenpflege zu spezialisieren oder die Ausbildung im generalistischen Zweig fortzusetzen (Barley, 2017, S. 2). Mit der Einführung dieses Gesetzes ändert sich nach § 1 PflB RefG auch die Berufsbezeichnung von „Gesundheits- und Krankenpfleger*in“ zu „Pflegefachmann“ oder „Pflegefach frau“. Wird eine Spezialisierung gewählt, schließt die Ausbildung nicht mit der Berufsbezeichnung Pflegefachmann bzw. Pflegefachfrau ab, sondern mit der ursprünglichen Bezeichnung „Altenpfleger*in“ bzw. „Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger*in“ (Ammende, 2018). Nach Artikel 15 Abs. 4 und 5 PflBRefG wird das bisher gültige KrPflG zum 31.12.2019 durch die neue gesetzliche Regelung ersetzt. Ab 2020 können die ersten Ausbildungsgänge im Rahmen der generalistischen Ausbildung beginnen (Barley, 2017, S. 2). Ein entscheidender und berufspolitisch sehr wichtiger Schritt ist, dass im Gesetz sog. „Vorbehaltene Tätigkeiten“ definiert sind, die ausschließlich durch die Pflegefachfrau bzw. den Pflegefachmann durchgeführt werden dürfen. Zu diesen, im § 4 PflBRefG aufgeführten Tätigkeiten, gehören
„die Erhebung und Feststellung des individuellen Pflegebedarfs […]“, „die Organisation, Gestaltung und Steuerung des Pflegeprozesses […]“ und „die Analyse, Evaluation, Si cherung und Entwicklung der Qualität der Pflege […]“. Diese Kompetenzen sollen die Schüler*innen im Rahmen der Ausbildung erlangen und später selbständig durchführen können. Ein weiterer Schwerpunkt der in § 5 (Ausbildungs ziel) verankert ist, ist die Einbeziehung von Angehörigen bzw. der sozialen Bezugsgruppe des Patienten.
Im Vergleich zum KrPflG ist im PflBRefG ein besonderes Augenmerk auf die Erlangung von Lernkompetenzen, den Wissenstransfer, die Selbstreflexion und die Fähigkeit zum lebenslangen Lernen der Pflegekräfte gelegt worden. Des Weiteren wird durch dieses Gesetz die seit langem ge forderte und notwendige Stärkung der Praxisanleitung in der praktischen Ausbildung umgesetzt. In § 6 PflBRefG ist die Praxisanleitung als „wesentlicher Bestandteil der prak tischen Ausbildung“ aufgeführt. Der Gesetzgeber fordert einen Mindestumfang der Praxisanleitung von 10 %, der praktischen Ausbildungszeit pro Einsatz. Gemessen an der Dauer der Praxiseinsätze nach dem KrPflG, sind das 250 Stunden explizite Praxisanleitung. Die Mindestanfor derungen an Pflegeschulen wurden genauer ausformuliert und sind im Vergleich zum KrPflG deutlich enger gefasst. So wird im § 9 (Mindestanforderungen an Pflegeschulen) von einer Schulleitung eine pädagogische Qualifikation und eine Hochschulausbildung auf Master-Niveau ver langt. Auch die Anforderungen an den eigentlichen Lehrkörper sind gestiegen. Lehrkräfte, die den theoretischen Unterricht durchführen, müssen über eine pflegepädago gische Hochschulausbildung auf Master-Niveau verfügen. Auch die Lehrkräfte im fachpraktischen Unterricht müssen über einen pflegepädagogischen Hochschulabschluss ver fügen (PflBRefG, 2017, S. 96).
Das Gesetz spricht nicht explizit von einer universitären Ausbildung. In Anbetracht dessen, dass die Lehrerbildung für allgemeinbildende Schulen an Universitäten angegliedert ist und pflege- wie medizinpädagogische Hochschulausbildung nur an Hochschulen durchgeführt wird, liegt in dieser Formulierung eine besondere Relevanz. Die Umsetzung der Forderung nach einer pädagogischen Ausbildung an Hochschulen für Lehrkräfte ist deshalb so wichtig, um den steigenden Anforderungen des Unterrichts und den pflegewissenschaftlichen Erkenntnissen gerecht zu werden. Das Umsetzen von Modernen Lehr- / Lernmethoden sowie der Einsatz von Fachdidaktiken mit dem Ziel, die Qualität in der Pflegeausbildung sicherzustellen, kann auf langfristige Sicht nur durch Lehrkräfte mit einer pädagogischen Hochschulausbildung auf Master Niveau gewährleistet werden (Igl, 2018, S. 117 – 119). „Die Vorgabe einer Hochschulausbildung für Schulleitungen und Lehrkräfte stellt keinen ungerechtfertigten Eingriff in die Berufsfreiheit dar. Nach Artikel 12 des Grundgesetzes sind Beschränkungen der Berufsfreiheit nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes möglich. Diese Voraussetzung wird durch das Pflegeberufegesetz erfüllt“ (Igl, 2018, S. 119).
Des Weiteren ist das Verhältnis der Anzahl von hauptberuflichen Lehrkräften zu Schülern auf eine Quote von mindestens 1:20 festgelegt worden. Aufgrund der Anhebung der Anforderungen gegenüber dem Lehrpersonal, können die Landesregierungen Übergangsregelungen bis 2027 erlassen (PflBRefG, 2017, S. 96).
Im KrPflG war die pflegerische Hochschulausbildung nur im Rahmen von Modellvorhaben möglich. Im Teil 3 ist erstmals die hochschulische Pflegeausbildung festgeschrie ben und geregelt (PflBRefG, 2017, S. 28). Bis zum 31.12.2025 werden die Abschlüsse bzw. die Spezialisierung in der Aus bildung evaluiert. Haben mehr als 50 % die generalistische Ausbildung ohne Spezialisierung abgeschlossen, so werden die Ausbildungen der Altenpflege und Gesundheits- und Kinderkrankenpflege auslaufen. Über einen Wegfall dieser eigenständigen Berufe würde in diesem Fall der Gesetzge ber erneut entscheiden (Barley, 2017, S. 2). Ob sich in einem Jahr eine Spezialisierung mit der Erlangung von adäquaten Handlungskompetenzen, vor allem im Bereich der Gesund heits- und Kinderkrankenpflege, im Vergleich mit der vorhergehenden Ausbildung erreichen lässt, bleibt abzuwarten.
Eine Intention des „Bologna-Prozesses“ ist es, die erhöhte Mobilität der Studierenden im europäischen und internationalen Hochschulraum zu gewährleisten (Bischoff-Wanner, 2008, S. 12 – 13). Die Globalisierung prägt neben dem produzierenden Wirtschaftsbereich auch die Dienstleistungsbranche und darin mehr und mehr die Pflege. Techniken, Studien, vor allem aber Pflegekräfte bewegen sich schon längst über nationale Wirtschaftsräume hinaus. So lohnt sich der Blick auf die Qualifikationen der Lehrkräfte in Großbritannien und den Vereinigten Staaten. Gerade diese Länder professionalisierten die Pflege früh und verorteten deren Ausbildung an Hochschulen.
Großbritannien
Durch Florence Nightingale wurde am 4. Juni 1860 die erste Krankenpflegeschule gegründet. Sie professionalisierte als Erste die Pflege in Großbritannien revolutionär (Kolling, 2017). Die Pflegeausbildung in Großbritannien ist in drei Bereiche untergliedert, die alle an einer Hochschule bzw. Universität angegliedert sind. Der erste Abschluss ist der einer „Registered Nurse“. Absolventen verfügen über einen Bachelor of Nursing. In einem Aufbau-Studium kann der Master-Abschluss und damit die Bezeichnung „Nurse Prac titioner“ erlangt werden. Dieser Abschluss eröffnet den Weg in eine Promotion mit dem Abschluss Philosophical Degree (PhD). Um in der Pflegeausbildung unterrichten zu dürfen ist eine Master-Qualifikation und ein „Post Gradua te Teaching Certificate“, eine pädagogische Qualifikation, erforderlich. In Deutschland ist eine Tätigkeit in der Pflege keine formale Voraussetzung, um in der Lehre tätig zu wer -
den. In Großbritannien dagegen muss der Lehrer als aktive Pflegekraft registriert und tätig sein (Filkins & Landenber ger, 2005, S. 87 – 94).
Vereinigte Staaten von Amerika
Bis 2020 werden in den Vereinigten Staaten ca. 80 % der Pflegekräfte einen akademischen Grad erlangt haben. In den USA kann zwischen drei Möglichkeiten der pflegerischen Ausbildung, der „Associate of Science in Nursing (ASc)“, dem „Diploma Nursing Program“ und dem „Bache lor of Science in Nursing (BScN)“ gewählt werden. Diese unterscheiden sich in der Dauer und dem zu erreichenden Abschluss. Sie sind alle generealistisch ausgelegt und gelten als „Registered Nurse“. Die Mindestvoraussetzung, um als Lehrer Pflegekräfte ausbilden zu dürfen, ist ein „Master of Science in Nursing“. Dadurch liegt die Akademisierung der Lehrer in der Pflege bei 100 %. Wie auch in Großbritannien müssen die Lehrkräfte über eine aktive Registrierung als „Nurse“ und eine Zertifizierung bei der National League for Nursing Accrediting Commission (NLNAC) oder der Ame rican Association of Colleges of Nursing (AACN) verfügen. Diese Organisationen überwachen die Qualifikationen der Lehrkräfte und prüfen deren Ausbildung (Koch, 2012).
Fazit
Mit der Einführung des PflBRefG kommt es, zu einer Veränderung der Anforderung an das Lehrpersonal. Gerade in der Altenpflegeausbildung, in der früher eine pädagogische Qualifikation zum Unterrichten ausreichend war, wird dies besonders große Veränderungen nach sich ziehen. Auch wenn in der Krankenpflegeausbildung seit 2003 eine Hochschulausbildung für das Lehrpersonal gefordert wird ist fraglich, ob diese Anforderungen bis heute flächendeckend umgesetzt sind. Da es für die Qualifikationen der Lehrkräfte in der Altenpflege und der Gesundheits- und Krankenpflege nur sehr wenig konkrete Daten in den Bundesländern gibt, wurden 2017 zwei Studien, in Brandenburg für die Altenpflegeausbildung und in Oberbayern für die Gesundheits- und Krankenpflege, durchgeführt. Diese hatten das Ziel sich mit der Fragstellung der Akademisierung bzw. der Qualifizierung des Lehrpersonals zu beschäftigen. Die Ergebnisse der Studien werden in der nächsten Ausgabe vorgestellt.
Literatur
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Christian Frieß
Lehrkraft an der Feuerwehrund Rettungsdienst Schule München/ Berufsfachschule für NotfallsanitäterInnen der Landeshauptstadt München
Silvia Wobst
Krankenschwester und Medizinpädagogin (B.A.). Lehrkraft an der Altenpflegeschule der LWGA GmbH in Cottbus
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