Leseprobe PADUA

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Zum aktuellen Stand der Lehrer­ bildung im Hinblick auf die An­ forderungen im Pflegereformgesetz Durch die gestiegenen Anforderungen an das ­Pflegepersonal hinsichtlich neuer Qualifikationen, Komplexität in der Versorgung von Patienten und ein verändertes Arbeitsumfeld ist es notwendig, Konzepte zur beruflichen Bildung zu hinterfragen und zu überarbeiten (Bonse-Rohmann & Burchert, 2011, S. 5). Dadurch verändern sich auch die An­ forderungen an die in diesem Bereich tätigen Lehrkräfte. Dies verlangt von den Lehrenden eine hohe berufspraktische und fachtheoretische Expertise.

Die Lehrerbildung in der Pflege im Zeichen des Bologna-Prozesses Das zentrales Ziel des Bologna-Prozesses ist die Schaffung eines gemeinsamen europäischen Hochschulraumes. Zur wechselseitigen, internationalen Verständlichkeit und der quantitativ vergleichbaren Bewertung von Studienleistungen wurde u.a. das European Crédit Transfer System (ECTS) (Bischoff-Wanner & Reiber, 2008, S. 13). Durch die Einführung der gestuften Studiengänge mit Bachelor-Master-Unterscheidung wird eine Verkürzung ­ der Studienzeiten verfolgt, sowie berufsqualifizierende Abschlüsse, Vermittlung von Schlüsselkompetenzen und eine stärkere Interdisziplinarität und Internationalität gefördert (Bischoff-Wanner & Reiber, 2008, S. 13). Inwieweit diese Stufung für die Lehrerbildung sinnvoll erscheint, ist zweifelhaft. Mit der Beschränkung auf einen Bachelorabschluss ist zwar, laut der Bologna-Reform, eine Verkürzung der Studiendauer erreicht, aber eine Berufszulassung als Lehrkraft, vor allem an staatlichen Schulen, in den meisten Bundesländern ausgeschlossen bzw. mit Auflagen verbunden. Dadurch entstehen weitere Probleme für die Anerkennung von Qualifikationen der Lehrkräfte in den einzelnen Bundesländern. Es gibt einige Bundesländer, in denen bereits der Bachelorabschluss den Zugang zur Lehrtätigkeit an den Schulen des Gesundheitswesens ermöglicht und der Masterabschluss nicht zwingend für eine Lehr­tätigkeit er-

forderlich ist. Die Unterschiede entstanden durch rechtliche und politische Vorgaben in den betreffenden Bundesländern und sind ein Grundproblem der fehlenden Verankerung der Ausbildungen im öffentlich-rechtlichen Bildungssystem. Ein ausschließlicher Bachelorabschluss ist für die Lehrerausbildung laut der Bologna-Erklärung außerdem unüblich und mit den Intentionen der europäischen Studienreform nicht zu vereinbaren (Bischoff-Wanner, 2008, S. 3 5). Nun stellt sich die Frage, was z. B. ein Bachelor-­ Absolvent mit einem pädagogischen oder erziehungs­ wissenschaftlichen Abschluss unterrichten kann, wenn im Kern der Studienreform mit Einführung der gestuften Studienabschlüsse beide, also der Bachelor und der Master, berufsqualifizierend sein sollen. Aufgrund dessen müssen neue berufspädagogische Aufgabenfelder für die Bachelor­ absolventen definiert werden. Die Kultusministerien verlangen grundsätzlich einen Masterabschluss für eine Lehrtätigkeit. Im Bachelorstu­ diengang sollten bereits bildungswissenschaftliche und fachdidaktische Studienanteile integriert sein. Diese werden im Masterstudium weiter vertieft (Bonse-Rohmann & Burchert, 2011, S. 2 1). Bei Anerkennung des Master­ abschlusses legt der Beschluss der Kultusministerkonferenz (KMK) vom 2. Juni 2005  fest, dass ein „integratives Studium an Universitäten oder gleichgestellten Hochschulen von zwei Fachwissenschaften und Bildungs­ wissenschaften in der Bachelorphase sowie in der Masterphase“ eine Voraussetzung für die Anerkennung des jeweiligen Abschlusses ist. Von Beginn an sollen zwei Fächer und Bildungswissenschaften studiert werden, die in der Masterphase eine Vertiefung erfahren. Somit entspricht diese Form einem konsekutiven Studiengang (Grund- und Aufbaustudium) (Bischoff-Wanner, 2007, S. 10). Hierbei ist die „zwei-Fächer“-Ausbildung kritisch zu hinterfragen. Die Lehr-/Lernforschung bzw. aktuelle berufliche Gesetzesgrundlagen (NotSanG, PflBRefG) favorisieren eine lernfeldorientierte Ausbildung mit dem Ziel, eine berufliche Handlungskompetenz zu ermög­lichen. Der Abschluss Master of Education ist den Universitäten vorbehalten und wird von der KMK anerkannt, während die Graduierung Master of Arts meist an Hochschulen vergeben wird. Zu deren Anerkennung ist es notwendig, dass die Hochschule eine Kooperation mit einer entsprechenden Universität eingeht. Als durchaus richtungsweisend

©2019 Hogrefe PADUA (2019), 14 (1), 49–54 https://doi.org/10.1024/1861-6186/a000473

Lehren und Lernen

Christian Frieß, Silvia Wobst und Sebastian Koch


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