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Nettovermögen

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Rückstellungen

Rückstellungen

Clemens Hödl (KDZ)

Das Nettovermögen einer Gemeinde kann als Restgröße bzw. Ausgleichsposition zwischen Aktiva (Vermögen) und Fremdmitteln (inkl. Sonderposten Investitionszuschüsse) betrachtet werden. Es stellt eine buchhalterische Größe dar und darf nicht mit Geldmitteln, die frei verfügbar bzw. liquide sind, verwechselt werden. D. h., das im Beispiel angeführte Nettovermögen in der Höhe von rund 12 Mio. Euro liegt nicht als Guthaben am Bankkonto, sondern ist bereits im langfristigen Vermögen auf der Aktivseite der Vermögenrechnung, z. B. als Sachanlagevermögen oder in Form von Beteiligungen gebunden. Die frei verfügbaren Mittel am Bankkonto sieht man in der Position Liquide Mittel. Je nachdem, ob die Aktivseite größer als die Passivseite ist oder umgekehrt, kann das Nettovermögen einen positiven oder negativen Wert annehmen. In der Eröffnungsbilanz ist davon auszugehen, dass das Nettovermögen in den meisten Gemeinden positiv sein wird.

Gemeinden haben in der Regel viel Sachanlagevermögen in Form von Grundstücken, Gebäuden und Straßen und auch durchaus beachtliche Beteiligungen in den Büchern stehen. Auf der Passivseite stehen diesem Vermögen begrenzte Fremdmittel gegenüber, da Städte und Gemeinden Schulden nur zur Finanzierung von Investitionen aufnehmen dürfen und der laufende Haushalt nicht über

Abbildung 1: Nettovermögen

Ebene Code Passiva

0 12 C Nettovermögen (Ausgleichsposten) 1 121 C.I Saldo der Eröffnungsbilanz

2 1210 C.I.1 Saldo der Eröffnungsbilanz

1 122 C.II Kumuliertes Nettoergebnis

2 1220 C.II.1 Kumuliertes Nettoergebnis

1 123 C.III Haushaltsrücklagen

2 1230 C.III.1 Haushaltsrücklagen

1 124 C.IV Neubewertungsrücklagen (Umbewertungskonto)

2 1240 C.IV.1 Neubewertungsrücklagen (Umbewertungskonto)

1 125 C.V Fremdwährungsumrechnungsrücklagen

2 1250 C.V.1 Fremdwährungsumrechnungsrücklagen

Fremdmittel fi nanziert werden darf. Das bedeutet, dass einer Finanzschuld auf der Passivseite im Normalfall ein Vermögensgegenstand auf der Aktivseite gegenübersteht. Es ist jedoch möglich, dass die Rückstellungen einer Gemeinde so hoch sind, v. a. dann wenn die optionalen Rückstellungen für Pensionen gebildet werden, dass die Passivseite einen höheren Wert ausweist als die Aktivseite und somit das Nettovermögen negativ ist. Dies wird aber nur in Ausnahmefällen der Fall sein und nur einen kleinen Teil der österreichischen Gemeinden betreffen.

Im Zeitverlauf ist es natürlich möglich, dass das Nettovermögen einer Gemeinde negativ wird. Dies wäre dann der Fall, wenn eine Gemeinde im Ergebnishaushalt mehrheitlich negative Nettoergebnisse erwirtschaftet und dadurch das Nettovermögen laufend kleiner wird. Da aber in den meisten Gemeindeordnungen die Gemeinden angehalten werden, ein ausgeglichenes oder positives Nettoergebnis im Ergebnishaushalt zu erzielen, sollte auch dies nur in Ausnahmefällen auftreten, nämlich dann, wenn eine Gemeinde aufgrund der schlechten Rahmenbedingungen über einen längeren Zeitraum häufi g negative Nettoergebnisse erzielt und somit das Nettovermögen im Zeitverlauf verbraucht wird, bis es negativ ist.

Das Nettovermögen gliedert sich in mehrere Einzelpositionen:

• Saldo der Eröffnungsbilanz • Kumuliertes Nettoergebnis • Haushaltsrücklagen • Neubewertungsrücklagen • Fremdwährungsumrechnungsrücklagen

EB 2020

12.073.258,51 10.763.662,51

10.763.662,51

0,00

0,00

853.852,00

853.852,00

455.744,00

455.744,00

0,00

0,00

Quelle: Eigene Abbildung, KDZ 2019

Saldo der Eröffnungsbilanz

Der Saldo der Eröffnungsbilanz ergibt sich als Restgröße zum Stichtag bei der Erstellung der Eröffnungsbilanz. Wenn sämtliche Positionen der Aktivseite, die Fremdmittel auf der Passivseite, der Sonderposten Investitionszuschüsse und die weiteren Positionen des Nettovermögens (Haushaltsrücklagen, Neubewertungsrücklage, Fremdwährungsumrechnungsrücklage) berechnet sind, ergibt sich als Restgröße der Saldo der Eröffnungsbilanz. Dieser bleibt in der Regel im Zeitverlauf unverändert, d. h. der Saldo der Eröffnungsbilanz bleibt, solange die Gemeinde besteht, in gleicher Höhe im Vermögenshaushalt im Nettovermögen stehen. Im angeführten Beispiel sind dies rund 10,7 Mio. Euro.

Jedoch kann es Änderungen des Saldos der Eröffnungsbilanz geben, z. B. bei Änderungen der Ansatz- und Bewertungsmethoden, bei der Nacherfassung von Vermögenswerten, falls diese bei der Erstbewertung vergessen oder übersehen wurden, oder bei Änderungen der erstmaligen Eröffnungsbilanz. Hierfür besteht eine Korrekturfrist von fünf Jahren ab dem Jahr nach der Veröffentlichung der Eröffnungsbilanz. Änderungen sind innerhalb dieser Frist auf dem Konto 990 – Berichtigungen der erstmaligen Eröffnungsbilanz darzustellen. Falls es nach Ablauf der fünf »

Jahre zu Änderungen kommen sollte, sind diese auf dem Konto 991 – Nacherfassung von Vermögenswerten zu verbuchen. Dies bedeutet, dass die Nacherfassung von Vermögenswerten nicht ergebniswirksam über die Ergebnisrechnung erfolgt, sondern über das Nettovermögen ergebnisneutral in die Vermögensrechnung aufgenommen wird.

Für die Gemeinden der Bundesländer Niederösterreich und Steiermark besteht die Möglichkeit, bis zu 50 Prozent des Saldos der Eröffnungsbilanz in eine Haushaltsrücklage zu stellen. Diese ist im Rahmen der Erstellung der Eröffnungsbilanz zu bilden. Die Haushaltsrücklage kann in der Zukunft zum Ausgleich negativer Nettoergebnisse im Ergebnishaushalt herangezogen werden. Bei der Haushaltsrücklage Eröffnungsbilanz handelt es sich um eine Rücklage ohne Zahlungsmittelreserve, d. h. die Rücklage ist nicht durch Geldmittel gedeckt.

Kumuliertes Nettoergebnis

Das kumulierte Nettoergebnis zeigt die Summe aller erzielten Nettoergebnisse einer Gemeinde. Das kumulierte Nettoergebnis kann einen positiven oder negativen Wert annehmen, je nachdem, ob eine Gemeinde überwiegend positive oder negative Nettoergebnisse im Ergebnishaushalt erzielt.

In der Eröffnungsbilanz ist diese Position null Euro, da das erste Nettoergebnis erst zum Jahresende 2020, d. h. mit dem Rechnungsabschluss 2020, ausgewiesen wird. Dies ist auch im angeführten Beispiel zu erkennen. Haushaltsrücklagen werden in der VRV 2015 aus dem Nettoergebnis im Ergebnishaushalt gebildet. Die Bildung von Haushaltsrücklagen verringert das Nettoergebnis, die Auflösung von Haushaltsrücklagen erhöht das Nettoergebnis. Da Haushaltsrücklagen aus dem Nettoergebnis gebildet werden, sind diese nicht von Haus aus mit Geldmitteln – die VRV 2015 spricht hier von Zahlungsmittelreserven – hinterlegt. Zahlungsmittelreserven scheinen auf der Aktivseite der Vermögensrechnung unter der Position liquide Mittel auf. Es gibt Haushaltsrücklagen mit Zahlungsmittelreserven und Haushaltsrücklagen ohne Zahlungsmittelreserven. Zusätzlich lässt sich zwischen allgemeinen Haushaltsrücklagen und zweckgebundenen Haushaltsrücklagen unterscheiden. Im Beispiel belaufen sich die Haushaltsrücklagen in Summe auf rund 854.000 Euro.

In der Eröffnungsbilanz müssen jedenfalls jene Haushaltsrücklagen enthalten sein, die auch im Rechnungsabschluss 2019 aufscheinen. Da Haushaltsrücklagen in der Kameralistik immer zahlungswirksam gebildet werden, müssen für die Haushaltsrücklagen aus dem Rechnungsabschluss 2019 auch Zahlungsmittelreserven in der entsprechenden Höhe ausgewiesen werden.1 Darüber hinaus gibt es in den Bundesländern unterschiedliche Haushaltsrücklagen, die mit oder ohne Zahnungsmittelreserve gebildet werden. In den Bundesländern Niederösterreich und Steiermark haben Gemeinden die Möglichkeit, bis zu 50 Prozent des Saldos der Eröffnungsbilanz in eine Haushaltsrücklage ohne Zahlungsmittelreserve zu stellen. Die Haushaltsrücklage Eröffnungsbilanz ist im Rahmen der Erstellung der Eröffnungsbilanz zu bilden und scheint daher auch in der Eröffnungsbilanz auf. Außerdem ist es in einigen Bundesländern möglich, Haushaltsrücklagen auch ohne Zahlungsmittelreserven zu bilden. Diese Haushaltsrücklagen können, da keine Geldmittel hinterlegt sind, zwar zum Ausgleich des Ergebnishaushaltes verwendet werden, aber nicht zur Finanzierung von Investitionsvorhaben vorgesehen werden.

Die Gemeinden der Bundesländer Niederösterreich, Steiermark und Tirol verbuchen die erhaltenen Bedarfszuweisungsmittel als Ertrag im Ergebnishaushalt. Dies hat zur Folge, dass das Nettoergebnis im Jahr des Zuflusses der Bedarfszuweisungsmittel verbessert wird. Daher gibt es in den Bundesländern Niederösterreich und Steiermark die Möglichkeit, eine Haushaltsrücklage Bedarfszuweisungsmittel in der Höhe der erhaltenen Bedarfszuweisungsmittel zu bilden, wodurch das Nettoergebnis wieder reduziert wird.

Diese Haushaltsrücklage wird über die Nutzungsdauer des mit den Bedarfszuweisungsmitteln angeschafften Vermögensgegenstandes ertragswirksam aufgelöst. Während die Bildung der Haushaltsrücklage Bedarfszuweisungsmittel in der Steiermark verpflichtend ist, erfolgt die Bildung

1 Für Statutarstädte hat es abweichende Regelungen gegeben.

Abbildung 2: Umgang mit Rücklagen in den einzelnen Bundesländern

allgemeine Haushaltsrücklage

Bgld. Ktn. NÖ OÖ Sbg. Stmk. T Vbg.

mit ZMR        

ohne ZMR   X X X X X X

zweckgebundene Haushaltsrücklage

Haushaltsrücklage Eröffnungsbilanz mit ZMR        

ohne ZMR X X  X X  X X

Haushaltsrücklage Bedarfszuweisungsmittel ohne ZMR X X  X X  X X

Haushaltsrücklage Haushaltspotenzial ohne ZMR X X  X X X X X

Quelle: Eigene Abbildung, KDZ 2019

in Niederösterreich auf freiwilliger Basis. Bei der Haushaltsrücklage Bedarfszuweisungsmittel handelt sich um eine Rücklage ohne Zahlungsmittelreserve, da die erhaltenen Bedarfszuweisungsmittel nicht mehr zur Bildung der Zahlungsmittelreserve zur Verfügung stehen, da sie bereits für die Anschaffung des Vermögensgegenstands ausgegeben wurden (siehe Abbildung 2).

Die Haushaltsrücklage Bedarfszuweisungsmittel kann auch rückwirkend, d. h. für Bedarfszuweisungsmittel, die die Gemeinde bis zum 31.12.2019 erhalten hat, für die Eröffnungsbilanz gebildet werden. D. h. in der Eröffnungsbilanz scheint auf der Aktivseite der Restwert des mit den Bedarfszuweisungsmitteln angeschafften Vermögensgegenstandes auf und auf der Passivseite im Nettovermögen der Rest der dazugehörigen Bedarfszuweisungsmittel. Ab dem Jahr 2020 wird der Vermögensgegenstand über die Restnutzungsdauer aufwandswirksam abgeschrieben und die dazugehörige Haushaltsrücklage Bedarfszuweisungsmittel über den gleichen Zeitraum ertragswirksam aufgelöst. Im Bundesland Tirol werden zwar die Bedarfszuweisungsmittel auch im Jahr des Zuflusses ertragswirksam verbucht, allerdings ist dort die Bildung einer Haushaltsrücklage Bedarfszuweisungsmittel nicht gestattet. In den restlichen Bundesländern werden Bedarfszuweisungsmittel nicht ertragswirksam verbucht, sondern im Sonderposten Investitionszuschüsse passiviert, sodass keine Haushaltsrücklage gebildet werden kann.

In der Eröffnungsbilanz können daher folgende Haushaltsrücklagen, die summiert dargestellt werden, aufscheinen:

• Allgemeine Haushaltsrücklage mit Zahlungsmittelreserve gemäß Rechnungsabschluss 2019

• Zweckgebundene Haushaltsrücklage mit Zahlungsmittelreserve gemäß Rechnungsabschluss 2019

• Haushaltsrücklage Eröffnungsbilanz auf freiwilliger Basis in den Bundesländern Niederösterreich und Steiermark • Haushaltsrücklage Bedarfszuweisungsmittel für bis zum 31.12.2019 erhaltene

Bedarfszuweisungsmittel in den Bundesländern Niederösterreich und Steiermark

In Niederösterreich besteht zusätzlich die Möglichkeit, eine Haushaltsrücklage Haushaltspotenzial zu bilden. Auch dabei handelt es sich um eine Rücklage ohne Zahlungsmittelreserve. Das Haushaltspotenzial bildet für die niederösterreichischen Gemeinden den bisherigen Soll-Überschuss aus der Kameralistik ab. Dieses Haushaltspotenzial soll in andere Rechnungsperioden mitgenommen werden und dies erfolgt über die Bildung von Haushaltsrücklagen.

Neubewertungsrücklagen

Eine Neubewertungsrücklage kann bei der Folgebewertung von Beteiligungen oder von zur Veräußerung verfügbaren Finanzinstrumenten entstehen, wenn der Wert zum Stichtag über den ursprünglichen Anschaffungskosten liegt.

Für Beteiligungen kann die Neubewertungsrücklage nur einen positiven Wert annehmen. Falls der Wert einer Beteiligung unter den Anschaffungswert sinkt, so ist dies im laufenden Jahr aufwandswirksam zu verbuchen. Für die zur Veräußerung verfügbaren Finanzinstrumente kann die Neubewertungsrücklage positiv und negativ sein.

Eine etwaige Neubewertungsrücklage ist in der Eröffnungsbilanz aufzunehmen. Im angeführten Beispiel sind dies für Beteiligungen und aktive Finanzinstrumente rund 456.000 Euro. Siehe zu diesem Thema den Artikel „Langfristiges Vermögen“ auf Seite 9.

Fremdwährungsumrechnungsrücklagen

Fremdwährungsumrechnungsrücklagen dienen der erfolgsneutralen Erfassung von Wechselkursschwankungen. Aktiv- oder Passivposten in fremder Währung, (z. B. aktive Finanzinstrumente oder Finanzschulden), sind zum Stichtag zum Referenzkurs der Europäischen Zentralbank in Euro umzurechnen. Positive oder negative Veränderungen durch Wechselkursschwankungen sind erfolgsneutral in der Fremdwährungsumrechnungsrücklage einzustellen. Die Fremdwährungsumrechnungsrücklage kann einen positiven oder negativen Wert aufweisen und ist in die Eröffnungsbilanz aufzunehmen. Im Bespiel beträgt die Fremdwährungsumrechnungsrücklage null Euro, da die Beispielgemeinde keine Aktiv- oder Passivposten in einer fremden Währung besitzt.

HAUSHALTSRÜCKLAGEN SIND AUS DEM RECHNUNGSABSCHLUSS 2019 DIREKT IN DIE ERÖFFNUNGSBILANZ ZU ÜBERNEHMEN. KÜNFTIG WIRD ES BEI DEN RÜCKLAGEN UNTERSCHIEDLICHE PRAKTIKEN IN DEN BUNDESLÄNDERN GEBEN.

Resümee

Insgesamt ergibt sich aus der Summe des Saldos der Eröffnungsbilanz, der Haushaltsrücklagen und der Neubewertungsrücklage das Nettovermögen in der Höhe von rund 12 Mio. Euro. Das Nettovermögen zeigt die Eigenmittel der Gemeinde zur Finanzierung des Vermögens. Zukünftig wird das Nettovermögen durch positive Nettoergebnisse aus dem Ergebnishaushalt erhöht und bei negativen Nettoergebnissen reduziert.

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