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Eröffnungsbilanz – Was sagt sie aus?

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Liquide Mittel

Liquide Mittel

Robert Blöschl, Alexander Maimer (KDZ)

Die Darstellung der Eröffnungsbilanz ermöglicht einen neuen Blickwinkel auf den Gemeindehaushalt. Im Rahmen der Eröffnungsbilanz werden erstmalig das Vermögen und die Finanzierungskomponenten vollständig in Form des Vermögenshaushalts dargestellt. Auf der Aktivseite ist die von der Gemeinde zu erhaltende Vermögenssubstanz und hier insbesondere das zu erhaltende Sachanlagevermögen ersichtlich. Dem Vermögen werden die bestehenden und die künftigen Verpfl ichtungen der Gemeinden gegenübergestellt.

Was besitzt die Gemeinde?

Die Erfassung und Bewertung des Gemeindevermögens führt zu einem transparenten Ausweis der Güter, welche in der Vergangenheit angeschafft oder hergestellt wurden. Der Vermögenshaushalt schafft damit eine sinnvolle Ergänzung des bisherigen Systems. Bestandsmäßig betrachtet wurden bislang vor allem der Schuldenstand und der Rücklagenstand. Die aufgenommenen Schulden sind jedoch immer auch in Zusammenhang mit dem Vermögen zu sehen, welches damit angeschafft wurde.

Für die meisten Gemeinden galt bislang und wird auch weiterhin der Grundsatz gelten, dass Schuldaufnahmen nur für Investitionen möglich sind. Die Investitionen können nun ebenfalls ausgewiesen werden und ermöglichen eine qualifi ziertere Betrachtung des Gemeindehaushalts. Wurde beispielsweise im Finanzjahr eine unverhältnismäßig große Investition fremdfi nanziert, war dies vor allem am Anstieg der Finanzschulden ersichtlich. Künftig wird durch die Aktivierung des Die in dieser Publikation dargestellte Eröffnungsbilanz zeigt, dass langfristiges Vermögen im Ausmaß von 27,5 Mio. Euro besteht. Diesem Vermögen stehen ein Nettovermögen im Ausmaß von rund 12 Mio. Euro, passivierte Investitionszuschüsse von rund 5 Mio. Euro sowie langfristige Fremdmittel im Ausmaß von rund 10 Mio. Euro gegenüber. Die Darstellung zeigt, dass die langfristigen Vermögenswerte nur knapp (in der Abbildung rot gekennzeichnet) nicht durch langfristige Finanzierungskomponenten gedeckt werden können.

Genauso wie die langfristige Betrachtung, kann auch eine kurzfristige Betrachtung der Finanzierungsstruktur erfolgen. Übersteigt das kurzfristige Vermögen die kurzfristigen Verbindlichkeiten, so kann grundsätzlich von einer liquiden Situation gesprochen werden. Teil dieser Betrachtungsweise wird sinnvollerweise

Vermögens dieser Anstieg transparent begründet.

Finanzierungstruktur und Liquidität der Gemeinde

Auf Basis der Eröffnungsbilanz ist erstmalig ersichtlich, in welchem Ausmaß das langfristige Vermögen einer Gemeinde (insbesondere das Sachanlagevermögen) durch langfristige Fremdmittel wie Finanzschulden oder durch Eigenmittel (Nettovermögen und Investitionszuschüsse) fi nanziert ist. Im Idealfall ist das langfristige Vermögen vollständig durch Eigenmittel und langfristige Fremdmittel gedeckt. Durch die vorgegebene Gliederung der Vermögensrechnung nach Fristigkeiten lässt sich ein solcher Vergleich schnell durchführen. Das langfristige Vermögen wird separat ausgewiesen, genauso die Eigenmittel und die langfristigen Fremdmittel (siehe Abbildung 1).

Abbildung 1: Finanzierungsstruktur des langfristigen Vermögens

Langfristiges Vermögen 27.550.412 €

Nettovermögen (Ausgleichsposten) 12.001.607 €

Sonderposten Investitionszuschüsse 5.070.501 €

Langfristige Fremdmittel 10131.067 €

Quelle: Eigene Abbildung, KDZ 2019

auch die Analyse des Bestands an liquiden Mitteln sein. Nicht immer kann nämlich davon ausgegangen werden, dass die liquiden Mittel vollständig zur Deckung von Zahlungsverpfl ichtungen zur Verfügung stehen. Ein Teil der liquiden Mittel kann als Zahlungsmittelreserven zweckgewidmet werden. In diesem Fall müssen die Mittel für den widmungsgemäßen Zweck zurückgehalten werden.

In unserem Beispiel ist also ein Drittel der liquiden Mittel für einen bestimmen Zweck gewidmet. Eine Verwendung dieser Mittel für einen anderen Zweck ist also nur möglich, wenn zwischenzeitlich ein inneres Darlehen vergeben wird .

Zukünftige Verpfl ichtungen

Bei einer Analyse der Eröffnungsbilanz ist auch der Blick auf die Verpfl ichtungen interessant. Die Passivseite zeigt im Bereich der Rückstellungen, welche Verpfl ichtungen der Zukunft bestehen.

Verpfl ichtungen wie zukünftige Abfertigungszahlungen oder Jubiläumsgeldzahlungen werden noch vor der eigentlichen Auszahlung im Vermögenshaushalt dargestellt. Somit kann zum Stichtag der Eröffnungsbilanz eine Aussage getroffen werden, im welchem Ausmaß mit zukünftigen Auszahlungen zu rechnen ist.

Fallstricke bei der Betrachtung der Eröffnungsbilanz

Bei der Betrachtung der Eröffnungsbilanz ist immer auch der tiefere Blick auf die individuellen Gegebenheiten der Gemeinde durchzuführen. Auch wenn nun eine transparente Darstellung des Vermögens und der Finanzierung erfolgt, muss immer auch ein Ausgleich zwischen Übersichtlichkeit und Informationsgehalt erfolgen. Gewisse Bereiche, wie das Sachanlagevermögen, werden in wenige Kategorien zusammengefasst.

Die Darstellung in der Eröffnungsbilanz gibt damit keine Auskunft über den tatsächlichen Charakter der Vermögensgegenstände. Nicht ersichtlich ist, welche Vermögensgegenstände ohne große Hürden veräußert werden können und welche aufgrund von Verpfl ichtungen der Gemeinde zur Daseinsvorsorge nicht marktfähig sind. Für eine korrekte Abschätzung der Vermögenssituation der Gemeinde muss also immer auch der Charakter des Vermögens miteinbezogen werden.

Ein Bereich, wo eine Bewertung nur sehr schwer möglich ist, sind Kulturgüter. Oftmals gibt es keine verlässlichen Unterlagen über Anschaffungskosten und auch keine größeren Generalsanierungen, welche durchgeführt wurden. Eine Feststellung des Wertes in fi nanzieller Hinsicht ist insofern schwierig, als sich der kulturelle Wert für die Gemeinde nur schwer in Zahlen ausdrücken lässt.

Kann kein plausibler Wert festgestellt werden, kann die Bewertung bei Kulturgütern unterlassen werden. Die Darstellung hat dann im Anhang in tabellarischer Form und ohne Wert zu erfolgen (Anlage 6h). Eine solche Vorgehensweise kann sinnvoller sein, als einen unrealistischen Wert festzusetzen, der zu Diskussionen in der Gemeinde führt.

Abbildung 2: Finanzierungsstruktur der kurzfristigen Fremdmittel

Sonstiges kurzfristiges Vermögen 333.380 €

Kassa, Bankguthaben, Schecks 308.118 €

Zahlungsmittelreserven 184.921 € Kurzfristige Fremdmittel 1.173.657 €

Quelle: Eigene Abbildung, KDZ 2019

Abbildung 3: Berechnung der Nettovermögensquote

NVQ = Nettovermögen (inkl. Sonderposten Investitionszuschüsse) (MVAG 12 + MVAG 13) Summe Aktiva (Gesamtvermögen) (MVAG 10 + MVAG 11) x 100

Quelle: Eigene Abbildung, KDZ 2019

Kennzahlen für die Eröffnungsbilanz

Mit der Einführung des neuen Haushaltsrechts werden auch die bekannten KDZQuicktest-Kennzahlen überarbeitet. Eine Kennzahl, die auch Bestandteil des neuen KDZ-Quicktests ist, ist die Nettovermögensquote. Diese dient der Beurteilung der Vermögensdeckung durch eigene Mittel. Die Nettovermögensquote zeigt, in welchem Ausmaß das Vermögen mit eigenen Mitteln fi nanziert wurde. Abbildung 3 gibt die Berechnungsgrundlage für diese Kennzahl wieder.

Auf Basis der in diesem Heft dargestellten Eröffnungsbilanz berechnet sich die Nettovermögensquote (NVQ) wie folgt:

Die Nettovermögensquote liegt somit bei 60,16 %. Das bedeutet, dass 60,16 % des Gesamtvermögens (Summe der Aktiva) durch eigene Mittel fi nanziert werden konnten. Eine solche Aussage konnte auf Basis des bisherigen Systems nicht getroffen werden.

NVQ = 12.001.606,51 + 5.070.500,67 x 100 28.376.830,94

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