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Aachen und Region aktuell
Eltern erzählen von ihrer Zeit im Lockdown Der Lockdown hat Familien hart erwischt. Kindergärten und Schulen wurden geschlossen – Familien, die nicht in systemrelevanten Berufen arbeiten, mussten und müssen ihre Kinder selber betreuen und beschulen, egal ob sie dabei gleichzeitig im Homeoffice arbeiten. Das Abitur wurde verlegt, Schüler, die keine der relevanten Jahrgangsstufen besuchen, werden ihre Schule vor den Sommerferien wenn überhaupt lediglich an einzelnen Tagen und unter besonderen Sicherheitsvorkehrungen von innen sehen. Familien sind in diesen Wochen näher zusammengerückt. Was bedeutet das im Einzelfall? Wie geht es Familien, die gerade besondere Herausforderungen wie eine schwere Krankheit gemeistert haben und dann mitten in der CoronaKrise landen? Wir haben nachgefragt und lassen einige Familien zu Wort kommen.
Näher zusammengerückt
Ich habe eine 14-jährige Tochter und einen dreijährigen Sohn. Meine Tochter geht auf ein Gymnasium und mein Sohn normalerweise 35 Std./Woche in die Kita. Mein Mann hat einen „systemrelevanten“ Job und musste die meisten Tage arbeiten gehen. Ich bin Risikogruppe und mache ein Fernstudium von zu Hause aus. Ich habe einen angeborenen Herzfehler. Ich bin sehr ängstlich und vorsichtig momentan außerhalb unserer Wohnung. Ich kann es nicht nachvollziehen, wie sich manch anderer verhält, und ich werde auch, wenn wieder mehr öffnet und gelockert wird, weiter vorsichtig sein. Die Schule meiner Tochter hat eine Online-Plattform mit Aufgabenstellungen für jede Klasse hochgefahren. Die Aufgaben mussten regelmäßig bearbeitet und teilweise per E-Mail eingeschickt werden. Teilweise hat meine Tochter bis zu fünf Std./Tag gesessen und gelernt. Später hat die Schule für jedes Kind ein Office-Paket und einen Zugang zu einer Online-Lernplattform bereitgestellt. Zum Teil erfolgt nun auch Unterricht per Telko. Hier, muss ich sagen, bin ich zufrieden und alles läuft prima. Mein Sohn ist sehr unausgeglichen. Wir haben diverse Lernhefte für die Vorschule angeschafft. Ich setze mich täglich mit ihm zum Lernen hin, um ihn sinnvoll zu beschäftigen. Ein Fahrrad haben wir auch angeschafft, auf dem er fleißig übt, wenn wir spazieren sind. Wir haben weder Garten noch Balkon. Diese Zeit der Isolation war eine außergewöhnliche Zeit. Auf der einen Seite musste man auf Freunde und Familie verzichten. Auf der anderen Seite bin ich gerade meinem Teenie wesentlich näher gekommen. Wir haben gemeinsam gekocht, gebacken, Beautyabende veranstaltet, hatten gute Gespräche und haben uns auch mal richtig angezickt.
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Der Kleine hatte auch eine gute Zeit zu Hause. Und vor drei Tagen waren wir das erste Mal nach all den Wochen mit einer Bekannten und den Kindern auf dem Spielplatz. Er hat sich mega gefreut! anonym
Bachelorarbeit abgebrochen Fehlende Perspektive für Mütter
Ich bin mit meiner 14 Monate alten Tochter daheim. Ich musste meine Bachelorarbeit abbrechen, um mich um unser Kind zu kümmern. Da mein Mann der Alleinverdiener ist, geht es nur so. Anfangs war ich sehr gestresst, bis wir einen gemeinsamen Alltag hatten. Jetzt bin ich oft einfach nur noch müde und habe Zukunftsängste. Ich bin auch nicht mehr so geduldig wie vorher. Gar keine Hilfe mehr zu haben und gerade keine Perspektive, wann sich wirklich was ändert, macht mürbe. In meinem Umfeld geht es allen Müttern so, wir sind verunsichert, müde und wütend, weil wir keine Perspektive haben im Moment. Bianca
In der Abiphase alleingelassen
Unterschiedliche Erfahrungen mit verschiedenen Schulen Wir haben vier Kinder, 9, 14, 17 und 21 Jahre. Zwei unserer Kinder gehen zur freien Waldorfschule und ich schreibe Euch auch, weil wir Lehrkräften und Schulleitung einmal ein dickes Lob aussprechen möchten. Wir wurden immer zeitnah per Mail informiert, welche Regelungen gerade politisch und schulorganisatorisch
aktuell waren. Die Lehrer/-innen riefen/rufen regelmäßig an und sprechen mit den Kids die Lerninhalte ab, halten aber auch Smalltalk. Aufgaben gibt es per Mail oder Post. Mein 14-jähriger Sohn organisierte alles selbst, was Mutters Nerven zugutekommt. Der Neunjährige tat/ tut sich schwer mit der Umstellung und muss immer wieder motiviert werden. Da ich zurzeit aber zu Hause bin, ist es machbar und wir genießen auch die freie Zeit. Was mich wirklich geärgert hat, ist, dass mein 17-jähriger Sohn in der Abiturphase von seinem Regelgymnasium sehr alleingelassen wurde. Es gab nur vereinzelte Lehrer, die Vorbereitungsmaterial gesendet hatten. Alles in allem haben und hatten wir eine gute Zeit, in der wir uns alle gegenseitig unterstützen. So kann der 14-Jährige jetzt endlich die Waschmaschine bedienen und die studierende Schwester konnte noch einmal ihr Mathematikwissen der dritten Klasse auffrischen. Sorgen machen mir Kinder aus bildungsfernen und sozial schwachen Haushalten. Ich denke, dass hier die Politik dringend handeln muss, damit sie nicht zu den Verlierern des Ganzen werden. Britta