Spezial
Schwimmen & am Wasser
Schwimmen: mehr als nur nicht untergehen „Guck mal, wie toll ich schon schwimm… blubb, blubb, blubb!“ Viele Eltern dürften das kennen: Kinder überschätzen ihre Schwimmfähigkeiten – der absolute Horror. Nach Unfällen ist Ertrinken in Deutschland bei jungen Menschen bis 20 eine der häufigsten Todesursachen. Zwischen 400 und 700 Menschen ertrinken jedes Jahr in Deutschland, je nach Wetter, 2019 waren darunter 50 Kinder und Jugendliche. Je besser das Wetter ist, umso mehr Menschen tummeln sich am Wasser und desto mehr Unglücke passieren. Tendenziell sinkt die Zahl der Ertrinkenden in Deutschland kontinuierlich und ist im internationalen Vergleich sehr niedrig. 2021 sind so wenig Leute ertrunken wie noch nie: 299, die Opfer der Hochwasserkatastrophe nicht mitgezählt. „Das lag vor allem an Corona und dem schlechten Wetter“, erklärt Jürgen Karl, Bezirksleiter Aachen der Deutschen LebensRettungs-Gesellschaft (DLRG). „Die Badebereiche der Seen und die öffentlichen Bäder waren geschlossen.“ Jürgen, seine Mitstreiterinnen und Mitstreiter kümmern sich vor allem um den Echtzer See, den Blausteinsee und natürlich den Rursee. Zu den Aufgaben der DLRG am Rursee gehört der Wasserrettungsdienst auf einer Seefläche von etwa zehn Kilometern Länge. An den Wochenenden und Feiertagen zwischen April und Oktober sind im Wechsel sechs Teams mit einer Stärke von je 20 Personen im Einsatz – alles ehrenamtlich. Die DLRG hat am Rursee vier Rettungsboote, die von
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der Station Woffelsbach aus koordiniert werden, und eine Außenstation am Badestrand Eschauel. Dort wird während der Badesaison die zum Schwimmen freigegebene Seefläche von den Rettungsschwimmerinnen und Rettungsschwimmern beaufsichtigt. 3.000 aktive Mitglieder zählt die Lebens-RettungsGesellschaft in der StädteRegion Aachen.
Hauptproblem ist mangelnde Aufsicht Die Zahlen vor Corona seien repräsentativer, meint Jürgen Karl: 2019 sind deutschlandweit 417 Menschen ertrunken, 2018 waren es 504. Die meisten tödlichen Unglücke ereignen sich in Seen und Teichen. Das größte Risiko zu ertrinken besteht in Flüssen, die aufgrund von turbulenten Strömungen und Schiffen selbst mit Schwimmerfahrung extrem gefährlich sind. Und nur verhältnismäßig wenige solcher Gewässer werden von Rettungsschwimmerinnen und Rettungsschwimmern bewacht – und wenn, dann auch nur eingeschränkt. In Schwimmbädern und im Meer ist die Zahl der Unglücksfälle zwar leicht gestiegen, doch sind sie immer noch vergleichsweise sicher. Während in den Bädern meistens hauptberufliches Personal für Sicherheit sorgt,
Text: Martin Grolms
sind es an den deutschen Küsten tausende Freiwillige der DLRG.
Mit Seepferdchen noch kein sicherer Schwimmer Kinder sind vergleichsweise wenige unter den Opfern. 2021 ertranken laut Angaben der DLRG 17 Jungen und Mädchen zwischen null und zehn Jahren; unter den Elfbis 20-Jährigen gab es 30 Todesfälle. „Für die ganz Kleinen ist der Teich im Garten sehr gefährlich“, gibt Jürgen Karl zu bedenken. „Das haben die meisten kaum auf dem Schirm.“ Das Hauptproblem sei mangelnde Aufsicht der Eltern. „Viele glauben, dass ihr Kind schwimmen kann, sobald es ein Seepferdchen-Abzeichen hat“, so der DLRGVerantwortliche. „Mit einem Seepferdchen ist ein Kind aber noch lange kein sicherer Schwimmer. Auf dem See oder an der Küste gibt es nach 25 Metern keinen Beckenrand zum Festhalten. Dort gibt es Wellen, Fische oder Wasserpflanzen, die sogar manche Erwachsene in Panik versetzen.“ Obwohl eigentlich jedes Kind bis zum Ende der Grundschule in der Lage sein sollte, ordentlich zu schwimmen, können das immer weniger Kinder. Nur 59 Prozent der Kinder zwischen sechs und zehn Jahren können sich